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28.11. Öffentlichkeit und Privatheit
1) Hans Paul Bahrdts Definition von Stadt
2) Dimensionen der Öffentlichkeit und Privatheit
3) Diskussion: Verfall der Öffentlichkeit?
Hans Paul Bahrdt (1918-1994), Soziologe. 1952-1955: Sozialforschungsstelle
Dortmund, 1956-1962: Prof an der TU Hannover, 1962-1982: Prof an der Uni
Göttingen. Forschungsprojekt in Dortmund über Arbeiterbewusstsein, Buch: Das
Gesellschaftsbild des Arbeiters (1957), Habilitation über industriesoziologisches
Thema, 1961: Die moderne Großstadt.
1969 zweite Auflage, 1998 neu herausgegeben mit einer Einleitung vo Ulfert
Herlyn (Bahrdt Schüler und em. Prof. aus Hannover).
1) Hans Paul Bahrdts Definition von Stadt
Dritte Antwort auf die Frage nach urbaner Lebensweise (Simmel: Sozialcharakter,
Park: Urbane Lebenswelten in den segregierten Vierteln der Immigranten – kultur
der Differenz).
Simmel nahm das Verhalten der Großstädter nur ausschnitthaft in den Blick, nur
mit denjenigen Aspekten, die im öffentlichen Raum für das Auge des Betrachters
sichtbar werden. Mit dieser Konzentration ist eine einschneidende Begrenzung
verknüpft, denn im öffentlichen Raum zeigt sich nur ein Teil des Lebens, nur ein
Teilspektrum des Verhaltens.
Großstädter haben auch eine Privatsphäre, eine Familie und einen Freundeskreis.
Würde man sich dort ebenso blasiert, reserviert und intellektuell-distanziert
verhalten, wie Simmel es als typisch für die Großstädter beschrieben hat, bekäme
man Schwierigkeiten. Die private Wohnung ist der hauptsächliche Ort, an dem die
emotional aufgeladenen, intimen Sozialbeziehungen gelebt werden - und der
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ausschließlich dafür vorgesehen ist. Dort kommt es zu einer solchen Vertiefung
menschlicher Beziehungen, wie sie auf dem Land kaum vorkam.
Bahrdts Definition der Stadt:
"Eine Stadt ist eine Ansiedlung, in der das gesamte, also auch das alltägliche
Leben die Tendenz zeigt, sich zu polarisieren, d.h. entweder im sozialen
Aggregatzustand der Öffentlichkeit oder in dem der Privatheit stattzufinden. Es
bilden sich eine öffentliche und eine private Sphäre, die in engem
Wechselverhältnis stehen, ohne dass die Polarität verlorengeht. Die
Lebensbereiche, die weder als 'öffentlich' noch als 'privat' charakterisiert werden
können, verlieren hingegen an Bedeutung. Je stärker Polarität und
Wechselbeziehung zwischen öffentlicher und privater Sphäre sich ausprägen,
desto 'städtischer' ist, soziologisch gesehen, das Leben einer Ansiedlung" (Bahrdt,
S. 83f).
Um diese Polarisierung genauer zu fassen, beschreibt Bahrdt zunächst die
Verhaltensweisen des Städters, dann die Regeln, die das Verhalten in der
Öffentlichkeit und in der privaten Sphäre leiten, die Distanz zwischen beiden
aufrechterhalten und es dennoch ermöglichen, dass Austausch und
Kommunikation zustande kommen. Am Schluss seines Buches diskutiert Bahrdt
die baulichen und die gesellschaftsstrukturellen Bedingungen der Polarität von
Öffentlichkeit und Privatheit.
Für den öffentlichen Raum steht bei ihm der Markt - im Anschluß an Webers
Definition der Stadt als Marktort. Damit ist die besondere Perspektive Bahrdts
gekennzeichnet. Ihm geht es zunächst um Privatheit und Öffentlichkeit als
Kategorien, in denen alltägliches Verhalten von Städtern beschrieben werden
kann, nicht als politische und ökonomische Kategorien der bürgerlichen
Gesellschaft.
In diesem Ansatz liegt auch der außerordentliche Erfolg des Buches über die
Grenzen der Fachsoziologie hinaus begründet. Als Muster städtischer
Verhaltensweisen sind Öffentlichkeit und Privatheit einerseits auf objektive
gesellschaftliche Bedingungen zurückzuführen - was Bahrdt ausführlich leistet andererseits aber auch an Orte gebunden: Was sich auf dem Marktplatz, also im
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öffentlichen Raum, schickt, wäre im privaten Raum der Wohnung befremdlich und
umgekehrt.
Diese Verortbarkeit seiner zentralen Kategorien hat den Ansatz Bahrdts zur
soziologischen Analyse der Stadt so attraktiv für Architekten und Stadtplaner
werden lassen. Es ging Bahrdt um eine der Kernfragen der Stadtsoziologie,
nämlich den Zusammenhang räumlicher und sozialer Strukturen und deren
Wandel zu analysieren. Seine Polarität von Öffentlichkeit und Privatheit ist neben
Nachbarschaft und Segregation die einzige konstitutiv auf Raum bezogene
soziologische Kategorienbildung. Bahrdt hat diese Perspektive in durchaus
praktischer Absicht gewählt. Sein Buch trägt den bezeichnenden Untertitel:
"Soziologische Überlegungen zum Städtebau". Sie sollten auch Anleitung für die
Stadtplanung sein. Es sei die Aufgabe des Städtebauers, zur Urbanisierung der
Großstadt beizutragen, indem er Entfaltungsmöglichkeiten für die Polarität und
Wechselbeziehung von Öffentlichkeit und Privatheit schaffen helfe.
"Hierzu kann der Städtebauer beitragen, indem er öffentliche und private Räume
richtig baut, genauer: indem er Räume baut, in denen sich öffentliches und
privates Leben entfalten kann" (Bahrdt, S. 166).
Öffentlichkeit und Privatheit sind daher bei Bahrdt auch mehr als analytische
Kategorien. Er wendet sie normativ, wenn er die bürgerliche Privatsphäre als Ort
der Entfaltung des Individuums darstellt und Urbanität einen Verhaltensstil nennt,
der den Charakter einer echten Tugend annimmt.
"Der urbane Mensch setzt in jedem Falle voraus, dass der andere - mag dessen
Verhalten noch so sonderbar sein - eine Individualität ist, von der her sein
Verhalten sinnvoll sein kann" (Bahrdt, S. 164).
Entscheidend sind für Bahrdt also nicht bestimmte Verhaltensweisen, sondern es
ist die Polarisierung von Verhalten in unterschiedliche Qualitäten, in die intime
Privatheit einerseits, in die distanzierte und stilisierte Öffentlichkeit andererseits,
wodurch sich die Stadt vom Land unterscheidet.
Für das Verhalten im öffentlichen Raum greift Bahrdt auf den Markt als Metapher
zurück, ähnlich Simmels’ Metapher von den ‚rein sachlichen’ Beziehungen im
Geldverkehr. Marktbeziehungen stellen hoch spezialisierte, funktional spezifische
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Kontakte dar, wie eben die Kontakte zwischen Händlern und Kunden, die einander
sonst nicht kennen. Auf dem Markt kommen zwar Kontakte zustande, aber diese
bleiben partiell. Die Tauschpartner treten nur mit einem Ausschnitt ihrer
Persönlichkeit, in einer bestimmten Rolle in Beziehung zueinander. Man kennt den
Verkäufer in der Regel nicht persönlich. Der Markt ist ein offenes Sozialgefüge.
Das Individuum bleibt innerhalb bestimmter Grenzen frei, Kontakte aufzunehmen
mit wem und aus welchem Anlass es will.
Die sozialen Beziehungen in der Stadt gewährleisten eine – wie Bahrdt es nennt –
„unvollständige Integration“ (ebd., 86). Gemeint ist damit, dass in die jeweilige
Interaktion nur ein Aspekt der Persönlichkeit ‚eingebracht’ wird, andere hingegen
unberücksichtigt oder verborgen bleiben. Durch die Teilnahme am Markt ist eine
Person in ein Tauschsystem integriert, diese Integration zielt aber nicht auf die
ganze Person, deshalb nennt er sie ‚unvollständig’. Ob jemand noch ein guter
Flötenspieler, gläubiger Christ oder treuer Ehemann ist, interessiert dabei
überhaupt nicht – und kann in der Regel auch nicht thematisiert werden, ohne
dem anderen ‚zu nahe’ zu treten. Es fehlt ein festes vorgegebenes soziales
Bezugssystem, das die Beziehungen der Individuen lückenlos und vollständig
definiert.
‚Unvollständige Integration’ gibt es nicht in geschlossenen Systemen.
"Unter einem solchen wollen wir eine Sozialordnung verstehen, in der so gut wie
alle sozialen Beziehungen durch ein dichtes, theoretisch lückenloses Netz
personaler Bindungen vermittelt sind. Um ein Beispiel zu nennen: In ländlichen,
feudal geordneten Verhältnissen begegnet einem Bauern der Bewohner des
Nachbardorfes als zweiter, nichterbender Sohn des Bauern X, der zu den Leuten
des Grafen Y gehört, welcher wiederum mit dem eigenen Herrn, dem Junker Z,
zwar verwandt, aber verfeindet ist usw. Die Vermitteltheit besteht einerseits darin,
dass das lückenlose Beziehungssystem einen vermittelnden Leitfaden anbietet.
Es legt fest, als was der andere gegeben ist – er ist niemals ein völlig
Unbekannter, man kann ihn einordnen. Andererseits aber schiebt sich das
Beziehungssystem, in das man den anderen einordnet, stets auch zwischen die
Subjekte, d.h. es macht die Begegnung der Individuen mittelbar. Es verhindert,
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dass sich Individuum und Individuum als Individualitäten begegnen. Die
Individualität bleibt eingehüllt in die Erscheinungsformen der sozialen Gruppe“
(ebd., 87).
Die Abwesenheit eines festen vorgegebenen sozialen Bezugssystems, das die
Beziehungen der Individuen weitgehend vordefiniert, ist die Voraussetzung dafür,
dass Individuen sich als Individualitäten überhaupt begegnen können. Die
Möglichkeit, anonym bleiben zu können, ist die Voraussetzung der
Individualisierung. Die Anonymität der großen Stadt eröffnet die Chance, sein
Leben immer neu beginnen zu können, weil einen niemand genau kennt und
damit auch niemand einen auf seine Vergangenheit verpflichten kann. Man kann
gleichsam unter Abstraktion von der eigenen Biographie in jedem neuen Kontakt
versuchen, seine Identität neu zu konstruieren. Und man kann selber darüber
entscheiden, welchen Ausschnitt der eigenen Persönlichkeit man anderen
gegenüber preisgibt, und welchen man verbirgt.
Die unvollständige Integration ist für Bahrdt aber nur die negative Voraussetzung
der Öffentlichkeit. Damit dennoch Kontakt und Arrangement zustande kommen,
etwa auf dem Markt oder in der politischen Öffentlichkeit, aber auch im
Straßenraum der Stadt, ist mehr vonnöten als die Tatsache, dass man einander
nicht kennt. Öffentlichkeit entsteht erst dort, wo auch Kommunikation und
Arrangement zustande kommen (vgl. Bahrdt 1998, 93).Wie geht das vor sich?
Bahrdt verweist hier zunächst einmal auf Regeln, die besagen, was man nicht tun
sollte.
Ein Großteil der Normen städtischen Verhaltens sind Distanznormen, d.h. Regeln
die dazu dienen, Distanz aufrechtzuerhalten. Der Großstädter, der den engen
Raum eines öffentlichen Verkehrsmittels oder ein Restaurant betritt, grüßt nicht,
mischt sich nicht in fremde Gespräche ein, im Gegenteil, hört demonstrativ weg,
damit aus seiner räumlichen Nähe keine soziale Belästigung wird. Das Verhalten
anderer muss gleichgültig betrachtet werden. Demonstrative Aufmerksamkeit ist
verpönt. Jeden Polizisten würde man in Verwirrung bringen, wenn man sich
danach erkundigte, wie er sein Wochenende verbracht habe und wie es seinen
Kindern gehe. Die Funktion dieser Distanzregeln ist die Kontrolle unerwünschter
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Interaktionen. Sie dienen dem Schutz der eigenen Privatheit, aber auch dem
Schutz der Privatheit des anderen. Was die konservativen Großstadtkritiker als
Anonymität, Fremdheit, Desinteresse und Verfall persönlicher Beziehungen
beklagten, ist Voraussetzung für die Entfaltung von Individualität – das hat bereits
Simmel betont. Man achtet die Individualität des anderen, indem man ihm seine
private Sphäre lässt, ihn nicht mit neugierigen Fragen bedrängt und schon gar
nicht versucht, ihn zu kontrollieren.
Neben den Regeln zur Aufrechterhaltung der Distanz muss es aber auch Regeln
geben, wie im öffentlichen Raum der Stadt dennoch Interaktionen zustande
kommen. Wie können Distanzen überbrückt werden, ohne die Notwendigkeit von
Distanz zu leugnen?
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Zum einen durch die Stilisierung des Verhaltens: Dazu gehört, dass der Kanon
der Themen, auf die hin Fremde angesprochen werden können, strikt
festgelegt ist: nach der Uhrzeit oder dem Weg, oder nach Feuer für die
Zigarette. Zur Stilisierung gehört auch eine besondere Darstellung, die
Überbetonung bestimmter Signale. Stilisierungen haben die Funktion, das, was
andere wahrnehmen sollen, möglichst deutlich zu zeigen.
"Man begnügt sich also nicht damit, den anderen zuerst durch einen engen
Torweg gegen zu lassen, sondern tritt ausdrücklich zurück und unterstreicht
dieses Zurücktreten mit einer Geste“ (ebd., 90).
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Zum anderen durch Repräsentation: In der Haltung des Städters wird die
Mitteilung überdeutlich stilisiert und zugleich kommuniziert durch
Repräsentation, etwa durch Gesten und Kleidung, gar nicht so unähnlich den
Fassaden der Häuser, die ja auch etwas über ihre Bewohner mitteilen.
Stilisierung, Repräsentation, darstellendes Verhalten und Distanzregeln sind nach
Bahrdt die positiven Voraussetzungen für Öffentlichkeit. Diese Verhaltensweisen
wiederum haben Konsequenzen, die schon Simmel als Erhöhung der
Reflexionsfähigkeit beschrieben hat:
"Ein Merkmal sozialer Ordnungen, die den Aggregatzustand der Öffentlichkeit
kennen, ist der hohe Grad an Bewußtsein vieler in ihr vorkommender sozialer
Verhaltensweisen. Die Distanz, der ständige wachsame Umgang mit
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Halbfremden, der Zwang zur Selbstdarstellung und damit zu einer Distanzierung
zu sich selbst, die Konfrontation mit vielen Möglichkeiten der Soziierung, unter
denen gewählt wird, der Zwang, die verschiedenen Soziierungen, die man eingeht
und deren Zuordnung nicht durch ein lückenloses System vorgegeben ist,
miteinander in Einklang zu bringen, all das führt zu höherer Bewußtheit und zu
einer Vergeistigung des gesellschaftlichen Lebens“ (ebd. 94).
Der ständige Kontakt mit Fremden erzeugt aber auch Unsicherheit. Die
Öffentlichkeit ist ein Raum, in dem das eigene Verhalten dem Blick eines
unbestimmten Jedermann jederzeit ausgesetzt ist. Bahrdt unterstellt deshalb ein
Bedürfnis, bestimmte Verhaltensweisen zu verbergen, als eine Reaktion auf die
Diskrepanz zwischen physischer Nähe und sozialer Distanz bzw. Fremdheit, wie
sie für den öffentlichen Raum der Stadt charakteristisch ist. Bestimmte
Verhaltensweisen werden dem Blick der Öffentlichkeit entzogen und im Schutz der
Privatheit ausgelebt. Die ‚unvollständige’ Integration ist Voraussetzung für die
Möglichkeit von Privatheit – und weckt zugleich das Bedürfnis nach Privatheit. Die
Privatsphäre ist ein Schonraum, in dem sich Entfaltungschancen für Individualität
bieten, für Kultivierung von Emotion und Intimität.
ZITAT Bahrdt 1969, 75f.
2) Dimensionen von Öffentlichkeit und Privatheit
Öffentliche Räume lassen sich in fünf Dimensionen von privaten unterscheiden
(Siebel 2004: 14f.):
Erstens funktional: dem öffentlichen Raum der Straßen und Plätze einer Stadt sind
die Funktionen Politik und Markt zugeordnet, den privaten Räumen von Betrieb
und Wohnung die Funktionen der Produktion und Reproduktion;
Zweitens juristisch: öffentlicher Raum unterliegt öffentlichem Recht, privater Raum
privatem Recht;
Drittens sozial: öffentliche und private Räume unterscheiden sich auch hinsichtlich
der in ihnen jeweils erwartbaren Verhaltensweisen. Im öffentlichen Raum
dominiert der Simmel`sche Großstädter, der sich durch Distanziertheit,
Gleichgültigke it und Intellektualität die Zumutungen des Großstadtlebens vom
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Leib hält (Simmel 1995), der private Raum der Wohnung ist dagegen Ort von
Intimität, Körperlichkeit und Emotionalität (Gleichmann 1976);
der amerikanische Soziologe Goffman hat zwischen einem Vorderbühnen- und
einem Hintzerbühnenverhalten unterschieden.
Viertens symbolisch: städtebauliche und architektonische Gestaltung, verwendete
Materialien bis hin zu physischen Barrieren können die Offenheit resp. die
Exklusivität von Räumen signalisieren.
Fünftens normativ: der öffentliche Raum ist aufgeladen mit dem Ideal bürgerlicher
Öffentlichkeit als durchgesetzter Demokratie. Die Privatheit ist einerseits Sphäre
des freien Unternehmers und andererseits Wohnraum der Familie, mit der das
Glücksversprechen auf lebenslange Vertrautheit und Liebe verbunden ist.
Aufgrund dieser Dimensionen lassen sich abchließend drei Merkmale für den
öffentlichen Raum benennen:
Erstens der öffentliche Raum ist allgemein zugänglich, während der Zugang zu
privaten Räumen der ausschließlichen Kontrolle des privaten Eigentümers resp.
Mieters unterliegt. Auch wenn historisch der öffentliche Raum in seiner
empirischen Realität nie uneingeschränkt zugänglich war (Engels 1974: 276ff.;
Wagner 1999: 66), so ist allgemeine Zugänglichkeit dennoch sein idealtypisches
Merkmal. Ein städtischer Raum, aus dem angebbare Gruppen systematisch
ausgeschlossen sind, ist ex definitione kein öffentlicher Raum. Öffentlicher Raum
ist von allen sozialen Gruppen potentiell nutzbarer Raum
Zweitens sind die Möglichkeiten, ihn zu nutzen, nicht eindeutig determiniert: In
welcher Rolle man ihn betritt bleibt – innerhalb der historisch jeweils gültigen
Regeln gesitteten Verhaltens – offen.
Dies zusammen mit der Größe und Heterogenität der Stadtbevölkerung garantiert
drittens die Anonymität im öffentlichen Raum. Im öffentlichen Raum der Stadt
begegnet jeder dem anderen als ein Fremder.
3) Verfall der Öffentlichkeit?
Stichworte zur Diskussion:
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Big Brother / Internet / Shopping Mall / Sicherheit und Überwachung / Handy
/ Dezentralisierung der Stadtentwicklung
Bahrdt, Hans-Paul 1998 (1961): Die moderne Großstadt: Soziologische
Überlegungen zum Städtebau. Hrsg. von Ulfert Herlyn. Opladen: Leske &
Budrich
Siebel, Walter 2004: Einleitung: Die europäische Stadt. In: Siebel, Walter (Hg.):
Die europäische Stadt. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 11-50
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