PASSAUER BISTUMSBLATT Interview Bischof Wilhelm Schraml zur Marienweihe Herr Bischof, Sie führen in Ihrem Wappen das Altöttinger Gnadenbild. Was bedeutet Ihnen die Marienverehrung seit Kindertagen? Ich erinnere mich gerne, wie wir in den Maitagen zuhause in der Familie einen Marienaltar hergerichtet haben. Meine Mutter schickte uns Buben um Wiesenblumen hinaus. Jeden Tag haben wir mit den Eltern vor dem Altar Marienlieder gesungen und den Angelus gebetet. Mit 15 Jahren bin ich dann in die Marianische Congregation eingetreten. Ich wuchs im Laufe der Jahre ganz automatisch in die Marienfrömmigkeit hinein. In guter Erinnerung ist mir auch der erste Besuch in Altötting-mit einem Sonderzug. Schon der Kapellplatz hat mich tief beeindruckt. Gebannt schaute ich den Menschen zu, die ein Holzkreuz um die Gnadenkapelle trugen. Dann das Dunkel beim Betreten der Heiligen Kapelle, der Silberaltar im Schein der Kerzen, schließlich das Gnadenbild. Ich sehe das vor mir, als wäre es gestern gewesen. „Aha, da ist sie nun wirklich, die Mutter Gottes von Altötting“ sagte ich zu mir. Schließlich hatten wir eine Kopie des Gnadenbildes bei uns zuhause. Wir machten dann einen Rundgang zur Stiftskirche mit dem „Tod z’Eding“, zum Bruder Konrad und zum Panorama. Altötting hat mich als Kind in den Bann gezogen. Der Ort ist mir ans Herz gewachsen. Das spiegelt sich in meinem Bischofswappen wieder. Was zeichnet Maria, die Mutter Jesu, als Vorbild für uns Menschen und speziell für die Frauen in der heutigen Zeit aus? Maria ist uns ein Vorbild im Glauben. Ob Frau oder Mann, Kind oder alter Mensch, das spielt keine Rolle. Jesus selbst hat sie uns zum Vorbild gegeben. Sie ist eine Frau des Glaubens und Vertrauens auf Gott. Sie sprach ihr persönliches JA auf den Anruf Gottes und hat dies ein Leben lang durchgetragen; bis unter das Kreuz. So ist für mich richtige Marienverehrung zutiefst Christusanbetung und Christusnachfolge. Deshalb haben wir doch in Altötting jetzt die Anbetungskapelle nahe der Gnadenkapelle. „Muttergottes – wir rufen zu Dir“. - Welche Kraft hat das Gebet zu Maria? Wie gesagt, die Bitte an Maria ist immer ein Ruf um Hilfe auf dem Weg zu Christus. Jedes Gebet hat groß Kraft. Das wissen alle, die sich darauf einlassen. Unzählige Menschen, ob hier in Altötting oder an einem der anderen großen oder kleinen Wallfahrtsorte, haben das erfahren. Davon berichten die vielen Votivtafeln und Weihegaben. „O Maria hilf“ und „Maria hat geholfen“ wurde und wird vielstimmig gebetet, manchmal auch gestammelt. Die Menschen erwarten keine Wunder. Im Gebet zur Gottesmutter können sie aber ihr ganz persönliches JA neu und wieder sagen, auch wenn sie schwere Lasten im Leben zu tragen haben. 1917 wurde das Fest „Maria Schutzfrau Bayerns“ eingeführt. 2017 jährt sich dieses Ereignis zum hundertsten Mal. Auftakt dafür ist bereits jetzt die Marienweihe am 7. Mai in Altötting. Welche Impulse sollen davon ausgehen? Für mich hat die Erneuerung der Weihe ihren tieferen Sinn in einer radikaleren Bindung an Christus und einer engeren Bindung an die Menschen. Wenn die Kirche marianisch eingestellt ist, dann wird sie sich nie von Christus entfernen. Gleichzeitig wird sie immer mit den Menschen auf dem Weg sein. Wenn ich zurückschaue, auf die Zeit, in der die Mariensäule mit der Patrona Bavariae in München aufgestellt wurde – zum Dank für das Abwenden der Gefahr im Dreißigjährigen Krieg – und dann in das Jahr 1943, als sich unser Bistum das letzte Mal bewusst unter den Schutz der Gottesmutter stellte, war das in schwerer Zeit, für die Menschen, für unser Land und für die Kirche. Heute sind die Vorzeichen natürlich völlig andere – wir haben keinen Krieg und keine nationalsozialistische Unterdrückung - aber es wird niemand widersprechen, dass wir eben auch eine schwere Zeit für Gesellschaft und Kirche haben, mit Umbrüchen, Ungewissheiten und Anfechtungen. Und schauen Sie sich um in der Welt mit den aktuellen Kriegen, Katastrophen und dem Flüchtlingselend. Da ist es höchst angemessen, sich erneut unter den Schutz der Gottesmutter zu stellen. Man spürt, dass Ihnen die Altöttinger Wallfahrt sehr wichtig ist. Unbedingt. Für mich ist es ein Geschenk und eine Freude, dass ich Bischof der Diözese sein darf, zu der dieser Gnadenort gehört. Das brauche ich eigentlich nicht zu betonen. Soweit ich kann, will ich dazu beitragen, dass die Botschaft von Altötting nie verloren geht: Durch Maria zu Christus. Das liegt mir am Herzen. Das Gespräch führten Eva Maria Fuchs und Werner Friedenberger