Predigt-Basics Ein Schnelldurchlauf... ___________________________________________________________________ A) Basics 1. Was motiviert Menschen am meisten, regelmäßig zu einer christlichen Versammlung zu kommen? 1. Predigt 2. Freundliche Atmosphäre 3. Musik 4. Bekannte & Freunde ... (aus: „Evangel. Predigtlehre“ (s.a. Literatur unten) – Umfrage einer Gemeinde in den USA, die von 300 auf 1200 Mitglieder innerhalb von 10 Jahren angewachsen war) 2. Wozu überhaupt Predigt/Lehre? = 2.Tim.3,16-4,3 - „überführen“: Menschen in’s Licht Gottes stellen (auch: damit wird Sünde aufgedeckt, damit Menschen frei werden) - „tadeln“: Was muss sich ändern, damit ich zum Menschen nach dem Herzen Gottes werde? - „trösten, auferbauen...“: Mut machen, Trost schenken... - Bemerkenswert: Es geht nicht um Moralpredigten, sondern es geht um ein Ziel; dass wir wachsen in unserer Beziehung zu Gott und Menschen. 3. Wer predigt? - In der Praxis: Viele. :-) - Mt.28,18 ff: Jeder Christ darf/soll lehren - Wichtig für einen dauerhaften Dienst: - u.a. Jer.23,21 ff. – bin ich besonders in den Predigt-/Lehrdienst gerufen? - Auch eine Gabenfrage: - Eph.4,11 / 1.Kor.12,28 => Ich meine: Eine Andacht/Predigt zu halten, können viele mal ausprobieren. Manche Berufung und Gabe wird erst beim Tun entdeckt. Aber auf Dauer sollte eine solche Berufung/Begabung schon vorhanden sein, sonst macht man sich und anderen das Leben ziemlich schwer! 4. Was predigen? - 2.Tim.3,16 ff.: das Wort (das biblische Wort) - in Spannung dazu: - Politik-Predigten - Meditations-Predigten (der Bibeltext wird mit schönen Worten umkreist, aber es geht nicht an’s Eingemachte!) 1 - Anekdoten-Predigt (die Ankedote verdrängt das Wort Gottes, statt es stärker hervorzuheben) - Sprungbrett-Predigt (das Bibelwort wird benutzt, um eigene Philosophien zu erörtern) - „Das Wort“: - es geht um eine Auslegungspredigt – der biblische Text ist der eigentliche Mittelpunkt – die Basis – der Rahmen - die Autorität des Predigers kommt vom Wort Gottes, nicht aus eigener Klugheit - Verkündigung in der Kraft des Geistes: 1.Kor.2,4 / 1.Thess.1,5 5. Mit welcher Einstellung ist zu predigen? - Joh.6,63b & Joh.3,8: Geist wirkt souverän - Jes.55,11: das Wort kommt nicht leer zurück - Röm.10,17: das Wort weckt Glauben => Wer sich besten Gewissens vorbereitet hat, der darf sich beim Predigen „zurücklehnen“ – denn nun geht um das Wirken Gottes an den Zuhörern und das liegt außerhalb unserer Kontrolle. 6. Welche Arten von Predigten gibt es? - Textpredigt: ist der Normalfall - über biblische Gesetzestexte - über poetische Texte - prophetisch-apokalyptische Texte - Erzähltexte - Diese Differenzierung ist sinnvoll, weil dies jeweils die Auslegung und somit die Predigt betrifft - Buchpredigt: die Botschaft eines biblischen Buches verkünden - Lebensbildpredigt: Biografie einer biblischen Person - Themapredigt: ein Thema biblisch beleuchten B) Umsetzung 1. Ein Vorschlag zur Herangehensweise a) Gebet: Gibt es etwas, dass Gott Dir auf’s Herz legen will? Meine Erfahrung: Manchmal, nicht immer. Aber ich habe den Eindruck, dass die Predigten am meisten durchdringen, die den Prediger selbst berühren. Und: Durch das Gebet öffnen wir uns dem Wirken Gottes an uns! Wenn wir wollen, dass Gott durch die Predigt handelt, dann sollten wir Ihm zuerst die Chance geben, an uns zu handeln! b) Auslegung: Die Kunst der Auslegung ist an sich schon ein mehrtägiges Seminar wert. Vielleicht sogar ein „Lebensseminar“! In Kürze: Das Ziel ist: Den Willen Gottes für uns klar machen. Die Basis: Sein Wort. Die Spannung: Gottes Gedanken vs. menschliche Gedanken/teuflische Gedanken. 2 Klassische Herangehensweise: - Gebet um rechtes Verständnis - den Text selbst lesen. - nochmal lesen. - nochmal. - auch in anderen Übersetzungen/Übertragungen lesen (ist sinnvoll, kein absolutes Muss, empfiehlt sich bei schwer verständlichen Texten) - Gebet - Klären: Welche Literaturgattung (Poesie? Gesetz? Geschichte? Brief? Prophetie?) - Fragen zum Text stellen ( Wer? Wann? Wo? Was passiert? Warum?) - Falls Parallelstellen existieren: diese durchlesen - In welchem Kontext steht der Text ( enger Kontext: die direkten Verse davor und danach; der Kapitelkontext: was steht im gesamten Kapitel? Der Buchkontext: was ist Botschaft des biblischen Buches? Kultureller/historischer/geografischer/ religiöser Kontext?) - Was sind Kernaussagen des Textes? - Was bedeutet Dir selbst der Text? Was könnte das für Dein Leben heißen? - Aus dem Text 1-max. 3 Hauptgedanken herausarbeiten - Je nachdem (Zuhörerschaft, Umfang des Textes...) kann es sinnvoll sein, nur einen Punkt in der Predigt darzustellen - Bevor Du an die konkrete Ausformulierung gehst: Was ist Dein Ziel mit der Predigt? c) Bringe es in eine Form aa) Eine Möglichkeit (das Folgende habe ich bei http://siyach.wordpress.com/ gefunden) ME (Orientierung): stelle dich selbst vor und hole die Leute ab. Menschen vertrauen oder misstrauen Personen und machen sich schnell einen Eindruck von dem Redner. Hilf den Personen, eine Orientierung zu finden indem du dich vorstellst. WE (Identifikation): finde den gemeinsamen Grund mit den Zuhörern. Es gibt nichts Schlimmeres als in einem Film zu sitzen und nichts zu verstehen (oder einer Predigt). Finde eine Frage oder ein Problem, für das du eine Lösung bietest. Wenn es für die folgenden Aussagen keine Fragestellung gibt, warum dann darüber reden? GOD (Erleuchtung): bringe Gott ins Spiel und was sein Wort zu der Situation zu sagen hat. Bringe die Personen in Kontakt mit 3 Gottes Welt und seiner Sicht auf die Dinge. Nicht nur einen Vers verlesen, sondern ihn zum Leben erwecken und rüberbringen. YOU (Anwendung): sag den Personen was sie anders machen können. Theorie ohne Praxis ist theoretisch. Hier hemmen sich viele Redner, aber willst du das den Leuten überlassen selbst was zu finden, was für dich zu schwierig ist zu finden? Glaube zeigt sich in der Tat und daher ist es gut, sie anzusagen. WE (Inspiration): formuliere aus deinen Aussagen eine Vision. Wie ist die Welt besser wenn wir das machen? Wie ändert sich unser Leben? Veränderung braucht Motivation und eine Sicht für eine bessere Realität. Außerdem geht es darum, was wir als Glaubensgemeinschaft sein können wenn wir das umsetzen. bb) Es gibt auch das klassische 3-Punkte-Schema: I. Einleitung (Dauer: ca. 2-5 min.) Führe Deine Zuhörer zum eigentlichen Thema hin! Du musst Dir erst die Zuhörerschaft „verdienen“. Interesse muss geweckt werden. Hilfreich: Ein kleine Geschichte. Eine Kurz-Story aus Deinem Leben. Ein Witz (kann total in die Hose gehen, aber manchmal muss man austesten, ob der eigene Humor und der Humor der Zuhörer kompatibel ist). Oder gleich das Einbeziehen der Zuhörer (direktes Ansprechen, Fragen stellen, irgendeine Aktion, die Aufmerksamkeit bringt...passend zum Thema!) II. Hauptteil (Dauer: ca. 5-15 mind.): Darstellung des Textes. Einen roten Faden spinnen. Was passiert da im Text? Und welche Relevanz hat das für uns? Gibt es Beispiele aus der heutigen Zeit, die ähnlich sind wie die damalige Situation? Wo gibt es Parallelen? Was ist für uns eher fremd und sollte den Zuhörern erklärt werden? Hier können die 1-3 Predigtpunkte vor den Zuhörern erarbeitet werden. III. Schluss (Dauer: ca. 2-5 min.): Hier wird die Zusammenfassung präsentiert. Möglichst in kurzen, einprägsamen Merksätzen. Hier kann auch „Vision“ vermittelt werden. Motiviert werden. Hoffnung gegeben werden. Die Appell-Ebene! Oft sehr wichtig: Was heißt das alles nun für meinen Alltag? C) Praktische Fragen 1. Welche Zuhörerschaft sitzt da? Jüngere, Ältere, Christen, Nicht-Christen, Reiche, Arme, Männer, Frauen...? 4 Das ist relevant für die Art und Weise/ den Inhalt der Predigt: Erfahrene Christen kennen die biblischen Wörter; Nicht-Christen brauchen ggf. andere Wörter bzw. es muss mehr erklärt werden. Kinder können wohl nur einen Gedankengang nachvollziehen; erfahrene Predigt-Zuhörer können u.U. auch 40 min, zuhören. Etc. 2. Wie lange soll die Predigt/Andacht dauern? 3. Wie sind die Gegebenheiten? - mit Mikro? Ohne? Mit Pult/Kanzel? Ohne? - ggf. schon 20 min. vorher da sein, um Technik und Ort zu „testen“ 4. Was wird vom Umfeld erwartet? - Anzugspflicht? Andere Äußerlichkeiten? - Spannung: Wir sollen uns nicht verbiegen, aber für die Botschaft auch keine zusätzlichen Hemmnisse aufbauen! Es geht nicht um Selbstdarstellung, sondern um die Botschaft. - Duzen/Siezen? - Wer leitet durch die Versammlung? Liegt alles in der Hand des Predigers oder kümmern sich andere? 5. Rhetorische Tipps: - Eher kurze, prägnante Sätze. Wenig Schachtelsätze! - Pro Hauptgedanken ein Bild/eine (sehr) kurze Geschichte verwenden – Bilder bleiben länger haften - ggf. knappe, griffige Merksätze einbauen - möglichst wenig Zahlen verwenden – etlichen Menschen fällt es schwer, sich auf Zahlen zu konzentrieren - gibt es gute Zitate zum Thema? Diese sind manchmal einprägsam. Außerdem bauen sie manchmal eine kleine Brücke von der Bibel zum Leben (ähnliches kann für eine Liedstrophe/Gedicht gelten) - Möglichst viel die Zuhörer anschauen! Prediger/Redner, die nur auf ihr Papier fixiert sind, machen es ihren Zuhörern schwer, zuzuhören. Es kann helfen, sich 1-3 Leute im Saal auszusuchen und „für diese“ die Rede zu halten. - Vor Beginn der Predigt: Nicht gleich reden. Erst nach vorne gehen. Dann zur Zuhörerschaft blicken. Einmal durchatmen. Dann erst reden. - Eher langsam reden. - Zwischendurch mal eine Atempause machen. - Sprechfüller vermeiden („Äh!“, „Mmh!“...) - Für die Atmung (und Ausstrahlung): - Etwa schulterbreit stehen, eher aus dem Bauch atmen (keine Brustatmung), die Arme tendentiell im rechten Winkel zum Körper - sich nicht krampfhaft am Pult festhalten, am Papier und weitere nervöse Handlungen vermeiden 6. Stressabbau: - The Christian Way: Vorher alles Gott anbefehlen! Er ist der Dirigent! Es soll um Sein Wort gehen und Er wird dafür sorgen, dass das für den Einzelnen ankommt, was ankommen soll! Das hilft geistlich und seelisch. 5 - Vorher Atemübungen machen (Bauchatmung, Stimmtraining – auch das Singen in Versammlungen kann eine Hilfe sein) - Sich bewusst machen: Halte die Predigt nur für eine Person in der Versammlung! Für jemanden, den Du magst. Was die anderen denken, ist egal. - Gleich mit einer lauten Stimme sprechen. Wer laut (sicher) auftritt, wird meistens auch so weitersprechen. Wer gleich leise und verzagt redet, hat Schwierigkeiten im Verlauf der Predigt sicherer zu werden. - Ggf. während der Predigt ein bisschen hin- und herlaufen (kein Jogging, aber ein bisschen mal nach links/rechts darf sein) 7. Anfertigen eines Manuskripts: - Typabhängig – d.h. ausprobieren: - Manche formulieren vorher alles aus und lernen es fast auswendig - Manchen genügen ihre eigenen Stichpunkte - Man kann DINA4-Blätter verwenden (dann ca. 6-10 cm Rand lassen, ist übersichtlicher) - Aber auch Karteikarten können sehr handlich sein (eignen sich m.E. am besten für eine Moderation oder, wenn man nach Stichpunkten predigen will) 8. Übung macht den Meister: - Es gibt Leute, die für’s Reden begabt sind (trotzdem müssen sie lernen) - Es gibt andere, die keine große Begabung haben, aber durch die Übung und das Training sehr viel wettmachen können - D.h.: Sich immer wieder die rhetorischen Leitlinien bewusst machen - D.h.: Übe Deine Rede vor dem eigentlichen Auftritt mind.2-3 mal. Je nach Unsicherheit auch öfters. Vorteile: - Du kannst Deine Redezeit besser einschätzen - Dir fallen beim Üben plötzlich komische Sätze auf oder andere Ungereimtheiten, die Du noch korrigieren kannst - Dir fallen evtl. noch andere Ideen ein, die Du einbauen kannst 9. Die größte Befürchtung: Black out! - Wenn Du Dein Skript dabei hast, dann schaue einfach nach, wo es weitergeht! Diese Pause darf sein. Bitte dafür nicht um Entschuldigung, denn es ist nichts Schlimmes und nichts, was einem anderen schadet. - Oder: Fasse kurz zusammen, was Du bislang gesagt hast. - Oder: Wiederhole die letzten paar Sätze mit anderen Worten. Meistens stellt sich der rote Faden dann wieder her. Literatur: - Sehr viel habe ich von den Unterlagen des BibelSeminars Königsfeld profitiert. Um diese zu bekommen, müsste man aber Student bei denen sein. – Auch sehr empfehlenswert (wiewohl ich nicht alle theologischen Ansichten des Autors teile): Helge Stadelmann, Evangelikale Predigtlehre, TVG-Orientierung, 2005 R.Brockhaus Verlag Wuppertal - Harald Scheerer, Reden müsste man können, 1995 GABAL Verlag GmbH, Offenbach - Und das noch zur Hermeneutik (Kunst der Bibelauslegung – finde ich sehr wichtig, weil es um das Tragen unserer „Brillen“ beim Bibellesen geht – und das beeinflusst unsere Predigten mitunter entscheidend): Bernard Ramm, Biblische Hermeneutik, 1998 by ICI GmbH, Asslar 6