Inside the Matrix« - Internationales Symposium am Zentrum

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Vortrag am Zentrum für Kunst und Medientechnologie, Karlsruhe
Symposium 'inside THE MATRIX. zur Kritik der zynischen Virtualität' am 28. Oktober
1999, veranstaltet vom Zentrum für Kunst und Medientechnologie, Karlsruhe, vom
Europäischen Institut des Kinofilms Karlsruhe und von bluebox, Freundeskreis
Schauburg e.V.
von Peter Weibel, Vorstand des ZKM (nicht ausgearbeitetes Vortrags-Skript)
Endo-Universen von Simulacron III bis Matrix
I.
Samuel Butler, der Autor von »Life and Habit« (1878), »Evolution, Old and New« (1879),
Unconscious Memory (1880) und »Luck, or Cunning?« (1887), der große Romancier und
Evolutionstheoretiker , ein Zeitgenosse, Freund und Gegner von Charles Darwin, publizierte
1863 unter dem Pseudonym »Cellarius« den Essay »Darwin Among the Machines«. Die Ideen,
die in diesem Essay vorgestellt wurden, hat er in seinem utopischen Roman"Erewhon« in dem
Kapitel »Book of the Machines« weiterentwickelt.
»We find ourselves almost awestruck at the vast development of the mechanical world, at the
gigantic strides with which it has advanced in comparison with the slow progress of the animal
and vegetable kingdom« »We shall find it impossible to refrain from asking ourselves what the
end of this mighty movement is to be (... )The machines are gaining ground upon us; day by day
we are becoming more subservient to them; more men are daily bound down as slaves to tend
them; more men are daily devoting the energies of their whole lives to the development of
mechanical life.«
Butler hat also die Evolutionstheorie für das Reich der Maschinen weiterentwickelt. Er sieht
keinen Einwand a priori gegen die graduelle Entwicklung eines mechanischen Lebens.
Wenngleich dieses Leben auch ganz anders sein wird als unseres. Später haben verschiedene
Autoren diese Ideen aufgegriffen. Zum Beispiel Hans Moravec und vor allem George B. Dyson.
in seinem renommierten Werk gleichen Titels »Darwin Among the Machines«. (1997) Mit dem
bezeichnenden Untertitel »The Evolution of Global Intelligence«. Eine der Grundideen von
Matrix, dass die Menschen zu Batterien, zu Energiequellen der Maschinen degradiert werden
und dass sie willenlose Sklaven dieser übermächtigen Maschinen sind, gefangen im
Computerprogramm Matrix, dass ihnen Realität nur vorgaukelt hat hier eine seiner Quellen.
Morpheus sagt zu Neo »Wer das Gehirn entsprechend manipuliert, schafft seinen Sklaven eine
schöne neue Welt, ohne dass diese sich dessen bewusst sind.« Die globale Intelligenz, von der
geträumt wurde, sind nicht die Menschen, sondern im folgerichtigen Verlauf der Evolution die
Maschinen, ein Verbund von Computern, eben die Matrix. Die Evolution des Menschen führt
gemäß der Logik von Samuel Butler bis zu Hans Moravec zur Evolution der Maschinen, welche
schlussendlich über die bisherigen Produkte der Evolution, die Königreiche der Pflanzen, Tiere
und Menschen triumphiert. Wir sehen in Matrix, in den unendlichen Tulpen- und
Tomatenfeldern, in den unendlichen psychedelischen Legebatterien: die Menschen werden zu
den Tieren und Pflanzen der Menschen. Samuel Butler hat 1872 in seinem utopischen Roman
»Erewhon«, die Umdrehung von »Nowhere«, diese Problematik des Verhältnisses von Mensch
und Maschine bereits genau erkannt:
»Is it man´s eyes, or is it the big seeing-engine which has releaved to us the existence of worlds
beyond worlds into infinity? ... And take man's vaunted power of calculation - have we not
engines which can do all manner of sums more quickly and correctly then we can? ... In fact,
wherever precision is required man flies to the machine at once, as far preferable to himself ...
May not make man himself become a sort of parasite upon the machines?«
Matrix zeigt uns gerade dies, schließlich wird der Mensch gar zum Parasiten der Maschine. Die
von Butler in »Erewhon« erstmals formulierte Evolutionstheorie der Maschinen, wo ähnlich wie
in Darwins Evolutionstheorie der Arten durch survival of the fittest sich auch die Maschinen
selbst durch Evolution entwickeln, ist gerade heute von äußerster Aktualität, durch das Werk
von Gotthard Günther, Hans Moravec, Gerald M. Edelman, Daniel Hillis und anderen.
Neuraler Darwinismus
Der Nobelpreisträger für Medizin von 1972, G. E. Edelman, entwarf in seinem Buch mit dem
bezeichnenden Titel »Neural Darwinism« eine neue Theorie, wie das Gehirn und das
Neuronensystem funktioniert, die Theorie der neuronalen Gruppenselektion. Wie schon der Titel
andeutet handelt es sich dabei um eine Übertragung und Spezifikation der Darwinschen
Evolutionstheorie auf das Nervensystem .2 Gemäß dieser Theorie operiert das Nervensystem
in jedem Individuum als ein selektives System, das den natürlichen Selektions-Mechanismen
der Natur entspricht, aber mit anderen Mechanismen ausgestattet ist. Die Kategorisierung
verschiedener Sinnes-Reize, die das Verhalten des Menschen bestimmen, erweist sich dabei
als dynamischer Prozeß der Re-Kategorisierung. Aus heuristischen Gründen hat Edelman
daher einen Automaten entworfen, der Teile dieser Selektionstheorie in die physikalische
Struktur eines funktionierenden selbstorganisierenden Netzwerkes einbettet. Dieser
Wahrnehmungs-Automat heißt typischerweise Darwin II. Entlang der Netzwerk-Konnektionen
(Synapsen) signalisieren die Gruppen anderen Gruppen ihre Aktivitäten. Parallele Netzwerke
mit mehreren Subnetzwerken, die parallel operieren, sind natürlich auch möglich. Das zweite
Netzwerk ist »Wallace« benannt, nach einer anderen Hauptfigur der Evolutionstheorie. Das
Darwin-Netzwerk reagiert vor allem auf individuelle Reizmuster und verwendet die
Einzelauswahl bei der Kategorisierung. Das Wallace-Netzwerk reagiert auf Objekte, die zu einer
Klasse gehören, und korrespondiert mit der statistischen Methode bei der Kategorisierung.
Beide zusammen formieren ein Klassifikations-Paar.
Programm-Darwinismus
Nähert sich Edelman dem Problem auf der Ebene der Effekte des Realen, so der
Computerforscher Daniel Hillis auf der Ebene der Simulation. 1983 baute seine Firma »Thinking
Machines Corporation« den Parallel-Rechner »Connection Machine«, wo »Tausende von
Programmen in einer Art Evolutionsprozeß wetteifern« (Hillis), um die jeweils beste Lösung für
ein gegebenes Problem zu finden. Eine Art Schiedsrichter-Programm wählt auf dem Weg dahin
die beste Software-Variante aus. Diese Ausgewählten treffen in der zweiten Runde wieder
aufeinander. Durch dieses »survival of the fittest« entwickeln sich die Computer-Programme
selbst - eben nach dem Muster der Darwinschen Evolution (und nach Butlers Idee) - immer
höher, um schließlich »genau das zu leisten, was wir wollen« (Hillis).
Die Edelmansche Idee der dynamischen Rekategorisierung von Sinnesreizen ist von dem
kanadischen Neurophysiologen Donald Hebb 1949 schon in seinem Buch »Organization of
Behavior« in Ansätzen vorgeschlagen worden:
»Je aktiver die beiden Neuronen sind«, d. h. je mehr Signale zwischen ihnen ausgesendet
werden, je mehr sie sich stimulieren, »desto kräftiger entwickelt sich eine Verbindung zwischen
ihnen. Dies würde bedeuten, daß unser Gehirn bei jeder neuen Erfahrung seine psychische
Struktur ein bißchen neu verkabelt.«
Ralph Linsker vom IBM Watson Research Lab hat durch eine Neuralnetz-Simulation diese
Fähigkeit eines Neuralnetzes, mit der Ausgestaltung seiner Leitungsbahnen auf Erfahrungen zu
reagieren, also sich immer wieder neu zu »verkabeln«, nachgewiesen .
Linsker ist nur einer von sehr, sehr vielen Forschern, die unter dem Namen »Konnektionismus«
mit diesen neuartigen Neuralnetzwerken, die selbsttätig lernen und Assoziationen herstellen,
unvollständige Muster sinnvoll ergänzen können, etc., die komplexe Funktionsweisen des
menschlichen Gehirns ergründen wollen.5 Terry Sejnowski, dessen NETalk Computer, der mit
künstlichen Neuronen arbeitet, die in riesiger Zahl miteinander vernetzt sind, einen
geschriebenen Text laut zu lesen lernt, sagt, die Neuralnetzwerk-Theorie »stellt eine neue
Sprache dar, in der sich Forscher unterschiedlicher Fachrichtungen über das Gehirn und den
Geist unterhalten können«.
Von beiden Seiten, von der Gehirnforschung, welche sich an den Ergebnissen der ComputerTechnologie orientiert, und von der Computerforschung, die sich an die Theorien der
Gehirnforschung anlehnt, wird also eine neue Theorie vorgetragen, die eine neue Generation
des künstlichen Gehirns, des Computers, erzeugt hat, die ich (statt Automaten) Hypermaten
nennen möchte.
Wir haben gesehen, dass die Darwinsche Evolutionstheorie sich scheinbar beliebig ausdehnen
lässt. Einmal an der Natur getestet, scheint sie als Modell auch für andere evolutionäre
Prozesse in Frage zu kommen. Für die Evolution von Maschinen und von neuronalen
Netzwerken. Wenn ich nun die Maschinen mit neuronalen Netzwerken kombiniere, wie es die
zeitgenössische Computertheorie vorschlägt, ist auch hier das Evolutionsmodell anwendbar. So
gelange ich zu einer Evolutionstheorie, die auch Computerprogramme und Neuronen. Vom
neuronalen Darwinismus zum Darwinismus der Programme ist es nur ein Schritt. In Matrix
sehen wir das Ende dieser Schritte: die Unterwerfung der neuronalen Programme des Gehirns
unter die im evolutionären Wettstreit überlebt habenden vernetzten Programme der Computer.
Was bei dieser Entwicklung logisch kohärent ist, ist die Ersetzung der Welt der Gegenstände
und Phänomene durch die Welt der Programme und Illusionen. Während die Gehirne und ihre
neuronalen Programme die Gegenstandswelt prozessieren, verarbeiten die Computer und ihre
numerischen Programme (Bitmaps) die Zeichenwelt und manipulieren damit die Signale des
Gehirns. Morpheus sagt zu Neo: »Die Impulse, die unsere fünf Sinne wahrnehmen, werden
elektrisch ans Gehirn geleitet. Wer also das Gehirn entsprechend manipuliert, schafft seinen
Sklaven eine schöne neue Welt, ohne dass diese sich dessen bewusst sind.«
Die Simulation der Welt tritt bei zunehmender Mechanisierung der Welt an die Stelle der
Welterfahrung. Der Gedanke der Simulation ist also eine Folge des Maschinen- und des
Softwaredarwinismus.
Maschinen-Rebellion
Hans Moravec, Direktor des Mobile Robot Laboratory der Carnegie Mellon University, hat in
seinem Buch »Mind Children« die »Zukunft der Maschinen- und Menschen-Intelligenz. ganz
radikal in diesem Sinne entworfen.8
Die beiden ersten Sätze des 4. Kapitels »Grandfather Clause« stellen fast identische Fragen
wie Butler:
»What happens when ever-cheaper machines can replace humans in any situation? Indeed,
what will I do when a computer can write this book, or do my research, better than I?« (Op.cit,
S. 100).
Seine Antwort (wie die von Butler): Intelligente Maschinen bedrohen unsere Existenz. »We will
simply be outclassed.« Innerhalb des nächsten Jahrhunderts werden die Maschinen so komplex
sein wie wir und wir werden stolz sein, wenn sie sich als unsere Abkömmlinge ausgeben. Das
Ausmaß der schon gegenwärtigen Komplexität der Maschinen kommt in dem Wort
»benutzerfreundlich« zum Ausdruck. Da die Maschinen schon komplexer zu bedienen sind als
unser einfacher Verstand es lieb hat, wird darauf Wert gelegt, die Maschine benutzerfreundlich
zu gestalten, d. h. in ihrer Komplexität herabzusetzen. In einer Spirale des Wettbewerbs von
Billionen von Jahren haben sich nun unsere Gene ausgetrickst und eine neue Wunderwaffe
erzeugt, die intelligente Maschine. Diese »Kinder unseres Geistes« werden sich eines Tages
von uns befreien und ihr eigenes Leben beginnen. Mit Beginn der industriellen Revolution vor
200 Jahren begann die Endphase, wo künstliche Substitute für körperliche, menschliche
Funktionen eingesetzt wurden.
Der intelligente Roboter als Höhepunkt der technischen Entwicklung wird sich selbst
konstruieren und verbessern können, ohne uns, und ohne die Gene, die uns gebaut haben. Die
DNA wird im evolutionären Wettbewerb verloren haben. So ein genetisches »Take-over« (A. G.
Cairns-Smith, Seven Clues to the Origin of Life, 1985) durch die Maschine wird unsere Kultur
radikal transformieren.
Die Maschinen sind zur Aufrechterhaltung und zum Wachsen unserer Kultur unabdingbar
geworden. Hingegen wird der Mensch für die Roboter nicht mehr unabdingbar notwendig sein
und eines Tages werden sie ihre eigene Erhaltung, Verbesserung und Selbst-Reproduktion
ohne unsere Hilfe zustande bringen. Diese Vision, von Butler aufbereitet, von Moravec
präzisiert, bildet den zivilisatorischen Hintergrund für »The Matrix«. Matrix zeigt uns eine Welt,
nach dem vollkommenen und vollständigen genetischen Takeover durch die Maschinen names
Computer, eine »post-biologische Welt«, dominiert von selbstverbessernden, lernenden und
denkenden Maschinen. Die Menschen spielen in dieser postbiologischen Welt klarerweise nur
noch die Rolle der biologischen Masse zum Erhalt und zur Energieversorgung für den
evolutionären Triumph der Maschinen. Der Mensch, der bisher mit seinen Kulturtechniken die
Natur umformte, dieser Industrialisator wird für die Produkte der mechanischen industriellen
Revolution und der postindustriellen Informationsrevolution selbst zur zücht- und anbaubaren
agrikulturellen Masse, zur Plantage der menschlichen Leiber, zum Föten-Feld. Es ist allerdings
der Tag voraussehbar, an dem die Maschinen diese biologische Masse Mensch selbst künstlich
erzeugen können. An diesem Tag werden sie in das Universum emigrieren und uns wie eine
nutzlose Staubwolke hinter sich lassen.
Die Antike hat für jenen Vorgang, dass ein Wesen ein Produkt erzeugt, das wiederum das
Wesen verschlingt, das Bildnis der mythischen Schlage »Ouroboros« erzeugt, jener Schlange,
die sich in den Schwanz beisst. Die Maschinen als kreationen des menschlichen Geistes,
verschlingen den Menschen. Diese Vision hat Garet Garrett (1878-1954) in seinem Werk
»Ouroboros; or the Mechanical Extension of Mankind« (1926) vorformuliert. Im zweiten Kapitel
mit dem Titel »The Machine as If« schreibt er:
Either the machine has a meaning to life that we have not yet been able to interpret in a rational
manner or it is itself a manifestation of life and therefore mysterious. We have seen it grow.«
Nebenbei bemerkt bemerken Sie hier eine Quelle von Marshall McLuhans populären Werken.
(Understanding Media : The Extensions Of Man 1965).
II.
Der Titel »The Machine as If«, die Maschine als ob, bezeichnet genau jenen Umschlag von der
Realität in die Fiktion, von der Wirklichkeit in die Simulation, der durch die Hegemonie der
Maschinen und Computerprogramme erzwungen wird. Das Baudrillardsche Reich der
Simulacra, das in Matrix reichlich zitiert wird (»Out there is the desert of the real.«) beginnt
gerade in jenem historischen Moment Gestalt anzunehmen, wo die mechanische und mediale
Extension des Menschen in seine Substitution umschlägt. Mit zunehmender Mechanisierung
und Mediatisierung der Welt steigt der Grad der Fiktionalisierung und Simulation an. Eine frühe
Philosophie des »als ob«, welche die Fiktionalisierung der Welt in der Folge ihrer
Mechanisierung beschreibt, findet sich in Hans Vaihingers, »Die Philosophie des als ob: System
der theoretischen, praktischen und religiösen Fiktionen der Menschheit auf Grund eines
idealistischen Positivismus. (Mit e. Anh. über Kant u. Nietzsche. - 2., durchges.Aufl., Berlin :
Reuther & Reichard, 1913. - XXXV,804 S.)
Die Fiktionalisierung und Simulation der Welt kann bekanntlich ein derartiges Ausmass
annehmen, dass die Differenz zwischen Realität und Simulation schwindet. Borges, Eco und
Baudrillard berichten uns unermüdlich von dieser Grenze zwischen Realität und Fiktion. Es
blieb allerdings den Science-Fiction Autoren Stanislaw Lem bis Galoye (Galouye, Daniel F.:
»Simulacron III«, 1964, Galouye, Daniel F., »The Thirteenth Floor« 1999)
In Simulacron III wird die computergestützte Simulation der Welt durch die Firma Test AG so
weit vorangetrieben, dass sie in der Tat von der realen Welt ununterscheidbar ist. Der
entscheidende Punkt ist aber der, dass die Grenze zwischen realer und simulierter Welt ? wie
der Titel schon belegt ? spricht Galouye von einer simulierten Welt, erstmals zu einer
Schnittstelle mutiert. Galouye geht es nicht mehr um die Auflösung der Grenze, sondern darum
zu zeigen, dass die Grenze eine Schnittstelle ist, mit der ich zwischen beiden Welten hin- und
herwandern kann bzw. die mir den wechselseitigen Zugang zu diesen gleichwertigen parallelen
Welten ermöglicht. Galouye entdeckt mit der simulierten Welt genau jenen Raum, den William
Gibson 1984 in »Neuromancer« Cyberspace bzw. Matrix nennt. Galouye formuliert auch
erstmals, besser als Gibson, die eigentliche Funktion des Cyberspace, dass sie eine Subwelt
ist. Der Einstieg von oben, von der realen Welt in die simulierte Unterwelt, erstellt erstmals eine
ontologische Hierarchie. Wenn nun aber simulierte Welt und reale Welt ununterscheidbar sind,
sind sie ontologisch gleichwertig. Daraus ergibt sich die Möglichkeit einer Umwertung. Die
klassische reale Welt wird zu einer Modellwelt, zu einer Subwelt, zu einem Baby-Universum,
über dem sich der Cyberspace als superiore Welt wölbt. Jede Welt enhält eine beobachtbare
Subwelt, die wiederum eine weitere beobachtbare Subwelt enthält. Gerade dieses Modell wurde
erstmals von D. F. Galouye in seiner Science Fiction »Simulacron Three« 1964 vorgetragen.
Daher entsteht der Verdacht, dass die sogenannte reale Welt nur die Subwelt einer höheren
Welt ist. Dies ist der Ausgangspunkt des Films »Matrix«.
Die sinnlich wahrnehmbare sogenannte reale Welt ist simuliert, der Cyberspace hingegen ist die
wirkliche Welt. Die klassische Physik lehrt uns, Information entsteht aus der Realität. Die
Quantenphysik bekehrt uns, die Realität entsteht aus der Information. Matrix folgt dem
quantenphysikalischen Modell und verkehrt so radikal wie kein Film zuvor die klassische
Ontologie.
Durch diese Theorie von Exo- und Endouniversen wird auch eine neue
Beobachterunterscheidung notwendig, nämlich in interne und externe Beobachter. Der externe
Beobachter steht ausserhalb des Systems, des Systems, das er beobachtet. Der interne
Beobachter ist Teil des Systems, das er beobachtet.
Der Beobachter einer Subwelt ist der externe Beobachter. Der Bewohner einer Subwelt ist ein
interner Beobachter, der für gewöhnlich diese Welt nicht überschreiten kann. Insofern ist unsere
sogenannte reale Welt eine Endo-Welt, ein Endo-Universum. Wir können diese Welt nur als
Tote verlassen. No one here get‚s out alive, sagte schon Jim Morrison von den »Doors«. Der
Cyberspace hat uns gelehrt, dass wir bei der Beobachtung von Welt von zwei verschiedenen
Beobachterpositionen ausgehen müssen. Die klassische Physik hat die Illusion genährt, wir
könnten externe Beobachter der Welt sein, deren Akt der Beobachtung die Welt nicht verändert.
Die Relativitätstheorie hat die Abhängigkeit der Welt von der Lichtgeschwindigkeit gezeigt. Die
Quantentheorie hat die Beobachterrelativität eingeführt. Die Welt sieht so aus wie wir sie
beobachten. Wir leben in der Welt des inneren Beobachters. Wir leben in einer Endo-Welt.
Matrix zeigt uns, dass die Schnittstellen zwischen den diversen Endo-Universen durchlässig
sein können (siehe die Funktion des Telefons als Transfer). There‚s a Universe next door. Let‚s
go. (E. E. Cummings).
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