1 Universität Wien/Deutsche Philologie Einführende Übung Sprache SS 2013, Univ. Prof. Dr. Richard Schrodt Sprachkritik anhand der Philosophen Gottlob Frege und Paul Grice Anna Murauer Matrikelnummer: 1207805 Studienkennzahl: 033617 Datum: 16.5.2013, Wien 2 INHALTSVERZEICHNIS 1 Einleitung 3 2 Abstract 4 3 Hauptteil 4 3.1 Sprache und Sprachphilosophie 4 3.1.1 Was ist Sprache? 4 3.1.2 Semantische Rollen 5 3.2 Gottlob Frege 5 3.2.1 Freges Problem mit Identitätssätzen 5 3.2.2 Lösungsversuch 5 3.3 Paul Grice 6 3.3.1 Natürliche und Nicht-Natürliche Bedeutung 6 3.3.2 implikation vs. Implikatur 6 4 Zusammenfassung 7 5 Literaturverzeichnis 7 3 1. Einleitung In diesem Aufsatz werde ich auf das Problem der Gleichheit 1 von Ausdrücken, der Beziehung zwischen Namen und Ausdrücken, sowie auf „die Bedeutungsunterschiede zwischen […] so genannten formalen Mitteln einerseits und ihren mutmaßlichen Entsprechungen […] in der natürlichen Sprache andererseits“2 eingehen. Es sollen Fragen geklärt werden wie: Welchen Sinn bzw. welche Bedeutung hat die Aussage eines Sprechers? Wie kommen sprachliche Ausdrücke zu ihrer Bedeutung? Was macht eine Sprache aus? Wie ist das Verhältnis von Sprache und Denken? Gibt es Grenzen des sprachlich Ausdrückbaren? Da es im Bereich der Sprachphilosophie eine beinahe unendliche Menge an Basislektüre gibt, werde ich mich bei meiner Arbeit, wie der Titel schon voraussagt, auf 2 Philosophen konzentrieren, den Engländer Paul Grice3 und den Deutschen Gottlob Frege4. Grundlage meiner wissenschaftlichen Arbeit werden die Schrift von GEORGE MEGGLE „Handlung, Kommunikation, Bedeutung“5, sowie der Aufsatz „Paradoxien Und Die Vergegenständlichung Von Begriffen“6 verfasst von ROSEMARIE RHEINWALD sein. Im ersten Teil soll kurz versucht werden den Begriff „Sprache“ zu definieren. Durch die Erläuterung von Syntax, Semantik und Pragmatik soll eine Basis geschaffen werden, auf die sich weitere Untersuchungen aufbauen lassen. Ich werde hier außerdem auf die Unterscheidung von Eigennamen, Kennzeichnungen und indexikalischen Ausdrücken eingehen. Nachdem ich einen Überblick über das Themengebiet und die zu behandelnde Materie gegeben habe, werde ich mit der Schilderung von Gottlob Freges Ansichten beginnen. Behandelt werden seine Probleme mit Identitäts- und Glaubenssätzen, sowie der von ihm angebotene Lösungsversuch. Abschließen werde ich meinen Aufsatz mit Paul Grice und seiner intentionalen Theorie der nicht-natürlichen Bedeutung. Hierfür ist auch eine Unterscheidung zwischen den Begriffen Implikation und konversationelle beziehungsweise konversationale Implikatur von großer Wichtigkeit. 1 Frege gebraucht dieses Wort im Sinne von Identität und versteht „a=b“ in dem Sinne von „a ist dasselbe wie b“ 2 Meggle, Georg (Hg.) (1979): Handlung, Kommunikation, Bedeutung. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 3 * 13. März 1913 in Birmingham, England; † 28. August 1988 in Berkeley 4 * 8. November 1848 in Wismar; † 26. Juli 1925 in Bad Kleinen 5 MEGGLE, Georg (Hg.) (1993): Handlung, Kommunikation, Bedeutung: mit einem Anhang zur Taschenbuchausgabe1993. 1., aktualisierte und erw. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 6 RHEINWALD, Rosemarie (1997): Paradoxien Und Die Vergegenständlichung Von Begriffen – Zu Freges Unterscheidung Zwischen Begriff – Und Gegenstand. In: Erkenntnis 47, 7-35. 4 2. Abstract In this paper I discuss the problem of equality of expressions and the relationship between expressions and names. Furthermore the difference in meaning regarding formal methods and alleged analogy in natural language. It is regarded as imperative to solve questions like: What sense has the statement of a person? Who determines the meaning of such statements? What does language mean to us? What is the relationship between our thoughts and the things we say? There are lots of books which deal with linguistic philosophy and because of that I decided to lay my focus on two important people, the English Philosopher Paul Grice and the German Philosopher Gottlob Frege. The first part of my paper deals with the interpretation of the word language. Besides I explain the importance of syntax, semantics and pragmatics. In the second part I will present Gottlob Frege’s work, not only his problems with belief systems but also his approach to it. In the end I try to explain the intentional theory of non-natural meaning of Paul Grice. Therefore it is very important to show the difference between implication and implicature. 3. Hauptteil 3.1 Sprache und Philosophie 3.1.1Was ist Sprache? Sprache ist ein Kommunikationsmittel des Menschen, gekennzeichnet durch die Verwendung arbiträrer gesprochener oder geschriebener Symbole mit festgelegter Bedeutung. Sprache lässt sich also definieren als Zeichensystem zum Zweck der Kommunikation. Unter seiner sprachlichen Äußerung versteht man in der Regel die Äußerung komplexer Sätze, die in kleinere Einheiten, nämlich Wörter und Sätze, gegliedert sind. Um die Bedeutung eines solch komplexen Systems zu ergründen, muss man sich mit der Semantik, der Pragmatik und der Syntax befassen. Die Syntax besteht aus Regeln, aus denen hervorgeht, wie aus kleineren Einheiten grammatisch korrekt größere Einheiten, also Sätze, erzeugt werden können. In der Semantik geht es um die Bedeutung sprachlicher Ausdrücke und in der Pragmatik um die Verwendung sprachlicher Äußerungen in Interaktionen. 5 3.1.2 Semantische Rollen Einzelgegenstände oder Personen werden in der Sprachphilosophie als sogenannte „singuläre Terme“1 bezeichnet, deren Wortarten einerseits die Eigennamen2 und andererseits die Kennzeichnungen3 sind. Diese stehen immer im Zusammenhang mit einem Artikel und bestehen aus der Angabe eines Merkmals, von dem vorausgesetzt wird, dass es auf genau diesen einen Gegenstand zutrifft. 3.2 Gottlob Frege Frege ist der Begründer der modernen Logik und somit in die Wissenschaftsgeschichte eingegangen. Seine Werke hatten auf die Entwicklung der Sprachphilosophie einen entscheidenden Einfluss. 3.2.1 Freges Problem mit Identitätssätzen In einem seiner Aufsätze4 beschäftigt sich Frege mit der Frage, ob die Ausdrücke „a=a“ und „a=b“ dieselbe Bedeutung haben. Um dieses Beispiel verständlicher zu machen setzt er für „a“ das Wort „Morgenstern“ und für „b“ das Wort „Abendstern“ ein. Somit ist eine erste Beobachtung möglich. Die Begriffe bezeichnen denselben Gegenstand, nämlich den Planeten Venus. Allerdings lässt sich auch aussagen, dass „a=a“ und „a=b“ offenbar einen verschiedenen Erkenntniswert besitzen. „a=a gilt a priori und ist nach Kant analytisch zu nennen, während Sätze von der Form a=b oft sehr wertvolle Erweiterungen unserer Erkenntnis enthalten und a priori nicht immer zu ergründen sind.“5 3.2.2 Lösungsversuch Frege geht davon aus, dass ein Eigenname zusätzlich zu seiner Bedeutung auch noch einen Sinn hat. Während die Bedeutung aus dem Gegenstand besteht, auf den sich der Name bezieht, versteht Frege unter dem Sinn die Art und Weise des Gegebenseins des bezeichneten Gegenstandes. Man darf also behaupten a=a und a=b haben zwar dieselbe Bedeutung, aber einen unterschiedlichen Sinn. Um noch einmal das Beispiel von vorhin aufzugreifen, wäre der 1 Neben „singulären Termen“ gibt es noch „allgemeine Terme“, die Typen von Gegenständen, Eigenschaften und Relationen bezeichnen und „Funktionsausdrücke“, welche eine semantische Funktion haben 2 Zum Beispiel „Wien“ oder „Werner Faymann“ 3 Zum Beispiel „die Hauptstadt Österreichs“ oder „der Bundeskanzler“ 4 Frege, Gottlob (2002): Funktion, Begriff, Bedeutung. Fünf logische Studien. 7. Auflage. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 5 PATZIG, Günther (Hg.) (2008): Funktion, Begriff, Bedeutung. Fünf logische Studien. In: Zeitschrift f. Philos. u. philos. Kritik 100, 23 6 Sinn von Morgenstern, der hellste Stern am Morgenhimmel und der Sinn von Abendstern, der hellste Stern am Abendhimmel zu sein. 3.3 Paul Grice Paul Grice ist bekannt geworden durch seine Arbeiten zur Sprachphilosophie. Er führte den Begriff der Sprecher-Bedeutung ein, „erfand“ die konversationalen Implikaturen (Pragmatik) und entwickelte eine intentionale Semantik. Als Resultat dieser Ideen wechselte das Interesse in der philosophischen Debatte zum Begriff der Bedeutung in den 70ern und 80ern von der linguistischen zur mentalen Repräsentation. 3.3.1 Natürliche und Nicht-Natürliche Bedeutung Während die natürliche Bedeutung auf naturgesetzlichen Zusammenhängen beruht, also faktiv ist, beruht die nicht-natürliche Bedeutung auf Intentionen. Grice erläutert die SatzBedeutung durch einen Komplex aus Absichten, Überzeugungen und anderen psychischen Zuständen des Sprechers. Die Kritik, die in diesem Zusammenhang an Grice geübt wird, besteht darin, dass der Hörer, um die Absicht des Sprechers verstehen zu können, bereits den Satz des Sprechers verstehen muss. Die Satz-Bedeutung kann nicht auf intentionale Zustände zurückgeführt werden, weil sie doch bereits vorausgesetzt ist. 3.3.2 Implikation vs. Implikatur „Angenommen A und B unterhalten sich über einen gemeinsamen Freund, C, der jetzt in einer Bank arbeitet. A fragt B, wie es C bei seinem Job geht, und B antwortet >Oh, ganz gut, nehme ich an; er mag seine Kollegen und ist bisher noch nicht ins Gefängnis gekommen<. Hier mag A nun wohl wissen wollen, was B damit zu verstehen geben wollte, was er damit angedeutet hat oder auch, was er damit gemeint hat, daß er sagte C sei bislang noch nicht ins Gefängnis gekommen. Als Antwort könnten lauter solche Sachen kommen wie: C ist der Typ, der nicht gut der Verlockung wiederstehen kann, die seine Beschäftigung mit sich bringt; Cs Kollegen sind wirklich sehr unangenehme und heimtückische Leute; und so weiter. Es könnte natürlich für A völlig unnötig sein, dies von B wissen zu wollen – wenn die Antwort darauf in diesem Zusammenhang im voraus klar ist. Es ist wohl klar, daß das, was B in diesem Beispiel zu verstehen geben, angedeutet, gemeint hat usw., etwas anderes ist, als das, was er gesagt hat“1 Unter einer Implikation versteht man demnach alles was literal geäußert wird, wohingegen die Implikatur das beinhaltet, was eigentlich gemeint ist. Diese Implikaturen werden unterteilt in konventionelle, welche kontextunabhängig sind und keine Schlussfolgerung erfordern und 1 MEGGLE, Georg (Hg.) (1993): Handlung, Kommunikation, Bedeutung: mit einem Anhang zur Taschenbuchausgabe1993. 1., aktualisierte und erw. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 7 konversationale, welche kontextabhängig sind und entstehen, weil die Konversationsteilnehmer bestimmten Konversationsmaximen1 folgen. 4. Zusammenfassung Es lässt sich somit sagen, dass sowohl Gottlob Frege, als auch Paul Grice, sich mit dem Teilbereich der Sprachphilosophie beschäftigen, der die Bedeutung von einzelnen Ausdrücken oder Sätzen ergründen will. Da beide mit einer unterschiedlichen Fragestellung an die Materie herangehen, ergeben sich 2 verschiedene Lösungsversuche. Frege steht vor einem Problem, bei dem 2 verschiedene Ausdrücke ein und denselben Gegenstand beschreiben, sich aber dennoch durch ihren Sinn unterscheiden. Dieser Sinnunterschied ergibt sich durch den unterschiedlichen Erkenntniswert. Um zu erkennen, dass es sich bei Morgenstern und Abendstern um denselben Stern handelt, aber er jeweils unterschiedliche Bedeutung hat, bedarf es Wissen, oder laut Frege, Erkenntnis. Grice hingegen konzentriert sich auf den Bereich der Pragmatik. Er versucht zu ergründen, was ein Sprecher mit seinen Aussagen eigentlich mitteilen will und führt den Begriff der „konversationalen Implikatur“ ein. Seine Theorie besagt, man könne Sprecherbedeutung dann erkennen, wenn man die Intentionen des Sprechers selbst kennt. 5. Literaturverzeichnis ARNTZEN, Helmut (2009): Sprache, Literatur und Literaturwissenschaft, Medien: Beiträge zum Sprachdenken und zur Sprachkritik. Wien [u.a.]: Lang. BERTRAM, Georg W. (2011): Sprachphilosophie zur Einführung. Hamburg: Junius-Verlag. BRÄNDLE, Max (2006): Bedeutung und Intention: Paul Grices Sprachphilosophie und die Bedeutungsproblematik. Berlin: Parerga. DANNEBERGER, Lutz / MÜLLER, Hans-Harald (1983): Der ‚intentionale Fehlschluß‘ – ein Dogma?. In: Zeitschrift für allgemeine Wissenschaftstheorie 14, 103-137. KREISER, Lothar (2001): Gottlob Frege: Leben-Werk-Zeit. Hamburg: Meiner. MEGGLE, Georg (Hg.) (1993): Handlung, Kommunikation, Bedeutung: mit einem Anhang zur Taschenbuchausgabe1993. 1., aktualisierte und erw. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. NEWEN, Albert / SCHRENK, Markus A. (2008): Semantik und Pragmatik. In: Einführung in die Sprachphilosophie 19-27 und 42-47. 1 Grice zufolge kommen konversationale Implikaturen dadurch zustande, dass Konversationsmaximen absichtlich und offensichtlich verletzt werden. Es gibt die Maximen der Qualität(Sage nichts was du für falsch hältst), der Quantität(Sei so informativ wie nötig), der Relevanz(Sei relevant) und der Modalität(vermeide Mehrdeutlichkeit). 8 PATZIG, Günther (Hg.) (2008): Funktion, Begriff, Bedeutung. Fünf logische Studien. In: Zeitschrift f. Philos. u. philos. Kritik 100, 23-50. RHEINWALD, Rosemarie (1997): Paradoxien Und Die Vergegenständlichung Von Begriffen – Zu Freges Unterscheidung Zwischen Begriff – Und Gegenstand. In: Erkenntnis 47, 7-35. ROLF, Eckard (1994): Sagen und Meinen: Paul Grice Theorie der KonversationsImplikaturen. Opladen: Wetsdt. Verlag.