Predigt an Heilig Abend 2009 in Oslo Ich steh an deiner Krippen hier EG 37 Text: Paul Gerhardt 1653 Melodie: Johann Sebastian Bach 1736 Gedanken gemacht. Geschenke an Weihnachten: Was kriege ich geschenkt? Was soll ich noch schenken. lch steh an deiner Krippen hier— so singt Sarah Kaiser das Lied von Paul Gerhardt und Johann Sebastian Bach. Aber Paul Gerhardt geht es um die Geschenke an der Krippe. Ein Liebeslied, nennt sie es, und sie sagt, dass die Sprache des Liedes sie tief berührt. Von den Magiern aus dem Osten wissen wir, was sie geschenkt haben: Gold, Weihrauch und Myrrhe. lch steh an deiner Krippen hier. Aber vielleicht denkt er eher an die Hirten. Die gar nicht so viel hatten und in der Eile sicher weder Geschenkpapier noch ein Geschenk mehr auftreiben konnten. Wir befinden uns in Oslo, der Hauptstadt von Norwegen, in der Eilert Sundts gate 37 im Gemeindesaal der EV. Gemeinde. Und singen und sagen: Wir stehen gleichzeitig an der Krippe. An deiner Krippe, Jesus. Man kann an verschiedenen Stellen gleichzeitig stehen. Man muss es vielleicht sogar. Damit das Leben ein Fundament hat. Es gibt verschiedene Standorte. Orte, zu denen wir gehören. Die uns Halt geben. Orte, die eine Kraftwirkung aufuns haben. 2 solcher Standpunkte und Standorte haben wir heute in der Kirche markiert: die Krippe und das Kreuz. Es ist wichtig, solche Punkte herauszufinden, sich dahin zu bewegen, wo etwas Wesentliches passiert, wo Weichen gestelit wurden. Die uns prägen können. So stellt sich Paul Gerhardt vor Jabren an die Krippe und wir mit ihm. Auch für ihn ist die Geburt in der Krippe schon lange her—aber man kann scheinbar noch immer mit dem reden. der da darin lag. 0 Jesu, du mein Leben. - Und dann geht es ums Schenken. Sagt bloß, ihr euch darüber nicht so viele und Sinn,! Herz, Seel und Mut, nimm alles hin / und laR dir’s wohlgefallen. Ob er es dieses Weihnachten schafft? 2. Das mit der Geburt in der Krippe ist eine ganze Weile her. Lange bevor ich geboren wurde, war das. Wenn Gott das auch für mich getan hat, dann hat er es jedenfalls getan, bevor es mich überhaupt gab. Bevor er mich hat entstehen lassen, gemacht hat, hat er sich schon überlegt, wie er mein Gott werden könnte.... 2. Da ich noch nicht geboren war, / da bist du mir geboren / und hast mich dir zu eigen gar, / eh ich dich kannt, erkoren. I Eh ich durch deine Hand gemacht, I da hast du schon bei dir bedacht, I wie du mein wolltest werden. Was Gott mir gegenüber empfindet, ist also keine Reaktion auf mein Verhalten ihm gegenüber, sondern es war schon vorher da. 3. So hell es leuchtet von der Krippe, so dunkel ist das, wo das Licht hin scheinen soll. lch lag in tiefster Todesnacht — schreibt Paul Gerhardt. lch komme, bring und schenke dir. So etwas Unglaubliches ist geschehen. Gott kommt. Da schenk ich gern alles her, sagt Paul Gerhardt, alles, ohne zu überlegen. Meinen Geist, meinen Sinn, Herz, Seele, Mut—alles. Er hat also nicht gedacht: das ist aber ein prächtiger Bursche, ein feines Mädchen, für die komme ich auf die Welt. Für den, für die, gebe ich mein Leben. ,,Christus ist für euch gestorben, als ihr noch Sünder wart—sagt die Bibel. Das kann wie beim Dichter Paul Gerhardt — das undurchdringliche Dunkel des Todes von Kindern sein (er hat es viele Male in seiner Familie erlebt) oder auch eine Zeit, in der ich mich selbst nicht mehr annehmen und bejahen kann. Eine Nullpunktsituation. Gott etwas schenken wollen - das ist uralt – um ihn ein wenig günstiger zu stimmen, um irgendetwas wieder gut zu machen, um ihn vielleicht ein wenig zu beeinflussen? Er hat mich ausgesucht, ehe ich ihn kannte. Es ist nicht ohne weiteres hell. Auch nicht an Weihnachten. Mir kommt das vor wie in einer Filmszene, in einem Science fiction: Davon ist hier keine Rede . Es ist doch sowieso alles von dir. Was du mir hast gegeben - es fließt zurück. ,,Sie sind der richtige. Wir haben uns genau informiert. Die Gene durchgescannt, die Hirnstruktur untersucht, das Potential gecheckt. Wir möchten sie haben, wir möchten, dass sie für uns arbeiten. Sie sind der Richtige.” Gerhard Schöne hat es in einer Strophe, die er zu diesem Lied von Paul Gerhard und J.S. Bach geschrieben hat so ausgedrückt, wie es auf unserem Liedblatt steht. Was könnte daraus werden, wenn wir unsere innersten Kräfte Gott bringen, sie von Gott auch für das kommende Jahr in Dienst nehmen lassen? Wir singen: 1. lch steh an deiner Krippen hier, / o Jesu, du mein Leben; I ich komme, bring und schenke dir,! was du mir hast gegeben. / Nimm hin, es ist mein Geist Bevor der zukünftige Held irgend etwas getan hat. So sagt Gott: Du bist der Richtige! Bevor ich irgendetwas gemacht habe. Er denkt lange vor unserer Geburt darüber nach, wie er unser Gott werden kann. Wir singen es: Ich lag in tiefster Todesnacht. Kein Traum will mehr gelingen. Hab Tür und Fenster zugemacht. Der Mund mag nicht mehr singen. O Gott des Lebens, hol mich raus! Brich ein in dieses tote Haus Und mach es hell darinnen. Es kann eine Unfähigkeit geben, zu singen und zu beten. Aber wer noch singen kann: Brich ein in dieses tote Haus Und mach es hell darinnen - der hat noch nicht verloren. Paul Gerhardt malt die Sonne — der Inbegriff von Wärme und Licht, von Leben. So bist du für mich geworden, Jesus. Wie die Sonne. Und du hast das wertvolle Licht des Glaubens in mir zugerichtet. Hast für meinen Glauben gesorgt. Wie wäre es, wenn wir dieses Glaubenslichtchen — hervorkramen, leuchten lassen. Ein Funke von Gottes Licht. Der Glaube kommt zum Leuchten, wenn ich ihn benutze, darauf setze..... 3. lch lag in tiefster Todesnacht, I du warest meine Sonne, / die Sonne, die mir zugebracht/ Licht, Leben, Freud und Wonne. / 0 Sonne, die das werte Licht I des Glaubens in mir zugericht’, / wie schön sind deine Strahien! 4. Ich sehe dich mit Freuden an / und kann mich nicht satt sehen; I und weil ich nun nichts weiter kann, / bleib ich anbetend stehen. / 0 daB mein Sinn ein Abgrund wär / und meine Seel ein weites Meer, / dall ich dich möchte fassen! 4. - Der in Bethlehem Geborene ist nicht gekommen, dass wir uns für ein paar Stunden einer sehr zerbrechlichen Feststimmung hingeben. Er will Licht in unser Dunkel bringen: in Traurigkeiten, Ängste und Verletzungen, Schuldiggewordensein. In die Dunkelheit von: Krankheit und Tod. Und er will Freude geben, mich mit Freude füllen. Paul Gerhardt ist fassungslos, er will nur noch anschauen, anbeten, umfassen. Staunen. Er kann sich nicht satt sehen und nur noch stehen bleiben. Gefäß will er sein. Ein Abgrund, ein Meer— um Platz zu haben für Gott. Wieviel Platz habe ich für Gott? 9. Eins aber, hoff ich, wirst du mir, I mein Heiland, nicht versagen: I daß ich dich möge für und für / in, bei und an mir tragen. I So laß mich doch dem Kripplein sein; I komm, komm und lege bei mir ein I dich und all deine Freuden. 9. - Wer also begriffen hat, dass hier nicht ein Königskind, ein kleines Prinzchen unter vielen geboren ist, sondern der Retter aus den Todesnächten, der gibt sich nicht zufrieden mit einer kleinen Aufwallung seiner Gefühle so um Weihnachten herum. Der möchte in einen näheren, einen bleibenden Kontakt mit diesem Retter treten. lch möchte dich — ganz und gar, völlig — in mir, bei mir und an mir tragen. lch möchte dich immer dabei haben! Das ist mein sehnlichster Wunsch. lch hoffe, du schlägst es mir nicht aus. Und wieder schaut sich Paul Gerhardt die Krippenszene an. Die mit Geschenken kommen, hatten wir in der ersten Strophe. Mit was kann ich mich noch identifizieren? Wie könnte ich noch sein? Lass mich doch dem Kripplein sein. Ein Gefäß für Gott. Komm, komm und lege bei mir ein Dich und all deine Freuden. Noch einmal alle Strophen: 1-4.9