Pressezentrum Dokument 5762 PF Sperrfrist: Donnerstag, 29. Mai 2003; 10:00 Uhr Veranstaltung: Werkstatt Bibelzentrum Titel: Das Wort der Wahrheit weitertragen – Ökumenischer Gottesdienst Referent/in: Bischöfin Bärbel Wartenberg-Potter, Lübeck Ort: Humboldt-Universität (Mitte) Programm Seite: 130 Ein Brief der Freude und des Lobes hat uns erreicht, geschrieben vor fast 2000 Jahren von Paulus, der im Gefängnis sitzt, aber so lebendig, begeistert und nah schreibt, als ob er gestern geschrieben hätte an die Teilnehmenden des 1. Ökumenischen Kirchentages im Jahre 2003. Schon in den ersten Worten klingt der große Ton an. Lob und Segen strömen aus jeder Zeile, Hochstimmung, Begeisterung, Freude. Das passt zu diesem ökumenischen Kirchentag, einer Hoch-Zeit für alle, die sich nach der Einheit, dem gemeinsamen Zeugnis der Kirchen sehnen, denen unsere Trennung am Tisch des Herrn auch in diesen Tagen immer wieder das Herz schwer macht und die Schamröte ein wenig ins Gesicht treibt. Paulus nimmt uns sogleich mit hinein in diese freudige Erregung. Er malt einen ganz großen Bogen. Das Universum ist gefüllt, nicht mit schwarzen Löchern und Zerstörung, nicht mit Verlassenheit und Verfall, nein: Über den Menschen wölbt sich ein Himmel, aus dem Gottes Segen strömt, Kraft für Jahrhunderte, Kraft für die Kirche, das wandernde Gottesvolk, das dahin zieht unter diesem Bogen durch die Tage und Nächte, durch Gefahr und Not, durch Zeiten der Fülle und der Dürre, durch Versuchung und Absturz, durch Auferstehung und Zeiten des Jubels. Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit allem geistlichen Segen im Himmel durch Christus. So sei es. Das ist unser gemeinsames Erbe als christliche Kirchen aller Konfessionen in diesem Land und weltweit: Alles, was wir brauchen für die Wanderschaft durch die Zeit, alles wovon wir leben, alles, worauf wir hoffen in unserer Zeit, in der Menschen so unbegeistert und ungnädig durchs Dasein stolpern, hat Gott bereitgestellt. Der Segen, über den wir in diesen Tagen ernsthaft und tief nachdenken werden; die Kraft, die uns den aufrechten Gang und den Mut des Bekennens lehrt, der Reichtum, ein sinnerfülltes Leben gegen die Sinnlosigkeit von Kommerz und Gewalt führen zu dürfen, die Fülle, mit christlichen Geschwistern in allen Teilen der Welt und über alle Konfessionen hinweg das Lob Gottes vielstimmig anzustimmen und das gemeinsame Zeugnis der Tat sichtbar zu machen. Es ist uns in Christus geschenkt. Wir brauchen es nur anzunehmen. Geliebte sind wir, Begnadete. Gott schaut uns an und wir werden unter Gottes liebendem Blick schön und gut, wie unter dem Blick eines geliebten Menschen. Text wie von Autor/in bereitgestellt. Es gilt das gesprochene Wort. Veröffentlichung nur mit Genehmigung der Verfasserin/des Verfassers. 2 Gott hat uns wissen lassen das Geheimnis seines Willens nach seinem Ratschluss, den er zuvor in Christus gefasst hatte, um ihn auszuführen, wenn die Zeit erfüllt wäre, dass alles zusammengefasst würde in Christus, was im Himmel und auf Erden ist. Was Gott von uns, den Kirchen, den Christen in diesem Land will: Dass wir mutig und entschlossen gemeinsam Zeugnis ablegen für dieses begeisterte Geheimnis Gottes in Christus: Gott hat den Menschen eine Lösung gezeigt für ihr Verzweifeln, die Sinnlosigkeit, den Hunger und die Gewalt: Den Weg Jesu Christi, in dem alles gesagt und getan ist, das Wort der Wahrheit und der Weg der Gerechtigkeit. Diesen Weg müssten wir selbst glaubwürdig gehen. Wir müssten nur treuer glauben, mutiger bekennen, brennender lieben. Wir müssten nur selbst die Wunden der Geschichte, die wir uns geschlagen haben, endlich heilen lassen und uns gegenseitig mit den Augen der Liebe und nicht der Rechthaberei anschauen. Vielleicht war Paulus in seiner Begeisterung ein wenig von Sinnen, als er dies alles schrieb. Wie an Pfingsten – könnte man denken –, wo man dachte, die Leute seien voll süßen Weines. Begeisterung ist verdächtig. Sie passt nicht in die verrechnete Welt, nicht in die Welt der geordneten Stellungnahmen, in der wir leben. Aber die große Zusammenfassung, die Gott uns in Christus anbietet, wäre die Ganzheit des Lebens, sinnerfüllt und in gerechten Beziehungen unter den einzelnen und unter den Völkern, die Einheit und das gemeinsame Zeugnis der Kirchen, die sich aus der pfingstlichen Begeisterung speist und hinwegkommt über die Gedankenengpässe, die das christliche Zeugnis fragmentieren und kraftlos machen. Zusammenfassen, nicht aufteilen, will Gott alles in Christus, auch uns Kirchen. Segen liegt auf unserer Arbeit nur, wenn wir einander segnen, und das heißt im biblischen Verständnis die Stärke miteinander teilen. Daran arbeiten wir auf diesem ökumenischen Kirchentag. Gelobt sei Gott – so beginnt Paulus seinen Brief. Im ökumenischen englischsprachigen Gottesdienst heißt es hier: Blessed be God. Ja, in Dankbarkeit und Lob für all die Fülle, die Gott uns geschenkt hat, geben wir all unsere Stärke, unsere Gaben an Gott zurück, stellen sie ganz in den Dienst dieser großen Zusammenfassung, dieser Einheit, nicht berechnend, sondern mit weitherzigem, mit aus Dankbarkeit groß gewordenem Herzen für all das schon mögliche Zeugnis und die Einheit, die schon gelungen ist. Blessed be God. Der Heilige Geist ist es, der uns dazu befähigt. Die Kraft des Heiligen Geistes, die uns das Herz öffnet, die uns anders werden lässt, die noch einmal etwas Neues in uns beginnen will, die uns einen neuen Blick schenkt, ein neues Fühlen, neue Gedanken, neue Ziele für die Arbeit an der Einheit. So sind und werden wir noch einmal erschaffen aus Gottes Hand, neue Menschen, neue Kirchen, von allen erkennbar in der Welt als Gottes eigenstes Eigentum – zum Lobe seiner Herrlichkeit. Amen Text wie von Autor/in bereitgestellt. Es gilt das gesprochene Wort. Veröffentlichung nur mit Genehmigung der Verfasserin/des Verfassers.