Gesellschafts-Management Kybernetik (GMK) e - vaeter

Werbung
Info 9
Psychische Grundstrukturen der Basispersönlichkeiten
Zuletzt habe ich davon berichtet, dass es idealtypisch nur zwei soziale Organisationsformen gibt: Markt und Bürokratie, mit zugehörigen spezifischen Basispersönlichkeiten. Dabei übet die Bürokratie ein Machtstreben über die private Gesellschaft aus, was diverse Autoren, darunter Prof. Dr. Stefan Delikostopoulos1
als eine neue Form Sklaventum bezeichnen. Diejenigen, die infolge sozialer
Herkunft und erzieherischer Vorprägung alternativlos für die Organisationsform
Bürokratie prädestiniert sind, repräsentieren keineswegs die selbstverantwortliche und selbstsichere Persönlichkeit – im Gegenteil, es kennzeichnet sie »konstitutive Insuffizienz« (angelegte Leistungsschwäche). Gerade diese deutlich empfundene Insuffizienz lässt diese Individuen zielsicher eine alimentierte Lebensform, ein »intrauterines Dasein in der institutionalisierten Übermutter« anstreben. Dort kann diese Insuffizienz über die angemaßte Macht der Bürokratie
kompensatorisch ausagiert werden. Das macht die Bürokratie für diese Basispersönlichkeit alternativlos erstrebenswert. So zitiert Kaupen eine Unersuchung von
O. Sperling, wonach „bestimmte Berufe Individuen mit einer bestimmten »Basispersönlichkeit« anziehen, die Bürokratie z.B. Sadisten, und dass diese Orientierungen dann die berufliche Tätigkeit oder durch die strukturellen Bedingungen der Tätigkeit verstärkt werden.“2 Anstelle einer erdrückenden Fülle von den
Gerichtsjuristen charakterisierenden Zitaten sei hier beispielhaft nur eines wiedergegeben: „Das Kollektivporträt der Juristen hinterlässt den Eindruck einer
unsicheren Persönlichkeit... Es ist möglich, dass bestimmte Momente der juristischen Ausbildung für Personen anziehend sind, denen es an innerer Sicherheit
fehlt. Wenn man an seiner Begabung und Vitalität zweifelt, kann einem die
Ranghierarchie der juristischen Berufe bestätigen, dass zumindest der äußere
Erfolg nicht versagt geblieben ist.“3
Um verstehen zu können, warum die Familienjustiz rein schematisch die Fälle
abhandelt, sei noch eine weiteres Zitat angefügt: „Sich stets wiederholende berufliche Obliegenheiten, prozessuale Notwendigkeiten, kurz, Routinearbeiten,
üben auf den, der sich ihnen unterwirft, eine entspannende Wirkung aus. Man
könnte versucht sein, in dieser Hinsicht Parallelen zwischen den Verfahrensregeln der Rechtsordnung und den Ritualien zu ziehen, die bei bestimmten Neurosen anzutreffen sind“ (W. Weyrauch aaO. 33304, 306). Hinzu kommt, dass über
dem Familienrichter das Oberlandesgericht thront. Dessen routinemäßiger
Rechtsauffassung wird sich der Richter am Amtsgericht zu eigen machen, da
sonst seine Entscheidungen auf dem Rechtsmittelweg regelmäßig aufgehoben
würden. Auf diese Weise bildete sich im Sorgerechtsbereich ein Schematismus
heraus, der salopp besagt: Kinder zur Mami – Papi bezahlt! und der objektiv als
»Rechtsbruchs-Systematik« beschrieben werden kann.
Dieser Schematismus ist jedem bekannt, der in gerichtlichen Sorgerechtsverfahren steht oder sie schon hinter sich gebracht hat. Die Argumente und der objektive Sachverhalt sind völlig belanglos, sie werden in diese Schema eingepasst.
1
2
3
S. Delikostopoulos: Freiheit und Bürokratie; in: Würzburger Studien zur Soziologie Bd. 7
1982
W. Kaupen: Die Hüter von Recht und Ordnung. Die soziale Herkunft, Erziehung und Ausbildung der deutschen Juristen – Eine sozilogische Analyse. Neuwied/Berlin 1969, 41
W. Weyrauch: Zum Gesellschaftsbild des Juristen. Neuwied/Berlin 1970, 304, 306.
1
Innerhalb dieser Rechtsbruchs-Systematik ist der zentrale Dreh- und Angelpunkt
der
unbestimmte Rechtsbegriff »Kindeswohl«.
Damit müssen wir uns ausführlich befassen, denn damit steht und fällt jede kollektive Intervention des VAfK und seiner Mitglieder.
1. Das Recht zur Betreuung und Erziehung der eigenen Kinder ist ein Grundrecht (Art. 6Abs. 2 GG).
2. Dieses Recht kann nur begrenzt werden »auf Grund eines Gesetzes« (Art. 6
Abs. 3 GG).
3. Nun könnte auf § 1671 Abs. 2 BGB verwiesen werden, der die Zuweisung
eines Alleinsorgerechts vom »Wohl des Kindes« abhängig macht. Das aber
ist unzulässig, weil
4. es sich hierbei um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt. Hingegen
müssen Gesetze, welche zur Begrenzung von Grundrechten legitimieren so
bestimmt sein, dass sie sich hinsichtlich der Befugnis zur Begrenzung des
Grundrechts dem Ermessen des Richters oder der Verwaltung entziehen.4
Wir sehen also, dass die in Richterregie konzipierte »Rechtsbruchs-Systematik«
systematisch das geltende Verfassungsrecht verletzt. Wenn also § 1671 BGB
nicht die legitimierende präzise Fassung aufweist, so stellt sich die Frage: Gibt
es solcherart konkretisierende Rechtsnormen?
Es gibt sie!
Das BVerfG hat hierzu schon 1968 die erzieherische Definition statuiert:
Entwicklung des Kindes zur selbstverantwortlichen Persönlichkeit
(Erziehungs-Ziel).
AN Entscheidungen des BVerfG sind gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG alle Gerichte
und Behörden gebunden.
Zum relativen Erreichen dieses Ziels stellt sich noch die Frage nach den dazu
geeigneten erzieherischen Mitteln. Dazu wurde 1980 in Verbindung mit dem
KindRG die »partnerschaftliche Erziehung« statuiert (§ 1626 Abs. 2 BGB).5
Bei der vorausgegangenen Diskussion haben wir festgestellt, dass die »selbstverantwortliche Persönlichkeit« die Basispersönlichkeit lebensfähiger Systeme
innerhalb der marktförmigen Organisationsform ist (personal-konstitutives Element). Die »partnerschaftliche Erziehung« ist inhaltlich und prinzipiell identisch
mit dem manageriellen »motivationalen Führungsstil«. Dazu gibt es eine umfängliche Literatur, denn die Lebensfähigkeit eines Unternehmens im Markt
gründet sich ausschließlich auf Leistung und diese kann nicht bürokratisch »befohlen« werden.
Damit haben wir also den Kernbereich der Problematik im gerichtlichen Sorgerechtsverfahren skizziert. In der nächsten Folge sollen die intrapsychisch gesteuerten Verhaltensmuster behandelt werden, die zur bekannten UmgangsrechtsProblematik führen.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte
4
vgl. dazu Prof. Dr. Konrad Hesse. Grundzüge des Verfassungsrechts... Heidelberg 1982, Rn.
314.
5
Erläuterungen dazu bei G. Belchaus: Elterliches Erziehungsrecht. Köln 1980
2
Herunterladen