Psychosomatik: Fall 1 Beantwortung der Fragen: Frage 1: Differentialdiagnostische Überlegungen: Ungewollter Gewichtsverlust z.B. durch : - chronisch konsumierende Erkrankungen ( Tumoren), GI-Erkrankungen.( M. Crohn, Colitis ulcerosa, Malabsoptionssyndrome - Chronische Infektionskrankheiten (AIDS, Tbc,) - Drogen/Alhoholabhängigkeit - Hyperthyreose, unbehandelter D. M. - Andere psychiatrische Erkrankungen( Depression, Trauma) - Schizophrenie( Ich Störung – Gedankeneingebung) - Zwangsstörungen Frage 2: weitere Fragen zur Diagnosesicherung: - Haben Sie Angst Gewicht zuzulegen? Fühlen Sie sich im Moment zu dick? Hatten Sie schon öfters ein Schwächegefühl? Wollen Sie noch mehr abnehmen? Wiegen sie sich öfters? Nehmen sie irgendwelche Medikamente , die Ihnen bei der Gewichtsabnahme helfen, oder die Ihre Gewichtsabnahme erklären könnten? Leiden Sie unter Vorerkrankungen? Wie oft machen sie in der Woche Sport und weshalb? Essen sie manchmal ganz viel? Was machen sie dann? Wie sind Ihre Leistungen in der Schule? Haben Sie jemanden mit dem sie gerne Ihre Freizeit verbringen? Haben Sie schon mal daran gedacht sich etwas anzutun? Frage 3: Diagnose anhand welcher Kriterien: Diagnose: Anorexia nervosa( restriktiver Typ) Gründe für Diagnose: - BMI 15,6kg/m² (normal 18,5-25kg/m²) unter 17,5kg/m² Verdacht auf Anorexie - Körperschemastörung( sich zu dick fühlen, trotz offensichtlichem Untergewicht) - Amenorrhoe seit 1 Jahr - Selbstinduzierte Gewichtsabnahme aufgrund immer weniger essen - Stolz und Befriedigung über die Leistung der Gewichtsabnahme - Viel Sport bis vor kurzem, trotz offensichtlicher körperlicher Schwäche - Reduzierter Hautturgor als Folge der zu geringen Flüssigkeitszufuhr und der hormonellen Veränderung. Frage 4: mögliche Komplikationen bzw. weitere klinische Auffälligkeiten: - Herzrhythmusstörungen aufgrund von Elektrolytverschiebungen ( hier Bradykardy) Extreme Hypotonie (hier 90/60 mm Hg) Hirnatrophie Osteoporose aufgrund von Knochenentkalkung wegen Mangelernährung und hormonellen Veränderungen Hypothermie Minderwuchs Ödeme(Albumin Mangel) Verzögerte Pubertätsentwicklung Bei zusätzlichem Erbrechen => Karies, Speicheldrüsenschwellung, Ösophagitis Anämien wegen Knochenmarksdepression Nierenfunktionsstörungen Suizid Frage 5: mögliche Ursachen der Erkrankung Bei der Entstehung der Erkrankung wirken verschiedene Faktoren zusammen die sich gegenseitig beeinflussen! Bei der Anorexia nervosa gibt es keine einheitlichen und eindeutigen Ursachen. Wahrscheinlich spielen eine Kombination aus psychischen, physischen, biologischen und gesellschaftlichen Faktoren eine große Rolle Biologisch/genetische Gründe: - Man vermutet, dass zu den biologischen Ursachen der Magersucht eine Störung der Hypophyse und des Hypothalamus gehören. - Untersuchungen zeigen, dass in 50 % der Fälle der eineiige Zwilling eines anorektischen Patienten ebenfalls an Magersucht leidet, während es bei zweieiigen Zwillingen nur 10 % sind. Diese Ergebnisse belegen, dass eine genetische Veranlagung an der Entstehung der Anorexie beteiligt sein könnte. - Als biologische Grundlage wird unter anderem ein Mangel des Nervenbotenstoffes Serotonin vermutet Gesellschaftliche Einflüsse: - zunehmendes Schönheitsideal/Schlankheitsideal negative Bewertung des Übergewichts in der Gesellschaft bei Frauen zunehmender Eindruck nur schlanke, attraktive Frauen könnten erfolgreich und beliebt sein => gerade junge Frauen, die während der Pubertät körperliche Veränderungen durchlaufen und erst ein Gefühl für ihren neuen Körper entwickeln müssen, können durch dieses Schönheitsideal stark verunsichert werden. Psychologische Einflüsse: - - zu den psychologischen gehört meist die Entwicklung und Reifung des Körpers zu Beginn der Pubertät.=> Überforderung mit dem Erwachsenwerden. Unwohlfühlen im eigenen Körper führt dazu dass Patienten ihren kindlichen Körper behalten wollen. Es können jedoch auch andere psychische Hintergründe Ursache des gestörten Essverhaltens sein. Die Patienten fühlen sich nicht akzeptiert und minderwertig, haben eine gestörtes Selbstbild und Selbstwertgefühl und wollen meist mit der Gewichtsreduktion etwas "sagen" oder "beweisen". Meistens wollen sie zeigen, dass sie der eigene "Herr" ihres Körpers sind und dass niemand anderes sie kontrollieren kann als sie selbst. In allen Fällen jedoch herrscht eine Unzufriedenheit mit sich und der Umwelt - Abwehr: In der Familie existiert häufig die Regel über negative Gefühle (Spannungen, Wut, Angst, Machtlosigkeit, Überforderung,.. ) nicht zu sprechen. Diese Gefühle werden durch dauernde Beschäftigung mit Eßkontrolle nicht wahrgenommen Frage 6: therapeutisches Procedere: - Wichtiges organisatorisches Grundprinzip ist die Trennung der unterschiedlichen Aufgaben in der Betreuung anorektischer Patientinnen durch unterschiedliche Personen. Das sind: 1. Ärztliche Betreuung und Gewichtsmanagement 2. Einzeltherapeutische Betreuung 3. Familientherapie Sinn: Die Trennung ist deshalb erforderlich, weil die somatische Behandlung Konsequenz und Strenge erfordert, die den verständnisvollen psychotherapeutischen Zugang behindern würde. Auch das, was in Einzeltherapiestunden besprochen wird, darf nicht den Eltern mitgeteilt werden, es wäre einVertrauensbruch in der Beziehung zu der Patientin. Zur Vermeidung dieser negativen Interaktionen mit der Familientherapie kommt es zu einer personellen Trennung. Eine gute Kooperation und Kommunikation im gesamten Team ist notwendig. Genaue Absprache und Einhaltung der Regeln durch alle, sonst werden die Teammitglieder von den Patientinnen gegeneinander ausgespielt. All dies gelingt meist nur auf Spezialstation. - - - - - Da ihr Bodymaßindex nah an 15kg/m² liegt, es ihr sichtlich schlecht geht und sie seit vermutlich 4 Jahren an der Krankheit leidet, wird sie stationär aufgenommen. Nach einem langen intensiven Gespräch mit der Patientin, indem zu einer Therapie motiviert werden sollte, Verlegung auf spezialisierte Station.. Dort, falls dazu bereit, multimodale Therapie, einerseits mit dem Ziel der vermehrten, normalisierten Nahrungsaufnahme und andererseits mit dem Aufzeigen von tiefenpsychologischen Konflikten das auch verhaltenstherapeutische Ansätze zeigt. Wichtig ist , dass Patientin ernst genommen wird, ihr dennoch die Konsequenzen ihres Verhaltens verdeutlicht werden. Es sollte versucht werden einen Essensplan zu verhandeln und einen Therapievertrag abzuschließen, also die aktive Einbeziehung der Patientin in den Therapieablauf mit einer Ernährungsberatung. Grundsätzlich sollte eine einzeltherapeutische Betreuung stattfinden um seelische Konflikte zu bearbeiten. Gewichtszunahme sollte dabei nicht zu schnell erfolgen, damit Gesprächstherapie schritt halten kann, ansonsten Rückfallgefahr viel größer. Zusätzlich kann eine Familientherapie in Erwägung gezogen werden, da Probleme häufig mit der engen Familie verbunden sein können Ergänzend sollte Selbstsicherheitstraining zur Stärkung des Selbstwertgefühles und der Autonomie angeboten werden. Hilfreich kann auch eine Kunst/Musiktherapie sein um Talente zu unterstützen. Ziel der Behandlung sollte die Stabilisierung des körperlichen Zustandes, das Wiedererlernen eines normalen Essverhaltens und das psychodynamische Verständnis der Erkrankung sein. - Nach der stationären Behandlung , muss noch eine teilweise sehr lange ambulante Behandlung erfolgen, um die Therapie zu stärken. Frage 7 : Informationsquellen: - AWMF Leitlinien: Leitlinien der deutschen Gesellschaft für Kinder und Jugendpsychatrie und- psychotherapie: Essstörungen(F50) Herold: Innere Medizin 2005 Senf W , Broda M: Praxis der Psychotherapie, Thieme 2005