Gotteserfahrungen sind keine Kuschelecken von Michaela F. Heereman Spirituatität in der Familie Die Öffnung der Liebe zwischen Mann und Frau für die helfende Gegenwart Gottes hat natürlich Folgen für das Leben der Eltern mit ihren Kindern. Aus Ehespiritualität erwächst Familienspiritualität: der normale Alltag der Familie wird zum Raum, in dem Eltern und Kinder erfahren, wer Gott für sie ist, und wie er für sie da ist Voraussetzung für solche Erfahrungen ist allerdings vor jeder verbalen, bewußt religiösen Deutung eine Atmosphäre von Geborgenheit und zuverlässiger Liebe. Nur in ihr entwickeln Kinder Urvertrauen, Lebensfreude, Liebesfähigkeit und Dankbarkeit, Schlüsselerfahrungen für eine spätere Gottesbeziehung. Eltern können den Glauben nicht lehren wie etwa das Einmaleins auch nicht weitergeben wie einen Teller Suppe, schon gar nicht vererben wie lockige Haare. Leider trägt er sich auch nicht durch Windbesamung fort, son dem unser Glaube an Gott muß Kindern erlebbar und vorgelebt werden. Er muß von ihnen gespürt; gesehen, gehört, zeitweilig auch geschmeckt und gerochen werden können. Meine Lust, katholisch zu sein, hat ganz entschieden mit den reichen Hilfen, Zeichen, Riten und Bräuchen unserer Kirche zu tun, die Gott vergegenwärtigen und den ganzen, leibhaftigen Menschen ansprechen. Gerade für Kinder, deren Herz, Hirn und Hand, wie Maria Montessori sagte, noch eine Einheit bilden, ist ein so sinnfällig vermittelter Glaube besonders wichtig. Dabei spielt eine entscheidende Rolle das bewußte Mitleben des Kirchenjahres innerhalb der Familie. Wenn es uns gelingt, christliches Brauchtum als Nachgehen des Weges Jesu zu erschließen, dann machen Kinder und Eltern im Eingehen auf den bunten, wechselnden Rhythmus des Kirchenjahres die ersten Schritte in die Nachfolge Christi. Mit wieviel Lust und Liebe Kinder diesen Weg gehen können, merkte ich bei einem Ausflug mit einer Kindergruppe unserer Gemeinde. Unterwegs sprach uns ein Fremder an, der anscheinend noch nie einem lebenden Katholiken, geschweige denn einer ganzen Gruppe dieser Sorte, begegnet war. Nachdem er widerwillig zur Kenntnis genommen hatte, daß wir weder ausgestopft noch ausgesprochen bigott waren, rettete er sich in die drückt. Im Gegenteil. Längst nicht alle Möglichkeiten, die die Kirche mir als Frau bietet, so den Auftrag, den Glauben in Katechese und Verkündigung zu bezeugen, kann ich wahrnehmen. Und dies ist das Wichtigste: Weitergeben, was wir empfangen haben, nämlich den Glauben an Gottes Gegenwart in unserem Leben. Die Hilfen der Kirche haben mich diese Gegenwart Gottes in unserem Leben erfahrbar werden lassen. Gotteserfahrungen sind keine Kuschelecken; das haben schon die Jünger auf dem Berge Tabor erleben müssen. Nichts war es mit dem gemütlichen Hüttenbauen. Auch wir heute müssen unseren Glauben weitertragen und für Gottes- und Menschenwürde in Familie, manchmal auch in Kirche, Gesellschaft und Politik kämpfen. Wenn dann die Puste ausgeht, Mut und Schwung nachlassen, dann sind mir die leibhaftigen Hilfen der Kirche unersetzliche Tankstelle für mein Vertrauen in Gott, der für uns der ,,Immanuel« sein will, der ,,Gott-mit-uns“. Der darauf hofft, daß wir uns so an ihn wenden ‚ wie es unser Vorjüngster auf die Frage, ob und wie er zu Hause bete, ausdrückte: ,,aus freiem Halse“. 1