Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene in katholischen Einrichtunge

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Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene in
katholischen Einrichtungen im Bereich der
Diözese Limburg
Ein Werkstattbericht von
Joachim Rotberg
und Barbara Wieland
Stand: 15. August 2001
Kirche im „Wehrkreis“ – Das Bistum Limburg
1939-1945
Die Zwangsarbeiterdebatte hat ein Schlaglicht auf das Forschungsfeld „Katholische Kirche im Zweiten
Weltkrieg“ geworfen. Wurden Kirche und Katholizismus bislang vor allem unter den Aspekten Widerstand,
Anpassung und Schuldhaftigkeit in ihrem Verhältnis zur nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 19331945 betrachtet, eröffnet die in fast allen deutschen Diözesen im Jahr 2000 angelaufene
wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Einsatz von Kriegsgefangenen und Fremdarbeitern in
katholischen Einrichtungen den Blick auf die institutionelle, personelle und wirtschaftliche Verfassung von
Kirche in der mobilisierten deutschen Kriegsgesellschaft. Diese Tendenz fügt sich nahtlos in das
allgemein gesteigerte Interesse der Zeitgeschichte an Fragestellungen zum Verhalten von Personen,
Gruppen und Institutionen im Zweiten Weltkrieg. Im Hintergrund stehen gewaltige Zahlen: Zwischen 1935
und 1945 gehörten 17,3 Millionen Menschen zur Deutschen Wehrmacht; im Rahmen des
„Reichsarbeitsdienstes“ (RAD) sind in großem Ausmaß Männer und Frauen zur Arbeitsleistung in
kriegswichtigen Betrieben verpflichtet worden; mit dem „Reichsleistungsgesetz“ (RLG) vom 1. September
1939 konnte das Regime jedem Bewohner des Reichs „Sachleistungen für Reichsaufgaben“, etwa
Unterkunft und Verpflegung, abfordern, was in der Praxis eine teils willkürliche, teils vertraglich geregelte
Inanspruchnahme von Sachen, Gebäuden und Grundstücken zu kriegsnotwendigen Zwecken nach sich
zog. Kirche war, ob sie es wollte oder nicht, Teil dieses bis 1945 andauernden Mobilisierungsprozesses.
Über die Diözese Limburg zwischen 1933 und 1945 sind wir durch die Bistumsgeschichte von Klaus
Schatz vergleichsweise gut informiert. Die NS-Kirchenpolitik der großen und kleinen „Nadelstiche“ gegen
Priester, Gemeinden und einzelne Gläubige, gegen Ordensgemeinschaften und caritative Einrichtungen,
wurde im Schatten des Krieges mit noch verschärfter Intensität fortgeführt, dem Endziel verpflichtet,
Deutschland in eine nationalsozialistische Mustergesellschaft zu verwandeln, in der für praktiziertes
Christentum und Kirche kein Platz mehr sein sollte. In einer gewissen Spannung zu diesem
„Glaubenskrieg“ steht der Bedarf der NS-Kriegswirtschaft, die personellen und ökonomischen Ressourcen
der Kirche im Feld und an der „Heimatfront“ als strategischen Faktor einzuplanen und nutzbar zu machen.
In welcher Weise dies geschah, ist bislang für die deutschen Diözesen allgemein und auch für das Bistum
Limburg kaum untersucht worden.
Dieser Werkstattbericht kann nur eine verkürzte und vorläufige Darstellung der diözesangeschichtlich
relevanten Zusammenhänge bieten, die dennoch anhand einiger Aspekte versucht sei, um zum
eigentlichen Thema, dem „Ausländereinsatz“ in den katholischen Einrichtungen im Gebiet des Bistums,
hinzuleiten.
Klerus in Uniform
Nach der Machtübernahme Adolf Hitlers 1933 fand unter den Propagandaschlagworten „Wehrsport“ und
„Arbeitsdienst“ eine spürbare Mobilisierung und Militarisierung der deutschen Gesellschaft statt. Mit
Einführung der allgemeinen Wehrpflicht 1935 konnten auch Theologiestudenten und Laienbrüder der
Ordensgemeinschaften unter 25 Jahren befristet zu einem zunehmend vormilitärischen Einsatz im
Rahmen des RAD oder der „Deutschen Arbeitsfront“ (DAF) verpflichtet werden. Die jüngeren Geistlichen
mußten im Fall der Mobilmachung mit der Einberufung zur Heeresseelsorge oder zum Sanitätsdienst
rechnen, denn dies war in einem geheimen Zusatzprotokoll zum Reichskonkordat so geregelt. Vom
Kriegsdienst blieben nach diesem bis heute umstrittenen Protokoll nur die Bischöfe und die in der
Diözesanverwaltung, als Gemeindepfarrer, als Seminarprofessoren oder Hausrektoren (Seminar- und
Konviktsregenten) tätigen Geistlichen verschont. Alle übrigen geweihten Kleriker - auch Ordensleute waren für den Sanitätsdienst oder die Wehrmachtsseelsorge vorgesehen, Theologiestudenten unter der
Diakonatsweihe „zum Dienst mit der Waffe, wenn sie nicht im Sanitätsdienst verwendet werden können“.
Das Deutsche Reich war seit 1937 in 13 sog. „Wehrkreise“ oder auch „Reichsverteidigungsbezirke“
eingeteilt mit den für Ersatz und Versorgung des Heeres zuständigen Dienststellen. In den Wehrkreisen
waren für die Soldatenseelsorge besonders beauftragte Wehrkreispfarrer als Reichsbeamte eingesetzt,
die dem Katholischen Feldbischof in Berlin-Charlottenburg, Rarkowski, unterstanden. Das Bistum Limburg
gehörte gebietsmäßig zu den Wehrkreisen IX (Kassel) und XII (Wiesbaden).
Bereits am 8. Oktober 1938, im Zuge der Sudetenkrise, wurde Generalvikar Göbel mit vertraulichem
Schreiben („Geheime Kommandosache!“) des Katholischen Wehrkreispfarrers in Wiesbaden eine Liste
mit 15 Namen von jüngeren Geistlichen aus der Diözese Limburg übersandt, die im Mobilisierungsfall für
die Wehrmachtsseelsorge „in der Heimat“ vorgesehen waren. Etwa 1.700 bis 1.800 Priester aus dem
ganzen Deutschen Reich waren zwischen 1939 und 1945 als Militärseelsorger tätig, meist im
Offiziersrang, davon etwa 550 als Kriegs- und Marinepfarrer bei den kämpfenden Truppen.
Zum regulären Heeresdienst waren bezogen auf alle deutschen Diözesen 3.819 Weltgeistliche, 4.292
Ordensgeistliche, 4.016 Laienbrüder und 858 Ordensnovizen eingezogen (Stand: 1. Mai 1943). Zudem
standen 4.368 Theologiestudenten im Feld, vor allem als Sanitäter. Für Limburg läßt sich anhand von
kriegswirtschaftlichen „Kräftebilanzen“ des Bischöflichen Ordinariates für die Wehrkreise IX und XII
wenigstens ansatzweise die Zahl der Priester und Brüder im Kriegsdienst erheben (Stand: 31.5.1942).
Demnach waren im Wehrkreis IX, zu dem auch Frankfurt am Main gehörte, 26 von 163 Welt- und
Ordensgeistlichen im Kriegsdienst. Für den Wehrkreis XII, in dessen Einzugsbereich die großen
Ordensgemeinschaften des Bistums ihren Sitz hatten, verfügen wir über genauere Angaben: Von 318 im
aktiven Dienst befindlichen Welt- und Ordenspriestern waren 103 eingezogen, darunter 32 Weltgeistliche,
49 Pallottinerpatres aus Limburg, zehn Zisterzienser aus Marienstatt, acht Oblatenpriester aus
Niederlahnstein, drei Arnsteiner Patres und ein Franziskanerpater aus Marienthal. Von den Laienbrüdern
waren noch 66 für die Orden tätig, 141 Brüder waren eingezogen [Abb. 1, siehe nächste Seite]. Allein aus
dem Mutterhaus der Limburger Pallottinerprovinz waren von 127 Brüdern 62 im Heeresdienst und weitere
22 in Haft oder zum Arbeitsdienst im Raum Limburg verpflichtet (Stand 1.1.1944). Nach der Katastrophe
von Stalingrad und der Wende im Westen wurden noch die letzten Reserven mobilisiert, so daß 1944
noch einmal 135 Limburger Priester Gestellungsbefehle erhielten. Für die Pfarreien bedeutete die
Abwesenheit der Kapläne und jungen Pfarrer weitere Einschränkungen, vor allem in der Kinder- und
Jugendseelsorge. 5.953 Seelsorgstellen waren Anfang 1944 in Deutschland unbesetzt.
Die Kriegsverluste sind bislang nur vorsichtig zu beziffern. Während des Krieges listeten die Titelseiten
der Bischöflichen Amtsblätter in regelrechten Ehrentafeln die gefallenen Priester und Ordensleute auf
[Abb. 2]. Am Ende blieben zehn Geistliche der Diözese Limburg im Feld, vier gelten bis heute als vermißt.
Als erster starb am 2. September 1940 der aus dem Bistum stammende 28jährige Kriegsmarinepfarrer
Friedrich Wagner den „Seemannstod“, wie der Nekrolog festhält. Kumulierte und zuverlässige Zahlen zu
den Kriegsverlusten der Orden im Bistum liegen bislang nicht vor.
Der Limburger Bischof Antonius Hilfrich hat in den Hirtenworten der Kriegszeit seine Diözesanen immer
wieder auf ihre religiösen Pflichten daheim und im Feld hingewiesen. Im Fastenhirtenbrief vom 15. Januar
1940 sagte der Bischof: „Die bevorstehende ernste heilige Fastenzeit fällt in die noch viel ernstere Zeit
eines schweren Krieges um die Freiheit und Zukunft unseres Volkes. Eine große Zeit fordert und weckt
zugleich hochherzige Gesinnung und eifert an zu opfervoller Hingabe. Eine Zeit der Entscheidung über
Glück und Existenz unseres Volkes! Eine Zeit weltgeschichtlicher Wende!“ Derartiges Pathos war fraglos
auch der von Kirche und Katholizismus immer wieder geforderte Erweis patriotischer Zuverlässigkeit, der
nichts mit radikaler NS-Propaganda gemein hatte; allerdings führten solche Kanzelworte der deutschen
Kriegsführung nolens volens auch Kräfte zu, was die kontrovers diskutierte Fragestellung nach dem Anteil
von Kirche und kirchlichen Lehrmeinungen an der Rechtfertigung der erfolgten Kriegshandlungen aufwirft.
„Priester unter Hitlers Terror“
Nicht nur die Kriegsereignisse haben die personellen Kräfte der Katholischen Kirche nachhaltig
geschwächt. Der nationalsozialistische Unterdrückungsapparat forcierte in der Kriegszeit seine
Maßnahmen gegen unliebsame Geistliche. Aus den Reihen des Bistums Limburg kamen drei Pallottinerbrüder und ein Sankt Georgener Theologiestudent durch Haftumstände und willkürliche Gerichtsurteile zu
Tode. Pfarrer Jakob Bentz von Frankfurt-Oberrad, Pfarrer Dr. Adolf Müller, Hausgeistlicher in BerlinDahlem und Priester der Diözese Limburg, und der Superior des Klosters Arnstein, P. Alphons Spix
SSCC, starben im „Priester-KZ“ Dachau. Seit Ende 1940 wurden dort fast alle internierten Geistlichen aus
anderen Konzentrationslagern zusammengezogen, in der Mehrzahl Polen. In KZ-Haft befanden sich
außerdem fünf Weltpriester und dreizehn Ordensleute aus der Diözese.
In internen Beratungen der Ordinariate wurden Kriegsdienst und Haftmaßnahmen als zwei Seiten
derselben Medaille angesehen. In einer vertraulichen Statistik aus dem zweiten Kriegsjahr mit der
Überschrift „Verluste im Mitgliederstande des Klerus in Groß-Deutschland“, die im Diözesanarchiv
Limburg aufbewahrt wird, stehen Priestersoldaten und KZ-Häftlinge in einer Reihe. Die Rubriken lauten:
„In Strafgefängnissen und Untersuchungshaft“, „Im Konzentrationslager“, „Priester im Dienste der
Wehrmacht“ und „Theologiestudenten im Dienste der Wehrmacht“. Die Mobilisierung von Priestern und
Ordensleuten für den Kriegsdienst, das war in den Stabsstellen der Bischöfe klar, war eine
zweischneidige Angelegenheit. Sie diente unzweifelhaft dem voranschreitenden Kampf des NS-Regimes
gegen Kirche und Katholizismus. Dennoch wurde die Kriegsteilnahme auch als ein Akt
selbstverständlicher patriotischer Solidarität der Geistlichen mit ihren Altersgenossen, die als Soldaten im
Felde ihr Leben einsetzen mußten, empfunden.
Genau diese „nationale“ Haltung zweifelten aber die NS-Machthaber bei den katholischen
Heeresgeistlichen in zunehmendem Maße an. Unerwünschte Nebeneffekte traten etwa dann auf, wenn
sich wehrmachtsangehörige Pfarrer, wie im nationalsozialistischen Mustergau „Wartheland“ geschehen,
trotz rigoroser Strafandrohung mit Polen solidarisierten und mit ihnen die hl. Messe feierten. Solche oder
ähnliche Vorfälle führten zum Verbot jeder seelsorglichen Tätigkeit von Priestersoldaten durch das
Oberkommando der Wehrmacht (OKW), was den Klerus an der Front letztlich spaltete, denn gegenüber
den ordentlichen Wehrmachtsgeistlichen waren die „einfachen“ Wehrpflichtigen jetzt Priester 2. Klasse.
Um die Situation nachhaltig in den Griff zu bekommen, wurden als erstes die politisch ohnehin
„verdächtigen“ Jesuiten als „wehrunwürdig“ mit dem Vermerk „n.z.v.“ (nicht zur Verwendung) diffamiert,
dann die Priester, Priesteramtskandidaten und Ordensleute, die Reserveoffiziere waren, entlassen.
Reichsleiter Martin Bormann plante 1943 sogar, alle Geistlichen aus der Wehrmacht auszuschließen. Es
wäre sicher lohnend, den Aspekt „Kriegsdienst“ als Teil des Themenkomplexes „Priester unter Hitlers
Terror“ für die Diözese Limburg anhand der „Militaria“-Bestände und Personalakten im Diözesanarchiv in
schärferes Licht zu setzen.
Die Klöster und Ordenshäuser in der Diözese - und dies ist für den vorliegenden Werkstattbericht relevant
- waren durch die kriegsbedingten personellen Einbußen, das 1940 ergangene Verbot, neue Laienbrüder
und -schwestern in die Konvente aufzunehmen und eine intensivierte antikirchliche Propaganda an ihrem
eigentlichen Auftrag (Erziehung, Unterricht, Seelsorge, Exerzitien, Krankenpflege, Landwirtschaft,
Selbstheiligung, klausuriertes Leben usw.) zunehmend gehindert, in ihrer ökonomischen
Leistungsfähigkeit gravierend geschwächt und somit als kirchliche oder klösterliche Einrichtung existentiell
gefährdet, sofern sie nicht durch „staatspolizeiliche“ und regierungsamtliche Willkürakte bereits gänzlich
ihrem Wirkungskreis entzogen waren.
„Klostersturm“
Für die Nationalsozialisten waren Orden und Klöster seltsam autarke Sonderwelten, die sich einer
wirksamen Gleichschaltung durch den „braunen“ Macht- und Propagandaapparat entzogen. Früher als in
anderen Diözesen, kam es im Bistum Limburg zu einem sogenannten „Klostersturm“. Dabei handelte es
sich um die 1941 erfolgte entschädigungslose Enteignung von etwa 130 Klöstern und kirchlichen
Einrichtungen im ganzen Reichsgebiet, deren Hintergründe und Auswirkungen bis 1945 allerdings nur in
Einzelfällen bekannt sind. Ein großangelegtes Vorspiel dazu war das geradezu raubzugartige Vorgehen
staatlicher Stellen im Gau Hessen-Nassau im Frühjahr 1939. Dem berüchtigten Gauleiter Sprenger wird
bis heute die Äußerung zugeschrieben, er wolle Hitler zu dessen 50. Geburtstag einen „klosterfreien“ Gau
darbieten. Bereits zum Jahreswechsel 1938/39 wurde die im bischöflichen Besitz befindliche Pflegeanstalt
St. Vinzenzstift für geistig Behinderte in Aulhausen in ein Erholungsheim der „Nationalsozialistischen
Volkswohlfahrt“ (NSV) umgewandelt, die dort tätigen Dernbacher Schwestern vertrieben und die Zöglinge
- mit ungewissem Schicksal - in staatliche Anstalten verlegt. Im Krieg fungierte das Haus als Reservelazarett. Am 21. März 1939 wurde die Marienschule der Dernbacher Schwestern in Limburg, ein
Lyzeum für höhere Töchter, durch die Stadt geschlossen und am 15. April eine staatliche Oberschule in
den Gebäuden eröffnet.
In einer konzertierten Aktion von Gestapo und Regierungspräsidium in Wiesbaden, das die notwendigen
Verwaltungsakte besorgte, wurde Bischof Hilfrich am 25. März 1939 die Verfügung über die im
Diözesanvermögen befindliche Peter-Joseph-Stiftung und den Diözesanknabenseminarfonds entzogen.
Die auf den Limburger Bischof Blum zurückgehende Peter-Joseph-Stiftung war Eigentümerin der
Franziskanerklöster Kelkheim und Hadamar (Studienheim), zu einem Teil auch des Franziskanerklosters
Bornhofen. Betroffen waren von dieser Maßnahme gegen die Stiftung auch der Schwesternkonvent vom
„Guten Hirten“ in Marxheim, die Dernbacher Schwestern in Tiefenthal sowie die Diözesanjugendheime in
Kirchähr und Königshofen, die für Zwecke der Hitler-Jugend beschlagnahmt wurden. An die Stelle der
Peter-Joseph-Stiftung trat auf Anordnung des Regierungspräsidenten die „Nassauische
Volkspflegestiftung e.V.“ zur „Förderung und Erziehung deutscher Volksgenossen im Regierungsbezirk
Wiesbaden“. Diese zog die Verfügung über die genannten Häuser an sich.
Die zum Diözesanknabenseminarfonds gehörigen Knaben-Konvikte des Bischofs in Montabaur und
Hadamar ereilte das gleiche Schicksal. Die Regenten und Subregenten kamen in Haft und erhielten nach
Freilassung die Auflage, sich im Umkreis von 50 Kilometern von ihren früheren Wirkungsstätten
fernzuhalten. Am 5. April 1939 wurde dann auch noch die Diözesanjugenderziehungsanstalt in Marienhausen aus „staatspolizeilichen Gründen“ geschlossen, in die besagte NS-Stiftung überführt und zunächst
zum Kinderlandverschickungs-Lager, im Krieg schließlich zum Lazarett und NS-Landdienstlehrhof
umfunktioniert.
Als Begründung für die widerrechtlichen Aneignungen mußten angebliche „sittliche Verfehlungen“ der
Geistlichen in den fraglichen Häusern herhalten, was auch in den Tageszeitungen breiten Widerhall fand.
Das von langer Hand geplante Vorgehen bedeutete einen geradezu flächenmäßigen Schlag gegen
caritativ und schulisch wichtige Einrichtungen des Bistums. Besorgt äußerte sich Bischof Hilfrich am 31.
Mai 1939 in einer Eingabe an den Verbindungsmann des Episkopates zu den Regierungsstellen in Berlin,
Weihbischof Wienken: „Sind die Eingriffe bei uns vielleicht nur ein Anfang, ein Versuch, dem andere
Maßnahmen auch in anderen Diözesen folgen werden?“ Trotz dieser Ereignisse ließ Bischof Hilfrich für
den Vorabend von Hitlers 50. Geburtstag ein halbstündiges Geläut, Beflaggung aller Kirchen und
Dienstwohnungen mit Hakenkreuz- und Schwarz-Weiß-Roter-Fahne sowie ein „feierliches Votivamt zu
Ehren des heiligen Michael, des Patrones unseres deutschen Volkes“, über das Amtsblatt anordnen.
Der „Klostersturm“ zwei Jahre später betraf auf dem Gebiet der Diözese Limburg vor allem die
Benediktinerinnen-Abtei Eibingen bei Rüdesheim. Der dortige Konvent hatte am 26. Mai 1941 noch bei
der Wehrkreisverwaltung erreicht, daß die Abtei mit sofortiger Wirkung für „Lazerettzwecke“ in Beschlag
genommen wird. Zu einem Vertragsabschluß mit dem Reservelazarett nach § 27 RLG kam es jedoch
nicht mehr. Am 2. Juli 1941 wurde das Kloster mit damals 114 Schwestern von der Gestapo geräumt und
das gesamte Vermögen der „Vereinigung der Benediktinerinnen zu St. Hildegard e.V.“, des Rechtsträgers
der Abtei, aufgrund von § 1 der „Reichstagsbrandverordnung“ vom 28. Februar 1933 als „volks- und
staatsfeindliches Vermögen“ enteignet. Der Konvent ging in seiner überwiegenden Zahl nach Dernbach.
Nur neun Schwestern blieben zurück, die im schließlich doch noch eröffneten Lazarett dienstverpflichtet
wurden. Als die Enteignung im Februar 1942 vom Regierungspräsidenten für Rechtens erklärt wurde,
protestierte Bischof Hilfrich in einem Hirtenbrief sehr offen, aber erfolglos gegen die Vertreibung der
Schwestern. Nach Kriegsende wurde von der Stadt Rüdesheim ein Altenheim im Kloster eingerichtet. Erst
1948 erhielten die Schwestern ihren Besitz zurück.
Ähnliche Maßnahmen gegen andere, noch bestehende bedeutende Konvente in der Diözese, etwa gegen
die Kapuziner in Frankfurt, die Franziskaner in Marienthal oder die Zisterzienser in Marienstatt, erfolgten
1941/42 offenbar nicht. Die staatlichen Räumungsabsichten im Falle der Jesuiten-Kommunität in
Frankfurt-Sankt Georgen wurden zurückgezogen, da die Einquartierung eines Lazaretts bevorstand. Von
der Übernahme der kirchlichen Kindergärten durch die NSV im August 1941 waren jedoch die
Dernbacher Schwestern in besonderer Weise betroffen, da hauptsächlich sie in diesen Einrichtungen auf
Pfarrebene arbeiteten.
Der NS-Staat hatte seit Kriegsbeginn in zunehmender Weise polykratische Herrschaftsstrukturen
ausgebildet, institutionelle und persönliche Rivalitäten schwächten den Anspruch des totalitären Staates,
allerdings verloren im Windschatten des zunächst erfolgreichen „Blitzkrieges“ letzte rechtsstaatliche
Formen immer mehr an Bedeutung, und ungezügelte Willkürakte der Exekutivorgane griffen zunehmend
Raum. Über Erfolg oder Mißerfolg der Enteignungsabsichten entschieden nicht selten das Kräfteverhältnis
zwischen den alten Eliten in Bürokratie und Militär und den neuen Staats- und Parteidienststellen, der
Grad intensionaler Verwurzelung der „braunen“ Bewegung in traditionell verhafteten Lebensräumen und,
wie meist in der Geschichte, okkasionale Gegebenheiten. Die Erforschung dieser Zusammenhänge und
der Auswirkungen des „Klostersturms“ steckt in unserem Bistum noch in den Anfängen.
Dienstleistungen für die „Heimatfront“
Wie schon im Ersten Weltkrieg stellte die Kirche Räume und Personal für Lazarette und Notunterkünfte
zur Verfügung, allerdings unter sehr viel größerem Druck als 1914/18. Der Raumbedarf während des
Krieges stieg enorm an. Hinzu kamen die Begehrlichkeiten von Parteidienststellen, den Umbau der
Gesellschaft nicht ins Stocken geraten zu lassen und brauchbare kirchliche Gebäude für NSKaderschmieden in Besitz zu bekommen. Zunächst aber wurden kirchliche Unterkünfte für Soldaten,
Arbeitsdienstpflichtige usw. für den Mobilisierungsfall regelrecht auf „standby“ geschaltet. Nach dem oben
erwähnten Geheimschreiben des Wehrkreispfarrers in Wiesbaden war bereits 1938 das Behindertenheim
St. Vinzenzstift in Aulhausen als Reservelazarett und die Jugendanstalt Marienhausen der
Salesianerpatres als Teillazarett vorgesehen. Auch das Missionshaus der Pallottiner in Limburg wurde im
Herbst 1938 inspiziert und vermessen, um im Kriegsfall das städtische Vinzenzkrankenhaus, das Lazarett
werden sollte, dorthin verlegen zu können. Eine Inbeschlagnahme dieser großen Häuser mit Ausnahme
der Kirchengebäude hätte jederzeit nach dem „Gesetz über Leistungen für Wehrzwecke“ vom 13. Juli
1938, dem Vorläufer des RLG, erfolgen können. Sie lag in der Luft.
Mit Kriegsausbruch wurden über-all in der Diözese kirchliche Einrichtungen und Klöster zur Unterbringung
von Soldaten und Zivilisten genutzt. Wieviele der 613 durch den Realschematismus
von 1936 festgestellten damals bestehenden Häuser und Einrichtungen (Pfarrheime, Klöster, Krankenhäuser, Seminare, Heime, Kindergärten etc.) in Beschlag kamen, läßt sich bislang nur
ansatzweise beziffern. In einer im Nachlaß von Kardinal Bertram befindlichen „Statistik zum Kriegseinsatz
der katholischen Kirche in Deutschland“ vom 12. August 1943 werden für das Reichsgebiet 675 Lazarette,
427 Umsiedlerlager, 217 Lager für die Kinderlandverschickung, 90 Lager für Rüstungsarbeiter und 1.902 weitere kirchliche und klösterliche Einrichtungen vermerkt, über deren Verwendung keine Angaben
vorlagen. Wie war die Lage in der Diözese Limburg?
In den bischöflichen Akten befindet sich eine 1944 erstellte Liste mit der Überschrift „Bereitstellung der
Ordensgenossenschaften von Häusern für den Kriegseinsatz“. Auf ihr sind 17 Einrichtungen und deren
gegenwärtige Nutzung aufgezählt: Elf Lazarette, sechs Hilfskrankenhäuser, fünf „Kriegsaltersheime“, zwei
Kinderheime und eine sonstige Nutzung. Bei letzterer handelt es sich um die bereits 1936 von den
Nationalsozialisten aufgelöste St. Josefsanstalt für geistig Behinderte im Besitz der Barmherzigen Brüder,
die eigentlich an eine NS-Lehrerbildungsanstalt vermietet war, im Krieg allerdings als Wäscherei für das
Lazarett Montabaur und als Unterkunft für das Offlag Hadamar diente. In der Bischofsstadt selbst waren
die zwischenzeitlich enteignete Marienschule der Dernbacher Schwestern, das Pallottinerinnenkloster
Marienborn und das Bischöfliche Priesterseminar Lazarett. Das Missionshaus der Pallottiner diente als
Hilfskrankenhaus des Vinzenzhospitals, das wie geplant ebenfalls Lazarett geworden war. Die Liste zählt
schließlich noch weitere vier fremdgenutzte Einrichtungen der Barmherzigen Brüder auf (alle Lazarett),
das Zisterzienserkloster Marienstatt (Kinderheim und Altersheim), das Franziskanerkloster Marienthal
(Altersheim), das Kloster Arnstein (Kinderheim und Altersheim), die Philosophisch-Theologische
Hochschule Frankfurt-Sankt Georgen (Lazarett und Hilfskrankenhaus), das Antoniushaus in Hochheim
(Hilfskrankenhaus), das Kinderheim der Dernbacher Schwestern in Wiesbaden (Hilfskrankenhaus), des
weiteren deren Niederlassung in Kamp (Hilfskrankenhaus), die Gemeindestation der
Schönstattschwestern in Wallmerod (Altersheim), das Johannesstift der Hiltruper Missionsschwestern
(Hilfskrankenhaus), das Kloster Johannisberg im Rheingau (Altersheim) und das Ursulineninternat in
Geisenheim (Lazarett). In dieser Liste wegen bereits erfolgter Ausbombung im März 1944 nicht
aufgeführt, aber ebenfalls herangezogen wurden auch das Mutterhaus der Ursulinen in Frankfurt
(Altersheim) und das Frankfurter Marienkrankenhaus der Dernbacher Schwestern (Luftschutzlazarett).
Die genannte Liste bildet wahrscheinlich nur die Spitze des Eisberges. Für Frankfurt etwa verfügen wir
durch erhaltene Hausstandsbücher über Hinweise, daß die größeren Häuser der noch bestehenden
katholischen Vereine (Monikaheim, Heim für Kaufleute und Studenten, Karlshaus) als Sammelunterkünfte
genutzt wurden. Selbst Pfarreien mußten ihre größeren Räumlichkeiten für „Sachleistungen“ zur
Verfügung stellen, etwa St. Josef in Frankfurt-Bornheim, wo im Pfarrsaal italienische Saisonarbeiter und
eine Pionierabteilung der Wehrmacht einquartiert wurden. In fast allen genannten Fällen blieb der
kirchliche Träger formal Hausherr.
In den kirchlichen Krankenhäusern und Anstalten, die noch Zivilfunktion hatten oder nur vorübergehend
als Lazarett genutzt wurden, zielten die staatlichen Stellen auf Ausschaltung des konfessionellen
Charakters dieser Häuser. In einem Nachtrag zum Runderlaß über die „Betätigung der
Glaubensgemeinschaften in den öffentlichen Kranken-, Heil- und Pflegeanstalten“ vom 9. April 1941
schränkte Reichsinnenminister Frick am 8. Juli 1941 die Freiheit der Seelsorge in den kirchlichen
Krankenhäusern drastisch ein. Die Patienten mußten, wenn sie noch konnten, beim diensthabenden
Stationsleiter selbst um den Besuch des Pfarrers bitten, der nicht einmal mehr im Krankenzimmer
stattfinden durfte. Die Krankenhausseelsorger durften ihrerseits keinerlei Informationen, etwa die
Konfessionszugehörigkeit, aus der Patientenkartei erhalten.
Mit der Okkupation von kirchlichen Einrichtungen wurde meist auch das dort vorhandene Potential an
arbeitsfähigen Personen dienstverpflichtet. So waren nach Hochrechnungen in „Groß-Deutschland“ rund
70% von etwa 120.000 Ordensschwestern und -novizinnen für Lazarette, Zivil- und Hilfskrankenhäuser,
Altenheime oder andere Einrichtungen der Gesundheitsfürsorge tätig [Abb. 3, siehe nächste Seite]. Durch
wehrstatistische Erfassungen in den Jahren 1940 bis 1944 versuchte das OKW im Zusammenspiel mit
den Arbeitsbehörden und dem Reichsministerium für die kirchlichen Angelegenheiten (RMfdkA) vor allem
gegen Ende des Krieges auch die letzten abkömmlichen und dienstfähigen Geistlichen, Ordensleute und
kirchlichen Angestellten für die Front oder den Einsatz in der Heimat zu mobilisieren. Am 10. Dezember
1943 antwortete der greise Generalvikar Göbel in der ihm eigenen Gelassenheit auf ein entsprechendes
Ansinnen der Behörden:
„An den Herrn Minister für die kirchlichen Angelegenheiten, durch eine Mitteilung des Vorsitzenden der
Fuldaer Bischofskonferenz wurden wir über die Forderung des Generalbevollmächtigten für den
Arbeitseinsatz unterrichtet, Dienstkräfte der kirchlichen Stellen für Zwecke des Rüstungseinsatzes zur
Verfügung zu stellen. Wir bedauern mitteilen zu müssen, daß aus unserer Diözese keine Kräfte abgeben
werden können, nachdem der Personalbestand der Diözese, der Kirchengemeinden und kirchlichen
Angestellten durch Einberufungen zum Heeresdienst und Dienstverpflichtungen bei gleichzeitigem
Wegfall des Nachwuchses und fast vollständigen Unmöglichkeit der Heranziehung freiwilliger Hilfskräfte
schon seit längerer Zeit auf ein Minimum herabgedrückt worden ist. Zur Begründung verweisen wir auf
folgende Ausführungen:
1.
Die Diözesanverwaltung beschäftigte zu Beginn des Krieges in ihren verschiedenen Abteilungen 15
Angestellte, heute nur noch 7, darunter einen bereits pensionierten Beamten und eine Aushilfe.
2.
Gesamtverbände.
a. Der Gesamtverband kath. Pfarrgemeinden Frankfurt beschäftigt z.Zt. auf seinem Verwaltungsbüro
25 Personen (2 sind bei der Wehrmacht). Nachdem durch den feindlichen Luftangriff auf Frankfurt am
4. Oktober ds. Js. das Verwaltungsgebäude mit seiner gesamten Einrichtung, den Akten, der
Steuerkartei usw. vernichtet wurde, werden die Kräfte zum Neuaufbau (Erfassung von 30.000
Steuerpflichtigen, Einrichtung der Kartei, Veranlagung usw.) dringend benötigt. Der Caritasverband
Frankfurt hat 4 Angestellte in der letzten Zeit durch Erkrankung u.a. verloren, so daß er wegen
Einstellung neuer Kräfte in Verhandlung steht.
b. Der Gesamtverband Wiesbaden hat in seiner Verwaltung 3 Vollbeschäftigte, eine Halbtagskraft
und eine nebenamtliche im Außendienst, die alle benötigt werden.
3.
Pfarrgemeinden.
In 10 Pfarreien sind 12 Küster bzw. Organisten hauptamtlich tätig. Diese kommen wegen ihres Alters
oder ihres Gesundheitszustandes für Rüstungsarbeiten nicht in Frage. Die Gemeindehelferinnen sind
alle über 48 Stunden beschäftigt, und zwar nur in wenigen großen Kirchengemeinden.
4.
Weibliche Ordensgenossenschaften.
a. Die Genossenschaft der Armen Dienstmägde Jesu Christi in Dernbach und die der Pallottinerinnen
in Limburg ist in Lazaretten, Krankenhäusern, Altersheimen, Gemeindekrankenpflegestationen in
unserer Diözese tätig. Bei der Unmöglichkeit, neue Mitglieder aufzunehmen, bei dem Mangel an
Hilfskräften sind bekanntlich die Schwestern in den genannten Einrichtungen überstark in Anspruch
genommen. (...) Die Haus- und Ordensleitungen versichern uns, daß keine Kräfte für den Rüstungseinsatz abgegeben werden können, wenn die Arbeit nicht gefährdet werden soll.
5.
Die Angehörigen der männlichen Ordensgenossenschaften sind, soweit sie nicht bereits zum
Heeresdienst u.a. herangezogen sind, in der Seelsorge oder in den Ordenseinrichtungen beschäftigt
und nach der Erklärung der zuständigen Stellen nicht abkömmlich.
gez. Göbel.“
Die Personaldecke der kirchlichen und klösterlichen Einrichtungen wurde immer dünner, je länger der
Krieg dauerte. Parallel dazu schwebte gerade über den Orden das Damoklesschwert der Schließung oder
Exklaustration aus „staatspolizeilichen“ Gründen. Dieses Schicksal konnte vor allem dann abgewendet
werden, wenn die verblieben Schwestern, die Patres und Fratres einen kriegswichtigen Beitrag durch
Krankenpflege, Verwaltungstätigkeit oder Lebensmittelproduktion erbrachten. Dagegen wurden noch im
Herbst 1944 weniger kriegsrelevante Anstalten und Ordenshäuser aus fadenscheinigen Gründen von der
Gestapo geschlossen, etwa das Augustinuslehrlingsheim der Salesianer in Wiesbaden.
Die Beschäftigung von Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen in kirchlichen und klösterlichen
Einrichtungen im Bereich der Diözese Limburg ist in dieser Topographie von kirchenfeindlichen
Maßnahmen, machtstaatlich erzwungenen Arbeits- und Sachleistungen und der geradezu „wilden Hektik“
(Herbert) in der vollständig mobilisierten deutschen Kriegsgesellschaft einzuordnen und nur aus diesem
Zusammenhang heraus zu verstehen. Mit der Darstellung von Unterdrückungsmaßnahmen gegen Kirche
in unserem Bistum sollen andere, „objektiv“ sicher schlimmere Formen der Nachstellung und Verfolgung
im „Dritten Reich“, vor allem das unbeschreibliche Leid der Juden und der verschleppten Zwangsarbeiter,
nicht ausgeblendet werden. Das entdeckte Forschungsfeld „Kirche im Krieg“ eröffnet ja gerade neue
Perspektiven für die menschlich eindringlichen Reizthemen „Katholizismus und Antisemitismus“, „Rettung
von ‘Nichtariern’ durch kirchliche Institutionen und Persönlichkeiten“, „braune Pfarrer“ oder „Katholizismus,
Euthanasie und Eugenik“. Nähere Ausführungen hierzu verbieten sich aus Gründen zumeist fehlender
Forschungsergebnisse für die Diözese ebenso, wie aus der thematischen Anlage dieses
Werkstattberichtes, dessen Zweck darin liegt, eine Facette dieses Krieges, Katholische Kirche und
Zwangsarbeit, für das Bistum Limburg in einer vorläufigen Form darzustellen. (JR)
Annäherung an den Begriff „Zwangsarbeiter“
„Im August 1944 waren im Gebiet des ‚Großdeutschen Reiches‘ 7.615.970 ausländische Arbeitskräfte als
beschäftigt gemeldet; davon 1,9 Millionen Kriegsgefangene und 5,7 Millionen zivile Arbeitskräfte; darunter
250.000 Belgier, 1,3 Millionen Franzosen, 590.000 Italiener, 1,7 Millionen Polen, 2,8 Millionen Sowjets.
Mehr als die Hälfte der polnischen und sowjetischen Zivilarbeiter waren Frauen, ihr Durchschnittsalter lag
bei etwa 20 Jahren“. So beginnt Ulrich Herbert seine umfangreiche Studie zum Thema „Fremdarbeiter“.
Wer verbirgt sich nun hinter den „ausländischen Arbeitskräften“? Sind es Zwangsarbeiter, Fremdarbeiter,
Zivilarbeiter, Sklavenarbeiter oder KZ-Häftlinge? Und um wen handelt es sich bei „Wanderarbeitern“
„Saisonarbeitern“ und „Absiedlern“?
Der Begriff „Zwangsarbeiter“ taucht in den Erlassen und Bestimmungen der NS-Zeit nicht auf, man sprach
von „Fremdarbeitern“ und „Zivilarbeitern“. Der moderne Begriff „Zwangsarbeiter“ wird von Historikern
verwendet, um einen Sachverhalt zu umschreiben, der 1930 in einer Definition der „Internationalen
Arbeitsorganisation“ so umschrieben wird: „Jede Art von Arbeit oder Dienstleistung, die von einer Person
unter Androhung irgendeiner Strafe verlangt wird und für die sie sich nicht freiwillig zur Verfügung gestellt
hat“. Unstrittig wurden in den Jahren 1939 bis 1945 Menschen in ihrer Heimat aufgegriffen und unter
Zwang in das Deutsche Reich deportiert.
Zwangsweise Arbeit war in den letzten Jahren des „Tausendjährigen Reichs“ eine Realität, die in keiner
Stadt und in keinem Dorf übersehbar war. Selbst in den kleinsten Ortschaften sah man Baracken als
Sammelunterkünfte und kannte die ausländischen Landarbeiter und Kriegsgefangenen, die auf den Höfen
und Gütern lebten und zusammen mit den ansässigen Bäuerinnen und älteren Kindern Felder und Stall
bestellten. Dennoch ist der Begriff „Zwangsarbeiter“, der sich auch in weiten Teilen der wissenschaftlichen
Literatur durchgesetzt hat, nicht unproblematisch und sollte zumindest nicht unbedacht verwandt werden.
Zu den sogenannten „Westarbeitern“ gehörten Männer und Frauen aus Belgien, den Baltenländern
(Estland, Lettland, Litauen), Bulgarien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Italien, Jugoslawien, den
Niederlanden, Norwegen, der Tschechoslowakei, der Schweiz und aus Ungarn. Die differenzierte Sicht
des Arbeitseinsatzes von ausländischen Zivilisten im Deutschen Reich soll hier exemplarisch am Beispiel
der Italiener verdeutlicht werden. Drei Phasen sind klar voneinander zu unterscheiden: 1. Die
Vorkriegszeit und die Monate der „Nicht-Kriegsführung“ bis Juni 1940; 2. Die Zeit des italienischen
Kriegseintritts bis zum 8. September 1943; 3. Die Zeit der Besetzung bis Kriegsende. In der 1. Phase
versuchte die Regierung in Rom, dem deutschen Wunsch nach Arbeitskräften für die Landwirtschaft
nachzukommen, nicht zuletzt, um die hohe Arbeitslosenquote Italiens zu senken. Die Italiener kamen als
„Wanderarbeiter“ oder „Saisonarbeiter“ und für die Zeit von April bis November ins Reich. In der 2. Phase
ab Sommer 1940 war die Lage angespannter. Deutschland wollte nun Kräfte für die Industrie in Italien
abziehen. Die benötigten Facharbeiter wurden zwangsweise nach Deutschland geschickt. Italien erhielt im
Gegenzug dringend benötigte Rohstofflieferungen und militärische Unterstützungsleistungen. In der 3.
Phase wurde das System lediglich weiterentwickelt und „verbessert“. Die „Freiwilligkeit“ der
Arbeitsaufnahme in Deutschland war insoweit gegeben, als kein physischer Zwang bei der Rekrutierung
ausgeübt wurde. Die Skala reichte aber tatsächlich von der Migrationsbewegung über ökonomische
Triebfedern (Arbeitslosigkeit, Unterbeschäftigung, niedrige Löhne) bis hin zu offenen Zwangsmaßnahmen,
z.B. dem Verbot der Rückkehr nach Italien, trotz abgelaufener Arbeitsverträge. Ohne ein unzulässiges
Urteil zu fällen, ist die Feststellung erlaubt, daß nicht alle italienischen Zivilarbeiter gleichermaßen
gezwungen nach Deutschland kamen.
Eine zweite zu nennende Großgruppe sind die polnischen Zivilarbeiter. Alle Rekrutierungen für den
Einsatz im Deutschen Reich beruhten von Kriegsbeginn bis zum 25. Oktober 1939 auf Zwang. Es fanden
regelrechte Menschenjagden und Razzien statt, Männer und Frauen wurden namentlich und unter
Androhung der Todesstrafe zu Abtransporten zusammengestellt. Als die zivile Besatzungsverwaltung am
26. Oktober 1939 eingeführt wurde, versuchten es die Behörden in den in das Reich inkorporierten
Gebieten mit persönlichen Anschreiben des Inhaltes, daß sich die Adressaten für den Arbeitseinsatz in
Deutschland bereitzuhalten hätten. Als sich diese Methode als weithin erfolglos herausstellte, weil sich an
den brieflich mitgeteilten Sammelstellen nur wenige Menschen einfanden, wurden dort ebenfalls Razzien,
vor allem vor Kirchen, in Parks und auf Straßen durchgeführt. Im Generalgouvernement setzte sich
zunächst die Überzeugung durch, daß Freiwilligkeit zu höheren Anwerbungszahlen führen kann. Als aber
die Kunde aus Deutschland kam, daß die Arbeitsbedingungen mehr als schlecht waren, meldete sich fast
niemand mehr. Deswegen wurde auch im Generalgouvernement jede erdenkliche Form von
Zwangsmaßnahme eingeführt. Wer dem Ausreisebefehl nicht nachkam, dessen Hab und Gut wurde
beschlagnahmt und es drohte Gefängnis- und KZ-Haft. Bei den ins Reich verschickten Polen kann man
also zwei Gruppen unterscheiden: diejenigen, die brutal zur Arbeit nach Deutschland gezwungen wurden
und jene, die formal freiwillig gingen. Sogenannt „freiwillig“ reisten Menschen, die sich in wirtschaftlichen
Schwierigkeiten befanden. Andere folgten ihren erzwungenermaßen nach Deutschland gereisten
Angehörigen. Die Zahl der „Freiwilligen“ an der Gesamtzahl der polnischen Zivilarbeiter betrug etwa 5%,
die Zahl der Zwangsdeportierten 95%.
In der Hierarchie ganz unten standen die „Ostarbeiter“. Ab März 1942 war der Bedarf an Arbeitskräften im
Deutschen Reich so groß, daß der „Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz“, Sauckel, durch
Einsatzstäbe der Wehrmacht innerhalb von zweieinhalb Jahren 2,5 Millionen Zivilisten aus der
Sowjetunion als „Zwangsarbeiter“ ins Reich deportieren ließ – das waren 20.000 Menschen in jeder
Woche. Von irgendeiner „Freiwilligkeit“ konnte hier nicht gesprochen werden.
Die nationalsozialistische Terminologie „Absiedler“ bezieht sich auf Angehörige von besetzten Gebieten,
die auf längere Sicht dem Deutschen Reich eingegliedert werden sollten: Untersteiermark und Oberkrain
in Slowenien, Elsaß und Lothringen in Frankreich sowie Luxemburg. Die Gebiete sollten „germanisiert“
werden, die Einwohner zwangsweise die deutsche Sprache als Muttersprache (wieder) annehmen.
Arbeitskräfte aus diesen Gebieten waren Opfer der Entnationalisierungspolitik. Sie, die als Ausländer oder
Bewohner bestimmter Grenzgebiete in den einzudeutschenden Gegenden wohnten, wurden außer
Landes gebracht. Statt der Bezeichnung „Aussiedler“ oder „Evakuierte“, die für die nach Frankreich,
Serbien, Kroatien oder dem Generalgouvernement Verbannten galten, bezeichneten die Deutschen die
aus den aufgeführten fünf Ländern ins Reich deportierten Personen als „Absiedler“. Eine große Gruppe
bildeten Slowenen von der Save, die zunächst nach Kroatien verbracht werden sollten, wegen der
unruhigen politischen Lage auf Anordnung von Himmler jedoch in das Gebiet des Deutschen Reichs
verschleppt wurden. Zwei dieser Frauen wohnten und arbeiteten zwischen 1942 und 1945 im St. Josephshaus der Dernbacher Schwestern in Kamp. Ausschließlich französisch-sprechende junge Frauen aus
Lothringen wohnten im Kloster der Franziskanerinnen in Frankfurt und arbeiteten in Frankfurter Betrieben.
Tone Ferenc konstatiert: „Die Arbeit der Absiedler war richtige Zwangsarbeit: Sie mußten arbeiten, was
man sie arbeiten hieß“.
Der Begriff „Sklavenarbeiter“, der sich im angelsächsischen publizistischen Bereich durchgesetzt hat, ist
auch bei den gegen ihren Willen in Deutschland beschäftigten Ausländern in katholischen Einrichtungen
nicht brauchbar. Der Einsatz von KZ-Häftlingen ist für die Einrichtungen des Bistums Limburg weder zu
belegen noch auch nur entfernt zu vermuten. (BW)
Rahmenbedingungen des „Arbeitseinsatzes“
Häufig wird die Frage gestellt, wie die katholischen Einrichtungen an die Fremdarbeiter gelangten und ob
sie gar eigenständig im Ausland Werbung betrieben haben. Darauf läßt sich folgende Antwort geben: Die
„Anwerbung“ und Vermittlung ausländischer Arbeitskräfte war ausschließlich dem
Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz oder den von ihm beauftragten Stellen und Personen gestattet (§ 67 ABABG; § 24 Ausl. VO). In einer Reihe von Ländern wurden deshalb Anwerbestellen
eingerichtet: Finnland, Norwegen, Dänemark, Niederlande, Belgien, Frankreich, Elsaß und Lothringen,
Luxemburg, Italien, Jugoslawien, Slowakei, Ungarn, Bulgarien, Protektorat, Spanien,
Generalgouvernement, besetzte Ostgebiete (Vgl. RABl. 1941, I 523). Die Verteilung der mehr oder
weniger freiwillig geworbenen Personen erfolgte nach Planungsgrundsätzen, die sich an
„staatspolizeilichen“ Gesichtspunkten und Dringlichkeitsregeln orientierten: Zunächst waren die
kriegswichtigen Arbeitsplätze zu besetzen. Eine eigenmächtige Anwerbung, z.B. durch kirchliche
Einrichtungen, war strafbar.
Die Gesetzgebung zur Einstellung und Entlassung, zur Unterbringung und Verpflegung sowie
Besteuerung der verschiedensten aus dem Ausland eingereisten Menschen war hoch kompliziert, ständig
gab es neue Erlasse auf Reichs-, Gau- oder Stadtebene – kurz gesagt: ein verwirrendes Dickicht. Einige
wichtige Bestimmungen sollen deshalb herausgegriffen werden (vgl. Hertel):
Die ausländischen Arbeitskräfte hatten grundsätzlich die gleichen Arbeitsbedingungen wie Deutsche, d.h.
die gleichen Rechte und Pflichten wie „deutsche Gefolgschaftsangehörige“. Das galt z.B. in bezug auf die
Ernährung, die Entlohnung, die Beiträge und Leistungen aus der Krankenversicherung,
Invalidenversicherung, Arbeitslosenversicherung etc. Ausländer durften nicht schlechter, aber auch
keinesfalls besser gestellt werden als Deutsche. Die Unterkunft für ausländische Arbeiter mußte in
gesundheitlicher und polizeilicher Hinsicht einwandfrei sein. Als zweckmäßig wurde die Gemeinschaftsunterkunft angesehen, stand sie nicht zur Verfügung, so hatte sich der Betriebsführer nach einem
nicht zu teuren Quartier umzusehen. Angehörige verschiedenen Volkstums waren getrennt
unterzubringen. In Betrieben mit Kriegsgefangenen war der zeitgleiche Einsatz von Zivilarbeitern der
gleichen Sprache verboten, auch durften französische weibliche Arbeitskräfte in Betrieben nicht
zusammen mit französischen Kriegsgefangenen arbeiten. Damit die Ausländer flexibler eingesetzt werden
konnten, war die DAF aufgefordert, in allen Gauen Deutschkurse durchzuführen. Die Betreuung in
gewerblicher Beschäftigung stehenden Ausländern geschah durch die DAF, landwirtschaftliche Kräfte
wurden durch die Dienststellen des Reichsnährstandes versorgt.
Eine Sonderstellung unter den ausländischen Arbeitskräften nahmen Polen, Juden, Ukrainer und
Ostarbeiter ein. Sie waren den deutschen Arbeitnehmern nicht gleichgestellt, für sie galten
Sondervorschriften.
1.
Zu den Polen zählen alle Personen, die im früheren polnischen Staatsgebiet polizeilich gemeldet
waren. Zu dieser Gruppe zählten auch die dort ansässigen Ukrainer, Goralen, Slonsaken und andere
Volksstämme. Die Distrikte Galizien und Bialystok waren ausdrücklich eingeschlossen. Polnischen
Arbeitskräften, so hieß es 1941 in einer Anordnung des Reichsarbeitsministeriums, „ist eine
besondere Stellung im Arbeitsleben des deutschen Volkes zugewiesen; sie haben nicht unbeschränkt
an dem sozialen Fortschritt des neuen Deutschland teil“ (RABl. 1941, I 448). Konkret bedeutete dies
für polnische Beschäftigte folgendes:
a.
-
Arbeitsrechtliche Stellung:
Es bestand nur Anspruch auf Vergütung für tatsächlich geleistete Arbeit. Lohnfortzahlung im
Krankheitsfall entfiel. Der Feiertagszuschlag zum Lohn durfte nicht gewährt werden, ebensowenig
Familien- und Kinderzulagen, Geburts- und Heiratsbeihilfen, Sterbegelder, Weihnachtszuwendungen,
Jubiläumsgaben, Trennungs- und Unterkunftsgelder und vieles mehr.
Die Höhe des Arbeitsentgelts der Polen durfte nur die niedrigste betriebsübliche Vergütung der
jeweiligen Alters- und Tätigkeitsgruppe betragen. Polnische Beschäftigte durften nicht an
Arbeitsplätzen eingesetzt werden, „die sie berechtigten, deutschen Gefolgschaftern Weisungen zu
erteilen“.
Der Sozialversicherungsschutz der polnischen Arbeitskräfte richtete sich nach den allgemeinen
Vorschriften.
-
-
b.
-
-
-
Polizeiliche Sondervorschriften:
Polen erhielten einen Sonderausweis, d.h. eine Arbeitskarte mit polizeilich abgestempeltem Lichtbild,
Fingerabdrücken und der eigenen Unterschrift.
Polen hatten nach den Polenerlassen vom 8.3.1940 ein Kennzeichen [Abb. 4] zu tragen: „Auf der
rechten Brustseite jedes Kleidungsstückes (Rock, Bluse, Weste, Hemd, Mantel) ist ein
Stoffabzeichen, bestehend aus einem auf der Spitze stehenden Quadrat mit 5 cm langen Seiten bei
½ cm breiter violetter Umrandung auf gelbem Grunde, ein 2½ cm hohes violettes P zeigend, zu
tragen. Das Abzeichen muß stets sichtbar und fest angenäht sein“ (RGBl. 1940, 555).
Polen durften während für sie geltender nächtlicher Sperrzeiten ihre Unterkunft nicht verlassen und
mußten sich wöchentlich einmal persönlich bei der Ortspolizeibehörde melden. Die Benutzung von
Verkehrsmitteln war nur aufgrund einer Bescheinigung durch die Ortspolizeibehörde gestattet, das
galt auch für Fahrräder. Fotoapparate durften Polen nicht besitzen.
Der Besuch deutscher Veranstaltungen kultureller, kirchlicher und geselliger Art war untersagt,
ebenso der Besuch von Gaststätten. Gottesdienste zusammen mit Deutschen, selbst wenn den
-
Polen eigene Bänke vorbehalten waren, durften nicht stattfinden, es mußten eigene Gottesdienste
eingerichtet werden.
Auf die sogenannte „Rassenschande“ stand die Todesstrafe.
2.
„Ostarbeiter sind diejenigen Arbeitskräfte nichtdeutscher Volkszugehörigkeit, die im
Reichskommissariat Ukraine, im Generalkommissariat Weißruthenien oder in Gebieten, die östlich an
diese Gebiete und an die früheren Freistaaten Lettland und Estland angrenzen, erfaßt und nach der
Besetzung durch die deutsche Wehrmacht in das Deutsche Reich einschließlich des Protektorates
Böhmen und Mähren gebracht und hier eingesetzt werden“. Diese Definition und alle weiteren hier
zitierten Bestimmungen waren dem „Merkblatt Nr. 1 für Betriebsführer über den Einsatz von
Ostarbeitern“, herausgegeben vom Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz, Sauckel, zu
entnehmen. Hier hieß es weiter „Die Masse der Ostarbeiter kommt arbeitswillig ins Reich. Sie
empfindet die Vernichtung des Bolschewismus in ihrer Heimat als Erlösung. Die Ostarbeiter müssen
daher korrekt und gerecht behandelt werden“. Dies durfte nicht zu weit führen: „Ebenso verderblich
wie eine willkürliche und ungerechte Behandlung der Ostarbeiter für den Arbeitseinsatz in
Deutschland wäre eine der Würde unseres Volkes und der Schwere der Kriegszeit widersprechende
Annäherung oder gar Anbiederung“. Für Ostarbeiter galten folgende Einzelvorschriften:
a.
-
Arbeitsrechtliche Stellung:
„Die im Reich eingesetzten Ostarbeiter stehen in einem Beschäftigungsverhältnis eigener Art. Die
deutschen arbeitsrechtlichen und arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen finden auf sie nur insoweit
Anwendung, als dies besonders bestimmt wird“.
Wie bei Polen wurde Lohn nur für tatsächlich geleistete Arbeit ohne jeden Zuschlag ausgezahlt. Die
Höhe richtete sich nach einer Lohntabelle, das auszuzahlende Entgelt lag bei weniger als 1/3 im
Vergleich zu deutschen Arbeitskräften. Der Lohnanteil für Unterkunft und Verpflegung wurde direkt
einbehalten. Die Betriebsführer, die Ostarbeiter beschäftigten, mußten eine Ostarbeiterabgabe
entrichten, die ebenfalls in der Tabelle festgelegt war.
Ostarbeiter unterlagen nicht der Reichsversicherung und zahlten demzufolge keine
Sozialversicherungsbeiträge. Im Krankheitsfall wurde „Krankenversorgungsschutz“ eingeräumt, d.h.
es sollte ein „ausreichender Schutz“ auch für Ostarbeiter gelten. Wenn notwendig, durften „Kur und
Verpflegung“ in einem Krankenhaus gewährt werden. Selbstverständlich durften Ostarbeiter nicht in
gemeinsam mit anderen Patienten benutzten Räumen behandelt und versorgt werden. Sie mußten
separiert werden. Über die Notwendigkeit aller Leistungen „entscheidet der Träger der
Krankenversorgung nach pflichtgemäßem Ermessen“. Die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit
stand an erster Stelle.
Ostarbeiter mußten sowohl getrennt von Deutschen wie auch von Kriegsgefangenen am besten in
geschlossenen Kolonnen Einsatz finden. Familien jedoch, die in der Landwirtschaft arbeiten wollten,
sollten nicht auseinander gerissen werden.
-
-
-
b.
-
-
-
Betreuung:
In allen Ostarbeiterlagern galt die „Lagerordnung für Ostarbeiter“, sie war peinlich genau einzuhalten.
Die Unterkünfte mußten „Hinsichtlich Ordnung, Sauberkeit und Hygiene (Heizungs-, Wasch-,
Abortanlagen) einwandfrei und nach Möglichkeit mit allem Notwendigen (Schränke, Betten, Stühle
usw.) ausgestattet sein“. Diese Möglichkeit wurde offenbar häufig nicht gesehen, das „Notwendige“
war z.B. eingeschüttetes Stroh. Das Merkblatt für Betriebsführer sagte weiter, „die Lagerinsassen
sind anzuhalten, zur wohnlichen Ausgestaltung der Räume selbst beizutragen“. Die Umzäunung der
Lager durfte nicht mit Stacheldraht versehen sein.
In landwirtschaftlichen Betrieben war es gestattet, weibliche Arbeitskräfte bei den Betriebsführern
auch einzeln unterzubringen – männliche in kleinen Landwirtschaften nur, wenn fest verschließbare
und gut zu überwachende Unterkünfte vorhanden waren und wenn sich eine deutsche männliche
Arbeitskraft auf dem Grundstück befand.
Die Ernährung der Ostarbeiter erfolgte nach vom Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft
festgelegten Verpflegungssätzen. Das hieß für den „Normalarbeiter“ pro Woche: 2600g Brot, 250g
Fleisch, 130g Fett, 7000g Kartoffeln, 150g Nährmittel, 110g Zucker, 14g Tee-Ersatz und Gemüse
nach Aufkommen. Nur die Qualität der Nahrungsmittel war bestimmt: „Die Fleischportion ist möglichst
-
c.
-
-
-
-
-
in Pferde- und Freibankfleisch zum vollen Anrechnungssatz zu verabreichen. Die Fettportion soll
nach Möglichkeit aus Margarine bestehen (...). Als Gemüse können neben Kohlrüben auch andere
Gemüsesorten zugeteilt werden, wenn die Versorgungslage für die Zivilbevölkerung dies gestattet
(...). Die am Ende eines Markttages übriggebliebenen Gemüseabfälle sind, wenn ihrem Verderb nicht
anders begegnet werden kann, unverzüglich den Lagerverwaltungen zuzuweisen“. Sonderzulagen für
werdende und stillende Mütter kamen nicht in Betracht.
Vor der Einreise bereits sollte sichergestellt sein, daß nur „gesundheitlich geeignete und von
ansteckenden oder übertragbaren Krankheiten freie Arbeitskräfte zugeführt werden“. Entlausung der
Menschen und Entwesung ihres Hab und Gut war offenbar an der Tagesordnung.
Polizeiliche Sondervorschriften:
Ostarbeiter waren wie Polen kennzeichnungspflichtig. Ihr Kennzeichen bestand aus einem
hochstehenden Rechteck von 7 cm Breite und 7,7 cm Höhe und zeigte bei 1cm breiter blau-weißer
Umrandung auf blauem Grund in weißer Schrift das Kennwort „Ost“. Ostarbeiter mit einwandfreier
Führung und Leistung konnten von der Verpflichtung, das Zeichen auf der rechten Brustseite zu tragen, befreit werden, sie trugen es auf dem linken Ärmel.
Ostarbeitern war es nicht gestattet, ihre Freizeit außerhalb des Lagers zuzubringen. Sie wurden
angeregt, „sich aus eigener Kraft eine artgemäße Freizeit zu gestalten (Musik, Volkstanz, Basteln,
Sport usw.)“. „Bewährten Arbeitskräften“ durfte als Belohnung Ausgang in geschlossenen Gruppen
unter deutscher Aufsicht gewährt werden, selbstverständlich ohne dabei mit Deutschen in Kontakt zu
kommen. „Jeder Deutsche hat mit dafür zu sorgen, daß eine Blutmischung mit den Ostarbeiterinnen
vermieden wird“. Wurden Ostarbeiterinnen dennoch schwanger, so wurde ab 1943 häufig „freiwillig“
eine Abtreibung ermöglicht. Es darf aber berechtigt vermutet werden, daß sowohl Zwangsabtreibungen wie Zwangssterilisationen angeordnet wurden. Nach bisherigen Erkenntnissen haben die
Krankenhäuser in katholischer Trägerschaft im Bistum Limburg diese Eingriffe nicht durchgeführt. Es
war auch gestattet, die Neugeborenen ihren Müttern zu entziehen – bei Westarbeiterinnen mit, bei
Polinnen und Ostarbeiterinnen ohne deren Zustimmung – um sie je nach „rassischem Wert“
unterzubringen und zu pflegen.
Am Volksempfänger durften deutsche amtliche Nachrichtensendungen in russischer, ukrainischer
und weißruthenischer Sprache gehört werden. Auch drei in Deutschland im Auftrag der
Nationalsozialisten produzierte Lagerzeitungen konnten abonniert werden.
Eine seelsorgerische Betreuung durch ausländische oder deutsche Geistliche war verboten.
Ostarbeiter (Priester und Laien) innerhalb des Lagers aber durften religiöse Betätigung ausüben oder
leiten. Kirchenbesuch außerhalb des Lagers war auch „unter deutscher Führung nicht möglich“.
Die Unterkünfte standen ständig unter Bewachung durch Wachmannschaften.
Tatsächlich war Unterbringung und Verpflegung vor allem der Polen und der Ostarbeiter derart
menschenunwürdig, daß unzählige von ihnen an Hunger und Krankheiten zu Tode gekommen sind.
Einzeldarstellungen legen von erniedrigenden und entwürdigenden Behandlungen beredtes Zeugnis ab.
Solche Zustände haben nach allen bisherigen Erkenntnissen in den Wohnunterkünften, die von
katholischen Trägern im Bistum Limburg zur Verfügung gestellt wurden, nicht geherrscht. Wie sich die
Lebensumstände der Polen und Ostarbeiter aber auch der Westarbeiter konkret dargestellt haben, läßt
sich ebensowenig zeigen, da hier zum Teil die nötigen Quellen fehlen, in einigen Einrichtungen aber auch
noch nicht erhoben worden sind.
Die Problematik der Erkrankung von Ostarbeitern zeigen schon allein die o.g. rechtlichen Vorgaben. Als
aber ab 1944 keine Möglichkeit mehr bestand, Kranke in Richtung Osten rückzuführen, wurde am 6.
September 1944 vom Reichsministerium des Inneren ein Runderlaß herausgegeben, der Sammelstellen
für unheilbar geisteskranke Ostarbeiter und Polen festlegte. Für Kurhessen, Nassau und das Land
Hessen waren die Kranken in die „Heil- und Pflegeanstalt Hadamar“ abzutransportieren. Insgesamt sind
100 psychisch kranke Ausländer, zumeist Polen und Ostarbeiter, in Hadamar gestorben. Ebenfalls 1944
begann u.a. das Arbeitsamt Rhein-Main in Frankfurt damit, an Tuberkulose erkrankte Fremdarbeiter nach
Hadamar zu überweisen. Etwa 500 angeblich an Tuberkulose erkrankte Ausländer – auch hier
überwiegend Polen und Ostarbeiter – wurden in Hadamar durch Einspritzungen getötet, selbst ganze
Familien samt ihrer Kinder. Im Rahmen der von der Diözese Limburg durchgeführten
Zwangsarbeitersuche ist bislang ein Fall bekannt geworden, in dem einer Erkrankung zufolge, die nach
der Einschätzung des Arbeitgebers wohl zu Arbeitsunfähigkeit geführt haben muß, eine Einweisung nach
Hadamar erfolgte: Eine Großfamilie mit drei Söhnen kam am 22. Juni 1944 zur Zwangsarbeit in das
Missionshaus der Pallottiner. In den Räumen befand sich das Hilfskrankenhaus des Vinzenz-Hospitals. In
der Hauschronik von Br. Wendling SAC heißt es wörtlich: „Der eine der drei Gebrüder wurde nach einigen
Wochen krank, kam dann nach einiger Zeit nach Hadamar und wurde dort nach vier Wochen beseitigt und
verbrannt, ohne daß seine Mutter oder einer seiner Brüder ihn in Hadamar noch einmal sprechen durfte“.
(BW)
Feind oder Nächster?
Die „Arbeitsvölker“ in der Wahrnehmung der Katholischen Kirche
Wenn über die Beschäftigung von Zwangsarbeitern in kirchlichen Einrichtungen gesprochen wird, muß die
Wahrnehmung von Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen durch Kirchenvolk, Klerus, Episkopat und
Kurie in den Blick geraten. Wie bei der immer wieder belebten Debatte um die Katholische Kirche, Papst
Pius XII. und den Nationalsozialismus tauchen anklagende Fragen auf: Warum unterblieb auch
angesichts des im Alltag für jedermann in Deutschland sichtbaren, meist menschenunwürdigen
Zwangsarbeitereinsatzes ein grundsätzlicher kirchenamtlicher Protest gegen den Unrechtsstaat? Warum
haben die Kurie und die deutschen Oberhirten nicht wenigstens in ihrem unmittelbaren Einflußbereich, auf
dem Gebiet der Seelsorge, Stellung bezogen, etwa gegen die zeitweise staatlicherseits angeordnete
Trennung von deutschen und „fremdvölkischen“ Katholiken im Gottesdienst durch eigens separierte
Kirchenbänke? Wenn sogar Zwangsarbeiter in kirchlichen Einrichtungen beschäftigt waren, liegt da nicht
sogar der Verdacht nahe, daß die Kirche den „Reichseinsatz“ stillschweigend gebilligt hat?
Andererseits, war vom christlichen Standpunkt in dieser Hinsicht nicht alles offen ausgesprochen, was
damals im Hirtenbrief der deutschen Bischöfe über die Zehn Gebote ab dem 12. September 1943 von den
Kanzeln verkündet wurde? Dort hieß es: „Tötung ist in sich schlecht, auch wenn sie angeblich im
Interesse des Gemeinwohls verübt würde: An schuld- und wehrlosen Geistesschwachen und -kranken, an
unheilbar Siechen und tödlich Verletzten, an erblich Belasteten und lebensuntüchtigen Neugeborenen, an
unschuldigen Geiseln und entwaffneten Kriegs- oder Strafgefangenen, an Menschen fremder Rassen und
Abstammung. (...) ‘Du sollst Deinen Nächsten lieben wie dich selbst. (...).‘ (Matth. 22,37-40). Beseelt von
dieser Liebe, treten wir auch ein für die, die sich am wenigsten selber helfen können: (...); für die
schuldlosen Menschen, die nicht unseres Volkes und Blutes sind, für die Ausgesiedelten, für die
Gefangenen oder fremdstämmigen Arbeiter, für deren Recht auf menschenwürdige Behandlung und auf
sittliche wie religiöse Betreuung.“
Moralisierende Bewertungen verbieten sich, denn bisher stand das Thema „Zwangsarbeiter und Kirche“
am Rande der kirchen- wie der zeithistorischen Forschungen zum „Dritten Reich“. Unser Wissen um die
Zusammenhänge ist begrenzt. Regionale und lokale Feldstudien zur Wahrnehmung der „Fremdarbeiter“
durch Katholiken stehen noch aus. Wir können aber immerhin feststellen: Bischöfe, Priester und Laien
haben sich religiös-seelsorglich für die polnischen Zwangsarbeiter zumeist im Rahmen der staatlichen
Verordnungen und Erlasse eingesetzt (Sakramentenspendung), der Umgang im Alltag, etwa am
Arbeitsplatz, war in vielen Fällen unter Mißachtung der Vorschriften und der rassepolitischen Grundregeln
des Nationalsozialismus von Konzilianz und heimlicher Zuwendung geprägt, was von
Lebensmittelgeschenken bis zur Überlassung von Fahrrädern und Sonntagskleidern für den Besuch der
hl. Messe reichen konnte.
Französische Kriegsgefangene und Zivilarbeiter wurden im Rahmen der „Action catholique en Allemagne“
durch etwa 10.000 zum Teil inkognito in die Lager eingeschleuste französische Priester und Laien
seelsorglich betreut, unterstützt von deutschen Geistlichen.
46mal verfügte das NS-Regime wegen Seelsorge an Fremdarbeitern und Kriegsgefangenen gegen
katholische Geistliche KZ-Haft, 137mal Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren. Die mittlerweile in vierter
Auflage erschienene Dokumentation „Priester unter Hitlers Terror“ nennt für die Diözese Limburg 26 Fälle
von Welt- und Ordensgeistlichen, die wegen „Polenseelsorge“ oder Kontaktes mit Kriegsgefangenen
belangt wurden. In Fall des Arnsteiner Superiors P. Alphons Spix (1894 - 1942) führte die KZ-Einweisung
zum Tode. Weniges ist bisher aus sicherer Quelle über Priester und Ordensleute bekannt, die selbst
Zwangsarbeiter waren, wie die 1944 nach Bietigheim, Sontheim und Neckarsulm verschleppten
Benediktinerinnen aus Warschau.
Für die Kriegsgefangenen und den Arbeitseinsatz der Polen und „Ostarbeiter“ im Reich gab es zur
Ausübung von Seelsorge genaue, aber viel zu viele behördliche Instruktionen, die durch die Amtsstuben
der Bischöflichen Ordinariate liefen und bei den Geistlichen in den Pfarreien und Klöstern für gefährliche
Verwirrung sorgten. Wo lag der Unterschied in der Behandlung von Kriegsgefangenen und Zivilarbeitern?
Welche Gebetstexte durften gesprochen werden? Konnten Polen am Gemeindegottesdienst teilnehmen?
Durften „Ostarbeiter“ kirchlich beerdigt werden? Welche Pastoration erhielten griechisch-katholische
Ukrainer? Drei Aktenbände im Diözesanarchiv in Limburg über die Seelsorge an Kriegsgefangenen, Polen
und Ukrainern legen beredtes Zeugnis über Mißverständnisse und Gefahren beim religiös motivierten
Kontakt mit Zwangsarbeitern ab.
Kriegsgefangene
Zu Beginn des Krieges 1939/40 konnten die in den sogenannten Stammlagern internierten polnischen
Kriegsgefangenen durch die örtlichen Standortpfarrer der Wehrmacht, die in den kleineren
Arbeitskommandos eingesetzten durch die für die Dörfer und Gemeinden zuständigen „Zivilgeistlichen“
seelsorglich betreut werden, sofern die Gefangenen selbst den Wunsch dazu hatten. Wenn der
Ortsgeistliche nicht selbst Gottesdienst halten konnte, mußte er sich an den zuständigen Wehrkreispfarrer
in Kassel oder Wiesbaden wenden. Predigttexte mußten vorzensiert werden. Beichthören durften nur die
Wehrmachtsgeistlichen [Abb. 5], ansonsten war die Generalabsolution zu erteilen. Ein Besuch des
deutschen Gemeindegottesdienstes war aus militärischen Gründen untersagt. Diese Vorschriften nach
Maßgabe des Oberkommandos der Wehrmacht entsprachen noch den Regelungen der Haager
Landkriegsordnung und der Genfer Konvention über die freie Religionsausübung von Kriegsgefangenen.
Im Reichssicherheitshauptamt (RSHA) wurde die Anwesenheit der polnischen Kriegsgefangenen von
Anfang an, vor allem aber nach ihrer begonnenen Überführung in den Zivilarbeiterstatus im Frühjahr
1940, als Verstoß gegen die rassepolitischen Prinzipien des Nationalsozialismus gesehen. Menschlich
gute Behandlung der Polen und zwischenmenschliche Solidarität aufgrund gemeinsamer religiöser
Bindung konnten geeignet sein, die „Heimatfront“ und den NS-Staat zu destabilisieren. Gerade die
„Polenseelsorge“ wurde in zunehmender Weise aus rassischen und konfessionellen Vorbehalten als
Sicherheitsrisiko eingeschätzt. In Verbindung mit den berüchtigten „Polenerlassen“ legte das RSHA fest,
daß auch für die „Zivil-Polen“ der Besuch deutscher Gottesdienste und anderer kirchlicher
Veranstaltungen verboten sei und das Verhalten deutscher Seelsorger genau beobachtet und kontrolliert
werden müsse. Mit diesen Vorgaben zeigte das RSHA im Zusammenspiel mit OKW und RMfdkA schon
vor der Ankunft weiterer Kriegsgefangener, etwa der Franzosen, ihr offenkundiges Mißtrauen gegenüber
dem deutschen Klerus und ihre bis 1945 in Einzelheiten immer wieder verschärfte ausländerpolitische
Grundlinie, die Religionspraxis der Kriegsgefangenen und Fremdarbeiter von der deutschen Bevölkerung
rigide und unter Strafandrohung zu trennen.
Nach dem Frankreichfeldzug wurde die Seelsorge für die kriegsgefangenen Franzosen wie zuvor bei den
Polen zunächst der deutschen Militärgeistlichkeit anvertraut. Der Besuch von Sondergottesdiensten in den
Ortschaften war ausschließlich den Angehörigen der örtlichen Arbeitskommandos erlaubt, in den
„Stammlagern“ (Stalags) und „Offizierslagern“ (Offlags) mußte die hl. Messe an einem geeigneten Ort auf
dem Lagergelände gehalten werden. Von großer Tragweite war das schließlich im Mai 1941 vom OKW
angeordnete Verbot jeder Pastoration von Kriegsgefangenen (Westgefangene und Polen) durch deutsche
Geistliche, auch Wehrmachtsgeistliche, mit der Ausnahme von Beerdigungen, Versehgängen und
Krankenkommunionen. Jedes religiöse Schrifttum durfte nur nach vorheriger Genehmigung durch das
OKW an die Gefangenen verteilt werden. Erlaubnis zur Meßfeier und Sakramentenspendung hatten jetzt
nur noch die selbst kriegsgefangenen Geistlichen, die bei der Truppe nicht gekämpft hatten. Bei den
Franzosen waren dies die „Aumôniers militaires“, Priester, die vor ihrer Gefangennahme als Feldgeistliche
amtierten. Den übrigen internierten Geistlichen („prêtres prisonniers“) war jede seelsorgliche Handlung an
ihren Kameraden dadurch erschwert, daß sie von der Lagerarbeit oder den Kommandos nicht freigestellt
wurden und über keinerlei liturgische Gerätschaften verfügten. Von 3.000 französischen Priestern in
Gefangenschaft waren nur 1.000 als „Aumôniers militaires“ anerkannt.
Zur Verbesserung der religiösen Lage war es Ziel der „Action catholique“, eine religiöse Betreuung der
Lager „von außen“ sicherzustellen, worin die französische Kirche auch vom Vatikan unterstützt wurde.
Fast jede Diözese in Frankreich übernahm eine „Patenschaft“ für ein Stalag. So konnten zum Beispiel
liturgische Geräte für die Lagerseelsorge nach Deutschland geschickt werden. Die „Aumônerie générale“
in Paris hatte derweil ein dichtes Korrespondentennetz mit deutschen Priestern aufgebaut.
Kriegsgefangene französische Priester und Ordensleute im Stalag XII A bei Limburg etwa standen über
den Freiendiezer Gefängnisseelsorger Kneip in geheimen Kontakten zum Limburger Klerus und zu
deutschen Ordensbrüdern. In der Freiendiezer Anstalt waren sehr viele straffällig gewordene Gefangene
aus dem unmittelbar benachbarten Stalag, denen Kneip Gebetbücher brachte, Krankenkommunion oder
auch Sterbesakramente erteilte. Von einem ehemaligen Häfling wird „Abbé Kneip“ als „prêtre humain et
francophile“ bezeichnet. Kneip stand unter anderem in brieflichem Kontakt mit dem im Stalag
kriegsgefangenen Trappistenmönch André Bouché, der nach Rückkehr in das heimatliche Kloster in
Nordfrankreich im März 1941 Grüße des Dankes an den Bischof von Limburg, den Abt des
Zisterzienserklosters Marienstatt, Pfarrer Pistor von Dietz und Pfarrer Ehl von Offheim auszurichten bat.
Ab 1942 kamen junge Franzosen zu Hundertausenden zum Zwangsarbeitsdienst nach Deutschland. Sie
wurden zunächst durch französische kriegsgefangene Priester mit Zivilarbeiterstatus religiös versorgt.
1943 schließlich landete die französische Kirche noch einen spektakulären Coup, indem sie 26 als
Handwerker getarnte „Geheimpriester“ nach Deutschland schickte, um die französischen Zivilarbeiter in
verschiedenen Industrieregionen seelsorglich zu betreuen und im politischen Untergrund zu wirken. Die
Religionsausübung der Zivilarbeiter aus den westlichen „Feindstaaten“ unterlag zwar formal keinerlei
Einschränkungen. Sie konnten mit den deutschen Gemeindemitgliedern zum Gottesdienst gehen, in der
Praxis jedoch wirkte die Sprachbarriere nicht selten hemmend, zumal deutsche Priester mit guten
Sprachkenntnissen im Französischen oder Englischen bei den Sicherheitsbehörden unter besonderer
Beobachtung standen. Kontakte zu Geistlichen ihrer Muttersprache waren den Zivilarbeitern indes streng
verboten.
Ende 1943 begann der deutsche Sicherheitsapparat mit der gezielten Zerschlagung der „Action
catholique“, die zwischenzeitlich in 400 deutschen Städten ein Netzwerk von über 1.000 religiösen
„Zellen“ aufgebaut hatte. Ihre Mitglieder wurden enttarnt, verhaftet, abgeschoben oder in
Konzentrationslager eingeliefert.
„Polenseelsorge“
1942/43 kam es zu einer grundlegenden Verschärfung der seelsorglichen Bestimmungen für die im
Reichsgebiet anwesenden Polen, die das größte Kontingent unter den Zwangsarbeitern bildeten. 1,2
Millionen Fremdarbeiter „polnischen Volkstums“, die Hälfte in der Landwirtschaft beschäftigt, waren davon
betroffen. Schon seit 1941 war ihnen nur noch der Besuch von Sondergottesdiensten an Sonn- und
Feiertagen erlaubt, ab 1942 nur noch jeden ersten Sonntag im Monat und an den Feiertagen. Der Erlaß
Himmlers vom 10. September 1943 bildete einen Kulminationspunkt. Gerade dieser letzte Erlaß spiegelte
noch einmal die ganze Verachtung des Nationalsozialismus für die „rassisch minderwertigen“ und
zugleich „katholischen“ Zwangsarbeiter wider. Als Verbotsliste zeigte er, was im Alltag offenbar zwischen
katholischen Deutschen und Polen in erheblicher Häufigkeit geschah. Der Erlaß wandte sich letztlich
gegen die in bestimmten Nischen der NS-Gesellschaft noch immer mächtige Kirche und ihre
praktizierenden Gläubigen. Einige Bestimmungen seien im einzelnen wiedergegeben (Amtsblatt des
Bistums Limburg vom 1.12.1943, Nr. 149, S.59f):
1.
Zivile Arbeitskräfte polnischen Volkstums aus dem Generalgouvernement, den eingegliederten
Ostgebieten und dem Bezirk Bialystok durften nur an für sie eingerichteten, einmal monatlich am
ersten Sonntag in der Zeit von 10-12 Uhr stattfindenden Sondergottesdiensten teilnehmen. Die
Sondergottesdienste konnten in Kirchen sowie in geeigneten profanen Räumen veranstaltet werden.
In einem Teil des Bistums Limburg war durch Erlaß des Gauleiters Sprenger in seiner Doppelfunktion
als „Reichsverteidigungskommissar für den Wehrkreis XII“ unter dem 22. Juni 1940 bereits geregelt,
2.
3.
4.
5.
6.
7.
daß deutsche Kirchen für Sondergottesdienste überhaupt nicht genutzt werden durften [Abb. 6]. Zur
Feier der hl. Messe extra für die Polen mußten die Geistlichen bei ihrem Ordinarius sogenannte Bioder Trinationsfakultäten einholen, je nachdem, wieviele Gottesdienste sonntags insgesamt
angesetzt waren.
Bei den Sondergottesdiensten war grundsätzlich der Gebrauch der polnischen Sprache, auch das
Absingen von Liedern, verboten. In den Jahren zuvor konnte noch das polnische Gebetbuch „Droga
do nieba“ („Wege zum Himmel“) mit den darin enthaltenen Liedern genutzt werden. Die Abnahme der
Beichte in polnischer Sprache war ebenfalls nicht gestattet. Es stand jedoch nichts im Wege, von der
allgemeinen Lossprechung Gebrauch zu machen. Zur Vorbereitung der Kriegsgefangenen und
Zivilarbeiter auf diese 1940 auch päpstlich approbierte „Generalabsolution“ und die Kommunion
durften die polnischen Texte aus den vom Erzbischöflichen Ordinariat in Breslau herausgegebenen
`Vollmachten für die Kriegsseelsorge` benutzt werden. Verboten waren die ebenfalls in Breslau
herausgegebenen Predigtvorlagen in polnischer Sprache.
An Gottesdiensten für die deutsche Bevölkerung durften polnische Zivilarbeiter keinesfalls
teilnehmen; andererseits war es der deutschen Bevölkerung verboten, an den Sondergottesdiensten
für die Polen teilzunehmen. Ein Rechtsanspruch auf die Veranstaltung von Sondergottesdiensten
bestand natürlich nicht. Vielmehr konnten die unteren Verwaltungsbehörden „aus allgemeinen oder
Arbeitseinsatzgründen“ den Ausfall der Sondergottesdienste für kürzere oder längere Zeit anordnen.
Kinder von polnischen Zivilarbeitern konnten von deutschen Geistlichen getauft, polnischen
Zivilarbeitern die Sterbesakramente erteilt und bei ihrer Beerdigung mitgewirkt werden. Jedoch galt
auch hier das Verbot der polnischen Sprache und die strikte Trennung von „deutschen
Volksgenossen“, die keinesfalls an einer Taufe, Beerdigung oder einem Versehgang teilnehmen
durften. Es war nach dem Erlaß darauf hinzuwirken, daß polnische Zivilarbeiter nicht zwischen den
Grabstätten deutscher „Volksgenossen“, sondern an besonderen Stellen der Friedhöfe beigesetzt
wurden.
Anträgen auf Erteilung von Religionsunterricht oder Unterricht zur Vorbereitung auf die Beichte bzw.
Kommunion für Kinder polnischer Zivilarbeiter war grundsätzlich nicht stattzugeben.
Eine „Heranziehung deutscher Jugendlicher als Meßdiener bei den Sondergottesdiensten der Polen
sowie sonstigen kirchlichen Handlungen an Polen“ war verboten.
Den aus dem Generalgouvernement und dem Bezirk Bialystok stammenden polnischen Zivilarbeitern
war die Eheschließung im Reichsgebiet verboten, den Polen aus den „eingegliederten Ostgebieten“
(Warthegau, Westpreußen usw.) konnte als „Schutzangehörigen des Reiches“ die Heirat gestattet
werden, allerdings bei Männern erst ab dem 25., bei Frauen ab dem 22. Lebensjahr.
Die Praxis der „Polenseelsorge“ im Bistum Limburg erhellt die Akte „Seelsorge – Ausländer: Polen“
(Laufzeit 1906-1944) im Diözesanarchiv. Unter dem 27. Oktober 1940 wurden die Pfarrer vom
Generalvikar um Bericht des örtlichen Status quo in dieser Frage gebeten. Bei gründlicher Durchsicht der
Korrespondenzen und der vom Ordinariat handschriftlich angefertigten Statistik (zusammen 156 Blatt)
ließen sich Zahlen erheben, wieviele Polen in den einzelnen Ortschaften und Pfarreien anwesend waren
bzw. wahrgenommen wurden. Auskünfte über seelsorgliche Intentionen der Pfarrer, diesbezügliche
Zusammenstöße der Geistlichen mit der Gestapo, äußere Umstände der Sakramentenspendung (Räume,
Gebete, Musik, Lieder) oder die Kirchlichkeit der verschleppten Polen selbst harren der Auswertung. Von
Pfarrer Hans Becker, Wehrheim, wurde zum Beispiel am 4. November 1940 mitgeteilt, daß sich 42
landwirtschaftliche polnische Zivilarbeiter am Ort aufhalten: „Ich habe mir vom Bürgermeister die Liste der
polnischen Arbeiter geben lassen und allen deren Arbeitgebern mitgeteilt, daß der Gottesdienst ist. (...)
Für 6. Oktober setzte ich Kommunionfeier mit Generalabsolution an. Von den 42 nahmen 37 daran teil.
Ich ließ meine (dem Wehrmachtspfarrer eingeschickte) Predigt durch einen Dolmetscher übersetzen und
diesen ein Reuegebet auf polnisch vorbeten. Dieser Dolmetscher ließt jedes mal das
Sonntagsevangelium auf polnisch vor und stimmt die polnischen Lieder aus dem zugelassenen
Gebetbüchlein Droga do nieba an.“
Nicht überall gingen die Polen offenbar gern zur Kirche. Aus Neuenhain/Ts., wo neun Ukrainer und zwei
Polen eingesetzt waren, teilte Pfarrer Josef Schmidt mit: „Einen eigenen Gottesdienst zu halten für die
paar Leute würde sich nicht lohnen, zumal die männlichen Polen, wie es scheint, keinerlei religiöse
‘Bedürfnisse‘ haben. 1 Pole erklärte auf die Aufforderung seiner Kostgeber, am Sonntagsgottesdienst
teilzunehmen: Kirche nix, Kino!“ Die Initiativen der Gemeindepfarrer, die Polen zu erreichen, gestalteten
sich ganz unterschiedlich. Oftmals gelang nur die „Mindestversorgung“ mit einem Gebetbuch. In anderen
Fällen waren die Geistlichen hartnäckiger, wie etwa Pfarrer Groll von Biedenkopf, der die polnischen
Zivilarbeiter seiner weit verstreuten Diaspora-Pfarrei auf dem Postweg zum Weihnachtsgottesdienst
einlud [Abb. 7]. Aus Frankfurt am Main wiederum ist durch einen SD-Bericht vom 1. Oktober 1942
bekannt, daß Ukrainer, Weißruthenen, Tschechen und auch die Polen teilweise in Nationaltracht an der
Fronleichnamsprozession teilgenommen haben.
„Ostarbeiter“ und Ukrainer
Die „Ostarbeiter“ standen in der Hierarchie der Fremdarbeiter ganz unten. Entsprechend den
„Ostarbeitererlassen“ wurde von staatlicher Seite versucht, kirchliche Kontakte völlig zu unterbinden. Jede
seelsorgliche Betreuung von „Ostarbeitern“ durch katholische Geistliche war strengstens verboten. Selbst
eine Trauerfeier durfte durch Geistliche nicht vorgenommen werden, denn diese war in der kalten Sprache
der Nationalsozialisten nicht mehr als eine „gesundheitspolizeiliche Maßnahme“, die vom zuständigen
Arbeitsamt durchgeführt wurde, zuletzt vorzugsweise als Einäscherung. Zynisch wurde den einschlägigen
Erlassen noch angefügt, die „Beerdigungsfeier“ könnte von einem „geeigneten Ostarbeiter“ als
„Laienpriester“ geleitet werden. Im Krankenhaus der Armen Dienstmägde Jesu Christi in Dernbach waren
alle in der Lohnkartei als „Ostarbeiter“ oder „Ostarbeiterin“ geführten Personen entweder römischkatholisch oder gehörten der unierten russisch-katholischen Kirche an. Ob und wie sie seelsorglich betreut
wurden, läßt sich zum gegenwärtigen Stand der Nachforschungen nicht sagen.
In geringer Weise besser gestellt gegenüber „Volkspolen“ und „Ostarbeitern“ waren die mit Rom unierten
griechisch-katholischen Ukrainer, die aus den Gebieten Galizien und der sogenannten Karpatho-Ukraine
stammten, die vor 1918 zu Österreich-Ungarn, dann zu Polen, Tschechoslowakei und Rumänien
gehörten. Infolge des Hitler-Stalin-Paktes kam Galizien nach Besetzung am 17. September 1939 zur
Sowjetunion. Vor dem Zweiten Weltkrieg gab es bereits eine griechisch-katholische Gemeinde in GroßBerlin, die 8.000 Gläubige zählte und ihre Gottesdienste in katholischen Gotteshäusern hielt. Die im Zuge
der Grenzverschiebungen in großer Zahl nach Deutschland zuströmenden ukrainischen Fremdarbeiter
stellten die kleine Gemeinde vor neue Herausforderungen. Um die Seelsorge für diese Volksgruppe im
Reich zu koordinieren und ihr gegenüber den staatlichen Stellen ein Sprachrohr zu geben, setzte der Hl.
Stuhl 1940 einen Apostolischen Visitator mit Sitz in Berlin ein: Prälat Msgr. Dr. Petro Werhun (18901957), der bereits seit 1927 als Ukrainer-Pfarrer in der Reichshauptstadt wirkte. Werhun, von Papst
Johannes
Paul II. in diesem Jahr 2001 als Opfer von Nationalsozialismus und Stalinismus zur Ehre der Altäre
erhoben, verfügte als Ordinarius der unierten Ukrainer über eigene Jurisdiktionsvollmacht mit
Zuständigkeit für das Altreich, den Reichsgau Danzig-Westpommern, das Wartheland und das
Sudetenland. Von Berlin aus beauftragte er geeignete Priester mit der Seelsorge vor Ort, deren
Zuständigkeit sich auch auf ruthenische Volkszugehörige erstreckte, die dem byzantinisch-slawischen
Ritus angehörten. Ukrainer-Seelsorger für die Diözesen Limburg, Mainz und Fulda wurde Jaroslaus
Polanskyj, ein junger, erst im Juli 1939 geweihter Absolvent des
St. Andreas-Kollegs in München, der eigentlich für die Diaspora-Seelsorge unter den RussischKatholischen in Kanada vorgesehen war. Polanskyj wohnte im Heppelstift in Limburg, Bischof Hilfrich
übernahm von 1941 bis 1944 einen Großteil der Finanzierung dieser Seelsorgstelle.
Die in Deutschland anwesenden katholischen Ukrainer unterlagen als Zivilarbeiter aufgrund ihrer
Zugehörigkeit zur Berliner Visitatur keinen Beschränkungen bei der Teilnahme am kirchlichen Leben der
deutschen Pfarreien. Nach Mitteilung des RMfdkA vom 3. Mai 1943 galt: „Soweit die Ukrainer nicht die
Bezeichnung ‘Ost‘ tragen, ist gegen ihre Teilnahme an den Gottesdiensten für deutsche Katholiken nichts
einzuwenden.“ Auch bestand staatlicherseits kein Verbot, in der ukrainischen Sprache Beichte zu hören.
Nur ein kleiner Teil der „Ostarbeiter“ war tatsächlich griechisch-katholisch und somit von dieser
Religionspraxis ausgeschlossen. Dennoch gab es Hürden: Ein Gottesdienst im byzantinisch-slawischen
Ritus mußte zwei Wochen vorher bei der Gestapo angemeldet werden. Teilnehmen durften nur
ukrainische Zivilarbeiter, die bereits vor dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion emigriert waren und
weder das „P“ noch das „Ost“-Abzeichen trugen. Die Predigt durfte nur in deutscher Sprache gehalten
werden, was eine zusätzliche Barriere bildete. Die Gottesdienste im eigenen Ritus waren entsprechend
schlecht besucht. Ein Besuch der Polen-Gottesdienste war auch nicht erlaubt, ebenso die Pastoration der
kriegsgefangenen Ukrainer.
In der Praxis waren die komplizierten Bestimmungen für die Ukrainerseelsorge kaum zu durchschauen,
weder für die deutschen Behörden vor Ort noch für die Pfarrgeistlichen. Oftmals wurden griechischkatholische Ukrainer einfach für Polen gehalten. In Niederhöchstadt wurde zu Ostern 1943 von der
Ortspolizeibehörde ein Gottesdienstverbot für alle Litauer und Ukrainer ausgesprochen. Pfarrvikar Frink
wandte sich nach erfolglosen Verbaleingaben beim Bürgermeister und bei der Ortspolizei am 7. Mai 1943
an das Ordinariat in Limburg: „Die Zivilarbeiter, die keinerlei Abzeichen tragen, hatten bis dahin unseren
Gottesdienst besucht. Ein Kirchenvorsteher, bei dem eine solche Arbeiterin eingestellt ist, sagte mir, daß
sie nun dem polnischen Gottesdienst beiwohnen müßten. Ich bitte um geflissentliche Mitteilung, ob eine
neue Bestimmung den Besuch der Zivilarbeiter regelt und an welchen Gottesdiensten sie ohne
Schwierigkeiten teilnehmen dürfen.“ Limburg wandte sich an die Visitatur in Berlin, wo das Problem
bereits aus anderen Orten bekannt war. Prälat Werhun schrieb am 1. Juli 1943 an die Gestapo in
Frankfurt am Main und verwies auf die oben zitierte Entscheidung des RMfdkA, wonach Ukrainer ohne
Ostarbeiter-Abzeichen an den deutschen Gottesdiensten teilnehmen durften. Darauf wurden in
Niederhöchstadt die Arbeitsunterlagen aller ukrainischen Zivilarbeiter geprüft und ein einziger als
griechisch-katholisch festgestellt, der kein „Ostarbeiter“ war. Dieser bekam dann die Erlaubnis, zum
Gottesdienst zu gehen. Das Beispiel zeigt, mit welchen Schwierigkeiten die Pfarrer bei der
Ausländerseelsorge zu kämpfen hatten. Es wird auch deutlich, daß die NS-Behörden bei der Behandlung
der Ukrainer zwischen „Gewinnung für Deutschland“ und kompromißloser rassistischer Diffamierung
schwankten.
Zusammenfassend ist zu sagen: Zur spezifisch katholischen Wahrnehmung von „Zwangsarbeitern“
wissen wir wenig, denn bislang ist erst damit begonnen worden, die zentrale Aktenüberlieferung der
Bischöfe und die Lageberichte der Sicherheitsorgane (SD, Gestapo) auszuwerten, womit die Analyse der
Zwangsarbeiterproblematik durch die verfaßte Kirche im Mittelpunkt des Interesses steht. Über die
„mentale“ Wirklichkeit bei der Wahrnehmung von Zwangsarbeitern im Kirchenvolk, über den „Alltag“ in der
Seelsorge, Hilfestellungen aus christlicher Nächstenliebe, aber auch über sicherlich vorgekommene
regimekonforme Verhaltensweisen von Katholiken ist der Kenntnisstand noch verhältnismäßig gering.
Haben die Katholiken den „Arbeitseinsatz“ als Ausbeutung empfunden oder naiv als Teil der traditionellen
Wanderbewegungen von ausländischen Arbeitskräften gesehen? Änderte sich konfessionell-solidarisches
Denken von Katholiken etwa über Polen und Russen, als es nach Kriegsende zu Plünderungen und
Zwangseinquartierungen in deutsche Wohnungen kam? Wie haben sich katholische Bauern,
Unternehmer, Industrielle verhalten, die Zwangsarbeiter beschäftigten? Im Fall des Herz-JesuKrankenhauses der Armen Dienstmägde in Dernbach wissen wir zum Beispiel, daß eine junge russische
Frau aus gesundheitlichen Gründen von der Firma Osmose in Staudt zur Arbeit als „Büglerin“ bei den
Schwestern weitervermittelt wurde, was ihr möglicherweise das Leben gerettet hat. Ein Fall wie dieser
zeigt: Viele praktizierende Katholiken entzogen sich dem „Sog des Totalitären“ (Koerner) und versuchten
unter den Bedingungen von Krieg, Bespitzelung und Staatsterror nach den Geboten der Kirche zu leben,
wo sie es konnten. Das NS-System war an seinem Absolutsheitsanspruch gemessen lückenhaft, das wird
am „Reichseinsatz“ der Fremdarbeiter und den erfolgten kirchlichen Reaktionen deutlich. Hans-Michael
Körner bilanziert: „Das Verhalten von Kirchenvolk und Klerus entzog sich so partiell dem totalitären
Anspruch, noch dazu in einer Richtung, die durch Verbote rassenideologischer Provenienz besetzt war.
Aus der Sicht des Systems, näherhin der SS-Führung, handelt es sich somit um einen doppelten Angriff,
dem von daher große Gefährlichkeit zugeordnet und besondere Wachsamkeit zuteil wurde.“ (JR)
Ziel und Methode der
Untersuchung
Das Ziel der Untersuchung bestand zunächst ausschließlich darin, die in Einrichtungen der katholischen
Kirche beschäftigten Zwangsarbeiter möglichst vollständig und zeitnah zu erfassen, um eine
Entschädigung im Sinne des Beschlusses der Deutschen Bischofskonferenz zu ermöglichen. Dieser
Arbeitsschritt ist aufgrund der Quellenlage bis heute noch nicht abgeschlossen.
Ein erster Beginn der Nachforschungen bestand in einem Schreiben des Generalvikars Dr. Günther Geis
vom 25. Juli 2000, das an alle Pfarrer, leitenden Priester und Pfarrbeauftragte gerichtet war. Darin hieß
es: „Es geht bei der Frage der Zwangsarbeit nicht allein um die gerechte Entschädigung der Opfer,
sondern auch um die Auseinandersetzung mit unserer eigenen Geschichte. Zu Eingeständnis von Schuld
gehört eine intensive Auseinandersetzung, sonst bleibt es ein formaler Akt. Geschichte läßt sich nicht mit
Pauschalzahlungen an den Entschädigungsfonds allein bewältigen. Um die Auseinandersetzung mit
unserer eigenen Geschichte als katholische Kirche im NS-Staat möchte ich Sie in den Pfarreien,
katholischen Einrichtungen und Ordensniederlassungen, auch im Namen unseres Bischofs, ausdrücklich
ermutigen. Prüfen Sie bitte in Ihren eigenen Archiven und durch Befragung von Zeitzeugen, ob während
der NS-Zeit bei Ihnen Zwangsarbeiter beschäftigt waren. Versuchen Sie zu erfahren, ob und welche
Kontakte es zu Zwangsarbeitern gab, die in Ihrer Umgebung eingesetzt waren“. Weitere Schreiben an die
Ordensgemeinschaften, die Ruhestandsgeistlichen und die Caritasverbände in Limburg, Frankfurt und
Wiesbaden folgten. Die Erhebung mit einem vollständigen Rücklauf erbrachte aber leider nur einen
Teilerfolg. Die Pfarreien berichteten übereinstimmend, weder ausländische Zivilarbeiter noch
Kriegsgefangene beschäftigt zu haben. Bei den Ordenseinrichtungen waren einige direkt bereit,
umfassend Auskunft zu erteilen, bei anderen bedurfte es größerer Überzeugungsarbeit, um den Sinn und
die Bedeutung des Unternehmens zu vermitteln. Inzwischen gibt es eine Zusammenarbeit mit allen
Ordensgemeinschaften, die zwischen 1939 bis 1945 Niederlassungen in der Diözese Limburg
unterhielten.
Oft waren mehrmalige Nachfragen und persönliche Vorsprache in den Einrichtungen unabdingbar. Die auf
das Rundschreiben hin zugesandten Ergebnisse überzeugten nicht immer. Einige Namen von
Fremdarbeitern sind nur durch Nachrecherche in Konfrontation mit anders gewonnenen Erkenntnissen
(nichtkirchliche Quellen, Zeitzeugenauskünfte) herausgefunden worden.
Parallel zur Briefaktion liefen die Nachforschungen der Arbeitsgruppe an. An erster Stelle stand die
Durchsicht der in Frage kommenden Bestände des Diözesanarchivs, dann folgten u.a. Besuche der
Stadtarchive Montabaur, Frankfurt und Wiesbaden, des Hessischen Hauptstaatsarchivs in Wiesbaden,
Korrespondenzen mit dem Landeshauptarchiv in Koblenz und dem Bundesarchiv, Außenstelle
Militärarchiv, in Freiburg. Bislang konnten noch nicht alle sinnvollerweise einzubeziehenden Archive
aufgesucht werden, in denen aufgrund der Archivpläne Hinweise zu vermuten sind.
Eine gesonderte Würdigung verdient das Archiv des Internationalen Suchdienstes (ISD) in Arolsen.
Dieses Archiv verwahrt u.a. Material, das von den Alliierten in den Jahren 1945/46 zunächst zu
Dokumentationszwecken mitgenommen, dann aber nach Deutschland rückgeführt wurde. Es handelt sich
dabei z.B. um personenbezogene Unterlagen, die zur Erstellung der UNRRA-Berichte verwendet wurden.
Diese archivalischen Quellen sind derzeit nur nutzbar, wenn der Name der zu suchenden Person bereits
bekannt und lediglich eine Bestätigung der Zwangsarbeit erforderlich ist.
Der Werkstattbericht zeigt den Arbeitsstand in Bezug auf den Einsatz und die Unterbringung von
ausländischen Arbeitskräften auf. Zu einigen weiteren Einrichtungen gibt es erste Spuren, die aber noch
so ungesichert sind, daß sich eine Darstellung derzeit verbietet. Die bereits gewonnenen Erkenntnisse
zum Thema Seelsorge an Kriegsgefangenen und Zivil- bzw. Zwangsarbeitern können in diesem Rahmen
noch nicht umfassend dargestellt werden. Eine zukünftige Gesamtdarstellung mit dem Arbeitstitel „Das
Bistum Limburg im Krieg. Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene unter den Aspekten kirchlicher
Beschäftigung, Unterbringung und Seelsorge 1939-1945“ soll sowohl die zahlreichen offenen Fragen und
Lücken des Werkstattberichtes schließen als auch den Aspekt der Seelsorge eingehend beleuchten. (BW)
Ausgewertete
Quellenbestände
Die Quellenlage für das Forschungsvorhaben ist als schwierig zu bezeichnen, da fast keine gemeinsamen
Leitquellen existieren, die in mehreren Einrichtungen vergleichbar aufzufinden sind. Chroniken, die als
Leitquellen zu vermuten sind, wurden häufig in der NS-Zeit nicht geführt und in manchen Fällen erst in der
Nachkriegszeit (oft mit großem Zeitabstand) nachgetragen. Die Fragen nach Zivil- oder Zwangsarbeitern
und Kriegsgefangenen standen dabei gewiß nicht an erster Stelle. Auch Personalkarteien bzw.
Lohnunterlagen gab es offenbar in vielen Einrichtungen nicht, mindestens sind sie nur sporadisch
vorhanden. Die Meldeunterlagen zur Pflichtversicherung von Zwangsarbeitern bei den Allgemeinen
Ortskrankenkassen sind für das Gebiet des Bistums Limburg ausnahmslos zum Internationalen
Suchdienst nach Arolsen abgegeben worden. Als vollständig verloren gelten sämtliche Akten des
„Gauarbeitsamtes Rhein-Main“ und der zugehörigen Arbeitsämter Frankfurt, Limburg, Niederlahnstein,
Wiesbaden und Wetzlar. Der Verlust der Akten erklärt sich durch Kriegseinwirkung und Vernichtung in der
frühen Nachkriegszeit, wie etwa in Frankfurt am Main geschehen. Die Aufstellungen mit Lagern und
detaillierten Listen von Zwangsarbeitern, die von der UNRRA 1946 von den Bürgermeistern aller Städte
und Gemeinden verlangt worden sind, konnten für das Bistum Limburg nebst den dazugehörigen
Korrespondenzen bisher nur im Stadtarchiv Montabaur aufgefunden werden.
Da auf keinen einheitlichen Aktenbestand zurückgegriffen werden kann, ist bei jedem Stadt-, Pfarr- oder
Ordensarchiv zunächst zu klären, welches Material eventuell in Frage kommen könnte und in welcher
Weise es archiviert wurde. Zuweilen sind die entsprechenden Papiere gar nicht verzeichnet und wurden
auf dem Weg des Zufalls bzw. der langwierigen (und oft staubigen) Suche aufgetan. Viele der
durchgesehenen Bestände liefern leider keine verwertbaren Hinweise. Informationen zu den Lebens- und
Arbeitsverhältnissen der Zwangsarbeiter in kirchlichen Einrichtungen sind nur sporadisch vorhanden,
Selbstzeugnisse fehlen.
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß sich die Recherchearbeit zwar arbeitsintensiv gestaltet,
dennoch einen respektablen Erfolg zeigt.
Bislang sind die folgenden Quellen für den vorliegenden Werkstattbericht und die zukünftige Gesamtdarstellung erhoben worden:
I.
-
Quellen in kirchlichen
Einrichtungen
Diözesanarchiv Limburg (DAL) u.a.
Korrespondenz des Bischofs von Limburg mit staatlichen und übergeordneten kirchlichen Stellen.
Korrespondenzen der Pfarreien mit dem Bischöflichen Ordinariat betr. Binations- und
Trinationsfakultäten, Genehmigungen zur Abhaltung von Ausländergottesdiensten,
Zuständigkeitsfragen.
Korrespondenzen im Vorfeld der Veröffentlichungen im Amtsblatt des Bistums Limburg.
Anordnungen zur Seelsorge an katholischen Zwangsarbeitern.
Berichte von Priestern über die Seelsorge an Gefangenen und Zivilarbeitern.
Erhebung über die Polenseelsorge von 1940.
Akten zur Ausländerseelsorge (Allgemein, Polen, Ukrainer).
Meldelisten im Zusammenhang mit staatlichen Erhebungen zur „Volkswirtschaftlichen Kräftebilanz“
(1940-1945).
Personalnachweis auf Anforderung des Reichskirchenministers 1941 und 1943.
Kriegswirtschaftliche Kräftebilanzen.
Pfarrakten für die Zeit von 1939 bis 1945 und für die direkte Nachkriegszeit.
Personalakten der Priester, die wegen des Umgangs mit Ausländern in Konflikt mit dem NS-Staat
kamen.
Priesterkartei.
Akten zu den Ordensgemeinschaften.
Akten zu den Trägerschaften von Stiftungen (u.a. Peter-Joseph-Stiftung).
Akten des Diözesan-Caritasverbandes.
Nachkriegsakten zu Wiedergutmachungsfragen, DP-Lagern.
Berichte zur Verfolgungspolitik 1933 - 1945 im Bistum Limburg (Pfarreien und Ordenseinrichtungen).
Gedruckte Darstellungen über Pfarreien und Einrichtungen (Festschriften etc.).
Sammlung von Zeitungsausschnitten (Nachlaß Pfarrer Hans Becker).
2.
Pfarreien, Orden, Stiftungen
1.
-
-
II.
1.
2.
3.
-
Nach den Rundschreiben des Generalvikars wurden Ordenseinrichtungen und Pfarreien aufgesucht,
bei denen konkrete Hinweise auf Zwangsarbeiter vorlagen oder eine Beschäftigung vermutet werden
konnte. Hier wurde zurückgegriffen auf:
Chroniken von Ordensgemeinschaften und von Pfarreien.
Pfarrakten.
Lohnzahlungsunterlagen [Abb. 8].
Polizeimeldeunterlagen.
Taufbücher, Geburtsbücher.
Matrikel über Todesfälle in Krankenhäusern.
Sammlung von Fotografien.
In Manuskriptdruck für den internen Gebrauch vervielfältigte Erinnerungen an die Kriegszeit von
einzelnen Ordensangehörigen.
Tagebücher.
Zeitzeugenbefragung.
Quellen in staatlichen
Archiven
Bundesarchiv – Militärarchiv Freiburg
Bestand Stalag XII (Diez).
Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden
Gestapokartei Frankfurt (deckt mit den Gestapo-Nebenstellen den größten Teil des Bistums ab).
Spruchkammerakten.
Berichte des Sicherheitsdienstes (SD) für den Regierungsbezirk Wiesbaden.
Berichte des Sicherheitsdienstes des Reichsführers SS (Außenstelle Limburg) betr. Überwachung
von Firmen.
Listen der in der Provinz Hessen-Nassau befindlichen Ordensniederlassungen.
Stadt- und Gemeindearchive
UNRRA-Berichte.
Ostarbeiterkartei.
Hausstandsbücher.
Akten über Kriegsgefangene.
Gestapo-Kartei.
(BW)
Darstellung der Ergebnisse nach Orten
(Stand: 15. August 2001)
Hinweis:
Bei der Auswertung von Lohnunterlagen, Chroniken usw. fällt auf, daß die Schreibweise der Namen und
Herkunftsorte der Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen aufgrund von sprachlichen
Verständigungsschwierigkeiten und Unkenntnis der kyrillischen Schrift, häufig vom Arbeitgeber nur nach
dem Hören aufgenommen wurden. Zahlreiche Vornamen vor allem von Arbeitern aus Osteuropa wurden
einfach eingedeutscht, z.B. Jadwiga zu Hedwig. In der vorliegenden Darstellung wurde streng nach dem
Quellenprinzip verfahren, d.h. die in den Dokumenten vorgefundenen Schreibweisen wurden beibehalten.
Es sei noch darauf verwiesen, daß wir aus datenschutzrechtlichen Gründen nur Vornamen und gekürzte
Nachnamen der Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen nennen.
Balduinstein:
Obstgut Schwalbenstein (Missionsschwestern vom Heiligsten Herzen Jesu/Hiltrup)
Die Missionsschwestern vom Heiligsten Herzen Jesu (Hiltrup) erwarben 1930 das Obstgut
„Schwalbenstein“ von der „Gesellschaft für landwirtschaftliche Frauenbildung“. Die Anlage der staatlich
anerkannten Gärtnerinnenschule umfaßte eine Obstplantage, sechs Gewächshäuser für ganzjährige
Pfirsichtreiberei, einen Spaliergarten, Gemüsefreiland, ein Gurken- und ein Weinhaus und das großzügige
Parkgelände. Die Zahl der Schülerinnen lag zwischen 20 und 30, unter ihnen auch Schwestern
verschiedener Ordensgemeinschaften. 1933 wurde zusätzlich eine Haushaltungsschule mit etwa 20
Schülerinnen gegründet. 1939 mußten auf staatliche Verfügung beide Schulen geschlossen werden. Das
Anwesen wollte der RAD übernehmen, die Wohnverhältnisse schienen aber dann doch zu beengt.
Stattdessen wies der Caritasverband Hamburg von Oktober 1940 bis November 1941 den Schwestern 10
Kinder zur Erholung zu. Den Nazis entzogen, diente Haus Schwalbenstein der Volkswohlfahrt: Im
September 1942 trafen 30 Senioren aus einem Düsseldorfer Altersheim ein.
In der Chronik des Obstgutes findet sich für das Jahr 1939 der Eintrag: „Um der Abgabepflicht an Gemüse
genügen zu können, wurden uns nach langen Verhandlungen 2 Gefangene zugewiesen, die zum Stallag
[sic] auf der Schaumburg gehörten. Außerdem konnten wir noch 2 ausländische Arbeiter einstellen, die
Kost und Logie im Haus hatten“. Über diese heißt es weiter: „1940 wurde mit dem Bau des Erdhauses
begonnen (...). Die Genehmigung bekamen wir nur unter der Versicherung, daß das Haus nur mit eigenen
Kräften erstellt würde. Die beiden ausländischen Arbeiter freuten sich sehr, mit dieser Aufgabe betraut zu
werden und holten sich nach Feierabend oft Erkundigungen und Ratschläge beim Bauunternehmer Lenau
in Balduinstein ein“. Zu den beiden Zivilarbeitern fehlen bedauerlicher Weise bislang jegliche Angaben.
Gegen Ende des Krieges „kamen die vielen Flüchtlinge, Polen, Ukrainer usw. Zum Schluß hatten wir den
ganzen freien Hühnerstall voll Ukrainer. Stroh, Matratzen und Decken dienten als Lager. Den
Flüchtlingsfrauen bereiteten wir Notunterkunft auf dem Hausboden (...). Und dann kamen die Amerikaner.
Sie ließen kein Haus undurchsucht, nur unser Haus haben sie nicht betreten, das hatten wir wohl den
Franzosen zu verdanken, die als Gefangene bei uns waren“. Auch die Namen dieser Männer kennen wir
noch nicht. (BW)
Q.: PAMSC, Chronik Obstgut Schwalbenstein 1929-1999, o.pag.
Lit.: RAAB.
Dernbach:
Generalmutterhaus Kloster
Maria-Hilf, St. Marienanstalt,
Herz-Jesu-Krankenhaus, St. Josephshaus (Arme Dienstmägde Jesu Christi)
Die selige Maria Katharina Kasper gründete 1842 einen „Verein für junge Frauen“, für den sie eine
Lebensregel schrieb, die zur Grundlage der späteren Konstitutionen wurde. Mit Billigung des zunächst der
Bewegung gegenüber abwartenden Bischofs baute die Gründerin 1847 ein kleines Haus, in das sie mit
ihren ersten Gefährtinnen einzog. Die Regel für diese Lebensgemeinschaft genehmigte Bischof Blum
1850 und nahm am offiziellen Gründungstag der Gemeinschaft, dem 15. August 1851, die einfachen
Gelübde der ersten Dernbacher Schwestern ab. Die Zahl der Schwestern stieg bis 1938 auf 4.556
Mitglieder.
1939 unterhielten die Dernbacher Schwestern 115 Niederlassungen in der Diözese Limburg, davon 87 mit
einem Kindergarten und 61 mit einer angegliederten Nähschule. Keines dieser Häuser blieb von den
Kriegseinwirkungen und Maßnahmen der Nationalsozialisten völlig verschont. Die überwiegende Zahl der
kleineren Schwesternstationen mußten zwischen Ende 1939 und etwa Januar 1940 sogenannte
Rückwanderer aus dem Saargebiet oder Soldaten zur Einquartierung aufnehmen. Die Räume, meistens
Kindergärten, Nähschulen und Verbandszimmer, wurden auf dem Weg der Beschlagnahmung den
Schwestern genommen. Nachdem der Regierungspräsident in Wiesbaden zum 1. August 1941 die
Schließung aller konfessionellen Kindergärten verfügte, wenn sie nicht in NSV-Kindergärten umgewandelt
wurden, und im gleichen Monat den Schwestern die Konzessionen zur Unterhaltung der Nähschulen
entzogen wurden, beschränkte sich die Arbeit in den kleinen Stationen mit wenigen Schwestern fast
ausschließlich auf die ambulante Krankenpflege. In einzelnen Fällen erhielten die ADJC die
Genehmigung, gelegentlich Näh- oder Zuschneidehilfen zu geben.
Eine Reihe größerer Häuser wurde durch staatliche Inanspruchnahme anderen Bestimmungen zugeführt
(Die Einrichtungen, in denen Fremdarbeiter oder Kriegsgefangene gearbeitet haben siehe unten):
Aulhausen, St. Vinzenzstift, Beschlagnahmung durch die Gestapo vom 31. Dezember 1938 bis 25.
-
März 1946.
Camberg, Lieber’sches Hospital, Belegung durch Flüchtlinge und Militärbehörden.
Dehrn, St. Hubertushaus, Haus 1943 mit Bombengeschädigten belegt.
Geisenheim, Krankenhaus Maria Hilf, Teilbeschlagnahmung im Sommer 1944 für ein Lazarett aus
Homburg/Saar.
Hachenburg, Helenenstift, wiederholte Beschlagnahmungen, u.a. vom 31. Mai 1942 bis 12. Juni 1945
für Infektionskranke.
Höhr-Grenzhausen, Marienkrankenhaus, 1939 Teilbeschlagnahmung und Einrichtung eines
Pferdelazarettes, März 1944 Einquartierung von Bombengeschädigten aus Frankfurt.
Kiedrich, St. Valentinushaus, Beschlagnahmung als Reservelazarett am 1. September 1939,
Verlegung der Patienten zur Heil- und Pflegeanstalt Eichberg.
Königstein, St. Josephskrankenhaus, 8. Oktober 1943 fast vollständige Beschlagnahmung für die
Städtische Kinderklinik Frankfurt.
Limburg, Marienschule, Aufhebung der Schule Ostern 1939.
Rüdesheim, St. Josefskrankenhaus, ab Kriegsbeginn wiederholt für Monate als Lazarett
beschlagnahmt.
Tiefenthal, Exerzitienhaus und Kloster St. Elisabeth, Beschlagnahmung durch die Gestapo am 27.
Juli 1939.
Wiesbaden, Kinderheim St. Michael, 1. September 1939 Belegung eines Teils des Hauses durch das
städtische Krankenhaus, 1940 bis 1942 durch Militär, März 1944 Hilfskrankenhaus für Franzosen,
Italiener und Russen.
In Dernbach lagen neben dem Kloster Maria Hilf die St. Marienanstalt, das St. Josephshaus und das
Herz-Jesu-Krankenhaus. Im Kloster Maria-Hilf, dem Generalmutterhaus und Hauptnoviziat der ADJC,
befand sich auch der Kindergarten St. Agnes, der 1939
auf staatliche Anweisung hin geschlossen werden mußte. Die St. Marienanstalt beherbergte
ein Waisenhaus mit Pflegeplätzen für etwa 60 Mädchen, Unterrichtsräume und die Haushaltungsschule.
Das St. Josephshaus diente als Heim für kranke und
alte Schwestern der Genossenschaft, es hatte etwa 90 Betten. Das Herz-Jesu Krankenhaus schließlich
nahm in sechs Stationen bis zu 140 Kranke auf. Angegliedert war eine Krankenpflegeschule. Die ADJC
konnten während der NS-Zeit diese Einrichtungen weiter betreiben, sie blieben auch Anstellungsträger für
sämtliches Personal.
Während des Zweiten Weltkriegs lebten und arbeiteten 20 Polen bzw. Ostarbeiter und ein Franzose in
den Einrichtungen der Dernbacher Schwestern. Sie waren im Kloster Maria Hilf, im St. Josephshaus und
im Herz-Jesu-Krankenhaus untergebracht. Der Pole Martin K. (*1910 in Przcima) ist im April 1940 als
erster Zivilarbeiter in Dernbach eingesetzt worden, er arbeitete hier bis zum November 1944, Johann L.
von Februar bis November 1941, Jan und Pavel B. kamen lt. Lohnkarten wenigstens von April bis
Dezember 1942 nach Dernbach. Mehr ist von ihnen nicht bekannt. Im Dezember 1942 übernahm die
Arbeit in der Landwirtschaft der Jugendliche Wasil L. (*1927), gebürtig in Stomnikowa/Ukraine, der bis
April 1944 anwesend war. In den Jahren 1943 bis 1945 gehörte zu den Landarbeiterinnen auch noch
Maria R. (*1906) aus Beroschki. Ein ganzer russisch-katholischer Familienverband aus Oszowo/Ukraine
scheint am 27. März bzw. 2. April 1943 als Ostarbeiter nach Dernbach gekommen zu sein, um bis
Kriegsende als Landarbeiter im Westerwald zu bleiben. Der verwitwete Philipp L. (*1879); der ledige Ilja L.
(*1928); Mojschej (gen. Iwan) L. (*1908) mit seiner Ehefrau Hanna L. (*1917) und einem gemeinsamen
Kind (*1944 wohl in Dernbach) sowie das Ehepaar Michael L. (*1924) und Stefanie L. (*1918), die
ebenfalls ein gemeinsames Kind haben (* vor 1944). Den Eltern mit Kind stand eine monatliche
Aufwandsentschädigung in Höhe von 5,- RM zu, für die Kinderpflege wurden gleichzeitig monatlich 6,- RM
von den Schwestern einbehalten. Als Hausgehilfinnen werden Anna B. (*1903) aus Proentsakoma und
Maria D. (*1918) aus Hinka in der Lohnkartei benannt. Bei Antonia H. (*1904) aus Bukowska im
Generalgouvernement Polen, die einige Monate im Jahr 1944 geführt wurde, und Stanislawa T. (*1923)
aus Budzischewize/Polen, die von 1943 bis 1945 entlohnt wurde, ist die ausgeübte Tätigkeit nicht
benannt. Letztgenannte scheint auch zeitweilig im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Montabaur
ausgeholfen zu haben. Marija A. (*1920) aus Newel war nach Aussagen einer Zeitzeugin zunächst bei der
Firma Osmose in Staudt dienstverpflichtet. Weil sie dort erkrankte und die Arbeit zu schwer für sie war,
fragte die Firma im Mutterhaus um eine andere Beschäftigungsmöglichkeit für die junge Frau an. Marija
A., verheiratet und Mutter eines Kindes, wechselte zu den Schwestern und arbeitete bis März 1945 als
Büglerin. Gemeinsam nach Dernbach kamen im Dezember 1944 bis Kriegsende auch Nickolei T. (*1878)
und Wawara T. (*1887) mit Anna T. (*1907), es könnte sich hier um ein Ehepaar mit Tochter gehandelt
haben. Ihre Herkunft bleibt unklar. Jacques N. (*1923) aus Paris bildet eine Ausnahme, er war kein Pole
oder Ostarbeiter und als einziger ab September 1944 als Krankenpfleger eingesetzt. Da im Provinzarchiv
sämtliche Lohnunterlagen des Jahres 1943 fehlen, ist es möglich, daß dieser Liste nach Erfassung
anderer Quellen noch weitere Namen hinzugefügt werden müssen.
In der Chronik des Mutterhauses wurde am 28. März 1945 eingetragen: „Heute hat Robert, unser
französischer Kriegsgefangener, der beinahe 5 Jahre lang treu und fleißig auf der Ökonomie geschafft
hat, uns verlassen, um in seine Heimat zu gehen“. Er kehrte zwei Tage später noch einmal über Wirges
kommend zurück, da er keine Reisemöglichkeit fand. Weitere Angaben zu „Robert“ fehlen leider. Am 9.
April 1945 berichtete die Chronistin: „Heute sind unsere russischen Arbeiter und Arbeiterinnen abgezogen
und zwar zunächst nach Montabaur. Es verlautet, sie kämen zunächst nach Belgien, um später zur See
nach Odessa befördert zu werden“. (BW)
Q.: PAADJC, Dernbach, Verzeichnis der Niederlassungen 1939-1945, Lohnunterlagen.
Lit.: SCHATZ 138-142; STAUDT.
Elz:
St. Josephshaus (Arme
Dienstmägde Jesu Christi)
Am 5. Mai 1893 kamen die ersten Armen Dienstmägde Jesu Christi nach Elz, sie eröffneten eine
Kinderbewahrschule und widmeten sich der Krankenpflege. Im Juli 1893 fanden die ersten
Hospitalkranken im St. Josephshaus Aufnahme. Im Ersten Weltkrieg wurde die Einrichtung in ein Lazarett
mit 50 Betten umgewandelt. Nach der entbehrungsreichen Kriegszeit wandten sich die Schwestern wieder
der Pflege von Kranken aus Elz zu und „nach einem Besuch im St. Josephshaus äußerte sich der
bekannte Limburger Arzt Dr. Tenbaum, daß auch die Geistesschwachen so gut aufgehoben seien“. Von
1922 bis 1933 nahmen die Schwestern auch Wöchnerinnen auf. Nach Verhandlungen mit dem
Kreiswohlfahrtsamt in Limburg wurde das St. Josephshaus zum Alten- und Siechenheim deklariert und
1934 um das „Schutzengel-Haus“ erweitert. In den Jahren des Dritten Reichs fanden „wehrunwürdige“
Jesuiten und Geistliche, die mit dem Nationalsozialismus in Konflikt geraten waren, ein Refugium im
St. Josephshaus. In der Hauschronik des Jahres 1941 heißt es: „Am 13.5. besichtigten Herr Kreisarzt Dr.
Jürges und der Leiter der Allg. Ortskrankenkasse Limburg unsere Krankenräume und trafen eine
Vereinbarung, daß die erkrankten polnischen Landarbeiter der Krankenkassen Limburg, Diez, Montabaur,
Marienberg und Weilburg zur Pflege und Behandlung hier untergebracht würden; 5 Betten für männliche
und 5 Betten für weibliche Erkrankte müssen reserviert werden. An Stelle des ins Heer eingerückten
Knechtes wurde uns für unsere Landwirtschaft vom Arbeitsamt ein französischer Gefangener zur Arbeit
zugewiesen“. Wer dieser Mann war, wie lange er bei den Schwestern arbeitete – alle diese Fragen sind
noch nicht zu beantworten. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs suchten viele Menschen Schutz im
Josephshaus: Anwohner aus Elz, durch die Fliegerangriffe obdachlos gewordene Frankfurter Bürger und
Evakuierte aus Köln, Essen und Duisburg. (BW)
Q.: PAADJC, Dernbach: Verzeichnis der Niederlassungen 1939-1945.
Lit.: W EIMER.
Frankfurt am Main-Innenstadt:
Karlshaus des Katholischen Gesellenhausvereins e.V.
(Franziskanerinnen von Erlenbad)
Das „Karlshaus“ des Katholischen Gesellenhausvereins e.V. in Frankfurt stand seit 1919 unter der Leitung
der Franziskanerinnen von Erlenbad. Diese Gemeinschaft wurde als Schwesternkongregation im 19.
Jahrhundert in Schwarzach (Erzdiözese Freiburg) gegründet. Von 1859 bis zum beginnenden Kulturkampf
in Baden widmeten sich die Franziskanerinnen der schulischen Bildung und der Unterbringung von
Waisenkindern. 1872 verboten ihnen die kirchenfeindlichen Schulgesetze jegliche Lehrtätigkeit in
Deutschland. Ein Teil der Schwestern wanderte in die USA aus und gründete die Genossenschaft der
Franziskanerinnen in Milwaukee aufs Neue. Erst nach dem Ersten Weltkrieg konnte in Erlenbad wieder
ein Noviziat auf deutschem Boden eröffnet werden. In den 1920er und 1930er Jahren wuchs die
Gründung beständig. 1936 nannten die Schwestern 15 Häuser ihr eigen.
Bislang lassen sich nur für die Liegenschaft des Katholischen Gesellenhausvereins e.V. einige Hinweise
auf Zivilarbeiter feststellen. Gesichert scheint, daß das Karlshaus für deren Unterbringung genutzt wurde,
unklar ist jedoch in welchem Umfang. Da die entsprechenden Hausstandsbücher im Krieg vernichtet
wurden, konnte aufgrund von Umzugsmeldungen nur ein kleinerer Teil der in der Seilerstraße 20
gemeldeten Personen ermittelt werden. Die namentlich bekannten 19 ausländischen Jungen und Männer
stammten aus Italien, Frankreich, der Slowakei, Rußland und den Niederlanden. Als Berufe wurden
Dreher, Metzger, Mechaniker, Schweißer, Anstreicher, Fräser, Elektriker, Fabrikarbeiter, Schneider und
Konditor angegeben, sie gehörten der römisch-katholischen bzw. der russisch-orthodoxen Kirche an. Es
fällt auf, daß 13 von ihnen im September bzw. Oktober 1940 über Paris nach Frankfurt am Main
gelangten: Die Italiener Amelo M. (*1923), Ottilio L. (*1908), Giuseppe P. (*1922), Indrigo S. (*1914),
Conradio R. (*1917); die Slowaken Josef P. (*1899), Josef S. (*1925), Paul S. (*1899), M. (*1890), K.
(*1924) und Josef R. (1896) sowie die Russen Viktor B. (*1894) und Wladimir B. (*1895). Ob diese
Arbeitskräfte auch im Haus beschäftigt wurden, konnte noch nicht nachgewiesen werden. Einer der in der
Seilerstraße 20 untergebrachten französischen Zivilarbeiter, „Roger“ (* 1912 in Angers), wurde laut
Gestapo-Kartei am 15. Juni 1944 für vier Wochen wegen Verdachts auf Arbeitsvertragsbruch in
Polizeihaft genommen. (BW)
Q.: IfSGF, HB Nr. 23, 36, 83, 101, 103, 105, Gestapo-Kartei.
Lit.: STREITENBERGER.
Frankfurt am Main-Innenstadt:
Heim für Kaufleute und Studenten (Kongregation der Töchter der göttlichen Liebe)
Das 1929 von dem geistlichen Studienrat Augustin Manns (1871-1947) aus größtenteils von ihm selbst
gesammelten Mitteln gegründete, heute nicht mehr bestehende Heim für Kaufleute und Studenten in der
Hochstraße 28-30 war ein lange gehegtes und vielbeachtetes Projekt des Katholischen Kaufmännischen
Vereins in Frankfurt. Professor Manns verfolgte vor allem das Ziel, Auszubildende und Studierende aus
ländlichen Regionen vor den „moralischen Gefahren“ (Manns) der Großstadt zu bewahren. Aber auch für
junge Erwachsene aus anderen Ländern Europas und aus Übersee sollte das Kaufmannsheim
preisgünstigen Wohnraum bereithalten. Besonderes Augenmerk lag dabei auf sogenannten
auslandsdeutschen Jugendlichen, etwa Lothringern und Sudetendeutschen, die sich in Frankfurt
kaufmännisch ausbilden ließen oder die Universität besuchten. Das Haus mit modernster und
komfortabler Inneneinrichtung, Kapelle, öffentlichem Restaurations- und Klubraum, Bibliothek,
Freizeitzimmer, einem 2.000 qm großen Garten und einer beheizbaren Dachterrasse bot Unterkunft und
Verpflegung für bis zu 70 Lehrlinge und Studierende männlichen und weiblichen Geschlechts. Das Haus
wurde von 17 Schwestern aus der Kongregation der Töchter der göttlichen Liebe mit Hauptsitz in Wien
geführt, die auch als Eigentümerin eingeschrieben war (1936). Trotz massiver finanzieller Schwierigkeiten
in der NS-Zeit konnte die Einrichtung bestehen bleiben, sie war jedoch nach einem Bombenabwurf am 29.
Januar 1944 nur noch eingeschränkt nutzbar. Im Dezember 1944 meldeten die Schwestern noch nach
Limburg, sie hätten eine Notkapelle im Haus eingerichtet. Nach erneutem Bombardement mußte das
Wohnheim offenbar gänzlich geschlossen werden. Professor Manns und die Schwestern wurden bis
Kriegsende in die Kellerräume des Opernhauses evakuiert.
Das Hausstandsbuch für die Hochstraße 28-30 ist durch Kriegseinwirkung verloren, doch können anhand
der im Stadtarchiv Frankfurt angelegten Datenbank zur Erfassung von Zwangsarbeitern durch polizeiliche
Ummeldungsvermerke aus anderen Hausstandsbüchern für den Zeitraum des Zweiten Weltkrieges noch
31 Ausländer als dort wohnhaft nachgewiesen werden. Schon vor dem Krieg fanden sehr viele junge
Erwachsene aus der ganzen Welt Unterkunft im Kaufmannsheim, auch aus Amerika und Fernost. Im
Zeitraum 1940-44 waren vor allem Staatsangehörige besetzter oder verbündeter Staaten im
„Kaufmannsheim“ registriert: Belgier, Niederländer, Franzosen, Italiener, Jugoslawen, Rumänen,
Bulgaren, ein Weißrusse und eine Ukrainerin. Nicht alle Berufsbezeichnungen deuten allerdings auf einen
reinen Ausbildungsaufenthalt dieser Personen in Deutschland hin. Zwar sind zwei Bankangestellte aus
Slowenien, eine Studentin aus Rumänien, zwei kaufmännische Angestellte aus Belgien und dem
Protektorat, ein junger Lehrer aus Lothringen und auch ein Medizinstudent aus Bulgarien gemeldet, die
Angaben Friseur, Konditor, Gärtner, Schneider oder Küchenhilfe bei den anderen Namen sind ein starkes
Indiz für eine Tätigkeit der betreffenden Personen als Fremdarbeiter. Möglicherweise mußte das
Kaufmannsheim Räumlichkeiten in beträchtlichem Umfang für die Unterbringung von ausländischen
Zivilarbeitern zur Verfügung stellen. Darauf deutet auch ein Bericht des Diözesancaritasdirektors Lamay
an das Bischöfliche Ordinariat in Limburg vom Oktober 1942 hin, in dem vor dem Hintergrund
seelsorglicher Bemühungen von Professor Manns um französische Zivilarbeiter in Frankfurter Betrieben
auch mitgeteilt wird, das Kaufmanns- und Studentenheim sei Treffpunkt für „französische Arbeiter“. Unter
den Einträgen in den Hausstandsbüchern fallen zwei Personen auf: Lida. D. aus Warmanuk in der
Ukraine und Nikolaj A. aus Marienpol in Weißrußland. Lida D. kam im April 1944 aus dem Ort Wawaruk
nach Frankfurt und war bis November 1944 im Kaufmannsheim als „Küchenhilfe“ gemeldet, bevor sie zur
Brauerei Thomas in der Hochstraße 54 umgemeldet wurde. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist sie als
Zwangsarbeiterin nach Deutschland deportiert worden. Ob Lida D. im Küchenbetrieb des
Kaufmannsheimes geholfen hat, läßt sich nur vermuten. Das gilt auch für die beiden belgischen
Küchenhilfen, die 1944 in Hausstandsbüchern vermerkt sind. Personalaufstellungen des
Kaufmannsheimes aus dieser Zeit, die näheren Aufschluß geben könnten, aber auch andere Quellen,
eine Hauschronik etwa, sind nach Auskunft des Provinzialates in Wien nicht erhalten. Möglicherweise
wurde auch der weißrussische „Hilfsarbeiter“, der ab März 1941 im Kaufmannsheim gemeldet war, am
Wohnort selbst beschäftigt. Ebenfalls nur spekulieren können wir bisher, ob der „Gärtner“ Pieter T. aus
den Niederlanden, von Juli 1941 bis April 1942 in der Hochstraße 28-30 gemeldet, auch für die
Grünpflege im großen Garten des Kaufmannsheimes tätig war. Im November 1944 brechen schließlich
auch die Eintragungen in den verschiedenen Hausstandsbüchern ab. (JR)
QQ.: IfSGF, HB Nr. 39, 60, 61, 63, 567, 207, 266; DAL, PA Manns, 224 A/1, 233 BA/1.
Frankfurt am Main-Innenstadt: Kloster der Franziskanerinnen von Aachen
Mitten im Kulturkampf, im Jahr 1875, einigten sich Franziska Schervier, die Gründerin der Armen
Schwestern vom hl. Franziskus (Aachen) und der Frankfurter Stadtpfarrer Münzenberger darauf, eine
Niederlassung der Franziskanerinnen in der Lange Straße in Frankfurt zu gründen. In den ersten Jahren
pflegten die Schwestern Kranke in den Wohnungen, 1881 eröffneten sie ein Altersheim und 1883 ein
Mädchenheim, das weibliche Dienstboten vor den „Gefahren der Großstadt“ fern halten sollte. 1928 kam
das Schwesternhaus in der Pfarrei Heilig Geist in Frankfurt-Riederwald hinzu. Das Mädchen- und das
Altersheim, eine der größten Einrichtungen in katholischer Trägerschaft in Frankfurt, hatte 1936
zusammen 260 Plätze, 38 Schwestern lebten und arbeiteten im Kloster. Das Gebäude wurde vom
Gesamtverband Frankfurt zur Verfügung gestellt, die Adresse lautete nun bis Kriegsende „HansHandwerk-Straße 12“. Nachdem der Niederlassung 1930 eine Leichtkrankenabteilung angegliedert
wurde, verfügten die Behörden im November 1941 für die Dauer des Krieges die Umwandlung des
Hauses in ein allgemeines Krankenhaus mit dem Namen „Franziska-Klinik“.
Die Provinzoberin, Sr. M. Luciosa Benz, teilte im Februar 2001 mit, daß im Provinzhaus Lange Straße
noch viele alte Schwestern leben, die die Kriegsjahre vor Ort erlebten, „auch diese ‚Augenzeugen‘ haben
keine Erinnerung an Zwangsarbeiter in diesem Haus“. Ob Zwangsarbeiterinnen im Kloster angestellt
waren, bleibt bislang unklar. Sicher ist jedoch, daß das Gebäude zur Unterbringung einer nicht geringen
Zahl von ausländischen Mädchen und Frauen diente, die in Wirtschaftsbetrieben arbeiten mußten. Da für
die Hans-Handwerk-Straße durch Kriegseinwirkung keine Hausstandsbücher mehr existieren, sind nur
einige wenige Personen namentlich bekannt, da sie zeitweilig in andern Sammelunterkünften gemeldet
waren: die Französinnen Denise P. (*1918) und Lucette Y. (*1920), die Italienerinnen Magdalene L.
(*1921, beschäftigt bei der Naxos Union), Anna Z. (*1922) und Lucie Di T. (*1929, sie wohnte zunächst
bei den Dernbacher Schwestern in der Eichwaldstraße), der Bulgare Petko P. (*1915, beschäftigt bei
Teves) und der Slowake Maley K. (*1901, wohl beschäftigt bei der Firma Voigt & Häffner AG). Eine Mutter
mit zwei Kleinkindern lebte ebenfalls im Kloster: die ledige italienische Arbeiterin Antonia Del B. (*1922)
mit Fred Hans Del B. (*1942) und Ellen-Ruth Yvonne Del B. (*1943). Ob die Frau im Kloster tätig war,
konnte noch nicht geklärt werden.
Einen interessanten Einblick in die Verhältnisse im Heim der Franziskanerinnen erlauben die Schreiben
des Pfarrers i.R. Wilhelm Nicolay, der sich wegen der „Pastoration französisch sprechender Mädchen“ am
28. April 1941 an das Bischöfliche Ordinariat in Limburg wandte: „Dem Hochwürdigsten Bischöflichen
Ordinariat teile ich mit, daß seit längerer Zeit über 50 Mädchen sich in dem Heim Hans Handwerkstr. 12
befinden, die teils der Sprache und der Nation nach Italiener sind, teils der Sprache nach dem
französischen Sprachgebiet angehören; sie sind als Arbeitskräfte in großen Betrieben tätig. Die
italienischen Mädchen werden, wie ich von privater Seite höre, von einem eigenen Geistlichen
seelsorgerisch betreut, der sich aber um die anderen nicht kümmert, alle Mädchen sprechen französisch,
der italienische Geistliche kann es nicht. Einige Mädchen, deren Eltern nach dem nichtbesetzten
Frankreich ihren Wohnsitz verlegten, durften in Frankfurt nicht mehr arbeiten, sie sollen nach dem jetzigen
Wohnsitz ihrer Eltern abgereist sein, die anderen Mädchen sind als Lothringerinnen jetzt deutsch,
sprechen aber nur französisch, einige seien staatenlos. Schon vor längerer Zeit begab ich mich auf das
Polizeirevier in der Cranachstraße, das mich an die Geheime Staatspolizei verwies. Die könnte mir allein
Auskunft erteilen. Ich war auch da, sagte, daß das Arbeitsamt die fremdsprachigen Mädchen da
eingewiesen habe, zeigte auch meinen Paß, der Herr aber war nicht orientiert, gab mir als
Verhaltensmaßregel eine äußerste Zurückhaltung, er werde sich erkundigen (...). Ich bin bereit, die
Mädchen seelsorglich in der Langestraße in der Kapelle, im Saale seelsorglich zu betreuen“. Auf seine
Anfrage bei der Gestapo erhielt Nicolay keine Antwort. Er wandte sich noch einmal am 9. November 1941
an die Bistumsleitung: „Betreffs der seelsorglichen Betreuung der fremdsprachigen Arbeiterinnen in der
Hans- Handwerkstraße 12 besprach ich mich mit der Provinz- und Hausoberin, wies in der Unterredung
auf die Methodes eines Hl. Franz von Sales, Vincenz v. Paul (...) u.a. hin, die Großes durch große Frauen
auf diesem Gebiete leisteten. Leider beherrscht keine der Schwestern das Französische, so daß meine
Tätigkeit alleine den Arbeiterinnen einige Klänge in der Muttersprache im dortigen Haus bieten konnte. Ich
halte in der Regel alle 14 Tage einen Vortrag beim Frühstück in französischer Sprache. Andere
Möglichkeit wurde mir nicht geboten, ich höre die Arbeiterinnen Beicht, wenn sie sich im Beichtstuhl
einfinden (...). Ich kaufte den Arbeiterinnen das bei Herder erschienene billige kleine Gebetbuch für
Kriegsgefangene, verschaffte für sie französische Literatur weltlicher und religiöser Art in großem Umfang,
machte Besichtigungen auf der Saalburg und in der Karmeliterkirche mit ihnen und bat öfter, eine Dame
für die Arbeiterinnen als Vertreterin ihrer Mutter anzuwerben. Das gelang nach längerer Zeit, Frau
Dr. Klein aus Coblenz nimmt sich als sprachgewandte Dame in selbstloser, mütterlicher Weise der
Arbeiterinnen jetzt an, hält mit ihnen gemeinsam im Oktober Rosenkranzandacht, an der 8 Arbeiterinnen
teilnahmen. Gesänge in fremder Sprache erfüllen das Haus, religiöse und weltliche Lieder erklingen in
fremdem Idiom, die Ansprache des italienischen Geistlichen, der häufig zu den Arbeiterinnen kommt, gibt
sicher fast allen Worte des Trostes und der Erbauung“. (BW)
QQ.: IfSGF, HB Nr. 63, 220, 586, 823, 1994; DAL, 224 A/1.
Lit.: GATZ (1) 374-399; NICOLAY.
Frankfurt am Main-Bornheim:
Pfarrei St. Joseph
Die Pfarrei St. Joseph und die Dernbacher Schwestern gehörten viele Jahrzehnte lang in der
Wahrnehmung des Frankfurter Stadtteils Bornheim untrennbar zusammen. 1871 bat Pfarrer Dr. Rody die
Armen Dienstmägde Jesu Christi, die Armen- und Krankenpflege zu übernehmen. Das erste kleine
Kloster, das heutige Marienheim, entstand 1875 in der Eichwaldstraße 40, 1879 öffnete die Suppenküche
für bedürftige Kinder in der ehemaligen Notkapelle. Der von 1884 bis 1905 amtierende Pfarrer Koenigstein
hatte als ehemaliger Privatsekretär des Zentrumsführers Windthorst beste Beziehungen zu hochgestellten
katholischen Persönlichkeiten in ganz Deutschland, von denen er Unterstützung für seine caritativen
Bestrebungen erhielt: er erwarb die Liegenschaften Berger Straße 133 und Heidestraße 62 zur Errichtung
mehrerer, dem sozialen Zwecke dienender Gebäude. Die Fertigstellung des ersten Neubaus, des St.
Anna-Hauses, in der Heidestraße begingen Schwestern und Pfarrei im Jahr 1902. Nur ein Jahr später, im
Juni 1903, begann in den Räumlichkeiten ein Kinderheim für bis zu 40 Halb- und Vollwaisen und
gefährdete Mädchen ein Ersatz für das Familienleben zu sein. Ein Vierteljahr darauf, im September 1903,
konnte das Josephsheim, der „Sammelpunkt für unsere Vereine und eine Heimstätte für die gefährdete
Jugend“, der Öffentlichkeit übergeben werden. Unter einem Dach befanden sich nun in der Berger Straße
133 ein Arbeiter-Wohnhaus mit 2- und 3-Zimmerwohnungen, im Erdgeschoß ein Laden und die
Restauration „Josephsheim“, daran anschließend der Festsaal mit Bühne, ein Übungssaal für den
Kirchenchor, die Borromäusbibliothek, Vereinsräume und das Notburga-Mädchenheim. Die Anstalten
erregten weit über Frankfurt hinaus Aufsehen, da diese Einrichtungen Vorbildcharakter für die Linderung
der kirchlichen und sozialen Not hatten. Da die Räumlichkeiten im alten Schwesternhaus nicht
ausreichten, baute der Orden 1914 ein größeres Haus in Verlängerung des Josephsheims, das St.
Josephs-Schwesternhaus in der Eichwaldstraße 39, in dem auch die Erweiterung des Mädchenheims „St.
Martha-Mädchenheim“ sowie eine Damenpension Platz fanden. In der Eichwaldstraße 40 wurde ein
Witwenheim für ältere alleinstehende Frauen des Arbeiterstandes eingerichtet. Die Dernbacher
Schwestern übernahmen die Leitung sämtlicher caritativer Einrichtungen.
In den Jahren des Ersten Weltkriegs standen die Räume des Schwesternhauses und des Josephsheims
zur Versorgung von Verwundeten offen. Die Situation in den Jahren 1939 bis 1945 gestaltete sich anders.
Der Saal des Josephsheims war im März 1941 gegen entsprechende Vergütung zur Einquartierung
italienischer Arbeiter beschlagnahmt worden. Es handelte sich um 135 italienische Männer, die den Saal
mit Bühne und umlaufenden Emporen in Besitz nahmen. 125 von ihnen reisten direkt aus Italien am 24.
Juni 1941 an. Zahlenmäßig größere Kontingente kamen aus der östlichen Emilia Romagna und der
nördlichen Toskana. Zu der Gruppe um Ravenna gehörten 54 Männer, sie wohnten vor ihrer Abreise in
Ariana, Alfonsine (6), Bagnacavallo (2), Brisighella (4), Castel Bolognese, Chorino, Conselice (2),
Fusgnano, Lugo (3), Ravenna (14), Russi (18) und Solarolo. Aus der Gegend um Massa stammten 31
Männer, die zuvor in Carara (2), Casola (7), Fosdinuova (4), Lucca (2) und Massa (16) gemeldet waren.
Ein Beleg dafür, wer diese Arbeitskräfte ins Land holte und beschäftigte, steht noch aus. Am 1. April, 7.
Mai und 5./6. Dezember 1942 siedelten insgesamt 69 Männer in das Lager an der Philipp-Reis-Straße
über. Es handelte sich um ein Großlager für Italiener auf dem Festhallengelände, die errichteten
Backsteinbaracken wurden im Krieg schwer beschädigt. Diese Unterkunft wurde vom Bauamt und dem
Luftschutz der Stadt Frankfurt belegt, der wohl dann auch die Italiener beschäftigte. Am 5./6. Dezember
1942 kehrten 27 Arbeiter und ein Jahr später nochmals 21 Arbeiter nach Italien zurück. Zwei Männer sind
bis zu ihrer Heimfahrt nach Italien am 6. Dezember 1944 in der Berger Str. 133 gemeldet, vier Personen
sind lt. den Hausstandsbüchern bis nach Kriegsende in Bornheim verblieben. Welcher Arbeit sie
nachgingen ist unklar, auch ob sie direkt in einer der Einrichtungen in St. Joseph eingesetzt waren.
Anfang 1942 nahm lt. Pfarrchronik eine Pionierabteilung der Wehrmacht Quartier im Pfarrsaal. Wie sich
das zeitgleich zur Einweisung der Italiener realisieren ließ, bedarf noch der Klärung. (BW)
QQ.: IfSGF, HB Nr. 883; PfA St. Josef Frankfurt-Bornheim, Chronik, Bd. 8, 315, 322.
Lit.: Mut zum Weitergehen, 83-101; BECKERT 192.
Frankfurt am Main-Bornheim:
St. Josephs-Schwesternhaus (Arme Dienstmägde Jesu
Christi)
Im St. Josephs-Schwesternhaus, das während des Krieges im Besitz der ADJC blieb, fanden 16
ausländische Mädchen und Frauen eine Unterkunft: Die Französinnen Henriette B. (*1921), Johanna H.
(*1923 in Lothringen) und Emilia Z. (*1923, Arbeiterin), die Holländerinnen Henrike K. (*1917,
Hausgehilfin), Maria K. (*1921, Buchhalterin) und Henrike L. (*1917, Arbeiterin), die Italienerinnen Helene
C. (*1924, ohne Beruf), Dina C. (*1922, zuvor Arbeiterin, in der Eichwaldstraße als Hausgehilfin
bezeichnet), Lidia Del B. (*1920, Näherin), deren Schwester offenkundig im Haus der Franziskanerinnen,
Hans-Handwerk-Straße 12, untergebracht war, Lucie T. (*1929, Näherin, später auch bei den
Franziskanerinnen) und Cäsile E. (*1924 in Lothringen, Näherin). Auch osteuropäische Frauen befanden
sich unter den Ausländerinnen: Die Jugoslawin Käthe K. (*1920), die Polinnen Helene K. (*1905, ohne
Berufsangabe) und Anna M. (*1916, Schneiderin), aus „Ungarn-Slowakei“ stammten Alzbeta C. (*1923,
Hausgehilfin) und Irma S. (*1924, Hausgehilfin). Da alle Akten des Hauses vernichtet wurden, ist es den
Dernbacher Schwestern nicht mehr möglich festzustellen, ob einige der Frauen im Haus beschäftigt
waren. Es muß deshalb weiter versucht werden, über andere archivalische Quellen diese offenen Fragen
zu beantworten. In der Schwesternhaus-Kapelle hielt Pfarrer Höhler ab August 1940 Gottesdienste für
französische Kriegsgefangene, die in der Bergerstraße 96 (Wirtschaft Bantze) wohnten. Die Teilnahme
von Zivilisten war untersagt. Ein Jahr später kamen zwei Chorfrauen und eine Laienschwester aus dem
beschlagnahmten Benediktinerinnenkloster Eibingen im Rheingau zu den ADJC. Am 20. Dezember 1943
verzeichneten die Schwestern die ersten Kriegsschäden, der Dachstuhl des Mädchenheims brannte
nieder. Völlig zerstört wurden das Schwesternhaus, das Witwenheim sowie der Mittelbau des
Josephsheims am 11. Februar 1944, Schwester Claudica ADJC kam bei dem Bombenangriff ums Leben.
Das St. Anna-Haus in der Heidestraße sank am 22. März 1945 ebenfalls in Schutt und Asche. (BW)
QQ.: PAADJC, Dernbach, Verzeichnis der Niederlassungen 1939-1945; IfSGF, HB Nr. 23, 586, 928; PfA St. Josef Frankfurt-Bornheim, Chronik, Bd. 8,
308, 317, 329, 330f.
Lit.: Mut zum Weitergehen.
Frankfurt am Main-Gallus:
Pfarrei St. Gallus
Die Pfarrei St. Gallus hatte schwere Kriegsschäden zu verzeichnen. Der 12. September 1944 blieb den
Pfarrangehörigen in schrecklicher Erinnerung. Waren bereits vorher 80% der Häuser des Bezirks
geschädigt bzw. zerstört, so traf es nun die kirchlichen Bauten: das Kirchenschiff sprengten Luftminen
auseinander, Schwesternhaus, Pfarrhaus, Jugendheim und Küsterhaus fingen Feuer. Im Schwesternhaus
starben acht Menschen, unter ihnen die Oberin. Dennoch fand auf dem Gelände der Pfarrei im sog.
„Lager Mainzer Landstraße 299“ am 3. November 1944 eine bunte Schar Aufnahme. Eugen D. (*1905)
aus Aux Andelys in Frankreich, und die hochschwangere Veronika D. (*1925) aus Briese in Litauen, beide
ledig, nahmen Quartier – man darf sagen, in höchster Not. Nur drei Wochen später wurde hier ihr
gemeinsamer Sohn Johann geboren. Das Paar wohnte zuvor im Lager der Firma Voigt & Häffner im
Tanzsaal des Gasthauses „Zum Mainbörnchen“ im Burglehen 7. Zusammen mit ihnen traf von dort Martha
D. (*1911) aus Grzyb in Polen und Anna D. (*1924) aus Wilna in Litauen mit ihrer sieben Wochen alten
unehelichen Tochter Anna D. ein. Ob weiterhin die Verpflichtung bestand bei Voigt & Häffner zu arbeiten
oder ob andere Tätigkeiten, z.B. in der Pfarrei übernommen wurden und wer diesen Menschen überhaupt
diese Bleibe anwies, ist noch eine offene Frage. Auch ist bis jetzt nicht recht vorstellbar, wie die
Unterkunft ausgesehen haben mag, da wenige Monate zuvor alle Gebäude fast restlos zerstört wurden
und nur der Turm der Kirche aus den Trümmern aufragte. (BW)
Q.: IfSGF, HB Nr. 18, 113, 2134.
Lit.: FIRTEL; BECKERT 195.
Frankfurt am Main-Gallus: Monikaheim (Schwestern vom Heiligen Geist)
Das Monikaheim in der Kostheimer Straße 11-15 wurde 1914 errichtet. Bereits seit 1910 führten die
Schwestern vom Heiligen Geist aus Koblenz diese schon seit 1909 bestehende Einrichtung des
Fürsorgevereins e.V., die Anlaufstelle und Unterbringungsort für gefährdete Mädchen, deren Säuglinge
und Kinder bot. In der Zeit des Nationalsozialismus versuchte der Verein seine Arbeit fortzuführen. Das
Haus hatte damals Platz für mehr als 170 Zöglinge. Fragen wie Zwangssterilisation von
Heimbewohnerinnen und erzwungene Abtreibungen bereiteten den Schwestern große Sorgen, wie aus
den Protokollen der Vorstandssitzungen zu entnehmen ist. Den Schwestern gelang es auch, sechs von
zehn Frauen, die nach Hadamar deportiert worden waren, wieder ins Monikaheim zurückzuholen. Neben
finanziellen Schwierigkeiten lagen in den Kriegsjahren weitere Sorgen darin, möglichst genug Wohnraum
und Essen zur Verfügung stellen zu können: 1939 für Evakuierte aus dem Saarland, danach für
Schwestern aus dem Ordenshaus in Koblenz, Flüchtlinge und Obdachlose. Im März 1944 wurden die im
Haus anwesenden Kinder nach Oberursel in das Johannesstift gebracht. Im September 1944 beschädigte
der Bombenhagel das Monikaheim schwer. Da bislang weder Lohnunterlagen auffindbar waren, noch die
Hausstandsbücher der Kostheimer Straße vorhanden sind, konnten nur die Namen von zwei
ausländischen Frauen ermittelt werden, die wenigstens im Monikaheim gelebt haben, dort eventuell aber
auch beschäftigt waren: die belgische Küchenhilfe Jeanna De B. (*1925), die bis im Juli 1944 blieb, und
die Niederländerin Margarete De J. (*1918). Näheres zu diesen beiden Personen muß noch geklärt
werden. (BW)
Q.: IfSGF, HB Nr. 18, 113, 2134.
Lit.: Einhundert Jahre Sozialdienst.
Frankfurt am Main-Griesheim:
Kloster Maria vom Siege
(Arme Dienstmägde Jesu Christi)
Das Kloster „Maria vom Siege“ der Dernbacher Schwestern zog 1899 in das St. Josephshaus (Vereinsund Schwesternhaus) in Frankfurt-Griesheim um. Die Schwestern eröffneten ein Altersheim, das im Jahr
1936 für 14 alte und pflegebedürftige Menschen Raum bot. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs wurden
durch das Fürsorgeamt Insassen des Altersheimes in Köppern nach hier verlegt, die von den ADJC
versorgt wurden. Am 11. Februar 1944 und am 22. März 1944 zerstörten Bomben das Schwesternhaus
fast völlig. Ab dem 15. Juli 1944 bis in den November 1944 kamen aus dem Lager Schwanheim Russen in
ihrer Freizeit zu Aufräumungsarbeiten. Sie erhielten ihren Lohn in Form von Naturalien: eine Beköstigung
und Kleidung aus dem Altenheimbestand. Wer diese hilfsbereiten Menschen waren, bleibt noch
unbekannt – eventuell kamen sie aus dem Zivilarbeiterlager in der Martinskirchstraße 70, das von 194345 bestand oder aus einem großen Ostarbeiterlager in Schwanheim, dessen Lage heute nicht mehr
genau feststellbar ist. (BW)
Q.: PAADJC, Dernbach, Verzeichnis der Niederlassungen 1939-1945.
Lit.: BECKERT 200f.
Frankfurt am Main-Höchst:
Städtisches Krankenhaus (Arme Dienstmägde Jesu Christi)
Die Situation im Krankenhaus Frankfurt-Höchst unterscheidet sich von den anderen Einrichtungen der
Dernbacher Schwestern. Trägerin des Krankenhauses war die Stadt Frankfurt, die Schwestern arbeiteten
seit 1887 in Gestellungsvertrag im Bereich der Krankenpflege. Da die Armen Dienstmägde Jesu Christi
aber die Verwaltungshoheit und die Personalhoheit auf den einzelnen Stationen des Krankenhauses inne
hatten, unterstanden ihnen faktisch auch die ausländischen Arbeitskräfte. Somit waren diese zwar von der
Stadt Frankfurt angestellt, nahmen als Vorgesetzte aber hauptsächlich die Schwestern wahr. Dem
Krankenhaus, das in 14 Stationen 400 Betten zur Verfügung stellte, war eine Krankenpflegeschule
angegliedert, die ebenfalls von den Schwestern betrieben wurde. Nach den Hausstandsbüchern waren
auf der Liegenschaft Gotenstraße 6 in den Kriegsjahren insgesamt 28 ausländische Personen gemeldet,
die alle im Krankenhaus arbeiteten. Da bislang keine Lohnunterlagen aufzufinden sind, kann der jeweilige
Status nicht immer geklärt werden. Aus Belgien kamen Blanka D. (*1905), Alida M. (*1920, Hausgehilfin)
und die bei Arbeitsbeginn noch minderjährige Julia M. (*1924). Die drei Franzosen waren alle als
medizinisches Personal ausgebildet: André B. (*1922) und Michel S. (*1922) als Medizinstudenten und
Assistenzärzte und Alexie L. (*1912) als Krankenpfleger. Theodor-Johann K. (*1922, Krankenträger), die
minderjährige Lÿntje N. (*1926) und S. (*1920) stammten aus Holland. Drei Norwegerinnen, die als „DRKSchwesternhelferinnen“ bezeichnet wurden, waren für eine kurze Zeit in Höchst: Grete G. (*1918), Lillie H.
(*1915) und Maria Giselheid S. (*1920). Die Polin Antonia M. (*1904) machte gleichsam eine ‚Dernbacher
Karriere‘. Sie arbeitete außer in Höchst auch noch im Marienkrankenhaus in Frankfurt und in Dernbach
bei den Schwestern. Ihre Tochter Viktoria (*1923) kommt einige Zeit später nach, beide Frauen arbeiteten
als Hausgehilfinnen. Bei den Russinnen wurde häufig keine Berufsbezeichnung angegeben, vereinzelt
sprach man von „Hausgehilfinnen“. Es handelte sich um Nila H. (*1923), Miliza K. (*1925), Tamara P.
(*1924), Praskowya P. (*1921), Lisa Sch. (*1907), Nina B., Erna N., Vera K. (*1923), Nina K. (*1924), die
ledige Anna K. (*1919), die in Frankfurt-Höchst 1944 einen Sohn, Jura K., zur Welt brachte und Alexander
von L. (*1909), der als Krankenträger arbeitete. Eine Frau, Inni P. de la R. wurde als staatenlos
bezeichnet. (BW)
QQ.: PAADJC, Dernbach, Verzeichnis der Niederlassungen 1939-1945; IfSGF, HB Nr. 266, 2478-2480, Vorortakten Höchst 175, Bll. 22, 24, 25
(Nachkriegsmeldungen).
Lit.: SCHÄFER 172, 261.
Frankfurt am Main-Nordend: Marienkrankenhaus (Arme Dienstmägde Jesu Christi)
Das Marienkrankenhaus in Frankfurt, Brahmsstraße 3, befand sich im Besitz des Bischöflichen Stuhles in
Limburg. Die Dernbacher Schwestern übernahmen ab 1892 die Krankenpflege und die Krankenpflegeschule. Während des Zweiten Weltkriegs mußte das Haus 200 der 350 Betten für das
Luftschutzlazarett bereithalten. Ab Juli 1941 wurden sechs in Eibingen ausgewiesene Benediktinerinnen
im Marienkrankenhaus aufgenommen. Nach der Zerstörung des Hauses bei einem Bombenangriff am 22.
März 1944 setzte die Stadt Frankfurt französische Kriegsgefangene zur Instandsetzung ein, manche von
ihnen bis zum Jahresende 1944. Ihre Namen sind nicht bekannt. Ermittelt werden konnte ein Teil der
ausländischen Zivilarbeiter, jedoch nicht alle, da die Hausstandsbücher für die Liegenschaft Brahmsstraße
3 nicht mehr vorhanden sind und nur über den Rückschluß aus Umzugsmeldungen eine Liste erstellt
werden konnte. Auf ihr stehen die Belgierin Helene M. (*1922, Hausgehilfin), die Franzosen Charles A.
(*1921) und Rose P. (*1911), die bei Arbeitsbeginn erst 17jährige Italienerin Andrea T. (*1925,
Hausgehilfin), die Niederländer Richardus C. (*1921, Student) und Egbert Sch. (*1919, Student), die
beiden bereits aus dem Höchster Krankenhaus bekannten Polinnen Antonia und Viktoria M., ferner die
Sklovakinnen Juliana S. (*1924, Hausgehilfin) und Paulina T. (*1926, Hausgehilfin) – auch sie war bei
Arbeitsbeginn erst 16 Jahre alt. Die Lohnunterlagen für alle diese Arbeitskräfte fehlen. (BW)
Q.: PAADJC, Dernbach, Verzeichnis der Niederlassungen 1939-1945; IfSGF, HB Nr. 112, 208, 266.
Frankfurt am Main-Nordend: Ursulinen-Kloster St. Ursula
Als sehr bedeutender und weltweiter Frauenorden für Erziehung und Unterricht verfügte die „Gesellschaft
der hl. Ursula“ seit 1889 auch über eine selbständige Kongregation mit drei Niederlassungen im Bereich
der Diözese Limburg. Das infolge Kriegseinwirkung heute nicht mehr bestehende Kloster St. Ursula am
Unterweg in Frankfurt am Main war Mutterhaus für die Filialen St. Anna in Königstein, St. Josef in
Geisenheim und die noch 1934 bzw. 1938 erfolgten Missionsgründungen in Rezende und São Lourenço
(Brasilien). Die drei Internatsschulen für höhere Töchter in Frankfurt, im Rheingau und im Taunus mußten
1940 geschlossen werden. Die Schülerinnenzahlen waren durch staatliche Eingriffe in die
Schulwahlfreiheit von Beamtenkindern rapide gesunken, in Frankfurt allein von 1.000 auf 500. Die
Schwestern konnten nach langen Verhandlungen in den Niederlassungen Geisenheim und Frankfurt
bleiben, wurden aber gezwungen, die Räumlichkeiten für caritative und militärische Zwecke zur Verfügung
zu stellen. Die hauswirtschaftliche Verantwortung hatten die Ursulinen aber weiter zu tragen. Die Filiale in
Königstein mit der St. Anna-Schule mußte für eine NS-Lehrerinnenbildungsanstalt geräumt werden, die
Schwestern kamen in einer Privatvilla unter, wo sie ein kleines Altersheim einrichteten.
Über die Spur einer Fremdarbeiterin verfügen wir im Fall der Niederlassung in Frankfurt am Main. Das
Kloster am Unterweg
6-16 mit der 1894 erbauten Marienschule wurde nach dem Ende des Schulbetriebes 1940 auf Druck der
Stadt in ein Altersheim mit 68 Betten umgewandelt, das Eigentum der Ordensgenossenschaft blieb und in
dem die Schwestern, soweit sie „dienstfähig“ waren, für Pflege und Hauswirtschaft zu sorgen hatten. Das
Haus diente bis zur Ausbombung im März 1944 zudem als „Unterkunft für Berufstätige und in der
Berufsausbildung stehende“, wie die kriegswirtschaftliche „Kräftebilanz“ des Mutterhauses für 1943 angibt.
Im Hausstandsbuch für das Kloster ist eine französische „Einsatzarbeiterin“ namens Alberta H. (*1894)
aus Orléans erwähnt, von der lediglich folgende Daten bekannt sind: Geboren in Marseille, römischkatholisch, verwitwet, polizeilich angemeldet im Unterweg 6-16 am 1. September 1943. Eine Abmeldung
ist nicht nachgewiesen. Ob Alberta H. im Ursulinenkloster gearbeitet hat oder anderswo eingesetzt war, ist
bisher nicht zu klären, jedoch können wir davon ausgehen, daß es sich um eine französische
Zivilarbeiterin handelt, die bei den Ursulinen zumindest Unterkunft und Verpflegung erhielt.
Schwestern und Altenheim wurden nach Zerstörung der Klosteranlage in der Nacht vom 22. auf den 23.
März 1944 in die Zisterzienserabtei Marienstatt evakuiert. (JR)
QQ.: DAL, 101 Q/1, 563 F/13; IfSGF, HB Nr. 208.
Lit.: GOLDMANN; FS Einhundert Jahre Ursulinen; SCHATZ 207f, 280.
Frankfurt am Main-Oberrad:
Philosophisch-theologische Hochschule Sankt Georgen der Jesuiten
Die philosophisch-theologische Hochschule der Jesuiten, Sankt Georgen, wurde mit Beginn des Krieges
offiziell geschlossen, durfte aber zu Weihnachten 1939 wieder geöffnet werden. In der Zeit vom
Sommersemester 1940 bis zum Wintersemester 1943/44 waren nur zwischen 25 und 35 Studenten
(Alumnen, Externe und Scholastiker) eingeschrieben, die wenigen verbliebenen siedelten ab dem
Sommersemester 1944 in das Zisterzienserkloster Marienstatt im Westerwald über. Bereits am 3.
September 1939 widmete die Stadt Frankfurt den Neubau in ein Städtisches Hilfskrankenhaus um, die
Zimmer der Alumnen wurden geräumt. Der Vizerektor berichtete am 14. September 1939: „Der ganze
Neubau also, vorläufig abgesehen vom
5. Stock, ist beschlagnahmt. Untergeschoß und 1. und 2. Obergeschoß sind Krankenzimmer mit Zubehör;
im 3. Obergeschoß sind die Wohnräume der Schwestern und des Personals. Das 4. Obergeschoß wird
für eventuelle Fälle beansprucht. Außerdem ist fast unser gesamtes Bettenmaterial, soweit es nicht von
Patres, Fratres und Brüdern gebraucht wird, in Anspruch genommen. Die Kapelle im Neubau ist uns
geblieben. Dagegen sind die Speisesäle und der große Hörsaal belegt“. Die erste Einweisung von
Lungenkranken stand im Dezember 1940 an.
P. Schütt SJ benachrichtigte das Bischöfliche Ordinariat in Limburg am 1. Januar 1941 darüber, daß
„unser Haus als Hilfskrankenhaus mit 38 Kranken belegt ist. In den nächsten Tagen und Wochen wird die
Zahl der nach hier kommenden Kranken bis auf 300 steigen“. Da weiterer Platzbedarf bestand, mußte im
Oktober 1941 zusätzlich das Althaus als Lazarett für verwundete und erkrankte Soldaten abgegeben
werden. Nur das Lindenhaus blieb den Jesuiten erhalten. In der Nacht vom 4./5. Oktober 1943 zerstörte
ein Großangriff Pförtnerhaus, Lindenhaus, Neubau und Baracke. Das Krankenhaus konnte in solchen
Räumen nicht mehr bestehen bleiben. Als im März 1944 die Aufbauarbeiten beendet schienen,
vernichtete ein erneuter Angriff alle Mühe – Sankt Georgen war endgültig ein Trümmer- und Trichterfeld
geworden. Die Jesuiten, die den Ort nicht verließen, hausten im Kohlenkeller unter dem Neubau, bis sie
sich die am wenigsten zerstörten Gebäudeteile herrichten konnten.
Folgende Ausländer, die nicht im Zusammenhang mit dem Lehr- und Studienbetrieb standen und auch
nicht den Theologen oder anderen Wissenschaftlern zuzurechnen sind, lebten in diesen bewegten Jahren
zwischen 1940 und 1945 in der Offenbacher Landstraße 224: der Belgier Marcel-Jean Florent B. (*1920),
dessen Tätigkeit mit „Krankenwärter“ angegeben wurde, von November 1942 bis Oktober 1943; der
Belgier Petrus C. (1922-1943), der ab Februar 1943 gemeldet war und im Juni 1943 in einem Frankfurter
Krankenhaus verstarb; der Jugoslawe Georg Rößler (*1919), Landarbeiter und früherer Tischler, von
November 1940 bis März 1941; der Pole Stanislaus T. (*1918), Krankenträger, im September/Oktober
1943 und der Pole Antonin W. (*1921), ab Januar 1941. (BW)
QQ.: IfSGF, HB Nr. 1179; DAL, 54 A/1.
Lit.: LÖSER 101-132, 243.
Geisenheim:
Pfarrei Heilig Kreuz
Die Stadt Geisenheim war als Standort einiger bedeutender industrieller Anlagen von
kriegswirtschaftlicher Bedeutung. In Baracken bei der „Maschinenfabrik Johannisberg“ war von Dezember
1944 bis Kriegsende 1945 ein Außenkommando des Konzentrationslagers Natzweiler/Elsaß
untergebracht, das für die Friedrich Krupp Eisenwerke arbeiten mußte. Der CCP spricht von ca. 200
polnischen und ungarischen Juden, STRUCK gibt die Zahl von zuletzt 1.000 polnischen und russischen
Fremdarbeitern an.
Auf dem Meldebogen der „Kräftebilanz“ vom 31.5.1942 vermerkte Pfarrer Wilhelm Hesse für die Pfarrei
Geisenheim einschließlich des Ursulinenklosters St. Joseph neben drei Geistlichen, einem kirchlichen
Angestellten und 42 Schwestern die Zahl von 28 beschäftigten Kriegsgefangenen bzw. zum Stichtag
31.5.1941 sogar 30. Es ist bis jetzt nicht zu erhellen, für wen diese Kriegsgefangenen gearbeitet haben.
Annehmbar ist ein Zusammenhang mit dem im Kloster eingerichteten Lazarett. Die 1894 gegründete St.
Ursula-Schule für höhere Töchter wurde zwar zu Ostern 1940 aufgehoben und als Unterkunft für
Rückgeführte aus dem Saarland und Ausgebombte genutzt, die Schwesterngemeinschaft konnte aber
bleiben; ein Teil von ihnen war allerdings zur Pflege im Reservelazarett (160 Betten), das Anfang 1942 im
Internat eingerichtet wurde, verpflichtet. Weder das Stadtarchiv Geisenheim noch die Pfarrakten im DAL,
das Pfarrarchiv oder die Pfarrchronik vor Ort konnten bis jetzt weiteren Aufschluß über Namen, Herkunft
oder den genauen Einsatzort der Kriegsgefangenen geben. Hier sind weitere Recherchen notwendig. (JR)
Q.: DAL, 116 A/1, 563 F/13
Lit.: CCP 173; STRUCK 278f, 302; SCHATZ 281.
Geisenheim:
Franziskaner-Kloster Marienthal
Von den Niederlassungen der Thüringischen Franziskanerprovinz auf dem Gebiet der Diözese Limburg
wurden 1939 das Kloster Kelkheim und das Studienheim Hadamar von der Gestapo aufgehoben. Diese
Häuser gehörten der an caritativen Einrichtungen reichen bischöflichen Peter-Joseph-Stiftung, die im
März 1939 „aus staatspolizeilichen Gründen“ in die auf NS-Linie getrimmte „Nassauische
Volkspflegestiftung e.V.“ umgewandelt und der bischöflichen Einflußnahme vollends entzogen wurde. Das
Kloster Bornhofen bei Kamp/Rhein, zum Teil ebenfalls im Besitz der besagten Stiftung, wurde
teilenteignet und der Verwaltung eines Gestapo-Kommissars unterstellt, die Brüder unter Bewachung
genommen und die Bibliothek von der SS beschlagnahmt. Das Exerzitienhaus St. Josef in Hofheim blieb
zunächst in den Händen der Minoriten, mußte aber 1940 an die NS-Volkswohlfahrt zur Unterbringung von
Baltendeutschen verpachtet werden und wurde gegen Kriegsende zur Nutzung als
Luftwaffenseuchenlazarett doch noch beschlagnahmt. Zahlreiche Ordensangehörige aus den genannten
Niederlassungen gerieten in diffamierende Pressekampagnen und kamen wegen angeblicher
Sittlichkeitsvergehen oder staatsfeindlicher Predigten zum Teil in längere Haft, darunter der Rektor des
Hauses in Hadamar,
P. Justus Michel, der für vier Jahre in die Konzentrationslager Oranienburg und Dachau verbracht wurde.
Möglicherweise hat die bei den Rheingauern beliebte Wallfahrt das 1873 von den Franziskanern
besiedelte Kloster Marienthal vor einschneidenden Maßnahmen der braunen Machthaber bewahrt. Die
Kloster- und Wallfahrtskirche gehörte der Fürst von Metternich‘schen Verwaltung, die Baulast lag beim
Konvent (Stand: 1936). Der an manchen Sonn- und Feiertagen vierstellige Pilgerzustrom war den
Nationalsozialisten ein Dorn im Auge und veranlasste 1939 sogar Reichskirchenminister Kerrl zu einer
Beschwerde bei Bischof Hilfrich über den angeblich politischen Charakter der Marienthaler Wallfahrt. Am
31. August 1943 wurden alle Wallfahrten durch den Landrat des Rheingaukreises aus luftpolizeilichen
Gründen verboten. Guardian
P. Florentinus Wöbkenberg erreichte allerdings auf dem Verhandlungsweg einen Kompromiß, der eine
Begrenzung auf 200 gleichzeitig anwesende Pilger in Marienthal vorsah. Bei diesem „Warnschuss“ blieb
es. Es gab keine Hausdurchsuchungen, keine Eingriffe in das Klosterleben, keine Verhaftungen, Prozesse
oder sonstige Schikanen. Ab 1943 wurden allerdings in zunehmendem Maße Einquartierungen
notwendig, und einige Räume im Kloster mußten für Evakuierte, ein kleineres Altenheim und
ausgebombte Ursulinen-Schwestern aus Geisenheim und Frankfurt genutzt werden. Von elf
Einberufungen unter den Brüdern abgesehen, blieb der Personalstand des Hauses weitgehend
unverändert. An der Ostfront fielen die beiden Klosterköche Br. Winfried Armbrecht und Br. Ignatius
Schmutz.
Durch die staatspolizeilichen Maßnahmen gegen die Peter-Joseph-Stiftung war allerdings auch Marienthal
betroffen, das etwa
4,5 ha Ackerland und Wiesen der Stiftung in Pacht bewirtschaftete, ein gutes Drittel der Liegenschaften
des Klosters. Die „Nassauische Volkspflegestiftung“ verkaufte die Grundstücke zwei Jahre später weiter
an vier Marienthaler Privatpersonen. Nach dem Krieg und der Wiederherstellung der Stiftung kam es zu
einem Vergleich mit den Käufern. 1941 blieben dem Kloster zur Bewirtschaftung nur die etwa 7,6 ha
Äcker und Wiesen im Eigentum des Fürsten Metternich, wovon jedoch 3,2 ha wieder weiterverpachtet
waren.
Die Bewirtschaftung der Klosterökonomie in der Kriegszeit oblag dem Hausknecht Peter Engels. Durch
die Klosterchronik können zudem zwei ausländische Arbeiter nachgewiesen werden. Unter dem 15.
Januar 1943 ist eingetragen: „(...) Peter Paul G., ein Litauer, ein großer Mann, seiner Figur nach;
er ist auch Schriftsteller und Dichter und ist aus Litauen, er ist in Deutschland zugelassen als Hel-fer in der
Landwirtschaft und soll hier dem Knecht Peter Engels helfen; Herr G. ist vom Arbeitsamt Rüdesheim a.
Rh. uns zugewie-sen worden.“ G. ist vom Interna-tionalen Suchdienst in Bad Arolsen fernmündlich als
Zwangsarbeiter bestätigt worden, wenngleich bisher nicht geklärt werden konnte, ob aufgrund der
diffizilen landwirtschaftlichen Eigentumsverhältnisse der Konvent als formeller Arbeitgeber anzusehen ist.
Allerdings deutet die Formulierung in der Chronik darauf hin, daß
das Kloster als solches vom Arbeitsamt bedacht wurde. Eine Klärung könnte durch Personalakten des
Klosters erfolgen, allerdings ist eine Recherche vor Ort bisher noch nicht durchgeführt worden.
Ähnlich unklar liegt der Fall des zweiten Arbeiters. Eintrag in der Klosterchronik vom 16. Juli 1943: „Heute
erhielten wir als Gehilfe für den Knecht Engels Peter einen tüchtigen jungen Franzosen namens Daniel B.,
einen soliden Bauernsohn, der sehr anstellig und fleißig ist.“ In der Personalaufstellung der Chronik zu
Weihnachten 1943 heißt es weiter: „Unsere Ökonomie, die immer, seit Jahrhunderten zum Kloster
Marienthal gehört (...) besorgt der Knecht Peter Engels und ein junger Franzose: Daniel B., aus
Frankreich nach Deutschland verwiesen.“ Die Formulierung „verwiesen“ deutet auf einen unfreiwilligen
Aufenthalt des Franzosen in Deutschland hin. Möglicherweise wurde er im Zuge der Abkommen mit der
VichyRegierung als Zivilarbeiter nach Deutschland gebracht. Er erscheint noch ein letztes mal in einem Eintrag
der Chronik vom
31. Januar 1945: „Die Daniels aus der Oster- und Weihermühle und unser Hilfsknecht und Daniel B.
trugen den Sarg [des verstorbenen P. Osmund].“ (JR)
QQ.: DAL, 561 8/A, 455 A/4-5, 563 F/14; Kloster Marienthal, Chronik (Auszüge).
Lit.: HASELBECK 35-45; PFEIFER 144-160; SCHATZ 281f; STRUCK 338f; W INTERHALDER 156-164.
Hochheim:
Elisabeth-Krankenhaus (Arme Dienstmägde Jesu Christi)
Die Niederlassung der Armen Dienstmägde Jesu Christi in Hochheim bestand von 1857 bis 1965. Im
Elisabeth-Krankenhaus, einer Einrichtung, die 1936 für die Krankenpflege und das Altersheim insgesamt
67 Betten zur Verfügung stellen konnte, arbeiteten 15 Schwestern. 1943 hielt die Chronik fest: „Für den
Garten und Stallarbeiten wurden uns 2 Ukrainer zugewiesen vom Arbeitsamt und für die Baracke
(Isolierstation) eine Russin“. Zu diesen drei Personen und der erwähnten Baracke gibt es bislang keine
näheren Erkenntnisse. Nach Befragung einer Zeitzeugin durch den Pfarrer von St. Peter und Paul
Hochheim, Pfarrer Ch. Wurbs, konnte herausgefunden werden, daß es sich bei den genannten Personen
neben der altkatholischen Polin „Kascha“, die in der Krankenhausküche arbeitete, um Johann R. und
dessen Sohn Wilhelm R. (*1921 in Stankowa/Ukraine) gehandelt haben soll. (BW)
Q.: PAADJC, Dernbach, Verzeichnis der Niederlassungen 1939-1945.
Kamp:
Josephshaus (Arme Dienstmägde Jesu Christi)
1898 zogen die ersten Dienstmägde Jesu Christi nach Kamp. Sie übten im Josephshaus ambulante
Krankenpflege aus, sorgten sich um die Kindergartenkinder und richteten ein Heim für Alte und Kurfremde
mit 14 Betten (Stand 1936) ein. Am 18. August 1941 wurde das Gebäude beschlagnahmt zur
Unterbringung von infektionskranken Kindern und wenigen Erwachsenen. Den Schwestern, die die Pflege
übernahmen, standen als Arbeitskräfte zwischen 1940 und 1945 insgesamt acht osteuropäische
Zivilarbeiterinnen zur Verfügung, deren Lohnkarten sich im Provinzarchiv befinden. In der Chronik heißt
es: „Am 9.3.1940 schickte uns Herr Bürgermeister eine Polin zu, Hedwig Sch.. Das arme Kind weinte fast
Tag und Nacht vor Heimweh, aß fast nichts, sodaß wir fürchteten für ihr Leben. Aber sie kam nicht fort,
zuerst mußte sie Geld zur Heimreise zum Arbeits-amt Niederlahnstein schicken. Seit Juni ist sie nun
froher und arbeitet leichte Hausarbeiten“. Die junge Polin (*1929) aus Skawaze blieb von März bis Juni
1940 in Kamp. Im Januar 1942 traf die Familie G. aus Gozd-Lipinski in der Ukraine ein: Zofia G. (*1897)
und deren Töchter Nadziejda (*1926) und Maria (*1933), der Mann bzw. Vater Andreas G. war in
Ransbach in Arbeit und wohnte auch dort. Sie verließen die Schwestern bereits Ende März 1942. Im April
1942 kamen als Arbeitskräfte zwei Slowakinnen aus Lipiany, Bezirk Sabinov: Anna S. (*1921), die im
Dezember 1942 Kamp bereits wieder verließ, und Maria S. (*1923), die bis in den Juli 1943 blieb. Noch im
Dezember 1942 traf die Winzerin Maria V. (*1889) aus Pyanska bei Gurkfeld/Untersteiermark an der Save
bei den Schwestern ein. Ihre Staatsangehörigkeit wurde mit „slowenische Absiedlerin“, „Herkunftsland
Kroatien“ und „Schutzangehörige des Reichs“ angegeben. Auch die letzte Arbeitskraft, die in das
Josephshaus kam, war „Slowenische Absiedlerin“, Marija Z. (*1900), gebürtig in Hundsdorf-Videm, Bezirk
Raren an der Save, sie verließ zusammen mit Maria V. Kamp im März 1945. Alle Frauen waren als
landwirtschaftliche Arbeiterinnen beschäftigt. Nach Ende des Krieges war für zwei Monate die Polin
Josefa S. (*1921) als landwirtschaftliche Arbeiterin bei den Schwestern. Sie wohnte in St. Goarshausen
bei ihrem bisherigen Arbeitgeber. Sie wollte noch einmal nach Polen reisen, um dann – wieder in
Deutschland – in der Krankenpflege bei den Schwestern tätig zu werden, ihr Ziel bestand jedoch in der
Auswanderung zu Verwandten nach Amerika. (BW)
Q.: PAADJC, Dernbach, Verzeichnis der Niederlassungen 1939-1945, Lohnunterlagen.
Limburg:
Heppelstift (Arme Dienstmägde Jesu Christi)
Josef Heppel (1849-1936), einstiger Besitzer der Blechwarenfabrik „Heppels Fabrik“ und seine Frau
Sophia (1862-1944), übergaben 1912 einen Teil ihres Wohngebäudes in der Diezer Straße 65 den ADJC
zur Errichtung eines Hauses für junge Mädchen und Dienstmädchen. Während des Ersten Weltkriegs
standen die Räumlichkeiten für ein Lazarett namens „Heppelstift“ zur Verfügung, die Schwestern pflegten
die Verwundeten und Kranken (1917: 278). Hinzu kam die Sorge um die alleinstehenden Mädchen (1918:
23), den Mittags- und Abendtisch für diesen Personenkreis und kurzfristige Übernachtungen. 1915
erweiterte das Ehepaar Heppel den Bau und stiftete zudem die Sophienkapelle. Das gesamte Objekt
wurde 1915 in die „Heppelsche Stiftung“ eingebracht. Ab 1919 konnten auch Pensionärinnen
aufgenommen werden, teils „junge Fräuleins“, teils ältere Damen. Seit 1939 lebten außerdem Flüchtlinge
aus dem Saargebiet im Heppelstift, das Gebäude blieb aber im Besitz der Schwestern. 1940 arbeiteten
sechs kriegsgefangene Franzosen mit einem Wachmann in Heppels Park, um dürre Bäume
auszumachen und Holz zu spalten. Im Herbst desselben Jahres gruben sie den Garten um. Im August
1942 kam ein ukrainischer Geistlicher, Jaroslaw Polanskyj, ins Haus, der die ukrainischen Zivilarbeiter in
den Diözesen Fulda, Limburg und Mainz seelsorglich betreute. Das Gebäude wurde durch Luftangriffe am
16. September und 23. Dezember 1944 unbewohnbar. Nachdem die Amerikaner am 26. März 1945
Limburg eingenommen hatten, versuchten die Schwestern ihre Unterkunft wieder notdürftig herzurichten.
Sie wiesen die 30 Russen, die sich in Küche, Kapelle und Sakristei eine vorläufige Wohnung gesucht
hatten, erfolgreich aus dem Haus. Vier Polen, die ebenfalls dort Unterschlupf gefunden hatten, blieben
und halfen bei der Instandsetzung. Namen und Herkunft sämtlicher im Heppelstift tätigen Personen sind
bei den ADJC leider nicht nachweisbar. (BW)
QQ.: PAADJC, Dernbach, Verzeichnis der Niederlassungen 1939-1945; DAL, 224 E/1.
Lit.: CRONE [2].
Limburg:
Kloster Bethlehem (Arme Dienstmägde Jesu Christi)
Die erste Niederlassung der Dernbacher Schwestern in der Bischofsstadt lag auf historischem Boden. Auf
diesem Grund wurde bereits 1339 eine klosterähnliche Gemeinschaft der Beginen gegründet. 1478 wurde
das Haus, das inzwischen von Frauen bewohnt war, die sich dem Dritten Orden der Franziskaner
angeschlossen hatten, erstmals „Bethlehem“ genannt. 1817 fiel es der Säkularisation zum Opfer und
wurde erst 1882 wieder von den Dernbacher Schwestern besiedelt. Neben der ambulanten Krankenpflege
nahmen die Schwestern zunächst zehn alte und kranke Menschen in ihr Kloster auf. 1928/29 riß man
Teile des Gebäudes ab und ersetzte sie durch einen Neubau. 1933 versorgten die ADJC 36 alte
Menschen im Haus und 428 Personen ambulant. 1941 bis 1945 kochten die Schwestern für französische
und russische Kriegsgefangene, die von der Stadt Limburg beschäftigt wurden. Als Entgelt stellte die
Stadt dem Haus einen Gefangenen zur Verfügung. Seine Identität war bislang nicht zu klären. (BW)
Q.: PAADJC, Dernbach, Verzeichnis der Niederlassungen 1939-1945, Lohnunterlagen.
Lit.: CRONE [1].
Limburg:
Missionshaus der Pallottiner
Nach Anfangsjahren im Walderdorffer Hof entstand in den Jahren 1896/98 das Missionshaus der
Pallottiner an der Wiesbadener Straße 1. Es beherbergte die Provinzleitung, die theologische Hochschule,
Werkstätten, die Druckerei, eine Landwirtschaft und eine Gärtnerei [Abb. 9]. 1925 wurde der Seminarbau
und 1927 die Kirche St. Marien errichtet. Zum Missionshaus der Pallottiner gehörten vor dem Ausbruch
des Krieges (Stand 1. Januar 1939) 44 Patres, 110 Theologen, 147 Brüder und 35 Novizenbrüder. Sie
wohnten alle in der Wiesbadener Straße 1. Von ihnen wurden bis 1945 56 in Haft genommen, davon 8 in
Konzentrationslagern. An der Front fielen 14 Patres, 53 Theologen, 50 Brüder und eine große Zahl von
Postulanten und Schülern.
Rektor P. Bange berichtete in seinen Erinnerungen an die Kriegszeit vom Beginn der Beschlagnahmung:
„Es war am Samstag vor Kriegsbeginn, abends vielleicht 19.08 Uhr, als ich in Vertretung des abwesenden
P. Rektors Wenzel ans Telefon gerufen wurde. Der Kreisarzt, Medizinialrat
Dr. Lapp machte mir da amtlich bekannt, daß unser Haus binnen 24 Stunden die Räume des
Seminarbaus – er nannte sie alle der Nummer nach – freizumachen habe und sie als Hilfskrankenhaus
einrichten müsse. Das Vinzenzhospital sei Lazarett geworden, wir müssten sämtliche Zivilkranke
aufnehmen. Ganz unvorbereitet traf uns die Beschlagnahme nicht. Schon ein Jahr vorher, als wegen der
Besetzung des Sudetengebietes ein Krieg drohte, hatte man das Haus besichtigt und das Seminar als
Hilfskrankenhaus vorgesehen. Da damals bereits mit einem Krieg zu rechnen war, hatten P. Jung und ich
einen genauen Plan für die Verlegung ausgearbeitet (...) sodaß wir nicht 24 Stunden brauchten, um die
gewünschte Räumung zu vollenden“.
Die Unterbringung des Vinzenz-Hospitals mit zunächst 150 Betten war vertraglich mit der Stadtverwaltung
geregelt. Die Pallottiner übernahmen für das Hilfskrankenhaus die gesamte Leitung, Verwaltung und
Verantwortung auf eigene Kosten. Die Pflege stand unter der Oberleitung von Schwester M. Praxedes,
der Oberin der Pallottinerinnen, die ärztliche Behandlung übernahm Chefarzt
Dr. Bremer. Die Leitung des Vinzenzhospitals lag nach wie vor in den Händen des Verwaltungsrates, an
dessen Spitze Stadtpfarrer Geistlicher Rat Heinrich Fendel als Vorsitzender stand. Dem Verwaltungsrat
gehörten weitere neun Mitglieder und der Ehrenvorsitzende, Bischof Antonius Hilfrich, an.
Zu Beginn des Jahres 1941 nahm die Arbeit überhand – vor allem weil inzwischen viele Brüder im Feld
standen –, und die Pallottiner sahen sich nach eigenen Angaben gezwungen, Kriegsgefangene
einzustellen, nicht zuletzt, um die fast 58 Hektar Land des Klosters zu bewirtschaften. Zunächst mußten
sie in der Frühe im Stalag in Freiendiez geholt und am Abend zurückgebracht werden. Anfang Februar
1941 verhandelte Rektor P. Bange mit der Lagerleitung mit dem Erfolg, daß in den Noviziatsräumen das
Gefangenenlager „1176“ mit eigenem Wachkommando eingerichtet wurde. 50 französische
Kriegsgefangene, von denen die Hälfte bei den Pallottinern arbeiteten, lebten nun im Kloster. Im Juni
wurden alle Fenster mit Eisenstäben versehen und trotzdem flohen im März 1942 zwei der Gefangenen.
Arbeit fanden die Franzosen u.a. in der Bäckerei und der Druckerei. Am 24. Juli 1941 hielt die Gestapo
Einzug im Missionshaus, sie versiegelte Büros und Werkstätten. Br. Alfred Rochat wurde für zwei Tage
festgenommen, da er im Beisein der Kommissare einen französischen Gefangenen in dessen
Muttersprache anredete und brieflich aufgetragene Grüße an zwei weitere Franzosen, „Jean“ und
„Olivier“, weitergab. Im Dezember 1941 gab Br. Alois Hamm, ein Krankenwärter im Hilfskrankenhaus,
einem Jungen mehrere Heiligenbildchen – dies galt als religiöse Betreuung und Hamm wurde von der
Gestapo für drei Wochen ins Limburger Gefängnis gebracht. Von Frühling bis Weihnachten 1942 kehrten
die beiden italienischen Zivilarbeiter „Rafaelo“ und „Johann“ zur Arbeit in das Limburger Haus zurück.
Zwischen August und dem Jahresende 1942 wurden verschiedene Maßnahmen zur Erhöhung der
Bettenzahl vorgenommen: Hinter dem Papierlager der Druckerei errichtete man je eine Baracke für
ausländische Kranke und zur Erweiterung der Isolierstation, ferner wurden alle Patreszimmer auf dem
Gang des Provinzialates und der Brüdersaal mit Kranken belegt.
Im Dezember 1942 sah die Gestapo weitere Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten der Pallottiner
gegenüber den französischen Kriegsgefangenen. Auslöser war offenbar Br. August Hindel. Er besaß
einen wertvollen Photoapparat, den er dazu nutzte, gegen Bezahlung Aufnahmen der Franzosen in der
Wiesbadener Straße herzustellen. Dieser Nebenverdienst kam durch Neider im Stalag Freiendiez ans
Licht, die sich schlechter behandelt fühlten. Br. Hindel wurde verhaftet und mußte seinen Apparat
„freiwillig“ abliefern. Bei der sich anschließenden Kontrolle des Kriegsgefangenenlagers fiel der Gestapo
das Tagebuch eines französischen Theologiestudenten in die Hände. Der Vorwurf der Gesprächskontakte
zu den Gefangenen erhob sich erneut: Br. Hugo Stöckler und Br. Michael Preisinger wurden deswegen zu
Gefängnisstrafen verurteilt, P. Josef Lucas und Br. Josef Wendling kamen mit Verhören davon. Acht der
französischen Kriegsgefangenen wurden ins Stalag zurückbeordert und durch drei neue Männer ersetzt.
Im Februar 1943 wurden auf Betreiben der Gestapo alle französischen Kriegsgefangenen bei den
Pallottinern entfernt und durch 20 russische Kriegsgefangene ersetzt. Diese sahen elend und verhungert
aus und waren zur Arbeit kaum fähig.
Provinzial Heinrich Schulte beschreibt die Situation im Haus am 27. Februar 1942 in einem „Familienbrief“
an die verstreuten Pallottiner: „Schwer wird es nur im Lauf der Zeit, mit all den vielen fremden
Arbeitskräften das Krankenhaus und die Betriebe richtig in Gang zu halten. Die Bewohnerschaft bietet ein
nie dagewesenes buntes Bild. In allen Betrieben, bis in den Garten und die Ökonomie hinein, arbeiten
Angehörige jeden Standes, Grades, Geschlechtes und sogar verschiedener Nation, wenn man die
russischen Kriegsgefangenen und angestellten Zivilarbeiter noch hinzuzählt: ein rechtes Kriegsbild. Es ist
anormal, aber nicht zu ändern“. Das Bild erhielt noch eine weitere Facette, als in ein Zimmer des
Ökonomieschlafsaales im Juli 1943 ein Ostarbeiter-Ehepaar einzog.
Im November 1943 fand der erste Betriebs-Appell durch die Deutsche-Arbeits-Front für die Gefolgschaft
des Hilfskrankenhauses – auch für die Ordensschwestern und Brüder – statt, der Redner verlangte Haß
gegen alle Menschen, die nicht Deutsche seien. Im April 1944 wurden alle Pallottiner, die nicht im
Krankenhaus arbeiteten des Missionshauses verwiesen. Der Vizeprovinzial Josef Friedrich gab am 29.
April 1944 bekannt, daß für die im Haus verbleibenden Brüder in Sachen der Disziplin der Vizerektor P.
Andreas Stock (Pfarrer von St. Marien) und für die Arbeitsangelegenheiten der Geschäftsführer des
Hilfskrankenhauses P. Bernhard Kolberg zuständig wäre. P. Kolberg legte am 1. Mai die neuen
Bestimmungen betreffs der Dienstverpflichtung für die 20 noch im Haus beschäftigten Brüder dar.
In der Zeit zwischen Frühsommer 1944 und dem Kriegsende wechselte der Bestand an Arbeitskräften
häufig. Mitte Mai 1944 stellten die Pallottiner für den Schweinestall einen lettischen Arbeiter mit Frau und
zwei Kindern ein, die gemeinsam auf der Kegelbahn über dem Refektorium wohnten. Keine zwei Wochen
später wurde der Schlafsaal der Ökonomie mit Ostarbeitern belegt. Einen knappen Monat später erfolgte
ein Anruf vom Arbeitsamt, die russischen Kriegsgefangenen würden alle weggeholt und durch andere
Arbeitskräfte ersetzt. Die Russen hatten sich wohl sehr gut im Missionshaus eingelebt, sie feierten ihren
Abschied bis spät in die Nacht mit Gesang und Schnaps, den sie heimlich aus Bierhefe im Schweinestall
gebrannt hatten. Das Wachkommando „1176“ wurde damit aufgelöst. Statt der Russen wies das
Arbeitsamt am 21. Juni 1944 eine polnische Großfamilie aus der Gegend von Posen zu. Die vier Männer,
vier Frauen und zwei Kinder fanden im Noviziat Unterkunft. Einen Tag später reiste eine weitere Familie
zur Arbeit in der Landwirtschaft an: Eine Mutter mit sechs z.T. bereits verheirateten Kindern, drei Söhnen
und drei Töchtern, außerdem einem Schwiegersohn. Der eine der Brüder erkrankte nach einigen Wochen,
und kam nach Angaben der Hauschronik von Br. Wendling „nach einiger Zeit nach Hadamar und wurde
dort nach vier Wochen beseitigt und verbrannt, ohne daß seine Mutter oder einer seiner Brüder ihn in
Hadamar noch einmal sprechen durfte“. Vom Stalag wurden für landwirtschaftliche Arbeiten außerdem 23
kriegsgefangene Italiener zugewiesen. Im September nahm in der Ökonomie eine Sanitätskompanie
Quartier und zwei Wochen später, am 9. Oktober 1944 wurde die Aula mit 60 französischen
Kriegsgefangenen belegt, ein größerer Teil von ihnen war von Beruf Dachdecker. Die Facharbeiter kamen
am 29. Januar 1945 von Limburg fort auf ein anderes Kommando, die verbliebenen gingen am 17. April
1945 zurück nach Frankreich.
Einige Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene kehrten noch einmal in die Wiesbadener Straße zurück,
nachdem der Krieg mit dem Einmarsch der Amerikaner am 26. März in Limburg beendet war. Ehemalige
Kriegsgefangene aus Rußland logierten sich im Noviziat bei den Polen ein, unter ihnen auch „TraktorIwan“, der zwischenzeitlich in ein Lager bei Trier gebracht worden war und Safron und Simon, deren
Arbeitsplätze sich in Schweinestall und Garten befunden hatten. Einer der früheren französischen
Kriegsgefangenen, der Schmied Louis, wurde mit einem Oberschenkelschuß ins Krankenhaus
eingeliefert, noch im Gips liegend, reiste er am 8. Mai mit einem der zahlreichen Transporte gen Heimat.
Auch die bis zuletzt in Haus und Landwirtschaft tätigen Ausländer zogen im April und Mai 1945 davon: Die
„dienstverpflichteten“ Franzosen „Alex“ und „Herr und Frau Kunz“, der polnische Arbeiter „Kasimir“ vom
Kesselhaus und weitere nicht näher bezeichnete Polen und Ostarbeiter. Die letzten Polen gaben am 14.
Juni 1945 das Noviziat, „abgesehen von Wanzen und übrigem Ungeziefer“ frei und nahmen einen
Zwischenaufenthalt in einem Lager bei Niederlahnstein. Die ehedem kriegsgefangenen Russen wurden
alle gesammelt und im Stalag untergebracht. Für die nach Mitte April 1945 noch in Arbeit stehenden
ausländischen Arbeiter, Polen und drei Italiener, legten die Amerikaner Arbeitszeiten fest: von 8-12 und
von 13-17 Uhr. Bis zum Spätsommer 1945 verließen die letzten Ausländer das Missionshaus: drei
„italienische Arbeiter“, drei „weibliche Angestellte“, die in der Gärtnerei gearbeitet hatten und der
Lettländer mit seiner Familie, die in einem Lager in Wiesbaden aufgenommen wurden.
Ausländer, die sich nun frei bewegen durften, plünderten nach Kriegsende alles, dessen sie habhaft
werden konnten: Bahnwaggons mit Heeresgut (Stoffe, Schuhe, Lebensmittel etc.). Die Ostarbeiter und
Polen, die bei den Pallottinern in Garten und Landwirtschaft beschäftigt waren, streikten zeitweilig. Fleißig
waren sie jedoch beim Räubern der Beute, die die Gestapo für den persönlichen Gebrauch in den
versiegelten Räumen des Missionshauses untergebracht hatte. Es wurde im Haus derart turbulent, daß
die amerikanische Polizei zum Schutz geholt wurde. Bruder Wendling berichtete Anfang Mai 1945 noch
eine weitere Begebenheit: „Die Russen waren besonders scharf auf Taschenuhren, sie frugen die Leute
wie spät es sei und wenn diese dann die Uhr hervor holten, so nahmen sie ihnen diese gewaltsam weg.
Als der alte Herr Generalvikar Göbel, bei einem Spaziergang auf dem Schafsberg, auch auf diese Wiese
gefragt wurde, wie spät es sei, wehrte er lächelnd mit der Hand ab und sagte: nein, nein, lassen sie das,
das kennen wir schon, und zog keine Uhr heraus. Ordnung und Sicherheit bestand keine mehr.“
Eine einzige Zwangsarbeiterin ist uns mit vollem Namen bekannt geworden. Es handelt sich um die Ärztin
Walentina R., die von Chefarzt Dr. Bremer eingestellt wurde. Nach Kriegsende mußte Bremer als Mitglied
der NSDAP das Spruchkammerverfahren zur Entnazifizierung durchlaufen. Sein Anwalt hielt im Juni 1946
folgendes Plädoyer: „Mandant hat die russische Ärztin R. als vollwertige Assistentin behandelt, die auch
bei vielen Operationen Deutscher assistierte und leichte Operationen allein ausführte. Ohne Rücksicht auf
die ihm persönlich erwachsenden Schwierigkeiten durch die im gleichen Haus wohnende Gestapo setzte
er sich mit Erfolg für die Ärztin ein, als diese am 14.5.1944 verhaftet wurde, wenn er auch die nach 4
Monaten erfolgte 2. Verhaftung nicht mehr rückgängig machen konnte“. Dr. Bremer wurde am Ende des
Verfahrens in Gruppe V eingestuft, d.h. entlastet. Nach Aussage einer weiteren damaligen
Assistenzärztin, Dr. Gisela Lang, hat R. seit 1943 trotz ausdrücklichen Verbotes fast täglich bei
Operationen teilgenommen, auch weil Dr. Bremer ihr die Gelegenheit zur Weiterbildung geben wollte. Am
17. Oktober 1944 wurde Walentina R. zum zweiten Mal von der Gestapo verhaftet und nach einem
Zwischenaufenthalt in Frankfurt in das Arbeitserziehungslager Hirzenhain gebracht. Der Grund der
Verhaftung liegt noch im Dunkeln. Sie konnte mit Hilfe einer deutschen Freundin, Katharina Kremer aus
Niederbrechen, am 25. März 1945 fliehen und kehrte am 6. April 1945 in das Hilfskrankenhaus zurück. Dr.
Bremer stellte sie unverzüglich wieder ein. 87 Mitgefangene von R. wurden am 26. März 1945, vier Tage
bevor die amerikanischen Truppen Hirzenhain erreichten, von der SS ermordet.
Wohl auf Veranlassung von Walentina R. prüften amerikanische Offiziere den sanitären und hygienischen
Zustand der Baracken, die mit kranken Ausländern belegt waren. Die Besatzer verfügten daraufhin eine
Räumung der Baracken und eine Unterbringung im Hauptgebäude, selbst wenn dort deutsche Patienten
weichen müßten. Auch die Qualität und die Menge des Essens sollte erhöht werden. Rektor P. Bange
konnte diese Maßnahmen nicht akzeptieren. Er war der Meinung, daß diese Anordnung nur auf die
Beschwerde eines einzelnen beinamputierten Polen zurückging und alle anderen „viel lieber in den
Baracken blieben. Denn im Hause mußten sie Ordnung und Sauberkeit annehmen“. Wegen der Gefahr,
mit den Ausländern auch Läuse und Wanzen ins Haus zu bekommen, stand Bange mit dem Vorsitzenden
des Kuratoriums für das Vinzenzspital, Stadtpfarrer Fendel, und Dr. Tenkhoff, dem Chefarzt des Spitals, in
Kontakt. Diese wandten trotz entsprechender Eingaben die Maßnahme nicht ab, die Verlegung erfolgte
am
15. Mai 1945. Die russische Ärztin blieb dem Krankenhaus bis zum
9. Juni 1945 erhalten. Sie reiste dann, ausgestattet mit Zeugnissen von Dr. Bremer, mit unbekanntem Ziel
ab.
Ein erster Schritt zurück zur Normalität war die Wiedererrichtung des Missionshauses am 4. April 1945. P.
Wilhelm Bange übernahm als Rektor die Geschäfte, P. Bernhard Kolberg fungierte als Prokurator. Das
Hilfskrankenhaus befand sich nun im Missionshaus. Von dort verlegte man im Juni und Juli 1945 noch
nicht genesene Ausländer in das Limburger Schloß, erhielt dafür aber Kranke, die von Balduinstein
hierher gebracht worden waren. Die Baracke mit der Isolierstation vor allem für Scharlach- und
Diphteriekranke blieb noch bis Juni 1946, die im Haus befindliche Isolierstation bis im September 1946
bestehen.
Zu den bei den Pallottinern beschäftigten Männern und Frauen gibt es bislang keine weiteren Angaben,
nicht zu den Zahlen und auch nicht zu den Namen und der Aufenthaltsdauer. Lohnunterlagen, polizeiliche
Meldeunterlagen etc. sind im Provinzarchiv nicht vorhanden oder noch nicht gefunden worden. (BW)
QQ.: HHStAW, Abt. 520 WA 7885 (191); DAL, 561 8/A; PASAC, Limburg, Provinzialatsakten, Dokumentationen von Br. Josef Wendling SAC, P.
Wilhelm Bange SAC, P. Wilhelm Schützeichel SAC, Familienbriefe des P. Provinzials, NL Br. Alfred Rochat SAC [sämtliche Bestände unverzeichnet].
Lit.: DIAMANT 295; FENDEL; SCHATZ, 286f; SCHÜTZEICHEL; SKOLASTER 85-93, 209-211.
Limburg:
Mutterhaus Kloster Marienborn (Pallottinerinnen)
Noch bevor die Pallottiner mit der Mission in Kamerun begannen, stand fest, daß ein Schwerpunkt ihrer
Arbeit auf die Errichtung von Schulen gelegt werden mußte. Durch Vermittlung von P. Kugelmann SAC im
Generalat in Rom nahm die eigens dafür zu gründende Kongregation der deutschen
Missionspallottinerinnen im Frühjahr 1895 ihren Anfang in Limburg. Der Bischof von Limburg, unter
dessen Jurisdiktion die Schwestern stehen sollten, und die preußische Regierung hatten im Oktober 1894
dazu ihr Einverständnis erklärt. Bischof Dominikus Willi genehmigte 1901 die Konstitutionen. Nachdem die
Pallottinerinnen ihre erste Bleibe in einer Mietwohnung in der Diezer Straße 86 gefunden hatten und
zeitweilig auch im Walderdorffer Hof der Pallottiner wohnten, konnte im Jahr 1900 unter großen
finanziellen Schwierigkeiten das bis heute bestehende Mutterhaus der Kongregation „Kloster Marienborn“
in der Weilburger Straße 5 errichtet werden [Abb. 10]. 1925 bis 1927 wurde daran das Exerzitienhaus
angebaut, um dort Exerzitienkurse für die Ordensschwestern sowie für Frauen und Mädchen
durchzuführen. Die Schwestern in den USA halfen bei der Finanzierung mittels eines zinspflichtigen
Darlehens. Da Zinszahlungen ins Ausland als „Devisenvergehen“ betrachtet wurden, wiederholten sich
nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten Haussuchungen der Gestapo, die Gründe für die
Auflösung des Hauses suchte.
Aus den Lohnunterlagen läßt sich entnehmen, daß die Pallottinerinnen ab Sommer 1940, wenigstens
zeitweilig, Kriegsgefangene in ihrem Mutterhaus in der Weilburger Straße 5, beschäftigten. Die drei
französischen Gefangenen Albert E., Unteroffizier Arthur T. und Unter-Feldwebel Jean J. waren seit dem
17. bzw. 22. Juni 1940 dort in Arbeit, ohne Unterbrechung auf jeden Fall seit Januar 1942. Es herrschte
dennoch ein Übermaß an Arbeit. In der Chronik des Klosters Marienborn heißt es am 9. September 1940:
„Wir brauchen notwendig eine männliche Arbeitskraft für Garten und Feld, da unsere bisherige Landhilfe
(Albert) schon seit Ende August 1939 im Heeresdienst steht. Am Festtage kam nun vom hiesigen
Arbeitsamt die Nachricht, daß es uns einen 17-jährigen polnischen Zivilgefangenen zugewiesen habe.
Bald stellte Wladislaus, genannt Wladek, sich auch ein. Er freut sich, daß er bei Schwestern arbeiten
kann“. Der Katholik Wladislaus M., geboren 1923 in Wola Milkowska, Kreis Jureck/Polen, blieb bis zum
30. April 1945 als Landhelfer im Klostergarten bei den Schwestern. Über die Beschäftigung von weiteren
französischen Kriegsgefangenen berichtet die Chronistin am 23. Oktober 1940: „Im letzten strengen
Winter sind uns mehr als 30 Obstbäume erfroren, die der junge Pole nicht ausgraben kann. Wir baten
deshalb um französische Kriegsgefangene, die heute zu dritt kamen und sämtliche erfrorene Obst- und
Zierbäume im Exerzitienhausgarten ausroden werden“; dann wieder am 30. Januar 1941: „Wir haben jetzt
auch wieder zwei französische Kriegsgefangene zur Hilfe in Feld und Garten bekommen“.
Einige Schwestern, unterstützt von P. Knoche SAC, unterbreiteten der Generaloberin M. Aquina Klär SAC
1941 den Vorschlag, das Haus dem Militär als Lazarett anzubieten, um es so vor Enteignung zu schützen.
Sie gab ihre Zustimmung und der Limburger Domvikar Will fuhr nach Wiesbaden, um dort mit der
Sanitätsbehörde des XII. Wehrkreiskommandos direkt zu verhandeln. In der Chronik des Hauses heißt es:
Am 8. August 1941 „(...) erhielten wir die Nachricht, daß unser Haus (Mutterhaus und Exerzitienhaus) von
der Wehrmacht beschlagnahmt und als Lazarett vorgesehen sei. Am 15. bereits soll es eröffnet werden,
vorerst mit 100 Betten. Also begann am folgenden Tag ein großes Räumen und Ausziehen (...) Mehrere
französische Kriegsgefangene kamen, um uns beim Transport der schweren Möbel zu helfen“. Die
Namen der Gefangenen, die in den Jahren 1941/42 im Kloster für die Pallottinerinnen gearbeitet haben,
sind bislang nicht alle bekannt geworden.
In den nächsten Tagen und Wochen blieb die Situation kritisch. Die Gestapo hatte immer noch die
Absicht, Marienborn zu besetzen, die arbeitsfähigen Schwestern in Arbeitslager zu bringen und die
Gemeinschaft aufzulösen. Oberstabsarzt Nikol kam den Schwestern zur Hilfe. Er verpflichtete 14
Krankenschwestern und 10 Hilfsschwestern zum Kriegshilfsdienst in der Verwundetenpflege. Damit
wurden sie Angehörige der Wehrmacht und waren berechtigt, eine gestempelte Armbinde mit rotem Kreuz
zu tragen. Auch alle anderen Schwestern fanden Arbeit im Haus und waren so vor dem Zugriff des
Arbeitsamtes sicher. Die Situation im Lazarett gestaltete sich besonders schwierig, da in räumlicher Enge
und ungeeigneten Räumen schwerkranke Menschen gepflegt werden mußten. Während der zahlreichen
Luftalarme und Bombenangriffe galt es, alle Kranken aus den oberen Geschossen in die Kellerräume und
nach der Entwarnung wieder hinauf zu tragen. Von Anfang Juni 1942 bis zum 24. Juli 1943 kam zur
Unterstützung der im Stalag Diez untergebrachte – wohl französische – Kriegsgefangene Georges M.
täglich in die Weilburger Straße 5. Zu seiner Person wie auch zur Art seiner Beschäftigung kann noch
nichts berichtet werden. Im Oktober 1943 ändert sich die Lage der Kriegsgefangenen. „Die bisher in
deutschen Betrieben beschäftigten französischen Kriegsgefangenen nennt man jetzt ‚beurlaubte
Kriegsgefangene‘. Als solche dürfen sie Zivilkleider tragen und eine Zivilwohnung beziehen. Sie
empfangen Lohn und haben Freiheit wie jeder deutsche Angestellte. Unsere drei Franzosen Artur, Albert
und Johann bleiben weiterhin bei uns; z.T. wohnen sie im Zimmer über der Remise, während der
polnische Landarbeiter Wladek in seinem Zimmer über der Waschküche bleibt.“ Alle drei Franzosen sind
den Schwestern schon seit 1940 bekannt: Artur T., katholisch, aus Le Havre, geboren 1902 in CondéFolie/Frankreich, seit 1933 verheiratet und Albert E., katholisch, aus Paris, geboren 1900 in
Genf/Schweiz, seit 1939 verheiratet. Diese beiden waren als Kriegsgefangene aus Staffel zugeteilt und
wohnten ab 1943 auf dem Klostergelände. Jean Ch., katholisch, aus Ronchin (Nord), geboren 1905 in
Fretin (Nord), seit 1933 verheiratet, kam aus Diez und wurde 1943 in der Westerwaldstraße
untergebracht. Bei allen wurde als Beruf „Erwerbsgärtner“ angegeben.
Als die Kriegshandlungen am Niederrhein zunahmen und ganze Ordenseinrichtungen evakuiert wurden,
kamen am 14. Oktober 1944 mit den Schwestern auch deren Zivilarbeiter mit nach Limburg: „Unsere
Schwestern brachten aus dem Teil-Lazarett Christinenstift (Gereonsweiler bei Aachen) einen (...) Ukrainer
– Constantin – und ein polnisches [sic] Dienstmädchen – Nadja mit Namen – mit, die wir, falls das
Arbeitsamt dazu die Erlaubnis gibt, in unserem Lazarett beschäftigen werden“. Die Genehmigung wurde
offenkundig erwirkt. Nadja K., 1925 in Gorlowka/Ukraine geboren, stand bis zum Jahresende 1944 auf der
Lohnliste der Pallottinerinnen. Der ebenfalls aus der Ukraine stammende Konstantin G. (*1923) aus
Stalino hingegen blieb bis März 1945. Er konnte aber nicht wie erhofft, im Lazarett beschäftigt werden,
sondern übernahm Tätigkeiten als Landhelfer.
Mit dem Kriegsende, nach Einzug der Amerikaner in Limburg, endete der Arbeitseinsatz der Zivilarbeiter
im Kloster Marienborn am 27. März 1945: „Alle ausländischen Arbeiter, also auch unsere drei Franzosen
Albert, Artur und Jean sowie der Ukrainer Konstantin und der Pole Wladek mußten sich bei der
amerikanischen Behörde melden und wurden freigegeben. Morgen wollen unsere französischen Gartenund Küchenhilfen den Rückweg in ihre Heimat antreten“. (BW)
Q.: PASACSr, Limburg, Chronik des Klosters Marienborn, Bd. 4, 56, 58, 65, 73, 145, 216, 275, Lohnunterlagen des Klosters Marienborn.
Lit.: Ein jeder bedenke 40f; HORSMANN; LAU; SCHATZ 208; SKOLASTER 75-84; Unser gemeinsamer Weg 184-186.
Limburg:
Bischöfliches Priesterseminar
Das Seminar für den sog. praktischen Kurs wurde 1829 unter Bischof Brand in den Räumen des
säkularisierten Franziskanerklosters gegründet. Der bis heute in der Weilburger Straße 8 auf der anderen
Lahnseite gegenüber dem Dom befindliche geräumige Neubau, 1929-1931 nach Plänen der Architekten
Böhm und Rummel errichtet, trug der seinerzeit kontinuierlich steigenden Zahl der Priesteramtskandidaten
Rechnung. Der Gebäudekomplex stand im Eigentum des Bistums-Dotationsfonds [s. Abb. 10, S. 64].
Limburg wurde früh in das Geschehen des Zweiten Weltkrieges einbezogen. Durch die Lage an der
neuen Autobahn Köln-Frankfurt war die Bischofsstadt wehrstrategisch bedeutend. Während der ganzen
Kriegszeit diente das Priesterseminar neben anderen größeren Einrichtungen der Stadt als
Heeresunterkunft und „Teillazarett“. Schon vor Beginn der Kriegshandlungen wurden am
25. August 1939 für gut einen Monat 80 Wehrmachtsangehörige einquartiert. Regens Wilhelm Pappert
notierte damals für seine Handakte: „Am 25.-26.8.1939 nachts kamen mit Ausnahme der Offiziere in zivil
die Mannschaften eines zusammenzustellenden Feldlazaretts. Auch etwa 20 Fahrzeuge wurden
angefahren. Am Sonntag, dem 27.8. erfolgte die Einkleidung. Am gleichen Tage war nachmittags in
unserem Speisesaal die Vereidigung auf den Führer.“ - Bis zum Frankreichfeldzug im Sommer 1941
wurden weitere 180 Soldaten, teils Wachpersonal für das Inland, teils Angehörige der Flak-Kampfgruppe
Lahntal, im Priesterseminar untergebracht. Sicher aus Vorsicht gegenüber möglichen
Enteignungsabsichten von Staats- und Parteistellen erschien es Bischof Hilfrich ratsam, von sich aus im
Mai 1941 dem Rüstungsinspekteur im Wehrkreis XII die dauerhafte Einmietung des Heeres anzubieten.
Mit Wirkung vom 20. Juli 1941 kam es zu einer vertraglichen Übereinkunft zwischen dem Bischöflichen
Ordinariat und dem Wehrkreiskommando XII nach § 27 des Reichsleistungsgesetzes. Das
Priesterseminar wurde als „Teillazarett“ mit 120 Betten eingerichtet. Das Gebäude konnte somit in
kirchlicher Trägerschaft bleiben und - mit räumlichen Einschränkungen - für seinen eigentlichen Zweck
weiter genutzt werden. Zwischen 1940 und 1944 wurden allerdings nur zwölf Alumnen in Limburg zu
Priestern geweiht, denn die meisten Kandidaten waren zum Kriegsdienst eingezogen.
Auch die Dernbacher Schwestern, die seit 1895 im Gestellungsvertrag für die Haushaltsführung des
Seminars zuständig waren, konnten im Haus bleiben. Die Personalnachweisungen aus der „Kräftebilanz“
1943 zeigen, daß zu dieser Zeit 13 Arme Dienstmägde in Hauswirtschaft und Krankenpflege tätig waren.
Für den Einsatz des Pflegepersonals trug die Wehrmacht die Verantwortung. Ein Oberarzt, ein
Assistenzarzt, zwölf Rot-Kreuz-Schwestern und neun Ordensschwestern sorgten für die Verwundeten.
Für die Bewirtschaftung des Hauses (Nahrungsmittel, Heizung, Beleuchtung, Strom, Wasser, Wäsche und
Bauunterhaltung) hatte nach dem Vertrag der „Anstaltsträger“, das Priesterseminar, zu sorgen; für jedes
belegte Bett zahlte die Wehrmacht RM 2,50 pro Tag. In den Aufzeichnungen von Regens Pappert, der
auch als Lazarettpfarrer fungierte, findet sich folgender Vermerk: „Ab 20. Juli 1941 wurde das Haus (...)
als Teillazarett des Reserve-Lazarettes Limburg in Gebrauch genommen, wobei der II. Stock des sog.
Schwesternflügels seinem Zweck (nebst der Kapelle und Bibliothek) erhalten blieb. Es wurden 120 Betten,
später nach Einbeziehung des Raumes der Handbibliothek 140 Betten aufgestellt für leichte und mittlere
Fälle.“
Von April bis Juli 1941 waren außerdem noch fünf Räume als Büro und Depot für das nahe Limburg
gelegene Stalag XII A (Diez) in Benutzung. Von dort waren im Priesterseminar auch zwei
kriegsgefangene Franzosen zu Hilfsarbeiten eingesetzt: der Volksschullehrer Guy G. aus Tilly sur Meuse
im Département Meuse (*1915) und Edmond B., von Beruf Handelsdirektor in einer Seidenfabrik in Lyon
(*1910). Die beiden Franzosen pflegten die Parkanlage des Priesterseminars und bestellten den Feld- und
Gemüsegarten für den Küchenbetrieb. Für den Garten trug als gelernter Fachgärtner der vermutlich aus
Frankfurt-Sankt Georgen gekommene Jesuitenbruder Julius Kox die Verantwortung, der, schon weit über
60 Jahre alt, im Priesterseminar als Aushilfe von der Wehrmacht dienstverpflichtet war.
Offenbar im Zuge der zwischen Sauckel und der Vichy-Regierung ausgehandelten „transformation“
wurden die beiden Gefangenen im Sommer 1943 in den Zivilarbeiterstatus überführt. Dieses für die
deutsche Seite günstige Abkommen beinhaltete den „freiwilligen“ Transfer ziviler französischer
Arbeitskräfte in das Reich. Als Gegenleistung wurden französische Kriegsgefangene „beurlaubt“, die
allerdings nicht nach Frankreich zurückkehren konnten, sondern in ein „reguläres“ Arbeitsverhältnis
kamen. Die beiden Arbeiter wurden jetzt zwar für ihre Tätigkeit entlohnt, konnten sogar Erspartes bis zu
einem bestimmten Betrag über ein Sammelkonto der Auslandsabteilung der Deutschen Bank in Berlin in
die Heimat überweisen und durften am Arbeitsplatz wohnen. Allerdings entbehrten sie jetzt auch den
letzten Schutz der Genfer Konvention und galten gegebenenfalls im Herkunftsland als Kollaborateure.
Zwischen der Hausleitung und den Franzosen bestand offenbar ein gutes Verhältnis. Nach der Erinnerung
einer Schwester kamen die beiden Männer Ende der 80er Jahre noch einmal zu Besuch. Dabei soll einer
geäußert haben: Wenn er morgens vom Stalag ins Seminar gekommen sei und das große Kreuz in der
Eingangshalle erblickt habe, dann wäre es ihm sofort besser gegangen. Er habe sich auch noch genau
erinnern können, welche Bäume er gepflanzt hatte. Ob die beiden noch leben, konnte bis dato nicht
festgestellt werden.
Nach Kriegsende übernahmen die Amerikaner das Seminar und richteten ihrerseits ein Lazarett ein. Der
Bischof erreichte, daß die Dernbacher Schwestern im Haus bleiben konnten und ihre Klausur nicht
besetzt wurde. Sie halfen dann bei der Pflege amerikanischer Soldaten und der aus dem Stalag Diez
entlassenen kranken russischen Kriegsgefangenen. Am 12. November 1945 wurde das Haus wieder
seinem ursprünglichen Zweck übergeben. (JR)
Q.: DAL, Bestand Priesterseminar „Korrespondenz“ [ohne Signatur], 55 A/1, 55 JB/1, 101 Q/1.
Lit.: STILLE 195-197; CRONE [3]; ZENETTI.
Lorch:
Pfarrei St. Martin
Im Februar 1940 wurde in dem Rheingau-Städtchen Lorch ein Arbeitskommando von 30-35
kriegsgefangenen Polen eingesetzt, die sonntags regelmäßig zur hl. Messe gingen. Diesen
Sondergottesdienst hielt der Lorcher Pfarrer Johannes Hans. Nach Verlegung der Polen wurde im Zuge
des Frankreichfeldzuges im alten Lorcher Sägewerk ein bewachtes Lager mit französischen
Kriegsgefangenen untergebracht, das dem Stalag XII A bei Diez unterstand. Durch Zeitzeugenberichte
kann in diesem Zusammenhang der Einsatz von zumindest drei Arbeitern auf den Pfarrweingütern von St.
Martin als gesichert gelten. Es handelt sich um drei französische Kriegsgefangene, darunter ein Algerier.
Namentlich identifiziert ist ein Louis R. aus der Nähe von Narbonnes, damals ca. 35 Jahre alt. Dieser war
in seinem Heimatland selbst Winzer und Gutsbesitzer. Sein Aufenthalt im Lager Lorch ist für 1940 bis zum
Kriegsende anzunehmen. R. arbeitete vorwiegend für die Pfarrei, aber auch für andere Weingüter am Ort
und eine ansässige Gärtnerei. R. behielt nach der Heimkehr den Kontakt mit Lorcher Familien, die ihn in
Frankreich auch besuchten. Er ist zwischenzeitlich verstorben, allerdings lebt seine Frau noch, zu der die
Arbeitsgruppe Kontakt aufgenommen hat.
Nach der Erinnerung von Pfarrer i.R. Ferdinand Eckert, 1939-1944 Kaplan in Lorch, hat einer der
Franzosen regelmäßig im Pfarrhaus am Tisch von Pfarrer Johannes Hans mitgegessen. Dieses Verhalten
des Pfarrers war nicht ohne persönliches Risiko und konnte leicht als Verbrüderung mit dem „Feind“
ausgelegt werden. Schon mit Verfügung vom 12. Mai 1941 hatte das OKW die „gottesdienstlichen
Handlungen“ für Kriegsgefangene durch deutsche Geistliche verboten. Wie der stellv. Wehrkreispfarrer in
Wiesbaden auf eine Anfrage von Pfarrer Hans am 9. Juli 1941 mitteilte, könne die hl. Messe
„grundsätzlich nur durch in Gefangenschaft geratene Geistliche der Feindmächte“ gefeiert werden. In
einem Merkblatt „Verhalten gegenüber Kriegsgefangenen“, das im Pfarrarchiv Lorch aufbewahrt wird,
heißt es: „Kriegsgefangene gehören nicht zur Haus- oder Hofgemeinschaft (...). Sie haben als Soldaten
ihres Landes gegen Deutschland gekämpft, sind daher unsere Feinde. Wer sie besser behandelt als
deutsche Arbeitskräfte, wird zum Verräter an der Volksgemeinschaft. (...) Jedes Entgegenkommen
gegenüber Kriegsgefangenen erleichtert dem Feind die Spionage und Sabotage und richtet sich damit
gegen unser Volk.“
Ob es sich bei den betreffenden Personen um Zivilarbeiter oder ausschließlich Kriegsgefangene handelt,
konnte noch nicht abschließend geklärt werden. Die Bestände des Pfarrarchivs wurden ohne Ergebnis
gesichtet. Unklar ist allerdings der Verbleib der Pfarrchronik von St. Martin, die möglicherweise weiteren
Aufschluß geben kann. Der fragliche Louis R. war ausländerpolizeilich nicht gemeldet, was auf einen
dauerhaften Status als Kriegsgefangener hindeutet. Allerdings ist die alte Meldekartei der Stadt Lorch
nicht vollständig erhalten. (JR)
QQ.: PfA St. Martin Lorch, Korrespondenzen; DAL, 224 H/1.
Lit.: STRUPPMANN 167; CCP 185.
Montabaur:
Mutterhaus und Krankenhaus
der Barmherzigen Brüder von Montabaur
Die Genossenschaft der Barmherzigen Brüder verfügte 1936 im Bereich der Diözese Limburg über
Niederlassungen in Bad Ems, Hadamar, Limburg, Frankfurt-Allerheiligen, Frankfurt-Höchst und Wiesbaden-Maria-Hilf. Es handelte sich vor allem um Alten- und Pflegeheime, Sanatorien, Häuser mit
ambulanter Krankenpflege und Küsterdienststellen. Die Heil- und Pflegeanstalt St. Joseph in Hadamar
wurde bereits 1936 aufgelöst und später durch das am Ort eingerichtete Offlag für kriegsgefangene
polnische Offiziere genutzt. Das Sanatorium in Bad Ems fungierte in der Kriegszeit als Teillazarett.
Hinweise auf einen Einsatz von Fremdarbeitern oder Kriegsgefangenen in den dortigen Einrichtungen
sind bisher nicht festgestellt worden.
Ein Zwangsarbeiter-Einsatz größerer Ordnung ist für die Einrichtungen der Kongregation in Montabaur
[Abb. 11] selbst nachweisbar. Dort bestand im unmittelbaren Einflußbereich des Mutterhauses mit
Werkstätten und Landwirtschaft ein eindrucksvolles Netzwerk caritativer Einrichtungen:
1.
2.
3.
4.
Das von den Brüdern in Pflege und Verwaltung geführte Krankenhaus im ehemaligen
Konviktsgebäude mit der 1910 gegründeten staatlich anerkannten Krankenpflegeschule. An das
Krankenhaus angeschlossen waren Getreide-, Kartoffel-, Gemüse- und Obstanbauflächen, ein
Garten, Vieh- und Schweinestallungen, Metzgerei und Bäckerei, eine Wäscherei, eine Schuh- und
Textilmanufaktur, eine Schmiede und eine Zimmermannswerkstatt;
das „Caritashaus“, eine 1903 bis 1978 in Regie der Brüder geführte Anstalt für geistig Behinderte mit
Bildungswerkstätten und Landwirtschaft;
das in der Nähe des Stadtfriedhofs befindliche Vinzenzhaus als Heim für geistig Behinderte und
Epileptiker;
schließlich unterhielten die Brüder zur Bewirtschaftung der Einrichtungen noch die Getreide-Mühle
Wirzenborn an der Gelbachstraße und den 1931 vom Grafen Walderdorff zu Molsberg erworbenen
„Rossberger Hof“ auf einer dem Gelbachtal gegenüberliegenden Höhe mit Getreide-, Kartoffel-,
Gemüse- und Obstanbauflächen sowie Schweine- und Hühnerzucht.
Auf die Beschäftigung eines „Fremdarbeiters“ im Brüder-Krankenhaus ist bereits 1995 in einem Beitrag
von Günter Henkel über Zwangsarbeiter in Montabaur hingewiesen geworden. Erst im Zuge der
öffentlichen Diskussion im vergangenen Jahr konnten weitere Erkenntnisse gewonnen werden. Zum
Verständnis des „Ausländereinsatzes“ bei den Barmherzigen Brüdern ist eine kurze historische
Annäherung erforderlich, die das Mutterhaus der Kongregation unter den Bedingungen der
nationalsozialistischen Herrschaft zeigt.
1934 begannen die neuen Machthaber mit offenen und verdeckten Maßnahmen gegen die BrüderGemeinschaft vorzugehen. Für die Krankenhäuser und Sanatorien erteilte die Reichsversicherungsanstalt
für Angestellte Belegungssperren für Versicherungspatienten, die Steuerbegünstigung für die
Niederlassungen wurde aufgehoben und längerfristige Darlehen wurden kurzfristig gekündigt. Seit 1935
unterlag das Mutterhaus der ständigen Beobachtung durch die Gestapo. Es kam zu politisch
zielgerichteten Verhaftungen und Strafprozessen wegen angeblicher und erwiesener Devisen- und
Sittlichkeitsdelikte. Etwa 60 Brüder waren zeitweise oder länger in Haft. Der Generalobere des Ordens,
Br. Hyazinth Vey, wurde wegen angeblicher „Devisenschieberei“ des „Volksverrats“ angeklagt und von
einem Berliner Sondergericht zu vier Jahren Gefängnis und
RM 50.000,- Geldstrafe verurteilt. Er starb 1937 in der Strafanstalt in Brandenburg.
Im Juni 1936 wurden auf Anordnung der Bezirksregierung in Wiesbaden alle behinderten Zöglinge im
Caritas- und Vinzenzhaus in die Anstalt Weilmünster verbracht. Nachdem die staatlichen Instanzen mit
ihren Bestrebungen gescheitert waren, die beiden genannten Häuser durch finanziellen Druck an sich zu
ziehen, gelang es den Brüdern die Anstaltsgebäude im Juli 1937 zur Kasernennutzung an die Wehrmacht
zu vermieten (bis 1945). Im September 1937 wurde die Krankenpflegschule für die Novizen auf
Anordnung der Gestapo geschlossen. In der Folgezeit war auch das Brüder-Krankenhaus selbst von
Schließung bedroht, nicht zuletzt, da die Pflege weiblicher Patienten bisher nicht vorgesehen war und sich
die Gemeinschaft auch weigerte, die mittlerweile vorgeschriebene NSV-Pflegedienstschule für
Krankenschwestern einzurichten. Es gelang aber, mit Hilfe der Franziskanerinnen von Erlenbad/Baden
auch die Pflege weiblicher Patienten sicherzustellen, so daß das Hospital, das jetzt offiziell nur noch
„Krankenhaus Montabaur“ hieß, in der Trägerschaft der „Charitas-Vereinigung G.m.b.H.“, der juristischen
Person der Kongregation, verbleiben konnte.
Trotz des weitgehend katholischen Umfeldes in Montabaur wurde die Lage für die Genossenschaft
ernster. Aus Wut über 61 Nein-Stimmen bei der Volksabstimmung über den „Anschluß“ Österreichs am
10. April 1938 befestigten die örtlichen Stadtväter am Rathaus-balkon eine Puppe, die einen
aufgehängten Bruder darstellte, mit folgender Aufschrift: „Ich bin einer von den 61 lumpigen Verrätern“
[Abb. 12].
Bei Kriegsausbruch wurde das Krankenhaus zunächst zwei Monate Lazarett, dann, Anfang 1941, ganz
geschlossen. Die Patienten wurden nach Dernbach verlegt. Auf Vermittlung der Wehrmacht konnte das
Hospital wieder geöffnet werden und diente dann bis Kriegsende als Lazarett. Lediglich 15 Betten blieben
für Zivilkranke, 140 Betten mußten für Verwundete bereitgehalten werden, wie das Mutterhaus am 11.
August 1941 an das Bischöfliche Ordinariat berichtete. Noch im selben Monat kamen die ersten 128
Verwundeten. 1942 wurde auch das Vinzenzhaus als Lazarett mit 170 Betten in Betrieb genommen. Die
Brüder behielten wie im Krankenhaus die Pflege und die Ökonomie. Folgt man der Chronik des
Mutterhauses, waren die genannten Lazarette durchweg mit 400 bis 420 verwundeten Soldaten belegt.
Allein in 1943 wurden insgesamt 2.226 Soldaten behandelt, eine Kraftanstrengung, die mit wenig
Personal kaum zu bewerkstelligen war. Die jungen Brüder waren fast alle zum Arbeitsdienst oder zur
Wehrmacht eingezogen, dort vor allem im Sanitätsdienst. Selbst der Generalobere der Gemeinschaft, Br.
Vitus Dahlbüdding, wurde eingezogen und leitete als Sanitätshauptfeldwebel Lazarette in Montabaur und
Limburg. In einem Bericht des Generalates vom Dezember 1946 werden 110 Brüder der deutschen
Provinz gezählt, die zur Wehrmacht eingezogen waren, davon sind zwölf gefallen, zwei in Gefangenschaft
gestorben und fünf als vermißt gemeldet.
Um den Pflegebetrieb in den Lazaretten und die Bewirtschaftung und Ernährung des gesamten
Gebäudekomplexes sicherstellen zu können, mußten auch Kriegsgefangene und Fremdarbeiter in großer
Zahl beschäftigt werden. In der Stadt Montabaur selbst waren sehr viele solcher Arbeitskräfte eingesetzt,
zum Beispiel in den Ortlinghauswerken, einem 1944 von Remscheid verlegten Rüstungsbetrieb. Es
bestand ein Zivilarbeiterlager mit 500 Personen und das Kriegsgefangenenlager „962“, ein
Arbeitskommando des Stalag XII A bei Diez, das wiederum ausschließlich für land- und forstwirtschaftliche Arbeiten und für Meliorationsarbeiten zum Einsatz kam. Das Brüder-Krankenhaus lieferte
Eisenbetten und Wolldecken für die Unterkünfte dieses Lagers, in dem zwischen 1940 und 1945
insgesamt sechs Polen, drei Belgier und 90 Franzosen untergebracht waren, die auf Betriebe und Güter
der Umgegend verteilt wurden. 1944/45 betrug die Stärke des Kommandos allerdings nur noch 40
ausländische Kriegsgefangene.
Die polnischen Kriegsgefangenen und weitere sieben bis elf Franzosen waren in den Eigenbetrieben der
Brüdergenossenschaft tätig. Am 24. Januar 1940 beantragte der Hausobere Br. Gotthard Tilke beim
Bürgermeister die Überlassung von sechs polnischen Kriegsgefangenen für die hauseigene
Landwirtschaft, da vier Brüder und drei Angestellte zur Wehrmacht einberufen waren. Laut Antrag von Br.
Gotthardt waren insgesamt 350 Morgen Land mit 50 Rindern und vier Pferden zu bewirtschaften. Nach
befürwortender Stellungnahme des Ortsbauernführers wurden die Polen unter Zusendung der „Richtlinien
für den Einsatz von Kriegsgefangenen im Unterwesterwaldkreis“ den Betrieben der Brüder zugeteilt,
worauf Br. Gotthardt am 9. Februar an den Bürgermeister schrieb: „Hiermit danken wir für die freundliche
Überlassung der 6 polnischen Kriegsgefangenen, die uns heute für unsere Landwirtschaft zugeführt
wurden. Gleichzeitig bestätigen wir den Empfang des Merkblattes bezügl. Verhalten gegenüber den
Kriegsgefangenen, und werden wir nach den gegebenen Anweisungen strengstens verfahren.“ Durch die
im Stadtarchiv erhaltenen Arbeitspläne des Lagers Montabaur sind insgesamt 19 Kriegsgefangene
nachgewiesen, für die das Brüderhaus die vorgeschriebene Abgabe von RM 2,40 pro Tag und Person an
die Gemeinde entrichtete. Es handelt sich ausschließlich um Polen und Franzosen, im Zivilberuf zum Teil
qualifizierte Facharbeiter (Lokführer, Mechaniker, Textilarbeiter, Kraftfahrer, Schuhmacher, Friseur,
Kaufmann, Sekretär etc.). Zumindest acht Personen waren in den landwirtschaftlichen Betrieben eingesetzt, über die Tätigkeitsfelder der übrigen Gefangenen sind keine Angaben verfügbar. Es ist jedoch
davon auszugehen, daß vor allem für die Werkstätten, Stallungen und Felder Arbeitskräfte fehlten.
Die nach dem Krieg im Zuge der Ausländersuchaktion der Vereinten Nationen von der Stadt Montabaur
erstellten Listen der vor Ort eingesetzten Fremdarbeiter geben Aufschluß über den Grad der
Beschäftigung von Zivilarbeitern im Krankenhaus/Lazarett bzw. in den angeschlossenen Eigenbetrieben
der Barmherzigen Brüder. Zudem sind polizeiliche Anmeldungen von „ausländischen Arbeitskräften“
durch das Krankenhaus aus den ersten beiden Monaten des Jahres 1945 erhalten, die von Br. Ludwig
Loos, dem Generalökonom, unterschrieben sind [Abb. 13, vorherige Seite]. Demnach waren zwischen
1940 und Kriegsende 1945 zumindest 58 ausländische Arbeitskräfte - ohne die Kriegsgefangenen - tätig.
Im einzelnen ergibt sich folgendes Bild: 50 ausländische Männer und acht Frauen waren im Krankenhaus
und auf dem Hofgut Rossberg eingesetzt. In den Listen werden sie teils als „Ostarbeiter“, teils als
„Russen“ oder „Polen“ aufgeführt. Nach Nationalitäten gegliedert waren es insgesamt: 22 Polen, 20
Russen (darunter zwei „Ostarbeiter“), fünf Ukrainer, drei Slowaken, drei Niederländer und ein Jugoslawe.
Von vier Personen, darunter ein Kind, wissen wir nur den Geburtsort, nicht die Staatsangehörigkeit. Die
Frauen waren entweder Polinnen oder Russinnen. In der Landwirtschaft waren ausschließlich Polen,
Ukrainer und Ostarbeiter tätig. Nicht bei allen Personen können wir davon ausgehen, daß es sich um
„echte“ Zwangsarbeiter handelt. Möglicherweise waren die Slowaken, Niederländer und der Jugoslawe
freiwillig in Deutschland. Dagegen können wir bei den Personen auf den „Russen-Listen“ davon
ausgehen, daß es sich um Zwangsverpflichtete aus den Sowjetgebieten handelt, die im Regelfall alle
„Ostarbeiter“ waren, auch wenn sie in den Akten als „Russen“ bezeichnet werden. Ob die im BrüderKrankenhaus eingesetzten „Ostarbeiter“ das stigmatisierende Abzeichen „Ost“ auf der Arbeitskleidung
getragen haben und die Polen das „P“, ist bislang unklar. Bei dem „Kind“ handelt es sich um Wiethold L.
(*1935), einen in Moskau geborenen zehnjährigen Jungen, der zusammen mit seiner Mutter Eugenie L.
(*1918), gebürtig aus Minsk, am 20. Februar 1945 mit anderen Arbeitskräften des Krankenhauses bei der
Polizeiverwaltung Montabaur angemeldet wurde. Die Deportation ganzer russischer Familien war kein
Einzelfall, denn viele Zwangsarbeiter versuchten durch Flucht zu ihren Angehörigen zurückzugelangen,
was bei zu großer Fluktuation die Produktivität vieler Betriebe schwächte.
Von den Arbeitern waren manche nur wenige Monate bei den Brüdern, manche mehrere Jahre, wie etwa
Wladyslaw C. (*1913) aus Kolinia-Wulka in Polen, der am längsten, offenbar vom 8. März 1940 bis zum
31. März 1945, für das Krankenhaus und das Hofgut der Barmherzigen Brüder gearbeitet hat. Die
Angaben in den Ausländerlisten über den Beschäftigungsort sind in einigen Fällen widersprüchlich. Eine
Polin wird in einer Liste unter „Hof Rossberg“ geführt, in der anderen unter „Krankenhaus“.
Möglicherweise sind die Arbeiter je nach Bedarf auf dem Gut oder zur Unterstützung der Hauswirtschaft
und Werkstätten des Krankenhauses und des Brüderhauses eingesetzt worden. Hierzu wird in der
Chronik des Mutterhauses eine interessante Episode mitgeteilt: „Am 20.12.1943 explodierte ein
feindliches Flugzeug an der Hollerstraße - Spießweiher. Sieben Leichen wurden, zum Teil verkohlt,
geborgen (Engländer). Sie wurden von deutschen Stellen würdelos behandelt. Es durfte kein Deutscher
bei der Beerdigung helfen. Bei uns arbeitende Ausländer (Polen) besorgten unter Leitung unseres
Gärtnerbruders die Beerdigung auf unserem Brüderfriedhof. Ein schmachvolles Zeugnis für unsere
damalige städtische Leitung.“
Über Verpflegung, Entlohnung und Behandlung der Fremdarbeiter bei den Brüdern können bislang keine
zuverlässigen Aussagen getroffen werden. Die Personalakten des Brüder-Krankenhauses aus der Zeit vor
1962 sind 1988 bei Errichtung des neuen Krankenhauses vernichtet worden. Allerdings bestätigte Br.
Ludwig zusammen mit 38 weiteren Arbeitgebern aus Montabaur im August 1946 gegenüber der
Stadtverwaltung, daß alle „bis Frühjahr 1945 beschäftigten ausländischen Arbeitskräfte (...) bis zum Tage
ihres Wegganges (...) ordnungsmässig entlohnt“ wurden. Der Mindestlohn betrug für ausländische
Arbeiter mit dem „Ost“-Abzeichen nach der „Verordnung über Einsatzbedingungen der Ostarbeiter“ vom
30. Juni 1942 RM 48,- im Monat, was dem Bruttolohn eines vergleichbaren deutschen Arbeitnehmers nur
in der Fiktion der euphemistischen Zahlen- und Sprachwelt der NS-Bürokratie entsprach, denn zugleich
sollte der Arbeitgeber RM 45,- einbehalten können, wenn der „Ostarbeiter“ freie Kost und Logis erhielt.
Der „Ausländereinsatz“ in den Einrichtungen der Brüdergenossenschaft erreichte mit 45 gleichzeitig
beschäftigten Fremdarbeitern im ersten Quartal 1945 seine größte Intensität, als sich die
nationalsozialistische Kriegsordnung bereits in Auflösung befand. Das heraufziehende Ende der NSHerrschaft und des „Reichseinsatzes“ trieb in Montabaur noch eine seltsame Blüte, als die
Ortspolizeibehörde am 1. März 1945 der Gestapo die Flucht zweier „russischer SS-Zöglinge“ meldete.
(JR)
QQ.: DAL, 101 Q/1, 107 C/2, 561 8/A; StAMt, Abt. 5 Nr. 37, Abt. 4 Nr. 1235; GAFMM, Personalakten.
Lit.: HILPISCH; BUXBAUM; SCHATZ 273f; HENKEL; CCP 531.
Oberlahnstein:
Städtisches Krankenhaus (Arme Dienstmägde Jesu Christi)
Auch im Städtischen Krankenhaus Oberlahnstein war die Pflege der Kranken den Dernbacher
Schwestern (seit 1858) anvertraut. Am 26. August 1939 wurde das Haus von der Wehrmacht als
Reservelazarett „Hilfskrankenhaus Heilquelle“ beschlagnahmt, die Schwestern blieben zur Versorgung
der Verletzten und Kranken. Wenige Wochen später, im Oktober 1939 zogen zudem alte und
pflegebedürftige Menschen ein. Am 20. März 1943 wurde eine Baracke für 30 kranke Kriegsgefangene
aufgeschlagen. Ein Zivilarbeitereinsatz kann bislang nicht nachgewiesen werden. Beim Bombenangriff am
11. November 1944 jedoch war Pfarrer Delabre, ein französischer Kriegsgefangener, sofort zu
Hilfeleistungen zur Stelle. Um herauszufinden, wo er lebte und arbeitete, bedarf es weiterer Recherchen.
(BW)
Q.: PAADJC, Dernbach, Verzeichnis der Niederlassungen 1939-1945.
Obertiefenbach-Beselich: Schwesternhaus Maria Hilf (Pallottinerinnen)
Im Schwesternhaus „Maria Hilf“ der Pallottinerinnen in Obertiefenbach-Beselich wurden während des
Krieges sowohl Verwundete versorgt und aufgenommen als auch Flüchtlinge und Soldaten beherbergt
und neben dem Schwesternhaus eine Feldküche eingerichtet. In der Chronik heißt es 1941/42: „Unser
Koks schmolz rasch zusammen (...) Den ganzen Sommer und Herbst (1941) durch hatten wir auch den
Kriegsgefangenen Badegelegenheit gegeben und dadurch ziemlich viel Koks verbraucht“. Der Antrag auf
eine zusätzliche Kokslieferung wurde damit begründet, daß 14-tägig den Gefangenen aus Obertiefenbach
und den umliegenden Ortschaften das Baden ermöglicht wurde. Auch am 11. Januar 1943 wurde Koks
angeliefert: „Der Stützpunktleiter, Herr Jung, schickt den Schwestern 6 Russen, die an 2 Vormittagen den
gelieferten Koks einschaufeln“. Wer diese Russen waren, welchen Status sie hatten und ob sie den
Schwestern zu anderen Tätigkeiten auch zur Verfügung standen, ist noch nicht bekannt. (BW)
Q.: PASACSr, Limburg, Chronik des Schwesternhauses „Maria Hilf“.
Streithausen/Ww.:
Zisterzienser-Abtei Marienstatt
Die gedruckten Kriegserinnerungen des damaligen Klosterzellerars P. Albert Kloth gaben einen ersten
Hinweis auf den Einsatz von Zivilarbeitern auf dem Klostergelände. Durch die „Personalkartei der
Klosterverwaltung“ und das Tagebuch von Abt Idesbald Eicheler im Archiv der Abtei konnten die Angaben
bei Kloth verifiziert werden.
Zu den historischen Hintergründen: Die Geschichte des 1888 von Mönchen aus Mehrerau bei Bregenz in
Österreich wiederbesiedelten Zisterzienserklosters Marienstatt in der Zeit des „Dritten Reiches“ ist bislang
kaum erforscht. 1936 mußte Abt Eberhard Hoffman wegen „Devisenvergehens“ vor der Gestapo ins
Ausland fliehen und als Abt resignieren. Er hatte einem Konventualen, der in Rom studierte, Semestergeld zugesandt. Zu Ostern 1939 wurde die Oblatenschule der Abtei vom Regierungspräsidenten in
Wiesbaden aufgelöst. An ihr waren 14 Patres und eine zivile Lehrperson für 80 Schüler auf fünf Klassen
tätig. Gegen Abt Idesbald Eicheler wurde 1942 vor einem Schöffengericht in Limburg ein Strafverfahren
wegen angeblicher Unterschlagung einer Bronzeglocke angestrengt, das allerdings in zweiter Instanz
eingestellt wurde. Im Zuge dieser Ermittlungen „fand“ die Gestapo im Zimmer der Klosterverwaltung eine
Tuschezeichnung, die einen Mönch darstellte, der mit erhobener Axt gegen einen Drachen kämpft. Auf
der Brust des Drachen prangte ein eingezeichnetes Hakenkreuz. Die Zeichnung war von den
Geheimpolizisten wohl selbst mit dem NS-Symbol präpariert worden, um etwas gegen die Abtei in der
Hand zu haben. Am Ende mußte der Abt ein Sicherungsgeld von
RM 3.000,- zahlen. Sehr viel härtere Maßnahmen wurden im folgenden Jahr gegen den Konventualen
und ehemaligen Regens der Oblatenschule, P. Raymund Lohausen (1897-1948), ergriffen. Erkrankt war
Lohausen als Aushilfspriester in Siegburg in der Seelsorge tätig. Wegen Kanzelmißbrauchs und angeblich
staatsfeindlicher Äußerungen in der Jugendseelsorge kam er in Gestapo-Haft und wurde ohne
Gerichtsverfahren in das KZ Dachau verbracht, wo er seine Gesundheit vollends einbüßte und bis zur
Befreiung durch die Amerikaner interniert blieb.
Obwohl die NS-Machthaber das Kloster, das juristisch in der Trägerschaft der Vermögensverwaltungsgesellschaft Abtei Marienstatt m.b.H. stand, derart im Visier hatten, ist weder eine willkürliche
Aufhebung der Abtei durch die Geheime Staatspolizei noch eine kriegsnotwendige Beschlagnahme nach
dem „Reichsleistungsgesetz“ erfolgt. Das hatte mehrere Gründe:
1.
Die Abtei war nicht vermögend und durch die Westerwald-Lage, zudem noch im abseits gelegenen
Nistertal, strategisch zunächst unbedeutend.
2.
Der Ortsbürgermeister von Streithausen, Josef Beckschäfer, zusammen mit dem Volksschullehrer
einziges NSDAP-Mitglied in dieser rein katholischen Gemeinde, zu der das Kloster bis heute gehört,
setzte sich für die Abtei ein. Auch die Anwesenheit des Landrates des Oberwesterwaldkreises bei der
Wallfahrt 1942 deutet auf relativ entspannte Beziehungen der Abtei zu den lokalen politischen
Instanzen hin. Im Verfolgungsbericht vom
29. November 1945 an das Ordinariat in Limburg schreibt der Pfarrkurat von Marienstatt, P. Placidus
Hülster OCist, über die politische Grundstimmung während des „Dritten Reiches“: „Die N.S.D.A.P. hat
in der Pfarrfamilie Marienstatt nichts verdorben. Sie war und blieb von allen Katholiken schon allein
aus konfessionellen Gründen verhasst.“
3.
Seit März 1941 war es in Marienstatt laufend zu kriegsbedingten Einlagerungen öffentlicher Institute
(Museen, Bibliotheken) und zu personellen Einquartierungen gekommen. Schon zum Jahreswechsel
1939/40 lag eine aus Bayern stammende Pioniereinheit der Wehrmacht im Klostertal. Unter dem 23.
Juni 1944 notierte Abt Idesbald in seinem Tagebuch, daß sich gegen 500 Personen in der Abtei
aufhalten, ca. 350 Kinder einer evakuierten und in der ehemaligen Oblatenschule eingemieteten
Heimanstalt der Hiltruper-Missionsschwestern in Dormagen, 44 „alte Leutchen“ des UrsulinenAltenheimes in Frankfurt mit 15 Schwestern sowie die ausgebombten Alumnen mit einigen
Professoren der Hochschule Frankfurt-Sankt Georgen.
Als die Kampfhandlungen am Niederrhein langsam näher rückten, wurde das Kloster durch die
Kriegslazarettabteilung I/680 der Wehrmacht aus Rheinbach am
7. März 1945 doch noch beschlagnahmt und für 2.000 Verwundete vorgesehen. Vor Bombenabwürfen im
Zuge deutscher Rückzugsgefechte schützte die Abtei jetzt das auf den Dächern des Klosters weithin
sichtbare rote Kreuz auf weißem Grund. Am 26. März 1945 kamen schließlich die Amerikaner nach
Marienstatt.
Kriegsgefangene und Fremdarbeiter gehörten in der Kriegszeit zum Alltag in der agrarisch geprägten
Umgegend des Klosters. Vor allem der spätere Prior P. Placidus Hülster versuchte als Kurat der Pfarrei
Marienstatt seelsorgliche Kontakte mit den kriegsgefangenen und zivilen „Landarbeitern“ in den
umliegenden Dörfern und Ortschaften herzustellen, auch mit Polen, was ihm eine Verwarnung durch die
Gestapo einbrachte. Laut Pfarrchronik bestanden 1940 in Oberhattert, Kroppach und Kundert
Kriegsgefangenen-Arbeitskommandos, in Kroppach und Geisenhausen waren insgesamt vier polnische
Zivilarbeiter untergebracht. Für den gesamten Oberwesterwaldkreis sind vom Französischen Nationalen
Suchdienstbüro zudem Zivilarbeiterlager in Luckenbach (nahe Marienstatt) mit 115 und (Bad) Marienberg
mit 69 Insassen nachgewiesen. Abt Idesbald schrieb am 13. August 1943 an Generalvikar Göbel: „In
hiesiger Gegend sind französische Zivilarbeiter, darunter Ordensleute, Ordens- und
Weltpriesterkandidaten seit einigen Wochen eingesetzt. Wäre dankbar erfahren zu können, wie weit diese
an den Gottesdiensten für deutsche Katholiken teilnehmen dürfen, ob es nach den bestehenden
gesetzlichen Bestimmungen erlaubt ist, diesen Zivilarbeitern die heilige Kommunion und das Bußakrament zu spenden in der Pfarrkirche. Wissen Sie vielleicht, ob jeder ausserkirchliche Verkehr mit
französischen Zivilarbeitern wie bei den Kriegsgefangenen verboten ist?“
Nicht nur in seelsorglicher Hinsicht kam das Kloster mit Fremdarbeitern in Kontakt. Kriegsbedingte
Einberufungen schwächten den Personalstand der Abtei beträchtlich. Insgesamt wurden 30
Konventualen, darunter fast alle Laienbrüder, zum Heeresdienst eingezogen. Fünf Brüder und zwei Patres
blieben im Feld. Die Abtei konnte den Ausfall an Arbeitskräften in der Klosterökonomie kaum
kompensieren. Abt Idesbald notierte am 13. Dezember 1942 in sein Tagebuch: „Heute läuft die
Aufforderung ein, daß Bruder Peter Rapp, der bereits zu Beginn des Krieges, am 26. August 1939,
eingezogen worden war und dann am 7.10.1940 bis heute beurlaubt wurde, am 15.12. wieder in Mainz
sich stellen muß. Das bedeutet für uns ein neues großes Opfer: Er war Koch und half bei den Buchungen
mit, vorher versah er anstelle der Küche den Küsterdienst in der Basilika. Überall stellte er seinen Mann.
Auch im Stall wird die Arbeit immer schwieriger, da am 9. Dezember unser Stallknecht und Botengänger
Josef einrücken mußte. Nun müssen Otto Stockinger, Bruder Arnulf und 2 polnische Arbeiter alles allein
bewältigen.“
Die Abtei beschäftigte zwischen 1941 und 1945 insgesamt vier landwirtschaftliche Arbeitskräfte aus Polen
bzw. dem „Generalgouvernement“: Iwan M. aus Lublinca-Nowa (* 1902) von Dezember 1940 bis April
1945, Josef W. aus Pabianice (*1911) von Dezember 1940 bis Februar 1941, Kasimir Z. aus Rava-Rus`ka
(*1914) von Februar 1941 bis Februar 1944 und Michail H. aus Iaschow-Stargi bei Lemberg (*1926) von
Februar 1944 bis April 1945. Von letzterem wissen wir die Konfessionszugehörigkeit: griechischkatholisch. Nach den Arbeitskarten in der Personalregistratur der Klosterverwaltung war H. im April 1942
als landwirtschaftlicher Arbeiter in Linter bei Limburg registriert worden, die drei anderen Personen waren
schon 1940/41 in Deutschland. Alle vier kamen als Zwangsarbeiter nach Deutschland. Sie waren
entweder im Rahmen des sog. „Poleneinsatzes“ ab Januar 1940 aus dem besetzten Polen nach
Deutschland deportiert oder als Kriegsgefangene in den Status von „Zivilarbeitern“ überführt worden.
Nach der Einverleibung Galiziens und der Angliederung des „Distrikts Lemberg“ an das
Generalgouvernement im Zuge des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion im Sommer 1941 kam
womöglich der Ukrainer Michail H. - noch nicht sechzehnjährig - nach Deutschland. Das vom neuen
„Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz“, Sauckel, am 20. April 1942 verkündete Programm sah
ausdrücklich auch die Rekrutierung von arbeitsfähigen jungen Sowjetmännern und -frauen ab dem 15.
Lebensjahr vor.
Nach den Arbeitsdokumenten waren die Fremdarbeiter als Helfer für die Landwirtschaft eingestellt. Von
einer größeren Agrarbewirtschaftung in Marienstatt kann für die Kriegszeit allerdings nicht mehr
ausgegangen werden. Die NS-Behörden hatten den Zisterziensern 1938 das über 300 Morgen große
Pachtland des Eichhartshofes, einer entfernten alten Grangie der Abtei, entzogen; ein schwerer Schlag für
die als mustergültig anerkannte Landwirtschaft des Klosters. Allerdings verfügten die Brüder noch über
einige kleinere Felder in der Nähe der Abtei, und neben dem Konventsgarten gab es noch einen weiteren
Garten mit Obst- und Gemüseanbau. Nach den Eintragungen von Abt Idesbald halfen die beiden Arbeiter,
die im Dezember 1942 da waren, in den Stallungen. Aus den erhaltenen Personalunterlagen der
Beschäftigten geht hervor, daß sie die für landwirtschaftliche Zivilarbeiter übliche Entlohnung von RM 70,im Monat erhalten haben, bei der Krankenkasse angemeldet waren und vom „Betriebsführer“, also vom
Klosterzellerar, monatlich „Verwaltungsbeiträge“ in Höhe von 0,30 RM an die Kreisbauernschaft in
Limburg abgeführt wurden. Als Wohnort von Iwan M. wird auf der Beitragskarte „Streithausen“
angegeben, so daß von einer dauerhaften Unterbringung und Verpflegung des Arbeiters durch die Abtei
ausgegangen werden kann [Abb. 14, siehe nächste Seite].
Ob zu den Arbeitern auch seelsorgliche Kontakte bestanden haben und ob es sich überhaupt um
praktizierende Katholiken handelte, ist nicht belegt. Noch nicht geklärt ist auch, auf wessen Initiative die
Zuteilung der Arbeitskräfte nach Marienstatt erfolgte. Die Arbeitskarte von Iwan M. wurde vom Arbeitsamt
in Limburg gestempelt, das auch für den damaligen Oberwesterwaldkreis zuständig war. Die dortigen
Akten haben das Kriegsende allerdings nicht überdauert. Spuren führen auch zur Verwaltungsstelle der
Kreisbauernschaft des pseudokorporativen „Reichsnährstandes“ in Limburg, die für die „Betreuung“ von
landwirtschaftlichen Zivilarbeitern verantwortlich zeichnete. Die von dort ausgestellte „Verwaltungsbeitragskarte“ mußte der „Betriebsführer“ bei Anstellung eines „ausländischen oder fremdvölkischen
Arbeiters“ über den Ortsbauernführer bei der Kreisbauernschaft beantragen. Von Iwan M. und Michail H.
sind diese Karten in der Personalkartei der Klosterverwaltung erhalten.
Auf der Personalkarteikarte des Polen Kasimir Z. ist ein „Arbeitslager“ erwähnt, in das der Betreffende am
10. Januar 1942 für drei Monate „abtransportiert“ worden war. Vermutlich handelt es sich um das Lager
Luckenbach mit einem Steinbruch und der Eisengrube „Bindweide“ in der Nähe, wo die Internierten
möglicherweise arbeiten mußten. Der Grund der Lagereinweisung ist nicht bekannt, wirft aber die Frage
nach der Disziplinierung der „Fremdarbeiter“ auf, da die NS-Behörden gerade der Arbeitsleistung der
Polen besondere Aufmerksamkeit widmeten. Bei „Arbeitsbummelei“ etwa drohte die Einweisung in ein
spezielles „Arbeitserziehungslager“. Für deutsche Bauern, Landarbeiter und Frauen, die sich zu
nachsichtig zeigten oder gar engeren Kontakt mit den polnischen Arbeitern pflegten, drohten ebenfalls
drakonische Strafmaßnahmen, da gerade in der Landwirtschaft vom SD immer wieder „Verbrüderungen“
von Gesindekräften und Polen festgestellt wurden. Nach den Erinnerungen von P. Albert Kloth wurden
auch die beiden 1945 in Marienstatt noch anwesenden Zivilarbeiter „menschlich“ behandelt, obwohl der
Gutsverwalter zur regelmäßigen Prügelstrafe angewiesen worden sei.
Nach dem Krieg hat sich die Spur der Zivilarbeiter aus Marienstatt verloren, auf den Personalkarten wurde
im Mai 1945 „Abmeldung infolge Kriegsereignisse“ vermerkt. Kontakte gab es offenbar keine mehr.
Allerdings ist ein zwangsverpflichteter Niederländer namens Martin T., der 1944 im Auftrag eines Kölner
Architekten zusammen mit einem Landsmann namens „Jan“ Behelfsheime für das Kloster errichtet hatte,
nach der Befreiung als Schreiner in den Dienst der Abtei getreten. (JR)
QQ.: DAL, 101 Q/1, 224 A/1, 561 7/B; AAM, Personalkartei der Klosterverwaltung, Tagebuch Abt Idesbald Eicheler; PfA St. Mariä Himmelfahrt
Marienstatt, Pfarrchronik 1939-1941.
Lit.: 50 Jahre Marienstatt 21f, 33f; Cist. Chron. 54 (1947) 254-259; W ELLSTEIN 378-382; KLOTH; GEIBIG; HAMMER 138-143; SCHATZ 280, 286f; VON HEHL
833; CCP 531.
Wiesbaden-Innenstadt:
St. Augustinusheim der Salesianer Don Boscos
Die 1874 von Papst Pius IX. approbierte Priester- und Laienbrüderkongregation der Gesellschaft des hl.
Franz von Sales („Salesianer Don Boscos“), die sich der Erziehung und Ausbildung gefährdeter
Jugendlicher widmet, hatte 1924 die Leitung der im Eigentum des Bischöflichen Stuhles befindlichen
sogenannten Knaben-Rettungsanstalt im ehemaligen Zisterzienserinnenkloster Marienhausen bei
Assmannshausen übernommen und sich damit auch in der Diözese Limburg niedergelassen. Allerdings
war die Einrichtung, die zuvor der Caritas-Pionier Prälat Matthäus Müller über 40 Jahre geführt hatte, seit
dem Brand von 1915 nur teilweise wiederaufgebaut, so daß die Unterbringung der vier Jugendgruppen im
Haus, Vorschulpflichtige, Schulpflichtige, Schulentlassene und Lehrlinge, nur mit großen Einschränkungen
möglich war. Der Wiederaufbau von Kirche und Kloster konnte erst 1931 abgeschlossen werden. Zur
Entlastung der heute unter Verwaltung des
St. Vinzenstiftes/Aulhausen stehenden Anstalt, aber auch aus grundsätzlichen seelsorglichen
Erwägungen wurde 1927 vom Sozialen Jugendschutz e.V. in München für die Salesianer eine größere
Villa in der Mainzer Straße 14 in Wiesbaden erworben, in der jetzt die Lehrlinge ihre Wohnunterkunft
fanden, die ihre Arbeitsstellen in der Stadt hatten. 1936 waren in diesem Heim, das heute nicht mehr
besteht, zwei Patres, zwei Kleriker und vier Brüder tätig.
Zur Deckung des steigenden Raumbedarfs für die in der Stadt Wiesbaden im großen Stil beschäftigten
Kriegsgefangenen und Fremdarbeiter wurden auch im Augustinusheim polnische Zivilarbeiter einquartiert.
Die Einrichtung war 1944 das letzte im Gau Hessen-Nassau noch bestehende katholische Lehrlingsheim.
Die Hausleitung stand unter ständiger Beobachtung von HJ-angehörigen Lehrjungen, die auch vor
Drohungen nicht zurückschreckten. Nach einer dennoch überraschenden Gestapo-Aktion am 22.
November 1944, die mit Verhaftung der beiden einzigen Hausgeistlichen
P. Heck und Direktor P. Dr. Oeffling endete, wurde das Heim geschlossen und als Jugendwohnheim der
HJ ausgewiesen. Im Februar 1945 wurde dann noch die ausgebombte Wiesbadener Gestapo-Zentrale in
dem Gebäude untergebracht. In diesem Zusammenhang ist die am 12. März 1945 auf dem Gelände des
Wohnheimes erfolgte Hinrichtung von vier Sowjetbürgern, denen Arbeitsverweigerung vorgeworfen
wurde, zu sehen. Hinweise auf eine Beschäftigung von Zwangsarbeitern im Lehrlingsheim liegen nicht
vor. Die Durchsicht der über 2.500 Namen umfassenden „Ostarbeiterkartei“ im Stadtarchiv Wiesbaden
erbrachte allerdings Näheres über einen polnischen Zivilarbeiter namens Zenon J. (*1906), von Beruf
Schuhmacher, der seit Januar 1941 in verschiedenen landwirtschaftlichen Betrieben der alten
Residenzstadt eingesetzt war und im Augustinusheim wohnte. Seine Frau Eva schrieb am 15. April 1941
aus dem Heimatort Kalisch an den damaligen Direktor des Augustinusheimes, P. Rund:
„Hochgeschätzter Herr Pfarrer! Am 13. ds. Mts. d.h. am ersten Osterfest war ich bei der Beichte und habe
meinen Pfarrer gebeten, ob ich nicht für meinen Ehemann Zenon J. beichten könnte. Der Pfarrer hat
meine Bitte erfüllt, hat aber dabei mir anbefohlen, Sie Herr Pfarrer zu bitten, dass Sie gütigst meinem
Manne die Sünden erlassen und das heilige Abendmahl austeilen würden, was ich meinerseits ergebenst
(und) auch herzlich bitte. Meine Bitte und meine Tat erklärt sich damit, dass mein Mann sich nicht in der
deutschen Sprache verständigen kann. Sende den verbindlichsten Dank für das schöne Ostergeschenk in
Form der 10 RM, welche Sie so gütig mir gesandt. Die herzlichsten Grüsse für Sie tiefgeehrter Herr
Pfarrer sendet Ihnen die verbindliche Eva J. nebst ihrer kleinen Tochter.“
P. Rund wandte sich an den Wiesbadener Stadtpfarrer Wolf. Dieser bemühte sich beim Bischöflichen
Ordinariat um eine Beichtfakultät für einen des Polnischen mächtigen Ruhestandsgeistlichen: „Der Brief
[von Frau J.] wirft ein Licht auf die religiöse Not dieser Leute, die nicht deutsch beichten können und doch
gern ihre Ostern halten möchten. Es handelt sich nicht um Gefangene, sondern um freie Zivilarbeiter. Herr
Pater Rund kennt ihrer ungefähr zwölf, die gern in der Kapelle des St. Augustinusheimes die hl.
Sakramente empfangen würden, wenn sie einen polnisch sprechenden Priester hätten.“ Erst im August
1943 erhielt Wolf einen Bescheid aus Limburg unter Hinweis auf die einschlägigen Erlasse des
Reichskirchenministers zur Polenseelsorge, nach denen lediglich die Generalabsolution in polnischer
Sprache gemäß den „Vollmachten für die Kriegsseelorge“ zugelassen war. Der Fall zeigt die aus den
Akten immer wieder sichtbare Hilfsbereitschaft vieler Geistlicher, die allerdings mit dem unübersichtlichen
staatlichen „Regelwerk“ für die seelsorgliche Behandlung der Kriegsgefangenen und Fremdarbeiter ihre
liebe Mühe hatten. (JR)
QQ.: DAL, 561 7/B; StAWi, WI/2.
Lit.: BEMBENEK 245f, 341-356; MÜLLER-W ERTH 198f; FS Einhundert Jahre Marienhausen; SCHATZ 220f.
Wiesbaden-Innenstadt:
St. Josephs-Hospital (Arme Dienstmägde Jesu Christi)
Im St. Josephs-Hospital, einer ordenseigenen Einrichtung am Langenbeckplatz in Wiesbaden,
übernahmen Dernbacher Schwestern 1892 die Krankenpflege. Die Klinik war in den 1930er Jahren
spezialisiert auf Chirurgie und Gynäkologie, 26 Schwestern (Stand 1936) und Laienschwestern als
Hilfskräfte versorgten die bis zu 110 Kranken. Wie der Ostarbeiterkartei der Stadt Wiesbaden zu
entnehmen ist, stand seit dem 13. Dezember 1943 Anna K. (*1923) aus Posulwek, Kreis Sierards/Polen“
als „Arbeiterin“ in Diensten des Josephs-Hospitals. Näheres ist zu ihr nicht bekannt [Abb. 15]. (BW)
QQ.: PAADJC, Dernbach, Verzeichnis der Niederlassungen 1939-1945, Lohnunterlagen; StAWi, WI/2.
Quellen- und
Literaturverzeichnis
Quellen aus kirchlichen Archiven
Diözesanarchiv, Limburg/Lahn
(= DAL)
36 B/2 Militärdienstpflicht der Geistlichen (1920-1944)
54 A/1 Sankt Georgen: Allgemeines (1927-1944)
55 A/1 Priesterseminar: Allgemeines (1830-1944)
55 JB/1 Lazarett im Seminar (1941-1945)
101 Q/1 Kräftebilanz, verschiedene Klöster (1943)
107 C/2 Barmherzige Brüder: Hausgeistlicher und Gottesdienst in Montabaur (1877-1941)
114 A/2 Benediktinerinnen, Eibingen: Allgemeines (1905-1941)
116 A/1 Ursulinen: Allgemeines (1901-1944)
219 G/7 Kriegsgefangenenseelsorge (1939-1944)
224 A/1 Seelsorge-Ausländer: Allgemeines (1941-1944)
224 E/1 Seelsorge-Ausländer: Ukrainer (1941-1943)
224 H/1 Seelsorge-Ausländer: Polen (1906-1944)
233 BA/1 Heim für Kaufleute und Studenten, Frankfurt (1928-1944)
455 A/4 Peter-Joseph-Stiftung: Entziehung der Verwaltung (1938-1941)
455 A/5 Peter-Joseph-Stiftung: Klage wegen Entziehung der Verwaltung mit Rechtsgutachten (19391940)
561 7/A Verfolgungspolitik - Bistum Limburg (1933-1944)
561 7/B Verfolgungspolitik - Bistum Limburg (1945)
561 8/A Verfolgungspolitik - Klöster (1935-1944)
563 F/13 Krieg: Kräftebilanz, Allgemeines (1940-1944)
563 F/14 Krieg: Kräftebilanz, Allgemeines (1941)
Bestand Priesterseminar: „Korrespondenz“ [ohne Signatur]
Personalakte Friedrich Kneip
Personalakte Augustin Manns
Nachlaß Pfarrer Hans Becker
Archiv der Abtei Marienstatt, Marienstatt (=AAM)
Personalkartei der Klosterverwaltung
Tagebuch Abt Idesbald Eicheler
Generalatsarchiv der Barmherzigen Brüder von Montabaur, Montabaur (=GAFMM)
Personalakten
Provinzarchiv der Missionsschwestern vom Heiligsten Herzen Jesu/Hiltrup, Münster (=PAMSC)
Chronik Obstgut Schwalbenstein 1929-1999
Provinzarchiv der Armen Dienstmägde Jesu Christi, Dernbach (=PAADJC)
Verzeichnis der Niederlassungen 1939-1945, Lohnunterlagen
Provinzarchiv der Pallottiner, Limburg (=PASAC)
Provinzialatsakten [unverzeichnet]
Die Limburger Pallottiner-Provinz während der Zeit des II. Weltkrieges 1. September 1939 – 8. Mai 1945.
Gesammelte Angaben von Br. Josef Wendling SAC, Limburg/Lahn, Limburg a. d. Lahn 1957
P. Wilhelm Schützeichel SAC, Dokumentation der seitens des Nationalsozialismus gegen die
Norddeutsche Pallottiner-Provinz, Limburg an der Lahn, durchgeführten Maßnahmen
Josef Wendling SAC (Hg.), Gesammelte Familienbriefe des Provinzialates der Limburger-PallottinerProvinz während des zweiten Weltkrieges [gebundene Sammlung o.J.].
P. Bange PSM, Zur Geschichte des Mutterhauses in den Kriegsjahren 1939-1945.
Nachlaß Br. Alfred Rochat SAC [unverzeichnet].
Provinzarchiv der Pallottinerinnen, Limburg (=PASACSr)
Chronik des Klosters Marienborn, Bd. 4; Lohnunterlagen des Klosters Marienborn; Chronik des
Schwesternhauses Maria Hilf
Pfarrarchiv St. Maria Himmelfahrt, Marienstatt
Pfarrchronik 1939-1941
Pfarrarchiv St. Martin, Lorch
Korrespondenzen
Pfarrarchiv St. Josef-Bornheim, Frankfurt am Main
Pfarrchronik, Bd. 8
Quellen aus staatlichen Archiven
Hessisches Hauptstaatsarchiv, Wiesbaden
Abt. 483 Nr. 7019 Berichte des Sicherheitsdienstes des Reichsführers SS, Außenstelle Limburg, betr.
Überwachung von Firmen [1937-1941]
Abt. 520 Spruchkammerakten
Institut für Stadtgeschichte (Stadtarchiv), Frankfurt am Main (=IfSGF)
Hausstandsbücher
Magistratsakte 3.837 Arbeitseinsatz von Kriegsgefangenen und polnischen Arbeitskräften (1939-1945)
Gestapo-Kartei
Vorortakten Höchst 175
Stadtarchiv, Montabaur (=StAMt)
Abt. 4, Nr. 1235 Kriegsgefangenenlager
Abt. 5, Nr. 37 Ausländische Kriegsgefangene
Abt. 10, Nr.1235 Zweiter Weltkrieg Luftschutz: Kriegsgefangenenlager (1939-1943)
Abt. 10, Nr.1236 Zweiter Weltkrieg Luftschutz: Kriegsgefangenenlager (1943-1945)
Stadtarchiv, Wiesbaden
(= StAWi)
WI/2 Selekt „Ostarbeiterkartei“
Schriftliche Mitteilungen
P. Gottfried Krebs OFM, Marienthal, 4.8.2000.
Sr. Philippa Rath OSB, Eibingen, 4.8.2000.
Br. Probus Bakker FMM, Provinzarchiv der Barmherzigen Brüder, Montabaur, 10.8. und 19.10.2000.
Sr. Magdalene Klein SAC, 12.8.2000, 6.3.2001.
Pfarrer Christoph Wurbs, Hochheim, 17.8.2000.
Abt Dr. Thomas Denter OCist, Marienstatt, 21.8.2000.
P. Provinzial Helmut Schlegel OFM, Fulda, 24.8.2000.
Bundesarchiv, Berlin, 6.9.2000.
Rheinland-Pfälzisches Landeshauptarchiv, Koblenz, 26.9.2000.
Sr. Lucinda Grams ADJC, Dernbach, 30.9.2000, 15.6.2001.
Katholisches Pfarramt Herz-Jesu, Diez, 19.10.2000.
P. Prof. Dr. Werner Löser SJ, Frankfurt/Main, 2.1.2001.
Provinzoberin Sr. M. Luciosa Benz (Franziskanerinnen von Aachen), 13.2.2001.
Bundesarchiv - Militärarchiv -, Freiburg/Brsg., 16.2.2001.
Provinzialat der Kongregation der Töchter der Göttlichen Liebe, Wien, 20.2.2001.
P. Provinzial Meinolf von Spee SDB, Köln, 20.2.2001.
P. Martin Pfeifer OFM, Fulda, 13.3.2001.
Pfarrer Michael Metzler, Frankfurt, 23.3.2001.
Amt für Paß- und Meldewesen der Stadt Geisenheim, 22.5. und 19.6.2001.
Bezirksdekan Otto-Peter Franzmann, Geisenheim, o.D.
Karl Josef Kettel, Frankfurt am Main, 21.6.2001.
Mündliche Mitteilungen
Abt Dr. Thomas Denter OCist, Marienstatt, 11.8.2000.
Frau Ute Hollinghaus, Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., Frankfurt/Main, 26.10.2000.
Pfarrer i.R. Ferdinand Eckert, Bad Soden, 11.11.2000.
Lutz Becht, Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main, 8.12.2000.
Dr. Konrad Schneider, Institut für Stadtgeschichte Frankurt am Main, 18.1.2001.
Pfarrer i.R. Albert Zell, Assmansshausen, 1.2. und 11.6.2001.
Sr. Christine Bohr SAC, London, 26.2.2001.
Sr. Simona Kastenholz ADJC, Limburg/Lahn, 8.6.2001
Sr. Simone Weber ADJC, Limburg/Lahn, 8.6.2001.
Frau Käthe Augstein, Lorch/Rh., 11.6.2001.
Stadtverwaltung Lorch/Rh., 20.6.2001.
Amtliche Hilfsmittel
AMTSBLATT des Bistums Limburg 1938ff.
DIDIER, Friedrich (Bearb.), Handbuch für die Dienststellen des Generalbevollmächtigten für den
Arbeitseinsatz und die interessierten Reichsstellen im Großdeutschen Reich und in den besetzten
Gebieten, Bd. 1, Berlin 1944.
HANDBUCH des Bistums Limburg, hg. vom Bischöflichen Ordinariat Limburg, Limburg/Lahn 1956.
HERTEL, Philipp, Arbeitseinsatz ausländischer Zivilarbeiter, Stuttgart 1942.
KROSE, Hermann, Kirchliches Handbuch für das katholische Deutschland, hg. von der Zentralstelle für
kirchliche Statistik Deutschlands, Köln 1943.
NECROLOGIUM der seit Gründung des Bistums Limburg verstorbenen Diözesangeistlichen für das tägliche
Memento in der hl. Messe, Limburg/Lahn o.J.
REICHSGESETZBLATT 1938ff.
REICHSMINISTERIALBLATT des Inneren 1941.
SCHEMATISMUS der Diözese Limburg, bearbeitet durch den Bischöflichen Sekretär, hg. vom Bischöflichen
Ordinariat, Limburg/Lahn 1936.
VOLLMACHTEN für die Kriegsseelsorge, hg. vom Erzbischöflichen Ordinariat in Breslau, Breslau o. J.
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(Beiträge zur nationalsozialistischen Gesundheits- und Sozialpolitik 3), Berlin 1986.
BARWIG, Klaus/SAATHOFF, Günter/W EYDE, Nicole (Hg.), Entschädigung für NS-Zwangsarbeit. Rechtliche,
historische und politische Aspekte, Baden-Baden 1998.
EIKEL, Markus, Französische Katholiken im Dritten Reich. Die religiöse Betreuung der französischen
Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter 1940-1945, Freiburg/Brsg. 1999.
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Zwangsarbeit in Deutschland 1939 bis 1945, in: Klaus Barwig/Dieter R. Bauer/Karl-Joseph Hummel
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(Hohenheimer Protokolle 56), Stuttgart 2001 (im Druck).
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PFISTER, Peter (Hg.), Katholische Kirche und Zwangsarbeit. Stand und Perspektiven der Forschung
(Schriften des Archivs des Erzbistums München und Freising 1), Regensburg 2001.
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Sonstige Darstellungen
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(Hg.), Europa und der „Reichseinsatz“. Ausländische Zivilarbeiter, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge
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GEIBIG, Johannes, Die fünf Äbte des Centenariums 1888-1988, in: Einhundertjahre Wiederbesiedlung der
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GOLDMANN, Maria Andrea, In St. Ursulas Gefolge. Vom Werden, Wachsen und Wirken des UrsulinenKlosters in Frankfurt a. M. und seiner Filialen, Frankfurt/Main 1935.
HAMMER, Gabriel, Die Pfarrei Marienstatt in Geschichte und Gegenwart, in: 750 Jahre Abteikirche
Marienstatt. Festschrift zur Kirchweihe 1977 (Marientatter Aufsätze 5), Marienstatt 1977, 115-150.
HASELBECK, Gallus, Wie Kelkheim zu einem Kloster kam und Pfarrei wurde. Zum Goldenen Jubiläum der
Franziskaner in Kelkheim, Fulda o.J. [1959].
HENKEL, Günter, Ein Brief aus Bjelorußland. - „Wir wohnten in einem Lager der Stadt Montabaur“, in:
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Abkürzungen
Bl. Blatt
BO Bischöfliches Ordinariat
CCP Catalog of Camps and Prisons
Cist. Chron. Cistercienser-Chronik
DAF Deutsche Arbeitsfront
DAL Diözesanarchiv Limburg
DP Displaced Persons
DRK Deutsches Rotes Kreuz
FMM Barmherzige Brüder von Montabaur (Fratres Misericordiae de Montabaur)
FS Festschrift
GAFMM Generalats-Archiv der Barmherzigen Brüder von Montabaur
HB Hausstandsbuch
HHStAW Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden
ISD Internationaler Suchdienst
IfSGF Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main
KLV Kinderlandverschickung
KZ Konzentrationslager
Lit. Literatur
MSC Missionsschwestern vom Heiligsten Herzen Jesu/Hiltrup
NL Nachlaß
NS Nationalsozialismus
NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei
NSV Nationalsozialistische Volkswohlfahrt
o.pag ohne Paginierung
OCist Zisterzienser (Ordo Cisterciensis)
Offlag Offizierslager
OFM Ordo Fratrum Minorum (Franziskaner)
OKW Oberkommando der Wehrmacht
OSB Benediktiner/innen (Ordo Sancti Benedicti)
PA Personalakte
PAADJC Provinzarchiv der Armen Dienstmägde Jesu Christi
PAMSC Provinzarchiv der Missionsschwestern vom Hlst. Herzen Jesu von Hiltrup
PASAC Provinzarchiv der Pallottiner
PASACSr Provinzarchiv der Pallottinerinnen
PfA Pfarrarchiv
PSM Pallottiner/innen (Pia Societas Missionum)
Q. Quelle
RABl. Reichsarbeitsblatt
RAD Reichsarbeitsdienst
RGBl. Reichsgesetzblatt
RLG Reichsleistungsgesetz
RM Reichsmark
RMfdkA Reichsministerium für die kirchlichen Angelegenheiten
RSHA Reichssicherheitshauptamt
SAC Pallottiner/innen (Societas Apostolatus Catholici)
SD Sicherheitsdienst
SDB Salesianer Don Boscos
SSCC Arnsteiner Patres (Congregatio Sacrorum Cordium Jesu et Mariae)
Stalag
Stammlager
StAMt Stadtarchiv Montabaur
StAWi Stadtarchiv Wiesbaden
UNRRA United Nations Relief and Rehabilitation Administration
VO
Verordnung
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