Rechtliche Fragen bei Demenzerkrankungen Ein Leitfaden für Angehörige Dagmar Boving Rechtsanwältin Cäcilienstr. 48 50667 Köln Tel.: 0221 258834-0 Fax: 0221 258834 10 [email protected] www.boving-anwalt.com November 2012 1 Inhalt: Seite Vorwort 3 Was geschieht, wenn mein Ehemann oder mein Vater zunehmend dement wird: Kann er selber noch einen Vertrag abschließen, z. B. alleine einkaufen? 4 Ist jemand, der unter Demenz leidet, geschäftsunfähig? 4 Was ist mit den Begriffen „krankhafte Störung der Geistestätigkeit“, „Dauerzustand“, „Ausschluss der freien Willensbestimmung“ gemeint? 4 Was bedeutet das für Angehörige eines Demenzkranken? 5 Kann meine an Demenz Bankgeschäfte ausüben? wirksam 7 Wer haftet für Schäden, die ein an Demenz erkrankter Angehöriger verursacht? 8 Kann mein an Demenz erkrankter Ehemann noch wirksam ein Testament errichten? 9 Kann meine an Demenz erkrankte Mutter eine wirksame Vorsorgevollmacht verfassen? 11 Bin ich verpflichtet, den Anordnungen in der Vorsorgevollmacht nachzukommen? 11 Kann ein an Demenz Erkrankter Patientenverfügung erstellen? eine wirksame 12 Kann ein an Demenz Erkrankter Betreuungsverfügung verfassen? eine wirksame 13 erkrankte Mutter Was geschieht mit Versicherungen, Demenzerkrankung festgestellt wird? wenn eine 14 2 Vorwort Diese kleine Broschüre richtet sich an all diejenigen, die sich um unter Demenz leidende Angehörige oder Freunde sorgen. Neben den persönlichen Belangen treten häufig auch rechtliche Fragen auf: So leben viele Menschen in der Vorstellung, dass, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sein sollten, für sich selber zu entscheiden oder zu handeln, „automatisch“ der Ehe- oder Lebenspartner oder die Kinder ermächtigt sind, zu entscheiden. Dieser Automatismus existiert im deutschen Recht nicht. Vielmehr muss für den Fall, dass man nicht mehr selber entscheiden kann, vorgesorgt werden, wenn nicht gewollt ist, dass unter Umständen ein Gericht entscheidet, wer Betreuer sein soll. Das bedeutet auch, dass ein Ehepartner oder sonstiger naher Angehöriger nicht für Schäden haftet, die ein an Demenz oder Alzheimer Erkrankter verursacht. Etwas anderes gilt aber dann, wenn der Ehepartner oder Angehörige vom Gericht als rechtlicher Betreuer bestellt wurde. Die folgende Darstellung will auf die am häufigsten gestellten Fragen Antworten geben. Wenn Sie weitergehenden Informationsbedarf haben, stehen wir gerne zur Verfügung. 3 Was geschieht, wenn mein Ehemann oder mein Vater zunehmend dement wird: Kann er selber noch einen Vertrag abschließen, z.B. alleine einkaufen gehen? Ob die abgeschlossenen Verträge, sei es bei einem Einkauf oder Beauftragung eines Handwerkers wirksam sind, hängt davon ab, ob der Betroffene im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geschäftsfähig ist. Unter Geschäftsfähigkeit versteht man die Fähigkeit, rechtlich bedeutsame Handlungen vorzunehmen. Sobald der Verdacht aufkommt, dass eine Person an einer Demenz erkrankt ist, stellt sich häufig auch die Frage, ob er oder sie überhaupt noch in der Lage ist, rechtsgeschäftliche Handlungen vorzunehmen, insbesondere Verträge abzuschließen oder sich anderweitig im Alltagsleben verbindlich zu äußern. Insoweit stellt sich die Frage: Ist jemand, der unter Demenz leidet, geschäftsunfähig? Das Gesetz (§ 104 BGB) definiert das so: Geschäftsunfähig ist, wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, wer sich in einem die freie Willensentscheidung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist. Was ist mit den Begriffen „krankhafte Störung der Geistestätigkeit“, „Dauerzustand“, „Ausschluss der freien Willensbestimmung“ gemeint? Bei einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit ist gleichgültig, unter welchem medizinischen Begriff die Störung fällt. Erfasst ist nicht nur die Geisteskrankheit, sondern auch die Geistesschwäche. Bei unter Betreuung stehenden Personen ist dies eine Frage des Einzelfalls. Von einem Dauerzustand kann auch bei heilbaren Störungen gesprochen werden, sofern die Behandlung längere Zeit in Anspruch nimmt. Kein Dauerzustand sind 4 Störungen, die periodisch auftreten. Bei einer wochenlangen Bewusstlosigkeit kann man von Geschäftsunfähigkeit ausgehen. Der Ausschluss der freien Willensbestimmung ist dann zu bejahen, wenn der Betroffene nicht mehr in der Lage ist, seine Entscheidungen von vernünftigen Erwägungen abzuleiten. Für einen Ausschluss der freien Willensbestimmung besteht auch dann keine Vermutung, wenn der Betroffene seit längerem an geistigen Störungen leidet. Das gilt auch bei fortschreitender Demenz. Eine bloße Willensschwäche reicht nicht, um die Geschäftsfähigkeit zu verneinen. Solange die Geschäftsunfähigkeit aber nicht ärztlich bescheinigt ist, ist die Geschäftsunfähigkeit schwer nachzuweisen. Das heißt, dass, solange eine Erkrankung noch nicht ärztlich bescheinigt worden ist, davon ausgegangen werden kann, dass der Betroffene rechtswirksame Geschäfte vornehmen kann. Sofern eine Demenz oder Alzheimererkrankung aber ärztlich bescheinigt wurde, heißt das nicht automatisch, dass keine Geschäftsfähigkeit vorliegt. Hier muss unterschieden werden, wie schwer die Erkrankung ist und ob gegebenenfalls ein sogenannter „lichter Augenblick“ vorgelegen hat. Was bedeutet das für Angehörige eines Demenzkranken? Wenn ein Demenzkranker, der geschäftsunfähig ist, ein Rechtsgeschäft getätigt hat, zu dem er nicht in der Lage war, ist das Geschäft unwirksam. Ausgenommen hiervon können Bagatellgeschäfte sein, wie z. B. der Kauf von Lebensmitteln, Dingen des täglichen Gebrauchs. Tipp: Hier können Angehörige oder Betreuer auch Regelungen mit den vertrauten Geschäften des Erkrankten treffen, damit der erkrankte Mensch auch diese Gewohnheiten beibehalten kann. Das hilft unter Umständen dabei, das Selbstwertgefühl und die gefühlte Eigenständigkeit noch eine Weile zu erhalten. 5 Bei anderen Geschäften müssen weder der Ehepartner noch Kinder noch ein evtl. Betreuer den Vertrag erfüllen und zahlen. Ist bereits Geld bezahlt worden, müssen die Geschäftspartner es dem Demenzerkrankten zurückerstatten (natürlich gegen Rückgabe der erworbenen Ware). In der Regel verhalten sich Unternehmen und Geschäftspartner kulant und verzichten, wenn sie von der Demenzerkrankung erfahren, auf Vertragserfüllung. Die Beweislast für die Geschäftsunfähigkeit liegt aber auf der Seite des Demenzerkrankten, d. h., wenn sich der Demenzerkrankte bzw. seine Angehörigen oder sein Betreuer auf die Geschäftsunfähigkeit des Erkrankten berufen, müssen sie auch den Nachweis erbringen, dass der Erkrankte im Zeitpunkt der Geschäftsvornahme geschäftsunfähig gewesen ist. Das erfolgt, soweit noch keine ärztliche Bescheinigung über die Geschäftsunfähigkeit vorlag, durch ärztliche Gutachten. 6 Kann meine an Demenz erkrankte Mutter wirksam Bankgeschäfte ausüben? Grundsätzlich: Ja. Häufig verlieren an Demenz erkrankte Menschen die Kontrolle über ihre finanziellen Angelegenheiten. Wenn sie nicht durch Vorsorgevollmachten vorgesorgt haben, wird dann in der Regel ein vom Gericht bestellter Betreuer an ihre Seite gestellt. Damit wird die Geschäftsfähigkeit aber nicht automatisch „entzogen“ wie ausgeführt, sondern es müssen die oben genannten Kriterien vorliegen, aus denen sich eine Geschäftsunfähigkeit ableiten lässt. Wenn erhebliche Gefahr für das Vermögen des Erkrankten besteht, kann das Betreuungsgericht die Geschäftsfähigkeit einschränken und anordnen, dass der Erkrankte bestimmte Geschäfte nur mit Einwilligung eines rechtlichen Betreuers vornehmen darf. Bitte beachten: Ein Geschäftsunfähiger kann nicht mehr Geschäftsführer eines Unternehmens sein. Hier ist es besonders wichtig, die Fortführung der Unternehmensgeschäfte frühzeitig durch Vorsorgevollmachten zu regeln. Bitte beachten: Die Anordnung der Betreuung hat auf die Geschäftsfähigkeit des Betreuten keinen Einfluss. Das heißt, jemand der unter Betreuung gestellt wird, ist nicht automatisch geschäftsunfähig. Der gute Glaube an die Geschäftsfähigkeit wird nicht geschützt. Das heißt, das Rechtsgeschäft eines Geschäftsunfähigen ist unwirksam. Bitte beachten: Formularmäßige Klauseln der Banken, die dem Bankkunden Schäden aus einer späteren Geschäftsunfähigkeit aufbürden, sind unwirksam. 7 Wer haftet für Schäden, die ein an Demenz erkrankter Angehöriger verursacht? Menschen, die an Demenz erkrankt sind, sind vielfach nicht mehr in der Lage, das Unrecht einer von ihnen begangenen Tat einzusehen. Wenn also beispielsweise ein an Demenz erkrankter Angehöriger blindlings über die Straße läuft oder im Supermarkt etwas einsteckt ohne zu bezahlen, weiß er aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr, dass er oder sie etwas Unrechtes tut. Entsprechend kann die Person für ihr Handeln auch nicht verantwortlich gemacht werden. Anders ist es dann, wenn der Gesundheitszustand schwankt und es „lichte Phasen“ gibt. Für diese Augenblicke kann derjenige zur Verantwortung gezogen werden, wenn nachgewiesen werden kann, dass ein „lichter Augenblick“ gegeben war. Für die durch an Demenz erkrankte Personen verursachten Schäden haften die Angehörigen grundsätzlich nicht (siehe hierzu auch Thema Versicherungen unten). Etwas anderes gilt aber dann, wenn der Angehörige kraft Gesetzes oder vertraglich zur Aufsichtspflicht verpflichtet ist. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn das Gericht einen Betreuer bestellt hat. 8 Kann mein an Demenz erkrankter Ehemann noch wirksam ein Testament errichten? Das hängt davon ab, ob er im Augenblick der Testamentserrichtung testierfähig ist. Die Testierfähigkeit, also die Fähigkeit ein wirksames Testament zu errichten, ist ein Sonderfall der Geschäftsfähigkeit. Testierfähig ist, wer den Inhalt seiner Bestimmungen erkennt und wer sich über die persönlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Bedachten ein Bild machen kann. Wer an Demenz erkrankt ist, ist nicht automatisch testierunfähig. In der Regel wird diese Frage postum untersucht: Typischer Sachverhalt ist der, dass ein an Demenz Erkrankter ein Testament errichtet hat und eines seiner drei Kinder als Alleinerben eingesetzt hat. Nach dem Tod des Erblassers ficht eines der beiden nicht bedachten Kinder das Testament mit der Begründung an, dass der Erblasser im Zeitpunkt der Testamentserrichtung aufgrund seiner Erkrankung nicht testierfähig gewesen und das Testament damit angreifbar sei. Entscheidend ist in solchen Konstellationen die Frage, wer die Beweislast trägt. Das Gesetz geht zunächst von der Testierfähigkeit aus. Das bedeutet, derjenige, der die Testierfähigkeit bezweifelt, muss beweisen, dass der Erblasser nicht testierfähig gewesen ist Wenn also die nicht bedachten Kinder die Testierfähigkeit erfolgreich in Zweifel ziehen wollen, müssen sie erhebliche Indizien für die Testierunfähigkeit vortragen. Wenn solche Indizien vorgetragen werden, ist zu unterscheiden: Können die nicht bedachten Kinder beweisen, dass der Erblasser an einer vaskulären Demenz, insbesondere bei Multiinfarkt-Demenzen, erkrankt war, muss in unserem Beispielsfall das begünstigte Kind das Vorliegen eines lichten Augenblicks beweisen. Das wird bei einer Arteriosklerose im letzten Stadium regelmäßig zu verneinen sein. Wenn der Erblasser kurz vor und kurz nach der Testamentserrichtung anhaltend testierunfähig war, und die nicht bedachten Kinder dies darlegen und beweisen können, spricht der erste Anschein für die Testierunfähigkeit im maßgeblichen Zeitpunkt. 9 Wenn der Krankheitsverlauf wechselhaft ist, insbesondere wenn die Verwirrtheitszustände eher vorübergehender Natur sind, muss derjenige, der sich auf die Testierunfähigkeit beruft, diese beweisen. 10 Kann meine an Demenz erkrankte Mutter eine wirksame Vorsorgevollmacht verfassen? Mit der Vorsorgevollmacht kann jeder von uns für den Zeitpunkt vorsorgen, in dem wir nicht mehr in der Lage sind, die eigenen Angelegenheiten selber wahrzunehmen. Häufig denkt man aber erst spät daran und manch einer hat erst, nachdem eine Demenzerkrankung diagnostiziert wird oder der Verdacht einer entsprechenden Erkrankung besteht, eine entsprechende Erklärung formuliert. Auch hier kann sich die Frage der Wirksamkeit einer solchen Vollmacht stellen. Derjenige, der eine Vorsorgevollmacht erteilt, muss geschäftsfähig sein, d.h. wie oben ausgeführt, die Diagnose oder der Verdacht einer Demenzerkrankung reichen nicht aus, um die Geschäftsfähigkeit eines Menschen zu verneinen. Wenn also ein an Demenz erkrankter Mensch eine Vorsorgevollmacht erteilt, so ist diese Vollmacht zunächst wirksam. Streitigkeiten können dann entstehen, wenn beispielsweise ein anderer naher Angehöriger die Wirksamkeit der erteilten Vollmacht bezweifelt. Zu den Beweisfragen gilt grundsätzlich das zur Testamentserrichtung Gesagte. In Zweifelsfällen sollten Sie stets den Rat eines Rechtsanwalts oder Notars einholen. Bin ich verpflichtet, den Anordnungen in der Vorsorgevollmacht nachzukommen? Grundsätzlich ja. Mitunter können Konfliktsituationen entstehen, weil die getroffenen Verfügungen dem widersprechen, was man sich selber zum Wohle des Vollmachtgebers wünscht. Hier gilt: Der Wille des Vollmachtgebers hat Vorrang. In Ausnahmefällen, in denen der geäußerte Wille offensichtlich den Interessen des Vollmachtgebers zuwider läuft und unter Umständen sogar dessen Gesundheit gefährdet oder das Vermögen schädigt, kann dem Willen zuwider gehandelt werden. 11 Kann ein an Demenz Erkrankter eine wirksame Patientenverfügung erstellen? Das Thema Patientenverfügung für an Demenz erkrankte Menschen ist nicht einfach zu behandeln. Die Patientenverfügung verfasst man für einen Fall, den man sich in gesundem Zustand letztendlich gar nicht vorstellen kann. Die Patientenverfügung dient zum einen dazu, den Willen des Verfassers zu bekunden und soll zum anderen helfen, diesen Willen durchzusetzen. Patientenverfügungen greifen erst dann, wenn die betroffene Person nicht mehr in der Lage ist, medizinischen oder pflegerischen Behandlungsvorschlägen selber zuzustimmen oder sie abzulehnen. Eine Patientenverfügung sollte immer auch eigene Vorstellungen und Werte vermitteln und eigene Wünsche für die Versorgung und das Sterben artikulieren. Gerade in einem frühen Stadium der Demenzerkrankung sind die Betroffenen hierzu noch in der Lage. Die wirksame Patientenverfügung kann auch von einem an Demenz erkrankten Menschen verfasst werden. Der Patientenwille steht an oberster Stelle. Es muss sichergestellt werden, dass dieser Wille noch fortbesteht. 12 Kann ein an Demenz Erkrankter eine wirksame Betreuungsverfügung verfassen? Mit einer Betreuungsverfügung können Wünsche geäußert werden, wer für den Fall, dass eine gerichtliche Betreuung angeordnet wird, diese Betreuung wahrnehmen soll. Auch eine Betreuungsverfügung kann durch einen an Demenz Erkrankten wirksam erstellt werden. Grund hierfür ist, dass im Betreuungsverfahren grundsätzlich der natürliche und nicht unbedingt auch der vernünftige Wille entscheidend ist. Eine Betreuungsverfügung beinhaltet nichts anderes als den Willen des Demenzkranken. Allerdings muss er noch in der Lage sein, seinen Willen in irgendeiner Weise zu äußern. Bei weit fortgeschrittener Demenz ist dies nicht mehr möglich. 13 Was geschieht mit Versicherungen, wenn eine Demenzerkrankung festgestellt wird? Mit einer fortschreitenden Demenz steigt auch das Risiko, sich oder anderen Schaden zuzufügen. Derjenige, der nicht mehr fähig ist, das Unrecht einer Handlung einzusehen und dementsprechend umsichtig zu handeln, muss nicht haften. Rechtlich spricht man dabei von Schuldunfähigkeit. Problem hierbei sind aber die sogenannten „lichten Augenblicke“. Denn in sogenannten „lichten Augenblicken“ ist der Erkrankte schuldfähig Wenn ein Demenzerkrankter einen Dritten schädigt, so wird dieser in aller Regel versuchen, entweder den Erkrankten selber (unter der Berufung auf „lichte Augenblicke“) oder aber einen betreuenden Angehörigen oder aber einen rechtlichen Betreuer zur Verantwortung zu ziehen. Dabei muss der Geschädigte aber nachweisen, dass der Angehörige oder Betreuer die Aufsichtspflicht verletzt hat. Hinweis: Angehörige und/oder Betreuer sollten in jedem Fall eine eigene Haftpflichtversicherung abschließen, falls sie noch keine entsprechende Versicherung haben. Auch hier bitte beachten, dass die Versicherung über die übernommene Verantwortung informiert werden muss; sie kann sich ansonsten im Schadensfall weigern zu zahlen. Bitte beachten: Die ehrenamtlichen Betreuer sind automatisch staatlich haftpflichtversichert. Die Haftpflichtversicherung sollte über den Erkrankungsfall informiert werden. Wenn dies versäumt wird, steigt auch das Risiko, dass die Leistung im Schadensfall verweigert wird. Andererseits besteht das Risiko, dass die Versicherung den Versicherungsvertrag kündigt. Bitte beachten: Bei vielen Versicherungen gelten Demenzerkrankte sogar automatisch als nicht versicherungsfähig. 14 1. Private Haftpflichtversicherung: Wenn die Versicherung bei Eintritt der Erkrankung bereits bestanden hat, ist von einer so genannten nachträglichen Gefahrerhöhung auszugehen. Der Betroffene ist verpflichtet, den Versicherer über die Erkrankung zu unterrichten. Das Versicherungsunternehmen kann den Vertrag fristgerecht kündigen oder mit erhöhten Beiträgen fortführen. Wenn der Erkrankte das Versicherungsunternehmen nicht informiert hat, kann der Versicherer im Schadensfall den Vertrag fristlos kündigen und die Leistung verweigern, es sei denn, der Schadensfall tritt innerhalb eines Monats nach Bekanntwerden der Krankheit ein. Sollten die Versicherungsgesellschaften die Beiträge erhöhen, wenn sie von der Demenzerkrankung erfahren oder aber den Vertrag sogar kündigen, so haben die Versicherungen das Recht dazu. Die Praxis ist nicht einheitlich. Pflegenden Angehörigen sei daher empfohlen, die regionalen Beratungsstellen der Versicherungen zu befragen. Regional verhalten sich die Versicherungen oft sehr unterschiedlich. 2. Private Unfallversicherungen Oftmals schädigen die erkrankten Angehörigen nicht andere, sondern sich selbst, so dass sich die Frage stellt, ob die bestehende private Unfallversicherung in so einem Fall leistet. Laut der Allgemeinen Unfallversicherungen sind Demenzerkrankte nicht versicherungsfähig. Das heißt, dass Unfallversicherungen bei Unfällen, die Erkrankte selbst erleiden, in keinem Fall zur Leistung verpflichtet sind. Das gilt auch dann, wenn der Unfall gar nicht durch die Demenz verursacht worden ist. Ratsam ist daher, die Unfallversicherung über die Erkrankung zu informieren und die geleisteten Beträge zurückzuverlangen. Einige Versicherer lassen sich auf eine Weiterversicherung ein. Krankheitsbedingte Unfälle sind dann nicht mehr abgedeckt, aber die Versicherung zahlt beispielsweise, wenn Demenzerkrankte im Schnee ausrutschen und sich verletzen. 15 3. Rechtsschutzversicherung Hier dürften sich keine Besonderheiten ergeben; es sei denn, ein Rechtsstreit resultierte aus der Alzheimer Erkrankung. 4. Kfz-Haftpflichtversicherungsschutz Jeder Halter eines Kraftfahrzeugs ist verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, um die durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursachten Sach- und Personen- sowie sonstigen Vermögensschäden abzudecken. Grundsätzlich besteht Versicherungsschutz, wenn ein Demenzerkrankter im Straßenverkehr ein Fahrzeug führt. In den Allgemeinen Bedingungen für Kraftfahrtversicherung ist kein Ausschlusstatbestand formuliert. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass die Versicherung einen demenzerkrankten Versicherungsnehmer in Anspruch nimmt, weil durch die Erkrankung eine sogenannte Gefahrerhöhung vorliegt. Das würde auch nichts ändern, wenn die Erkrankung bereits bei Abschluss des Vertrages vorgelegen hätte. Bitte beachten: Die Behörden überwachen, ob ein Verkehrsteilnehmer zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist. Die Fahrerlaubnisbehörde wird in der Regel dann tätig, wenn sie von Tatsachen erfährt, die Bedenken gegen die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen rechtfertigen. An einer Demenz Erkrankte sollten sich ihrer Verantwortung im Straßenverkehr bewusst sein und sich regelmäßig wenigstens bei ihrem Arzt über ihre Fahreignung informieren. Dagmar Boving Rechtsanwältin 16