doc - ChidS

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Hinweis:
Dieses Protokoll stammt von der Seite www.chids.de (Chemie in der Schule).
Dort können unterschiedliche Materialien für den Schulunterricht heruntergeladen werden,
unter anderem hunderte von Experimentalvorträgen so wie der vorliegende:
http://online-media.uni-marburg.de/chemie/chids/veranstaltungen/uebungen_experimentalvortrag.html
Philipps-Universität Marburg
Fachbereich Chemie
Ausarbeitung des Experimentalvortrages
„Öle und Fette“
Gehalten am 22.06.2006
Referent: Felix von Lehmden
Matrikel-Nr. 1460501
Inhalt
1
Einleitung
1.1
Versuch 1: Bestimmung der Iodzahl
1.1.1 Auswertung der indirekten Titration nach Margosches
2
3
1.2
Reaktionsmechanismus
1.3
Farbe
Struktur
2.1
Versuch 2: Verseifung von Olivenöl
2.2
Geschichte der Seife
2.3
Versuch 3: Wirkung von Seife
Anwendungen
3.1
Streichfett
3.1.1 Demonstration 1: Herstellung von Margarine
3.1.2 Versuch 4: Zerstörung einer W/O – Emulsion
3.2
Ricinusöl
3.2.1 Demonstration 2: Chromatographie von Ricinusöl
3.2.2 Versuch 5: Polyester auf Ricinusöl-Basis
3.2.3 Demonstration 3: Reaktivkleben mit Ricinusöl
4
Schulrelevanz
5
Literatur
6
Anhang
1 Einleitung
Fette und fette Öle (auf die Unterscheidung zwischen diesen beiden
Kennzeichnungen soll in Kapitel 2 eingegangen werden) werden bereits seit der
Steinzeit (ca. 2,5 Mio bis ca. 8000 v.Chr.) vom Menschen gezielt gewonnen und
in den Speiseplan integriert. Damit bilden Fette einen wesentlichen Bestandteil
der Nahrung. Im Verlauf der letzten Jahrtausende sind die zwei wesentlichen
Methoden zur Gewinnung von Fetten bzw. fetten Ölen bis heute prinzipiell
unverändert geblieben. Bei Fetten tierischen Ursprungs wird tierisches Gewebe
in Wasser gekocht, wobei die Hitze zur Folge hat, dass das Fett aus dem
Gewebe herausgeschmolzen wird und schließlich auf der dichteren wässerigen
Phase schwimmt. Bei fetten Ölen pflanzlichen Ursprungs werden Pflanzenkerne
und -früchte, die reich an fetten Ölen sind (z.B. Sonnenblumenkerne, Raps etc.),
maschinell in dafür vorgesehenen Apparaturen ausgepresst (siehe Abb.1 und 2).
Heute kategorisiert man Speiseöle – je nach
Herstellungsschritt
–
in
verschiedene
Qualitätsstufen. Die "erste Qualität" wird
durch die erste, kalte Pressung der frischen
Samen gewonnen. Bei der Kaltpressung
entsteht eine Wärme von höchstens 35°C,
sodass alle natürlichen Inhaltsstoffe erhalten
bleiben.
Bei
der
zweiten
und
dritten
Pressung sind die Inhaltsstoffe durch die
erhöhte
Temperatur
zum
Teil
bereits
verändert. Alle weiteren Qualitäten werden
durch noch stärkeres Pressen, zusätzliches
Abb. 1: Rapsölpresse (Demonstration)
Erhitzen oder durch Extraktion mit chemischen Lösungsmitteln gewonnen.
Dieses fette Öl ist jedoch ungenießbar.
Abb. 2: Schema einer modernen Rapsölpresse
(Quelle: LTV-Arbeitskreis dezentrale Pflanzenölgewinnung, Weihenstephan)
Bei den letzten Pressschritten werden mit hohem Druck, Temperaturen bis zu
270° C und aggressiven Laugen Öle geschaffen, die keinen Eigengeschmack
und nur wenige der ursprünglichen Inhaltsstoffe besitzen. Manche Öle müssen
aber aus einem anderen Grund raffiniert werden. Sie wären im kaltgepressten
Zustand unbrauchbar, weil sie Giftstoffe besitzen, die durch das Raffinieren
gelöst werden können. Ein Beispiel dafür ist das Rizinusöl, auf das in Kapitel
3.2 näher eingegangen werden soll) mit seinem Gehalt an giftigem Rizin1[1].
Bekannt wurde Rizin als Biowaffe im sog. „Regenschirmattentat“ auf den bulgarischen
Schriftsteller Georgi Markov in London 1978. Der Täter verletzte das Opfer scheinbar
1
Die wichtigsten Inhaltsstoffe von kaltgepressten Ölen sind die ungesättigten
Fettsäuren, bei den Stoffwechselvorgängen im Körper eine zentrale Rolle
spielen, so z.B. zur Biosynthese von Arachidonsäure, die zur Herstellung von
Prostaglandinen benötigt wird. Weitere Inhaltsstoffe sind Lecithin, Histidin,
Phytosterol, Chlorophyll, Spurenelemente und die Vitamine A, B, D, E, F, H
und K, die u.a. als Koenzyme (Vitamin B, H), Radikalfänger (Vitamin E) und
Blutgerinnungsfaktor (Vitamin K) im Körper fungieren.
Vergleicht man Fette bzw. fette Öle mit den anderen Hauptbestandteilen der
Nahrung, den Kohlenhydraten und Eiweißen, so fällt zunächst der hohe
Brennwert gegenüber diesen Bestandteilen auf. Tabelle 1 zeigt die Brennwerte
der Nahrungshauptbestandteile in Kilojoule pro Gramm.
Brennwert*
Eiweiß
17,1 kJ/g
Kohlenhydrat 17,1 kJ/g
Fett
38,9 kJ/g
Tabelle 1: Brennwerte der Nahrungshauptbestandteile
(Quelle: Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.)
Der hohe Brennwert von Fetten und fetten Ölen im Vergleich zu
Kohlenhydraten und Eiweiß ergibt sich dadurch, dass die Kohlenstoffatome in
den Triacylglyceriden zum größten Teil die Oxidationsstufe –2 aufweisen,
wohingegen in Kohlenhydraten und Eiweißen die Kohlenstoffatome durch
Bindung an elektronegativere Heteroatome (Sauerstoff, Stickstoff) z.T. eine
höhere Oxidationszahl besitzen. Aufgrund der Tatsache, dass der Brennwert den
energetischen
Unterschied
zwischen
Ausgangsstoffen
und
den
zufällig mit einer präparierten Regenschirmspitze. Dabei wurde ein winziges vor dem
Abschuss mit Zucker kandiertes Platinkügelchen von ca. 1 mm Durchmesser in den
Oberschenkel des Opfers injiziert. In der Platinkugel fanden sich 2 dünne Röhren, die mit 40
μg Rizin gefüllt waren und die daraufhin kontinuierlich dieses Gift freisetzten. Zunächst als
harmloser Zwischenfall abgetan, wurde die Ursache der spät einsetzenden Symptome der
Vergiftung erst spät erkannt. Markov starb 3 Tage nach dem Attentat. Das Platinkügelchen
wurde bei der Obduktion entdeckt. (Quelle: Die Welt, 31.01.2006)
Verbrennungsproduktion Kohlenstoffdioxid und Wasser kennzeichnet, ist
ersichtlich, dass zur Verbrennung (Oxidation) von Kohlenhydraten bzw.
Eiweißen weniger Energie aufgewendet werden muss, da im Mittel beim
Kohlenstoff bereits eine höhere Oxidationsstufe als –2 (wie bei Fetten) vorliegt.
Im Körper werden Fette im Gegensatz zu Kohlenhydraten nicht durch
Glycolyse, bei der aus einem Glucose-Molekül zwei Acetyl-CoA-Moleküle
entstehen, sondern via β-Oxidation abgebaut, die z.B. eine C18-Fettsäure zu 9
Acetyl-CoA-Molekülen aufspaltet. Die so entstandenen Acetyl-CoA-Moleküle
werden zwecks Energiegewinnung in den Citrat-Zyklus eingespeist und unter
Gewinnung von Reduktionsäquivalenten (NADH und FADH2) abgebaut. Diese
werden in der Atmungskette mit Sauerstoff kontrolliert zu Wasser oxidiert und
die
dabei
frei
werdende
Energie
in
Form
des
Energieäquivalents
Adenosintriphosphat (ATP) gespeichert. Um eine Überversorgung mit Energie
und die daraus resultierenden Gesundheitsproblee zu vermeiden, sollte daher
eine möglichst fettarme Ernährung anvisiert werden. Dies lässt sich auch am
Aufbau der sog. „Ernährungspyramide“ erkennen, da fettreiche Nahrungsmittel
wie Butter und Kuchen hier an der Spitze stehen, d.h. nur in geringen Mengen
aufgenommen werden sollten, wohingegen die Basis der Ernährung aus
kohlehydratreichen Lebensmitteln wie Backwaren, Obst und Gemüse bestehen
sollte.
Abb. 6: Die Ernährungspyramide
(Quelle: www.wellcon.ch)
1.1 Versuch 1: Bestimmung der Iodzahl
Die Iodzahl ist generell bestimmt als diejenige Masse Iod, die an 100 Gramm
einer Probe eines beliebigen Fettes addiert werden kann. Wenn eine Fett-Portion
der Masse m(Fett) eine Portion Iod der Masse m(I2) bindet, ergibt sich für die
Iodzahl IZ des Fettes:
IZ 
m(I 2 ) 100
m(Fett)
Ungesättigte Fettsäurereste finden sich in praktisch allen natürlichen Fetten,
deren Art (einfach oder mehrfach ungesättigt) und Mengenanteil die
Eigenschaften der Fette wesentlich beeinflussen. In der Schule wird die Frage
nach dem Gehalt an ungesättigten Fettsäureestern im Rahmen der Diskussion
des Schmelzpunktes von Fetten bzw. fetten Ölen (Verknüpfung von
Molekülstruktur und Stoffeigenschaft) sowie bei der Frage nach der
ernährungsphysiologischen Bedeutung von fetten Ölen relevant. Unter der
Prämisse, dass ungesättigte Fettsäuren für den Menschen gesünder sind als
gesättigte Fettsäuren, kann die Iodzahl als ein Indikator für die Qualität eines
Fettes bzw. fetten Öls angesehen werden. Eine höhere Iodzahl ist damit
gleichbedeutend mit einem größeren Anteil an Doppelbindungen in den
Fettsäureresten der Triacylglyceride. Eine Unterscheidung zwischen einfach und
mehrfach ungesättigten Fettsäureresten ist jedoch aufgrund der Iodzahl nicht
möglich. Um den Gehalt an einzelnen Fettsäureresten (z.B. von der Öl- oder
Linolsäure) zu bestimmen, ist der Einsatz weiterer analytischer Methoden
notwendig (z.B. Ionenchromatographie oder Kapillarelektrophorese).
Um die Iodzahl zu bestimmen, stehen prinzipiell zwei unterschiedliche
volumetrische Verfahren zur Verfügung: Die direkte Methode, bei der eine
eingewogene Fettmenge mit halogenhaltiger Lösung bis zum Umschlagspunkt
titriert wird oder die indirekte Methode, bei der eine abgemessene Menge
Halogen zu dem eingewogenen fetten Öl gegeben wird, wobei im Anschluss an
die Addition an die Doppelbindungen die verbleibende Menge Halogen mit
einem Reduktionsmittel bis zum Umschlag titriert wird. Zu der ersten Klasse der
direkten Verfahren gehören dabei das Verfahren nach Wijs (Lösung von
Iodtrichlorid),
das
Verfahren
nach
Hofmann/Green
(Iodtrichlorid
mit
Quecksilber(II)acetat), das Verfahren nach Hanus (Iodmonobromid in
Essigsäure) sowie das Verfahren nach Kaufmann (Brom in Methanol mit
Natriumbromid gesättigt). Als Beispiel für die zweite Klasse von Verfahren der
indirekten Methoden zur Iodzahlbestimmung kann das Verfahren nach
Margosches angeführt werden, bei dem die Fettmenge mit ethanolischer IodLösung im Überschuss umgesetzt wird und man nach fünf Minuten mit
Thiosulfat-Lösung zurücktitriert. Prinzipiell ist festzuhalten, dass bei einigen der
angewendeten Verfahren nicht Iod, sondern ein anderes Halogen bzw.
Interhalogen
zwecks Addition and die Doppelbindungen der Fettsäurereste
eingesetzt wird, da die Addition von Iod an Doppelbindungen im Gegensatz zu
Brom oder Interhalogenen reversibel ist und so zu Fehlern bei der Umsetzung
führen kann. Trotzdem wird augrund der Tradition bei der Berechnung stets die
molare Masse von Iod zu Grunde gelegt. In der Schule stehen im Wesentlichen
zwei Methoden zur Verfügung, die bei annehmbarem Planungsaufwand mit den
Schülerinnen und Schülern durchgeführt werden können. Einerseits kann die
direkte Titration nach Winkler in modifizierter Form (vgl. den Beitrag von
Kugel, W. in: PdN-C 4 (1984), S. 120ff.) durchgeführt werden. Als
Lösungsmittel für die eingewogenen Fettportion wird salzsaures 1-Propanol der
Qualität „purum“ verwendet, als Halogen kommt in situ hergestelltes Brom in
wässriger Lösung der Konzentration c(Br2) = 0,05 mol/L zum Einsatz
(„Winkler-Lösung“ aus Kaliumbromat und Kaliumbromid im Überschuss).
Andererseits kann in der Schule auch mit dem modifizierten Verfahren nach
Margosches
gearbeitet
werden,
dass
ein
Beispiel
für
die
indirekte
Iodzahlbestimmung darstellt (Erläuterung s.o.). Bei diesem Verfahren wird die
eingewogenen Fettportion ebenfalls in 1-Propanol gelöst (ggf. das Fett zuvor
leicht im Wasserbad erhitzen) und im Anschluss mit einer abgemessenen Menge
in 1-Propanol gelöstem Iod versetzt. Die Titration des verbliebenen Iods erfolgt
mit Natriumthiosulfat-Lösung der Konzentration c(Na2S2O3) = 0,1 mol/L.
1.1.1 Auswertung der indirekten Titration nach Margosches
Zunächst sind die im Rahmen der Messung festgesetzten bzw. gemessenen
Werte angegeben:
Vorgelegte Iodportion (festgesetzt)
V(Iod)vorgelegt
= 10,0 mL
Blindverbrauch an Thiosulfat-Lösung
V’(NasS2O3(aq))blind = 18,4 mL
Eingewogene Fettportion (Palmin)
m(Palmin)
= 0,629 g
Eingewogene Fettportion (Rapsöl)
m(Rapsöl)
= 0,129 g
Verbrauch Thiosulfat-Lösung (Palmin)
V’(NasS2O3(aq))Palmin = 12,6 ml
Verbrauch Thiosulfat-Lösung (Rapsöl)
V’(NasS2O3(aq))Rapsöl = 8,5 ml
Um die Iodzahl nach dem Verfahren nach Margosches praktisch zu bestimmen
(Versuchsvorschrift siehe Anhang), ist es bei der Rechnung notwendig, die
Stöchiometrie der Reaktion zu betrachten, um anschließend daraus die Formel
zur Berechnung der Iodzahl herzuleiten.
0
1


I 2(aq)  2e 
 2 I
2
2 S2 O
0
2
3(aq)
2
(Reduktion )
 2,5


 S 4 O26(aq)
 2e  (Oxidation )
I 2(aq)  2 S 2 O
23(aq)
-1
(aq)

 2 I
 2,5
 S 4 O26(aq)
(1)
Da ein Molekül Iod mit zwei Thiosulfat-Anionen reagiert, gilt für den Umsatz
an Iod am Umschlagspunkt der Titration:
n(Na 2S2O3(aq) )
n(I 2 ) 
2
(2)
Dies lässt sich durch Einsetzen der Beziehung n = c ∙ V auch anders ausdrücken:
n(I 2 ) 
c(Na 2S2O3(aq) )  V(Na 2S2O3(aq) )
2
(3)
Da insgesamt vorgelegten 10 ml Iod-Lösung (c = 0,1 mol/L) nicht vollständig
verbraucht werden, gilt für die verbrauchte (= addierte) Menge Iod:
n(Iod) addiert  n(Iod) v orgelegt  n(Iod) übrig
(4)
Die Stoffmenge n(Iod)vorgelegt wurde im Blindversuch (nur Lösungsmittel mit 10
mL der Iod-Lösung versetzt) ermittelt, die Stoffmenge n(Iod)übrig wird als
n(Iod)Probe durch Titration mit Thiosulfat-Lösung als n(Iod)Probe bestimmt. Somit
lässt sich (4) auch folgendermaßen ausdrücken:
n(Iod) addiert  n(Iod) blind  n(Iod) Probe
(5)
Da die Iodzahl jedoch nicht über die Stoffmenge n, sondern über Masse m
definiert ist, muss mit Hilfe der molaren Masse M umgerechnet werden:
n
m
M
(6)
Einsetzen von (6) in (5) sowie Umformung ergibt:
m(I 2 )  M(I 2 )  [n(I 2 )blind  n(I 2 )Probe ]
(7)
Einsetzen von (3) in (7) [c(Na2S2O3) = 0,1 mol/L und M(I2) = 126,9 g/mol]:
m(I 2 )  [V´(Na 2S 2O3(aq) )blind  V´(Na 2S 2O3(aq) )Probe ]  126,9  10  4
g
ml
(8)
Nun benötigt man die Definition der Iodzahl:
IZ 
m(I 2 ) 100
m(Fett)
(9)
Einsetzen von (8) in (9) ergibt (wobei V in ml):
IZ 
[(V`(Na 2S2O3(aq) )blind  V´(Na 2S2O3(aq) )Probe ]  1,269
g
ml
(10)
m(Fett)
Bzw. kürzer:
IZ 
(Vblind  VProbe )  1,269
g
ml
(11)
m(Fett)
Setzt man in (11) die eingangs aufgeführten empirisch durch Titration bzw.
Einwaage bestimmten Werte ein, so erhält man folgende Iodzahlen:
IZ (Palmin)
= 11,7
IZ (Rapsöl)
= 97,4
Die Literaturwerte weisen – je nach Quelle – z.T. große Unterschiede auf. So
werden beispielsweise die Werte für Kokosfett (Palmin) mit ca. 9 bzw. für
Rapsöl mit ca. 102-1122 angegeben. Es lassen sich jedoch viele abweichende
Angaben finden, da es sich nicht um Reinstoffe handelt. Allerdings liefert das
Quelle: Widmann, Dr. B. A., „Pflanzenölbetriebene Blockheizkraftwerke Teil I“ Bayerisches
Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen (StMLU) München 2002, Tab. 3, S. 11
2
hier durchgeführte Verfahren in der Größenordnung ein korrektes Ergebnis, das
auch im Versuch angemessen reproduzierbar (Abweichung < 3 %) ist.
1.2 Reaktionsmechanismus
Die Hauptreaktion der für die Iodzahlbestimmung relevanten Reaktion lässt sich
folgender Abbildung entnehmen:
Abb. 4: Reaktionsmechanismus der Iodzahlbestimmung
Dabei wird die σ-Bindung des Iodmoleküls durch Annäherung an die πBindung der Kohlenwasserstoffkette polarisiert, so dass Elektronendichte zum
weiter von der Doppelbindung entfernten Iod-Atom verschoben und das näher
gelegene Iod-Atom positiv polarisiert wird. Im Anschluss kommt es zum
Bindungsbruch, wobei der Iodonium-Komplex und Iodid gebildet wird. Die
insgesamt positive Ladung des Iodonium-Komplexes ermöglicht es nun
Nukleophilen, an der Rückseite eines der beiden Kohlenstoff-Atome
anzugreifen. Nach Abspaltung des Protons bildet sich die abgebildeten Isomere,
sowie hydratisierter Iodwasserstoff. Da Iodid ein besseres Nukleophil ist als
Wasser oder Hydroxid, könnte man erwarten, dass als Hauptprodukt eine
Diiodfettsäure gebildet wird. Dagegen spricht jedoch zunächst, dass Wasser im
großen Überschuss zugesetzt wird sowie weiterhin, dass die Addition von Iod an
Doppelbindungen reversibel verläuft.
An der Iodzahlbestimmung lassen sich verschiedene chemische Konzepte
illustrieren. Einerseits ist hier natürlich die Chemie der Addition von Halogenen
an
Doppelbindungen
zu
nennen.
Dieser
Inhalt,
sowie
das
Thema
„Eliminierung“, ist nach dem Lehrplan des Landes Hessen für die
Jahrgangsstufe 12 im Grundkurs fakultativ, im Leistungskurs obligatorisch und
damit zentraler Teil der Oberstufenchemie. Andererseits kann die Thematik der
Konkurrenzreaktionen anhand der Iodzahlbestimmung besprochen werden.
Konkret lassen sich an diesem Beispiel Lösungsmitteleinfluss (Wasser ist
protisch und polar), Vergleich von Nukleophilen für den Rückseitenangriff
(Hydroxid vs. Iodid) und der Konzentrationseinfluss aufgreifen und gemeinsam
mit den Schülerinnen und Schülern diskutieren. Durch die Titration, die von den
Schülern selbst durchgeführt werden kann, wird zusätzlich eine elementare
praktische Fähigkeit des Chemieunterrichts trainiert. Weiterhin kann das Thema
„Redoxreaktionen“ anhand der Reduktion des Überschüssigen Iods durch
Thiosulfat wiederholt werden. Somit ermöglicht die Iodzahlbestimmung sowohl
die Erarbeitung neuer Aspekte als auch die Wiederholung von bereits gelernten
Inhalten.
1.3 Farbe
Die dunkelviolette Farbe der Fettlösung nach Zugabe von Stärke-Lösung (w =
0,01) ist durch die Ausbildung eines Charge-Transfer-Komplexes zu erklären.
Strukturell werden dabei Polyiodid-Ionen (I3-, I5-) in den „Sesseln“ der Amylose
eingelagert (siehe Abb. 5).
Abb. 5: Einschluss von Polyiodid-Ionen in Amylose
(Quelle: www.bio-modelle.de)
Durch Lichtanregung können nun Elektronen vom Donor [(Poly-)Iodid] zum
Akzeptor (Iod) verschoben werden. Der Rest des Spektrums des eingestrahlten
Lichtes verursacht den für das Auge sichtbaren Farbeindruck (siehe Abb. 6)
Abb. 6: Schema der Absorption von Licht zur Anregung von Elektronen
(Zeichnung hergestellt mit Microsoft Paint)
2 Struktur
Fette bzw. fette Öle lassen sich chemisch gesehen als 1,2,3-Propantriolester
(siehe Abb. 7) von Fettsäuren der Kettenlänge C8-12 (mittlere Fettsäuren) bzw.
C12-18
(höhere
„Triglyceride“
Fettsäuren)
oder
gebräuchlich sind.
H
auffassen,
H
C
wobei
auch
„Triacylglyceride“
O
O
C
R1
O
H
C
O
C
R2
O
H
C
H
O
C
R3
die
Trivialnamen
(IUPAC)
Abb. 7: Allg. Struktur eines Triacylglycerids
Die Namen leiten
sich
dabei
vom Glycerin, dem Trivialnamen des 1,2,3-Propantriols ab. Als „fette Öle“
werden dabei Triacylglyceride bezeichnet, die bei Raumtemperatur und
Atmosphärendruck flüssig sind, als „Fette“ dementsprechend unter diesen
Bedingungen feste Triacylglyceride. Die am häufigsten vorkommenden
Fettsäuren sind C16-18-Körper, d.h. beispielsweise Palmitinsäure, Stearinsäure,
Ölsäure, Linolsäure und Linolensäure. Einen deutlich kleineren Anteil am
natürlichen Gesamtfettaufkommen haben pflanzliche Fette, die mittelkettige
Fettsäuren C10-14 (Caprinsäure, Laurinsäure und Myristinsäure) enthalten. Im
Alltag sind Fettsäuren besonders in Form von Natrium- oder Kaliumsalzen als
Seifen gebräuchlich (siehe Kap. 2.1). Bei der Unterteilung der Fettsäuren gibt es
verschiedene mögliche Einteilungen. Erstens gibt es die biologisch relevante
Unterscheidung von essentiellen und nicht essentiellen Fettsäuren. Zur ersten
Klasse zählen dabei primär Linol- und Linolensäure, da sie vom menschlichen
Organismus nicht synthetisiert werden können und daher mit der Nahrung
aufgenommen werden müssen (also „essentiell“ sind). Zweitens können
Fettsäuren bezüglich ihres Gehalts an C-C-Doppelbindungen charakterisiert
werden. Enthält der Fettsäurerest keine solchen Bindungen, spricht man von
„gesättigten“ Fettsäuren, da kein Wasserstoff mehr addiert werden kann. Enthält
der Fettsäurerest eine C-C-Doppelbindung, spricht man von „einfach
ungesättigten“ Fettsäuren und entsprechend von „zweifach“ bzw. „dreifach
ungesättigten“ Fettsäuren bei zwei bzw. drei C-C-Doppelbindungen. Dieser
Aspekt hat Folgen für die physikalisch-chemischen Eigenschaften von Fetten
und fetten Ölen, da die in der Natur vorkommenden ungesättigten Fettsäuren
stets cis-Konfiguration besitzen, was strukturell einem „Knick“ in der
Kohlenwasserstoffkette gleichkommt. Die π-Bindung erlaubt zudem keine
Rotation um die C-C-Bindung, was zur erhöhter Starrheit der Kette führt.
Bedingt durch den „Knick“ und die Starrheit der Kohlenwasserstoffkette in
ungesättigten Fetten bzw. fetten Ölen, liegt der Schmelzpunkt wesentlich
niedriger als bei den korrespondierenden gesättigten Fetten, da letztere sich gut
aneinander anlagern können und somit stärkere London-Kräfte wirksam sind,
die beim Erhitzen erst aufgebrochen werden müssen. Daraus resultiert, dass bei
erhöhter Kettenlänge eine Zunahme des Schmelzpunktes zu erwarten ist. Diese
beiden Sachverhalte illustriert folgende Tabelle, in der die Schmelzpunkte
einiger Fettsäuren aufgeführt sind:
SmP. in °C
Caprinsäure (C10)
O
31,0
C
OH
O
Palmitinsäure (C16)
62,8
C
OH
O
C
Stearinsäure (C18)
OH
Ölsäure (C18:1)
69,6
16,0
O
C
OH
2.1 Versuch 2: Verseifung von Olivenöl
Die alkalische Esterspaltung ist als Sonderfall der Verseifung, die überdies noch
die hydrolytische Esterspaltung durch Säuren oder Enzyme (Esterasen) umfasst,
ein zentrales Thema in der organischen Chemie der Oberstufe. Bei der hier
durchgeführten alkalischen Esterspaltung werden die Triacylglyceride in
Ethanol gelöst und mit 30prozentiger Kaliumhydroxid-Lösung umgesetzt.
Mechanistisch greift in einem ersten Schritt das Hydroxid-Anion am positiv
polarisierten Kohlenstoffatom der Esterbindung an, wodurch das bindende πElektronenpaar der Carbonylgruppe zum Sauerstoffatom verschoben wird. Das
Produkt dieses nukleophilen Angriffes stellt die tetraedrische negativ geladene
Zwischenstufe dar (vgl. Abb.8). Im nächsten Gleichgewichtsschritt kommt es
zum Bindungsbruch der Esterbindung bei gleichzeitiger Rekonfiguration der
Carbonylgruppe. Das dabei formal gebildete Alkoholat-Anion spaltet daraufhin
sehr schnell ein Proton von der Carbonsäure ab. Dieser Schritt ist irreversibel, da
das gebildete Carboxylat-Anion durch Mesomerie sehr gut in wässriger bzw.
ethanolischer Lösung stabilisiert wird.
Abb. 8: Reaktionsmechanismus der Verseifung eines Triacylglycerids
Durch erneue alkalische Esterspaltung nach gleichem Mechanismus führt
schließlich zu einem Glyerin-Molekülen und 3 Fettsäure-Anionen pro
Triacylglycerid-Molekül. Als Nachweis des entstandenen Glycerins stehen in
der Schule prinzipiell zwei Verfahren zur Verfügung: Der Nachweis von
Glycerin als durch Erhitzen gebildetes Acrolein mit Fehling-Reagenz oder der
Nachweis als Kupfer(II)-Komplex. Die erste Möglichkeit ist hier jedoch aus
zwei Gründen von Nachteil: Erstens ist Acrolein giftig und karzinogen und
daher für den Schulversuch wenig geeignet und zweitens liefert der
Blindversuch mit dem Lösungsmittel Ethanol ebenfalls einen positive FehlingProbe beim Erhitzen mit dem Bunsenbrenner. Somit wäre eine positive Reaktion
auch bei Abwesenheit von Glycerin bzw. Acrolein zu erwarten. Die zweite
Möglichkeit des Glycerinnachweises ist hingegen schneller, wesentlich
ungefährlicher und zudem bei Blindprobe negativ (siehe Anhang). Zu dem
Reaktionsprodukt der Verseifung werden dabei einige mL Kupfer(II)-sulfatLösung (c = 0,1 mol/L) gegeben und gut durchmischt. Es kommt zur
Ausbildung des Tris-propantriolato-tricuprat(II)-anions (siehe Abb. 9), das in
Lösung tiefblau ist. Wichtig ist dabei ein stark alkalischer pH-Wert, da Protonen
von den Hydroxylgruppen des Glycerins abgespalten werden müssen. Dies ist
jedoch durch die in der Verseifung eingesetzte 30prozentige KaliumhydroxidLösung gegeben und muss daher nicht separat hinzugegeben werden. Die
Blindproben mit Olivenöl und ethanolischem Olivenöl fallen dabei deutlich
sichtbar negativ aus.
CH2
O
3-
CH
CH2
O
H2C
H2C
+ 3
O
OH
CH
2+
3 Cu
O
Cu
HC
OH
H2C
OH
Cu
O
+ 3 OH
O
O
Cu
H2C
CH2
O
CH
O
C
+
3
H2O
Abb. 9: Glycerin-Nachweis mit Kupfer(II)-Sulfat-Lösung
2.2 Geschichte der Seife
Eine Vorform der heute verwendeten Handseife kannten die Menschen bereits
etwa 2500 Jahre v.Chr. Auf einer Tontafel der Sumerer (siehe Abb. 10) ist das
erste überlieferte Seifenrezept der Menschheit in Keilschrift verewigt. Die
Rezeptur beinhaltet bereits eine Anleitung zum "Kochen" von Seifen aus
Pottasche und Ölen. Um an die benötigte Pottasche
zu
gelangen,
verbrannten
die
Sumerer
wahrscheinlich Tannenzapfen oder Dattelpalmen.
Ein ähnliches Rezept dürften auch die Ägypter des
Alten Reiches (ca. 2700-2200 v. Chr.) verwendet
haben. Diese Seife der Frühzeit, die wohl eher einer
Schmierseife ähnelte, nutzten die Menschen weniger
zur Körperreinigung, sondern wohl vorrangig zum
Wäsche waschen. Vor allem diente sie ihnen aber
als Medizin bei verschiedenen Hautkrankheiten. Die
hautreinigende Wirkung von Seife wurde erst relativ
Abb. 10: Tontafel der Sumerer
(Quelle: www.planet-wissen.de)
spät von dem römischen Arzt Galenus ca. 200 n.Chr. dokumentiert obwohl die
Römer bereits zuvor eine hoch entwickelte Badekultur pflegten. Die Germanen
und Gallier waren es dann, die Seife zuerst als Kosmetikum verwendeten, indem
sie die aus Ziegen-, Rinder- oder Hirschtalg hergestellte Seife als Bleichmittel
für ihre Haare nutzten oder sich mit einer Art Seifen-pomade frisierten. Auch im
alten Testament lassen sich zahlreiche Verweis auf die Verwendung von Seife
zwecks Reinigung finden, so heißt es beispielsweise in Jeremia 2,22 „Das
treulose Volk“ 2,1-37:
„Selbst wenn du dich mit Lauge waschen und noch soviel Seife verwenden
wolltest deine Schuld bleibe doch ein Schmutzfleck vor meinen Augen –
Spruch Gottes des Herrn.“
In der weiteren Entwicklung der Seifensiederkunst zeigten sich arabische
Stämme als besonders einfallsreich. Sie setzten in ihren Rezepten als erste
gebrannten Kalk (CaCO3) ein, um besonders feste Seifen zu erhalten, die sog.
„Kalkseife“, die sich heute einfach im Schulversuch durch Zugabe von
Calciumchlorid zu dem Produkt der Olivenöl-Verseifung herstellen lässt. Über
die Araber kamen diese Erkenntnisse nach Spanien, wo sich bald die ersten
Seifenhandelszentren entwickelten. Noch begehrenswerter wurde die Seife
durch beigefügte Duftkomponenten und wurde somit zu einem luxuriösen
Kosmetikum. In England und in den Niederlanden entwickelte sich sogar eine
eigene Seifenindustrie. Im Mittelpunkt der Seifenherstellung standen jedoch
weiterhin die Mittelmeerländer mit den Zentren Alicante, Sevilla, Savona,
Venedig und Genua. Erstmals finden sich in Seifenstücken eingeprägte
Markenzeichen. In Mitteleuropa waren die Zentren der Seifenherstellung
Augsburg, Prag, Marseilles und Wien im 14. Jahrhundert. Im 17. Jahrhundert
bildeten sich in den bürgerlichen Häusern die ersten Waschküchen aus.
Zunehmend begannen sich die Naturwissenschaftler auch für die Chemie der
Waschmittel zu interessieren. Entscheidendes für die Entstehung einer
Waschmittelindustrie im 19. Jahrhundert hat der Franzose Michel Eugène
Chevreul geleistet. Er prägte den Namen Stearinsäure für eine Fettsäure talgiger
Konsistenz und den Namen Oleinsäure für eine flüssige, ölige Fettsäure. Er
entdeckte 1823 zudem, dass sich einfache Fette nicht mit Alkalien verbinden
und so Seife bilden, sondern dass sie zuerst in Fettsäuren und Glycerin zerfallen.
Die Seifensiederei profitierte so von den Forschungen Chevreuls. Ernest Solvay
(1838-1922) wurde bei der Suche nach einer Verwendung für das im väterlichen
Gaswerk anfallende Ammoniak fündig. Bald wurde nur noch nach seinem
einfacheren und billigen Verfahren Soda hergestellt. Doch den Seifensiedern
fehlten die geeigneten Fette. Die gepressten Öle und Talge aus dem Inland
reichten bei weitem nicht aus, so dass tropische Pflanzenöle eingeführt werden
mussten.
Der
Durchbruch
von
der
Waschküche
mit
Kessel
zur
Haushaltswaschmaschine gelang erst Anfang der Fünfzigerjahre des 20.
Jahrhunderts, als die Trommelwaschmaschine – die schon einige Jahrzehnte im
Gewerbebereich angewendet wurde – als Haushaltsgerät auf den Markt kam.
Weiterhin kam 1907 mit „Persil“ das erste Vollwaschmittel auf den Markt, das
neben Seifenpulver auch Natriumperborat als Bleichmittel und Natriumsilicat
als Stabilisator enthielt. Heute wird eine Vielzahl unterschiedlicher Tenside
verwendet:
Tensidklasse
Modell
Beispiel
Anionische
Tenside
Kationische
Tenside
Amphotere
Tenside
Nichtionische
Tenside
Abb. 11: Schematische Struktur verschiedener Tenside
(Quelle: www.uni-essen.de)
2.3 Versuch 3: Wirkung von Seife
Das in der Schule verwendete Tensidmodell erinnert an ein Streichholz, wobei
die rote Spitze den hydrophilen Kopf und der lange Holzstiel den hydrophoben
Schwanz repräsentiert.
Abb. 12: Streichholz als Tensid-Modell
Schematisch lässt sich die im Versuch (siehe Anhang) demonstrierte
Waschwirkung von Tensiden in 4 Schritte unterteilen. Zunächst wird die
Oberfläche des mit Cereinsrot eingefärbten Speiseöls mit Tensid-Molekülen
benetzt. Dadurch, dass die hydrophilen Köpfe an der Oberfläche des Fettes nun
zur wässrigen Phase orientiert sind, wird nun die Haftung des Fettes an der
Oberfläche des Textils vermindert.
Abb. 13: Benetzen der Oberfläche
Abb. 14: Verminderung der Haftung
Im nächsten Schritt wird das Speiseöl weiter von der Oberfläche abgelöst und
schließlich durch Micellenbildung gehalten in Lösung gehalten.
Abb. 15: Ablösen des Fettes
Abb. 16: Solvatisieren des Fettes
In Abb. 16 sind die Kugelmicellen dargestellt, weitere Micellentypen sind in
Abb. 17 abgebildet:
17: Verschiedene
Micellentypen
Eine weitere wichtigeAbb.
Funktion
der Tenside
besteht in der Herabsetzung der
(Quelle: www.uni-paderborn.de)
Oberflächenspannung des Waschwassers, was erst sein Eindringen in das
verschmutzte Kleidungsstück ermöglicht und somit zentrale Bedeutung für den
Waschvorgang hat. In reinem Wasser kommt es zur Ausbildung von
Wasserstoffbrückenbindungen zwischen den Wassermolekülen. Wirken in der
Flüssigkeit Wechselwirkungen in alle Raumrichtungen, so ist dies für ein
Teilchen an der Oberfläche nicht der Fall. Hier hört die Flüssigkeit auf und die
Gasphase beginnt. Ein Teilchen aus der Lösung kann an die Oberfläche
gelangen, wenn dafür ein anderes Teilchen von der Oberfläche in die Flüssigkeit
wandert. Dieser Vorgang ist energetisch neutral, da genau so viele Bindungen
getrennt wie gebildet werden. An der Oberfläche richten sich die
Wassermoleküle mit einer Seite des Tetraeders in Richtung der Gasphase aus,
um Wechselwirkungen mit benachbarten Molekülen zu maximieren. Dies ist in
folgender Abbildung schematisch dargestellt. Dabei stellen die straffierten
Linien Wasserstoffbrückenbindungen dar, die dünnen durchgezogenen Linien
jeweils die freien Elektronenpaare der Sauerstoffatome.
Gasphase
H
O
H
H
H
O
H
O
H
H
O
H
Prinzipiell ist es auch hier möglich, einzelne Wassermoleküle an der Oberfläche
durch Wassermoleküle aus dem inneren der Flüssigkeit auszutauschen. Die
Struktur bleibt bei reinem Wasser jedoch erhalten, da sie energetisch durch die
maximal mögliche Anzahl an ausgebildeten Wasserstoffbrückenbindungen
begünstigt ist. So kommt es schließlich zur Ausbildung einer belastbaren
Schicht
an
der
Wasseroberfläche
(siehe
Wasserläufer).
Die
Oberflächenspannung von reinem Wasser verhindert somit ein tiefes Eindringen
des Wassers in die verschmutzte Kleidung.
Durch den Zusatz von Tensid-Molekülen verändern sich nun die Eigenschaften
des Wassers. An der Wasseroberfläche taucht der hydrophile Kopf des TensidMoleküls in das Wasser ein, wohingegen der hydrophobe Schwanz zur
Gasphase orientiert ist. Die Wassermoleküle in der Umgebung des hydrophilen
Kopfes haben nun viele energetisch ähnliche Möglichkeiten, Wechselwirkungen
(Wasserstoffbrückenbindungen)
mit
diesem
Teil
des
Tensid-Moleküls
einzugehen. Die Beweglichkeit der Wasser-Moleküle an der Oberfläche wird
erhöht, was zu einer Absenkung der Oberflächenspannung führt.
3 Anwendungen
Im Folgenden sollen zwei zentrale Anwendungen von Fetten bzw. Fettsäuren
vorgestellt werden, wobei der Fokus auf der Durchführbarkeit in der Schule
liegt, d.h. die Versuche sollen auch als Schülerversuch geeignet sein. Zum Einen
soll die Herstellung von Streichfett (Margarine) und zum Anderen die
chemischen Einsatzmöglichkeiten von Ricinusöl diskutiert werden.
3.1 Streichfett
Seit etwa Christi Geburt wurden feste Streichfette für die menschliche
Ernährung durch Pressen fettreicher Pflanzensamen oder aus tierischen Fetten
gewonnen. Dabei war die Fettversorgung aufgrund ihres hohen Energiegehalts
(vgl. Kapitel 1) stets eine Säule der menschlichen Ernährung. Aufgrund der
Veränderung der Lebensbedingungen in Europa während der vergangenen 200
Jahre kam es zu einem rapiden Ansteigen der Bevölkerung, was eine Anpassung
der Streichfettversorgung erforderlich machte. Neben weiteren Ursachen sind
hier primär die Industrialisierung und die daraus resultierenden verbesserten
Lebensverhältnisse (Ernährung, Hygiene, medizinische Versorgung etc.) zu
nennen. Allein in der Zeit von 1800 bis 1850 verdoppelte sich die
Bevölkerungszahl
in
Deutschland.
Zunächst
konnte die
kommerzielle
Fettversorgung, die sich hauptsächlich im landwirtschaftlichen Sektor vollzog,
nicht mit der rasch steigenden Nachfrage mithalten, so dass der Preis von
Streichfetten drastisch anstieg. Dieses Problem erkannte auch Napoleon III., der
1866 den Auftrag erteilte, eine neue Methode der Speisefettgewinnung zu
entwickeln, um die Fettversorgung der französischen Armee zu sichern. Als
Reaktion auf diese, mit einer großen Belohung dotierten Ausschreibung, setzten
sich viele Wissenschaftler mit dem Problem auseinander, fanden jedoch
zunächst keine zufriedenstellende Lösung. Allerdings erkannte Hippolyte
Mouriés im Jahr 1869 durch Experimente, dass Kühe auch dann Milchfett
abgeben, wenn sie über einen längeren Zeitraum hungern. Dieses Wissen nutzte
der Franzose zu dem Schluss, dass Milchfett von Kühen offenbar aus eigenem
Körperfett erzeugt werden konnte. Mouriés erhitzte Rindertalk, ließ das reine
Fett ausschmelzen und erkalten. Durch Auspressen gewann er die weichen,
öligen Bestandteile, das sogenannte „Oleomargarin“. Dieses verbutterte er mit
Magermilch. Er erhielt ein haltbares, streichbares Speisefett, das er wegen seines
„perligen“ Schimmerns - in Anlehnung an das Wort "Margaron" (gr.) Margarine nannte. 1869 ließ sich Mouriés die Erfindung patentieren. Ab 1874
wurde nach seinem Verfahren in Europa und Amerika Margarine produziert.
Diese Alternative bot jedoch keine finale Lösung, da tierische Fette wie bereits
erwähnt nicht in ausreichender Menge anfielen. Man wusste zwar, dass fette Öle
in Form von Pflanzenfetten billig und in ausreichender Menge verfügbar waren,
es mangelte jedoch an einem Verfahren, aus diesem ein festes und streichfähiges
Fett herzustellen.
Im Jahre 1902 entdeckte der deutsche Chemiker Wilhelm Normann, dass sich
flüssige Pflanzenöle unter Einsatz eines Katalysators aus elementarem Nickel
durch Anreicherung der Fettmoleküle mit reinem Wasserstoff (Hydrierung) in
feste Fette wandeln lassen.
H
H
C
C
R1
H
<Ni-Kat.>
+
H
H2
R2
H
C
C
R1
H
R2
Abb. 18: Bruttoreaktion der Hydrierung von ungesättigten Fettsäuren
Mit diesem als "Fetthärtung" bekannten Verfahren konnte man nun
Nahrungsfette in sehr viel größerem Umfang herstellen. Der Siegeszug der
Pflanzenmargarine
war
nicht
mehr
aufzuhalten.
Neben
gesättigten
Triacylglyceriden enthält Margarine 18 bis 20 % entrahmte Milch bzw. Wasser,
Emulgatoren wie Lecithine (siehe 3.1.2), die Vitamine A und D und schließlich
Aroma- und Farbstoffe natürlicher Herkunft, wie z.B. das Provitamin A,
(Karotin). Ferner werden geringe Mengen an Salz sowie ein gesetzlich
vorgeschriebenen Zusatz von Stärke als chemisch nachweisbare Substanz zur
Unterscheidung von Butter zugesetzt. Der Fettanteil der Margarine muss des
Weiteren bei mindestens 80 % liegen. Die wichtigsten Rohstoffe zur Herstellung
von Margarine sind Pflanzenöle und Pflanzenfette aus der Sojabohne,
Sonnenblumenkernen, Erdnüssen, Baumwollsaat, Kokosnüssen und Palmen.
Raps bzw. Rüben sind die einzigen bedeutenden Ölpflanzen, die im gemäßigten
Klima Europas und Ostasiens in größerem Maßstab angebaut werden. Der
überwiegende Teil der Ölfrüchte kommt jedoch aufgrund der günstigeren
klimatischen Bedingungen aus südlicheren Gefilden (ungefähr zwischen dem
30.
Breitengrad
oberhalb
und
unterhalb
des
Äquators).
Fette und fette Öle werden zur Margarine-Herstellung in einem genau
festgelegten Verhältnis zu einer "Fettkombination" zusammengestellt und
bereits auf die Bedürfnisse des späteren Einsatzgebietes (z.B. Backen,
Brotaufstrich, Braten) abgestimmt. Der heutige Pro-Kopf-Verbrauch an
Margarine liegt mit 9,0 kg/a3 in Deutschland wesentlich höher als der Pro-KopfVerbrauch an Butter (6,5 kg/a), was die Bedeutung von Streichfetten auf
Pflanzenöl-Basis unterstreicht.
3.1.1 Demonstration 1: Herstellung von Margarine
Wie im vorherigen Kapitel bereits angedeutet, ist die Kennzeichnung
„Margarine“ heute an die Einhaltung bestimmter Kriterien gebunden. Diese
werden in der EG-Streichfettverordnung von 1.1.1996 fixiert. So ist Margarine
„Ein bei einer Temperatur von 20°C fest bleibendes, streichfähiges Erzeugnis in Form einer festen, plastischen Emulsion,
überwiegend nach dem Typ Wasser in Öl [...]“
(EG-Streichfettverordnung vom 1.1.1996)
Im Schulunterricht kann Margarine relativ leicht selbst hergestellt und in
weiteren Versuchen verwendet werden und ist daher im experimentellen
Chemieunterricht von Interesse. Wird bei der Herstellung auf den Gebrauch von
Laborgerät verzichtet, kann die hergestellte Margarine sogar verköstigt werden.
Dazu sind neben einem Küchenmixer nur noch einige Plastikschüsseln
erforderlich. Die Zutaten sind in jedem Supermarkt erhältlich. Zunächst werden
100 g Kokosfett (Palmin) erwärmt und in flüssigem Zustand mit 50 g Rapsöl in
einer Plastikschüssel vermischt. Anschließend gibt man unter ständigem Rühren
nacheinander 15 mL Vollmilch, 15 mL Wasser, 1 g Kochsalz und 1 Eigelb
hinzu. Ist alles gut vermengt, stellt man die Plastikschüssel in ein Eisbad und
rührt weiter bis das Gemisch sicht verfestigt.
3
Quelle: www.milchindustrie.de
3.1.2 Versuch 4: Zerstörung einer W/O – Emulsion
Der vorliegende Versuch (Vorschrift siehe Anhang) dient im Wesentlichen der
Einführung des Begriffes der Emulsion und des Emulgators (von lat. emulgere =
ausmelken). Der einfache Versuch zeigt den Unterschied zwischen einem
Reinstoff, dem praktisch wasserfreien Kokosfett und dem kolloiddispersen
Stoffgemenge Margarine in Form einer Emulsion. Dabei ist die Micellengröße
in der Regel nicht einheitlich und schwankt in einem Bereich zwischen 10 -2 und
10-6m. Als Emulgator fungieren die in der selbst hergestellten Margarine
enthaltenen Phosphatidylcholine (früher Lecithine) aus dem Eigelb, deren
allgemeine Struktur in Abb. 19 dargestellt ist (Reste R1 und R2:
Kohlenwasserstoffketten der Kettenlänge C15 oder C17 und bis zu 4
Dopelbindungen). Wie bei Tensiden ist die grenzflächenaktive Wirkung des
Emulgators auf die intramolekular-räumliche Separation von hydrophilen und
hydrophoben Bereichen zurückzuführen.
Abb. 19: Allg. Struktur eines Phosphatidylcholins (X = Cholinrest)
(Quelle: CD Römpp Chemie Lexikon, 9. Auflage Georg Thieme Verlag Stuttgart)
Da Margarine eine Emulsion vom Typ „Wasser in Öl“ (W/O) mit einem
Wassergehalt von ca. 20% darstellt, kann man sich die Struktur so vorstellen,
dass
kleine
Wassertröpfchen
vom
Emulgator
Dispersionsmittel Fett vorliegen (Abb. 20).
Wassertropfen
eingeschlossen
im
Abb. 20: Struktur einer Wasser-Phosphatidylcholin-Micelle
Durch das Erhitzen
nun zunächst
zu einem Verdampfen des in der
(Quelle:kommt
ChemieesStudienseiten
www.ch-4.de)
Margarine emulgierten Wassers. Dabei werden kleine Tröpfchen flüssigen
Fettes mitgerissen, was beim Braten im Haushalt zu Verbrennungen führen
kann. Das spontane Aufspritzen von Fetttröpfchen ist während des Versuchs
sowie beim Braten am heimischen Herd in Form eines „Brutzelns“ deutlich zu
vernehmen. Nach dem Abkühlen im Eisbad bleibt den in der Margarine
enthaltenen Wasser nicht genug Zeit, um wieder vollständig zu emulgieren, so
dass es zu einem sichtbaren Zwei-Phasen-System kommt. Zum Vergleich ist bei
dem fast wasserfreien Kokosfett sowohl keine Phasentrennung als auch kein
„Brutzeln“ zu beobachten.
3.2 Ricinusöl
In dem nun folgenden Kapitel soll das Ricinusöl als ein fettes Öl vorgestellt
werden, dass sich sowohl in seinem chemischen Aufbau als auch in seinen
Eigenschaften wesentlich von den bisher diskutierten Fetten und fetten Ölen
unterscheidet. Nicht nur hat das Ricinusöl von allen fetten Ölen mit 0,961-0,963
g/cm3 die größte Dichte, es weist auch ein für fette Öle atypisches
Chromatographieverhalten auf (siehe 3.2.1). Gewonnen wird das Ricinusöl
durch Kaltpressen aus den Samen der Ricinusstaude (ricinus communis, Abb.21
und 22), die zu diesem Zweck vor allem in Indien, Thailand und Brasilien
angebaut wird.
Abb. 21: Ricinusstaude (ricinus communis)
(Quelle : www.enature.com)
Abb. 22: Ricinussamen
(Quelle: www.ruhr-uni-bochum.de)
In Deutschland kann Ricinusöl problemlos günstig in der Apotheke erworben
werden. Da es zudem ungefährlich ist, eignet es sich hervorragend für den
Einsatz im Chemieunterricht. Wie alle anderen hier besprochenen Fette und
fetten
Öle
ist
auch
das
Ricinusöl
ein
Triacylglycerid,
wobei
das
Glyceringrundgerüst in diesem Fall zu 80 – 85% mit Ricinol- (siehe Abb. 23),
zu 7% mit Öl-, zu 3% mit Linol-, zu 2% mit Palmin- und zu ca. 1% mit
Stearinsäure verestert ist.
HO
COOH
Abb. 23: Ricinolsäure
Als Speiseöl ist das Ricinusöl aufgrund seines unangenehmen Geschmacks nicht
geeignet. Es riecht schwach, ist brennbar, zähflüssig und vor allem
unverdaulich, was seinen Einsatz als Abführmittel erklärt. Es erreicht unverdaut
den Dünndarm, wo es durch Lipasen zu Glyerin und Ricinolsäure gespalten
wird.
Die
freie
Ricinolsäure
hat
eine
antiabsorptive
(nicht
aufsaugende/verschluckende) und hydragoge (stark abführende) Wirkung. Die
Synthese von Prostaglandin E2, das eine Vermehrung der Sekretion von
Elektrolyten und Wasser in das Darmlumen bewirkt, wird möglicherweise
verstärkt. Der Teil des Rizinusöls, der nicht verseift ist, erhöht die Gleitfähigkeit
des Darminhalts und damit die abführende Wirkung. Dabei bleibt die Wirkung
aufgrund der Resorption weitgehend auf den Dünndarm beschränkt. Nach der
Einnahme tritt die Wirkung bei niedriger Dosierung nach etwa 8 Stunden ein,
bei hoher Dosierung schon nach etwa 2-4 Stunden. Der abführende Effekt von
Ricinusöl ist bereits seit über 3500 Jahren bekannt und wird auch heute noch
zum Teil ausgenutzt. Insbesondere unter Naturheilkundlern erfreut sich
Ricinusöl als Abführmittel großer Beliebtheit.
3.2.1 Demonstration 2: Chromatographie von Ricinusöl
Um Aufschluss über die Bestandteile eines Fettes zu erlangen, bietet sich im
Schulversuch neben der Papierchromatographie die Dünnschichtchromatographie (DC) mit Silicagelplatten an. Als Kontrastmittel werden dabei einige
Iod-Kristalle verwendet, die in der luftdichten DC-Kammer liegen und von
Außen mit Hilfe eines Föns erhitzt werden. In der Literatur4 findet sich dabei
folgende Einteilung:
Laufweg des
Fließmittels
4
Wallrab, A.: Chromatographie Aulis Verlag Deubner & Co KG, Köln 2003, S. 59ff.
Abb. 24: Auftrennung der Fett-Bestandteile durch DC
(Quelle: siehe 4)
Betrachtet man das Chromatogramm von Ricinusöl, so fällt auf, dass nahezu
keine Färbung an der Stelle auftritt, an der man die Triacylglyceride erwarten
würde. Bei allen anderen untersuchten Fetten traten an dieser Stelle hingegen
deutliche Orangefärbungen auf. Zu erklären ist dieser Befund durch den
Hinweis, dass der Hauptbestandteil des Ricinusöls im Gegensatz zu den anderen
bisher diskutierten Fettsäuren Hydroxylgruppen enthält (siehe Abb. 23), die die
Polarität deutlich erhöhen und dazu führen, dass der Rf-Wert der Ricinolsäure in
dem
unpolaren
Fließmittel
Trichlormethan
deutlich
geringer
ist
als
beispielsweise der Rf-Wert von Palmitinsäure. Insofern kann Ricinusöl nicht als
„typisches Triacylglycerid“ bezeichnet werden. Die zusätzliche Hydroxylgruppe
der Ricinolsäure ermöglicht so auch chemische Reaktionen, die über die für
Fette und fette Öle ansonsten typischen Reaktionen hinaus gehen. Einige davon
sollen nun angeführt werden.
3.2.2 Versuch 5: Polyester auf Ricinusöl-Basis
In dem vorliegenden Versuch soll die Herstellung eines Polyesters auf der Basis
von Ricinusöl und Adipinsäuredichlorid vorgestellt werden
H
O
(Vorschrift
Cl
Cl
siehe
O
H
Cl
Cl
O
Anhang). Dabei wird
O
R
O
CH2
HO
R
O
HO
R
O
O
R
O
CH2
CH
HO
R
O
CH
CH2
HO
R
O
CH2
zunächst das Sauerstoffatom des
nächsten
O
ca. 80°C
O
Alkanoylchlorids protoniert.
Im
Schritt greift das Sauerstoffatom der Ricinolsäure-
Cl
Hydroxylgruppe nukleophil am Kohlenstoffatom
O
O
R
O
CH2
HO
R
O
CH
HO
R
O
CH2
+
HCl
weitere Polymerisationsschritte
...
des Alkanoylchlorids an, wodurch ein tetraedrisches Zwischenprodukt gebildet
wird.
Abb. 25: Reaktionsmechanismus der Veresterung von Ricinusöl mit Adipinsäuredichlorid
Um die Reaktion durchzuführen ist eine Temperatur von ca. 80°C bereits
ausreichend. Im nächsten Schritt der Gleichgewichtsreaktion bindet die σBindung
zwischen
Kohlenstoff-
und
Chloratom
der
tetraedrischen
Zwischenstufe das Proton der Hydroxylgruppe, wobei die π-Bindung zwischen
Kohlenstoff- und Sauerstoffatom (Carbonylgruppe) zurückgebildet wird.
Gasförmiges Chlorwasserstoff als gute Abgangsgruppe entsteht. Dieses lässt
sich im Versuch durch die saure Reaktion mit angefeuchtetem Indikatorpapier
nachweisen. Da Adipinsäuredichlorid bifunktional und ein Triacylglycerid mit
drei Ricinolsäureresten sogar trifunktional ist, kommt es schließlich durch
weitere
Polymerisationsschritte
zur
Ausbildung
eines
verzweigten
dreidimensionalen Netzwerkes. Mechanistisch ist der hier diskutierte Vorgang
als Polykondensation aufzufassen, da mit gasförmigem Chlorwasserstoff ein
vergleichsweise kleines Molekül pro Polymerisationsschritt entsteht.
Bei dem Reaktionsprodukt handelt es sich um ein sog. „Ungesättigtes
Polyesterharz“ (UP), das in der Technik als Formmasse zur Herstellung von
Behältern und Karosserien (siehe Abb. 26) verwendet wird. Geringe
Wärmeleitfähigkeit und geringes Gewicht sowie gute Korrosions-, Wasser- und
Witterungsbeständigkeit sind dabei die Eigenschaften, die ungesättigte
Polyesterharze zu einem technisch wichtigen Werkstoff machen. Chemisch ist
dabei vor allem die Möglichkeit interessant, nachträglich die Eigenschaften an
der Oberfläche des Polyesters durch Addition an die Doppelbindung der
ungesättigten Polyesterharze zu beeinflussen. Dies spricht für die Vielseitigkeit
des Werkstoffes.
Abb. 26: Wohnmobil-Karosserien aus Polyglace®
(Quelle: Rapido Reisemobile)
3.2.3 Demonstration 3: Reaktivkleben mit Ricinusöl
Klebstoffe werden in der Praxis nicht nach ihrer chemischen Struktur, sondern
nach ihrer Funktion klassifiziert. Dies erschwert eine einfache, auch für
Schülerinnen
und
Schüler
übersichtliche
Darstellung
im
Unterricht.
Diesbezüglich stellen allerdings die Reaktivklebstoffe eine Ausnahme dar, da in
dieser Klasse eine Kategorisierung nach chemischen Aspekten erfolgt. Unter
„Reaktivklebstoffen“ werden Monomere oder Vorstufen von Polymeren
(Präpolymere)
verstanden,
die
erst
beim
Aushärten
des
Klebstoffs
polymerisieren und die Verbindung (Kohäsion) in der Klebstoff-Fuge herstellen.
Mechanistisch
kann
dies
durch
Polymerisation,
Polyaddition
oder
Polykondensation erfolgen. Die hier durchgeführte Demonstration ist ein
Beispiel für eine Polyaddition.
Der Praxisbezug zur Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler ergibt sich
dadurch, dass es sich bei den im Handel erhältlichen Sekundenklebern (siehe
Abb. 27) ebenfalls um Reaktivklebstoffe handelt, die als Monomere in der Regel
Cyanacrylate bzw. 2-Cyanoacrylsäureester (siehe Abb. 28) enthalten.
CN
H 2C
C
COOR
Abb. 27: Sekundenkleber
(Quelle: www.henkel.de)
Abb. 28: 2-Cyanoacrylsäureester
Anhand der hier durchgeführten Demonstration lässt sich der obligatorische
Unterrichtsinhalt „Polyaddition“ (Jahrgangsstufe 12.2) mit dem fakultativen
Thema „Nachwachsende Rohstoffe“ (ebenfalls 12.2) des Lehrplans des Landes
Hessen verbinden oder in den größeren Zusammenhang des Wahlthemas
„Nachwachsende Rohstoffe“ einbeziehen.
4 Schulrelevanz
Eine große Stärke des hier vorgetragenen Themenbereichs der Fette und fetten
Öle liegt zweifelsohne in dem hohen Bezug zur Lebenswelt der Schüler.
Einerseits spielen Fette eine wichtige Rolle in der Ernährung, andererseits ist die
Diskussion von Triacylglyceriden unabdingbar für das wichtige Thema
„Tenside“ und damit eng verknüpft auch für die Verseifung. Diese und andere
Themengebiete sind bedingt durch die Struktur des „Lehrplans des Landes
Hessen“
(Januar
2003)
in
der
Oberstufe
verankert.
Im
modernen
Chemieunterricht kann es nicht primär auf das Referieren von isoliert
nebeneinanderstehenden Inhalten durch den Lehrenden ankommen, sondern
vielmehr sollte die Vermittlung von Konzepten, die in verschiedenen
Themengebieten angewendet werden können, im Zentrum des Schulalltages
stehen. Unter Berücksichtigung dieses Aspektes bietet sich das Thema „Öle und
Fette“ besonders an, da nicht nur klassische Themen wie etwa „Verseifung“,
„Ernährung“ oder „Grenzflächenaktive Substanzen“ behandelt werden können,
sondern beispielsweise auch „Polymere auf Fettbasis“ oder „Chromatographie
von Fetten“ in die Unterrichtsplanung miteinbezogen werden können. Die
möglichst breite Anwendung verschiedener Konzepte der Schulchemie zu einem
Thema war insofern auch bei der Auswahl der Versuche und Demonstrationen
dieses Vortrages leitend.
Im Einzelnen werden folgende Vorgaben des „Lehrplans des Landes Hessen“
für die Sekundarstufe II berücksichtigt: Im Grundkurs ist das Thema
„Alkansäuren und ihre Derivate“ durch Versuch 2 (Verseifung von Olivenöl)
und Versuch 5 (Polyester mit Adipinsäuredichlorid) abgedeckt. Versuch 5 und
Demonstration 3 (Reaktivkleben mit Ricinusöl) sind Beispiel für das Thema
„Synthetische Makromoleküle“. Im Leistungskurs kann dann unter dem
Oberthema „Polymere mit besonderen Eigenschaften“ weiter vertieft werden
oder
man
intensiviert
den
Fokus
auf
„Nachwachsende
Rohstoffe“,
beispielsweise durch die Herstellung von Rapsmethylester als Alternative zu
Kraftstoff auf Mineralölbasis. Das Wahlthema „Angewandte Chemie“ bietet mit
seinen Unterthemen „Grenzflächenaktive Substanzen“ (Tenside, Emulgatoren)
und „Nahrungsmittel“ weitere Anknüpfungspunkte zu der hier vorgetragenen
Thematik der Fette und fetten Öle.
5 Literatur
„Chemie in unserer Zeit“ [ChiuZ]:
-
4 (1991) 214-222, Fabry, B.: Tenside. Eigenschaften, Rohstoffe,
Produktion, Anwendungen.
-
1 (1992) 27-34, Zoebelein, H.: Nachwachsende Rohstoffe. Nachholbedarf
bei der Grundlagenforschung.
-
5 (1985) 156-159, Lück, E.: Chemie im Kochtopf.
„Naturwissenschaft im Unterricht – Physik/Chemie“ [NiU-P/C]:
-
5 (1983) 143-151, Sallatsch, I.: Die Bestandteile der Lebensmittel,
dargestellt im Hinblick auf die Schulchemie.
-
47 (1989) 253-258, Sommerfeld, H.: Fette und Öle als Rohstoffe für die
Chemie.
-
47 (1989) 264-268, Bauer/Scherbaum/Bader: Industriepflanzenanbau –
Nachwachsende Rohstoffe. Ein Vorschlag zur Behandlung des Themas
„Pflanzenöle“ im Chemieunterricht.
-
47 (1989) 269-273, Blume/Sommerfeld/Bader: Chemierohstoffe aus
Pflanzenfetten. Experimente zur Unterrichtseinheit „Nachwachsende
Rohstoffe“.
„Naturwissenschaft im Unterricht – Chemie“ [NiU-Ch.]:
-
30 (1995) 41-44, Petz, M./Lampen, R.: Arbeitsvorschriften für einfache
lebensmittelchemische Vorschriften im Unterricht.
„Praxis der Naturwissenschaften – Chemie“ [PdN-Ch.]:
-
2 (1977) 41-48, Kotter, L.: Die Verdauung der Fette.
-
4 (1984) 120-125, Kugel, W.: Bestimmung der Iodzahl im Schülerversuch.
-
12 (1984) 363-364, Willing, W.: Untersuchung von Nahrungsmitteln auf
Nährstoffe.
-
2 (1990) 28-33, Sommerfeld/Blume/Bader: Nachwachsende Rohstoffe in
der Oleochemie – Vom Rohstoff zum Produkt.
-
3 (1993) 23-30, Lüdtke, N.: Synopse unterrichtsrelevanter Hilfsmittel zum
Thema Ester.
-
1 (1996) 17-25, Dietrich, V.: Zur Behandlung des Themas „Seifen und
Waschmittel“ im Chemieunterricht der gymnasialen Oberstufe.
Bücher:
-
Wallrab, A.: Chromatographie Aulis Verlag Deubner & Co KG, Köln
2003, S. 59ff.
-
Vollhardt, K.P.C./Schore, N.E.: Organische Chemie 3. Auflage Wiley
VCH Verlag, Weinheim 2000, S. 893ff., 953ff.
-
Sturbe/Stolz/Remane: Geschichte der Chemie 2. Auflage VEB Deutscher
Verlag der Wissenschaften Berlin 1988, S. 83
Sonstige Hilfsmittel
-
CD Römpp Chemie Lexikon, 9. Auflage Georg Thieme Verlag Stuttgart
-
C-Design Version 3.0f FobaSoft Chem. Zeichenprogramm (Freeware)
(Zum Erstellen aller Formeln und Strukturen verwendet)
6 Anhang
Versuch 1: Bestimmung der Iodzahl
Chemikalien:
1-Propanol [F, Xi]
C3H7OH(l)
R 11-41-67
S –17-24-26-39
Iod [Xn, N]
I2(s)
R 20/21-50
S 23.2-25-61
Natriumthiosulfat-Pentahydrat
Na2S2O3∙5H2O(s)
-
-
Stärke
(C6H10O5)n(s)
-
-
Kokosfett (Palmin)
Rapsöl
Materialien:
3 Erlenmeyer-Kolben (300 mL), Analysewaage, Spatel, Glasstab, Wasserbad
(Becherglas 1000 mL), Enghalsschliffflasche (500 mL, braun), Enghalsschliffflasche
(100 mL), Stoppuhr, Bürette (25 mL), Aluminiumfolie, Vollpipette (10 mL),
Magnetrührer mit 2 Rührfischen, Stativmaterial, Bürettenklammer
Durchführung:
Zunächst werden folgende Lösungen angesetzt:
1. Stärke-Lösung (w = 0,01) durch Lösen von Stärke in kochendem Wasser
2. Iod-Lösung (c = 0,1 mol/L) in 1-Propanol (Lagerung in brauner Flasche)
3. Natriumthiosulfat-Lösung (c = 0,1 mol/L)
Zur Ermittlung des Blindverbrauchs werden 10 mL Iod-Lösung (c = 0,1 mol/L) mit 10
mL 1-Propanol in einem Erlenmeyerkolben (300 mL) vermischt und nach 7 Minuten
mit Natriumthiosulfat-Lösung (c = 0,1 mol/L) bis zur leichten Entfärbung von
dunkelrot nach orange titriert. Anschließend wird etwas Stärke-Lösung (w = 0,01)
zugegeben und bis zur vollständigen Entfärbung zu Ende titriert. Die Proben des
Kokosfetts und des Rapsöls werden nun jeweils in den Erlenmeyer-Kolben (300 mL)
eingewogen. Dabei sollten zweckmäßigerweise Massen von ca. 0,6 g (Palmin) bzw.
0,15 g (Rapsöl) anvisiert werden. Zur Probe von Rapsöl gibt man unter Schwenken 5
ml, zur Probe Kokosfett 10 mL 1-Propanol und taucht im zweiten Fall den
Erlenmeyer-Kolben kurz in das Wasserbad, um das Kokosfett vollständig zu lösen.
Wenn keine Schlieren mehr am Boden des Kolbens zu sehen sind, kann mit der
Bestimmung der Iodzahl begonnen werden. Zu den beiden erkalteten Fett-Lösungen
pipettiert man jeweils 10 mL Iod-Lösung (c = 0,1 mol/L) und schwenkt vorsichtig um.
Nach 7 Minuten gibt man jeweils einen Rührfisch in die beiden Erlenmeyer-Kolben
(300 mL) und beginnt mit der Titration bis zur leichten Entfärbung von dunkelrot nach
orange. Anschließend wird wieder etwas Stärke-Lösung (w = 0,01) hinzugegeben und
bis zur vollständigen Entfärbung zu Ende titriert.
Ergebnis: (Berechnung siehe 1.1.1)
Iodzahl (Kokosfett) = 11,7
Iodzahl (Rapsöl)
= 97,4
Literatur:
PdN-Ch. 4 (1984) 120ff Kugel, W.: Bestimmung der Iodzahl im Schülerversuch.
Versuch 2: Verseifung von Olivenöl
Chemikalien:
Kaliumhydroxid [C]
KOH(s)
R 22-35
S 26-36/37/39-45
Ethanol [F]
C2H5OH(l)
R 11
S 7-16
Kupfersulfat-Pentahydrat [Xn, N]
CuSO4 ∙5H2O(s)
Olivenöl
R 22-36/38-50/53
-
S 22-60-61
-
Materialien:
Wasserbad (Becherglas 500 mL), beheizbarer Magnetrührer mit Rührfisch,
Erlenmeyer-Kolben (100 mL), Stativmaterial, Enghalsschliffflasche, Waage, 2
Bechergläser (250 mL), 3 Reagenzgläser, Standzylinder (50 mL), Messpipette (5 mL)
Durchführung:
Vorab sind folgende Lösungen anzusetzen:
1. Kaliumhydroxid-Lösung (w = 0,3)
2. Kupfersulfat-Lösung (c = 0,1 mol/L)
Zu 4 g Olivenöl werden in einem Erlenmeyer-Kolben (100 mL) 10 mL
Kaliumhydroxid-Lösung (w = 0,3) und 30 mL Ethanol als Lösungsvermittler gegeben.
Nach Zugabe des Rührfisches wird im kochenden Wasserbad ca. 20 Minuten und
Rühren erhitzt. Nach dem Abkühlen werden einige mL des Produkts in Reagenzglas 1
gegeben. Zum Vergleich wird in Reagenzglas 2 etwas reines Olivenöl und in
Reagenzglas 3 Olivenöl mit Ethanol gegeben und geschüttelt. In jedes der drei
Reagenzgläser werden nun jeweils 5 mL Kupfer(II)-sulfat-Lösung pipettiert und
geschüttelt. Ggf. noch etwas Kupfer(II)-sulfat-Lösung hinzugeben.
Ergebnis:
In Reagenzglas 1 ist eine tiefblaue Farbe zu beobachten, in den anderen beiden
Reagenzgläsern jedoch keine vergleichbare Farbe (nur sehr leichte Blaufärbung durch
Kupfer(II)hexaquakomplex). Weitere Auswertung siehe 2.1
Versuch 3: Wirkung von Seife
Chemikalien:
Flüssige Seife oder Spülmittel
Wasser
Sudanrot
C22H14N4O(s)
R-
S 24-25
Speiseöl
Materialien:
Erlenmeyer-Kolben (500 mL), Enghalsschliffflasche (25 mL), Becherglas, PESpritzflasche (50 mL), Tiegelzange, PE-Spritzflasche (500 mL)
Durchführung:
Zunächst werden ca. 25 mL Speiseöl, das mit einigen Körnern Sudan(III)-Pulver
angefärbt wurde, in die Enghalsschliffflasche (25 mL) gefüllt, so dass die Flasche bis
zum Rand befüllt ist. Die so präparierte Enghalsschliffflasche (25 mL) wird nun
vorsichtig mit der Tiegelzange auf den Boden des Erlenmeyerkolbens (500 mL)
gestellt. Der Kolben wird anschließend vorsichtig bis zum Rand mit Wasser gefüllt.
Dabei empfiehlt es sich, das Wasser mit Hilfe der PE-Spritzflasche (500 mL) zunächst
seitlich einlaufen zu lassen. Das angefärbte Speiseöl darf die Enghalsschliffflasche
nicht verlassen. Nun gibt man mit Hilfe der Spritzflasche (50 mL) einige Tropfen
flüssige Seife bzw. Spülmittel in den mit Wasser gefüllten Erlenmeyer-Kolben (500
mL), indem man die Spitze der PE-Spritzflasche ca. 2 cm über die mit angefärbtem
Speiseöl gefüllte Enghalsschliffflasche (25 mL) hält.
Ergebnis:
Durch die Oberflächenspannung kann das eigentlich spezifisch leichtere Speiseöl die
Enghalsschliffflasche nicht verlassen und bleibt während des Überschichtens mit
Wasser in der Flasche. Nach Zugabe von flüssiger Seife bzw. Spülmittel treten
Schlieren des angefärbten Speiseöls aus der Flasche heraus und lagern sich über der
wässrigen Phase ab.
Versuch 4: Zerstörung einer W/O-Emulsion
Chemikalien:
Margarine
Kokosfett
Materialien:
Bunsenbrenner, 2 weite Reagenzgläser, Spatel, Reagenzglasklammer, Eisbad
Durchführung:
In die beiden Reagenzgläser gibt man einige Spatelspitzen Margarine bzw. Kokosfett
und
erhitzt
nacheinander
unter
Schwenken
über
der
rauschenden
Bunsenbrennerflamme bis zur Verflüssigung des Reagenzglasinhaltes (bei Margarine:
Vorsicht vor Spritzern!). Anschließend stellt man das jeweilige Reagenzglas in das
Eisbad und wartet bis zur Erstarrung.
Ergebnis:
Kokosfett ändert aufgrund des sehr geringen Wassergehaltes bei Erhitzen und
Abkühlen lediglich den Aggregatszustand. Es kommt zu keiner sichtbaren
Veränderung wenn man den Ausgangszustand (vor dem Erhitzen) mit dem Endzustand
(nach Erhitzen und Abkühlen) vergleicht.
Margarine stellt aufgrund des hohen Wassergehaltes (ca. 20 Massen-%) eine Emulsion
vom Typ „Wasser-in-Öl“ dar. Während des Erhitzungsvorganges wird die
Siedetemperatur von Wasser (100 °C) wesentlich schneller als die von den in der
Margarine
enthaltenen
Triacylglyceriden
erreicht.
Die
verdampfenden
Wassermoleküle reißen dabei kleine Fetttröpfchen mit sich, die explosionsartig an die
Reagenzglasinnenwand spritzen. Während des Erhitzens ist daher ein „Brutzeln“ zu
hören, das auch beim Braten mit Margarine oder Butter auftritt. Durch das rasche
Abkühlen im Eisbad können die durch das Erhitzen gebildete wässrige und fettige
Phase nur noch unvollständig emulgieren (Flockenbildung), so dass am Ende des
Versuchs zwei sichtbar voneinander getrennte Phasen beobachtet werden können.
Versuch 5: Polyester auf Ricinusöl-Basis
Chemikalien:
Ricinusöl
-
-
Adipinsäuredichlorid
C6H8O2Cl2(l)
R 34
S 26-36/37/39-45
Materialien:
Becherglas (100 mL), Spatel, Waage, Glasstab, pH-Papier, Pinzette, Heizplatte,
Spritze (1 mL)
Durchführung:
In einem Becherglas (50 mL) werden 4 g Ricinusöl eingewogen, mit 1 mL
Adipinsäuredichlorid versetzt und gut mit dem Glasstab durchmischt. Man erwärmt
auf einer Heizplatte (Einstellung 100°C) einige Minuten lang, bis die Masse sich
verfestigt (Abzug!). Währenddessen hält man ein angefeuchtetes Stück pH-Papier über
das Becherglas (50 mL).
Ergebnis:
Am Boden des Becherglases (50 mL) bildet sich ein transparenter und gummiartiger
Polyester. Das bei der Reaktion freigesetzte Chlorwasserstoffgas reagiert mit
angefeuchtetem pH-Papier sauer (Rotfärbung).
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