Auswertung der anonymen Schülerfragebögen zu den kleinpolnischen Probeabiturarbeiten in den Fächern Mathematik, Englisch und Französisch Allgemeine Betrachtungen: Insgesamt haben 51 Schüler des AVG an diesen Tests, die im August/September 2010 durchgeführt wurden, teilgenommen. Die Französisch- (13 SuS) und Mathematik-Übungstests (19 SuS aus einem Exzellenz-Kurs einer ehemaligen Hochbegabten-Klasse) schrieben Schülerinnen und Schüler aus der 11.Klasse, den Englisch-Übungstest absolvierten ausschließlich 12-Klässler (19 SuS). Alle Probanden waren somit zwei bzw. ein Jahr jünger als die kleinpolnischen Abiturienten. Nach Auskunft der Hauptexaminatorin für Französisch in Krakau lassen sich zudem nur exzellente Schülerinnen und Schüler (Abi-Bac-Klassen) in Französisch prüfen. Für das Fach Französisch steht fest, dass zu Beginn der 13.Klasse die gleiche Prüfung erneut durchgeführt werden wird, um dann den Lernfortschritt feststellen zu können. Man kann davon ausgehen, dass dann von den Schülerinnen und Schülern ähnliche Ergebnisse wie in Kleinpolen erzielt werden können. Die kleinpolnischen Abiturprüfungsaufgaben wurden nur im Fach Französisch unverändert übernommen, im Fach Mathematik und Englisch etwas abgeändert und der Prüfungserfahrung der deutschen Schüler inhaltlich und die Aufgabenstellung betreffend angepasst. Gründe: Mathematik: Eine komplette Übernahme der Aufgaben war nicht möglich, da die Lerninhalte sehr verschieden sind. Die Aufgaben wurden so ausgewählt, dass die SuS nach Abschluss der Mittelstufe die Aufgaben lösen konnten. Im dt. Abitur spielen hauptsächlich Aufgaben aus der Oberstufe eine Rolle. Englisch: Im 2.Teil wurde die Aufgabenvielfalt auf die Erörterung reduziert, da die anderen Aufgabenformate eher denen der Mittelstufe entsprechen. Die genaue Ergebnisanalyse, auch im Vergleich zu den in Kleinpolen bzw. am XII.LO durchgeführten Abiturprüfungen in diesen Fächern, hat dankenswerterweise die OKE übernommen und an uns weitergegeben (vgl. Auswertung der Probeabiturarbeiten am AVG in Englisch und Französisch; Auswertung der kleinpolnischen Probeabiturarbeiten am AVG in Mathematik). Die Projektkoordinatoren haben alle Auswertungen gerne an die Fachlehrer des AVG zwecks interner Auswertung und Nutzung für deren weiteren Unterricht weitergegeben. In der folgenden Zusammenfassung wird ein tendenzielles Stimmungsbild unter den deutschen Schülerinnen und Schülern wiedergeben1. Die Aufgabenstellung in dem anonym auszufüllenden Fragebögen lautete: „Seien Sie bitte so nett und schildern Sie uns Ihre Erfahrungen mit den Fragestellungen, Aufgaben sowie den zeitlichen Vorgaben bei der Durchführung der Tests aus kleinpolnischen Abiturprüfungen!“ Es ergab sich dabei folgendes Gesamtbild: Grundsätzlich hatten die deutschen Schüler in den Sprachprüfungen weniger Probleme als die Schüler in Mathematik. 1 Nachfolgend sind wörtliche Zitate der Schüler kursiv und fett gesetzt 1 Englisch/Französisch: Die Hörverstehensaufgaben fielen einem Großteil besonders leicht, da hier eine umfassende Vorerfahrung aus der Mittelstufe und praktische Anwendung im Unterricht vorhanden war. Gelobt wurde auch die deutliche und verständliche Aussprache des Sprechers der Aufgabe. „Leicht, da man dort kaum überlegen oder die eigenen Kenntnisse einsetzen muss!“ Auch die Aufgaben, die das Leseverstehen und das Schreiben von Texten betrafen, wurden von 1/3 bis ½ als leicht aufgrund der unterrichtlichen Vorerfahrung empfunden. Von über der Hälfte der Schüler wird darauf hingewiesen, dass aber Lese- und Hörverstehensaufgaben nicht zu den Aufgabestellungen von Mittel- und Oberstufenarbeiten zählen. Bei dem freien Schreiben eines argumentativen Textes konnten die Schüler auf die meisten Vorerfahrungen aus Unterricht und Arbeiten der Mittel- und Oberstufe zurückgreifen. Der Grammatische Teil allerdings bereitete über der Hälfte der Schüler Schwierigkeiten. Gründe dafür waren, dass grammatische Übungen zu lange her waren oder die Aufgabenstellung in dieser Form unbekannt für unsere Schüler war (besonders Ankreuzaufgaben/ Multiple Choice) „Da man darauf trainiert wird, frei zu schreiben, und wenn dann etwas Festes verlangt wird, fällt dies schon schwer!“ Insgesamt stellten alle Schüler fest, dass nur Teilthemen aus dem bisherigen Unterricht bekannt waren, und alle Aufgaben bewältigt werden konnte, „da wir darauf vorbereitet wurden, ansonsten hätten wir solche Themen allerdings glaube ich nicht durchgenommen.“ Der Großteil der Schüler kam mit den Zeitvorgaben gut zurecht; die Französisch-Schüler (11.Klasse) taten sich bei Hör- und Leseverständnis etwas schwerer. Fast alle SuS glauben, dass die Bearbeitung des Übungstestes bedingt hilfreich für ihre bevorstehende schriftliche Abiturprüfung war, da die deutschen Prüfungen andere Schwerpunkte aufweisen: „Multiple-Choice hat nichts mit persönlichem Können zu tun.“ „Generell hilfreich für den weiteren Unterricht, für das Abitur eher weniger.“ Auf die Frage „Was halten Sie überhaupt von der Idee, eine Abiturprüfung nach der Vorlage eines anderen europäischen Landes kennen zu lernen und 2 probeweise durchzuführen?“ kommen durchweg sehr positive Reaktionen. Folgende Kommentare in Stellvertretung: „Interessant, da man auf diese Weise den Lernstoff anderer Länder kennenlernt und so den Einblick in die anderen Schulsysteme bekommt.“ „Die Idee des Vergleiches und des Kennenlernens eines anderen Landes ist sehr interessant und wichtig, um sich selbst einschätzen zu können“ „Es ist sinnvoll, da wir somit einen Überblick über die europäischen Sprachkenntnisse erlangen und viel über unsere Nachbarländer erfahren“ „Ich finde es auch interessant zu sehen, wie andere europäische Länder abschneiden“ „Zuerst muss die Voraussetzung dafür sein, dass in allen Ländern der gleiche Bildungsstandard geschaffen wird. Dann könnte man mal über ein zentrales, europäisches Abitur nachdenken!“ Mathematik: Grundsätzlich gab es sehr viel mehr Unsicherheiten bei den mathematischen Themen und Aufgabenstellungen, ein viel breiteres, differenzierteres Leistungs- und Meinungsspektrum, das sich an den sehr verschiedenen Vorkenntnissen orientierte. Die meisten SuS gaben an, dass das große Aufgabenspektrum sowie die Anzahl der Aufgaben in Kombination mit relativ geringen Bearbeitungszeit die größten Unterschiede zu ihren bisherigen Arbeiten darstellten und sich die Vielfalt der Themen über eine sehr große Zeitspanne ihres zurückliegenden Mathematik-Unterrichtes erstrecke. Die daraus resultierenden Erinnerungslücken waren – im Gegensatz zu den Sprachen – schwer zu kompensieren. Daher wurden die Aufgabentypen als leicht empfunden, die gerade erst im Unterricht vorkamen. Schwierigkeiten bereiteten: „…Aufgaben zu Themen, die im Unterricht vor über 2 Jahren behandelt wurden.“ „Bei manchen Aufgaben kam es vor, dass ich mich an manches nicht mehr gut erinnern konnte und es gab keine Zeit zum Üben/sich darauf vorzubereiten. Außerdem lagen die Sommerferien gerade hinter mir.“ „Es war mir (soweit ich mich erinnern kann) kein Thema völlig fremd, jedoch hatten wir einige Themen nicht weit genug behandelt, als dass ich diese Aufgaben hätte lösen können.“ 3 Multiple Choice Aufgabe waren gänzlich unbekannt und ungewohnt, manche Fragestellungen bzw. Formulierungen- trotz der Anpassung an Aufgabenstellungen im deutschen Mathematikunterricht - schlichtweg unverständlich: „Viele Wörter kannte ich nicht (z.B. Polynom)“ „ Die Fragestellungen waren mir kaum bekannt, sie waren bisher nicht so kompliziert.“ „Keine Aufgabe (bisher) so formuliert wie bei Ihnen (kleinpolnisches Abitur) - dieselben Themen aber anders.“ Die zeitlichen Vorgaben bereiteten aus den genannten Gründen allen SuS Schwierigkeiten. Positiver als bei den Sprachen fiel daher auch die Einschätzung aus, ob die bearbeitete Übungsarbeit hilfreich für die bevorstehende schriftliche Abiturprüfung sein könnte: „Ich denke, dass es auf jeden Fall hilfreich dafür war, um einmal so ein Gefühl zu bekommen, wie es so ist, eine solch umfangreiche Arbeit/eine Abiturprüfung zu schreiben.“ „…man kann sich trainieren, Aufmerksamkeits-Training“ die Aufgaben schneller zu lösen; „… allerdings habe ich noch mal meine Schwächen entdeckt“ Auf die Frage „Was halten Sie überhaupt von der Idee, eine Abiturprüfung nach der Vorlage eines anderen europäischen Landes kennen zu lernen und probeweise durchzuführen?“ kamen ebenfalls durchweg sehr positive Reaktionen. Folgende stellvertretende Kommentare: Es ist … ein kleiner Selbst-Test, auf welchem Niveau man sich selbst befindet.“ „Die Idee finde ich sehr gut, weil man so die jeweiligen Prüfungen angleichen kann, damit überall gleiche Bedingungen herrschen und man nicht in dem einen Land bevorzugt wird und in dem anderen nicht. „Ansonsten denke ich, dass dies ein weiterer Weg ist, anderen Ländern „näher zu kommen“ und mehr über sie zu erfahren.“ Auswertung: Bettina Münch-Rosenthal 4