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___________________________________________________________COLLASIUS
S. Winkle
Das Trachom im Altertum
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Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation sind z. Z. etwa 500 Millionen
Menschen vom Trachom befallen. Dieses infektiöse Augenübel gilt auch heute noch in
den unterentwickelten Ländern als die häufigste Ursache der Blindheit. Es ist vor allem,
wie ein französischer Kolonialarzt einst treffend formulierte, “eine Krankheit der
schmutzigen Hände" und kommt daher endemisch fast nur in den wirtschaftlich und
hygienisch rückständigen ehemaligen Kolonial-gebieten Afrikas, Asiens und
Lateinamerikas vor. Das Trachom ist ebenso wie die Krätze, mit der es häufig
gemeinsam aufzutreten pflegt, eine Begleiterscheinung des Elends.
Als Ansteckungsquelle gilt in erster Linie das Konjunktivalsekret des erkrankten Auges,
das entweder durch direkte Berührung mit den Fingern, besonders durch Augenreiben,
oder indirekt durch gemeinschaftlich benutzte Gegenstände wie Waschschüsseln,
Handtücher, Schwämme, Bettwäsche und nicht zuletzt durch Fliegen auf die gesunden
Augen anderer Menschen übertragen wird.
Die Infektion in Endemiegebieten erfolgt meist schon im Kindesalter. Die
Inkubationszeit beträgt 8-9 Tage. Die Krankheit beginnt im allgemeinen schleichend. Es
kommt zur Entzündung der Bindehaut, die allmählich ein sammetoder himbeerartiges
Aussehen gewinnt. Der Kranke hat anfangs meist das Gefühl, als befände sich Sand in
seinen Augen. Deshalb führten arabische Augenärzte bereits im Mittelalter die
Entstehung dieses Leidens auf eine Reizung des Auges durch Staub und Wüstensand
zurück, ein Moment, dem zwar keine ätiologische, dafür aber eine um so größere
“infektbahnende Rolle" zukommt, weil es zu häufigem Augenreiben verleitet.
Im weiteren Verlauf kommt es zur Absonderung eines schleimig-eitrigen Sekretes,
wodurch morgens die Lider oft verklebt sind. Die erhöhte Absonderung ist meist mit
einem gesteigerten Fremdkörpergefühl und quälender Lichtscheu verbunden. Zugleich
entwickeln sich vorwiegend auf der Konjunktiva des Oberlides glasig-gallertige
Bläschen, die an Froschlaich oder gekochte Sagokörner erinnern. Daher auch die
Bezeichnungen “Körnerkrankheit" bzw. “Conjunetivitis granulosa".
Im Laufe von Monaten erweichen die Bläschen und bersten beim geringsten Druck, oft
schon beim Umklappen des Augenlides zwecks Besichtigung oder Behandlung der
Bindehaut. Die Folge davon sind Geschwürbildungen, die mit anschließenden
Vernarbungsprozessen beim Übergreifen auf den Musculus levator palpebrae
superioris zur Lidptosis (“Ptosis trachomatosa") führen, wodurch - was bereits Rhases
um 900 in Badgad auffiel - “die schwergewordenen Lider nicht mehr genügend geöffnet
werden können und dem Kranken ein sonderbar schläfriges Aussehen verleihen".
Dieses wichtige Frühsymptom gilt in endemischen Trachomgebieten als Warnsignal.
Die Vernarbungsprozesse können im weiteren Verlauf sowohl zu Verkürzungen des
Konjunktivalsackes als auch zur Verkrümmung des oberen Lidknorpels führen, wodurch
der Augenlidrand muldenförmig einwärtsgestülpt und nach innen gekehrt wird
(“Entropium"), so daß die Wimpern durch Reizung der Hornhaut die lästige Plage der
“Haarkrankheit" (“Trichiasis") verursachen, bei der es zu einem Einwachsen der
Wimpern kommt. Eine weitere Folgeerscheinung dieser Veränderungen ist - neben der
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so gefürchteten Austrocknung der Hornhaut - die für Trachom so charakteristische
Verengung der Lidspalte.
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Blinder Harfner mit geschlossener Lidspalte und Fettwülsten am Bauch und Nacken.
Ausschnitt aus einer Wandmalerei im Grabmal des Amonpriesters Nakht bei Theben.
(18. Dynastie, um 1350 v. Chr.)
Bei mehr als der Hälfte aller Trachomfälle greift die Entzündung von der Bindehaut
auch auf die Hornhaut über und überzieht sie teilweise mit einem grauen, glänzenden
Narbenschleier (“Pannus trachomatosus"), was - nach dem anfänglichen
“Nebelsehen" - zu immer stärkeren Sehstörungen führt. Bei Vernachlässigung des
Trachoms kommt es nicht selten zu Sekundärinfektionen und Hornhautgeschwüren mit
allen ihren Folgen. Diese Komplikationen treten besonders in jenen Fällen auf, wo
infolge einer Schrumpfung der Konjunktivalsäcke die Augenäpfel von den Lidern nicht
mehr völlig bedeckt werden. Da die körnige Wucherung der Schleimhaut auch die
Ausführungsgänge der Tränendrüsen zu verschließen pflegt, entfällt nicht nur die
bakterizide Wirkung der Tränenflüssigkeit, sondern es kommt auch zu einer
beschleunigten Austrocknung der Hornhaut (“Xerose") oder der ganzen Bindehaut
(“Xerophthalmus") und schließlich zu einer vollständigen Schrumpfung des Augapfels
(“Phthisis bulbi"), was eine unheilbare Erblindung zur Folge hat.
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Hinter dem stehenden Opferpriester zwei blinde Musikanten.
Kalksteinrelief aus dem Grabe des Patenemhab bei Sakkarah.
18. Dynastie um 1350 v. Chr.
Leiden, Rijksmuseum van Oudheden.
Der Ursprungsherd des Trachoms ist nicht genau bekannt. Die volkstümliche
Bezeichnung “ägyptische Augenentzündung" beweist lediglich, daß für Europa seit den
napoleonischen Kriegen das Niltal den gefährlichsten Ausgangsherd dargestellt hat.
Aus der Tatsache, daß sich etwa ein Zehntel aller altägyptischen Rezepte auf
Augenkrankheiten bezieht, ist zu schließen, daß diese dort bereits im Altertum sehr
verbreitet waren. Auf zahlreichen Reliefs und Wandmalereien aus den Gräbern jener
Zeit sind die physischen Eigentümlichkeiten der Blindheit (wie das eingesunkene Auge
mit halb- oder ganz geschlossener Lidspalte sowie der Hang zur Körperfülle) mit einer
verblüffenden Realistik dargestellt. Erwähnt sei nur das Fresko des blinden Harfners mit
geschlossener Lidspalte aus dem Grabmal des Amonpriesters Nakht bei Theben (Mitte
der 18. Dynastie) und das Relief mit einem ebenfalls blinden Harfner aus einem Grab
bei Sakkara. Die Gestaltung seines Auges weist trotz aller Stilisierung in der
Profildarstellung die für das Trachom so typische Verengung der Lidspalte auf und
unterscheidet sie damit eindeutig von den mandelförmig geöffneten Augen der
Sehenden. Auch weitere Besonderheiten eines fortgeschrittenen Trachoms, wie z. B.
das Einsinken der Augenhöhlen durch Schrumpfung des Augapfels, sind auf den
Reliefs gut erkennbar. Auch an den Augenpartien zahlreicher Mumien hat man
eindeutig trachomatöse Veränderungen feststellen können (1). Zugleich fand man
Pinzetten vermutlich Grabbeigaben - zur Entfernung der eingewachsenen
Wimpern. - Wahrscheinlich gehörten schon in jenen Zeiten “Kinder mit eiternden Augen
und Fliegenschwärmen im Gesicht", wie es Robert Koch 1883 erlebt hat, zur Szenerie
des ägyptischen Alltags.
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Ausschnitt aus dem Kalksteinrelief.
Blinder Harfner mit eingesunkenem Auge, verengter Lidspalte und typischer Neigung
zur Fettsucht.
Unsere wichtigsten Kenntnisse über die “Augenkrankheiten" im alten Ägypten schöpfen
wir jedoch aus einer Rezeptsammlung, die um 1550 v.Chr. niedergeschrieben wurde:
den “Papyrus Ebers". In diesem Papyrus wird an mehreren Stellen (Rp. L VI,11-17, Rp.
L VII,15-17, Rp L XII, 18-22) unter der Bezeichnung “hetae" ein chronisches
Augenleiden erwähnt, bei dem es sich zweifellos um Trachom handelt (2).
Die Ägypter haben beim Schreiben ebenso wie die Hebräer, die Araber und die
meisten anderen Orientalen, nur Konsonanten benutzt und die Vokale ausgelassen.
Daher kommt es, daß man nicht einmal genau weiß, wie der Name des Propheten
ausgesprochen wurde. Hieß er Mohammed, Muhammed, Muhammad, Mahomet? ...
Um die ägyptischen Worte überhaupt aussprechbar zu machen, müssen wir uns damit
helfen, daß wir zwischen die Konsonanten ein “e" einschalten. Wir sprechen also kein
einziges ägyptisches Wort richtig aus, oder wenn wir es tun, so ist das der reine Zufall.
(“hetae”)
Aus dem altägyptischen “hetae", das mit dem Deutzeichen des “regnenden Himmels"
bzw. “Niederrinnens von Flüssigkeit" versehen ist, entstand wahrscheinlich auch das
Wort “hiti", welches im Koptischen soviel wie “Triefauge" bedeutet (3). Neben den
dunkelgrünen Augensalben mit “Metu" (Grünspan = essigsaures Kupferoxyd)
verwendete man bereits im mittleren Reich (um 2160 bis 1700) “schwarze Kollyrien"
(Antimonpräparate), die unter der Bezeichnung “Mesdemet" (msd'mt)
“Mesdemet” (msd’met)
nicht nur kosmetischen Zwecken, sondern vor allem der Behandlung bzw. Verhütung
von Augenkrankheiten dienten (4). Ein Beweis dafür ist der rührende Brief eines
erblindeten Ägypters aus der Zeit Ramses II. (um 1250 v.Chr.). Er lautet:
“Mitteilung des Malers Poi an seinen Sohn, den Maler Pa-Ra (Hotep). Laß mich nicht im
Stich! Es geht mir nicht gut. Höre nicht auf, über mich zu weinen, denn ich lebe in
Finsternis. Mein Gott Amon hat mich im Stich gelassen. Bringe möglichst bald für
meine Augen etwas Honig, etwas Fett und mesdemet (Antimonpräparat). Bin ich nicht
Dein Vater? Ich möchte meine Augen haben und sie sind nicht da" (Hierat. Pap. III/ 35)
(5).
Mesdemet wird im Papyrus Ebers an verschiedenen Stellen (Rp. L XI, 21. RP. L XII
2-3) vermischt mit Honig, Gänseschmalz, Metu etc. als schwarze Augensalbe erwähnt
(6). Da Antimon in Ägypten nicht vorkommt, wurde es auf dem Handelswege aus dem
möglicherweise in Südostafrika gelegenen Lande “Punt" bezogen (7). Es war im
Altertum recht kostbar, denn in einem Felsengrab zu Beni Hassan in Oberägypten ist
dargestellt, wie besiegte Stämme dem Gaufürsten unter anderem auch mesdemet in
Töpfen als Geschenk überbringen. Ramses III. opferte einmal den Göttern 50 Pfund
mesdemet, vermutlich zum Zwecke der Vorbeugung. Sehr oft gab man sogar den
Toten Töpfchen mit Augensalbe mit, von denen daher eine große Anzahl in den
Gräbern gefunden wurde. Zuweilen fand man darin noch Salbenreste, deren
chemische Analyse Spuren von Antimon ergab (8).
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Eingangskolumne aus der über 20 m langen, nach Ebers benannten Papyrusrolle.
Sie entstand in hieratischer Schrift um 1550 v. Chr.
Die einleitenden Zeilen lauten: “Hier beginnt das Buch über die Herstellung von
Arzneimitteln für alle Teile des menschlichen Körpers. . ."
Ebers kaufte die Rolle 1873 in Luxor von einem Araber, der behauptete, die Rolle im
Jahr 1862 in Theben zwischen den Beinen einer Mumie gefunden zu haben.
Da das “Salben" eine der wichtigsten Behandlungsmethoden der ägyptischen Medizin
war, ist es nicht verwunderlich, wenn sich das Hieroglyphenzeichen für das Wort “Arzt"
(“Sunu") aus einem Messer (manchmal allerdings auch als Pfeil oder Sonde dargestellt)
und einem “Salbentöpfchen" zusammensetzt. Das Lautzeichen des Messers wird als
sun und das des Salbentöpfchens als “nu” gelesen (9). Da die ägyptischen Ärzte, wie
wir von Herodot (5. Jh. v. Chr.) wissen (II. 84), weitgehend spezialisiert waren, wurde
dem Hieroglyphenzeichen “Sunu" noch das Ideogramm des jeweils zu behandelnden
Körperteils, so bei dem Augenarzt “zwei Augen" (“irty") hinzugefügt (10). Die
ägyptischen Augenärzte waren einst so berühmt, daß sie noch im 5. und 6. Jahrhundert
v. Chr. an die Höfe der bedeutendsten Herrscher, wie z. B. Cyrus (559-529 v. Chr.) und
Darius (521-485 v. Chr.) berufen wurden (11).
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Zilienpinzette zur Entfernung der ins Auge eingewachsenen Wimpern (bei Trichiasis);
links der Pinzettenbehälter.
Der “Papyrus Ebers", in dem ein umfangreicher Abschnitt der Augenheilkunde
gewidmet ist, läßt deutlich erkennen, daß sich auch dieser medizinische Zweig aus
einem empirisch-rationellen und einem magisch-religiösen Teil zusammensetzte. Wo
eine natürliche Ursache bei einer Erkrankung erkannt wurde, konnte der Arzt eine
entsprechende Behandlung mit Mitteln einleiten, die wie z. B. Antimon-Kupferund
Bleiverbindungen bis in die jüngste Zeit gebräuchlich waren. So versuchte man z. B.
laut Papyrus Ebers (Rp. L XIV, 1-3) bei der im “Narbenstadium" auftretenden Trichiasis
die abnorm stehenden Wimpern auszuziehen und durch Einpinseln einer Salbe (“mit
der Feder eines Geiers") die Heilung des Auges herbeizuführen. Schon damals
bediente man sich zu dieser Art Epilation kleiner Zilienpinzetten (12).
In Fällen, wo es keine Erklärung für die Entstehung einer Krankheit gab oder die
Behandlung nicht half, war der Boden für eine magische Therapie gegeben, in deren
Bereich Beschwörungsformeln, magische Handlungen, Amulette und nicht zuletzt auch
die “Dreckapotheke" gehörten (13). Es ist auffallend, daß beide Richtungen, die
rationelle und die magische Therapie, in der Tempelmedizin eng miteinander
verflochten waren. Oft wurde zunächst ein Medikament verabreicht und anschließend
eine Beschwörungsformel gesprochen, sowie eine magische Handlung vorgenommen.
Zum Dank für eine solche Wunderheilung ließ z. B. Pheros, der augenkranke Sohn des
Pharao Sesostris (19. Jh. v. Chr.), im Tempelbezirk des Helios zwei Obelisken
errichten, vielleicht für jedes Auge eine Säule. Wahrscheinlich wurde Heliopolis als ein
dem Sonnengott geweihter Ort von zahlreichen augenkranken und blinden Pilgern
aufgesucht, um dort Heilung zu finden.
Auf einer höheren Kulturstufe hielt man Augenleiden ebenso wie auch andere
Krankheiten - nicht nur für einen dämonischen Zauber, sondern vor allem für eine
göttliche Strafe. Unter diesem Aspekt prägte Sophokles den bekannten Spruch: “Wen
die Götter strafen wollen, den schlagen sie mit Blindheit" (Antigone 622/24). Den
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Sündenfall, der so bestraft wurde, pflegte man meist auf “Augenvergehen", besonders
gegen Göttinnen, zurückzuführen. Glaubte man doch, es sei männlichen Augen nicht
erlaubt, gewisse Kulthandlungen der Göttinnen oder deren unverhüllten Leib zu
schauen. So soll es z. B. auch dem blinden “Seher" Teiresias ergangen sein, als
er - noch als Knabe - auf der Jagd am Quell des heiligen Haines der Pallas Athene die
Göttin nackt im Bade erblickte" (14). Doch galt auch Pallas Athene als ambivalente
Gottheit, die nicht nur strafte, sondern Augenkranken auch half, weshalb man sie
mancherorts als “Athene Ophthalmitis" verehrte.
Durch Vermittlung der Priester hofften die Gläubigen, den Zorn der Götter zu
besänftigen und sich vieler Krankheiten zu entledigen. Zu den wirksamsten Methoden
der Priestermedizin zählte der sakrale Tempelschlaf: die Inkubation. Eine ähnliche
ophthalmologische Bedeutung - wie in Ägypten die Heiligtümer des Horus - hatten in
Griechenland die Tempel des Asklepios. Der Tempelschlaf sollte über den Traum eine
direkte Beziehung zwischen Patient und Gottheit ermöglichen. Aufgabe der
Priesterärzte war es, die Träume zu deuten und aus ihnen die nützlich erscheinenden
Mittel und Methoden herauszulesen. Die Heilsuchenden oder Genesenden stifteten der
Gottheit oft Nachbildungen ihrer kranken Körperteile. Die Tatsache, daß zwei Fünftel
aller in den Asklepiostempeln gefundener Weihgeschenke Augenvotive sind, beweist,
wie sehr die alten Griechen von Augenleiden geplagt wurden. Nicht selten versahen die
Priester diese Votivtafeln mit der phantastischen Schilderung einer Wunderheilung. So
lautet z. B. eine Inschrift:
“Einem blinden Krieger befahl der Gott (im Traum), vom Blut eines weißen Hahnes und
Honig eine Salbe zu machen und sich mit ihr drei Tage lang die Augen einzureiben. Er
handelte danach, gewann sein Augenlicht wieder und dankte Gott vor allem Volke."
Skeptiker, die die Wunderheilung anzweifelten, wurden mit göttlicher Strafe bedroht:
“Ambrosia aus Athen, auf einem Auge blind, bezeichnete im Heiligtum
umherschlendernd - einige Heilungsgeschichten von Lahmen und Blinden als
unglaublich und unmöglich. Da erschien ihr im Tempelschlaf der Gott und sagte, daß er
sie zwar gesund machen würde, doch müßte sie zur Erinnerung an ihre Torheit ein
silbernes Schwein als Weihgabe im Tempel aufstellen (14a). Nach diesen Worten habe
er ihr in das kranke Auge ein Heilmittel eingeträufelt. Als es tagte, ging sie gesund von
dannen.”
Manche Votivtafeln ermahnen eindringlich, daß man nicht vergessen solle, der Gottheit
den schuldigen Tribut zu leisten. So ist z. B. auf einer Tafel zu lesen, daß Harmon aus
Tharsos, der von seiner Blindheit geheilt wurde, aber dem Heiligtum das versprochene
Honorar nicht bezahlen wollte, von der Gottheit abermals geblendet wurde. Erst
nachdem er reumütig erneut im Tempel schlief, gewann er sein verlorenes Augenlicht
wieder. Je nach dem Säckel des Patienten bestanden die gestifteten Votivbilder aus
Ton, Marmor, Silber oder Gold (15).
In der Komödie des Aristophanes (450-385 v. Chr.) “Plutos" (,Der Reichtum") wird in
derb sarkastischer Art die Behandlung von Augenkrankheiten durch Priesterärzte
verspottet. Plutos, der Gott des Reichtums, in dessen Blindheit man den Grund für die
ungerechte Verteilung der Besitztümer vermutet, soll im Tempel des Asklepios in der
üblichen Weise geheilt werden. Nach vielen Zeremonien und symbolischen
Handlungen wird er unter Gesang und Gebet durch die halbdunklen Tempelräume
geführt und schließlich angewiesen, neben der Bildsäule der Gottheit auf dem Fell
eines frisch geopferten Widders dem weissagenden Traum entgegenzuharren. In
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seiner Nähe ruht auch der triefäugige Dieb und meineidige Sykophant Neokleides (16).
Nachts erscheint ein Asklepiospriester in der Maske des Gottes, begleitet von einer
Priesterin und beginnt zuerst dem triefäugigen Dieb “ein Salbenmittel einzureiben,
indem er drei der schönsten tennischen Zwiebelköpf' in den Mörser warf, sie
zerstampfte, Mastix mischte dazu, nebst Silphion; und sphettischen Essig endlich unter
die Brühe goß; drauf strich er die Augenlider ihm, umstülpend sie, den Schmerz des
Burschen zu steigern. Dieser heult und schrie und entsprang im Sturmschritt; lachend
rief der Gott ihm nach: Da sitze still, gesalbt, wie Du bist! Du brauchst hinfort, trotz
Schwur und Eid, den Heiltempel nicht zu besuchen mehr."
Es ist klar, daß diese derbkomische Szene, in welcher der triefäugige Sykophant
Neokleides durch die schmerzhafte Pferdekur des Asklepiospriesters vorübergehend
geblendet wird, bei dem Athener Publikum großen Beifall finden mußte. Die Empörung
des Volkes hatte politischen Denunzianten noch ganz andere Salbenmittel gewünscht:
“Knoblauch mit Teufelsdreck und lakonischer Wolfsmilch."
Auch die darauffolgende Szene, in welcher der leichtgläubige Knecht Karion einer Frau
die nächtliche Wunderheilung des Plutos durch den für Asklepios gehaltenen
Priesterarzt schildert, ist voll kräftiger Seitenhiebe auf die Inkubationskuren der
Tempelmedizin:
BILD
Hölzernes Salbengefäß für Mesdemet mit verschließbarem Deckel.
18. Dynastie um 1440 v. Chr.
Berlin, Staatliche Museen.
Karion: “Nach diesem Vorgang setzt' er sich zum Plutos hin, und zwar zuerst betastet
er ihm das Haupt und nahm alsdann ein sauberes Leinentuch und wusch damit dem
Gott die Augenlider, worauf Panakeia kam und Kopf wie Antlitz ihm verhüllte
rundherum mit purpurner Decke; schnalzend pfiff nun Asklepios, da schossen aus dem
Tempel jäh hervor ein paar gewaltige Schlangenbestien."
Frau: “Gute Götter Ihr!"
Karion: “Sacht unter die Purpurdecke schlüpften die Bestien und leckten ihm die
Augenlider, so viel mir schien: Und ehe du zehn Becherlein Weins austrinken könntest,
stand unser Plutos, staune Herrin, sehend auf!"
Der Logos hatte zwar den Mythos verdrängt, doch die anatomielose Säftelehre der
Hippokratiker war noch reichlich spekulativ (17). So sollte z. B. einer der vier
Kardinalsäfte, das Phlegma (d. h. der “kalte Schleim") in dem für eine Drüse
gehaltenen Gehirn gebildet und gespeichert werden. Das Herabfließen (“Katarrhein")
des überschüssigen Schleims durch Augen, Ohren, Nase, Lunge etc. könne
verschiedene Krankheiten bewirken. Als eine davon galt die Ophthalmie (18).
Epidemische Augenschleimflüsse werden in den hippokratischen Schriften wiederholt
erwähnt. So z. B. jene epidemische Ophthalmie, von der die Bewohner der Insel
Thasos betroffen wurden:
“Nachdem das ganze Jahr feucht und kalt und von Nordwetter beherrscht gewesen
war, blieben die Menschen den Winter über fast durchweg gesund; aber gleich mit
Frühlingsanfang befanden sich viele und sogar die meisten kränklich. Zuerst begannen
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triefende Augenleiden (ophthalmia rhoodes) mit Schmerzen und rohem Ausfluß, indem
geringe Mengen von Augenbutter bei vielen beschwerlich durchbrachen. Bei den
meisten kam es zu Rückfällen. Die Entzündungen hörten erst später im Herbst auf"
(Epidemische Krankheiten, 1. Buch, 2. Jahrgang, 5).
Und an einer anderen Stelle heißt es: “Triefende, langwierige und mit Schmerzen
verbundene Augenentzündungen stellten sich ein. An den Augenlidern traten außen
wie innen Auswüchse auf, sog. Feigwarzen, die bei vielen das Sehvermögen
zerstörten" (Epidemische Krankheiten, 3. Buch, 4. Jahrgang, 7).
Allerdings pflegen bei Trachom keine Auswüchse an der Außenfläche der Lider
vorzukommen, es sei denn, sie sind durch eine unzweckmäßige Behandlung
entstanden (19).
Dioscurides (1. Jh. n. Chr.), der zum ersten Mal den Namen “Trachom" (Rauhigkeit)
benutzte (20), und Galen (um 129-201) empfahlen das Umdrehen trachomatöser
Augenlider und das Abschaben der “hirsekornähnlichen Rauhigkeiten" mit scharfen
Löffelchen oder Sepiaschalen, mit Bimstein oder rauhen Feigenblättern. Die
mechanischchirurgischen Eingriffe bezweckten eine möglichst radikale Beseitigung der
erkrankten Epithel- und Gewebselemente samt Follikeln. Durch diese Verfahren wurde
eine frühzeitige Vernarbung und zugleich eine Abkürzung der Behandlungsdauer
erstrebt.
Überzeugt vom Hinabfließen des kalten Schleims hielt man das Blut der Kopfvenen für
den Träger der materia peccans, die zu den Augen hinströmte. Die Hippokratiker und
Aristoteles (384-322 v. Chr.) empfahlen daher das Schröpfen an den Kopfvenen (21),
das Brennen der Blutgefäße an den Schläfen und sogar die Zerstörung der übrigen
Kopfadern durch Schnitte und langsame Vernarbung als prophylaktisches Verfahren
(22).
Eine besondere Erscheinung im alten Hellas waren die blinden Sänger (Rhapsoden),
die von Stadt zu Stadt zogen und bei festlichen Veranstaltungen epische Gedichte
vortrugen (23). Die Blindheit der Rhapsoden, von denen so mancher sein Augenlicht
infolge einer Trachominfektion eingebüßt haben dürfte, war so allgemein, daß man sich
die Dichter der archaischen Zeit nur noch als blind vorstellen konnte (24).
BILD
Weihgabe des augenkranken Eukrates an die als Helferin bei Augenkrankheiten
besonders geschätzte Heilgöttin Demeter von Eleusis.
4. JII. v. Chr.,
Nat. Museum zu Aachen.
Schon die Perserkriege dürften zu einer epidemischen Ausbreitung des Trachoms
beigetragen haben. Allerdings erwähnen zeitgenössische Chronisten Augenleiden
meist nur dann, wenn sie Herrscher oder Feldherren betrafen, während sie ihr
Vorkommen im Kreise der anonymen Söldner- und Volksmassen kaum beachteten. In
früheren Zeiten erweckten eben nur diejenigen Infektionskrankheiten Eindruck, die wie
z. B. die Pest eine außergewöhnlich hohe Zahl an Todesopfern forderten. Wenn es
Herodot dennoch nicht verschwieg, daß bei der Verteidigung der Thermopylen (480 v.
Chr.) zwei von den 300 Spartanern wegen schwerer Augenentzündung entlassen
wurden, so tat er das nur deshalb, weil man diesem historischen Ereignis eine
ungeheure Bedeutung beimaß (25). Zu einem besorgniserregenden Anstieg der
Körnerkrankheit in Athen kam es während des peloponnesischen Krieges, als die vom
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Lande zurückflutenden Flüchtlingsmassen hinter den festen Mauern der attischen
Hauptstadt auf engem Raum unter primitiven Bedingungen eng zusammengepfercht
wurden (26). Das geht auch daraus hervor, daß Aristophanes, der getreueste
Schilderer athenischer Zustände, in seinen ersten Komödien Triefaugen nur selten, in
seinen späteren Lustspielen dagegen sehr häufig erwähnt (27). In den “Fröschen"
täuschen sogar diejenigen, die nicht als Schiffssoldaten dienen wollen, Ophthalmie vor.
Man war von der Ansteckungsfähigkeit der Krankheit so überzeugt, daß das Volk sogar
die Möglichkeit einer Übertragung durch die Luft (“durch den bloßen Anblick eines
Augenkranken") befürchtete (28). Aristoteles wies diese phantastische Befürchtung
zurück, indem er betonte, daß “nur die Atemluft pestartig Erkrankter ansteckend sei",
während man sich “Schwindsucht, Triefäugigkeit und Krätze durch Verkehr mit den
Behafteten zuziehe" (Problemata c.8. p. 887).
“Es gibt eine Reihe von (griechischen) Terrakotten aus jener Zeit", schreibt
Anagnostakis, “auf denen die für Trachom so charakteristische Verengung der
Lidspalten mit verblüffender Naturtreue wiedergegeben ist" (28a).
Auf die benachbarte Apenninenhalbinsel ist die Körnerkrankheit wahrscheinlich erst
während des 2. punischen Krieges eingeschleppt worden. Das geschah, als Hannibal
218 v. Chr. mit etwa 60.000 nordafrikanischen Söldnern, unter denen es gewiß auch
Trachomatöse gab, von der iberischen Halbinsel kommend, über die Alpen nach Italien
eindrang. Dabei zog sich Hannibal, nicht erst “auf seinem siegreichen Vormarsch durch
die Sümpfe Etruriens im Frühling (217), eine schwere Augenentzündung zu", sondern
vermutlich
durch
Schmierinfektionen
schon
während
des
schwierigen
Alpenüber-ganges, wo er notgedrungen in einen viel engeren Kontakt mit seinen
nordafrika-nischen Kriegern kommen mußte. Da man zu jener Zeit das Triefauge auf
feuchtkalte Einflüsse der Umwelt zurückführte, versuchte er sich von Wasser und
Feuchtigkeit möglichst fernzuhalten, indem er beim Vormarsch die meiste Zeit hoch
oben auf einem der noch übriggebliebenen Elefanten verbrachte. Dennoch nahm das
Übel einen bösartigen Verlauf, zumal eine Möglichkeit der Pflege und Behandlung
fehlte (29). Er verlor das rechte Auge, wobei es zu einer stark sichtbaren Verunstaltung
seines Gesichtes kam (30). Man ist geneigt, an eine durch Trachom verursachte
einseitige Erblindung zu denken, welche entweder durch Narbenbildung in der
Hornhaut oder durch Schrumpfung des Augapfels entstellend wirkte (31).
Zur weiteren Verbreitung des Trachoms im römischen Weltreich wird besonders der
durch Handel und ewige Truppenverschiebungen bedingte lebhafte Verkehr viel
beigetragen haben. Nur so ist es verständlich, daß Plutarch (46-120 n.Chr.) das
Kontagium der Ophthalmie als das häufigste und hartnäckigste bezeichnete (Sympos.
V.7) und Galen die Ansteckungsfähigkeit pestartiger Fieber mit dem Hinweis auf Krätze
und Ophthalmie zu verdeutlichen suchte (De Different. febr.I,2). Aus dem Morgenland
kommende Seeleute, Legionäre, Sklaven und Händler werden wohl die wichtigsten
Infektionsträger gewesen sein.
Meist bezeichneten die Römer das Trachom als “asperitudo" (31a) oder “asperitas
palpebram". Den letzteren Namen bevorzugten auch die Ärzte des Mittelalters. Unter
dem Begriff “lippitudo" verstanden die Römer dagegen nicht nur Trachom, sondern jede
sezernierende Augenentzündung. Man darf deshalb nicht generell jedes als “lippitudo"
bezeichnete Augenleiden mit der Körnerkrankheit identifizieren, wie das z. B. der New
Yorker Augenarzt Fukala getan hat (32). Bei Cicero (106-43 v. Chr.) allerdings, der 13
Jahre lang bis zu seiner Ermordung an einer chronischen Augenentzündung litt, ist ein
Trachomverdacht nicht ohne weiteres auszuschließen. Die ersten Äußerungen über
sein Augenleiden finden wir in einem Brief aus dem Jahre 56 v. Chr.: “. . . eine
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Augenentzündung (lippitudo) veranlaßt mich, diesen Brief zu diktieren und nicht, wie ich
es bei dir gewohnt bin, selbst zu schreiben" (II.2) (33). Von diesem Zeitpunkt an taucht
in Ciceros Briefwechsel - wie ein ewiges Leitmotiv immer häufiger die stereotype Klage
auf: “Schriebe ich selbst, wäre der Brief länger, jedoch ich diktiere wegen der
Augenentzündung" (VII.13a) (34). Oder: “Die Hand meines Schreibers sei dir ein
Zeichen meiner Augenentzündung und eben diese auch der Grund für die Kürze"
(VIII,13) (35).
Nicht nur der chronische Verlauf, sondern auch die während der kalten Jahreszeit
zunehmenden größeren Beschwerden, wie Unfähigkeit zum Lesen und Schreiben,
Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit, sprechen eher für Trachom als für eine banale
Konjunktivitis. Als Fukala die Lippitudo einfach der Körnerkrankheit gleichsetzte, und
nicht nur Cicero, sondern auch Plinius (62-113 n. Chr.) und Horaz (65-8 v. Chr.) für
trachomatös erklärte, weil sie sich in ihrem Briefwechsel gelegentlich als “lippus"
bezeichneten, erhob sich gegen ihn - besonders aus dem Kreise der Philologen - ein
Sturm der Entrüstung (36). Eines der wichtigsten Argumente, mit denen man seine
“Verdächtigungen" zu entkräften versuchte, lautete: “Allein die hohe Badekultur und
Körperpflege jener Zeit hätte eine derartige Verbreitung des Trachoms unter den
römischen Patriziern und Geistesaristokraten verhindern müssen!" Nun kennen wir aber
auch eine Augenentzündung, die sog. “Schwimmbad-Konjunktivitis", deren
epidemische Ausbreitung gerade durch infiziertes Badewasser gemeinschaftlicher
Schwimmbecken bedingt wird (37). Diese Augenentzündung hat mit dem Trachom
große Ähnlichkeit, ist mit ihm möglicherweise sogar eng verwandt, verläuft aber gutartig
ohne Pannus und tiefe Narben und wird deshalb auch als Paratrachom bezeichnet. Es
ist durchaus möglich, daß es sich bei den Augenentzündungen, von denen die
vornehmen Römer befallen wurden, um die epidemische Ausbreitung einer
Schwimmbad-Konjunktivitis handelte, wie sie seit dem Ende des vergangenen
Jahrhunderts wiederholt bei Benutzern von Hallenschwimmbädern in Berlin, Paris, Köln
und anderswo beobachtet wurden und erst mit dem Chloren des Wassers aufhörten.
Die schmerzhafte Lichtempfindlichkeit bei chronischer Konjunktivitis zwang vornehme
Römer zu Maßnahmen, die wegen des dabei betriebenen Aufwandes besonders
auffallend waren. So schrieb z. B. Plihius der Jüngere an seinen Freund Cornutus
Tertullus:
“Ich gehorche dir, teuerster Freund und bemühe mich um die Heilung meiner
Augenkrankheit, wie Du es wünschest; denn ich kam auch hierher in einem
geschlossenen Wagen, verhängt von allen Seiten, gleichsam einem Schlafzimmer ...
und enthalte mich hier nicht nur des Schreibens, sondern auch des Lesens...” (38)
Durch eine solche Maßnahme griff die Lippitudo sogar in den Lauf der römischen
Geschichte ein, denn sie erleichterte den Meuchelmord an Numerian, als er seinen
Vater, Kaiser Carus (+ 283 n. Chr.), in den persischen Krieg begleitete. Flavius
Vopiscus berichtet hierüber:
“Als Numerian nach dem Tode (seines Vaters) Carus von einer schmerzhaften
Augenentzündung befallen wurde ..., so daß man ihn in einer geschlossenen Sänfte
tragen mußte, wurde er . . . ermordet. Die Legionäre erkundigten sich täglich nach dem
Befinden des jungen Kaisers (Numerian), ihr Offizier Aper (der Mörder) erklärte jedoch,
man könne ihn deshalb nicht sehen, weil er die kranken Augen vor Wind und Sonne
schützen müsse. Als die Sache durch die Verwesung des Leichnams ruchbar wurde,
fielen alle (Legionäre) über Aper her..."
9
10
Parallel mit dem Ansteigen der Augenleiden in Rom wuchs auch die Nachfrage nach
Augenärzten. Die Zahl der Okulisten wurde von Tag zu Tag größer. Da sich unter ihnen
so mancher rohe, unwissende und gewissenlose Geselle befand, kam allmählich die
ganze Zunft in Verruf. Die anatomischen Kenntnisse der Okulisten über den Aufbau
des Auges waren sehr bescheiden. Im Banne der hippokratischen Lehre, die die
Krankheit für eine Störung im Säftegleichgewicht hielt, glaubten sie, daß Asperitudo
bzw. Lippitudo durch den krankhaften Zufluß des Schleimes aus dem Gehirn in die
Augen entstünde. Mit Messer und Glüheisen waren sie daher bemüht, den schädlichen
Schleimzufluß zum Auge zu verhindern. Den Angriffspunkt für ihre schmerz- und
blutreichen Behandlungsmethoden boten die großen Adern des Schädels, welche als
die Hauptträger jener hypothetischen materia peccans galten (39). Ihnen gingen die
antiken Augenärzte mit der Schneide des Stahls und der Glut des Feuers in einer so
grausamen Weise zu Leibe, daß man viel eher hätte glauben können, es handle sich
um raffinierte Foltermethoden als um einen therapeutischen Eingriff. Man spaltete die
Haut der Stirn mit einem mächtigen Schnitt von einer Seite zur anderen bis auf den
Knochen und hielt diese ungeheure Wunde durch tägliches Schaben und Kratzen des
freigelegten Stirnbeins wochenlang offen. Manche Ärzte legten ihren Kranken anstatt
eines, drei die ganze Stirn umspannende Schnitte an den verschiedensten
Schädelstellen (Schläfe, Stirn, Hinterhaupt und Scheitel) an (40). Letzteres Verfahren
wurde bis in die jüngste Zeit in Nordafrika von arabischen Kurpfuschern angewandt.
Nicht minder grausam war die andere Methode, bei der man mit dem Glüheisen die
großen Adern der Stirn- oder Schläfengegend durchbrannte, um durch Kauterisierung
ihren Verschluß zu erzielen. Wie man heute die Kinder vorbeugend z. B. gegen
Diphtherie impft, so bearbeitete man einst bereits die Köpfe der Kleinen mit Messer und
Glüheisen, um sie gegen Erkrankungen der Sehorgane zu feien.
Ihr Haupteinkommen bezogen die römischen Okulisten aus der Bereitung und dem
Verkauf verschiedenster Augensalben und Augenwässer. Wie wohl die Wirkung dieser
“Wundersalben" oft sein mochte, läßt uns ein Epigramm des Martialis ahnen, welches
er dem bekannten römischen Augenarzt Quintus widmete:
“Als Triefäugiger bot neun Unzen neulich dir Hylas,
als Einäugiger bietet er sechs dir noch an.
Nimm es sofort, es entflieht die Gelegenheit zum Gewinne,
wenn völlig erblindet er ist, bezahlt er dir nichts."
(5. Buch 8/IX)
Glaubte man mit solchen Salben und Wässerchen nicht weiterkommen zu können, so
war man schnell mit einem Ätzmittel oder wohl auch mit einem Messer bei der Hand,
und es kam diesen rohen und unwissenden Gesellen, wie dies Galen erzählt, dabei gar
nicht darauf an, gleich auch ein gut Stück gesundes Auge mit fortzuoperieren (41).
Martialis traf den Nagel auf den Kopf, als er in einem bissigen Epigramm die Tätigkeit
eines Gladiators, der einst Augenarzt war, mit seinem früheren Beruf verglich:
“Früher ein Augenarzt,
bist jetzt du Fechter geworden
was als Fechter du tust,
hast auch als Arzt du getan."
Aber weder diese satirischen Gedichte noch die eindringlichen Warnungen eines
Cicero (106-43 v.Chr.) (42) oder Galen (ca. 131-201 n.Chr.) (43) konnten dem
gefährlichen Treiben kurpfuscheri-scher Augenärzte Einhalt gebieten. Es ist eben eine
10
11
alte Erfahrung, daß selbst aufgeklärte und gebildete Menschen, die von einem
chronischen Leiden befallen werden, nur allzuoft und allzugern Kurpfuschern ihr Ohr
leihen.
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Anmerkungen
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(1)
Bei pathologisch-anatomischen Untersuchungen der Augenlider von Mumien hat man
trachomatöse Granulationen entdecken können. Ferner konnte auch das Reiben
einwärtsgewendeter Wimpern auf der Hornhaut festgestellt werden. (M. A. Dollfus,
L'ophthalmologie dans l'ancienne Égypte. Revus générale d'ophthalmologie 1 (1937) S.
985-1001. - G. Lefebure, Essai sur la médicine égyptienne de l'époque pharaonique.
Paris 1956, S. 68-88.) Über pathologische Veränderungen an den Augen von Mumien
ist nur deshalb so wenig bekannt, weil die Augen bei der Mumifizierung meist zerstört
oder mit dem übrigen Orbitainhalt herausgenommen und wie die Eingeweide in
besonderen Gefäßen (Kanopen) beigesetzt wurden, wo sie im Laufe der Jahrhunderte
verwesten. (F. Jonckheere, Autour de l'autopsie dune momie. Le Scribe royal
Boutehamon. Bruxelles 1942. S. 72-75. Fig. 35 und 36.)
(2)
B. Ebbel, Papyrus Ebers und die altägyptischen Ärzte. Acta orientalia 10 (1931) S.
95-107
(3)
B. Ebbe], Die ägyptischen Krankheitsnamen. Zeitschr. f. ägyptische Sprache und
Altertumskunde 63 (1927) S. 71-75 und S. 115-121. Die Umschreibung von
Krankheits-namen und anderer gefürchteter Dinge ist bedingt durch den “Glauben an
die Magie des Wortes". Dieser Glaube klingt auch noch in der Redewendung nach,
man möge den Teufel nicht an die Wand malen, damit er nicht erscheine.
(4)
Vom Antimon ganz abgesehen, wurden noch vor 6 Jahrzehnten (!) in einem Lehrbuch
für Augenkrankheiten sogar Kupfer Alaun und essigsaure Tonerde zur
11
12
Trachombe-handlung empfohlen: “Kombiniert wird... die Wattemassage mit der
Kupferstiftbe-handlung; wenn diese nicht vertragen wird, mit Alaunstiftbehandlung. Zur
häuslichen Behandlung läßt man bot- oder essigsaure Tonerdeumschläge anwenden
und abends eine Kupfersalbe einstreichen..." (Prof. Dr. Wilhelm Grüter,
“Augenkrankheiten", in “Grundriß der gesamten praktischen Medizin", 1931.)
(5)
Max Meyerhof, “Brief eines erblindeten Ägypters". Mitt. Gesch. Med. Naturwiss. 1918,
17, 167. - Mit der nicht ungefährlichen kosmetischen Anwendung von “Mesdemet", wie
es bis in die jüngste Zeit bei Berberfamilien in Nordafrika üblich war, wo sich sämtliche
weibliche Mitglieder mit ein und demselben Holzstäbchen die Augen schminkten,
konnte die Trachominfektion ad infinitum weitergeimpft werden.
(6)
Von der älteren Ausdrucksform “stem" (“mesdemet"), im Koptischen “stim", leitet sich
sowohl das griechische Wort “stimmi" als auch das lateinische stibium" (Antimon) ab.
Im Alten Testament wurde das Mittel als “Puch" bezeichnet, in der Septuaginta, der
griechischen Übersetzung des Alten Testamentes, als “Kahhal" oder “Stimmi". Im
Arabischen heißt es “Kohol".
(7)
Zu den wichtigsten Importwaren der auf Veranlassung von Königin Hatschepsut
unternommenen Expedition nach Punt gehörte “mesdemet". Auch im Alten Testament
wird das Augenschminken mit Puch häufig erwähnt (2. Buch der Könige IX 30; Hesekiel
XXIII 40. Jeremias IV, 30.)
(8)
Auf einem Salbentöpfchen, das heute im Louvre aufbewahrt wird, findet sich die
Inschrift “Gutes Mesdemet, gut für das Augenlicht und zum Vertreiben von Eiter und
von
Schmerzen",
woraus
ebenfalls
seine
Anwendung
bei
schweren
Augenentzün-dungen zu ersehen ist (H. E. Sigerist, A. History of Medicine. Primitive
and archaic medicine. New York 1951, S. 343).
(9)
Aus den Ideogrammen des Arztes - “Messer" und “Salbentöpfchen" lassen sich
zugleich die Hauptinstrumente dieser altägyptischen Berufsgruppe erkennen (A.
Gardiner, Egyptian Grammar, London 1950, S. 512).
(10)
Zu Deir-el-Medinah in einem aus dem Zeitalter der Ramessiden stammenden Grab,
dessen Wandmalerei die Werkstätte des Bildhauers Ipy erkennen läßt, ist neben einem
Wundarzt auch noch ein Augenarzt (sunirty) zu sehen, der einem hockenden Kranken
mittels eines Stäbchens Augensalbe auf die Augen aufträgt (F. Jonckheere, La
“Mesdemet", cosmétique et médicament égyptiens. Histoire de la Médicine 2 [VII] 1952,
S. 6-7).
(11)
Herodot, Historiae, III. 1.
(12)
Aus solchen Instrumenten, die die Beduinen der syrischen Wüste bei trachomatöser
Trichiasis bis in die jüngste Zeit benutzten und die auch bei Ausgrabungen in Ur am
unteren Euphrat gefunden wurden, schlußfolgerte Möllers, daß man das Trachom
12
13
schon in Mesopotamien 5000 v. Chr. gekannt haben muß (Henrik Möllers, Acta
ophthalmologica Vol. 10, Copenhagen 1932, S. 372-375). An den Amuletten, die die
Eingeborenen in Somaliland als Abwehrmittel gegen die Trichiasis um den Hals tragen,
hängt jeweils auch eine Epilationspinzette.
(13)
So sollte z. B. der erblindete Pharao Pheros aufgrund eines Orakelspruchs seine
Sehfähigkeit durch das Benetzen der Augen mit dem Urin einer treuen Ehefrau
wiedergewinnen. Doch scheint dies eigentümliche Mittel in Ägypten jener Zeit ziemlich
rar gewesen zu sein (Herodot, Historae II. 111; Diodor Bibliothek I, 58). Neben der
“Urintherapie" spielte in der altägyptischen “Dreckapotheke" auch noch die
Speichelbehandlung triefäugiger Patienten eine wichtige Rolle. Diese Methode ging auf
den ibisköpfigen Toth zurück, der in dem mythologischen Kampf zwischen Licht und
Finsternis, bei dem Horus durch Seth ein Auge verlor, vermittelnd eingriff und das
“verletzte Auge heilte, indem er draufspuckte". Daher heißt es auch im Papyrus Hearst:
“Ich bin Thot, der Arzt des Horusauges." Die in den Evangelien erwähnten
Wunderheilungen von Blinden durch Speichel (Marc. 8,23, Joh. 9,6) haben demnach
eine lange Vorgeschichte.
(14)
In manchen Gebieten Schlesiens warnte man noch im vergangenen Jahrhundert die
Kinder, nicht durch das Schlüsselloch des Zimmers zu schauen, in dem die
Weihnachtsbescherungen vorbereitet wurden, da sie sonst erblinden würden. Vielleicht
ist auch die bekannte Redensart “ein Auge riskieren" auf diesen Glauben
zurückzuführen (Mitteilungen der Schlesischen Gesellschaft für Volkskunde, Heft 12
[1905] 67 und Heft 13 [1905] 115).
(14a)
Als Schwein bezeichnete man in Hellas nicht einen gemeinen Menschen, sondern
einen Dummkopf.
(15)
Th. Meyer-Steineg, Darstellungen normaler und veränderter Körperteile an antiken
Weihgaben. Jena 1912.
(16)
Sykophant (von Sykon = Feige) bedeutete ursprünglich “Feigenanzeiger" (d. h. einen
Mann, der illegale Feigenexporteure aufspürte und anzeigte), dann aber überhaupt
einen gewerbsmäßigen Schnüffler und politischen Denunzianten.
(17)
Kennzeichnend für das Nebeneinander von scharfsinnigen Vermutungen und
verblüffenden Irrtümern ist z. B. die hippokratische Schrift “Von den Drüsen". Neben der
richtigen Auffassung, daß die Drüsen (Lymphknoten) der Achselhöhle und
Leistengegend Giftstoffe aus der Umgebung aufnehmen und ausscheiden bzw.
neutralisieren, findet man die abwegige Ansicht, daß das Gehirn aufgrund seiner
schwammigen Konsistenz eine Drüse sei, die nach Aristoteles sogar eine “dämpfende,
herzkühlende" Eigenschaft besitzt.
(18)
Der drastische Fluch, den in einer Plautinischen Komödie (Casina, Vers 391) der
Sklave Olympio seinem triefäugigen Mitsklaven Chalinus entgegenschleudert: “Mögest
13
14
du dir die Augen aus den Kopfe durch die Nase ausschneuzen!" ist eine groteske
Verhöhnung der katarrhalischen Theorie.
(19)
So heißt es z. B. in einer Schrift des byzantinischen Arztes Aötios von Amida (6. Jh. n.
Chr.): “Nach falscher Behandlung, wenn die Ärzte zuviel Kollyrien gebrauchen,
entstehen an den Lidern, wie bei äußeren Verletzungen, unnütze Fleischauswüchse . . .
Kehren sich die Augenlider nach außen, so sieht man auf ihnen etwas wie Hirsen oder
kleine Linsen ... In manchen Fällen weisen die körnigen Erhabenheiten (der
entzündeten Lidinnenfläche) größte Ähnlichkeit mit einer gespaltenen Feige auf"
(Tetrabiblos VII. 43). - In den hippokratischen Schriften werden folgende kupferhaltige
Augenmittel erwähnt: honigdicke Kupfersalbe, blaues Kupfervitriol, Hammerschlag des
Kupfers, Grünspan und grüner Kupferstein.
(20)
Nach Paparcone findet sich in einem griechischen Papyrus aus dem 3. Jh. n. Chr. der
Hinweis, daß Dioskurides die Wörter Trachom und Pannus (rrylvoç= Lappen, Fahne) in
Zusammenhang mit epidemischer Ophthalmie gebraucht hat. Der Papyrus befindet
sich in der Bibliothek der Medica Laurenziana zu Florenz. (Paparcone. Ursprung des
Wortes Trachom. Archives d'ophth. 1926, 83, 366).
(21)
Hippokrates. De Visu.V. p. 354.b.
(22)
Aristotel. Problem. 31. Sect. V. - Sogar das Durchbrennen von Blutgefäßen an den
Schläfen mit dem Glüheisen wurde empfohlen (Hippokrates, Loc. in hom. CXXIII, p.
376, 77a).
(23)
Auch in den südslawischen Ländern des Balkan war die Zahl der Trachomblinden einst
sehr hoch. Aus dem Kreise dieser Unglücklichen entstammten viele blinde
Volkssänger, sog. “Guslaren°. Ihren Namen verdankten sie der “Gusla", einem
primitiven Streichinstrument, dessen gewölbter Schallkasten mit einer einzigen
Darmsaite bespannt ist, die mit einem Fiedelbogen zum Klingen gebracht wird. Bei den
monotonen Klängen der “Gusla" pflegten sie stundenlang Heldenlieder vorzutragen,
von denen sie - ebenso wie einst die blinden griechischen Rhapsoden oder die
nordischen Barden - eine Unmenge auswendig wußten. Auf diese Weise halfen sie in
einer Zeit der Unterdrückung die Erinnerung an die nationale Vergangenheit und die
Hoffnung an eine Befreiung wachzuhalten, weshalb sie von den Türken oft grausam
verfolgt wurden.
(24)
Nach Heraklides Ponticus soll Homer, der eigentlich Melesigenes hieß, auf einer
Seefahrt von Tyrrhenia nach Kephallenia und Ithaka von einer Ophthalmie befallen
worden sein, an deren Folgen er erblindete. Erst später, da er als fahrender Sänger von
Stadt zu Stadt zog, erhielt er den Dichternamen Homer von den Einwohnern Kymes,
die die Blinden “Homere" nannten.
(25)
Herodot, Geschichte, 7. Buch, 229. Kap. - Aus der Tatsache, daß von den 300
Spartanern, die doch eine Auslese der kräftigsten und gesundesten Männer darstellten,
zwei wegen Ophtahlmie für kampfunfähig erklärt werden mußten, läßt sich nicht nur auf
14
15
den schweren Verlauf, sondern auch auf die starke Verbreitung dieses Augenübels
selbst in dem so verkehrsarmen Lakonien schließen, wofür auch die Verehrung der
“Athena Ophthalmitis" spricht, der schon Lykurgos einen Tempel erbaut haben soll
(Pausanias, Perihegese, III.c.18).
(26)
Diese “perikleische Umsiedlungsaktion" dürfte in epidemiologischer Hinsicht ähnliche
Folgen gehabt haben wie 1922 die notdürftige Unterbringung von anderthalb Millionen
aus Kleinasien vertriebener Griechen in Flüchtlingslagern an den Peripherien Athens
und Salonikis, wo es zu einer bedrohlichen Ausbreitung von Trachom und Fleckfieber
kam. Im Rahmen der von Thukydides beschriebenen Seuche (“Loimos") werden gleich
zu Anfang Augenentzündungen erwähnt, bei denen es sich eher um eine Krankheit sui
generis handeln dürfte, als bloß um ein Symptom der sog. “attischen Pest°, bei der es
sich vermutlich um einen epidemiologischen “Kentauer" handelte, da sich ihre
“eigenartige Symptomatik" mit keiner bekannten Infektionskrankheit in Einklang bringen
läßt und vermutlich nur das Mixtum compositum mehrerer gleichzeitig
vorgekommen-der Krankheiten (Pocken, Fleckfieber, Trachom und Ruhr) darstellt
(Geschichte des Peleponnesischen Krieges 11, 49).
(27)
In den Acharnern (425 v. Chr.) und Rittern (424) erwähnt Aristophanes die
Körnerkrankheit überhaupt noch nicht. In folgenden Komödien kommt er dagegen
immer wieder auf sie zu sprechen: ,Wespen" (424) in Vers 634 fdg., “Wolken" (423) in
Vers 327, “Frieden" (421) in Vers 665, “Vögel" (414) in Vers 720, “Lysistrate" (411) in
Vers 588 und “Thesmophoriazusen" (410) in Vers 1247.
(28)
Plutarch, Symp. lib. V. quaest. VII. - Auch Plato war von der Ansteckungskraft der
epidemischen Augenentzündung so überzeugt, daß er das Ergriffensein eines
Menschen von einer äußeren Emotion, für die kein innerer Anlaß erkennbar war, so
charakterisierte: “Er ist wie ein Mensch, der von einem andern eine Ophthalmie
bekommen hat" (Phaidros C. 36).
(28a)
Anagnostakis, L'Hygiène chez les anciens Grecs. Paris 1905, S. 39.
(29)
Polybius. Hist. 3,79; - Titus Livius, Ab urbe condita 22,2.
(30)
In Zusammenhang mit der Gesichtsentstellung des Julius Civilis bemerkt Tacitus, daß
sie der des Sertorius und Hannibal ähnlich gewesen sei (Historiae. 4,13).
(31)
Bei einer Erblindung durch Trachom pflegen nicht immer beide Augen betroffen zu
sein. Der berühmte Ophthalmologe Brugsch zählte um 1880 auf 100 Trachomatöse
seiner Klinik in Alexandrien etwa 4 Vollblinde und 15 Einäugige. Fast die gleichen
Relationen wies auch eine statistische Erhebung in Bagdad im Jahre 1921 auf. Von
80% der trachomatösen Gesamtbevölkerung waren 3% auf beiden Augen und 12%
“nur" auf einem Auge blind.
(31a)
15
16
Die Krankheitsbezeichnung “asperitudo" kommt von asperitas = Rauhigkeit wie die
Bezeichnung “lippitudo" von lippus = triefäugig.
(32)
C. Fukala, Beiträge zur Augenheilkunde, hrsg. v. Deutschmann, Band VII. Hamburg
und Leipzig 1905 p. 144 und 267, mit anschließenden Bemerkungen des Philologen
Wegehaupt p. 171 und 271.
C. Fukala, Estudios historicos sobre el Tracoma 1906. Archivos de Oftalmologia
Hispano americanos, vol. VI, pp. 65-75, 134-150, 189-200.
(33)
Brief an seinen Bruder Quintus aus Rom vom 19. Januar d. J. 56 v. Chr. 1. Ciceronis,
M. Tulli, Scripta quae manserunt omnia. Bd. 11 Ed. Sjögren, Leipzig 1914 bei Teubner.
(34)
“Si scriberem ipse, longior epistola fuisset, sed dictavi propter lippitudinem." Brief an
seinen Feund T. Pomponius Atticus aus Menturnä vom 25. Januar d. J. 49 v. Chr.
(35)
Brief an Atticus aus Formiä vom 1. März d. J. 49 v. Chr. - Die letzte Angabe macht er in
einem Brief an Atticus Anfang Dezember 44, also mit fast vollendetem 62. Lebensjahr,
ein Jahr vor seinem Tod (XVI, 15).
(36)
C. Fukala, Das Trachom des Cicero, Plinius und Horatius. Deutschmanns Beiträge
1905, 63, 88.
Wegehaupt, Erwiderung auf Fukala: Tr. bei Cicero. Deutschmanns Beiträge 1905, 64,
55.
Fukala. Zu Wegehaupts Tr. bei Cicero. Deutschmanns Beiträge 1905, 64, 93.
Wegehaupt, Erwiderung auf Fukala, Deutschmanns Beiträge 1905, 64, 97.
Magnus, Haben Cicero, Plinius und Horatius an Trachom gelitten? Deutschmanns
Beiträge 1905, 68, 83.
(37)
Über den turbulenten Betrieb der römischen Thermen, in denen zugleich mehrere
tausend Menschen (Athleten, Schwimmer, Masseure, Ballspieler, Sänger, Diebe,
Haarentfernungsspezialisten, Kuchen- und Wurstverkäufer etc.) ihren Tag verbrachten,
hat sich besonders Seneca in einem Brief beklagt: “Man denkt wohl, daß zum Studium
keine Ruhe nötig sei. Ich wohne neben einem Bade. Stelle dir jede Art von Geräusch
vor, die das Ohr verletzen kann. Athleten führen Übungen aus und schwenken die
bleibeschwerten Hände. Ich höre ihr Stöhnen, wenn sie sich anstrengen oder ihr
pfeifendes Keuchen, wenn sie die angehaltene Luft ausatmen. Ist aber einer plebejisch
träge und läßt sich bloß salben, so höre ich den unterschiedlichen Schall der
massierenden Hand auf den Schultern, je nachdem, ob sie flach oder hohl aufschlägt.
Kommt nun gar ein Ballspieler und beginnt die Würfe zu zählen, dann ist alles aus.
Dazwischen wird gezankt oder ein Dieb ertappt oder einer freut sich im Bade seiner
Stimme. Andere springen mit großem Geplatsch in das Schwimmbecken. Und außer
denen, die doch wenigstens eine richtige Stimme haben, läßt von Zeit zu Zeit der
Haarrupfer, um sich bemerkbar zu machen, seine dünnen und schrillen Töne hören. Er
16
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schweigt nur, wenn er einem anderen, den er unter den Achseln rupft,
Schmerzensschreie entlockt. Dazu die Rufe der Verkäufer von Kuchen, Würsten und
Süßigkeiten."
(38)
Plinius d. J., Epistolarium libri X (Lib. VII, Epist.21).
(39)
Celsus, De re medicina, Lib. Vll, Cap. 7.
(40)
Galen, De oculis, Cap. 1.
(41)
Galen, De uso partium, Lib. X, Cap. 9.
(42)
Cicero, De Divinatione. Lib. Il. Cap. 3 und Oratio pro A. Cluentio XXI.
(43)
Galen, De oculis, Cap. 1.
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Copyright by the author – Alle Rechte beim Autor
Dieser Artikel erschien erstmalig im Hamburger Ärzteblatt (44) Seite 246-255
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