Technische Universität München Zentrum Mathematik Algebraische Topologie Sommersemester 2011 Prof. Dr. Josef Dorfmeister — Dr. Jan Wehrheim Übungsblatt 3 - Musterlösung Aufgabe 1: Überlagerungen von Wir betrachten den topologischen Raum X := ⊂ R2 . Die Fundamentalgruppe von X ist das freie Produkt Z ∗ Z. e → X mit X e = . . . . . . ⊂ R2 . Dies ist die a) Finden Sie eine Überlagerung p : X x-Achse vereinigt mit den Kreisen Ck für k ∈ Z, mit Mittelpunkten bei (k, 14 ) und Radius 14 . e (0, 0)), welches durch die folgende Schleife dargestellt Wir betrachten das Element α ∈ π1 (X, wird: Sie startet bei (0, 0), läuft bis (k, 0) auf der x-Achse, umrundet Ck einmal und läuft auf der x-Achse zurück nach (0, 0). Berechnen Sie p∗ (α). e → X an. b) Geben Sie zu jeder natürlichen Zahl n ≥ 1 eine n-blättrige Überlagerung p : X e → X mit X e = . . . . . . ⊂ R2 . Damit ist die c) Finden Sie eine Überlagerung p : X Vereinigung von Kreisen Ck für k ∈ Z gemeint, mit Mittelpunkt bei (k, 0) und Radius 21 . e besitzt. d) Zeigen Sie, dass X eine universelle Überlagerung X Lösung zu Aufgabe 1: a) Wir schreiben X = A ∪ B mit A, B ≈ S 1 , wobei der Schnitt A ∩ B aus genau einem Punkt e → X, indem wir jeden der Kreise Ck x0 ∈ X besteht. Wir definieren die Abbildung p : X homöomorph auf den Kreis B abbilden, wobei der Berührpunkt (k, 0) von Ck mit der x-Achse auf den Punkt x0 abgebildet wird. Mit der x-Achse überlagern wir den Kreis A, so dass die Punkte (k, 0) für k ∈ Z alle auf den Punkt x0 abgebildet werden. Es sei a der Erzeuger von π1 (A, x0 ) ∼ = Z und b der Erzeuger von π1 (B, x0 ) ∼ = Z. Die Fundamentalgruppe π1 (X, x0 ) ∼ = Z ∗ Z besteht also aus Worten in a und b. Der Weg von (0, 0) nach e repräsentiert unter p das Element ak ∈ π1 (X, x0 ). Die einmalige Umrundung von (k, 0) in X Ck wird unter p zum Repräsentanten des Elements b ∈ π1 (X, x0 ). Der Weg zurück von (k, 0) nach (0, 0) gibt das Element a−k ∈ π1 (X, x0 ). Wir erhalten insgesamt p∗ (α) = a−k bak . e eine ’Blume mit n Blütenblättern’, also eine S 1 ⊂ R2 an welche in jeder n-ten b) Es sei X e →X Einheitswurzel eine weitere (hinreichend kleine) S 1 angeheftet wurde. Die Abbildung p : X 1 wickelt die innere S dann n-fach um den Kreis A ⊂ X während die Blütenblätter jeweils homöomorph auf den Kreis B ⊂ X abgebildet werden. e → X, indem wir alle Kreise Ck mit geradem k zweifach um c) Wir definieren die Abbildung p : X den Kreis A ⊂ X wickeln und die Kreise Ck mit ungeradem k zweifach um den Kreis B ⊂ X wickeln. d) Der Raum X ist lokal einfach zusammenhängend, da man zu jedem Punkt x ∈ X eine Umgebung finden kann, die auf x zusammenziehbar ist. Also besitzt X eine universelle Überlagerung. Aufgabe 2: SU(2) → SO(3) Konstruieren Sie einen stetigen Gruppenhomomorphismus φ : SU(2) → SO(3) mit φ(A) = φ(−A) für alle A ∈ SU(2). Anleitung: Zeigen Sie der Reihe nach a) Die Menge su(2) = {X ∈ C2×2 | X ∗ = −X und tr(X) = 0} ist ein 3-dimensionaler reeller Vektorraum. b) Durch hX, Y i := − 12 tr(XY ) ist ein euklidisches Skalarprodukt auf su(2) definiert. c) Die Gruppe G := {g : su(2) → su(2) | g ist linear und hg(X), g(Y )i = hX, Y i für alle X, Y ∈ su(2)} ist isomorph zu O(3) und mit der Normtopologie sogar homöomorph. d) Ist A ∈ SU(2), so ist AdA : su(2) → su(2) ; X 7→ AXA−1 ein Element in G. e) Die Abbildung φ(A) := AdA ∈ G definiert unter dem Isomorphismus G ∼ = O(3) einen Gruppenhomomorphismus φ : SU(2) → SO(3), welcher die geforderten Eigenschaften erfüllt. Lösung zu Aufgabe 2: a) Die definierenden Eigenschaften von su(2) sind linear in X, also ist su(2) ⊂ C2×2 ein Untervektorraum. Eine R-Basis ist gegeben durch i 0 0 1 0 i E1 := , E2 := , E3 := . 0 −i −1 0 i 0 b) Allgemein stellt tr(X ∗ Y ) ein hermitesches Skalarprodukt auf Cn×n dar. Die Basisvektoren von oben sind diesbezüglich orthonormal. Auf spanR (E1 , E2 , E3 ) liefert diese Formel also ein reelles Skalarprodukt. c) Wir wählen eine Orthonormalbasis (e1 , e2 , e3 ) des R3 und erhalten durch ψ(ei ) := Ei eine Isometrie zwischen euklidischen Vektorräumen ψ : R3 → su(2). Diese induziert einen Isomorphismus ψ ∗ : G → O(3) durch ψ ∗ (g)(v) := g(ψ(v)). Durch das obige Skalarprodukt wird su(2) ein normierter Vektorraum. Die linearen Abbildungen g : su(2) → su(2) werden durch kgk := supkXk=1 {kg(X)k} ein normierter Vektorraum. Die Gruppe G erhält die Teilraumtopologie aus dem Raum aller linearen Abbildungen auf su(2). Offensichtlich ist ψ ∗ ein Homöomorphismus, wenn man auf O(3) ebenfalls diese Normtopologie verwendet. Die von uns verwendete Teilraumtopologie auf O(3) ⊂ GL(3, C) ⊂ C9 ist äquivalent dazu. d) Wegen A ∈ SU(2) landet AdA (X) tatsächlich wieder in su(2) und es gilt 1 1 1 hAdA (X), AdA (Y )i = − tr(AXA−1 AY A−1 ) = − tr(AXY A−1 ) = − tr(XY ) = hX, Y i. 2 2 2 e) Die Gruppe SU2 ≈ S 3 ist zusammenhängend, also ist das Bild unter der stetigen Abbildung φ zusammenhängend und wegen φ(idC2 ) = idR3 liegt das Bild in der Wegzusammenhangskomponente der Identität SO(3) ⊂ O(3). Aufgabe 3: Reguläre Überlagerungen e → X genau dann regulär ist, wenn die AutomorphismenZeigen Sie, dass eine Überlagerung p : X −1 e gruppe A(X, p) transitiv auf p (x), x ∈ X operiert. Lösung zu Aufgabe 3: e x̃0 )) ⊂ π1 (X, x0 ) =: G Per Definition ist eine Überlagerung genau dann regulär, wenn H := p∗ (π1 (X, ein Normalteiler ist. Dies ist genau dann der Fall, wenn die Konjugationsklasse von H in G nur aus H selber besteht (gHg −1 = H für alle g ∈ G). Die Konjugationsklasse von H besteht aber genau e x̃)) mit x̃ ∈ p−1 (x0 ). Eine Überlagerung ist also genau dann regulär, aus den Gruppen p∗ (π1 (X, e x̃)) für alle x̃ ∈ p−1 (x0 ) identisch ist, also genau dann, wenn es zu je zwei wenn das Bild p∗ (π1 (X, −1 e p) gibt mit φ(x̃1 ) = x̃2 . Dies ist genau Punkten x̃1 , x̃2 ∈ p (x0 ) einen Automorphismus φ ∈ A(X, dann der Fall, wenn die Gruppe der Automorphismen transitiv auf der Faser p−1 (x0 ) operiert und e p) auf irgendeiner (und damit auf allen) Fasern transitiv dies ist genau dann der Fall, wenn A(X, operiert. Aufgabe 4: Überlagerungen aus Gruppenwirkungen II Es sei X ein wegzusammenhängender und lokal wegzusammenhängender Raum und G eine eigentlich diskontinuierliche Gruppe von Homöomorphismen von X. a) Zeigen Sie, dass die Überlagerung p : X → X/G regulär ist und die Automorphismengruppe von (X, p) genau G ist. b) Bestimmen Sie die Fundamentalgruppe von X/G falls X einfach zusammenhängend ist. Was kann man über die Fundamentalgruppe von X/G sagen, wenn X nicht einfach zusammenhängend ist? c) Berechnen Sie die Fundamentalgruppe von RPn für n ≥ 2. Lösung zu Aufgabe 4: a) Es ist G ⊂ A(X, p) und G operiert transitiv auf den Fasern von p, also ist p : X → X/G regulär. Es ist noch zu zeigen, dass jeder Automorphismus von (X, p) durch ein Element g ∈ G gegeben ist. Es sei also φ : X → X ein Homöomorphismus mit p◦φ = p. Zu einem Punkt x0 ∈ X betrachten wir die Menge F = G.x0 . Dies ist die Faser von p über dem Punkt p(x) = [x] ∈ X/G. Die Abbildung φ induziert eine Permutation von F . Es gibt also ein g0 ∈ G mit g0 .x0 = φ(x0 ). Damit ist g0 −1 ◦ φ ein Automorphismus von (X, p) der mit x0 einen Fixpunkt besitzt. Dies kann nur sein, wenn g0 −1 ◦ φ = idX , also φ = g0 ∈ G. b) Wenn X einfach zusammenhängend ist, dann ist die Fundamentalgruppe von X/G isomorph zu G. Allgemein gilt G∼ = π1 (X/G, [x])/p∗ (π1 (X, x)) für alle x ∈ X. c) Wir erhalten RPn ≈ X/G mit X = S n und G = Z2 . Für n ≥ 2 ist S n einfach zusammenhängend und somit gilt π1 (RPn , x0 ) ∼ = Z2 .