Predigt am 25. Oktober 2009 Lesung: Jeremias 31, 7

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Predigt am 25. Oktober 2009
Lesung: Jeremias 31, 7-9 * Evangelium: Markus 10, 46-52
Am vergangenen Sonntag und heute begeht die Kirche vielerorts den sog. „Sonntag der Weltmission“.
Die Geschichte vom blinden Bartimaeus ist eine wunderbare Geschichte zu diesem Sonntag.
Die Verkündigung des Heils für alle Menschen, um die es uns nach der Weisung Jesu zu allen Zeiten
gehen muss, hat nicht in erster Linie mit Mitleid, Augentropfen oder Krücken zu tun, sondern mit
Glauben. Mit jenem Glauben, der Bartimaeus von innen her umkrempelte und ihn bewegte, Jesus auf
seinem Weg zu folgen.
Jesus wusste wie kein anderer, was die Menschen brauchen. Und wo er durfte, hat er dieses Wissen um
das Heil der Menschen eingesetzt. Aber aufgedrängt, übergestülpt und eingebläut hat er es keinem.
Sein Wissen tat Leib und Seele gut, richtete auf, eröffnete Wege zur Versöhnung und stiftete
Gemeinschaft.
Wenn er lehrte, ging es immer um Kernpunkte des Glaubens. Selbst wo man ihn in Randfragen
verwickeln und ihm mit Spezialfragen Fallen bauen wollte, legte er den Blick auf das Wesentliche frei:
auf die Gottes- und Menschenliebe als angemessene Antwort auf die Liebe Gottes zu uns. Für Schnörkel
oder Tradition um der Tradition willen hatte er nichts übrig.
Das machte seine Gegner auch so wütend. Jesu Sinn für den Kern war gefährlich - er musste weg!
Die Heilung des Blinden ist (lt. Markus) der letzte Akt auf dem Weg Jesu nach Jerusalem. Was ihn dort
erwartete, wusste er.
Das macht die Frage Jesu noch brisanter: eine Provokation für jene Pharisäer und Schriftgelehrten. Die
einzig auf das Einhalten der Gesetze geeicht waren: Wie kann dieser Blinde, ein sündhafter Mensch –
sonst wäre er ja nicht blind -, wie kann so einer wissen, was er zum Heil braucht? Und wie kann sich
Jesus, wenn er denn ein echter Mann Gottes ist, darauf einlassen, geschweige denn auch noch danach
zu fragen?!
Der Kirche wird an Stammtischen und in den Medien gern vorgeworfen, den Menschen einen Glauben
aufgedrängt, ja aufgezwungen zu haben und dies immer noch zu tun.
Dass die Kirche in ihrer Geschichte viele Fehler gemacht hat, dass manches Mal mit Gewalt und List,
andere Male mit Aussicht auf sozialen Aufstieg oder schlicht auf ein wenig Reis Menschen für die Taufe
gewonnen wurden, ist nicht zu leugnen.
Aber ebenso wenig ist zu leugnen, dass die Kirche oft die einzige Institution war und ist, die sich für das
Lebensrecht und den Lebensraum der Menschen (nicht nur ihrer Mitglieder) eingesetzt hat und einsetzt.
Viele Missionarinnen und Missionare werden von den Menschen geliebt, weil sie mit ihnen leben, ihr
Leben zumindest ein Stück weit teilen, ihre Würde achten (-sie ihnen oft erst bewusst machen-), weil sie
gemeinsam mit ihnen suchen, was sie am meisten brauchen. Und die Menschen lieben diese
Missionarinnen und Missionare, weil sie mit ihnen den Glaubensweg zu gehen versuchen. Oft errichten
und unterhalten sie unter den einfachsten Bedingungen das Zeugnis des Glaubens und die Hilfe für die
Ärmsten. Für Schnörkel ist da kein Platz.
Die Frage Jesu: „Was soll ich dir tun?“, diese Frage kennzeichnet solche Missionare und solche
Gemeinden. Gerade deshalb sind sie – wie ihr Meister- für viele Machthaben und auf Gewinn fixierte
Geschäftsleute auch gefährlich. Die Zahl der ermordeten und der bedrohten Missionare, Schwestern
und engagierten Laien nimmt ja nicht zufällig zu.
Und wir wissen, dass die Mehrheit der Christen, dass die Mehrheit der Christen, auch der Katholiken,
längst in den armen Ländern der südlichen Erdhälfte lebt.
Und hier bei uns in den USA noch mehr wahrscheinlich in Europa – ist doch auch längst Missionsland.
Da gibt es soviele spirituell Suchende, die von x Heilslehren Antworten auf ihre Lebensfragen erhoffen –
für manche darf das auch sehr viel kosten!- aber auf die Idee, bei uns Christen anzufragen, kämen sie
nie.
Warum? Rund um uns leben so viele Enttäuschte, die von der Kirche nichts Gutes mehr erwarten.
Und viele haben schlicht keine Antenne für Fragen des Glaubens und dafür, was diese mit ihrem Leben
zu tu haben könnten. Darf die Kirche auch hier -so wie Jesus- fragen: „Was soll ich dir tun?“
Darf sie zumindest die Suchenden so fragen?
Aber – das ist so soft meine Erfahrung – sie kommen ja nicht, springen nicht wie der Blinde auf uns zu.
Wir kommen nicht soweit, die Frage überhaupt stellen zu können…
Kann Weitergabe des Glaubens (auch innerhalb der Familie) so überhaupt noch gelingen?
Da lohnt ein zweiter Blick ins heutige Evangelium. Der Blinde wusste, dass der Rummel Jesus gilt,
wusste, was von diesem Wundermann alles erzählt wird. Ihm war klar: Der ist meine Chance!
Er wusste es, weil man von Jesus redete. Auch wenn man ihn nicht ganz verstanden hatte:
Sein Ruf als Heiland, als einer, der rundum guttut, verbreitete sich. Viele Menschen (Ausgegrenzte und
Randfiguren, aber auch Pharisäer, Schriftgelehrte und ehrenwerte Leute!) begriffen oder ahnten:
Der ist meine Chance, den muss ich sehen, mit dem muss ich in Kontakt kommen!
Ist Jesus – zumindest unter uns Kirchgängern und den Familien – im Gespräch?
Ist sein Tun wieder Thema? Traut sich noch einer über Fragen des Glaubens, über Morgen - Abend- und
Tischgebet oder den Sinn des sonntäglichen Gottesdienstes zu reden?
Oder kommt er, kommt sein Evangelium im Alltag „unter die Raeder“, weil es so häufig um
Randprobleme, Fehlverhalten Einzelner und Interessenlosigkeit von uns und anderen geht.
Weil Jesus nicht persönlich „greifbar“ ist, müssen wir uns als „sein Leib“ – wie Paulus es nennt – auch
fragen lassen: Leben wir so, dass sich unter uns sein guter Ruf verbreiten kann; damit meine ich: reden
wir noch über unseren Glauben – auch im privaten Bereich- oder ist das auf den Pfarrer abgeschoben?
(der kommt gerne, falls es gewünscht wird !).
Kümmern wir uns so um das Leben und seine Kernfragen, dass man mit uns in Kontakt kommen will?
Seid doch, liebe Gemeinde, stolz darauf, dass ihr Vermittler des umfassenden Heils eines liebenden
Gottes seid.
Wer nur Brunnen für den Durst des Leibes bohrt, bohrt zu kurz; es muss auch Brunnen für den Durst der
Seele geben.
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