Fachdidaktik Chemie ETH Grundlagenfach: Atombau S. 1 Der Beginn des Unterrichts am Kurzgymnasium Variante 1 Wenn die Schüler aus der Sekundarschule kommen, beginne ich mit Stoffteilchen und komme bald auf Atome und Moleküle zu sprechen. Trennmethoden stelle ich kaum vor, weil ich davon ausgehe, dass diese häufig an der Sekundarschule thematisiert wurden und ich eine lange Wiederholung des Stoffs zu Beginn vermeiden möchte. Folgende Kapitel des Stoffprogramms des Untergymnasiums werden – dem Alter gemäss etwas schneller – diskutiert: 1. Stoffteilchen unterscheiden sich in der Grösse Volumenkontraktion. Demonstration: Flüssigkeiten mischen 3. Stoffteilchen bewegen sich Die Brown'sche Bewegung lässt Milchtröpfchen zittern. 4. Ordnung oder Chaos mit Stoffteilchen Die Aggregatzustände fest, flüssig und gasförmig 5. Stoffteilchen in verschieden Situationen Das Teilchenmodell erklärt viele Experimente. In diesem Abschnitt wird klar, dass was die Modellvorstellung der kleinsten Teilchen leistet. 1. Experiment: Es braucht Zeit, bis Gegenstände warm werden 4. Experiment: Heisses Brom verteilt sich schneller 5. Experiment: Luft dehnt sich aus 8. Experiment: Flüssigkeiten lassen sich nicht komprimieren 11. Experiment: Flüssiger Stickstoff 9. Chemische Reaktionen verändern Stoffteilchen Falls das Labor frei ist und ich zwei Halbklassen bilden kann: Vermischung oder Reaktion? Resultat: chemische Reaktionen verändern die Stoffteilchen. Wir müssen den Aufbau der Stoffteilchen kennen lernen, damit wir die Veränderungen beschreiben können. Variante 2 Man kann auch sehr schnell zum Atombau kommen und weder Teilchen noch Aggregatzustände diskutieren. Viele Aspekte können später ohne weiteres aufgegriffen werden. Amadeus Bärtsch 23. Okt. 2015 Fachdidaktik Chemie ETH Grundlagenfach: Atombau S. 2 Atombau Eine einfache Variante, den Atombau zu unterrichten Ausgangslage Im 9. und 10. Schuljahr sind die Schülerinnen 15 oder 16 Jahre alt und häufig mit sich selbst beschäftigt. Viele Klassen sind in dieser Phase schwierig zu führen, weil die Jungs laut und ungeduldig und die Mädchen schwatzhaft und nur zu zweit handlungsfähig sind. Der Atombau steht am Anfang des Chemieunterrichts. Sie stecken also in einer Phase, in der Sie die Klasse für die Chemie gewinnen müssen. Aus diesen Gründen schlage ich vor, den Atombau so einfach wie möglich zu unterrichten. Die Schüler sollten folgende Erkenntnisse gewinnen: Es lohnt sich die Konzepte der Chemie kennen zu lernen: mit einem einfachen Modell lässt sich die materielle Welt erklären. Die Valenzelektronen bestimmen die Chemie Das Schalenmodell lässt sich aus dem Periodensystem ableiten Übersicht Das Modell von Dalton Atome bilden Moleküle: Einige Beispiele als Kalottenmodell. Summenformeln. Das Periodensystem Alle Materie besteht aus ungefähr 100 Atomsorten Atome bestehen aus Elementarteilchen Das Experiment von Rutherford: Das Kern-Hülle-Modell Isotope Kräfte zwischen elektrischen Ladungen (Coulomb-Kräfte) Von den Ionisierungsenergien zum Schalenmodell Was das Periodensystem mit dem Bau der Atome zu tun hat Die Periode entspricht der Schale Experiment: Alkalimetalle in Wasser Die Valenzelektronen bestimmen das chemische Verhalten Übergangsmetalle besitzen 2 Valenzelektronen Atome im Schalenmodell darstellen Anwendungen, die den Schülern belegen, dass das Thema bedeutsam ist. Lewisformeln zeigen, wie Nichtmetallatome zu Molekülen werden Amadeus Bärtsch 23. Okt. 2015 Fachdidaktik Chemie ETH Grundlagenfach: Atombau S. 3 Unterrichtssequenz Das Modell von Dalton Stoffteilchen bestehen aus Atomen. Stoffteilchen sind Moleküle. Bsp. Wasser Das Periodensystem ist eine Liste aller Atomsorten. Weitere Moleküle im Kalottenmodell. Summenformeln beschreiben die Moleküle. Kommentar: Aus 26 Buchstaben können unendlich viele Worte gebildet werden. Und wie bei den Buchstaben sind auch bei Atomen nicht alle Kombinationen möglich. (Eberhard Rossa (Hrsg.), Chemie-Didaktik, Cornelsen, Berlin, S. 93, 2005). Das Periodensystem Im Grundlagenfach verwende ich das Periodensystem, das zum Lehrbuch "Chemie heute SII" (W. Asselborn et al. (Hrsg.), Chemie heute SII, Schroedel, Braunschweig, 2009) gehört. Es wird unter dem Titel "Das illustrierte Periodensystem" vom Verlag SILEA, 3604 Thun, [email protected], vertrieben. Exkurse Lückentext zu den Namen der Elemente Paul Strathern: Mendelejews Traum. Von den vier Elementen zu den Bausteinen des Universums, Ullstein, München, S. 307 bis 321 (2000) Tom Lehrer: The Element Song, http://www.youtube.com/watch?v=SmwlzwGMMwc Amadeus Bärtsch 23. Okt. 2015 Grundlagenfach: Atombau S. 4 Fachdidaktik Chemie ETH Alle Materie – so verschieden sie auch sein mag – besteht aus ungefähr 100 verschiedenen Atomen. Häufigkeit der Elemente in der Erdkruste angeben. Ergebnis: Viele Atomsorten sind ohne Bedeutung Christian Bürkli (HS 2013): Auf dem Lehrerpult stehen: 55 L Wasser, 14 kg Grill-Kohle, 2 kg CaCO3, 140 g Schwefel, 140 g NaCl, 30 g Mg-Block und 3 g Eisen (idealerweise an einem Stück). Eventuell auch eine Stahlflasche mit Stickstoff. Was sie hier sehen, sind die Hauptbestandteile ihres Körpers ..... Diskussion: Wie viel wert ist ein Mensch? Die präsentierten Substanzen kosten wenige Franken. Erklärung: Im Körper kommen die Atome nicht in elementarer Form vor. Einige bilden komplizierte Moleküle, die sehr teuer sind. Zudem sind die Substanzen nicht gleichmässig verteilt, weil der Körper aus Zellen besteht. Das Periodensystem enthält viele Angaben über Substanzen und Atome. Input: Legende auf beiden Seiten des Periodensystems zeigen Aufgabe: Magnesium und Fluor vergleichen. Versuchen Sie so viele Angaben wie möglich zu machen. Fluor Magnesium Masse des Atoms 19,00 u 24,31 u Anzahl Protonen 9 12 Dichte 1,58 g/L 1,74 g/cm3 = 1,74 kg/dm3 = 1,74 kg/L Schmelzpunkt - 220 °C 650 °C Aggregatzustand: fest, flüssig oder gasförmig gasförmig fest Metall? Nichtmetall Metall Grösse des Atoms - 160 pm = 0,000000000160 m Amadeus Bärtsch 23. Okt. 2015 Grundlagenfach: Atombau S. 5 Fachdidaktik Chemie ETH Die Aufgabe ist auf das Periodensystem von Schroedel SII zugeschnitten. Die Lösung ist farbig unterlegt. Die Schüler werden nicht alles ausfüllen können. Die Aufgabe gibt die Gelegenheit über die Angaben im Periodensystem zu sprechen. Wo findet man Metalle, wo Nichtmetalle? Wie sind die Aggregatzustände angegeben? Die Frage nach den Protonen leitet zum nächsten Kapitel über. Nur für die Lehrperson: Definition der relativen Atommassen „In manchen Lehrbüchern findet man die Mitteilung, die relative Atommasse eines Teilchens sei das Verhältnis seiner Masse zur Masse des Kohlenstoffisotops 12C. Diese Texte verzichten mit der Erklärung, warum man ausgerechnet auf diese Festlegung gekommen ist, auf die an dieser Stelle so evidenten Vereinfachung. DALTON hat 1805 das einzig Sinnvolle getan: er hat als Einheit der relativen Atommasse die Masse des leichtesten Atoms gewählt, die des H-Atoms. Die Massen aller anderen Atome konnten nun im Prinzip als Vielfaches dieser Einheit ausgedrückt werden. Da bei der Analyse von Wasser zu je 1 g Wasserstoff (H2) 7,936 g Sauerstoff kamen, lag die relative Atommasse des Sauerstoffatoms bei 2·7,936 g =15,872 g. In der chemischen Praxis waren die Sauerstoffverbindungen der Elemente viel ergiebiger bei der Bestimmung relativer Atommassen, sodass es sich rechnerisch anbot, für m(O) von 15,872 u zu 16 u aufzurunden. (Vorschlag von STAS 1865) Damit hatte m(H) den Wert 1,008 u. Die letzte Änderung erfolgte aufgrund der Tatsache, dass bei der Massenspektroskopie die Massen einzelner Isotope zugänglich waren. Sollte das natürliche Isotopengemisch des Sauerstoffs die Bezugsbasis 16 sein oder das leichteste Sauerstoffisotop 16O, aus dem das Gemisch zu 99,759 % besteht? Eine Entscheidung zugunsten des O-Isotops lag nahe, da Isotopengemische nicht notwendig konstant sind. Der zahlenmäßige Unterschied zur vorherigen Praxis wäre nur gering. Allerdings ergab sich eine noch geringere Änderung der bisherigen, gültigen relativen Atommassen, wenn man als Isotop das 12C wählte und ihm den Wert 12 u zusprach. Mit dieser Definition (IUPAC 1961) war m(O) = 15,999 u und m(H) blieb bei 1,008 u. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass der wirkliche Bezugspunkt der relativen Atommassen nach wie vor die Masse des leichtesten Atoms, des Wasserstoffs ist. Alle Neufestlegungen der Bezugsgröße waren bestrebt, dieses Maß zu erhalten. Und mit diesem Maß m(H) = 1 u sollte der so wichtige Begriff der relativen Atommasse auch eingeführt werden." aus: Eberhard Rossa (Hrsg.), Chemie-Didaktik, Cornelsen, Berlin, S. 108 (2005) Atome bestehen aus Elementarteilchen Symbol Masse in g Masse in u n 1,675 · 10-24 1,0087 u Proton + p 1,673 · 10 24 1,0073 u Elektron e 0,00091 · 10-24 0,00055 u Neutron - Masse eines Neutrons: 0,000000000000000000000001675 g = 1,675 · 10 -24 g oder: 1,0087 u mit der, der atomaren Masseneinheit "unit": 1 u = 1,66 · 10-24 g Amadeus Bärtsch 23. Okt. 2015 Grundlagenfach: Atombau S. 6 Fachdidaktik Chemie ETH Das Modell von Rutherford Vorschläge den Unterricht anschaulich zu machen Animation zeigen. Z. Bsp. http://chemie-interaktiv.net/html_flash/ff_rutherford.swf oder http://www.idn.uni-bremen.de/chemiedidaktik/material/Teilchen/teilchen/Atombau/rutherford_streuversuch01.htm# Experiment: Eine alte Uhr oder eine andere radioaktive Quelle vor eine Aluminiumfolie halten und dahinter einen Geigerzähler aufstellen. Strahlung geht durch die Folie ohne sie zu beschädigen (R. Gauss) Modellversuche M. Rohr Mit einem Karton bildet man eine schräge Ebene. Im Karton sind herausstehende Nägel angebracht. Die SuS lassen einzeln je zwei Kugeln vom Startfeld zum „Detektor“ rollen und zählen die Anzahl abgelenkter und nicht abgelenkter Kugeln. Erklärung mit einer Skizze Amadeus Bärtsch 23. Okt. 2015 Fachdidaktik Chemie ETH Grundlagenfach: Atombau S. 7 In Unterricht sind 2 heikle Phasen zu meistern, die oben mit 1) und 2) farbig markiert sind: 1) Zuerst muss allen die Problemstellung klar werden. Dazu eignet sich der erste Teil der oben stehenden Skizze. Das Rosinenkuchenmodell von Thomson würde ich nicht vorstellen, weil es heute keinerlei Bedeutung mehr hat und eine masselose positive Ladung annimmt, die im Atom gleichmässig verteilt ist. Die masselose positive Ladung ist eine Sackgasse und die Erklärung ist einfacher, wenn man von Protonen, Neutronen und Elektronen ausgeht. 2) Erwarten Sie nicht, dass die Schüler ohne Hilfe – allein aufgrund der Beobachtung – auf das Kern-Hülle-Modell kommen. Die Frage der Lehrperson: Hat jemand eine Idee? Klingt vor allem hilflos. Wenn man die das Kern-Hülle -Modell nicht kennt, kommt man nie drauf. Auch renommierte Forscher haben die Erklärung für Beobachtungen häufig nicht in 5 Minuten nachdenken gefunden. Deshalb könnten Sie das Kern-Hülle-Modell als Lösung vorstellen und nachher den Schülerinnen auftragen, die Beobachtung von Rutherford zu erklären. Oder Sie geben 4 Möglichkeiten für die Anordnung der Elementarteilchen im Atom vor und die Schüler müssen herausfinden, welche Abbildung mit der Beobachtung in Einklang steht. Ein Vorschlag von Stephanie Bircher, Kantonsschule Freudenberg: Required parameters are missing or incorrect. Required parameters are missing or incorrect. Required parameters are missing or incorrect. Required parameters are missing or incorrect. Resultat: Kern-Hülle-Modell Protonen und Neutronen bilden einen winzigen Kern Elektronen bilden die Hülle und nehmen sehr viel Raum ein Zwischen den Elektronen ist keine Materie Isotope Die Zahl der Elementarteilchen mit dem Periodensystem von "Chemie heute SII" bestimmen (W. Asselborn et al. (Hrsg.), Chemie heute SII, Schroedel, Braunschweig, 2009) Input: Gold, da Gold in Legende gross abgebildet ist und im Experiment von Rutherford vorkam. Lernaufgabe: Aluminium und Chlor im KernHülle-Modell zeichnen. Definition "Nuklide des gleichen Elements, die sich in ihrer Neutronenzahl und damit in ihrer Atommasse unterscheiden, werden isotope Nuklide oder kurz Isotope genannt. (griech. isos, gleich; topos, Ort)" (Markus Stieger, Elemente, Grundlagen der Chemie für Schweizer Maturitätsschulen, Klett und Balmer, Zug, 2008) Diese Formulierung ist wenig fassbar und setzt eine Vertrautheit mit dem Begriff "Nuklid" voraus. Formulieren Sie eine prägnantere Definition: Isotope sind Atome mit unterschiedlicher Neutronen- aber gleicher Protonenzahl. (griechisch: isos gleich und topos Ort) Amadeus Bärtsch 23. Okt. 2015 Grundlagenfach: Atombau S. 8 Fachdidaktik Chemie ETH Beispiele machen Definitionen verständlicher Wasserstoff weist 3 Isotope auf. Die Neutronen haben fast keinen Einfluss auf die Reaktivität. Wasserstoff 1 1 H Deuterium 2 1 H Tritium 3 1 H Die drei Brüder besitzen den gleichen Familiennamen, unterscheiden sich jedoch in ihrer Masse. Sie sind Isotope, die sich nur im „Fettanteil“ voneinander unterscheiden. Quelle: Abbildung der 3 Brüder aus Januschewsky, Chemie 1 Oberstufe, Ueberreuter, Wien, S. 35 (1989) Kräfte zwischen elektrischen Ladungen (Coulomb-Kräfte) Schülerversuch Martin Schwarz, Kantonsschule Schaffhausen: Trinkhalm 2 cm lang auf einen Reissnagel mit rundem Kopf stecken, an verschiedenen Textilien reiben und auf die Arbeitsfläche stellen. Mit einem geladenen, langen Trinkhalm beeinflussen. Der Reissnagel dreht mit, wenn er auf einer geeigneten Oberfläche steht. Die Schülerinnen können die Einflüsse auf die Kraft erkunden. Experiment Ein Lappen aus Wolle wird an einem Kunststoff- und einem Glasstab gerieben. Der Kunststoffstab wird negativ, der Glasstab positiv geladen. In Worten: gleiche Ladungen stossen sich ab, ungleiche Ladungen ziehen sich an je grösser die Ladung, desto grösser die Coulomb-Kraft je näher die Ladungen, desto viel grösser die Coulom-Kraft Experiment Flying Stick bei www.pearl.ch kaufen. Das Spiel mit den Schwebefiguren eignet sich beispielsweise bestens als Einstieg in die nächste Lektion. Amadeus Bärtsch 23. Okt. 2015 Fachdidaktik Chemie ETH Grundlagenfach: Atombau S. 9 Aufgabe Welche Darstellungen sind falsch und wie könnten sie verbessert werden? Die Aufgabe gibt Anlass zu einer Diskussion über Kernkräfte, die Stabilität von Atomkernen, Wasserstoffisotope und das Problem, dass die Elektronen in den Kern stürzen sollten. Anwendung: Fotokopieren Abb. 1.: Eine mit Selen beschichtete Trommel Abb. 2.: Licht wirft ein Bild auf die aufgeladene Trommel. Wo wird im Dunkeln elektrostatisch aufgeladen. das Licht auf die Selenoberfläche trifft, fließt die Ladung ab. Abb. 3.: Die Ladung wird nur in den Bereichen aufrechterhalten, die den dunklen Teilen des Bildes entsprechen. Schwarzes Puder wird über die Trommel gestäubt und bleibt an den geladenen Bereichen haften. Abb. 4.: Das Puder wird auf Papier übertragen und durch Wärme fixiert. Die ursprüngliche Schwarzweiß-Zeichnung ist reproduziert. Diese Abbildungen wurden aus dem Skript von Reto Beeli, Chemielehrer an der Kantonsschule Freudenberg übernommen. Eine ausführliche Erklärung der Prozesse finden Sie auf http://fdchemie.pbworks.com Amadeus Bärtsch 23. Okt. 2015 Grundlagenfach: Atombau S. 10 Fachdidaktik Chemie ETH Ionisierungsenergien Die Struktur der Elektronenhülle kann aus Messungen der Ionisierungsenergien abgeleitet werden. Input: Die Ionisierungsenergie muss aufgebracht werden, wenn ein Elektron entfernt wird. Je mehr Elektronen entfernt werden, desto grösser ist die Ionisierungsenergie, was an der Länge der Pfeile zu erkennen ist. Welches Modell passt zu den Ionisierungsenergien (IE), die für Lithium gemessen wurden? 1. Ionisierungsenergie 5,4 eV 2. Ionisierungsenergie 75,6 eV 3. Ionisierungsenergie 122,5 eV Resultat: Das Modell links unten stimmt mit den gemessenen Ionisierungsenergien überein: Ein Elektron in der 2. Schale lässt sich leicht entfernen, 2 Elektronen in der ersten Schale sind schwer zu entfernen, weil sie sich näher beim Kern aufhalten. Lernaufgabe zur Tabelle mit den Ionisierungsenergien: 1) Zeichnen Sie – ausgehend von den gemessenen Ionisierungsenergien – das Schalenmodell von Magnesium, Stickstoff und Fluor. 2) Markieren Sie alle grossen Unterschiede in der Aufstellung der Ionisierungsenergien. Wie viele Elektronen haben in der ersten, wie viele Elektronen in der zweiten Schale Platz? 3) Warum sind die Elemente im Periodensystem so merkwürdig angeordnet? Warum sind in der ersten Zeile 2, in der zweiten und dritten Zeile aber 8 Elemente aufgeführt? Amadeus Bärtsch 23. Okt. 2015 Fachdidaktik Chemie ETH Amadeus Bärtsch Grundlagenfach: Atombau S. 11 23. Okt. 2015 Fachdidaktik Chemie ETH Grundlagenfach: Atombau S. 12 Was das Periodensystem über den Atombau aussagt Die Zeile heisst Periode und entspricht der Schale Die K-Schale ist nach dem Kern benannt. Die Fortsetzung im Alphabet gibt die Buchstaben für die weiteren Schalen. Die Spalte heisst Gruppe und bestimmt die chemischen Eigenschaften Experiment: Alkalimetalle, Schwefel und Kohlenstoff in Wasser 1) Aufgabe: Die Schülerinnen zeichnen mit Hilfe des Periodensystems das Schalenmodell von Li, Na, K, S und C. 2) Experiment demonstrieren und Beobachtung festhalten Vorsicht: Die Oxidschicht von Kalium kann zu Explosionen und üblen Verbrennungen führen! 3) Diskussion: Warum ist die Reaktivität derart verschieden? Erkenntnis: Die Valenzelektronen bestimmen die Reaktivität. Elemente einer (Haupt-)Gruppe besitzen dieselbe Zahl an Valenzelektronen. Übergangsmetalle Auftrag: Al und Ga im Schalenmodell darstellen. Die Schüler sind unsicher und zeichnen Ga mit 13 Valenzelektronen. Information: Weil Al und Ga in derselben Gruppe stehen, müssen sie 3 Valenzelektronen besitzen. Die Übergangsmetalle sind eingeschoben. In der 3. Schale finden zunächst 8 Elektronen Platz. Dann erhält die 4. Schale 2 Elektronen und erst anschliessend wird die 3. Schale vollständig mit Elektronen aufgefüllt. Aufgabe: Cr, Ni, Fe, As und Ag im Schalenmodell zeichnen Amadeus Bärtsch 23. Okt. 2015 Fachdidaktik Chemie ETH Grundlagenfach: Atombau S. 13 Demonstration: Übergangsmetalle sehen ähnlich aus, glänzen, leiten den elektrischen Strom und reagieren – wenn überhaupt – sehr langsam mit Wasser. Erkenntnis: Übergangsmetalle besitzen 2 Valenzelektronen Vielleicht lohnt es sich mit den Ionisierungsenergien auch die Unterschalen einzuführen, damit Sie den Zusammenhang mit dem Periodensystem, die Elektronenkonfiguration und den Einschub der Übergangsmetalle erklären können. In der Tabelle der Ionisierungsenergien ist der Unterschied etwas grösser, wenn es von der s- zur p-Schale geht. Allerdings werden die Unterschalen anschliessend nicht mehr gebraucht und sind sogar ein Hindernis bei der Einführung der Lewisformeln. Bei Lewisformeln werden alle Valenzelektronen mit Punkten und Strichen dargestellt und die Unterschalen dürfen nicht berücksichtigt werden. Deshalb verzichte ich auf die Unterschalen und stelle auch die Elektronenkonfiguration nicht vor. Übung 4: Schalenmodell & Radioaktivität Aufgabe 1: Anwendung des Schalenmodells Der Alltagsbezug zeigt den Schülern, dass der Unterricht von Bedeutung ist. Gesucht sind 2 bis 3 Phänomene aus dem Alltag, die mit dem Schalenmodell erklärt werden können und für Schülerinnen und Schüler interessant sind. Damit soll gezeigt werden, dass sich die Auseinandersetzung mit dem Atombau gelohnt hat. Bitte geben Sie neben dem Titel eine stufengerechte Erklärung der Anwendung für Schülerinnen, die das Schalenmodell im Grundlagenfach bereits kennen gelernt haben. Aufgabe 2: Radioaktivität a) Welche Fragen sollen im Unterricht über Radioaktivität beantwortet werden? Bitte stellen Sie 5 Fragen, die aus Sicht der Schüler am wichtigsten sind. Die Antworten müssen nicht angegeben werden. b) Das Heft "Kernenergie Basiswissen" von Martin Volkmer ist eine wahre Goldgrube für den Unterricht. Es kann unter http://www.kernenergie.de/kernenergie/Service/Downloads/ heruntergeladen werden. Sie schauen das Heft an, wählen 2 wichtige Abbildungen aus und formulieren eine Frage, die mit der Abbildung beantwortet, und eine Erkenntnis, die mit der Abbildung gewonnen werden kann. Wenn Sie die Abbildungen aus Platzgründen nicht mit dem Text liefern möchten, können Sie einfach die Nummer angeben. c) Entwerfen Sie eine Handskizze, die so einfach wie möglich erklärt, wie ein Kernkraftwerk funktioniert. Erwartung: Dokument von 1 bis 2 Seiten Länge, das kleiner als 2 MB ist. Am liebsten im WordFormat, im Notfall als PDF. Abgabe bis Donnerstag, 22. Okt. 2015 14 Uhr, per Mail an [email protected] Amadeus Bärtsch 23. Okt. 2015 Fachdidaktik Chemie ETH Grundlagenfach: Atombau S. 14 Anwendungen: Licht und Elektronenhülle Was man über Licht wissen muss Demonstration: Weisses Licht besteht aus allen Farben Hellraumprojektor abdecken so, dass nur ein Spalt Licht durchgeht. Ein optisches Gitter unter der Linse des Hellraumprojektors befestigen. Flammenfarbe Demonstration: Raum verdunkeln, Wattestäbchen befeuchten und ein Körnchen Lithiumchlorid in die Bunsenbrennerflamme halten. Wiederholung mit Natriumchlorid und Kupfer(II)-chlorid. Immer ein frisches Wattestäbchen verwenden. Erkenntnisse: Weil Elektronen sich in Schalen aufhalten, entsteht Licht mit einer einzigen Wellenlänge In verschieden Atomen sind die Abstände zwischen den Schalen unterschiedlich Amadeus Bärtsch 23. Okt. 2015 Fachdidaktik Chemie ETH Grundlagenfach: Atombau S. 15 Fluoreszenz Fluoreszierende Materialien vergrössern die Wellenlänge des Lichts. Demonstration 1: a) Ein grosses Becherglas mit 4 L Wasser füllen, automatisch rühren bis sich ein Wirbel bildet, eine UV-Lampe auf das Becherglas legen, den Raum verdunkeln, UV 366 nm einstrahlen, ganz wenig festes Fluorescein neben den Wirbel ins Wasser geben. b) Mit einem Leuchtstift ein Signet auf ein Blatt Papier ohne Aufheller zeichnen. Raum verdunkeln und das Signet unter UV-Licht mit einer Wellenlänge von 366 nm betrachten Demonstration 2: Raum verdunkeln und Banknoten verschiedener Länder, Fahrkarten der SBB, Pass, Identitätskarte, Maestrokarte und Briefmarken mit langwelligem UV-Licht bestrahlen. Im Gegensatz zu Dollarnoten zeigen Euroscheine beeindruckende Bilder, die nur unter ultraviolettem Licht von 366 nm Wellenlänge zu sehen sind. Weisses Papier mit und ohne Aufheller, Umweltschutzpapier und Leuchtstifte lohnen sich ebenfalls. Neonröhren Amadeus Bärtsch 23. Okt. 2015 Fachdidaktik Chemie ETH Grundlagenfach: Atombau S. 16 Leuchtstoffröhren Die in der Umgangssprache als Neonröhren bezeichneten Lampen, enthalten Quecksilberdampf und kein Neon. Korrekt werden sie Leuchtstoff- oder Fluoreszenzröhren genannt. Demonstration: Zerlegte Leuchtstoffröhre unter sichtbarem und ultraviolettem Licht von 256 nm ansehen. Glühbirnen wird viel heisser als und Energiesparlampen, weil sie viel Wärme und wenig Licht erzeugen. Leuchtstoffröhren, Energiesparlampen, Glühbirnen und Sonnenlicht mit einem Spektroskop betrachten. Billige Handspektrometer können bei www.vsn-shop.ch bestellt werden. Handspektrometer Amadeus Bärtsch 23. Okt. 2015 Fachdidaktik Chemie ETH Grundlagenfach: Atombau S. 17 Phosphoreszenz Demonstration: Sterne oder Spielzeuge, die in der Nacht leuchten im verdunkelten Zimmer zeigen. Phosphoreszierende Materialien nehmen Tageslicht auf und geben es später wieder ab. Die Abbildung zeigt Kohlenstoffatome der phosphoreszierenden Substanz: Erkenntnisse: In gewissen Materialien bleiben die Elektronen lange im angeregten Zustand Ein Elektron nach dem andern fällt in den Grundzustand Wenn alle Elektronen nach unten gefallen sind, leuchtet der Gegenstand im Dunkeln nicht mehr. Laser Laser ist die Abkürzung für Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation. Wörtlich übersetzt heisst das "Licht Verstärkung durch erzwungene Abgabe von Strahlung". Diese Worte beschreiben die Vorgänge in einem Laser. Aufbau In einem sehr dünnen Glasröhrchen ist Helium und wenig Neon eingeschlossen. Der rechte Spiegel lässt einen Teil des Lichts durchtreten. Die Energie wird durch eine Gasentladung bei 1 bis 2 kV zugeführt. Die Brewsterfenster sind nur nötig, wenn der Laser linear polarisiertes Licht erzeugen soll. (Quelle: Wikipedia: "Helium-Neon-Laser" am 12.10.15) Funktion Ein Laser besitzt ein lichtverstärkendes Medium, z. B. ein Gas. Energie wird zugeführt so dass die meisten Atome des Gases im angeregten Zustand vorliegen. Das Licht, das ausgesandt wird, wenn ein Elektron spontan in den Grundzustand fällt, lässt andere Elektronen in den Grundzustand zurückkehren. Man spricht von erzwungener Emission. So wird das Licht in einem optischen Resonator verstärkt und tritt durch einen halbdurchlässigen Spiegel nach aussen. (Abbildung aus: J. M. Rowell, Spektrum der Wissenschaft, 12/1986, S. 123) Amadeus Bärtsch 23. Okt. 2015 Fachdidaktik Chemie ETH Grundlagenfach: Atombau S. 18 Licht eines Lasers unterscheidet sich vom Licht einer Glühbirne in drei Punkten: es ist parallel, monochromatisch und kohärent. Parallel, weil der optische Resonator lang und dünn ist, monochromatisch, weil der Energieunterschied zwischen angeregtem Zustand und Grundzustand eine bestimmte Farbe erzeugt und kohärent, weil das Licht Elektronen zum Fallen zwingt und so Licht entsteht, das im Gleichtakt schwingt. Gute Animation http://www.physik.fh-aachen.de/fileadmin/inhalte/diplomarbeiten/laser/start.swf Leider mit Schreibfehlern: Absorbtion und kontenuierlicher Lichtstrahl. (Hinweis von S. Sandriesser) J. Laukenmann berichtet in der SonntagsZeitung vom 16. Mai 2010 in einem ausgezeichneten Artikel in Text und Bild von den anfänglichen Schwierigkeiten der Laserpioniere und dem weiten Nutzen des Lasers heute. Ein Licht geht auf Dank Laser drucken wir und surfen im Internet, Forschung und Industrie kommen ohne ihn nicht aus – heute wird er 50 Jahre alt Im Alltag sind wir uns kaum bewusst, welch zentrale Rolle der Laser in der modernen Gesellschaft spielt. Laser schicken Datenpakete durch die Glasfasernetze der Telekommunikation und des World Wide Web. Winzige Laserdioden lesen und beschreiben CDs und DVDs. Laser stecken in Druckern und Kopierern. Sie schneiden, verschweissen und bohren Materialien wie Metall, Glas und Kunststoff. In Schiffen und Flugzeugen ersetzen ringförmige Lasersysteme den Kreiselkompass. Laser kommen bei der sicheren Datenübertragung zum Einsatz, der Quantenkryptografie. Das Militär verwendet sie beim Laserradar, zur Markierung von Zielobjekten und bald vielleicht auch zur Zerstörung von Raketen. Auch für die Forschung sind Laser ein unverzichtbares Hilfsmittel. Astronomen beispielsweise werfen mit Lasern «Leitsterne» an den Nachthimmel, mit deren Hilfe das von der Erdatmosphäre induzierte Flackern aus den Bildern entfernter Sterne und Galaxien herausgerechnet wird. Satelliten nutzen Laserstrahlen, um die Erdoberfläche abzuscannen. Mit Lasern lässt sich die Konzentration umweltschädlicher Gase in der Atmosphäre messen. Laserlicht kann die Wärmebewegung von Atomen fast zum Erliegen bringen und mit den «erstarrten» Atomen erstaunliche Quantenexperimente machen. Mit ultrakurzen Laserpulsen gelingt es, in Windeseile ablaufende chemische Reaktionen zu studieren. Und und und. Amadeus Bärtsch 23. Okt. 2015 Fachdidaktik Chemie ETH Grundlagenfach: Atombau S. 19 Anfänglich ernteten die Laserpioniere nur Spott Als der erste Laser vor genau 50 Jahren präsentiert wurde, konnten die Forscher nicht einmal erahnen, welch beispiellose Erfolgsgeschichte der Laser schreiben sollte. Der Tag Eins des Lasers ist der 16. Mai 1960. In einem Labor der Hughes Aircraft Company in der kalifornischen Stadt Culver City schaltet der Physiker Theodore Maiman eine spiralförmige Stroboskoplampe an. In ihr steckt ein zwei Zentimeter langer, stabförmiger Rubinkristall, dessen Enden poliert und verspiegelt sind. Im Takt des Blitzlichts sendet der Kristall Lichtpulse aus – die neue Wunderlampe aus der Welt der Quantenphysik wurde erstmals Realität. Auf einer Pressekonferenz am 7. Juli 1960 erfährt die Öffentlichkeit von Maiman den Namen der neuen Lichtquelle: «Light amplification by stimulated emission of radiation», auf Deutsch «Lichtverstärkung durch stimulierte Emission von Strahlung», kurz: Laser. Doch der Laser findet zunächst kaum Beachtung. Die renommierte Fachzeitschrift «Physical Review Letters» lehnt die Publikation von Maimans Forschungsarbeit ab. Erst im August 1960 veröffentlicht «Nature» den Artikel. Dennoch bleibt die Fachwelt skeptisch, und die Laserpioniere müssen so manchen Spott ertragen. Der Laser sei «eine Lösung auf der Suche nach einem Problem», lautet ein viel zitierter Spruch. Denn konkrete Anwendungen gab es zunächst keine. Erst einige Jahre später verstummen die Kritiker. 1964 erhält der US-amerikanische Physiker Charles Townes zusammen mit seinen russischen Kollegen Alexander Prochorow und Nikolai Bassow den Physik-Nobelpreis. Sie hatten die theoretischen Grundlagen für den Laser gelegt. Im selben Jahr schneidet im James-Bond-Film «Goldfinger» ein roter Laserstrahl einen Tisch entzwei, auf dem Bond gefesselt liegt. Hollywood hat die bemerkenswerten Eigenschaften des gebündelten Lichts rasch erkannt. Weitere Nobelpreise folgen – nur Maiman geht leer aus. In den Jahren nach dessen Pionierleistung präsentieren Physiker immer neue Varianten. Statt Rubinkristall als lichtverstärkendes Medium folgen solche aus Gas, aus Halbleitermaterial und aus Farbstoffen. Auch die Wellenlänge der Laserstrahlen umfassen ein immer grösseres Spektrum. Im Laserstrahl herrscht eine militärisch strenge Ordnung Der Laser funktioniert dank diverser Tricks aus der Quantenphysik. Wenn eine klassische Lichtquelle wie etwa eine Glühbirne leuchtet, entsteht eine bunte Mischung von vielen Lichtfrequenzen. Auch die Flug- und Schwingungsrichtungen der Lichtteilchen (Photonen) variieren stark. Im Laserstrahl herrscht dagegen eine geradezu militärisch strenge Ordnung: Die Photonen haben alle dieselbe Wellenlänge, also dieselbe Lichtfarbe, sie schwingen im Gleichtakt und jagen in dieselbe Richtung. Eines der grundlegenden Prinzipien des Lasers hat kein Geringerer als Albert Einstein entdeckt. «Es ist mir ein prächtiges Licht über die Absorption und Emission von Strahlung aufgegangen», schrieb er 1916 seinem Freund Emile Besso. Einstein hatte erkannt, dass Atome nicht nur spontan Photonen abstrahlen können. Wenn ein Photon an einem Atom vorbeifliegt, kann es dieses auch zur Lichtemission anregen, indem es ein Elektron von einem höheren Energieniveau quasi herunterschüttelt wie einen reifen Apfel vom Baum. Das Atom strahlt dann ein Lichtteilchen von exakt derselben Wellenlänge ab wie das ursprüngliche Photon. Aus eins werden zwei, aus zwei werden vier und so weiter. Darauf beruht der Verstärkungseffekt eines Lasers Soll das Orbitalmodell im Grundlagenfach unterrichtet werden? Was spricht dagegen? Das Orbitalmodell ist unverständlich und viele Schülerinnen verlieren schon am Anfang des Unterrichts das Interesse für Chemie Das Orbitalmodell ist in der Mittelschulchemie nicht wichtig Lieber das Schalenmodell richtig als ein Chaos verschiedener Atommodelle Man kann viel Zeit sparen und an Stelle des Orbitalmodells andere Themen unterrichten, die leichter verständlich sind Was spricht dafür? Vorteil am Anfang des Chemiestudiums Amadeus Bärtsch 23. Okt. 2015 Fachdidaktik Chemie ETH Grundlagenfach: Atombau S. 20 Alle kennen die bekannten Schlagworte wie Quantensprung, Unschärferelation, Orbital und bleiben nicht auf der Stufe des Planetenmodells stehen Die Form des Periodensystems kann erklärt werden Das Kugelwolkenmodell (Kimball-Modell) ist einfacher als das Orbitalmodell. Eine ganze Reihe von Kolleginnen und Kollegen setzen das Kugelwolkenmodell ein und nehmen in Kauf, dass sie ein Konzept einführen, das pädagogisch motiviert ist und in der Wissenschaft nicht verwendet wird. Zudem sind Kugelwolken- und Orbitalmodell derart ähnlich, dass es leicht zu Verwechslungen kommen kann. Amadeus Bärtsch 23. Okt. 2015 Fachdidaktik Chemie ETH Grundlagenfach: Atombau S. 21 Reflexion von Jonas Hostettler: Historisch-problemorientierter naturwissenschaftlicher Unterricht In dieser Unterrichtssequenz erarbeitete ich mit den Schülern das Thema Elementarteilchen und Atombau. Der Praktikumslehrer legt bei diesem Thema grossen Wert auf historische Zusammenhänge, einen Aspekt der bei meiner bisherigen Unterrichtsplanung einen nicht allzu hohen Stellenwert genoss. In dieser Sequenz spielen Namen wie Franklin, Dalton, Thomson und Rutherford natürlich eine grosse Rolle! Ob geschichtliche Aspekte im Chemieunterricht viel Raum einnehmen sollen oder nicht ist ein interessanter Aspekt. Geschichten sind ja an sich interessant, insbesondere wenn man auch noch mit der persönlichen Geschichte der Forscher in Kontakt kommt. Mit Geschichten kann man also gut die Aufmerksamkeit der Schüler erhalten. Auch ermöglicht es die Geschichte, einen Einblick in die Vorgehensweise der Naturwissenschaftler zu geben. Es erlaubt den Schülern auch zu verstehen, wie neu eigentlich unser ganzes heutige Wissen ist. Allerdings ist zu bedenken, dass für etwa 16 jährige Schüler alles vor dem Jahre 1950 extrem weit zurück liegt. Noch sind 50 Jahre eine unglaublich lange Zeit für 16 jährige Schüler und ich bin mir nicht so sicher, ob es für einen Schüler sehr beeindruckend ist zu hören, dass man erst seit Anfang 20. Jahrhunderts den definitiven Beweis für die Existenz der kleinsten Teilchen hat (Einstein). Es wäre wohl für viele Schüler gleichwertig zu hören, dass die kleinsten Teilchen schon seit Jahrhunderten zweifelsfrei nachgewiesen worden sind. Wahrscheinlich ist dies aber ein allgemeines Problem, mit dem insbesondere der Geschichtsunterricht zu kämpfen hat – ob es eine Methode gibt, das Zeitgefühl der Schüler zu formen ist mir nicht bekannt, ich selbst musste auch ca. 30 Jahre alt werden, bevor ich ein solches für die letzten Jahrhunderte kriegte. Durch zu viel Bezug zur Geschichte ergibt sich oftmals auch ein Ohnmachtsgefühl gegenüber den Naturwissenschaften: „Alles wurde schon entdeckt... was bleibt noch für uns übrig? Das wird ja jetzt unglaublich kompliziert noch etwas neues zu finden“. Ich bezweifle, ob die Geschichte so viel zum Verständnis der Vorgehensweise der Naturwissenschaftler beiträgt, verständlicherweise werden nur die Perlen gezeigt. Es müsste womöglich deutlich darauf hingewiesen werden, wie viele Jahre und Fehlversuche hinter solchen Entdeckungen stehen. Auch müsste dann aufgezeigt werden, dass hinter vielen sehr berühmten Forschern sehr viele Doktoranden und Forscherkollegen stehen, die schlussendlich für die Entwicklung auch unentbehrlich sind. Dies kann auch zu einem realistischeren Bild der naturwissenschaftlichen Forschung beitragen. Viele Schüler, die nicht unbedingt eine grosse Affinität zum Fach Geschichte haben und sich hingegen für die Funktionsweise der Natur interessieren, möchten wohl einfach wissen, wie es wirklich ist, wie die Natur funktioniert. Wer was herausgefunden hat, ist für diese zweitrangig. Viel interessanter ist es, was mit diesem Wissen nun alles selbständig erklärt werden kann, wo man also „selbstwirksam“ werden kann! Soll man diese Schüler wirklich mit Geschichte hinhalten? Zu überlegen wäre, ob eine Unterrichtssequenz für die Forschung, deren Entwicklung und Organisation zu reservieren Sinn machen würde. Im Gegenzug könnte dann bei den Atommodellen auf die Geschichte verzichtet werden. Allerdings darf dabei nicht vergessen werden, dass der Aspekt „Modelle und deren Gültigkeit“ ein wichtiger Bestandteil des Chemieunterrichts ist, dieser kann vorzüglich anhand der unterschiedlichen Atommodelle diskutiert werden. Diese werden meistens in der geschichtlich korrekten Reihenfolge gelernt. Dies kann aber auch unabhängig von der Geschichte gemacht werden, man könnte gemeinsam mit den Schülern die damals gemachten Experimente diskutieren und auswerten. Also zum Beispiel das Rutherford Experiment vorstellen und das Ergebnis dann diskutieren und interpretieren, einfach ohne von Anfang an zu sagen, was Rutherfords Beweggründe und Überlegungen waren und wann er lebte. Amadeus Bärtsch 23. Okt. 2015 Fachdidaktik Chemie ETH Grundlagenfach: Atombau S. 22 Dadurch kommen die Schüler von selbst auf das Modell, dass Rutherford dahinter steckt und wann er dieses Experiment durchführte ist zweitrangig. So rückt man das ganze in die heutige Zeit und lässt den „Mief“ von alten Bildern beiseite. Idealerweise passt der Lehrer den Unterricht an die Schüler an. Der Lehrer muss dazu feststellen, wie gross das Interesse der Schüler an Geschichte ist und wie weit deren Gefühl für zeitliche Abstände schon entwickelt ist. Wir diskutierten ausführlich, ob der Unterricht in Chemie nicht von Geschichte entschlackt werden soll. Eine definitive Antwort fanden wir selbstverständlich nicht: Zu viele Pro und Kontra lagen schlussendlich auf dem Tisch. (Arbeitsauftrag im Rahmen des grossen Unterrichtspraktikums von Jonas Hostettler, 2012) Buchtipp H. Zankl, Die Launen des Zufalls, Wissenschaftliche Entdeckungen von Archimedes bis heute, Darmstadt (2002) Amadeus Bärtsch 23. Okt. 2015