6. Sprachliches Niveau? (Verständlichkeit, Fehlerdichte, wiss. Stil)

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I. RICHTLINIEN FÜR MÜNDLICHE VORTRÄGE
II. RICHTLINIEN FÜR SCHRIFTLICHE ARBEITEN
III. BEISPIELE FÜR GELUNGENE SEMINARARBEITEN
Zusammengestellt von Svjetlan Lacko Vidulić
letzte Aktualisierung: März 2016
Online zugänglich unter:
<http://www.ffzg.unizg.hr/german>
(Studij – germanistika > Preddiplomski > Upute i obrasci >
UPUTE ZA PISANE/PISMENE RADOVE TIJEKOM STUDIJA)
1
I. RICHTLINIEN FÜR MÜNDLICHE VORTRÄGE
1. Anspruch: Der mündliche Vortrag ist die Präsentation von Fakten,
Zusammenhängen und/oder Interpretationen zu einer eng begrenzten
Fragestellung. Ziel ist nicht die – im doppelten Wortsinn – erschöpfende
Darstellung, sondern die Bereitstellung zentraler Aspekte der Fragestellung für
die anschließende Diskussion.
2. Gliederung: Ein einleitender Hinweis auf die Struktur des Vortrags und ein
abschließender Rückblick oder Zusammenfassung erleichtern die Aufnahme.
Eine schriftliche Handreichung und/oder Projektion dienen demselben Zweck,
erleichtern außerdem die anschließende Diskussion.
3. Umgang mit Quellen: In dem Vortrag soll explizit auf die benutzten Quellen
eingegangen werden. Dadurch wird das Wissen als Ergebnis der Forschung und
der medialen Vermittlung kenntlich gemacht. (Zusammenhänge,
Interpretationen, aber auch Fakten sind nicht quasi naturgegeben, sondern ein
kulturelles Produkt. Das Bewusstsein davon ist eine Grundvoraussetzung
kritischen Denkens.)
2
II. RICHTLINIEN FÜR SCHRIFTLICHE ARBEITEN
Praxisbezogen
a) Mini-Seminararbeit: ein Beispiel
b) Evaluierung
Systematischer Zugang
1. Was ist eine Seminararbeit?
2. Auswahl der Literatur
3. Ausführung
4. Belege (Textnachweise)
5. Sonstiges
3
a) Mini-Seminararbeit: ein Beispiel
Universität Zagreb – Philosophische Fakultät – Abteilung für Germanistik
Veranstaltung: Seminar zur deutschen Literatur des 18. Jahrhunderts
Seminarleiter: Svjetlan Lacko Vidulić
Student: Svjetlan Lacko Vidulić
Datum der Abgabe: 21.12.2015
Beginnt die deutsche Literatur mit Goethes Werther?
Seminararbeit
Oliver Jahraus behauptet, die deutsche Literatur beginne mit Goethes Roman Die Leiden des
jungen Werther, also im Jahr 1774 (Jahraus 2013, S. 11). Ist diese These haltbar? Dieser
Frage soll in gebotener Kürze nachgegangen werden.
Die genannte These ist nur ein Köder, den Jahraus ganz am Anfang seiner
Ausführungen auswirft. Bald darauf wird die These allerdings differenziert. Nun heißt es,
Werther sei »der erste moderne deutsche Roman«, mit dem die »moderne deutsche Literatur«
beginne (ebd.).1 Für diese These liefert Jahraus in der Folge durchaus überzeugende
Argumente. Goethes Roman führe ein »neue[s] Verständnis von Subjektivität« und das darauf
beruhende »neue[ ] Menschenbild« in die Literatur ein (Jahraus 2013, S. 12). Modern ist in
dieser Sicht nicht nur Werthers Subjektivität, seine radikale Selbstbezogenheit, sondern mehr
noch ihre gelungene literarische Darstellung. Ein Paradoxon: die radikale Unmittelbarkeit
wird vermittelt. Damit ist Goethes Roman »ein Beispiel von Literatur, die gerade das
Unvermittelbare [=die absolute Subjektivität] vermitteln kann« (ebd.).
Diesen Thesen ist zuzustimmen. Insofern kann in der Tat behauptet werden, dass die
moderne deutsche (Prosa)Literatur mit Goethes erstem Roman beginnt. Die Behauptung, mit
diesem Roman beginne die deutsche Literatur, ist allerdings schlichtweg falsch.
Literatur
Johann Wolfgang von Goethe: Die Leiden des jungen Werther. In: ders.: Werke. Hamburger
Ausgabe, Bd. 6. München: dtv 1982. S. 7–124.
Oliver Jahraus: Deutsche Literatur. Die 101 wichtigsten Fragen. München: Beck 2013.
1
Hervorhebungen von S.L.V. Die erste zitierte Stelle formuliert Jahraus in Anlehnung an Gerhard Neumann.
4
b) Evaluierung
Bei der Selbstkontrolle oder der Evaluierung der Arbeit müssen die folgenden
Fragen positiv beantwortet werden können:
1. Angemessene Fragestellung?
2. Zielführender und kohärenter Aufbau/Gliederung?
3. Verständliche und stringente Argumentation?
4. Primär- und Sekundärliteratur:
zielführende Auswahl und Einbeziehung?
5. Primär- und Sekundärliteratur: korrekter
Umgang?
6. Sprachliches Niveau?
(Verständlichkeit, Fehlerdichte, wiss. Stil)
7. Äußere Gestaltung?
(Titelseite, Layout, »Izjava«)
5
1. Was ist eine Seminararbeit?
1.1. Die Seminararbeit ist ein Aufsatz, der im wissenschaftlichen Stil und nach
bestimmten Regeln eine literaturwissenschaftliche Fragestellung auf originelle
Weise beantwortet. Seminararbeiten bilden in der Regel den Abschluss der
intensiven Beschäftigung mit einem Themenbereich im Seminar.
1.2. Die Originalität bedeutet nicht, dass Sie neue wissenschaftliche
Erkenntnisse erbringen müssen. Die Originalität kann im individuellen Zugang
liegen, wie z.B.: a) besondere Zusammenstellung und Analyse der Quellen
(Primärund
Sekundärliteratur);
b)
eigenständige
Detailanalyse
(„Erzählperspektive in Thomas Manns Der Tod in Venedig“); c) eine
vergleichende Analyse („Literarischer Impressionismus: Oscar Wildes Salome
und Hofmannsthals Gestern); d) ein Forschungsbericht (Vorstellung bisheriger
Forschungsergebnisse zu einer Fragestellung); e) ...
1.3. Der wissenschaftliche Stil bedeutet die Bemühung um Objektivität,
Plausibilität und Überprüfbarkeit: a) In wissenschaftlichen Texten geht es nicht
um persönliche Eindrücke und unverbindliche Meinungen (z.B.: „Ich finde den
Text hervorragend!“; „Die Darstellung des menschlichen Leidens ist sehr
gelungen.“; „Der Autor will uns zum Nachdenken anregen.“). b) In
wissenschaftlichen Texten geht es um sachlich formulierte Thesen, um
Argumente für diese Thesen und um Belege für das Wissen, auf das wir uns
berufen (=Bestätigungen in der Fachliteratur).
Dass bedeutet nicht, das persönliche Eindrücke, Vermutungen, Einfälle...
in Studium und Wissenschaft überflüssig sind. Im Gegenteil! Sie sind aber nicht
Inhalt (Gegenstand) des wissenschaftlichen Schreibens, sondern eine Anregung
(Inspiration) für das Schreiben.
1.4. Bei der Fragestellung (=Thema) der Arbeit folgen Sie am besten Ihren
persönlichen Interessen. Vielleicht können Sie dabei Ihre beiden
Studienrichtungen verbinden oder ihre besonderen Vorkenntnisse ins Spiel
bringen? Die Fragestellung kann zu den unterschiedlichsten Bereichen der
germanistischen Literaturwissenschaft gehören, zum Beispiel:
Bereich
Thema
Textanalyse
‚Gefängnis des Bewusstseinsʻ? Erzählstrategie in Kafkas Erzählung Das
Urteil
Vater-Sohn-Komplex in Kafkas Erzählung Das Urteil
Aspekt der Interpretation
Motiv- und Stoffvergleiche
Gattungsfragen
Das Motiv des Vater-Sohn-Konflikts in Kafkas Erzählung Das Urteil und
Janko Polić Kamovs Erzählung Sloboda
Kafkas Das Urteil – Bedeutung der novellistischen Merkmale
Periodisierungsfrage
Franz Kafka – ein Autor des Expressionismus?
6
Poetologie/Werkkontext
Franz Kafkas Das Urteil – ein Schlüsselwerk im Opus?
Rezeptions- und
Wirkungsgeschichte
Die Übersetzungsrezeption von Kafkas Das Urteil im mittelsüdslawischen
Sprachraum seit 1945
Sozial- oder kulturgeschichtliche
Kontextualisierung
Sozialkritische Deutung des Vater-Sohn-Komplexes von Franz Kafkas
Erzählung Das Urteil
Perspektiven der Interpretation
Die psychoanalytische/ marxistische/ diskursanalytische/
systemtheoretische/ poststrukturalistische/ dekonstruktivistische/
genderkritische... Deutung von Franz Kafkas Erzählung Das Urteil
1.5. Die Fragestellung soll unbedingt mit der Leiterin/ dem Leiter des
Seminars besprochen werden. So können ungünstige Fragestellungen vermieden
werden, wie z.B.: a) literaturwissenschaftlich nicht relevante Themen („Warum
hat Franz Kafka nicht geheiratet?“ b) allzu allgemeine („Franz Kafkas
Erzählwerke“), c) allzu anspruchsvolle („Franz Kafka – die ultimative
Deutung“) oder d) bereits von anderen Studierenden angemeldete Themen.
2. Auswahl der Literatur
2.1. Die Seminararbeit beschäftigt sich in der Regel mit einem oder mehreren
literarischen Texten (Quellen, Primärliteratur). Dabei sollen die besten
verfügbaren, wissenschaftlich relevanten Ausgaben benutzt werden, und nicht
populäre oder veraltete Ausgaben.
2.2. Bitte nicht die On-line-Ausgabe von Primärtexten als Quelle angeben!
Solche Ausgaben sind oft unzuverlässig (viele Fehler, keine Paginierung u.a.).2
2.3. Jede Seminararbeit knüpft an bestehendes Wissen an. Dieses Wissen ist in
der wissenschaftlichen Literatur (Sekundärliteratur) gespeichert. Besprechen
Sie die Auswahl der Literatur mit dem Leiter/ der Leiterin des Seminars!
2.4. Die grundlegende Sekundärliteratur für jedes Thema ist im Bereich
folgender Textsorten zu finden (s. unten: jeweils mit einem empfehlenswerten
Beispiel). Lexika und Literaturgeschichten dienen nur der allgemeinen
Orientierung, während für eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Thema
(vgl. die Bedeutung des Wortes Studium!), so auch für das Abfassen von
Seminararbeiten, Handbücher und einzelne Studien herangezogen werden
müssen.
2
Es gibt auch zuverlässige On-line-Ausgaben und Digitalisate (z.B.: 1. Zeno.org <www.zeno.org>; 2. Deutsches
Textarchiv <www.deutschestextarchiv.de>). Die Zuverlässigkeit dieser Datenbanken besteht eben darin, dass die
Texte mit einer relevanten Druckausgabe identisch sind – die Sie dann auch als Ihre Quelle angeben können.
7
a) Lexika
Werklexikon
Das Urteil. In: Kindlers Neues Literatur Lexikon. Studienausgabe. Hg. von Walter Jens.
Stuttgart: Kindler 1996. Bd. 9, S. 52f.
Autorenlexikon
Metzler Autoren Lexikon. Deutschsprachige Dichter und Schriftsteller vom Mittelalter bis zur
Gegenwart. Hg. von Bernd Lutz. Stuttgart: Metzler 1986.
Autorenlexikon (für Autoren nach 1945)
Henning Bobzin: Daniel Kehlmann. In: Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen
Gegenwartsliteratur [Datenbank]. München: Edition text + kritik (Boorberg Verlag u.
Munzinger-Archiv) (Informationsstand: 1.6.2009). [verfügbar im Goethe-Institut]
Sachlexikon
Manfred Schmeling, Kerst Walstra: Erzählung. In: Reallexikon der deutschen
Literaturwissenschaft. Hg. von Harald Fricke. Bd. 1. Berlin, New York: de Gruyter 1997. S.
519–522.
3
Allgemeines Lexikon
Daniel Kehlmann. In: Wikipedia. Die freie Enzyklopädie.
<http://de.wikipedia.org/wiki/Daniel_Kehlmann> (Zugriff: 15.9.2013).
b) Literaturgeschichten
Viktor Žmegač (Hg.): Geschichte der deutschen Literatur vom 18. Jahrhundert bis zur
Gegenwart. Band II/2. 4. Auflage. Weinheim: Beltz Athenäum 1996.
c) Handbücher
Bettina von Jagow, Oliver Jahraus (Hgg.): Kafka-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung.
Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2008.
d) einzelne Studien
Oliver Jahraus: Das Urteil. In: Bettina von Jagow, Oliver Jahraus (Hgg.): Kafka-Handbuch.
Leben – Werk – Wirkung. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2008. S. 409–420.
2.5. Keine relevante Literatur sind folgende Textsorten: a) Hausarbeiten und
Seminararbeiten anderer Studenten; b) Texte kommerziellen, persönlichen und
populären Charakters, in der Regel ohne wissenschaftlichen Anspruch
(fragmentarische Lexika, Blütenlesen, Verlagswerbung, Webpräsenz von
Literaturliebhabern...).
3. Ausführung
Nachdem Sie die Literatur zum Thema gesammelt und gelesen, das Wissen
systematisiert, die Gliederung der Arbeit provisorisch skizziert haben usw., folgt
die schriftliche Ausarbeitung.
Die fertige Arbeit muss eine transparente Gliederung aufweisen: eine innere und
eine äußere.
Innere Gliederung
3
Die Benutzung eines allgemeinen Lexikons (gedruckt oder on-line) ist nur dann gerechtfertigt, wenn es mehr
oder zuverlässigere Angaben zum Thema bietet als die zugänglichen Fachlexika. Dies ist besonders bei aktuellen
Entwicklungen der Fall, zu denen bspw. Wikipedia fallweise mehr liefert als Fachlexika.
8
3.1. Das Ziel der Seminararbeit ist die überzeugende Klärung einer
Fragestellung. Diese Fragestellung soll am Anfang der Arbeit unbedingt
deutlich genannt werden, wofür es eine Reihe rhetorischer Mittel gibt, z.B.:
a) »Die Erzählung Das Urteil (1913) gilt als ein Schlüsselwerk des deutschsprachigen Prager Autors
Franz Kafka (Schlingmann 1995, S. 69). In der vorliegenden Arbeit wird den Gründen für diese
Schlüsselstellung nachgegangen.«
b) »Das Ziel dieser Arbeit ist der Nachweis, dass Franz Kafkas Beziehung zum Expressionismus in der
Literaturwissenschaft umstritten ist.«
c) »Ein hervorstechendes Merkmal von Franz Kafkas Erzählwerken ist die Beschränkung der
Erzählperspektive auf die Wahrnehmung einer Figur. Den dadurch entstehenden Effekt bezeichnet V.
Žmegač als ›Gefängnis des Bewusstseins‹ (Žmegač 1996, S. 100). In der vorliegenden Arbeit soll dieser
Effekt in der Erzählung Das Urteil untersucht werden.«
d) »Das Motiv des Vater-Sohn-Konflikts steht im Zentrum vieler Werke im Umkreis des literarischen
Expressionismus. Dazu gehören auch Kafkas Erzählung Das Urteil und die Erzählung Sloboda des
kroatischen Autors Janko Polić Kamov (1886–1910). In dieser Seminararbeit soll das genannte Motiv in
diesen Werken verglichen werden, und zwar im Hinblick auf...«
3.2. Die Ausführungen, in denen Sie der Fragestellung nachgehen, müssen
möglichst transparent (verständlich) sein.
3.3. Die Ausführungen müssen möglichst plausibel (überzeugend) sein.
3.4. Die Ausführungen müssen möglichst kohärent und ausgewogen (gut
strukturiert, im Dienst der Fragestellung) sein.
3.5. Die Präsentation von Allgemeinwissen (bspw. ein Überblick über Leben
und Werk des Autors) gehört nicht zum Thema!
3.6. Im letzten Abschnitt der Arbeit (mit dem Zwischentitel Schlussfolgerungen
oder Fazit) wird die Fragestellung aufgegriffen und geklärt. Mit anderen
Worten, es werden die Ergebnisse Ihrer Beschäftigung mit dem Thema
abschließend zusammengefasst.
Äußere Gliederung
3.7. Die Seminararbeit beginnt mit einem Titelblatt.
3.8. Das Inhaltsverzeichnis stimmt selbstverständlich mit der realisierten
Gliederung (den Zwischentiteln) des Textes überein. Es soll gewährleisten, dass
Sie die Gliederung Ihrer Arbeit reflektieren.
3.9. Die Ausführungen sind in Kapitel einzuteilen (nummeriert und mit
Zwischentiteln versehen).
9
3.10. Das letzte Kapitel sind die Schlussfolgerungen.
3.11. Die Arbeit endet mit einem Literaturverzeichnis, in dem allen zitierten
und konsultierten Titel in alphabetischer Reihenfolge aufgelistet werden.
3.12. Unter dem Text Ihrer Arbeit muss folgender Satz stehen:
Izjavljujem pod stegovnom odgovornošću (Pravilnik o stegovnoj odgovornosti
studenata, čl. 3, točka 6) da sam ovaj seminarski rad izradila/izradio samostalno,
koristeći se isključivo navedenom literaturom, prema uzusima znanstvenog rada.
4. Belege (Textnachweise)
4.1. Jede Seminararbeit knüpft an bestehende Forschungen an. Die benutze
Primär- und Sekundärliteratur ist intellektuelles Eigentum und muss genannt
werden.
4.2. Ein Beleg ist obligatorisch beim direkten Zitat („“).
4.3. Ein Beleg ist ebenso obligatorisch beim indirekten Zitat (Paraphrase).
4.4. Falls Sie den Argumenten eines anderen Autors auf noch indirektere Weise
folgen, z.B. indem Sie sich an bestimmte Thesen oder Argumente anlehnen, ist
es korrekt, auch darauf zu verweisen. Das kann in Klammern (vgl. Bobinac
2004, S. 10) oder in einer Anmerkung geschehen.4
4.5. Falls Sie sich in einem längeren Abschnitt oder in der ganzen Arbeit an
einen bestimmten Text anlehnen, können Sie darauf eingangs hinweisen (z.B. in
einer Anmerkung: „Die folgenden Ausführungen zur Erzählperspektive folgen
Stanzel 1989, S. 149ff.“).
4.6. Ein Plagiat ist die ungekennzeichnete Paraphrasierung oder wörtliche
Übernahme von Syntagmen, Sätzen oder ganzen Abschnitten aus fremden
Texten und ist ein Verstoß gegen universitäre Vorschriften und
Eigentumsrechte. Also – Vorsicht!
5. Sonstiges
4
Vgl. Bobinac 2004, S. 10. (Dies ist ein fiktives Beispiel. „Vgl.“ ist die Abkürzung von vergleiche.)
10
5.1. Für die graphische Gestaltung von Texten gibt es Konventionen (Marginen,
Abstände, Leerzeilen, Abschnitt, Schriftgröße...). Zu finden sind diese Regeln
z.B. im Duden. Die Einhaltung dieser Regeln gehört zur allgemeinen
Schriftkompetenz.5
5.2. Bitte Schriftgröße 12, Zeilenabstand 1,5.
5.3. Ab einer gewissen Fehlerdichte (grammatische Fehler, Rechtschreibfehler,
Tippfehler) gilt die Arbeit als inakzeptabel. Nutzen Sie folgende Möglichkeiten:
a) Vor der Abgabe den Text unbedingt ausdrucken und aufmerksam lesen. Beim
Lesen am Bildschirm werden mehr Fehler übersehen als beim Lesen vom
Papier. b) Die Textverarbeitungsprogramme verfügen über die Funktion
Rechtschreibprüfung. Damit können Sie viele (nicht alle!) Fehler blitzschnell
identifizieren. c) Gegenseitiges Korrekturlesen: ‚Fremde Augen sehen mehr‘.
5
Die Regeln dienen der Konzentration auf das Wesentliche. Ein schlampiges und verwirrendes Äußeres lenkt
den Blick vom Inhalt auf die Form. Die Form soll nicht auffallen – also wird sie normiert.
11
III. BEISPIELE FÜR GELUNGENE SEMINARARBEITEN
Die gelben und roten Markierungen dienen ausschließlich dem Zweck der Veranschaulichung
im Rahmen dieser Richtlinien:
Gelb markiert sind die Gliederungssignale im Text.
Rot markiert sind stellen, die sich auf den Umgang mit der benutzten Literatur beziehen.
12
Universität Zagreb – Philosophische Fakultät – Abteilung für Germanistik
Veranstaltung: Seminar zur deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts / 2 C
Seminarleiter: Svjetlan Lacko Vidulić
Studentin: Alenka Cindrić
Datum der Abgabe: 31.8.2009
Paul Celans „Todesfuge“
und die Fuge als musikalische Gattung
Seminararbeit
Gliederung
1. Einleitung
2. Die Fuge als musikalische Gattung
3. Merkmale der Fuge in Celans „Todesfuge“
4. Schlussfolgerungen
5. Literaturverzeichnis
13
1. Einführung
„Todesfuge“ ist ein hermetisches Gedicht eines der bedeutendsten Lyriker der Nachkriegszeit,
Paul Celan, geboren 1920 in der rumänischen Stadt Czernowitz in der heutigen Ukraine.
Celan stammte aus einer deutschsprachig-jüdischen Familie und hat Erfahrung mit dem
nazistischen Regime gemacht, als deutsche Truppen 1941 Czernowitz besetzten (Arbeitslager,
Tod der Eltern). Diese Erfahrungen thematisiert er in diesem Gedicht: „Die ‚Todesfuge‘ ist
ein frühes Zeichen der künstlerischen Auseinandersetzung mit der milionenfachen
Vernichtung der europäischen Juden in den Vernichtungslagern der deutschen Faschisten“
(Schutte 1997, S.69). Bereits der Titel weist auf die Bedeutung der musikalischen Gattung der
Fuge für die Interpretation dieses Gedichts hin.
In der vorliegenden Arbeit wird die Beziehung von Celans „Todesfuge“ und der Gattung
der Fuge untersucht. Inwiefern entspricht dieses Gedicht der musikalischen Gattung, die es im
Titel führt? In einem ersten Schritt wird anhand einschlägiger musikwissenschaftlicher
Literatur die musikalische Gattung der Fuge vorgestellt. In einem zweiten Schritt werden auf
den Spuren von Horns Interpretation (Horn 1999–2005) die Fugen-Merkmale des Gedichts
herausgearbeit.
2. Die Fuge als musikalische Gattung
Die Fuge (lat. Flucht) ist eine vom Kanon abgeleitete Form des polyphonen Stils, die als
selbstständige Gattung oder als Satz größerer zyklischer Instrumentalwerke oder Vokalmusik
vorkommt. Ihren Höhepunkt hat sie im 17. und 18. Jahrhundert bei Johan Sebastian Bach
erreicht. „Er hat in seinen Zyklen ‚Das wohltemperierte Klavier‘ (1722/1744) und ‚Die Kunst
der Fuge‘ (1749) die Fugenkomposition zu höchster Vollendung gebracht“ (Hempel 2001, S.
255).
Eine besondere Kompositionsform ist das, wodurch sich eine Fuge von anderen
musikalischen Gattungen unterscheidet. Charakteristisch für die Fuge ist ein Thema das in
zwei Versionen vorkommt – Dux (lat. Führer, Leiter, Feldherr) und Comes (lat. Begleiter,
Gefährte, Teilnehmer), die kontrapunktisch verarbeitet sind, das heißt, sie erklingen
gleichzeitig. Dux ist das Thema in der Tonika und Comes kommt meistens in der
Dominanttonart vor. Die Fuge hat überwiegend nur ein klar erkennbares Thema, aber möglich
sind auch Fugen mit zwei, drei oder vier Themen, die dann Doppel-, Tripel oder
14
Quadrupelfugen heißen. In diesen mehrthematischen Fugen sind oft nicht alle Themen
gleichwertig. Es kann vorkommen, dass das zweite, dritte oder vierte Thema als ein
Kontrapunkt eingeführt wird.
Die meisten Fugen bestehen aus drei Teilen. Im ersten Teil, dass Exposition heißt,
erklingt das Thema nacheinander in jeder der Stimmen. Biem Übergang in die nächste
Stimme wird ein Kontrapuntk konzipiert, bzw. eine „Gegenstimme“ die gleichzeitig mit dem
Thema erklingt. Im zweiten Teil folgen weitere meist unvollständige Durchführungen
(Engführungen), die durch locker gefügte Zwischenspiele getrennt sind und auch thematisch
freier sind. Im dritten Teil, der ein Kulminationspunkt polyphoner Entwicklung ist, kommt
das Thema bzw. die Themen in Vergrößerung oder Verkleinerung, Engführung, Umkehrung
oder Gegenbewegung vor. Dabei können mehrere dieser Prinzipien gleichzeitig erscheinen.
Bei Doppel-, Tripel- und Quadrupelfugen erscheint im letzten Teil in der Regel eine
Kombination aller Themen.
Diese Grundregeln der Fugenkomposition sind in jedem einzelnen Stück anders
ausgeprägt und darin besteht die Einmaligkeit der Fugen (vgl. Werner, Marggraf 1989,
S.173).
3. Merkmale der Fuge in Celans „Todesfuge“
Das Gedicht „Todesfuge“ wurde 1945 veröffentlicht. Zu dieser Zeit wurde über die Frage
debattiert, ob überhaupt noch nach Auschwitz und über Auschwitz ein Gedicht möglich wäre,
weil ein Gedicht über Auschwitz eine Ästhetisierung der Judenvernichtung bedeuten würde
(Horn 1999-2005). Die Schönheit des Gedichts ist aber nur in der Struktur vorhanden, der
Struktur einer Fuge, in den kontrapunktisch behandelten Themen und Motiven. Mit dieser
besonderen Ästhetisierung der Struktur hat Celan die Grausamkeit des Inhalts noch mehr
hervorgehoben (vgl. Žmegač 1994, S. 719).
Im Gedicht werden bestimmte Sätze wiederholt, manchmal ganz und manchmal mit
Variationen. Die Frequenz, Distribution und Hierarchie der einzelnen Sätze im Gedicht kann
durch das schon im Titel genannte Kompositionsprinzip erklärt werden. Es ist also eine Fuge
und zwar eine Doppelfuge, eine Fuge mit zwei Themen (vgl. Schutte 1997, S. 142). Die zwei
Themen der „Todesfuge“ repräsentieren die Täter-Opfer Konstelation. Das erste Thema
„Schwarze Milch der frühe“, zu der auch der lyrische Subjekt „wir“ gehört, sind die Opfer
bzw. die Juden, die im Gedicht erwähnt sind. Das erste Thema ist zugleich das Hauptthema,
weil das zweite Thema als ein Kontrapunkt eingeführt wird.
15
Eine mögliche Erklärung der Metapher „Schwarze Milch der fühe“ bietet Eric Horn:
Eine erste Interpretationsmöglichkeit leitet die Metapher von einem jüdischen Sprichwort ab, das
besagt, dass - wenn alle Menschen in Unglück leben - Mordechai Meisel in der weißen Milch der Frühe
badet (vgl. Leo Perutz: Nachts unter den steinernen Brücken. München 1993). Mordechai Meisel soll
durch dieses Sprichwort als der vollkommene Glückspilz charakterisiert werden, den er in den
jüdischen Sagen auch immer wieder verkörpert. Die Metapher "schwarze Milch der Frühe" könnte dann
als Darstellung der vollkommenen Hoffnungslosigkeit begriffen werden, da selbst der ansonsten so
glückliche Mordechai Meisel nicht mehr in der weißen Milch der Frühe baden kann (Horn 1999-2005).
Nach dem ersten Thema folgt ein Kontrapunkt bzw. eine Gegenstimme, die
gleichzeitig mit dem Thema erklingt: „wir trinken sie abends/ wir trinken sie mittags und
morgens wir trinken sie nachts“ und danach eine freie Fortführung: „ wir schaufeln ein Grab
in den Lüften da liegt man nicht eng“.
Das zweite Thema „Ein Mann wohnt im Haus“ ist eine Verallgemeinerung für die
Täter. Diese Täter (die, die als Aufseher, Folterer und Henker in Vernichtungslagern tätig
waren) werden durch den Mann der ein Haus bewohnt bzw. den Lageraufseher repräsentiert
(Schutte 1997, S.72). Nach dem zweiten Thema folgt auch ein Kontrapunkt („der spielt mit
den Schlangen der schreibt“) und eine freie Fortführung („er befiehlt uns spielt auf nun zum
Tanz“).
Dem ersten Thema ist das zweite gegenübergestellt und zwar kontrapunktisch. „ Die
Ordnung von Vers und Strophe ist weitgehend aufgelöst. Das Gedicht will also durch die
Bewegung erfahren werden. Kein Interpunktionszeichen hält den Fluß der Sprache auf.
Sinneinheiten gehen ineinander über. Übergänge und Verbindungen sind beabsichtigt.“
(Schutte 1997, S.75)
Nach der Exposition im Gedicht wo die beiden Themen, „Schwarze Milch der Frühe“
und „Ein Mann wohnt im Haus“, vorgestellt sind, folgt der zweiter Teil der „Todesuge“, wo
diese zwei Themen in Form von Engführungen durchgeführt werden. Sie heißen
Engführungen, weil sie die in der Exposition genannten Themen verknappen. Sie führen auch
ein neues Motiv ein: „dein aschenes Haar Sulamith“. Diese Engführungen sind Versgruppe
zwei „Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich Nachts/ wir trinken dich mittags wir trinken
dich/ abends/ wir trinken und trinken/ Ein Mann wohnt im Haus der spielt mit den Schlangen
der/ schreibt/ der schreibt wenn es dunkelt nach Deutschland dein goldenes/ Haar Margarete/
Dein aschenes Haar Sulamith wir schaufeln ein Grab in den/ Lüften da liegt man nicht eng“
und Versgruppe vier „Schwarze Milch der frühe wir trinken dich nachts/ wir trinken dich
mittags und morgens wir trinken dich abends/ wir trinken und trinken/ ein Mann wohnt im
Haus dein goldenes Haar Margarete/ dein aschenes haar Sulamith er spielt mit den
Schlangen“.
16
Versgruppe drei („Er ruft stecht tiefer ins Erdreich ihr einen ihr anderen singet/ und
spielt/ er greift nach dem Eisen im Gurt er schwingts seine Augen/ sind blau/ stecht tiefer die
Spaten ihr einen ihr anderen spielt weiter/ zum Tanz auf“) und Versgruppe fünf („Er ruft
spielt süßer den Tod der Tod ist ein Meister aus/ Deutschland/ er ruft streicht dunkler die
Geigen dann steigt ihr als Rauch/ in die Luft/ dann habt ihr ein Grab in den Wolken da liegt
man nicht eng“) sind Zwischenspiele und deshalb auch thematisch lockerer. Sie führen die
Zeilen acht („er pfeift seine Juden hervor läßt schaufeln ein Grab in der Erde“) und neun („er
befiehlt uns spielt auf nun zum Tanz“) weiter indem sie das, was der Mann aus dem zweiten
Thema zu den Juden bzw. den Opfern sagt, was er ihnen befehlt und was er macht,
beschreiben. Auch hier wird ein neues Motiv eingeführt, und zwar das Motiv „Der Tod ist
ein Meister aus Deutschland“.
In der letzten Durchführung der „Todesfuge“ (Versgruppe sechs) bzw. dem letzten
Teil, werden einzelne Motive und die zwei Themen noch enger miteinander verwoben und
repräsentieren dabei einen Kulminationspunkt polyphoner Entwicklung. Hier fällt eine
Besonderheit auf, die zwei gereimten Verse, die die einzigen gereimten Verse im ganzen
Gedicht sind: „der Tod ist ein Meister aus Deutschland sein Auge ist blau/ er trifft dich mit
bleierner Kugel, er trifft dich genau“. Schutte ist der Meinung, dass diese zwei Verse eine
Selbstanrede des impliziten Autors sind und begründet es mit der Kenntnis von Celans
„Überlebensschuldgefühl“, dem Gefühl von Verrat an den Ermordeten, weil er selbst
entkommen ist und nichts gegen den Tod der anderen gemacht hat (Schutte 1997, S. 78). Die
Struktur dieser Verse wird als eine Fermate erklärt. Eine Fermate bedeutet in der
musikalischen Terminologie eine Verlängerung des ursprünglichen Notenwerts. Dieser
Aushaltezeichen (
) wird über einer Note oder Pause gesetzt und bedeutet eine beliebige
Verlängerung des Tonwerts, der aber dann überwiegend doppelt verlängert wird.
Die Fuge endet mit zwei Versen ( „dein goldenes Haar Margarete/ dein aschenes Haar
Sulamith“), die als ein Schlussakkord betrachtet werden können. Diese Verse sind formal und
syntaktisch fast gleich. Sie unterscheiden sich durch die Semantik, durch das, was die beiden
Namen und Adjektive, die mit den Namen verbunden sind, konnotieren. „Der Name Sulamith
entstammt wahrscheinlich dem Alten Testament, genauer gesagt dem Hohelied Salomos“
(Horn, 1999-2005). Der Name Margarethe steht für die Täterseite, während Sulamith für die
Opferseite steht (vgl. Schutte 1997, S. 144). Die Adjektive „golden“ und „aschen“ können
entweder als blond und grau interpretiert werden, bzw. als Haarfarben die für bestimmte
„Rassentypen“ darstehen, oder als tot und lebendig (ebd.). Schutte fragt nach der Harmonie
17
oder Dissonanz des Schlussakkords und überlässt dem Leser, selbst darüber zu entscheiden
(Schutte 1997, S. 142).
4. Fazit
Die Todesfuge ist ein gelungenes Beispiel, wie man ohne weiteres Gedichte über grauenhafte
Erreignisse und Dinge schreiben kann. Celan hat die Form einer Fuge auf ein Gedicht
übertragen und diese fast vollkomene Form hat ihm ermöglicht, das Gedicht für den Leser auf
viele Niveaus intrigant und interessant zu machen und den schrecklichen Inhalt auf eine
besondere Weise auszuprägen, ohne dass er in Geschmacklosigkeit geraten ist, was bei so
einem schweren Thema nicht leicht zu erreichen ist.
5. Literaturverzeichnis
1. Eggebrecht, Hans Heinrich (Hg.) (1996): Terminologie der Musikalischen Komposition.
Sonderband II. Stuttgart: Steiner.
2. Fermate. In: Wikipedia. Die freie Enzyklopädie. <http://de.wikipedia.org/wiki/Fermate>
(Zugriff: 4.9.2009).
3. Hempel, Christoph (2001): Neue allgemeine Musiklehre. Ergänzte Auflage. Mainz:
Atlantis Musikbuch-Verlag/Schott Musik International.
4. Horn, Eric (1999-2005): Paul Celan – Die Todesfuge. Eine multimediale Annäherung.
<http://www.celan-projekt.de> (Zugriff: 4.9.2009).
5. Lindar, Heinrich (Hg.) (1971): Meyers Handbuch über die Musik. Vierte, verbesserte
Aufalge. Mannheim, Wien, Zürich: Bibliographisches Institut/ Meyers Lexikonverlag.
6. Schutte, Jürgen (1997): Einführung in die Literaturinterpretation. Vierte Auflage.
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8. Werner, Felix; Marggraf, Wolfgang; Riesig Vera; Schönfelder, Gerd (Hgg.) (1989):
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9. Žmegač, Viktor (Hg.) (1994): Geschichte der deutschen Literatur vom 18. Jahrhundert bis
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