Situation der Christen in der Türkei und in Saudi-Arabien Türkei In der Türkei leben heute ungefähr 100.000 Christen und stellen mit 0,2 Prozent der Bevölkerung eine kleine religiöse Minderheit dar. Der größte Teil (85%) der Christen wohnt in Istanbul. Trotz der türkischen Verfassung, die Religionsfreiheit vorgibt, ist das Leben der Christen von Schikanen und Benachteiligungen gekennzeichnet. Die Ausbildung von Pfarrern und Religionslehrern ist verboten. Das Bauen von christlichen Kirchen wird behindert . Es kommt heute immer noch zu Gewalttaten und Attentaten auf die Christen1. Sogar in Schulbüchern werden Christen diskriminiert. Als Landesverräter werden sie in Geschichtsbüchern beschrieben. Zudem kommen Medienkampagnen, die Christen in ein schlechtes Licht rücken. Ein Studium der Theologie wird nur an islamisch-theologischen Fakultäten ermöglicht und Pfarrer müssen sich als Diplomaten ausweisen oder eine türkische Staatsangehörigkeit besitzen. Bibeln und andere christliche Literatur dürfen auf den Straßen nicht verteilt werden und christliche Straßenfeste und Prozessionen sind verboten2. Christliche Kirchen sind ebenfalls benachteiligt: Sie dürfen keine Bankkonten einführen und keine Immobilien besitzen. Körperliche Angriffe auf Christen sind in der Türkei an der Tagesordnung, hauptsächlich aus nationalistischen oder islamistischen Kreisen3. Priester werden erschossen oder Christen gefoltert und bedroht 2.Die EU setzt die Gleichberechtigung der Christen für den Beitritt der EU der Türkei voraus. Aber woher kommen diese Diskriminierung gegen die Christen? Einige Muslime vermuten, dass der Papst mit George W. Bush in einem Verband des Bösen stehen. Gerüchte, dass Priester in der Türkei Frauen in ihrer Kirche verführen würden, sind ebenfalls weit verbreitet. Die Ungleichheit der Religion ist nicht von jetzt auf gleich entstanden, sondern reicht weit in die Vergangenheit zurück. Aber es gibt noch eine Menge anderer Gründe der Muslime, Christen zu unterdrücken. Dennoch scheint es Fortschritte zu geben. Im Jahr 2011 wurde Erol Dora als erste christliche Abgeordnete seit 1960 in das türkische Parlament gewählt. Außerdem sind nicht alle Christen in der Türkei unzufrieden. Zum Beispiel berichtet ein Pfarrer aus Antalya, er würde sich sehr wohl fühlen und das Einzige, was ihn stören würde, sei die fehlende Anerkennung auf der rechtlichen Seite. Aber er begründet seine Zufriedenheit damit, dass im Osten die Situation für die Christen schwieriger sei und dass in seiner Gegend viel Tourismus herrsche1. Die Mehrheit der Christen ist aber dennoch unzufrieden. Enttäuschend war deshalb auch die Vorstellung des Reformpakets Anfang Oktober von Ministerpräsidenten Erdogan. Wochen zuvor gab es Hoffnung auf Verbessung auf dem Gebiet der Religionsfreiheit. Letztendlich verbesserte sich nicht viel, z.B. die erhoffte Wiedereröffnung des Priesterseminars auf der Insel Halki wurde nicht berücksichtigt. Begründet wird dieser Entschluss durch die Ansicht des Ministerpräsidenten. Dieser sieht die religiösen Rechte der Christen nicht als 1 2 http://de.wikipedia.org/wiki/Christentum_in_der_T%C3%BCrkei http://michael-mannheimer.info/2013/08/06/die-systematische-ausrottung-der-christen-in-der-turkei/ 3 http://www.spiegel.de/politik/ausland/christen-in-der-tuerkei-hass-auf-die-kleine-herde-a-478091.html selbstverständlichen demokratischen Anspruch, sondern als Teil eines Gebens und Nehmens zum Wohle muslimischer Türken im Ausland4. Wenn die Meinungen gegenüber den Christen von Generation zu Generation weiter gegeben werden und weiter antichristliche Bücher und Medienkampagnen existieren, wird sich die Einstellung in naher Zukunft nicht ändern. Saudi-Arabien In Saudi-Arabien ist das öffentliche Ausüben des Christentums verboten, aber es leben trotzdem 3,7% der Bevölkerung als ausländische Gastarbeiter dort. Das Land sieht seine Aufgabe als Hüter der beiden heiligsten Stätten (Medina und Mekka) des Islams darin, dass die Reinheit der Religion gewährleistest ist. Saudi-Arabien gehört zu den 18 Ländern mit hohen Einschränkungen in Bezug auf Religion seitens seiner Regierung. Religionsfreiheit ist nicht in der Verfassung oder im Gesetz vorgeschrieben. Somit ist den Christen verboten, eine Bibel zu besitzen, in der Öffentlichkeit zu beten oder einen christlichen Gottesdienst zu feiern 5. Es gibt eine Religionspolizei (mutawwa’in), die Aktivitäten anderer Religionen überwachen und bei Verstößen Massenverhaftungen und Folter durchführen. Inhaftierte Christen können nur entlassen werden, wenn sie ihrem Glauben abschwören. Nach einer Freilassung erweist es sich als schwierig, das Land zu verlassen, denn die Polizei nimmt oft Pässe der Christen weg und gibt diese oft nicht wieder. Aufgrund des internationalen Drucks hat die saudische Königsfamilie die Ausübung anderer Religionen im Privaten erlaubt. Doch in der Praxis ist noch nicht festgelegt, welche Ausübungen als privat und welche als öffentlich gelten6. Den Bürgern ist es erlaubt nur einer Religion zu folgen: dem Islam. Darum gilt ein Religionswechsel als Verbrechen. Wer zum Christentum wechselt, muss mit Gewalt durch Nachbarn, Bekannte, Familienangehörige oder sogar mit dem Tod rechnen. Aber wie das folgende Beispiel zeigt, können einige den Bestrafungen entkommen: Im Juli 2012 konnte eine junge, saudische Frau, die zum Christentum gewechselt ist, mit Hilfe ihres Arbeitgebers ins Ausland fliehen. Der Arbeitgeber wurde von ihrer Familie angeklagt und erwartet nun ein Gerichtsverfahren. Viele Christen kommen zum Beispiel von den Philippinen als Gastarbeiter nach Saudi-Arabien. Dort werden sie sowie die anderen ausländischen Arbeiter schlecht bezahlt und ausgebeutet. Zudem werden vor allem Christen körperlich und verbal verletzt. Frauen als Hausangestellte werden vergewaltigt, wenn sie sich nicht zum Islam bekennen7. Sie müssen jederzeit damit rechnen, abgeschoben zu werden, weil nur Muslime saudische Staatsbürger werden können8. Im Saudischen Gesetz ist verankert, dass Kinder von männlichen Bürgern automatisch Muslime sind. Somit werden Nichtmuslime und nicht eingebürgerte Mütter diskriminiert und die Kinder haben keine Möglichkeit ihre Religion frei zu wählen. Außerdem müssen Frauen zum Islam wechseln, wenn sie einen saudischen Bürger heiraten. Da sich in der nächsten Zeit an der politischen und wirtschaftlichen Situation nichts ändern wird, kann man davon ausgehen, dass sich die Lage der Christen nicht verbessert. 4 http://diepresse.com/home/panorama/religion/1462278/Turkei_Christen-fuhlen-sich-als-Burger-zweiter-Klasse http://de.wikipedia.org/wiki/Christentum_in_Saudi-Arabien 6 http://www.kirche-in-not.de/was-wir-tun/laenderschwerpunkte/asien/saudi-arabien 7 http://www.opendoors.de/verfolgung/laenderprofile/saudi-arabien/ 8 http://www.ead.de/gebet/gebetstag-fuer-verfolgte-christen/archiv/archiv-laenderinformationen/saudi-arabien2013.html Stand: 15.12.13 5