2000 Jahre Kirchengeschichte. Grund- und Überblickswissen (Modul 2), Stöve, WS 2005/2006, Do 8-10 Uhr, R 12, R 07, A 69 Begriffserläuterungen zum Thema: Theologie - oder die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben (15.12.05) Anthropomorphismus - Übertragung menschlicher Eigenschaften auf die Gottheit im AT geläufig, z.B.: der Herr entbrennt im Zorn (Ex.32,11); im Hellenismus als anstößig empfunden; Problemlösung: Allegorisierung (Verbildlichung, symbolische Deutung) der biblischen Aussage (Philon von Alexandrien, um 20 v.Chr. - 50 n.Chr., Origenes, um 185-254) Allegorese – Aufdeckung des geistlichen Sinngehaltes einer (anstößigen) Aussage vermeidet biblische Anthropomorphismen; von Philon von Alexandrien (um 20 v. Chr. – um 50 n. Chr.) bei der Vermittlung von jüdischer Tradition und griechischer Kultur benutzt; von Origenes für die christliche Exegese übernommen; problematisch, wenn Heiliger Schrift Legitimationscharakter (z.B. das sola scriptura der Reformation) beigemessen wird 3-facher Schriftsinn – dreifach gestufte Bibelexegese der Antike von Origenes auf der Basis der vom jüdischen Gelehrten Philo von Alexandrien betriebenen Schriftauslegung entwickelt; überträgt die 3-fach differenzierte platonische Anthropologie auf die heilige Schrift: den drei Dimensionen: Leib – Seele – Geist entsprechen die drei Bedeutungsebenen der Schrift: buchstäblich – moralisch – mystisch oder geistig 4-facher Schriftsinn – im Mittelalter erweiterte Differenzierung in der klassischen Exegese beispielhaft vertreten von Nikolaus von Lyra: der Buchstabe (littera) lehrt die Fakten, was du glauben sollst die Allegorie, der moralische Schriftsinn, was du tun sollst, wohin du streben sollst, die Anagogie anagogischer Schriftsinn - zu den göttlichen Geheimnissen hinführende Auslegung höchste Stufe der Bibelauslegung nach der Methode des mehrfachen Schriftsinnes (vgl. Nikolaus von Lyra, 13. Jh.): die vorangehenden Stufen: literale, wörtliche Auslegung; allegorische, geistige Auslegung, die die Missverständnisse einer wörtlichen Bedeutung beseitigt; moralische Auslegung: die moralische Belehrung sola scriptura - wichtigstes theol. Legitimationsprinzip der Protestanten in der kirchlichen Praxis und Theologie soll nur gelten, was sich biblisch begründen lässt, entgegen dem römischen Legitimationsprinzip Schrift und Tradition; dogmatische Eindeutigkeitsformel: «Testimonium spiritus sancti internum» Verbalinspiration - wörtliche Eingebung eines heiligen Buches durch Gott im Islam und in einigen christlichen Sekten noch heute geläufige Vorstellung; in der christlichen Tradition im 16.-18. Jh. allgemein verbindlich, sollte besonders im Protestantismus die Bibel als Legitimationsinstanz absichern; mit dem Vordringen der Naturwissenschaften nicht mehr zu halten Beweis des Geistes und der Kraft – die überzeugende Wirkung (Wahrheit) einer Religion nach der gleichnamigen Schrift von Lessing (1777): eine religiöse Wahrheit kann historisch nicht bewiesen werden; ein „garstig breiter Graben“ trennt Geschichtswahrheiten und Vernunfts- bzw. Glaubenswahrheiten; in der Ringparabel (Nathan der Weise, 1780) ist es die Kraft des Ringes, „vor Gott und Menschen angenehm zu machen“ Entmythologisierung - Bibelauslegung frei von mythologischen Bildern von Rudolf Bultmann (1884-1976) geprägter Begriff, um die Diskrepanz zwischen dem magischen Weltbild der Bibel und moderner naturwissenschaftlicher Weltauffassung zu überbrücken; die neue, existentialistische Sprache Bultmanns ist stark durch Martin Heidegger geprägt Summe (Summa) - enzyklopädische Zusammenfassung des Wissensstandes sie bestehen aus mehreren Büchern, die wiederum aus einer Vielzahl hierarchisch angeordneter Disputation bzw. quaestiones bestehen, in denen der Wissensstoff in der sic et non-Methode (Aussagen/Gegenaussage) behandelt wird; bekannte Summen sind von Thomas von Aquin: Summa theologica, Summa contra gentiles Sentenzenkommentar - gängige systematisch-theol. Vorlesung im MA von lat. sententia = Meinung, Gedanke, Ansicht, Idee; Aussagen der Bibel, Konzilien und Kirchenväter nach Themen gesammelt; bekannteste Sammlung: Petrus Lombardus, Libri quattuor sententiarum, 1148-52; schon sehr früh immer wieder glossiert (=kommentiert) Disputation - Streitgespräch, traditionelle akademische Erörterung ausgehend von einer Thesenreihe zur Übung, zur Erlangung eines wissenschaftlichen Grades oder wissenschaftlichen Klärung in Rede und Gegenrede geführte Auseinandersetzung; berühmtes Beispiel: Leipziger Disputation zwischen Luther und Eck, 1519 Scholastik – Schulphilosophie, christliche Philosophie des Mittelalters Die scholastische Methode besteht darin, die Aussprüche der Kirchenväter und der Bibel selbst zu den verschiedenen Punkten des christlichen Glaubens nach pro und contra zu sichten, zu vergleichen, um dann mit einer meist vermittelnden Synthese abzuschließen; die logische Erörterung der Autoritäten ersetzt weitgehend die Beobachtung der Wirklichkeit und die vorurteilsfreie vernünftige Prüfung Syllogismus - logische Schluss-Sätze Syllogismus ist ein deduktiver (ableitender) Schluss; ausgehend von zwei Urteilen (Vordersätze oder Prämissen) wird eine Aussage (Schluss-Satz, Konklusion) gefolgert; Beispiel: alle Menschen sind sterblich; Sokrates ist ein Mensch; also ist Sokrates sterblich Loci communes – erste protestantische Dogmatik von Melanchthon verfasst locus, lat. Übers. des griech. Begriffs topos; in der älteren Rhetorik Gesichtspunkte zur Auffindung und Gliederung des Stoffes; theologisch: Zusammenstellung der zentralen protestantischen Lehrpunkte; Melanchthon hat drei Ausgaben vorgelegt: 1521/1535/1559 Dogmatik - Darstellung der christlichen Glaubenslehre Disziplin der systematischen Theologie neben Ethik; als Lehrbuch umfasst sie i.a. folgende Kapitel: Prolegomena (methodische Fragen), Gotteslehre, Christologie, Pneumatologie (Lehre vom hlg. Geist), Ekklesiologie (Kirche, Sakramente, Gnadenlehre), Eschatologie (die letzten Dinge, Jüngstes Gericht)