Predigt-2006.07.16

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ARM AN MITTELN - REICH AN GEIST (Ev)
Üppige Mittel – Geringe Ausstrahlung
Nur eine so reiche Kirche wie die unsere kann es sich leisten, aufwändig ausgestattete
Ordinariate, Seelsorge-Ämter, Medienstellen, Bildungswerke usw. einzurichten, ihre
Priester wie staatliche Beamte zu bezahlen und viele Laienkräfte hauptamtlich anzustellen. Ich bin einerseits froh, dass wir solche Möglichkeiten (noch) haben. Andererseits beobachte ich: In seltsamem Kontrast zu diesem Reichtum an Mitteln steht die
verhältnismäßig geringe Ausstrahlung der Kirche. Ihr Ansehen in der Öffentlichkeit
macht keinen besonders guten Eindruck, und das religiöse Leben in unserem Land
ist eher am Absterben als am Aufblühen.
Mich hat es schon immer nachdenklich gemacht, mit welch armseligen Mitteln Jesus
seine Jünger auf Missionsreise schickte: ohne Geld, ohne Proviant, ohne Reservekleidung - angewiesen allein auf ihre innere Überzeugungskraft. Dennoch (oder gerade
deswegen?) hatten sie beträchtlichen Erfolg. Könnte es sein, dass das Wesentliche an
ihrer Sendung um so deutlicher zum Leuchten kam, je weniger sie sich auf materielle
Hilfsmittel stützen konnten?
Das Wesentliche an der apostolischen Sendung
Was war denn das Wesentliche an ihrer Sendung?
- Zunächst einmal die Vollmacht: Jesus selbst gibt den Auftrag und überträgt ihnen die
Kraft, die Macht des Bösen zu brechen. Kein Mensch vermag das von sich aus, nur in
der Kraft des Heiligen Geistes!
- Wesentlich ist weiterhin die Klarheit des Auftrages: „Geht und heilt die Welt!“, könnte
man ihn zusammenfassen. Nicht Propaganda für eine neue Ideologie oder für einen
neuen Verein, ja eigentlich nicht einmal für eine neue Religion sollen sie betreiben,
sondern den Menschen die heilende Nähe der anbrechenden Gottesherrschaft sichtbar
machen. Dieses „Heil“ erfasst den ganzen Menschen: Es befreit vom Bösen, von Unfrieden und Verzweiflung, aber auch von Krankheit und Unterdrückung; die „Herrschaft Gottes“ beendet die Herrschaft von Menschen über Menschen.
- Wesentlich schließlich ist die Eindeutigkeit des Zeugnisses: Diese Boten denken offensichtlich nicht an sich selbst, an ihr eigenes Wohlergehen. Bettelarm und ohne Eigennutz, bezeugen sie die Liebe und Sorge Gottes und leben im Vertrauen, dass er ihnen
das Nötige zur rechten Zeit geben wird.
- Gewiss mit Absicht schickt Jesus sie zu zweit fort: Zwei Zeugen bestätigen sich gegenseitig. Außerdem können sie so ein Beispiel der Gemeinschaft und gegenseitigen Liebe
geben. So bekommt ihre Botschaft eine innere Überzeugungskraft. Ihr Leben stimmt
mit ihrer Predigt überein.
Die Chancen einfacher Mittel
„Einfache Mittel fördern die schöpferische Phantasie“, sagt man in Taize. Dort kommen jedes Jahr Tausende junger Leute unter einfachsten Lebensbedingungen zusammen, um eine Erfahrung mit Gott und mit christlicher Gemeinschaft zu machen. Für
„Jugendtourismus“ ist hier kein Platz, wohl aber für vielfältige Begegnungen und Anregungen menschlicher und religiöser Art.
Täten wir nicht gut daran, uns von äußeren Mitteln unabhängiger zu machen, und
stattdessen mehr auf jene „Ausrüstung“ zu vertrauen, die Jesus seinen Aposteln mitgab? - Was könnte das bedeuten?
- Ohne „Vollmacht“ von Jesus kann niemand wirksam Zeugnis geben. „Bevollmächtigt“ ist der, der sich vorm Geist Jesu ergreifen lässt, und selbst von ihm geheilt und erneuert worden ist. Unsere eigene Beziehung zu Jesus also müssten wir zuerst stärken, und
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unser Leben von ihm in Ordnung bringen lassen. Wer selbst geheilt und befreit ist, bezeugt allein schon durch die Reife seiner Persönlichkeit, was „Heil von Gott“ bedeutet!
- „Geht und heilt die Welt!“, lautet dann der Sendungsauftrag - und nicht: „macht Reklame für die Kirche“! Es geht gar nicht zuerst darum, neue Mitglieder für die Kirche
oder mehr Kirchgänger zu werben. Wo auch immer die Liebe unter Menschen wächst,
wo Menschen von ihren Leiden und Problemen befreit werden, wo Versöhnung geschieht - überall dort beginnt schon die „Herrschaft Gottes“, wird die heilende Kraft des
Evangeliums erfahrbar. Wer sich dafür einsetzt, erfüllt den Auftrag von Jesus. Welche
Kraft, welcher Glaube dahinter steckt, erkennen die Menschen dann früher oder später
von selbst.
- Ein einfaches Leben, mehr Vertrauen auf die menschlichen als auf die materiellen
Werte gehört schließlich mit dazu. Für besonders wichtig halte ich hier das Beispiel lebendiger Gemeinschaft und gegenseitiger Liebe. Wie wir miteinander umgehen, ob uns
die Menschen wichtiger als die Dinge sind, ob echte Beziehungen unter uns wachsen daran entscheidet sich die Strahlkraft christlichen Zeugnisses.
Evangelisierung ist billig - aber sie fordert: alles!
Müsste nicht das, was unsere innere Überzeugungskraft stärkt, auch in der Tätigkeit der
Kirche Vorrang vor allen anderen Seelsorge-, Bildungs- oder gar Bau-Projekten erhalten? Aufgrund meiner eigenen Erfahrung mit Evangelisierung und geistlicher Gemeinde-Erneuerung sage ich oft: „Evangelisierung ist billig!“ Jedenfalls was Geld und andere materielle Hilfsmittel betrifft, komme ich mit wenig aus; meistens kann ich die ohnehin vorhandenen Einrichtungen nutzen. Allerdings fühle ich mich persönlich mit allen
meinen Kräften und Fähigkeiten, vor allem mit meinem eigenen Glauben und meiner
Glaubenserfahrung, ganz dabei in Anspruch genommen. Evangelisierung fordert nä mlich alles, wenn es um den eigenen Einsatz geht - genau um den Einsatz, den die Apostel erbracht haben, als Jesus sie aussandte! Dürfen wir nicht hoffen, dass das Christentum wieder mehr Ausstrahlung bekommt, wenn wir uns auf solche „geistlichen“ Quellen besinnen? Ich selber sehe jedenfalls viele Früchte. Wir selbst sind dabei als Erste beschenkt – und erleben, wie unser Glaubenszeugnis auch das Leben anderer heilt und
bereichert.
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