Gründonnerstag 2013 Im Antwortpsalm haben wir gehört, wie der Psalmist fragt: „Wie kann ich dem Herrn all das vergelten, was er mir Gutes getan hat?“ Es ist der tiefe Wunsch, zu danken und den Dank auszudrücken. Demgegenüber drückt ein Sprichwort unsere menschliche Erfahrung aus: „Undank ist der Welten Lohn“. Daß das Sprichwort recht hat, hat wohl jeder von uns schon einmal erlebt. Da tut man jemandem etwas Gutes, da bringt man ein Opfer. Und man bekommt nicht einmal ein Dankeschön. Man macht es ja nicht für den Dank, aber es ist doch ärgerlich, daß man nicht einmal ein leises „Danke“ zu hören bekommt. Der andere nimmt das Geleistete ganz selbstverständlich. Ich glaube, jeder von uns könnte viele Beispiele bringen, angefangen von Kleinigkeiten bis hin zu großen Lebensenttäuschungen etwa in Bezug auf die eigenen Kinder. Die Liebe, die wir schenken, wird nicht immer erwidert. Oft gibt man viel und erhält wenig oder gar nichts zurück. Wie tief enttäuschen und verletzen kann uns das! Fragen wir uns aber heute: Was hat Jesus denn als Dank erhalten? Er verläßt das absolute Glück beim Vater, um uns suchen zu gehen. Er läuft hungrig und durstig mit seinen Füßen auf den staubigen Straßen dieser Welt, segnet mit seinen Händen die Kinder, heilt Kranke, treibt Dämonen aus, gibt Licht und Weisung durch Sein Wort. Und zum Dank wird er gemein verleumdet, auf brutalste Weise gefoltert, mit Händen und Füßen ans Kreuz genagelt. Doch das Wunder aller Wunder geschieht: er hört dennoch nicht auf zu lieben. Er liebt Judas, er liebt alle, die ihn schlagen und annageln, die ihn verurteilen und die ihn im Stich lassen. Kein Undank, kein Haß kann seine Liebe besiegen. Er liebt uns. Er liebt umsonst und ohne Maß. Wenn wir nur ein wenig bedenken, wie allergisch wir selber oft auf den kleinsten Undank uns gegenüber reagieren, dann können wir erahnen, was das für eine Liebe sein muß, die Jesus lebt. Und wir erahnen auch, daß vieles, was bei uns Liebe genannt wird, in Wahrheit keine ist, sondern eher Vorliebe, Anhänglichkeit, Berechnung und Begehren … Jesus zeigt uns: Liebe – das ist der Wille, die Person, die vor uns steht, anzunehmen und ihr zu dienen, ob sie es verdient hat oder nicht. Brüder und Schwestern, diese Liebe macht Angst, mir auch. Denn ich spüre: wenn ich versuche, so zu lieben, wenn ich damit ernst mache, dann wird das weh tun, dann ist das ganz gefährlich für mich. Diese Liebe führt zum Kreuz. Das will ich nicht. Diese Liebe ist umsonst und vergeblich. Sie gilt wenig in dieser Welt. Sie steht am Ende dumm da. Man kann mit ihr nichts verdienen und keine Anerkennung ernten. Mit ihr fährt man Verluste ein und zahlt drauf. Jesus aber hat diese Liebe. Vielmehr: Er ist diese Liebe. Morgen, am Karfreitag, wird uns das gezeigt in letzter Konsequenz. Aber auch jetzt, am Gründonnerstag, ist sie schon ganz da. Jesus wählt die Geste der Fußwaschung. Der Schöpfer dient seinem Geschöpf, auf Knien! Gott offenbart sich in einer Weise, die kein Mensch sich hätte ersinnen können. Jesus wäscht den Jüngern die Füße. Auch dem Judas! Und was tut Judas dafür noch heute nacht? Er verrät denn Herrn mit einem Kuß. An dieser Stelle können wir den Herrn um Hilfe bitten, damit unsere eigenen zwischenmenschlichen Gesten wahrhaftig sind, damit unsere Blicke, unsere Küsse, unsere Umarmungen, unsere Geschenke Ausdruck echter Liebe sein können und nicht heimlicher Verrat, kaschierter Egoismus oder als Liebe getarntes Begehren. Jesus erträgt den Kuß des Judas und alles, was folgt. Er ist das Opferlamm, das zum Schlachten geführt wird, die Liebe, die ganz umsonst ist. Deshalb rettet sein Blut vor dem Tod. Deshalb erfüllt sich in ihm, was in der alten Erzählung vom Pascha der Hebräer in Ägypten gesagt ist: „Wenn ich das Blut sehe, werde ich an euch vorübergehen, und das vernichtende Unheil wird euch nicht treffen“. Er ist dieses Lamm, dessen Blut rettet, weil nur die wahre und absolute Liebe uns retten kann vor dem Tod der Seele und des Leibes. Und Jesus sagt uns: „Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.“ Aber gibt uns sein Beispiel, aber nicht wie ein Spitzensportler einem Rollstuhlfahrer etwas vormacht und ihm dann sagt: Mach mir mal nach. Es geht nicht um eine unerreichbar hohe moralische Meßlatte, es geht nicht „katholische Ideale“, wie manche sagen. Sondern diese Liebe, diese Kraft, diese Hingabe, diese Entschiedenheit gibt uns sich selbst in Fleisch und Blut, um uns nach und nach in sich zu verwandeln. Das ist die hl. Eucharistie, das Hl. Meßopfer, das Allerhlgst. Altarssakrament. Nicht nur Brot wandelt sich in den Leib des Herrn und Wein in sein Blut. Sondern, was wir feiern, was wir empfangen, will uns verwandeln. So wird die Kirche immer mehr, was sie empfängt und was sie ist: Leib Christi, Liebe, die umsonst liebt. Wenn wir anfangen, zu verstehen, was der Herr für uns getan hat, dann fragen auch wir wie der Psalmist: „Wie kann ich dem Herrn all das vergelten, was er mir Gutes getan hat?“ Und wir geben uns mit dem Psalmisten selbst die Antwort: “Ich will dir ein Opfer des Dankes bringen und anrufen den Namen des Herrn. Ich will dem Herrn meine Gelübde erfüllen offen vor seinem ganzen Volk.“ Amen