B. Bettelheim

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- 1/4 B. Bettelheim hat versucht, die Entwicklung von Kibbuz-Kindern anhand des Eriksonschen
Modells der psychosozialen Entwicklung zu analysieren, um es mit der Entwicklung von Kindern in traditionellen Familienstrukturen zu vergleichen.
Die Auszüge sind dem Buch: B. Bettelheim, „Kinder der Zukunft“, 1970 entnommen.
Zur 1. Phase: Urvertrauen versus Urmisstrauen
Man könnte sagen, dass die grundlegende Persönlichkeit im Säuglingsalter und später die
grundlegende Einstellung zum Leben nicht durch eine absolute Quantität von Vertrauen beziehungsweise Misstrauen bestimmt werden, sondern durch die Bilanz aus diesen beiden Tendenzen. Einfacher gesagt: Tiefgreifende Erfahrungen, die Misstrauen oder Vertrauen erwecken,
können eine Lebenseinstellung hervorrufen, die jener sehr ähnlich ist, die durch ein gemäßigtes
Erleben von Vertrauen und Misstrauen geformt wurde. Wird das Negative vom Positiven abgezogen, so ist der verbleibende Rest in beiden Fällen der gleiche, auch wenn die absoluten Größen ganz verschieden sind.
So kann eine geringe Basis des Vertrauens – wenn wenig Anlass für Misstrauen vorhanden ist –
die gleiche grundlegende Sicherheit erzeugen wie eine Vielzahl Vertrauen schaffender Erfahrungen, die durch zahlreiche Anlässe zum Misstrauen aufgewogen werden.[...]
Das Urvertrauen entsteht bereits in einem sehr frühen Alter aus der Art der empfangenen mütterlichen Fürsorge. Wenn die Bedürfnisse des Kindes richtig und ausreichend befriedigt werden,
dann entwickelt sich – so nehmen wir an – ein Gefühl des Vertrauens. Im Kibbuz sind es verschiedene Personen, denen diese Fürsorge obliegt. Es wäre daher möglich, dass die Notwendigkeit, sich an verschiedene Personen anzupassen, das Gefühl des Vertrauens in die Verlässlichkeit dieser Welt stört. Andererseits fühlt der Säugling sich kaum jemals verlassen, da ja verschiedene Personen und vor allem die Metapelet zu seiner ständigen Betreuung da sind (und er
weniger Anlass hat, darüber ängstlich zu sein, dass die bemutternde Person außerhalb seiner
„Reichweite“ ist), so dass weniger Anlass zur Entstehung von Misstrauen vorhanden ist. Daher
dürfen wir annehmen, dass die Pflege des Kindes klagloser vor sich geht als dort, wo die Mutter
zahlreiche andere Aufgaben (Haushalt, Arbeit, Geschwister, Ehemann) zu erfüllen hat.
Und auch dies ist wichtig: Da ständig andere Säuglinge vorhanden sind, wird weniger Misstrauen, weniger Angst vor dem Verlassenwerden aufkommen. Und da anderseits in der Nacht keine
erwachsene Person vorhanden ist, wird es während dieser Stunden weniger Sicherheit geben.
Die Bemutterung durch verschiedene Personen und die besonderen Verhältnisse im Kibbuz
scheinen also weniger Vertrauen, aber auch weniger Misstrauen hervorzurufen. [...]
Mit einem Wort, die Extreme in der Entwicklung fehlen von Anfang an. Die Betreuung durch
die verschiedenen Personen gibt dem Kind nicht die absolute Sicherheit, die das Gefühl, im
Zentrum des mütterlichen Daseins zu stehen, mit sich bringt. Aber das Kind wird auch nicht die
absolute Abhängigkeit kennenlernen, die dieses Gefühl hervorbringen kann. Die Intensität der
intimen Wechselbeziehung, die in manchen Mutter-Kind-Beziehungen erreicht wird, existiert
nicht. Aber das Kind wird auch nicht das andere Extrem, das Fehlen dieser Wechselbeziehung
(und daher Isolierung und Entfremdung) kennenlernen, das eine schlechte Mutter-KindBeziehung mit sich bringt. Und solche unbefriedigenden Beziehungen gibt es häufig in unseren
Familien, wenn die Mutter infolge eigener seelischer Probleme oder nur aus Zeitmangel nicht
imstande ist, dem Kleinkind die entsprechende Fürsorge angedeihen zu lassen. [...]
Zur 2. Phase: Autonomie versus Scham und Zweifel
Der Unterschied zwischen Eriksons Modell und der Kibbuzrealität ist auch in der zweiten psychosozialen Krise – Autonomie kontra Scham und Zweifel – sehr deutlich erkennbar.[...] Im
Kibbuz ist die peer group bereits während der zweiten psychosozialen Krise äußerst wichtig,
nicht nur durch ihr Vorhandensein, sondern auch durch ihre echte Hilfe (z. B. bei der Sauberkeitserziehung und bei anderen Formen früher Sozialisierung). [...]
Da es die anderen Kinder sind, die Beispiele setzen und die Erziehung zur Sauberkeit beeinflussen, schämen sich die Kleinen wesentlich weniger, als es bei der Erziehung durch Erwachsene
der Fall ist. Auch ist der Radius signifikanter Beziehungen wesentlich größer, denn zu den Eltern kommt die peer grpup, wenn nicht fast der gesamte Kibbuz hinzu. „Sich zurückhalten“ und
- 2/4 „sich gegenlassen“ sind im Kibbuz nicht so wichtig, weil dem Sauberkeitstraining, den Tischmanieren, der Reinlichkeit und der Kleiderpflege viel weniger Bedeutung beigemessen wird.
Daher sind auch der Wunsch nach Privateigentum und jene betonte Unabhängigkeit seltener, die
auf dem starrköpfigen Beharren, die Dinge nach dem eigenen Kopf durchzuführen, beruhen.
Auf anderen Gebieten aber entwickelt das Kibbuzkind eine wesentlich größere Unabhängigkeit,
weil es so weitgehend sich selbst überlassen bleibt.
Die geringe Anzahl von Geboten und Verboten und ein viel weniger rigoroses Sauberkeitstraining lassen das Gefühl für „Gesetz und Ordnung“ nicht so stark in Fleisch und Blut übergehen.
„Gesetz und Ordnung“ wird weniger durch das Sauberkeitstraining als vielmehr durch die „Gesetze“ des Kibbuz vermittelt. Schon zu diesem frühen Zeitpunkt ist es weniger die Stimme des
Gewissens als die peer group, die Gebote und Verbote äußert. Und diese werden durch den
Gruppeneinfluss, durch das Sichschämen vor den anderen verstärkt.
Aber dieses Sichschämen ist wesentlich milder, als wenn es durch Erwachsene hervorgerufen
wird – nicht weil die anderen Kinder weniger Bedeutung haben, sondern weil das Kind sieht,
wie oft die Kinder, die es beschämen, selbst die Gebote der Gemeinschaft überschreiten. Deshalb sind Gebote und Verbote weniger wichtig und verursachen weniger Zweifel an der eigenen
Persönlichkeit. So ist hier die Erfahrung von Scham andersgeartet als bei den Kindern unseres
Mittelstandes. Sie entstammt nicht dem großen Unterschied zwischen „meinem Benehmen“ und
dem des Erwachsenen, sondern dem eher kleinen Unterschied zwischen zwei vergleichbaren
Gleichaltrigen. Auch dies vermindert die Intensität des Zweifels.
Zur 3. Phase: Initiative versus Schuldgefühl
Aber im Kibbuz gibt es keine Familiengemeinschaft in unserem Sinn. Vater und Mutter einerseits, Metapelets und peer group andererseits ersetzen sie. Und noch wichtiger ist, dass der Radius der signifikanten Beziehungen zu diesem Zeitpunkt bereits wesentlich größer ist, als es das
Mittelstandsmodell vorsieht. Er erstreckt sich auf den ganzen Kibbuz, weil dieser so viele Funktionen erfüllt, die in unserem Milieu den Eltern zukommen; er ist der wesentliche Versorger, er
gewährt Schutz usw.
Erikson schreibt über die dritte Periode: „Jetzt muss das Kind herausfinden, welche Art Mensch
es sein wird.[...] es möchte wie seine Eltern werden, die ihm schön und sehr mächtig erscheinen,
obwohl auch auf eine nicht einzukalkulierende Art gefährlich. Es identifiziert sich mit ihnen, es
stellt sich vor, wie es wäre, der Vater oder die Mutter zu sein. In unserer Mittelstandsfamilie
sind also die Eltern die idealen Prototypen, an denen sich das Kind in dieser Periode ausrichtet.
Auch das Kibbuzkind muss jetzt herausfinden, welche Art Mensch es werden will. Während
dieser Altersstufe sind die Metapelets die mächtigsten Personen. (Die Eltern sind zwar auch
wichtig, aber weder besonders mächtig noch gefährlich.) Und wenn die Kinder – wie unsere – in
diesem Alter „Erwachsensein“ spielen, dann übernehmen die Mädchen die Rolle der Metapelets, und Mädchen wie Buben verkörpern am liebsten Personen, die im Kibbuz hohes Ansehen
genießen, wie z.B. der Lastwagenfahrer.
Es erfolgt also in einem viel früheren Alter eine Identifizierung mit den „Kulturträgern“ der Gesellschaft [...] Die Identifizierung mit dem, wofür der Kibbuz steht, hat Vorrang vor der Identifizierung mit den Eltern. Auch identifizieren die Kinder sich seltener mit einer bestimmten Person
als mit einer Rolle, die die Gruppe bewundert. Das Kind möchte weniger einer ausgeprägt individuell gedachten Person ähnlich sein [...] als vielmehr ein guter Kamerad werden. Und dieses
Ideal steht im Einklang mit dem Ichideal seiner Eltern und dem Moralkodex der Gemeinschaft.
Im Kibbuz sind die Ichideale von Vater und Mutter (und auch die Metapelets) einander viel ähnlicher, als es in unseren Mittelstandsfamilien der Fall ist. Selbst wenn das Kind den Wunsch
hätte, anders zu werden und sich von ihnen zu unterscheiden, so fände es kaum Leitbilder, die
unterschiedlich genug wären, damit sie ihm als jeweils andersgeartete Vorbilder dienen könnten.
In diesem Alter ist das Leben sehr einfach – ein Vorteil, für den jene Jugendlichen bezahlen
müssen, die sich in der Adoleszenz nach einer ausgeprägten Identität sehnen.
In dieser dritten Periode konzentriert sich die soziale Krise auf das Problem von Initiative kontra
Schuldgefühl. Letzteres entsteht im Kibbuz durch Übertreten der Regeln der Kindergemeinschaft und nicht durch Verletzung der Grundregeln einer engen Familie. Daher sieht das
- 3/4 Schuldgefühl vollkommen anders aus als in unserer Kultur. Schuldgefühle im Kibbuz basieren
im Wesentlichen auf der Angst: „Sie werden glauben, ich sei nichts wert“; und weniger wie bei
uns: „Ich glaube, ich bin nichts wert“; im Gewissen des Mittelstandskindes ist die relative Wichtigkeit dieser beiden Elemente genau umgekehrt! [...]
Gewissensbildung im Kibbuz
Das kollektive Überich entsteht durch kollektive und nicht durch ausschließlich persönliche
Gebote. Es ist – wie das individuelle Ich des Mittelstandskindes – eine innere Stimme, ein Echo
auf ein äußeres Äquivalent. Es ist aber keine Stimme, die mir speziell zuruft: „Du darfst nicht!“,
sondern ein Chor von Stimmen, der der Gruppe als Ganzes sagt: „Ihr dürft nicht!“ Die Macht
dieser Stimmen kommt weniger von einem „Wenn du nicht das Rechte tust, werde ich dich verlassen!“, sondern von dem gefürchteten „Wir werden jeden ausschließen, der es wagt, seine eigenen Wünsche höher zu stellen als die der Gemeinschaft.“
Der entscheidende Unterschied ist der, dass das Kind Teil dieses „Wir“ ist, das bestimmt, was
getan und was nicht getan werden darf. Dadurch wird die Stimme des Gewissens weniger
furchterregend, sie wird viel mehr vertrauter als das auf internalisierten elterlichen Mahnungen
basierende Überich. Dafür können wir den Einflüssen eines solchen Gewissens kaum entfliehen:
Wir können versuchen, uns vor den Eltern zu verstecken, ja selbst vor Gott, auch wenn ihre
Stimmen Erfurcht einflößen und ihre Drohungen Schrecken hervorrufen. Aber wir können uns
niemals vor einem Kontrollsystem verbergen, dessen Teil wir sind.
Dieser Unterschied entspringt weniger der Kibbuzphilosophie als der Kibbuzrealität. Das Kind
des Mittelstandes ist oft allein; es hört die mahnende Stimme der Mutter aus der Ferne und kann
behaupten: „Ich habe dich nicht gehört!“ Das Kibbuzkind hingegen ist niemals allein und niemals unbeobachtet. In beiden Fällen ist es die Angst, verlassen, ausgestoßen und daher zerstört
zu werden, die diesen Prozess der Internalisation einleitet (da das Kind nicht allein für sich sorgen kann.)
In dieser Beziehung mag die Angst, ein Gebot zu verletzen, im Kibbuz noch größer sein, denn
es ist nicht eine einzelne mächtige Persönlichkeit, die den Übeltäter zu verlassen droht – in diesem Fall wäre doch zumindest die Möglichekti vorhanden, einen anderen Menschen zu finden,
der dies nicht tut -, sondern die Gruppe als Ganzes. Obwohl die einzelnen Stimmen, für sich
genommen, weniger mächtig sind, gibt es keine Rettung durch eine Person, die vielleicht andere
Maßstäbe setzt. Auch hier müssen wieder Soll und Haben abgewogen werden: Die Quelle des
Kibbuz-Überichs ist weniger mächtig als in einer autoritären Mittelstandsfamilie. Aber die Gebote sind unbedingter und absoluter, denn es gibt keine anderen Stimmen, die Zweifel oder Auflehnung unterstützen würden.
Welche Art von Ich entwickelt sich bei einem solchen kollektiven Überich? Vor allem wird es
eine geringere Kluft zwischen Ich und Überich geben, da die Forderungen des Überichs von
dem Ich (als Teil des „Wir“) mitgeschaffen wurden. Da das Kind in einer Gesellschaft der
Übereinstimmung aufwächst, ist die Aufgabe des Ichs wesentlich vereinfacht: sie besteht in der
Vermittlung zwischen den Ansprüchen des Es einserseits und den Forderungen des Gewissens
und der Realität andererseits. Denn im Kibbuz ist die Befolgung der Forderungen des Überichs
gleichbedeutend mit der Befolgung der Forderungen der Umwelt. [...]
Zur 4. Phase: Werksinn versus Minderwertigkeitsgefühl
Unsere Kinder hatten meist mehr als genug Zeit zu einsamen Spielen. Aber in vielen Fällen
fehlte ihrem Leben die Erfahrung, gebraucht zu werden [...] Damit verglichen hat das Kibbuzkind wesentlich mehr Gelegenheit, nützliche Dinge zu tun – und sie gut zu tun. Aber seinem
Leben fehlt – wieder vergleichsweise – die Möglichkeit, allein mit sich selbst oder in Gesellschaft von Büchern zu sein. Denn das Kibbuzkind ist niemals allein. Selbst wenn es einen Augenblick lang allein spielt, kommt bald ein anderes Kind oder ein Erwachsener hinzu, denn das
Niemand-allein-lassen-Wollen macht auch vor einem Kind nicht halt. Und das Kind lernt, dies
als Teil seines täglichen Lebens zu akzeptieren. Andererseits beginnt das Bedürfnis nach einer
nutzvollen Tätigkeit und die hohe Wertschätzung derselben bereits vor dem Einsetzen der Latenzperiode. Schon im Spielalter nimmt das Kind, wenn es im Garten arbeitet oder Tiere pflegt,
am wirtschaftlichen Leben des Kibbuz teil. Und vom Augenblick des Schuleintritts an wird es
- 4/4 auf der Kinderfarm arbeiten, und zwar fleißig und mit Hingabe.
So ist der Zeitplan, nach dem die Individuation vor sich geht, in der Kibbuzgesellschaft völlig
anders als bei uns. Erst im Verlauf der Adoleszenz wird der Jugendliche des Kibbuz vielleicht
das Alleinsein kennenlernen, und auch dann nur für kurze Zeitspannen und unter großen
Schwierigkeiten. Aber dann ist es bereits zu spät dafür, die Internalisation nachzuholen, die
schöpferisches Alleinsein im Kleinkind hervorruft. [...]
Das Kind des Mittelstandes verspürt einen mächtigen und oft frustrierten Drang, sich nützlich
zu machen und sinnvolle Arbeit zu leisten. Vom Kibbuzkind wird konstruktive Arbeit gefordert.
Und sie hilft ihm nicht nur für seine spätere Entwicklung, sondern bringt ihm, ebenso wie den
Eltern und den anderen Erwachsenen, sofortige Belohnung.
Die große Chance, schon früh seinen Werksinn in einer Art auszuleben, die für die Gesellschaft
nutzbringend ist, lässt kaum Minderwertigkeitsgefühle aufkommen. Innerhalb seiner Gesellschaft wird der Jugendliche keinerlei derartige Empfindungen haben.
Es ist richtig, dass die beschränkten Möglichkeiten zu sinnvollen Aktivitäten und der Mangel an
Alleinsein das Kibbuzkind hauptsächlich für das Leben innerhalb dieser geschlossenen Gesellschaft tauglich machen; in jede andere wird es sich nur schwer einordnen können. Aber darauf
wird es weniger mit einem Gefühl persönlicher Minderwertigkeit als mit dem der Überlegenheit
reagieren. „Das sind schlechte Gesellschaftsformen. Warum sollte ich minderwertig sein, wenn
ich nicht hineinpasse?“ Es wird sich dort ungut fühlen, fehl am Platz, unsicher, sogar verloren,
aber nicht minderwertig. Daher wird es anderen Lebensbedingungen aus dem Weg gehen [...]
sich ihnen aber innerlich überlegen fühlen. Daher resultiert die sogenannte Arroganz des im
Kibbuz geborenen Erwachsenen, die dem Außenstehenden in merkwürdigem Gegensatz zu dessen beschränktem und beschränkendem Horizont zu stehen scheint. Tatsächlich spiegeln beide
Merkmale seine Selbstgenügsamkeit, wenn er innerhalb der Gruppe steht, und das Gefühl, diese
zu verlieren, wenn er sich, fern von ihr, in einer fremden Welt befindet.
Da seine Gesellschaft keine Minderwertigkeitskomplexe in ihm aufkommen lässt, sondern ihm,
ganz im Gegenteil, ein Gefühl der Sicherheit verleiht, da er seinen Werksinn voll befriedigen
kann, ist diese vierte psychosoziale Krise für ihn weit weniger intensiv als für die Kinder unseres Mittelstandes. Auch hier hat also das Kibbuzkind das große Los gezogen. Aber da das Kibbuzkind in Bezug auf Werksinn kontra Minderwertigkeitsgefühl keine schwere Krise zu meistern hat, muss es auch keine starken inneren Kräfte zu deren Bewältigungt entwickeln. Und es
fehlt die nach der erfolgreichen Lösung eines solchen Konflikts eintretende Vertiefung der Persönlichkeit. [...]
Aufgaben:
1. Lässt sich das psychosozialen Modell E.H. Eriksons auch für eine Beschreibung und Erklärung der Entwicklung von Kindern im Kibbuz anwenden?
2. Welche Unterschiede stellt B. Bettelheim zwischen der psychosozialen Entwicklung von
Kindern im Kibbuz im Vergleich zu Kinder, die in Familien aufwachsen, in den einzelnen Phasen fest?
3. Welche gravierenden lebensrelevanten Persönlichkeitsunterschiede entwickeln sich aus diesen verschiedenen Entwicklungs- und Sozialisationsbedingungen (Familienerziehung – Kollektiverziehung)?
4. Lassen sich daraus Konsequenzen für eine veränderte Familiensituation in unserer Gesellschaft ableiten (unvollständige Familien, Ganztagsschule, Ganztagsbetreung von Kindern, etc.)?
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