AKTION GLAUBE – BUCH Welche Kriterien sollen mediale Verkündigung in Zukunft bestimmen? Georg Plank Das von Papst Benedikt XVI. proklamierte „Jahr des Glaubens“ war aus Sicht kirchlicher Öffentlichkeitsarbeit eine harte Nuss. Zu selbstverständlich klingt das Thema, um damit mehr als interne Zielgruppen anzusprechen. Andererseits: Wenn der Glaube auch und gerade heute für den einzelnen Menschen und die ganze Gesellschaft relevant und aktuell ist, gilt der Auftrag Jesu, diesen „allen“ zu verkünden. Wie dies praktisch gelingen kann, ist durch die „AKTION GLAUBE: Verhüllen – enthüllen – entdecken“ paradigmatisch gezeigt worden. Bevor die dafür entscheidenden Kriterien benannt werden, bekenne ich mich dazu, statt „kirchliche Öffentlichkeitsarbeit“ hinfort den Begriff „mediale Verkündigung“ zu forcieren. Denn endgültig vorbei sind in Österreich die Zeiten, wo die primäre Beziehungsebene zwischen Kirche und Menschen ihre ureigenen Handlungsorte waren. Immer stärker dominiert die mediale Wahrnehmung das Bild von Kirche selbst unter den eigenen Mitgliedern und Mitarbeitern. Dass die Medienwelt mittlerweile in ein Neben- und Ineinander von alten und neuen Medien diffundiert, macht die Sache nicht leichter. Im Konzert der unterschiedlichsten Instrumente moderner Kommunikation auch nur einigermaßen wirkungsvoll mitspielen, kann der Kirche mit klassischen Methoden nicht gelingen. Zum einen überfordert dies die mageren Budgets kirchlicher Öffentlichkeitsstellen, zum anderen wird die mangelnde Qualität kirchlich Handelnder und ihrer konkreten Dienstleistungen und Botschaften schmerzhaft bewusst, wenn man ernsthaft die Frage stellt, ob Kirche für unterschiedliche Milieus und Zielgruppen tatsächlich attraktiv sein könnte. Zu insiderisch sind viele Veranstaltungen, zu selbstverliebt viele Protagonisten, zu pseudopastoral viele Botschaften angesichts der realen „Freuden und Hoffnungen, Trauer und Ängste“ heutiger Menschen. Wenn klassische Medien- und Kampagnenarbeit also weder sinnvoll noch leistbar ist, gleichzeitig aber viele Menschen nur medial erreicht werden können, steht man vor einer klassischen Dilemmasituation. Diese lässt sich nur durch „Lösungen zweiter Ordnung“ konstruktiv bearbeiten, wie von Paul Watzlawick u.a. hinreichend dargestellt. Während Lösungen erster Ordnung sich meist auf „gesunden Menschenverstand“ oder Tradition gründen, scheinen Lösungen zweiter Ordnung häufig absurd und unerwartet; sie sind ihrem Wesen nach überraschend und paradox. Lösungen zweiter Ordnung heben die zu lösende Situation aus dem selbstrückbezüglichen Teufelskreis heraus, in den sie die bisherigen Lösungsversuche geführt haben, und stellen sie in einen neuen, weiteren Rahmen, wie das buchstäblich bei der Lösung des bekannten „Neun-Punkte-Problems“ der Fall ist.1 Viele prophetische Zeichenhandlungen und insbesonders der Umgang Jesu mit „Fallen“, in die man ihn wiederholt locken wollte wie die Frage nach der Steuer oder der Bestrafung der Ehebrecherin, sind biblische Beispiele solcher Lösungen zweiter Ordnung. Die Kirche in Österreich sieht sich neben der erwähnten medialen Marginalisierung mit weiteren, in ähnlicher Weise scheinbar unlösbaren Problemen konfrontiert: Die Verhärtung zwischen sogenannten Konservativen und Progressiven, die Notwendigkeit größerer Struktureinheiten und zugleich stärkerer lokaler Präsenz, die sinnvolle Pluralisierung ihrer Handlungsfelder und der damit verbundene Verlust einer gemeinsamen Marke, die Außenwahrnehmung als „die österreichische Kirche“ und die Tatsache minimalster Kooperation zwischen Diözesen und darüber hinaus Orden und anderen kirchlichen Einrichtungen. Es wäre vermessen, einfache Lösungen für derart existenzielle Probleme zu behaupten. Sinnvoll ist es jedoch, wegweisende Erfahrungen wie die AKTION GLAUBE als Ermutigung aufzugreifen. Wie lassen sich diese Orientierungen abschließend konkret benennen? Die Verknüpfung von Tradition und Moderne, also die Verhüllung von Kreuzen in der Passionszeit auch an Glaubenszeichen im öffentlichen Raum vorzunehmen, war überzeugend und führte innerkirchlich zu hoher Akzeptanz und Motivation. Die Erarbeitung klarer Vorgaben bei gleichzeitig großem Spielraum für eine möglichst kreative Umsetzung vor Ort sprach viele Menschen mit unterschiedlichen Talenten positiv an. Das führte zur unerwartet intensiven Beteiligung Tausender Männer, Frauen, Jugendlicher und Kinder, darunter auch vieler Menschen, die der Kirche eher kritisch gegenüber stehen, jedoch diese konkrete Schwerpunktsetzung aus ganzem Herzen unterstützen wollten. Überrascht waren die Initiatoren auch von der großen Begeisterung quer durch alle Kirchenschichten, ob eher WATZLAWICK, P., WEAKLAND, J. H., FISCH, R. (1979) Lösungen. Zur Theorie und Praxis menschlichen Wandels. Bern Stuttgart Wien: Hans Huber. S. 58 – 591 konservativ oder progressiv eingestellt. So entstand durch die intensive mediale Begleitung das Gefühl, gemeinsam an einem guten Werk beteiligt gewesen zu sein. Das Verhüllen dessen, was man herzeigen will, kann als paradoxe Intervention gedeutet werden, die mit minimalen Kosten wesentlich mehr Aufmerksamkeit bewirkte als grelle und laute Werbung. Das Enthüllen zu Ostern knüpfte wiederum an die profane Erfahrung an, dass Geschenke umso spannender sind, wenn sie ausgepackt werden müssen und überraschend sind. So konnte die einfache Botschaft „Jesus ist das größte Geschenk aller Zeiten“ glaubwürdig vermittelt werden. Offensichtlich war es der richtige Mix von Inhalt und Aktion, der sowohl kirchenintern als auch in der breiten Öffentlichkeit als stimmungsvoll und zur Kirche passend empfunden wurde. Letztlich hat die einstimmige Empfehlung der Bischöfe zur österreichweiten Durchführung dazu beigetragen, dass vom Großglockner abwärts bis zum Neusiedler- und zum Bodensee Neugier geweckt werden konnte für den größten Schatz, der uns anvertraut ist: den Glauben.