ComUnity Spirit- Interreligiöse Konferenz Graz 2013 III. Welt und globale Verantwortung a. Informationen zum Workshop - 3.2 Religionen und Jugendliche Moderation: Christian Ehetreiber Chairperson: Joachim Willems Dolmetschern: Sabine Steinlechner ProtokollführerIn: Michaela Jahrbacher, Michael Tieber Angemeldete TeilnehmerInnen: Evelyn Awad, Elisabeth E. Schwarz, Richard Schieder, Maria Wiech, Assad Schenuda, John Okoro, Anika Senders, Attia Mohamed, Ines Mahmoud, Michael Aldrian, Tatsächlichen TeilnehmerInnen Ergänzend: Karl Maderner, Bianca Flecker, Ingrid Plessing, b. Inhaltliche Ergebnisse des Workshops Impulsstatement (Chair): 2 Situationen aus einem Interview mit einem 17-jährigen muslimischen Schüler aus Berlin, der sich als Pseudonym „Jerome“ gewählt hat. Interview ist im Rahmen eines aktuellen Forschungsprojekts namens „REVIER“ entstanden. REVIER steht für: Religiöse Vielfalt – deuten – bewerten. Religionspädagogische Untersuchungen zum Umgang Jugendlicher mit religiös-pluralen Situationen. Das Interview mit Jerome zeigt auf, was im Miteinander der Religionen nötig ist. - Situationen aus diesen Interviews geben Hinweise, wie konstruktive Orientierungshilfen gelingen können: o Nicht diskriminieren o Interreligiöses Taktgefühl entwickeln (sich nicht über andere Traditionen lustig machen) o Bilder, die man von anderen hat erweitern (Klischees hinterfragen); In Bildungsprozessen müssen solche Bilder hinterfragt werden (Vorurteilsentzauberung betreiben) o Gewissheiten erschüttern, neue Sichtweisen erschließen o Räume von Gemeinsamkeiten schaffen o Unterschiede kennen, aber nicht pauschalisieren o Überlappende Gemeinsamkeiten stärken, sich trotz Unterschiede respektieren; abseits der Religion kann es auch viele Gemeinsamkeiten geben; 2. Schritt kann sein, sich der anderen Religion anzunähern o Wunsch nach best practice beispielen Vorstellrunde der TeilnehmerInnen und die wichtigsten Aspekte, Erwartungen und Erfahrungen zum Thema: - Vgl. Papst Jehuda: „Kirche ohne Jugendliche sei eine Kirche ohne Zukunft“ (Jugendliche ohne Kirche sind Jugendliche ohne Zukunft) - Vgl. „with fire not fear“ (Pfingsten 2007): These: „wenn man „Feuer“ in sich trägt, braucht man nicht Angst haben“, durch das Fehlen von„Feuer“ entsteht Angst - Es gibt sehr unterschiedliche Zugänge zu Religion; für die meisten Jugendlichen ist die (katholische) Kirche nicht existent - Es gibt tolle Projekte mit Kindern/Jugendlichen z.B. der koptischen Gemeinde und kroatischen Gruppierungen vs. dem oft fehlendem Interesse und dem Nicht-Wissen katholischer Jugendlicher - Langjährige Erfahrungen in der Arbeit mit Jugendlichen zeigt, dass es um Jugendliche UND ihre Familie geht. Man kann von Unterricht sprechen, aber was fehlt ist, wie können wir Familien motivieren, dass „Gottes Anwesenheit“ in die Familien kommt. - Großer Verlust der (emotionalen) Heimat. Jugendliche haben es heute schwerer als früher. - Wenige Jugendliche interessieren sich für den religiösen Dialog - Wie gibt man selbst den Glauben an Jugendlichen weiter? - Glauben kann man niemanden aufzwingen. Wie gehen Religionsgemeinschaft mit der Kritik um, dass diese selbst sich nicht als attraktiv für Jugendliche präsentieren? - Freundschaften unter Jugendlichen verschiedener Konfessionen als Bereicherung, Geschenk. - Wie lebt die Jugend Religion in ihrem alltäglichen Leben? - Jugendliche haben oft den Eindruck sie können keine Fragen stellen. Sie sollten daher ermutigt werden, Fragen stellen zu dürfen. Es geht darum, wie wir den „Hunger“/„Durst“ bei jungen Menschen wecken können - Zwar gibt es großes Interesse, wie man religiöse Bildung gestaltet, aber es geht nicht nur darum, die eigene Religion zu unterrichten sondern es sollte religionsübergreifend passieren - Potential von Religionen liegt in deren Vielfalt - Mangel an (religiösen) Vorbildern. Berühmtheiten aus anderen Bereichen oft attraktiver als spirituelle/religiöse Repräsentanten - Jugendliche wollen ihre Stimme gehört und respektiert wissen. Erziehung ist dabei ein bedeutsamer Faktor. Freiheit und Erziehung ergänzen sich (nicht nur Kinder sondern auch Erwachsene „erziehen“). - Soziale Kompetenz ist wichtig: Wer bin ich? Wohin gehe ich? c. Handlungsvorschläge des Workshops an Städte/Religionsgemeinschaften - Was kann/soll von wem in diesem Themenbereich getan werden? Es braucht Raum und Zeit Es ist schwierig, Glaubenssätze und Bilder zu verändern. Dazu brauchen wir Räume der Begegnung, d.h. wir müssen auf diese Weise viele Vorurteile abbauen. Worten müssen aber auch Taten folgen. Das heißt wir müssen ihnen auch das Zusammenleben und auch was Religion heißt vorleben. Auch die Kenntnis über die eigene Religion ist wichtig. Bereits bestehende Orte der Begegnung nutzen (z.B. Schulen) um gemeinsam über die eigene und andere Religionen zu erfahren. Über die Konfessionsgrenzen hinweg gehen: Konfessionsübergreifender anstatt konfessioneller Unterricht. Im „Gemeinsam Tun“ gesellschaftliche, soziale und religiöse Themen jungen Menschen näher bringen. Gemeinsame Aktionen, gemeinsame Projekte entwickeln. Oft fehlt interreligiöses Taktgefühl. Jeder sollte sich aktiv dafür im Alltag einsetzen. Um auf diese Weise mehr Verständnis zu schaffen. „Goldene Regel“: Tue für den anderen das, was du dir von dem anderen erwartest. „God is not a problem, God is an adventure“ Jugendliche neugierig machen, sie für Themen begeistern und ermutigen Was kann man tun, um junge Menschen für religiöse Themen zu begeistern? Feste, Spiele, gemeinsames Essen. („Liebe dich, liebe deinen Nächsten, liebe Gott“ – so entsteht eine gewisse Beziehungsfähigkeit. Viele tragen Hass und Enttäuschung in sich, so dass es wichtig ist, diese Menschen zu ermutigen, sich selbst lieben zu lernen). Jugendlichen zeigen, dass Vielfalt notwendig und bereichernd ist Den Jugendlichen zeigen, dass Religion nicht nur aus Riten besteht sondern auch praktisch ist. Jugendliche auffordern, selbst die Initiative zu ergreifen. An den existenziellen Bedürfnissen der Jugendlichen ansetzen Die Jugendlichen wieder für Religion begeistern und mehr junge Menschen auch in Positionen mit Verantwortung einsetzen. Gemeinsame Projekte initiieren. Die Bildungseinrichtungen mit einbeziehen und über die Schulen hinausgehen. Aber die gesellschaftliche, politischen und institutionellen Strukturen sind oft so starr, sodass es engagierten jungen Menschen schwer gemacht wird, sich hier einbringen zu können. d. Hinweise auf bestehende Good Practices - „Lange Nacht der Kirchen“: Jugendliche können am Besten Religion anderen näher bringen „72 Stunden ohne Kompromiss“. Wenn Jugendliche gemeinsam an einem Ziel arbeiten, dann fallen Vorurteile innerhalb kürzester Zeit ab. „Muslimischer Kindergarten“ (Berlin): Besuchen mit Kindern verschiedene Gotteshäuser Projekte mit Jugendlichen: SeniorInnen werden in Heimen besucht. Freundschaften entstehen. e. In welchen Fragen bestand gegebenenfalls Dissens? „Die Jugend“ an sich gibt es nicht. Jeder Jugendliche ist einzigartig. Kritische Schlussanmerkungen: Die „Jugend erzieht die Gesellschaft“ (vgl. Nationalsozialismus der von jungen Menschen ausging). Daher ist „Das Feuer in einem“ ambivalent zu sehen. Wir müssen Begegnung ermöglichen vs. es gibt bereits Begegnungsorte. D.h. es gibt viel Pluralität ohne die Begegnung. Conclusio: Wie organisiert man Begegnung? Man benötigt Zeit, man braucht gemeinsame Ziele, wir müssen auch das Religiöse explizit thematisieren, um Vorurteile abzubauen. Sich den Unterschieden bewusst werden, sonst bestehen Vorurteile weiter. Um moralisch und ethisch zu leben, braucht man nicht unbedingt Religion. Die Herausforderung besteht also darin, wie man Religion hier „rein bringen“ kann. Wunsch nach „interreligiösem Jugendtreffen“ bei einer der nächsten Konferenzen wurde von den TeilnehmerInnen geäußert