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Backes: Alter(n) als ,gesellschaftliches Problem'? - Zur Vergesellschaftung des Alter(n)s im Kontext der Modernisierung. Opladen: Westdeutscher Verlag, 1997. In ihrer soziologischen Analyse geht es Gertrud Backes um dem "Zusammenhang von Alter(n) und Gesellschaftsentwicklung" . Sie begreift den aktuellen Umgang der Gesellschaft mit Alter(n) als Herausforderung an gesellschaftliche Entwicklung und soziologische Analyse. Ausgangspunkt ihrer Analyse ist die bislang unzureichende, eher punktuelle und unsystematische Thematisierung, nicht nur in der öffentlichen und politischen Alltagsdiskussion, sondern auch in den mit Alter und Altern befaßten gerontologischen Teildisziplinen. Backes weist nach, daß weder die Soziale Gerontologie (siehe Kapitel 2) noch die dort oder in der Mutterdisziplin Soziologie verortete Alter(n)ssoziologie (siehe Kapitel 3) schlüssige Beschreibungen und Analysen der Vergesellschaftung des Alter(n)s als Prozeß im Kontext der Modernisierung aufweisen. Noch immer werden Alter und Altern als primär individuelle und soziale Probleme beschrieben. Wenn die gesellschaftliche Bedeutung thematisiert wird, geschieht dies meist in Form einer polarisierenden Diskussion von Alter als (gesellschaftliche) Last versus Ressource. Veränderungen, die im Zuge des demographischen Wandels und des Alter(n)sstrukturwandels anstehen oder bereits eingetreten sind, werden nicht problemadäquat erfaßt. Dies kann - so die Autorin - als ein Be743 Rezensionen Rezensionen leg ihrer These einer normativen wie instrumentellen Unbestimmtheit im Umgang mit Alter(n) gelten. Der aktuellen Diskussion und wissenschaftlichen Bearbeitung des Themas setzt sie eine "konzeptionell-theoretische und empirische Diagnose und Analyse der modernen Alter(n)sproblematik in ihrer nicht nur individuellen und sozialen, sondern vor allem gesellschaftlichen Bedeutung" (S. 27) entgegen. Es geht ihr um Altern im Kontext (und das heißt auch als ein Teil) des Strukturwandels moderner Gesellschaften und um eine grundlegende Analyse des sozialen Konstruktionsprozesses gesellschaftlicher Bedingungen und Entwicklungen. "gesellschaftsverträglichen" Vergesellschaftung des Alter(n)s. Diese erscheinen angesichts derzeitiger ökonomisch-politischer Strukturen (z. B. entsprechender Verrechtlichung) kaum durchsetzbar. Deutlich wird: Eine Lösung ist nur vorstellbar im Kontext einer veränderten Gestaltung des Lebensverlaufs, die tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungsprozesse voraussetzt. Sozialpolitik wäre in eine aktive GeseIlschaftspolitik umzugestalten, die stärker als bisher die Lebenslagen von Alter(n)sgruppen aufeinander zu beziehen hätte. Auf dem Hintergrund der Diskussion in Gerontologie und Soziologie (Kapitel 2 und 3) entwickelt Backes ein empirisch begründetes Analysekonzept. Zur Frage des Verhältnisses von Alter(n) und Gesellschaft macht sie soziologische Ansätze fruchtbar, die bislang in dieser Perspektive und im Sinne von Theorien mittlerer Reichweite (Merton) nicht genutzt worden sind. Hierzu gehören z. B. Konzepte sozialen Wandels in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen, Theorie sozialer Probleme und Anomietheorie. "Vergesellschaftung" und "soziales/gesellschaftliches Problem" dienen als Analyseschlüssel. Dabei werden Ziele und Mittel der Vergesellschaftung unterschieden. Als wesentliche alter(n)srelevante Vergesellschaftungsziele bei uns werden Werte zugrunde gelegt, die für moderne rechts- und sozialstaatlich konzipierte Gesellschaften typisch sind: soziale Sicherheit, Freiheit und Gerechtigkeit bilanziert über die Generationen und im Lebensverlauf. Typische Mittel zur Erreichung dieser Ziele im Alter sind derzeit (noch) die Institution Ruhestand mit den (primär) aus Erwerbsarbeit abgeleiteten Ansprüchen der sozialen Sicherheit und "späten Freiheit" sowie die dem Generationenvertrag implizite Idee sozialer Gerechtigkeit. Zur Analyse von Zielen und Mitteln einer Vergesellschaftung des Alter(n)s betreibt Backes eine weitere konzeptionelle Entwicklung und Fundierung: zum einen im Hinblick auf die Bedingungsanalyse - im Sinne einer Kontext- und Prozeßanalysedurch Ansätze des sozialen Wandels auf relevanten Objektebenen, wie Familie, Arbeit, Alter (Kapitel 5), zum anderen im Hinblick auf den konkreten Ablauf des Vergesellschaftungsprozesses des Alter(n)s (Kapitel 5 und 7) durch die Nutzung anomietheoretischer Elemente und den Begriff des sozialen und gesellschaftlichen Problems (s. u.). Deutlich wird, daß im Vergeselischaftungsprozeß des Alter(n)s eine Ziel-Mittel-Diskrepanz entsteht, die zu einem gesellschaftlichen Alter(n)sproblem - im Sinne historisch inadäquater Vergesellschaftung - führt, solange sich keine angemessenen Bewältigungsformen (neue Vergesellschaftungsweisen) durchsetzen. Diese Entwicklung ist soziohistorisch im Kontext des sozialen Wandels der Modernisierung zu verstehen (Kapitel 5 und 6). Eine derartige Ziel-Mittel-Diskrepanz kann nach Backes zu einem anomieähnlichen Zustand führen, zu einer normativen und instrumentellen Unbestimmtheit der Gesellschaft im Umgang mit dem Alter(n) (Kapitel 6 und 7). Sie prüft die Frage, inwiefern bereits neue Vergesellschaftungsformen des Alter(n)s (bezüglich der Mittel, ggf. auch der Ziele) bestehen, die realisiert und als angemessen anerkannt werden und das gesellschaftliche Alter(n)sproblem kontrollieren, evtl. aufheben (Kapitel 7). Dabei zeigt sich eine heterogene, widersprüchliche und konflikthafte Entwicklung. Zwar bestehen Ansätze einer neuen 744 Vor diesem Hintergrund verdeutlicht die Autorin ihren zweiten AnalyseschlüsselAlter(n) als soziales und gesellschaftliches Problem: Soziale Probleme im Alter sind Ausdruck der sozial-strukturellen Differenzierung der Chancen zur Teilhabe an Form und Qualität der Vergesellschaftung. Sie sind Folge einer Diskrepanz zwischen Vergesellschaftungszielen und dem Zugang zu relevanten Vergesellschaftungsmitteln für die betroffenen Gruppen. Eine Erklärung erfordert den Rückgriff auf Sozialstruktur und soziale Ungleichheit, die sich in der Gesellschaft konkretisieren und im Verlauf des Lebens auf die Individuen in spezifischer Form einwirken. Gesellschaftliche Probleme hingegen sind Ausdruck dessen, daß diese Ziel-MittelDiskrepanz sich nicht mehr auf (benachteiligte) Gruppen konzentriert, sondern in generellerer Weise bzw. als Unvereinbarkeit und Widersprüchlichkeit der Mittel und Ziele untereinander auftritt. Auch sie sind nur im Rückgriff auf gesellschaftlich strukturelle Entwicklungen zu erklären. Der (derzeit problematische) Prozeß der Vergesellschaftung ist zu verstehen im Kontext gesellschaftlicher Entwicklungen, konkret des sozialen Wandels der Modernisierung von Alter(n) und anderer relevanter Teilbereiche, wie vor allem des Arbeitsmarktes, der Lebens- und Arbeitsverhältnisse (Lebenslagen, Lebensläufe, Lebensstile) und der Familie wie der Sozialpolitik. Innerhalb dieses Zusammenhangs (Kapitel 5) entwickelt sich - wie die Autorin überzeugend nachweist - Alter(n) soziohistorisch vom primär individuellen über ein primär soziales zum primär gesellschaftlichen Problem (Kapitel 6). Damit ist die Analyse analog zum gesellschaftlichen Definitions- und Konstruktionsprozeß sozialer/gesellschaftlicher Probleme angelegt. Ausgehend von Mertons und Blumers Konzeption sozialer bzw. gesellschaftlicher Probleme spezifiziert die Autorin das gesellschaftliche Problem als einen besonderen Typ des "sodal problem". Damit wird implizit die Anlehnung an eine soziologisch systemtheoretische, interaktionistische und konflikttheoretische Grundkonzeption deutlich. In diese Definition fließt die Kontroverse um die Bedeutung objektiver vs. subjektiver Faktoren der Identifizierung eines sozialen/gesellschaftlichen Problems mit ein. Definitorische gesellschaftliche Prozesse der Identifizierung eines Problems werden in ihrer Bedeutung neben objektive gesellschaftliche Strukturen und Prozesse gesetzt, und es wird eine beide Positionen vermittelnde Perspektive gewählt. In Analogie und gedanklicher Weiterführung der implizit in der "theory of sodal problems" angelegten Kennzeichen eines "sodal problem" zeigt die Autorin auf, daß es sich bei sozialen und gesellschaftlichen Problemen um zwei Typen eines "sodal problem" handelt und daß der Übergang zwischen beiden ein fließender, gradueller ist: Es handelt sich um ein in Bewegung befindliches, immer nur vorläufiges Gleichgewicht zwischen Problem und Bearbeitung bzw. sozialer Kontrolle oder gesellschaftlichen 745 Rezensionen Rezensionen Umgangsweisen damit. Die Entwicklungsdynamik beschreibt sie nicht als schematisch deterministische, sondern als hoch komplexes Ineinandergreifen von Alter(n) als individuelles, soziales und gesellschaftliches Problem. Mit eingeschlossen sind dabei zeitlich parallel und in verschiedenen gesellschaftlichen Teilsystemen versetzt verlaufende Entwicklungen. finitionsprozesse in Institutionen und (Sozial-)Politik beschreibt sie ebenso wie Interessenkonflikte und Aushandlungsprozesse. Deutlich wird: Bei der Bewältigung der problematischen Vergesellschaftungsprozesse des Alter( n)s geht es nicht mehr nur um Veränderungen oder Anpassungen im System der Rentenversicherung, der Sozialhilfe, der Altenhilfe, der Betreuung und Versorgung mit herkömmlichen Mitteln des Sozialstaats, der sozialen Integration und Kontrolle des Alters durch Soziale Sicherung, Soziale Arbeit und Familie. Es geht parallel dazu - und zum Teil sogar statt dessen - vor allem um Bewältigungsmechanismen, die sich auf mehr als auf Alter(n) und die Lebenssituation alter Menschen, ihre Versorgung und Integration hin auszurichten haben, die Alter(n) in bislang nicht gekannter Weise mit anderen gesellschaftlichen· Interessen in Einklang zu bringen haben. Es geht um eine grundlegende Neudefinition und Neuinstitutionalisierung des derzeit in anachronistischer Weise geregelten Verhältnisses von Alter(n) und Gesellschaft und damit von Individuum (unabhängig vom Alter) und Gesellschaft, um eine neue gesellschaftsadäquate Vergesellschaftung des Alter(n)s, so die Autorin. Mit ihrem Ansatz greift sie anerkannte Kritikpunkte an bisherigen Konzepten zur Analyse sozialer Probleme und des Alter(n)s auf, und es gelingt ihr in überzeugender Weise, die hieraus entwickelten Forderungen einzulösen: So geschieht die makrosoziologische Fundierung durch die Anbindung an Theorien sozialen Wandels und der Modernisierung (z. B. der Familie, des Sozialstaats). Der Forderung nach theoretischen, allerdings nicht abstrakten, sondern praxistauglichen und operationalisierbaren Termini wirq durch Begriffe wie "normative und instrumentelle Unbestimmtheit" hinsichtlich der neu zu bestimmenden Vergesellschaftung des AIter(n)s entsprochen. Ziele (Sicherheit, Freiheit, Gerechtigkeit) und Mittel (Ruhestand, Altersgrenze, Rente, sonstige soziale Sicherung, Familie) lassen sich dabei vor dem Hintergrund konkreter gesellschaftlicher Verhältnisse und Prozesse (insbesondere des Sozialstaats) bestimmen und in ihrem historischen Veränderungsprozeß erfassen. Die Forderung nach prozeßhafter Beschreibung im Kontext gesellschaftlicher Entwicklung wird eingelöst (siehe z. B. Mertons Konzept der "modes of adaptation"). Indem sie die Vergesellschaftungsziele Sicherheit, Freiheit und Gerechtigkeit vor dem Hintergrund einer konkreten historischen Gesellschaft ableitet und in der Entwicklung ihrer sozialstaatlichen Konjunkturen zumindest teilweise nachzeichnet, entspricht die Autorin der Forderung, die politische Dimension der Entwicklung und Bearbeitung sozialer und gesellschaftlicher Probleme zu untersuchen. Der Forderung nach Verbindung subjektiver und objektiver Faktoren bei der Entwicklung und Bearbeitung sozialer bzw. gesellschaftlicher Probleme entspricht sie, indem sie sowohl gesellschaftliche Strukturen und Verhältnisse als auch subjektiv geleitete Prozesse der Definition und des Handelns berücksichtigt. Entsprechend sieht sie die Lösung weder im Sinne eines technischen Problems noch als rein politischen oder sonstigen Aushandlungsprozeß. Strukturelle Voraussetzungen und De- 746 Mit der vorliegenden Arbeit wird nicht nur eine fundierte kritische Analyse des Entwicklungsstandes der Gerontologie und Alter(n)ssoziologie (Kapitel 2 und 3) vorgelegt. Das von Backes entwickelte soziologisch-analytische Rahmenkonzept (insbes. Kapitel 4 ff.) bietet erstmalig eine systematische und umfassende Grundlage für eine fundierte und vielschichtige Analyse des Verhältnisses von Alter(n) und Gesellschaft. Seine empirische Überprüfung liegt exemplarisch mit dieser Arbeit bereits vor. Insgesamt belegt Backes anhand zahlreicher Veränderungen bisher scheinbar allgemeingültiger Alter(n)sformen und -normen (z. B. Deinstitutionalisierung des Lebenslaufs, Pluralisierung von Lebensweisen und Lebenslagen auch im Alter) überzeugend, daß demographischer Wandel und Alter(n)sstrukturwandel selbst Folge, Ergebnis und Kennzeichen wie gleichzeitig Bedingung weiterer Modernisierung von Gesellschaft sind. Erst im Zusammenhang mit anderen Prozessen der Modernisierung werden sie zu einem gesellschaftlichen Problem. Darüber hinaus enthält das Konzept vielfältige Anknüpfungspunkte für eine weitergehende Analyse des bislang zu undifferenziert behandelten Verhältnisses von Alter(n) und Gesellschaft. Die von Backes konsequent und beeindruckend aufgezeigte Komplexität der Problemgenese wirft ein Licht auf die notwendige Komplexität der Problembearbeitung. Neben klassischen und neuen Instrumenten des Sozialstaates sind übergreifende kulturelle, politische und ökonomische Veränderungen erforderlich, auch wenn ein Abschied von der Hoffnung auf eingespielte (einfachere) Bearbeitung und "Lösbarkeit" bisher primär sozialer Alter(n)sprobleme schwerfällt. Dies ermöglicht zugleich eine aus meiner Sicht wünschenswerte wie notwendige Entideologisierung der aktuellen sozialpolitischen Diskussion um die vermeintlichen "Folgeprobleme" des demographischen Wandels. Indem die Alter(n)sproblematik als Vergesellschaftungsproblem und nicht mehr nur als Problem des AIter(n)s oder als primär demographisches Problem begriffen wird, zeigt sich die gesamtgesellschaftliche Herausforderung für Politik und für andere gesellschaftliche Systeme (wie Ökonomie, Arbeitsmarkt, kulturelles System). Für die aktuelle Sozialpolitikdiskussion bedeutet dies eine Qualifizierung, so daß die Möglichkeiten und Grenzen einer rein auf die Sozialpolitik fixierten Problembearbeitung deutlich werden. Die Arbeit bietet zahlreiche Anknüpfungspunkte für weitere gerontologische, sozialpolitikwissenschaftliche und auch über das Thema "Alter(n)" hinausgehende soziologische Forschung (etwa zu sozialen/gesellschaftlichen Problemen). So wird bewußt die Binnenperspektive des "Alters" als Lebensphase verlassen, indem Alter und Altem als gesellschaftliche Strukturmerkmale betrachtet werden. Die Arbeit stellt einen m. E. bedeutsamen, längst ausstehenden Beitrag zur Sozialstrukturanalyse dar, die eine bedeutende Leerstelle soziologischer Gesellschaftsanalyse füllt und das Thema "Alter(n)" stärker in die soziologische Analyse einführen wird. Sie gibt somit entscheidende Anregungen zur Beförderung einer auch in der Soziologie bisher weitgehend vernachlässigten Thematik. Im Sinne einer Sozialstrukturanalyse 747 Rezensionen Rezensionen wird Alter(n) als konstitutives Merkmal der Gesellschaftsstruktur und -entwicklung begriffen. Damit wird der Weg zu einer Gesellschaftsanalyse beschritten, die sowohl nach den Auswirkungen des "Alterns der Gesellschaft" und damit einer zunehmenden und qualitativ sich wandelnden Gruppe älterer und alter Menschen auf die gesamte Gesellschaft fragt, wie auch die Rückwirkungen der gesellschaftlichen Modernisierung auf die Lebenslagen älterer und alter Menschen thematisiert. an den "sperrigen Gegenstand ,Staat'" (S. 13) aus feministischer Sicht bereits geschehen ist, und zwar insbesondere (1.) auf der ideengeschichtlichen Ebene mit kritischem Blick auf den staatstragenden Gesellschaftsvertrag, (2.) auf der nationalstaatlichen Ebene und ihren Auseinandersetzungen mit insbes. der männlichen Staatsbürgerschaft, schließlich (3.) auf der Policy-Ebene und (4.) auf der strukturellen Ebene u. a. mit der Absicht der Analyse der staatstypischen "männerbündischen Strukturen" (Eva Kreisky) (S. 13). Gleichzehig wurde deutlich, daß eine Erforschung des Staates nicht ohne die Analyse seines "alter ego" (S. 13), der Privatheit, sinnvoll möglich ist. Feministisch-politikwissenschaftliche Ansätze, die damit einhergehende Fragen bearbeiten - wie etwa die nach dem geschlechtsspezifischen Handeln des Staates, der sich von einer durch Emotionalität und Fürsorge gekennzeichneten Privatsphäre absetzt -, weisen auf Defizite im herrschenden politikwissenschaftlichen Malestream hin. Gleichzeitig verweisen sie auf die noch recht dürftigen empirischen Kenntnisse in weiten Feldern dieser Thematik (etwa die in politischen Institutionen wirksamen Geschlechterasymmetrien) und die Fruchtbarkeit der jüngsten Kontroversen in der politischen Theorie für empirische Forschungen über Staat und Privatheit. Jenseits aller Kontroversen in der feministischen Debatte erscheint der Staat hier in seiner zentralen, ambivalenten Rolle "einerseits als Garant gleicher Grundrechte und Freiheiten, andererseits aber auch als eine Institution, die die Rechte der Frauen häufig beschneidet und sie auf tradierte Rollenmuster festzulegen sucht." (S. 15) Prof. Dr. Gerhard Naegele, Köln Brigitte KerchnerlGabriele Wilde (Hg.) (1997): Staat und Privatheit. Aktuelle Studien zu einem schwierigen Verhältnis, Opladen: Leske & Budrich, ISBN 3-8100-16659 Herausgeberinnen und Autorinnen des Readers gehen von folgenden Grundüberlegungen aus: "Gemeinhin gilt die Trennung von Staat und Privatheit als Kennzeichen der Modeme. Ob man den Staat nun für einen Garanten von Freiheit und Gleichheit hält oder für einen alles kontrollierenden Leviathan - immer erscheint er als ein öffentlicher Ort, der durch politische und rechtliche Verfahren geregelt ist. Demgegenüber stellt sich die Familie als vermeintlich "natürliche" soziale Institution dar, als ein Hort selbstbestimmten Lebens mit fürsorglichen, gar "mütterlichen" Umgangsformen (Klappentext). Mit dieser Frage setzen sich die Berliner Politikwissenschaftlerinnen aus verschiedenen Perspektiven kritisch auseinander und stellen sie als traditionelle Vorstellungen in Frage. Hauptgegenstand des Readers sind "das spannungsreiche Verhältnis von Staat und privatem Leben sowie die geschlechtsspezifischen Ausprägungen beider Sphären" (Klappentext). Damit mischen sich die Autorinnen aktiv in die aktuelle feministische Kontroverse über Öffentlichkeit und Privatheit. Bislang existierende theoretische Positionen werden von ihnen kritisch aufgearbeitet und durch neue empirische und historische Ergebnisse fundiert. "Ziel ist es, die politische Debatte über die Chancen und Grenzen staatlichen Eingreifens in das private (Frauen)Leben zu versachlichen und zu entmystifizieren." (Klappentext) Damit haben sich die im Reader vertretenen Politikwissenschaftlerinnen - nach einer Zeit der Vorbehalte gegenüber dem Staat als Forschungsobjekt - Fragen gewidmet, die international die politische, zum Teil auch klassisch wissenschaftliche Diskussion wie auch die feministische Wissenschaft herausgefordert haben und dies weiterhin tun: der Frage der Trennung von Staat und Familie (s. bereits Max Weber) oder Öffentlichkeit und Privatheit, der damit einhergehenden dichotomen Sicht auf Frau und Mann und der in dieser Dichotomie strukturell angelegten Gewalt gegenüber Frauen und dem Privaten. Sie können auf zahlreiche vorangehende Arbeiten insbesondere innerhalb der 80er Jahre zurückgreifen, in denen die Annäherung 748 Der politikwissenschaftlichen Sicht auf diese spannungsreiche, wissenschaftliche und feministische Debatte sind die Beiträge des Readers - mit unterschiedlichen Perspektiven und Verfahren - gewidmet. Es geht dabei um die Thematisierung von Staat und Privatheit in der politischen Theorie (Holland-Cunz; Wilde; Ebrecht) und in politikwissenschaftlichen Ansätzen (Sauer; Lang), um die historischen und rechtlichen Grundlagen der Staatspolitik in ihren Auswirkungen auf das private Leben (Kerchner; Berghahn), um die Geschlechterasymmetrien im Politischen System der Bundesrepublik Deutschland (Meyer; Koch-Baumgarten) wie auch um die geschlechtsspezifischen Auswirkungen zwischenstaatlicher Interventionen (Wasmuht) oder um die "politisch inszenierte Privatheit" in unterschiedlichen kulturellen Räumen (Wedel). Gemeinsam geht es um das Aufspüren geschlechtsspezifischer Folgen der Konstruktion "privat versus öffentlich", der Mechanismen und Strategien, die zu einem Ausschluß von Frauen aus Staat und Politik beitragen oder öffentliche geschlechtsspezifische Positionierungen mit sich bringen. Darüber hinaus ist es konkretes Anliegen, die "strukturelle und funktionale Verschränkung von Staat und Privatheit am konkreten Beispiel und in der historischen und kulturellen Varianz - theoretisch, historisch und empirisch - zu zeigen" (S. 16). Denn insbesondere den mit den Unterschieden zwichen Staat und Privatheit verbundenen Geschlechterasymmetrien gilt das Erkenntnisinteresse. Trotz heterogener Zugriffe und Ergebnisse zeichnet sich ein Konsens hinsichtlich des Verhältnisses von Staat und Privatheit zum einen und des Begriffs der Privatheit zum anderen ab: So kommen die Autorinnen zu dem Ergebnis, daß die eingängigen und selbstverständlich erscheinenden dualen Bilder von Staat und Privatheit, die Trennung in Staat als vermeintlicher Garant von Freiheit und Gleichheit oder alles 749 Rezensionen Rezensionen kontrollierende, rechtlich rational geregelte Institution zum einen und Familie bzw. Privatheit als vermeintlich "natürlicher" Hort selbstbestimmten und von Fürsorge umgebenen Lebens zum anderen, angesichts ihres "empirischen Gehalts in konkreten historischen Situationen und klar bezeichneten kulturellen Räumen" (S. 9) täuschen. Statt einer Fortschreibung der rigiden Dichotomisierung (s. Politische Theorie und traditionelle Politikwissenschaft) schlagen sie vor, das Verhältnis von Staat und Privatheit "in seiner Komplexität zu interpretieren" (S. 23). Und in ihren vielschichtigen Perspektiven auf die Privatheit weisen die Autorinnen nach, daß - neben der Grenze zwischen Staat und Privatheit - auch die angebliche Macht- und politische Bedeutungslosigkeit des Privaten eine Konstruktion darstellt, daß Privatheit politische Macht beinhaltet und eine "flexibel nutzbare, wenn auch nicht völlig beliebige, staatliche Ressource" (Sauer) darstellt. Zusammenhänge mit einer umfassenderen gesellschaftlichen Ordnungspolitik - und damit letztlich auch Gesellschaftspolitik - auf. Schließlich fragt er im Schlußkapitel nach dem zukünftigen Stellenwert von Familienpolitik im Kontext des Sozialstaates auf marktwirtschaftlicher Basis. Dabei kommt er zu dem Ergebnis, daß zukunftsrelevante Familienpolitik in übergreifende gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungstendenzen einzubetten ist, und daß es - im Sinne eines "realistischen Utopiequantums" - eines "politikwirksamen Familienbewußtseins" bedarf, um Derartiges zu bewirken. Insgesamt handelt es sich um ein ausgesprochen anregendes, informatives und innovatives, bisherige Perspektiven zu Staat und Privatheit kritisch hinterfragendes Buch, das nicht nur Politologinnen und Politologen, s(;mdern auch anderen Sozialund Geisteswissenschafterlnnen wie auch praktisch in Politik und Verwaltung Tätigen zur Lektüre empfohlen werden kann. Prof Dr. Gertrud M. Backes, Cottbus/BerUn Max Wingen (1997): FamilienpoUtik. Grundlagen und aktuelle Probleme, Stuttgart: Lucius & Lucius. ISBN 3-8252-1970-4, DM 39,80 / öS 294,50 / sFr 37,00 Mit seinem fast 500 Seiten langen Werk geht es dem seit langem auf den Gebieten der Familienpolitik und Demographie ausgewiesenen Autor um die Vermittlung eines weitreichenden Grundverständnisses für die Inhalte und Problemlagen einer an Rationalität ausgerichteten, systematischen Familienpolitik. Dies geschieht auf dem Hintergrund einer fundierten Darstellung des sozialen Wandels familialer Lebensformen und berücksichtigt entsprechend explizit die Ausrichtung der Familienpolitik an Familienphasen und familialen Adressaten. Dabei werden die Ziele wie die zentralen Maßnahmenfelder und ihre Instrumente sowie die entsprechenden relevanten Trägerebenen (bis hin zur EU-Ebene) im einzelnen systematisch vorgestellt. Die Koordinierungsprobleme im föderativen Staat und die häufig nur schwer faßbaren Wirkungen und Wechselwirkungen familienpolitischen Handeins werden ebenfalls - trotz ihrer Komplexität - in leicht nachvollziehbarer Weise thematisiert. Dabei integriert der Autor die Gestaltung von Familienrecht und auf Familien bezogenen Bildungs- und Beratungshilfen und sozialen Diensten konzeptionell in das breite Spektrum familienpolitischen Handels bzw. familienpolitischer Handlungsmöglichkeiten. Familienpolitik sieht der Autor auf der Basis ihrer sozialwissenschaftlichen und normativen Grundlagen als Querschnittspolitik, und er zeigt ihre 750 Insgesamt zeichnet sich der Text - neben seiner umfassenden und aktuellen Sachund Detailkenntnis - dadurch aus, daß immer wieder konkrete Handlungserfordernisse und damit die Notwendigkeit sozialreformerischer Ansätze erläutert und nachvollziehbar gemacht werden. Dies gilt z. B. hinsichtlich der an Gleichberechtigung orientierten geschlechtshierarchischen Arbeitsteilung auch innerhalb der Familie, einer stärker an Familie orientierten Gestaltung der Erwerbsarbeit, einer familiengemäßen Einkommensgestaltung (s. Familienlasten- bzw. Familienleistungsausgleich), hinsichtlich der Sicherung familiengerechter Bedingungen des Wohnens und der Umsetzung für Familien relevanter Normen des Kinder- und Jugendhilfegesetzes mit seinem erweiterten Aufgabenspektrum. Das reichhaltige inhaltliche Spektrum der Arbeit wird durch entsprechend breites und fundiertes empirisch-statistisches Datenmaterial, zum Teil mit international vergleichenden Übersichten, abgesichert. Dies ermöglicht einen profunden, anschaulichen und zum Weiterdenken anregenden Einblick in die einzelnen Themengebiete. Durch zahlreiche weiterführende Literaturhinweise werden Leser und Leserin darin unterstützt, sich weitergehend mit (Teil-)Aspekten des umfangreichen Themas zu beschäftigen. Der Zugang zu der umfangreichen und komplexen Thematik wird durch ein ausführliches Sachregister zusätzlich erleichtert. Sowohl als weitreichende Basisinformation für das praktisch-politische Handeln wie für eine weiterreichende gedankliche Befassung mit den Grundlagen der Familienpolitik (etwa im Rahmen eines Studiums) empfiehlt sich diese Arbeit als ausgesprochen vielschichtig informativ und anregend, dies insbesondere, da eine Verbindung umfassender Information mit innovativen Perspektiven gelingt. Prof Dr. Gertrud M. Backes, Cottbus/BerUn 751 BERICHTIGUNG zu Heft 8 ZEITSCHRIFT FÜR Thesen zur Sozialpolitik: ein Gemeinschaftsprodukt In Heft 8, 1998, S. 525-569, veröffentlichte die ZSR die "Thesen zur Sozialpolitik in Deutschland". Diese Thesen zur Sozialpolitik sind ein Gemeinschaftsprodukt der Direktoren des Bremer Universitäts-Zentrums für Sozialpolitik, Prof. Dr. Stephan Leibfried, Prof. Dr. Rainer Müller, Prof. Dr. Winfried Schmähl und Prof. Dr. Manfred G. Schmidt. Diese Thesen wurden in der Veröffentlichung vom Herausgeber ausschließlich einem der vier Autoren, nämlich Professor Dr. Manfred G. Schmidt zugerechnet, da mit diesem die Korrespondenz geführt wurde. Richtig hätte es somit heißen müssen: HERAUSGEBER UND SCHRIFTLEITUNG: ANSCHRIFT DER SCHRIFTLEITUNG: 44. Jahrgang S"~;alrel,,,m PROF. DR. FLORIAN TENNSTEDT, KASSEL· HORST HEINKE, WIESBADEN· WOLFGANG WRUCK, WIESBADEN MARKTPLATZ 13, 65183 WIESBADEN NOVEMBER/DEZEMBER 1998 Heft 11/12 Thesen zur Sozialpolitik in Deutschland Zentrum für Sozialpolitik, Universität Bremen: Prof. Dr. Stephan Leibfried, Prof. Dr. Rainer Müller, Prof. Dr. Winfried Schmähl und Prof. Dr. Manfred G. Schmidt F.T. Wohlfahrtsstaaten im UmbruchGewinner und Verlierer im internationalen Vergleich ZEITSCHRIFT FÜR SOZIALREFORM (ZSR) Erscheinungsweise: monatlich. Verlag: Verlag Chmielorz GmbH, Marktplatz 13, 65183 Wiesbaden, Telefon: 0611/36098-0, Telefax: 0611/301303. Verlagsleitung: Werner Augsburger, Jürgen B. Wamser. Schriftleitung: Prof. Dr. Florian Tennstedt, Kassel. Redaktion: Regierungsrat a. D. Horst Heinke, Assessor jur. Wolfgang Wruck, Wiesbaden, Telefon: 06 11 /3 60 98-23. Anzeigen: Karin Irmscher, Telefon: 06 11/36098-59. Vertrieb: Gabriele Beiz, Telefon: 06 11/36098-57. Bezugspreis: Inland jährlich DM 828,- (inkl. Versandkosten und USt.). Ausland jährlich DM 842,20 inkl. Versandkosten (Binnenmarktländer-Empfänger mit Steuerbefreiung oder Drittländer) bzw. DM 901,15 inkl. Versandkosten und USt. (Binnenmarktländer-Empfänger ohne Steuerbefreiung). EinzeIheftpreis: DM 74,-. Abonnement-Kündigung mit einer Frist von 6 Monaten zum 31. 12. möglich. Bestellungen werden durch den Verlag und den Buchhandel entgegengenommen. Bankverbindung: Bayerische Vereinsbank AG, BLZ 510201 86, Konto-Nr. 43 11590. Postbankkonto FrankfurtfMain, BLZ 500 100 60, Konto-Nr. 1889 70-601. Zur Zeit gültige Anzeigenpreisliste Nr. 7 vom 1. Januar 1994. Druck: Druck- und Verlagshaus Chmielorz GmbH, Ostring 13, 65205 Wiesbaden-Nordenstadt. Zuschriften, die sich auf den Inhalt der Zeitschrift beziehen, werden an die Schriftleitung, Postfach 2229,65012 Wiesbaden, erbeterl. - Die in den Veröffentlichungen dieses Heftes vertretene Rechtsauffassung gibt nicht in jedem Falle die Auffassung der Schriftleitung wieder. - Für unverlangt eingesandte Manuskripte kann keine Gewähr übernommen werden. - Alle Rechte vorbehalten. Diese Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes bedarf der Zustimmung des Verlages. Vervielfältigungen in gewerblichen Unternehmen zum innerbetrieblichen Gebrauch, die in anderer Weise als mit der Hand oder durch Schreibmaschine bewirkt sind (z. B. Fotokopie, Mikroskopie), werden unter Entrichtung einer beim Verlag zu erfragenden Gebühr in einem Exemplar gestattet, wenn dem Verlag vorher die Anzahl der vervielfältigten Seiten mitgeteilt wird. Das gleiche gilt von der Apfertigung von Vervielfältigungen durch Kopieranstalten für den gewerblichen Gebrauch. Mit der Ubersendung des Manuskriptes räumt der Einsender dem Verlag für die Dauer des urheberrechtlichen Schutzes das Recht ein, die fotomechanische Vervielfältigung seines Aufsatzes durch gewerbliche Unternehmen zum innerbetrieblichen Gebrauch zu genehmigen. 752 Die entwickelten Wohlfahrtsstaaten der westlichen Welt befinden sich derzeit in einem Anpassungswettlauf an sich rasch ändernde ökonomische Parameter. Die als "Globalisierung" gehandelte, zunehmende nationale Entgrenzung und internationale Verflechtung ökonomischer und sozialer Beziehungen sowie weitreichende sozioökonomische Strukturveränderungen in den fortgeschrittenen kapitalistischen Ökonomien selbst tragen je für sich dazu bei, das in den Nachkriegsjahrzehnten gewachsene wohlfahrtsstaatliche Arrangement gesellschaftlichen Bedarfsausgleichs von Grund auf in Frage zu stellen. Dies gilt grundsätzlich, jenseits der wissenschaftlichen Debatten der letzten Jahre um "varieties of capitalism" und "worlds of welfare", für aUe wohlfahrtsstaatlich verfaßten Industrienationen gleichermaßen. Aber sind auch die sozialpolitischen und in der Folge sozialstrukturellen Verteilungseffekte jener grundlegenden Veränderungen dieselben? Mit eben dieser Frage nach den Gewinnern und Verlierern jüngster sozialpolitischer Reformprozesse in westlichen Wohlfahrtsstaaten beschäftigte sich die Sektion Sozialpolitik der Deutschen Gesellschaft für Soziologie auf ihrer diesjährigen Jahrestagung am 8. und 9. Mai 1998 in Göttingen. Einer bewährten Tradition folgend, präsentiert das vorliegende Doppelheft der Zeitschrift für Sozialreform ausgewählte Beiträge zu dieser Tagung einer breiteren Fachöffentlichkeit. Ganz verschiedenenmakrostrukturellen, institutionalistischen oder individuenzentrierten - Ansätzen und Perspektiven folgend, machen die hier versammelten Texte auf je eigene Weise deutlich, wie unterschiedlich sich im internationalen Vergleich sozialpolitische Reformdiskurse, -maßnahmen und -effekte darstellen. Sie offenbaren, wie soziale Trennungslinien neu gezogen, gesellschaftliche Solidaritäten neu begründet werden. 753