„der Weg“ Nr

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„der Weg“ Nr. 4/Juli 2011
Inhalt
Editorial ......................................................................................... 2
Erfahrungen statt Argumente ..................................................... 2
Schulische Integration ................................................................... 3
Eigentlich wär ich lieber in die Regelschule gegangen ............. 3
Inserat: Die Sektion Freiburg des SBV lädt ein ......................... 6
Inklusion / Integration … ............................................................ 7
Inserat: Führungen im Kunstmuseum Wallis ........................... 12
Das Ziel der Separation ist die Integration .............................. 12
Eine Frage der Haltung ........................................................... 15
Moncef Genoud, Integration in den 70er Jahren ..................... 19
Inserat: Akupunktur .................................................................. 22
Fokus .......................................................................................... 22
Die Zahlen der Liebe ............................................................... 22
Analog vs. digital: Partnervermittlung ...................................... 24
Orte der Liebe .......................................................................... 29
Inserat: Begleiterkarte im Konzert anerkannt .......................... 33
Magazin ....................................................................................... 33
Die Zigarette danach ............................................................... 33
Schweizer Cup in Audiodeskription ......................................... 35
Wo bin ich? Das iPhone weiss es. .......................................... 36
Inserat: Occasion zu verkaufen ............................................... 37
Delegiertenversammlung 2011 ................................................ 38
Verband ....................................................................................... 42
100 Jahre – die Feier ............................................................... 42
Inserat: Aura Hotel ................................................................... 46
Nachrichten aus der Interessenvertretung: öffentlicher Verkehr
................................................................................................. 46
Inserat: MEZZO ....................................................................... 48
Veranstaltungen ....................................................................... 49
Inserat: Selbsthilfegruppe Rosacea......................................... 52
Inserat: Nachfolger gesucht ..................................................... 52
Impressum .................................................................................. 53
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Titelbild
Das Titelbild stellt ein klassisches Schülerheft dar. Es ist im SBVBlau und hat, wie früher, eine Etikette. Ein neunjähriger Schüler
hat das Heft von Hand angeschrieben:
Der Weg Schulische Integration 4/2011 www.sbv-fsa.ch
Wir danken Loven für seine Mithilfe.
Editorial
Erfahrungen statt Argumente
Naomi Jones
Unter schulischer Integration verstehen wir das Unterrichten von
Kindern mit einer Behinderung in den Regelklassen der
Volksschule. Diese Kinder haben eine Körper-, Sinnes-, Sprachoder geistige Behinderung. Es sind verhaltensauffällige
Jugendliche und solche mit einer Lernbehinderung.
Nicht für alle diese Kinder ist der Unterricht in einer Regelklasse
geeignet. Für sie gibt es Sonderschulen, die auf die speziellen
Bedürfnisse der Kinder fachlich spezialisiert eingehen können.
Wenn es aber spezialisierte Schulen für Kinder mit einer
Behinderung gibt, warum ist die schulische Integration heute ein
Thema? Nicht alle Kinder werden in den Sonderschulen gemäss
ihren Fähigkeiten gefördert. Nicht alle profitieren im gleichen
Mass von der Sonderschule. Es gibt Kinder, die eine weniger
behinderungsspezifische dafür aber eine grössere integrative
Förderung nötig haben. Es gibt Kinder, die trotz einer
Behinderung keine oder nur wenig spezielle Förderung brauchen.
Und schliesslich gibt es Kinder und Jugendliche, für die in der
einen Phase ihrer Schulzeit ein integrierter Unterricht geeignet ist,
in der anderen aber ein spezialisierter besser ist.
Daher kann es nicht darum gehen, für oder gegen die schulische
Integration Position zu ergreifen. Es ist unsere gesellschaftliche
Aufgabe, dass wir für alle Kinder individuell die richtige Lösung
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finden. Denn das Recht auf Bildung ist ein Menschenrecht. Dabei
liegt es im Interesse einer modernen Gesellschaft, dass jedes
Mitglied gemäss seinen Möglichkeiten ein Maximum an
Fähigkeiten entwickelt.
Im vorliegenden Heft fragen wir nach Erfahrungen mit schulischer
Integration bzw. Separation. Es kommen Schüler und Schulen zu
Wort, die über ihre individuellen Erfahrungen mit Integration und
Sonderunterricht sprechen.
In der Rubrik «Fokus» finden Sie den zweiten Teil zum Thema
«Liebe, Freundschaft, Partnerschaft». Weckte das Thema im
letzten Heft erste Frühlingsgefühle, so geht es nun um die
konkrete Frage: «Wie finde ich einen Partner oder eine
Partnerin?»
Zu guter Letzt: Sich zu verlieben, kann Folgen haben. Deshalb
werde ich von August 2011 bis Januar 2012 im
Mutterschaftsurlaub sein. In dieser Zeit sorgt Jean-Marc Meyrat
zusammen mit dem erfahrenen Journalisten und langjährigen
Übersetzer Gian Pozzy dafür, dass mit dem «clin d’œil» wie
gewohnt auch dessen deutscher Bruder «der Weg» pünktlich
erscheinen wird.
Legende:
Naomi Jones, Redaktorin «der Weg» (Foto: Luzius Dinkel)
Schulische Integration
Eigentlich wär ich lieber in die Regelschule gegangen
Daniel Pulver
Lang ist es her, dennoch denke ich oft zurück an meine
Schulzeit. Viele Erinnerungen, viele Bekanntschaften, viele
wertvolle Erfahrungen aber auch viele Fragen kommen mir in
den Sinn: Wa-rum musste ich in eine Sonderschule und
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konnte nicht in die Regelschule gehen? Was hat sie mir
gebracht und was habe ich versäumt?
Zwischen 1976 und 1986 besuchte ich die Blindenschule in
Zollikofen. Da meine Eltern in der Nähe wohnten, lebte ich sowohl
im Internat als auch bei meinen Eltern. Im Grundsatz ging ich am
Abend heim. Je älter ich jedoch wurde, desto öfter übernachtete
ich im Internat.
Kindergarten ja, Schule nein
Mit meinen Kamerädli zu Hause besuchte ich noch den
öffentlichen Kindergarten. Danach entschied die
Schulkommission, dass ich in der Sonderschule eingeschult
werden sollte. Warum dies so entschieden wurde, weiss ich nicht.
Hatten die Lehrer Angst, einen sehbehinderten Jungen zu
unterrichten?
Ich war verunsichert, hatte viele Ängste, als ich aus der
Geborgenheit in meinem Umfeld abrupt rausgerissen wurde. Ich
verlor den Kontakt zu meinen Freunden im Quartier sehr rasch.
Von morgens bis abends war ich für sie abwesend. Es war nicht
einfach, dies zu verstehen. Doch schickte ich mich in die neue
Situation und suchte rasch Freunde in der so fremden
Umgebung. Nun war ich ein sehbehinderter Junge inmitten vieler
anderer sehbehinderter Mädchen und Knaben. Vorher war ich
das einzige sehbehinderte Kind. Dies hatte Vor- und Nachteile.
Ich lernte früh, mich zu wehren
Da ich mich zu Hause unter den normal sehenden Kindern auch
mal durchsetzen und behaupten musste, lernte ich schnell, mich
zu integrieren. Ich begriff rasch, dass es Momente gab, in denen
die Sehbehinderung auch Vorteile hatte. Mir wurde geholfen, ich
hatte gar einige Privilegien, einen besonderen Status und war
interessant, da ich anders war.
In der Blindenschule änderte sich dies schlag-artig. Ich musste
mich weniger wehren, um meinen Platz in der Gruppe zu finden.
Vieles wurde mir abgenommen, Hilfestellungen im Überfluss
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angeboten. Mich selber zurechtfinden musste ich nicht mehr. War
dies in punkto Selbständigkeit nun ein Gewinn oder gar ein
Rückschritt?
Aus heutiger Sicht stelle ich fest, dass ich es mir in der Schulzeit
leicht gemacht habe. Denn es wurde mir leicht gemacht. Meinen
Platz musste ich mir nicht mehr erkämpfen, ich war ein
Betroffener unter Vielen. Eine Integration ausserhalb der
Institution fand kaum statt.
Konfirmationsunterricht mit der Dorfjugend
Gegen Ende der Schulzeit besuchten wir für den
Konfirmandenunterricht eine Klasse im Dorf. Hier waren
Sehbehinderte und Nichtbehinderte gemeinsam unterwegs.
Erneut musste ich lernen, mich in einer Gruppe einzuordnen. Zu
Beginn war dies unangenehm, da nichts mehr selbstverständlich
war und ich mich anders als gewohnt verhalten musste. Aber hier
lernte ich, mich echt zu integrieren. Die anderen Jugendlichen
lernten, mich so zu nehmen, wie ich war: ein sehbehinderter
Jugendlicher, mit all seinen Ecken und Kanten, Stärken und
Schwächen, seinen Freuden und Leiden – ein normal
heranwachsender junger Mann.
Wäre mir dieser Schritt leichter gefallen, wenn ich in die
Regelschule gegangen wäre? Eine hypothetische Frage. Jedoch
bin ich überzeugt, dass die Überbehütung in der Blindenschule
für mich persönlich nicht förderlich war. Klar, in vielen Fällen ist
die Sonderschule sinnvoll. Ich bin aber sicher, dass das Kämpfen
um seinen Platz im Leben sein muss; wie es bei nichtbehinderten
Jugendlichen auch der Fall ist.
Schulisch gesehen gleich
Was den Unterricht in der Blindenschule angeht, habe ich den
obligatorischen Stoff korrekt vermittelt bekommen. Ich konnte mit
den Jugendlichen von der Regelschule durchaus mithalten. Ob
ich faul war oder mich engagierte, war meine Entscheidung, wie
es auch in der Regelschule der Fall gewesen wäre. Dass die
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Disziplin in der Blindenschule allerdings oft etwas «large» war,
und dass ich meine Sehbehinderung oft als Alibi verwendete, ist
nicht von der Hand zu weisen. Ob sich dies nun positiv oder eher
negativ auf mein Leben auswirkt, ich weiss es nicht.
Ich habe viele schöne Erinnerungen an Zollikofen. Dennoch bin
ich gegenüber Sonderschulen eher kritisch eingestellt. Konstruktiv und nachhaltig gilt es die Frage der richtigen Schule für ein
sehbehindertes Kind anzugehen, um die individuell beste Lösung
zu finden.
Legende:
Zum Fussball kam Daniel Pulver erst nach seiner Ausbildung.
Dann dafür richtig – als Konditionstrainer von Profimannschaften.
(Symbolfoto: flickr.com/Haltungsturner)
Inserat: Die Sektion Freiburg des SBV lädt ein
zum Jubiläumsfest 100 Jahre SBV am Samstag, 27. August 2011,
9–22 Uhr, Geoges-Python-Platz in Freiburg
Programm
ab 9.00 Infostand, Black-Box, Spielecke, Verkauf von
Handarbeiten, Info-Filme
ab 9.30 die Welt des Sehens mit Visilab, Hilfsmittel-Ausstellung
ab 10.00 Dunkelzelt, Tandem-Parcours, Mobilitäts-Parcours,
Führhunde. Unterhaltung mit sehbehinderten und
blinden Künstlern: Soleil dansant, Solsana-Chörli, PanGroove, Ruth Häuptli, Bruno’s Happy-Sound
ab 10.00 Getränke
ab 11.00 kleiner Restaurantbetrieb
16.30
Offizieller Teil mit unseren Gästen:
– Martin Meyer und seine Panalotos-Flöte
– Begrüssung durch den SBV-Präsidenten Remo
Kuonen
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– Festansprache von Frau Staatsrätin Anne-Claude
Demierre
– Guinness-Buch-Rekord: der längste weisse Stock der
Welt
– Apéro
Inklusion / Integration …
Isabelle Mathis, Direktorin des Pädagogischen Zentrums für
sehbehinderte Kinder
«Wenn ich auch anders bin als du, so schädige ich dich in
keiner Weise; ich bereichere dich vielmehr.» A. de SaintExupéry
Überlegungen zum Thema Inklusion und Integration könnten mit
einer Definition dieser Begriffe beginnen – sicher eine Frage der
Semantik, die man jedoch nicht aus dem Blick verlieren sollte.
Denn ursprünglich kam das Thema vor allem unter dem
Gesichtspunkt einer sozialpolitischen Herausforderung auf.
Inklusion ist also ein Ideal, ein Mythos, ein Phantom, eine
politisch korrekte neue Formel, die über das schulische Umfeld
hinaus bis in einen Gesellschaftsentwurf hineinreicht.
Konkret verpflichtet die Interkantonale Vereinbarung über die
Zusammenarbeit im Bereich der Sonderpädagogik die Kantone,
integrative Lösungen gegenüber separierenden Lösungen zu
bevorzugen.
Die Interkantonale Konferenz für Weiterbildung erklärte 2008:
«Die Zukunft gehört der inklusiven Bildung. Eine hochwertige
integrative Bildung für alle ist unverzichtbar, um die menschliche,
soziale und wirtschaftliche Entwicklung sicherstellen zu können.
Die Regierungen sollten anerkennen, dass wir dringend ein
erweitertes inklusives Bildungskonzept benötigen, das in der
Lage ist, auf die unterschiedlichen Bedürfnisse aller Lernenden
einzugehen, und zugleich stichhaltig, gerecht und effizient ist.»
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Die UNESCO definiert Inklusion als einen «Prozess, der auf die
verschiedenen Bedürfnisse aller Lernenden eingeht, indem er die
Partizipation an Lernprozessen, Kultur und Gemeinwesen fördert
und dabei zugleich eine Absonderung und Entfremdung in
Schulen sowie der Gesellschaft als Ganzes verhütet.»
Nach Halinen und Järvinen (Towards inclusive education, 2008)
umfasst dies drei Etappen:
–
allen den Zugang zu Bildung garantieren;
–
die Qualität der Bildung verbessern und die Schulzeit
verlängern, «den Lehrplan, die Lehrerausbildung und die
Unterrichtsmittel verbessern»;
–
Bildungshindernisse beseitigen: «Lernumgebungen
schaffen, die Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen
fördern und positive Arbeitsweisen entwickeln, pädagogische
Praktiken auf der Grundlage von Inklusion und Kooperation
einsetzen.»
Was sind die Voraussetzungen für Inklusion? Halinen und
Järvinen zählen fünf solche auf:
–
die Gesellschaft als Ganzes muss dieselben Werte
vertreten;
–
jedes Kind muss in die Schule gehen;
–
es müssen ein gemeinsamer Wille und eine gemeinsame
operative Kultur vorhanden sein;
–
die Lehrkräfte müssen sich positive Ansätze aneignen und
über solide berufliche Kompetenzen verfügen;
–
und schliesslich müssen die Vorgaben für die Inklusion in
den Lehrplänen festgeschrieben sein.
Ein umfangreiches Programm!
Die konkrete Komponente der Inklusion ist demzufolge die
Integration und ihre Verwirklichung im Schulalltag.
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Integration ist kein Ideal in weiter Ferne. Sie ist in vielen
Situationen mit bewährten Praktiken und Konzepten ohne
Weiteres erzielbar.
Dazu Patrick Bonvin: «Wenn es erforderlich ist, den Wunsch nach
Inklusion zu fördern, ist es ebenso wichtig, die Befähigung zur
Inklusion zu fördern.» Auf dieser Konkretisierung basiert Tag für
Tag unser Engagement für sehbehinderte Schüler und ihre
Familien. So entwickeln wir für jeden Schüler ein ideologiefreies
pädagogisches Konzept.
Gestatten Sie jedoch einige Exkurse…
Inklusion/Integration/Institution sind keine Gegensätze. Es gibt
Phasen, in denen Schüler das eine oder das andere oder ein
Gemisch davon benötigen, ohne dass eine Rückkehr zur
Sonderschule gleich ein Scheitern bedeutet. Denn sie kann auch
die Konsequenz eines konkreten längerfristigen Projekts sein, das
eine vorbereitete Rückkehr und eine gezielte Betreuung vorsieht.
Leben unter… Leben mit… Leben unter was und mit wem?
Der Gedanke ist erfrischend.
Unter und mit: Schöne Aussichten!
Zu welchen Bedingungen, bitte schön?
Was muss ich dafür zahlen, dass ich unter und mit euch leben
darf?
Welche Gegenleistung erwartet ihr von mir?
Darf ich dabei ich selbst sein, auch wenn ich eure Wertschätzung
nicht verdiene? Euer Desinteresse? Eure Rücksichtnahme aus
Höflichkeit?
Muss ich einen festen Platz haben, um unter euch zu leben?
Muss ich die Wahl haben, um mit euch zu leben?
Wenn ihr meinen Platz einnehmt, habe ich keinen mehr.
Werdet ihr zulassen, dass ich zu euch gehöre, mit all meiner
Verschiedenheit, meinen Gedanken, meinen Worten, meinen
Handlungen?
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Werdet ihr mir das Recht zugestehen, zu sein, wie ich bin? Und
nicht ein blasses Abbild von euch?
Warum aber sollte ich euch das überhaupt fragen?
Manchmal habe ich Lust, mitzumachen, manchmal aber auch
nicht… genau wie jeder andere, nicht mehr und nicht weniger.
Manchmal stelle ich mir vor, ich hätte die Wahl, mit euch
gemeinsam zu tun, was mir gefällt, wann und wie ich es möchte
… mit euch und unter euch.
Die Wahl haben
Hier, an dieser Stelle lege ich den Grundstein für den Aufbau der
Welt. Integration heisst vor allem: die Wahl haben. In erster Linie
bedeutet dies, dass ich mich von mir aus eingliedern kann … in
was? In Vorhaben, Aktionen, Perspektiven …
Meine Integration hängt auch davon ab, zu wie viel Autonomie ich
fähig bin. Ah! Selbst denken. Selbst handeln. Natürlich ist meine
Identität manchmal etwas wacklig, natürlich sollte ich manchmal
mehr Eigeninitiative zeigen. Natürlich hakt es manchmal mit
meiner Autonomie. Wenn ich den Weg wüsste … Wenn der
Blindenstock ein Zauberstab wäre …
Aber man hat mir beigebracht, dass meine Weltsicht gelegentlich
ein Tunnelblick ist. Dass ich die Situation nicht immer richtig
einschätze. Dass mir nicht klar ist, wer ich bin, dass ich nicht
weiss, was ich zu tun habe. «Später», so hiess es, würde ich
«gewiss» jemand sein.
Bis dahin muss ich mir Mühe geben, meine Rolle als Statist gut zu
spielen, denn Akteur bin ich selten, vom Drehbuchautor ganz zu
schweigen. Träume sind Schäume …
Ich sage, ihr habt auch etwas davon, wenn ihr mit mir lebt, und
ich habe etwas davon, wenn ich mit euch lebe. Das nennt man
Wechselseitigkeit.
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Und gemeinsam wachsen, das nennt man wechselseitige
Transformation.
Gemeinsam könnten wir die Welt aufbauen! Wann fangen wir an?
Ist in dieser Pauschalisierung alles eingeschlossen, oder lässt sie
uns gespalten und handlungsunfähig zurück? Im Zweifelsfall
enthalte ich mich, aber vielleicht ermöglicht es das Projekt, die
Grenzen von Morins «vereinfachendem Denken» aufzubrechen
und so einen möglichst günstigen Rahmen zu schaffen für
persönliche Erfüllung, Anpassung und Menschlichkeit.
Kasten:
Im Petit Robert findet man unter dem Stichwort «intégration»
folgende Definitionen:
Philosophie: Schaffung einer engeren wechselseitigen
Abhängigkeit zwischen den Teilen eines Lebewesens oder
zwischen den Komponenten einer Gesellschaft
Psychologie: Inkorporation neuer Elemente in ein System
Physiologie: Koordination der Aktivitäten mehrerer Organismen,
die für das reibungslose Funktionieren des Ganzen notwendig
sind.
Aktuell (20. Jh.): Handlung, mit der ein Individuum oder eine
Gruppe sich in eine Gemeinschaft oder ein Milieu einbindet.
Im Duden Bd. 5 findet man unter dem Stichwort «Integration»
folgende Definition:
1. Wiederherstellung eines Ganzen; Wiederherstellung einer
Einheit aus Differenziertem; Vervollständigung.
2. Einbeziehung, Eingliederung in ein grösseres Ganzes.
3. Zustand, in dem sich etwas befindet, nachdem es integriert
worden ist.
4. Berechnung eines Integrals.
Legende:
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Bildung ist der Grundstein aller Integration. Je nach Lebens- und
Lernphase des sehbehinderten Kindes, lernt es besser im
blindenspezifischen Umfeld, so zum Beispiel die Blindenschrift.
(Symbolfoto: Heinz Rothacher MEB)
Inserat: Führungen im Kunstmuseum Wallis
Eine originelle Idee für Gruppen- oder Betriebsausflüge ist ein
Besuch im Kunstmuseum Wallis, das auch für Blinde und
Sehbehinderte gut zugänglich ist. Bis Ende Jahr gibt es gratis
Führungen für Blinde und Sehbehinderte.
In enger Zusammenarbeit mit dem SBV wurden sechs taktile
Modelle eigens für Menschen mit einer Sehbehinderung
konzipiert und gebaut; für die Führungen stehen zweisprachige
Fachpersonen und Audioguides bereit, die den Bedürfnissen von
Sehbehinderten gerecht werden. Das Museum bietet eine
eindrucksvolle Gemäldesammlung mit Werken vom Mittelalter bis
zur Gegenwart.
Anmeldung und Reservation (mind. 15 Tage im Voraus):
Kunstmuseum Wallis – Place de la Majorie – 1950 Sitten, Tel. 027
606 46 90, E-Mail: [email protected]
Das Ziel der Separation ist die Integration
Werner Jundt
Oft erweist sich für behinderte Schülerinnen oder Schüler
eine Kombination von Integration und Sonderschule als
Königsweg. In jedem Fall aber ist die Einstellung aller
Beteiligten ein ganz entscheidender Faktor.
Jolanda Schönenberger wuchs mit drei Geschwistern in Wil (St.
Gallen) auf. Bis zum sechsten Schuljahr besuchte sie, trotz einer
starken Sehbehinderung, die öffentlichen Schulen. Ihre Eltern
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suchten mit den lokalen Institutionen immer wieder nach
Lösungen, die eine Integration möglich machten.
Im Kindergarten hiess das zum Beispiel, mit dem Stadtbus einen
längeren Weg zurücklegen, was im ersten Jahr noch eine tägliche
Begleitung erforderte. Im zweiten Kindergartenjahr meisterte
Jolanda den Weg allein, und soweit sie sich erinnert, konnte sie
spielen, zeichnen und basteln wie alle anderen Kinder und wurde
von diesen als «normales» Kindergartenkind wahrgenommen –
eines, «das nicht so gut sieht und darum eine Brille mit dicken
Gläsern trägt».
Die Lehrerin der 1. Klasse war ein Glücksfall. Sie kam «frisch ab
Seminar» und hatte ein Praktikum bei einer B&U-Lehrerin
gemacht. Von daher brachte sie eine Haltung und die
didaktischen Möglichkeiten mit, einen Unterricht zu gestalten, bei
dem Jolanda echte Chancen hatte. Sie lernte mit den anderen
schreiben, aber ausschliesslich in Blockschrift, und sie hatte Hefte
mit stärkeren «Häuschen». Zum Lesen wurden die Texte
vergrössert und von vielen Schulbüchern hatte Jolanda
Spezialausgaben in Grossschrift.
Zwei Stunden pro Woche – eine in der Schule und eine zuhause
– stand Jolanda eine B&U-Lehrerin zur Seite. Diese sorgte auch
dafür, dass die Schülerin die nötigen technischen Hilfsmittel
kennen und gebrauchen lernte. (...)
Gerade die vielen technischen Hilfen führten dazu, dass die
Distanz zu den Klassenkameradinnen grösser wurde und sich
Jolanda mehr und mehr als Sonderfall fühlte. Dazu kam, dass
ihre Klassenlehrerin sie bei der Selektion nach dem 6. Schuljahr
der Realschule zuweisen wollte, da sie von dieser eher den
vermeintlich nötigen Schonraum erwartete. Hierauf schlug die
B&U-Lehrerin vor, nach anderen Ausbildungsmöglichkeiten zu
suchen. Nach je einer Schnupperwoche in den Blindenschulen
Baar und Zollikofen entschied sich Jolanda für die Letztere.
Mit 13 Jahren von zuhause wegzuziehen, fiel ihr nicht schwer –
weniger leicht sei es wohl für ihre Mutter gewesen. In Zollikofen
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gefiel es ihr auf Anhieb sehr gut, befand sie sich doch zum ersten
Mal in ihrem Leben in einer Gemeinschaft von ebenfalls
sehbehinderten Menschen. Entsprechende Kontakte hatten sich
vorher auf jährliche Treffen beschränkt. «Die grosse Veränderung
für mich war, dass ich hier kein Sonderfall war, oder vielleicht
müsste man sagen: dass hier jeder ein Sonderfall ist», sagt
Jolanda Schönenberger. Die wegen des Kantonswechsels
lehrplanbedingten Umstellungen konnten im ohnehin stark
individualisierenden Unterricht gut aufgefangen werden. Neu war
natürlich der konsequent einer Sehbehinderten-Pädagogik
verpflichtete Unterricht, auch die starke Gewichtung des
Informatikunterrichts und des PC-Handlings. (...)
Der ausgesprochen förderorientierte Unterricht ermöglichte
Jolanda nach vier Jahren Blindenschule den Übertritt ins
Gymnasium Muristalden in Bern. Hier belegte sie in einem
zweisprachigen Ausbildungsgang – Mathematik und gewisse
Realfächer wurden in Englisch unterrichtet – das
Schwerpunktfach Englisch und die Ergänzungsfächer
Psychologie und Pädagogik. Ein weiteres Mal konnte sie von
einem behindertengerechten Verhalten ihrer Ausbildner
profitieren. Selbstverständlich erhielt sie alle Dokumente
vergrössert, und was die Lehrpersonen an die Tafel schrieben,
lasen die meisten auch gleich vor, sodass Jolanda mitschreiben
konnte. Bei Prüfungen wurde ihr ein Drittel mehr Zeit
zugestanden, und in Mathematik – einem wegen der vielen
Formeln und Grafiken ausgesprochen «optischen» Fach – hatte
Jolanda eine Wochenstunde zusätzlichen Unterricht. All das
erweckte Neid bei einigen Klassenkameradinnen und kameraden. «Es war nicht immer einfach. Ich war recht ehrgeizig,
hatte auch gute Noten. Mit der Klasse gab es bisweilen
Schwierigkeiten; aber mit den Lehrkräften hatte ich es sehr gut.»
(...)
Jolanda Schönenberger findet gut, wie es gelaufen ist: «Ich habe
das Gefühl, dass ich zu einem idealen Zeitpunkt nach Zollikofen
gekommen bin. Rein schulisch hätte ich in der öffentlichen Schule
bleiben können. Aber ich glaube, der Wechsel hat mir vor allem
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persönlich gut getan. Ich war plötzlich viel motivierter. Und auch
der erneute Wechsel in die öffentliche Schule geschah wiederum
zu einem guten Zeitpunkt.»
Kasten:
Beratung und Unterstützung (B&U): Der Ambulante Dienst
begleitet und unterstützt blinde und sehbehinderte Kinder und
Jugendliche in privaten und öffentlichen Schulen und in
heilpädagogischen Sonderschulen. Unter Berücksichtigung des
schulischen Umfeldes koordinieren die Fachpersonen alle
Massnahmen in Bezug auf die Integration. Die Unterstützung
kann bereits im Kindergarten beginnen und über alle
Klassenwechsel hinweg bis zum Abschluss einer beruflichen
Erstausbildung beziehungsweise zum Übertritt in eine
Nachsorgeinstitution erfolgen.
Quelle: Der Artikel ist eine leicht gekürzte Fassung des Artikels
«Die Schullaufbahn einer Sehbehinderten» erschienen in der
Zeitschrift profi-L 3/2010, (http://profi-l.net/2010-03-spagation/dieschullaufbahn-einer-sehbehinderten), mit der freundlichen
Genehmigung des Schulverlag plus (www.schulverlag.ch)
Eine Frage der Haltung
Naomi Jones
Im Campus Muristalden in Bern bereiten sich derzeit vier
Schüler und Schülerinnen mit einer Sehbehinderung auf die
Matura vor. Bertrand Knobel ist Rektor des Gymnasiums.
Radwina Seiler ist seit dem Februar 2011 Rektorin der
privaten Volksschule im Muristalden. Vorher war Seiler sechs
Jahre lang Schulinspektorin im Kanton Bern. Nachfolgend
sprechen die beiden über ihre Erfahrungen in Sachen
schulische Integration.
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Bertrand Knobel: Der Campus Muristalden hat eine lange
Tradition der schulischen Integration von Schülern mit einer
Behinderung. Als ich in den siebziger Jahren an diese Schule
kam, war das jedenfalls schon so. Wir hatten Menschen mit den
verschiedensten Behinderungen im Haus: Körperbehinderte,
Hörbehinderte, Sehbehinderte.
Die Schule war ursprünglich ein evangelisches Lehrerseminar
und hat von daher eine humanistische Grundhaltung. Bei uns gab
es immer Leute, die vom Rand der Gesellschaft kamen, z.B. beim
Küchen- und Hauspersonal. Generationen von Schülern erinnern
sich an den geistig behinderten Otti, der beinahe bis zu seinem
Tod im Haus lebte.
In den letzten 15 Jahren hat sich die schulische Integration aber
professionalisiert. Wir arbeiten eng mit den Sonderschulen,
insbesondere der Blindenschule Zollikofen, zusammen. Wir
haben uns in Sachen Integration von Sehbehinderten
gewissermassen spezialisiert. Einmal in der Woche kommt eine
Heilpädagogin zu uns. Sie ist Ansprechperson für alle Lehrer und
Lehrerinnen, die einen der vier sehbehinderten Gymnasiasten
unterrichten. Zusammen mit ihr entwickeln die Lehrkräfte
Lösungen für allfällige Probleme im Unterricht, die durch die
Sehbehinderung der Jugendlichen entstehen.
Radwina Seiler: Der Support dieser Fachkräfte ist auch in der
öffentlichen Volksschule ausgesprochen hilfreich. Manchmal
helfen ganz einfache Hilfsmittel, wie z.B. eine andere Lampe, die
mehr Schatten erzeugt als das Neonlicht. Vom verbesserten Licht
im Klassenzimmer profitieren auch die andern Kinder. Ebenso
wenn die Lehrerin vorliest, was sie an die Wandtafel geschrieben
hat.
Bertrand Knobel: Für die Schule bedeutet eine sehbehinderte
Schülerin einen Mehraufwand. Das ist klar. Am Gymnasium
bedingt es, dass wir alle Texte digitalisieren und zugänglich
machen. Wir arbeiten eng mit den Eltern, den Jugendlichen und
eben der Sonderschule zusammen. Die Jugendlichen erhalten
ausserdem eine gewisse Anzahl Privatlektionen von ihren
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Fachlehrern. Zumindest ein Teil des Mehraufwands ist von der
Invalidenversicherung finanziert.
Radwina Seiler: In der öffentlichen Volksschule führt dieser
Mehraufwand manchmal zu einer ablehnenden Haltung.
Lehrkräfte scheuen sich vor dem Aufwand. Im Campus
Muristalden hingegen erlebe ich eine sehr offene Haltung
gegenüber Jugendlichen mit andern Bedürfnissen. Sie werden als
Herausforderung und nicht als Belastung wahrgenommen.
Ebenso ist es in der privaten Volksschule des Muristalden.
Bertrand Knobel: Ja, mit der Belastung aufgrund einer
Behinderung hatten wir nie ein Problem. Eher mit dem Charakter
von einzelnen Jugendlichen, etwa wenn sie unstrukturiert und
desorganisiert waren, wobei das sehr selten war. Aber das hatte
jeweils nichts mit der Behinderung zu tun. Bei kooperativen
Schülern und Eltern findet man immer eine Lösung. Von
Schwierigkeiten kann eine Schule nur profitieren. Das
methodische und pädagogische Repertoire vergrössert sich. Die
Sensibilität und das Verständnis für Differenzen nehmen zu.
Erworbenes Knowhow und getroffene Lösungen können auf
andere schwierige Situationen oder Jugendliche übertragen
werden.
Ganz allgemein pflegt der Muristalden eine lebensbejahende
Pädagogik, die integriert und nicht aussondert. Die Gesellschaft
bewegt sich immer mehr auf die Ausgrenzung von Andersartigen
zu: Behinderte, Raucher und vielleicht schon bald korpulente
Menschen haben einen schwierigen Stand. In der Schule können,
wollen und müssen wir ein Gegengewicht zu dieser
gesellschaftlichen Tendenz geben, trotz allen Schwierigkeiten.
Nein, gerade wegen der Schwierigkeiten. Letztlich wegen uns.
Radwina Seiler: Ein weiteres Argument, das oft gegen die
Integration verwendet wird, sind Schutzzonen für die behinderten
Kinder. Unter ihresgleichen in der Sonderschule seien sie besser
geschützt. Aber ich bin überzeugt, dass wenn wir in der Schule
einen gesunden Umgang miteinander pflegen, dann können auch
sehr anspruchsvolle Kinder integriert werden. Das gilt für Kinder
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mit Verhaltens-auffälligkeiten wie für solche mit einer
Behinderung. Wichtig ist das Vertrauen der Eltern in die Schule,
und dass alle Beteiligten die Integration wollen. Wirklich an eine
Grenze stossen wir erst bei schweren Mehrfachbehinderungen.
Gemäss den allgemeinen Bestimmungen der kantonalen
Vorschriften der Volksschule haben wir ausserdem die
Möglichkeit einer zieldifferenten Integration. Das heisst, nicht alle
Kinder müssen die gleichen Lernziele erreichen. Lernziele
können individuell reduziert oder erweitert werden. Die Differenz
zu den allgemeinen Lernzielen muss aber sehr genau definiert
und begründet sein. Ein Kind kann also in einigen Fächern die
Lernziele bei weitem nicht erreichen, bei andern aber sogar
übertreffen.
Zu Ende gedacht würde dies grundsätzlich den
Sonderschulstatus von einzelnen Kindern aufheben. Allerdings ist
es in der Praxis schwierig, dies transparent umzusetzen.
Bertrand Knobel: In einigen wenigen gut begründeten und
rechtzeitig beantragten Fällen ist es nach neuer
Mittelschulgesetzgebung sogar für die gymnasiale Ausbildung
möglich, individuelle Lernziele zu definieren. Jedoch muss hier
die grösste Vorsicht angewendet sein, damit die individuellen
Lernziele nicht inflationär verwendet werden und so z.B. den
Leistungsausweis einer Matura verwässern. Grundsätzlich gehen
wir im Gymnasium von einer zielgleichen Integration aus. Seien
dies nun behinderte oder ausländische Jugendliche. Das
bedeutet, dass an der Prüfung für alle ein gleicher
Schwierigkeitsgrad gefordert wird. Die Matura muss nicht absolut
gleich, aber sie soll für alle Maturanden gleichwertig sein. Für
eine blinde Maturandin müssen wir manchmal andere Aufgaben
suchen, um den Bildungsstand zu messen. Einzelne Stoffgebiete
können wir nicht erlassen. Sehr wohl können und müssen wir
aber einen Zeitzuschlag berücksichtigen und geeignete Hilfsmittel
finden. Die Maturandin muss an der Prüfung belegen können,
dass sie das geprüfte Thema begriffen hat.
Wir haben, zusammenfassend gesagt, bisher nur gute
Erfahrungen mit der Integration von sehbehinderten und blinden
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Jugendlichen gemacht. Die einzige Schwierigkeit, die wir bisher
hatten, war ein hie und da aufflackernder Neid der
Klassenkameraden etwa auf den Zusatzunterricht, den jene
aufgrund der Sehbehinderung erhielten. Dies war insbesondere
dann der Fall, wenn die behinderten Jugendlichen schulisch
ohnehin sehr gut waren. Eine andere Grenze der Integration
ergibt sich manchmal im Alltag aus dem Zeitdruck. Es kann sein,
dass Lehrer und Mitschüler in der Hektik des Tagesgeschäfts
nicht immer angemessen auf die besonderen Bedürfnisse von
behinderten Schülerinnen Rücksicht nehmen. Allerdings herrscht
am Muristalden auch unter den Schülern und Schülerinnen in den
allermeisten Fällen eine grosse Offenheit und Neugier gegenüber
andern. Unsere Schüler mit einer Behinderung haben sich bisher
mit der grössten Selbstverständlichkeit in ihre Klassen integriert.
Schulische Integration, so scheint mir, ist in erster Linie eine
Frage der Haltung.
Legende:
Im ehemaligen evangelischen Lehrerseminar Muristalden hat die
Integration von Menschen, die nicht vollumfänglich der Norm
entsprechen eine lange Tradition. Heute ist die Schule ein
Gymnasium. Zahlreiche sehbehinderte Schüler und Schülerinnen
haben hier schon ihren Mittelschulabschluss gemacht. (Foto:
Naomi Jones)
Moncef Genoud, Integration in den 70er Jahren
Jean-Marc Meyrat
Moncef kam 1961 in Tunesien zur Welt. Zur Behandlung seiner
Augen kam er nach Genf und lebte dort bei seinen Pflegeeltern
Michel und Giselle Genoud, die ihn später adoptierten. Seine
Schullaufbahn begann Moncef in der Primarschule im
Blindenheim von Lausanne, das «Institut» genannt, heute das
Centre pédagogique pour enfants handicapés de la vue.
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Am Ende der Primarschule, also mit zwölf, verliess Moncef das
Institut und zog wieder zu seiner Familie nach Genf.
Durchsetzungsfähige Eltern
1973 kontaktieren Michel und Giselle ohne zu zögern den
Staatsrat André Chavanne, damals Leiter des Departements für
Erziehung im Kanton Genf. Moncef sollte die öffentliche
Sekundarschule besuchen. Chavanne nahm die Herausforderung
unter der Voraussetzung an, dass Moncef die Aufnahmeprüfung
für den Orientierungszyklus bestehe. Anschliessend besuchte
Moncef mit sechsmonatiger Probezeit den Cycle d‘orientation des
Marais, stets begleitet von einem Klassenlehrer, der sich sehr
dafür einsetzte, dass Moncef sein Pensum unter bestmöglichen
Bedingungen absolvieren konnte.
Fragt man Moncef, welche Schwierigkeiten er in den ersten
Monaten in der öffentlichen Schule hatte, berichtet er, dass er
seinen Klassenkameraden voraus war, weil er durch den guten
Unterricht im Blindenheim schon einen höheren Stand erreicht
hatte. Strahlend erzählt er: «Im ersten Jahr des Zyklus brauchte
ich nicht zu büffeln, ich wusste schon alles. Es war kinderleicht.»
Und das, obwohl Blinden und Sehbehinderten damals bei Weitem
nicht so leistungsfähige Werkzeuge zur Verfügung standen wie
heute.
Dank seines ausgeglichenen Charakters und der unermüdlichen
Unterstützung seiner Eltern hatte Moncef keine grosse Mühe,
sich in die Klasse zu integrieren. Soweit nötig, wusste er genau,
was zu tun war. «Da gab es einen, der fand es besonders witzig,
mir einen Klaps auf den Hintern zu geben und dann wegzulaufen.
Eines Tages habe ich ihm dann oben an der Treppe ein Beinchen
gestellt, danach war damit Schluss».
Nach Abschluss der Sekundarstufe schrieb sich Moncef ins
Gymnasium ein und bestand schliesslich die Maturität mit
Schwerpunktfach Musik.
Musik im Blut
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Seit frühester Kindheit begeisterte sich Moncef für Musik, vor
allem für Jazz, und sein Vater ermutigte und unterstützte ihn. Der
Vater ist selbst grosser Fan von Louis Armstrong und Fats Waller.
Moncef nahm Klavierstunden beim Musiker Achille Scotti, der
selbst blind ist. 1987 erhielt er am Genfer Konservatorium sein
Diplom und unterrichtet dort bis heute.
Inzwischen ist Moncef Profi-Musiker. Gemeinsam mit JazzGrössen wie dem senegalesischen Weltstar Youssou N‘dour und
dem berühmten, leider früh verstorbenen US-Saxophonisten Bob
Berg entstanden mehrere Alben. Denkwürdig auch seine Auftritte
mit Michael Brecker, Dee Dee Bridgewater oder Jack
Dejohnnette, um nur die bekanntesten zu nennen.
Kasten:
Das jüngste Werk von Moncef Genoud, Métissage, ist sein elftes
Album als Bandleader, und kann auf www.moncefgenoud.com
gehört und bestellt werden.
Konzerte:
– 20. August 2011, 20.30 Uhr Moncef Genoud und sein
Orchester im Centre de congrès Le Régent in Crans
Montana
– 1., 2. und 3. Dezember 2011 Moncef Genoud Woche im
Chorus in Lausanne, 021 323 22 33, www.chorus.ch
Legende:
Moncef Genoud hat seinen Weg durch die verschiedenen
Schulen gemacht. Heute ist er ein international bekannter
Jazzpianist. (Foto: z.V.g.)
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Inserat: Akupunktur
Traditionelle Chinesische Medizin
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079 565 32 29
Fokus
Die Zahlen der Liebe
Naomi Jones
Für sehbehinderte und blinde Personen, insbesondere
Frauen, ist es schwieriger einen Partner zu finden als für
Menschen ohne eine Behinderung. Stimmt. Dennoch die
Aussage ist mit Vorsicht zu geniessen.
Um Aufschluss in der Frage zu erhalten, ob es für sehbehinderte
Menschen schwieriger sei, einen Partner zu finden, als für nicht
behinderte, hat die Redaktion unter den Mitarbeitenden des
Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverbandes (SBV)
eine kleine Umfrage getätigt. Von insgesamt 138 Mitarbeitenden
im SBV haben 36 Personen die Fragen beantwortet. 17 der 36
Personen haben eine Sehbehinderung, 19 sind normal sehend.
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Die Mitarbeitenden des SBV wurden gefragt, ob sie sich zurzeit in
einer festen Partnerschaft oder Ehe befänden oder ob sie Single
seien. Die Dauer der Partnerschaft interessierte und wer wollte,
sagte etwas zum Ort, wo man den Partner kennen gelernt hat.
Hingegen war es nicht Thema, ob der Partner bzw. die Partnerin
eine Sehbehinderung habe.
Fünf zu zwei, sechs zu eins
Von den 17 sehbehinderten Kollegen und Kolleginnen gaben fünf
an, Single zu sein. Von den 19 normal sehenden waren es zwei.
Unter den insgesamt sieben Alleinstehenden befindet sich nur
gerade ein Mann.
Einige der Singles sind schon länger als ein Jahrzehnt
alleinstehend und wünschen sich einen neuen Partner. Andere
sind erst seit kurzer Zeit getrennt. Ein paar sind an einer neuen
Partnerschaft gar nicht interessiert. Alle der Befragten, die
antworteten, hatten schon mindestens eine längere Partnerschaft
oder wenigstens eine Jugendliebe hinter sich.
Insgesamt scheint das Beziehungsglück im SBV relativ hoch zu
sein. Rund 80% der Mitarbeitenden, die auf die Umfrage
antworteten, gaben an, in einer partnerschaftlichen Beziehung zu
sein. Unter den normal sehenden haben wenig mehr als 10%
keinen Partner. Unter den Kollegen und Kolleginnen mit einer
Sehbehinderung hingegen ist es etwas weniger als ein Drittel.
Der Schluss liegt also nahe: für Menschen mit einer
Sehbehinderung, insbesondere für Frauen mit einer
Sehbehinderung, ist es schwieriger einen Partner zu finden als für
Menschen ohne eine Sehbehinderung.
Zahlen in Beziehung setzen
Doch trotz der Zahlen ist mit einem solchen Schluss Vorsicht
geboten. Denn es fällt auf, dass unter sieben Befragten, die
angeben, Single zu sein, nur gerade ein Mann ist. Laut Wikipedia
lebten aber im Jahr 2005 in Deutschland 18% der Männer ohne
eine Partnerin. Von den Frauen waren 26% ohne Partner. Wo
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sind also die Single-Männer im SBV? Gibt es sie nicht oder
haben sie nicht an der Umfrage teilgenommen? Auch sehende
Single-Frauen müsste es im SBV noch ein paar mehr geben.
Kann es sein, dass insbesondere Frauen mit einer
Sehbehinderung freimütiger als andere zugeben, sie seien
alleinstehend und hätten gerne wieder einen lieben Partner?
Die Zahlen sagen nichts über die Gründe der Situation aus. Liegt
es tatsächlich an der Sehbehinderung, dass fünf der sieben
Singles keinen Partner haben? Eine Frau gab an, sie habe
aufgrund der Sehbehinderung Mühe, Kontakte herzustellen. Ihre
Ehe liegt längere Zeit zurück. Ein glücklich verheirateter blinder
Mann sagte, seine Frau sei auf ihn zugekommen. Er lässt aber
offen, ob er die Frau seiner Träume aufgrund der Sehbehinderung
oder aufgrund seiner Scheu nicht ansprach: «Ich hätte mich wohl
kaum getraut.»
Schule, Sport und Internet
Am interessantesten an der Umfrage sind, zumindest für die
Partnersuchenden unter der Leserschaft, die Orte, wo man auf
künftige Partner oder Partnerinnen treffen kann: Vier der 37
haben ihre Liebe bei einer sportlichen Aktivität kennen gelernt.
Drei wurden im Internet fündig. Neun trafen den Mann oder die
Frau ihres Lebens in der Schule, an der Arbeit oder an einem
Kurs. Auch der Freundeskreis, das Stadtfest, der kulturelle Anlass
und sogar eine einsame Wanderung sind angegeben worden.
Legende:
Tiere schaffen Kontakt. Ein Führhund kann der Anlass für ein
sympathisches Gespräch mit langfristigen Folgen sein.
(Symbolfoto: Naomi Jones)
Analog vs. digital: Partnervermittlung
Naomi Jones
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Bis zu einem Viertel der Erwachsenen in der Schweiz und in
Deutschland soll gemäss Wikipedia auf Partnersuche sein.
Ein junger, schlanker Mann sitzt spät nachts am Computer.
Dunkle Locken fallen ihm ins Gesicht. Er beugt sich nach vorn
und lauscht. Im Ohr steckt ein kleiner Kopfhörer. Dann huscht ein
Lächeln über sein Gesicht und er schreibt in zügigem Tempo ein
paar Sätze. Senden. René Jaun chattet im Internet. Eine
Schreiberin mit dem Pseudonym «Wirbelwind» fordert Jaun mit
frechen Sprüchen heraus.
Jugendliche in der Zeit zwischen 15 und 25 Jahren sind oft an
Orten, wo sich Jungen und Mädchen kennen lernen. Mit
zunehmendem Alter nehmen die Gelegenheiten zur Partnersuche
ab. Die Ausbildung ist abgeschlossen und die Stelle fest. Der
Freundeskreis reduziert sich auf eine Hand voll treuer Seelen.
Für Menschen mit einer Sehbehinderung verschärft sich die
Situation oft durch eine eingeschränkte Mobilität. Nur wenige
blinde Personen ziehen nächtelang durch die Discos und Bars.
Wenn sie es doch tun, so müssen sie raffinierte Strategien finden,
wie sie in Sachen Frauen bzw. Männer zum Ziel kommen.
Hinschauen, wegschauen, hinschauen, sobald sie wegschaut...
das klassische Flirten ist schwierig mit einer Sehbehinderung. Die
gute Nachricht: Partnervermittlung boomt.
Singlebörsen
René Jaun hat sein Glück im Internet gesucht und gefunden.
Jaun ist blind. «Meine erste Freundin habe ich auf einer
internationalen Vermittlungsseite kennen gelernt. Dass die Seite
mit einem Persönlichkeitstest arbeitete und so potenzielle Partner
zusammenführte, überzeugte mich.» Die Beziehung dauerte vier
Jahre und scheiterte schliesslich nicht an der Liebe, sondern an
der räumlichen Distanz. René Jaun hatte sich in eine
Amerikanerin verliebt.
eharmony.com ist aber nicht die einzige Singlebörse, die mit Tests
arbeitet. Die grösste Internet-Partneragentur im deutschen
Sprachraum ist Parship. Grundlage der Vermittlung bildet ein
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langer Test, der vom Hamburger Psychologieprofessor Hugo
Schmale entwickelt worden ist. Der Professor geht davon aus,
dass sich Gleich und Gleich gern gesellt. Der Test basiert auf
verschiedenen psychologischen Theorien und erfragt Werte,
Haltungen, Interessen, Bildung wie auch Einkommen der
Interessierten. Dann erstellt ein Computer das
Persönlichkeitsprofil und liefert Partnervorschläge.
Der Suchende sieht sogleich, wie gut das Persönlichkeitsprofil der
vorgeschlagenen Frauen mit dem eigenen übereinstimmt. Er
kann zwischen Lehrerinnen, Hebammen, Kauffrauen und vielen
andern auswählen. Sie haben ihre Hobbys, ihre liebsten
Reiseziele und die wichtigsten Charakterzüge angegeben. Auch
das Alter steht da und die Region des Wohnortes. Name,
Geburtsdatum oder Adresse sind nicht ersichtlich. «Ich habe im
Profil immer angegeben, dass ich blind bin und einen Führhund
habe», sagt René Jaun. «Denn ich wollte Enttäuschungen von
vornherein vermeiden.»
Von negativen Reaktionen auf seine Behinderung kann Jaun
nicht erzählen. Viel wichtiger war der persönliche Austausch im
regen E-Mail-Verkehr. Diese Art des Kennenlernens sei für ihn als
Blinden ein Vorteil. Denn beide Suchenden kommunizieren mit
den gleichen Mitteln, so Jaun. Wenn er eine Frau schliesslich
persönlich kennen lernen wollte, tauschte er mit ihr
Telefonnummern aus oder vereinbarte einen Treffpunkt. Der Rest
laufe wie im richtigen Leben: «Die Chemie stimmt oder eben
nicht.»
Die Seiten seien mit dem Sprachprogramm weitgehend
zugänglich, wenn auch nicht völlig, sagt René Jaun, der für die
Firma «Zugang für alle» Websites auf Barrierefreiheit prüft.
Die Kupplerin
Vor rund 13 Jahren hat Andrea Klausberger eine Agentur für
Singles mit und ohne Behinderung gegründet. Was als
nebenberufliches Engagement begann, ist heute ein
Unternehmen mit einem Kundenkreis in der ganzen Schweiz.
Menschen mit einer Behinderung machen einen Teil der Singles
in Klausbergers Kartei aus, aber nicht den grössten.
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Die Singleberaterin ist für die Agentur, was bei Parship der
Computer. Die dynamische blonde Frau mit schnellem
Ostschweizer Dialekt besucht ihre Kunden persönlich. Drei
modische Brillanten stecken in ihrem rechten Ohr. Die Haare sind
kurz geschnitten. Andrea Klausberger gestikuliert mit den Händen
und fragt direkt aber mit viel Verständnis und Humor nach
früheren Erfahrungen in Sachen Partnerschaft. Sie will die
Wünsche sowie den Charakter des Kandidaten kennen lernen.
Was erwartet er von einer Beziehung? Dabei kann Klausberger
bereits zu hohe Erwartungen relativieren: «Frauen sind oft
unheimlich anspruchsvoll. Sie möchten einen Mann, der einen
hohen Status hat und all ihre Bedürfnisse erfüllt. Aber auch
Männer sind nicht gerade bescheiden. Viele hätten am liebsten
ein jugendliches Supermodel, obwohl sie selbst einen Makel
haben.» Wenn jemand aber offen sei, gerne auf andere zugehe
und dabei realistisch bleibe, funktioniere Partnervermittlung sehr
gut, erzählt Klausberger.
Schon während des ersten Gesprächs mit einer Person kommen
der Beraterin zwei bis drei potenzielle Partner in den Sinn. Dabei
hat sie kein bestimmtes Schema. Im einen Fall passen Ähnliche
gut zu einander. Im andern Fall sind es Gegensätze, die sich
ergänzen. «Mein Bauch und meine Erfahrung sagen mir, wo es
klappen könnte.»
Im Büro erstellt sie ein Profil des neuen Kunden und vergleicht es
mit dem der möglichen Partnerinnen. Dann schickt sie einen
ersten Vorschlag. Die Frau erhält zur gleichen Zeit das Dossier
des Mannes. Wenn beide einander gerne treffen wollen, erhalten
wiederum beide gleichzeitig die Telefonnummer des andern.
Wenn einer der beiden absagt, übernimmt es Andrea
Klausberger, die Nachricht zu übermitteln. So ist sie in ständigem
persönlichem Kontakt mit den Singles und lernt sie laufend
besser kennen.
Im Basisangebot garantiert die Agentur sechs Vorschläge, die zu
einem Treffen führen, sofern eine Person nicht jedes mögliche
Treffen selbst ablehnt. Klausberger weiss, dass die Partnersuche
manchmal Jahre dauert: «Ein vierzigjähriger mittelmässig
gebildeter Mann, der unbedingt eine Zwanzigjährige will, braucht
viel Geduld. Auch ältere, erfolgreiche und grosse Frauen suchen
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länger. Nur selbstbewusste Männer ertragen eine starke Partnerin
an ihrer Seite. Aber jüngere Frauen und gut gebildete Männer
haben auch mit einer Sehbehinderung gute Chancen auf dem
Heiratsmarkt.»
Auch wenn René Jaun keine Freundin sucht, tummelt er sich
gern im Internet: Auf Facebook, Twitter und andern sozialen
Netzwerken. Immer mal wieder entstehen aus virtuellen
Freundschaften reale. Und manchmal finden gar Turteltäubchen
zueinander – ganz wie im richtigen Leben.
Kasten:
Ich unterscheide zwischen Verliebtheit und Liebe. Ich glaube,
viele Menschen verpassen viele gute Beziehungen, weil sie sich
verlieben wollen. Die Verliebtheit ist die Leidenschaft. Die Liebe
ist das, was übrig bleibt. Die Liebe ist auch eine Entscheidung.
Man entscheidet sich für jemanden. Manchmal ist es nur die
Entscheidung, nicht etwas Besseres zu suchen. Jede Beziehung
kommt an den Punkt, wo die Verliebtheit endet und man sich für
oder gegen die Beziehung und die Liebe entscheiden muss.
Ich hatte sehende Partnerinnen und blinde Partnerinnen. Mit
blinden Frauen ist es ganz anders, als mit sehenden Frauen. Die
Behinderung kann verbinden. Man kann das Blindsein
gewissermassen teilen. Manchmal war ich mit den sehenden
Partnerinnen ebenso überfordert, wie sie mit mir. Sie waren für
mich das unbekannte sehende Wesen.
Andererseits war gerade das schön. Es war eine
Herausforderung, eine positive Herausforderung. Die sehenden
Frauen haben mir ihre Welt erklärt und ich ihnen meine.
René Jaun, blind.
Kasten:
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Partnervermittlung mit Herz: Andrea Klausberger, Seestr. 44,
9326 Horn, 071 866 33 30, www.partnervermittlung.ch
Singlebörsen im Internet:
www.parship.ch
www.match.com
www.swissflirt.ch
www.singles.ch
Die Preise der verschiedenen Seiten bewegen sich zwischen 200
und 300 Franken für drei Monate. Es empfiehlt sich, vor dem
Lösen eines Abonnements die AGB zu studieren. Chats sind in
der Regel kostenlos.
www.singleboersen-vergleich.ch
Legende:
Andrea Klausberger ist Gründerin und Inhaberin der Agentur
Partnervermittlung mit Herz. (Foto: Naomi Jones)
Orte der Liebe
Aufgezeichnet von Naomi Jones
Weiterbildung
Wir haben uns im SBV-Kurs kennen gelernt. Letzten Sommer
besuchten wir beide das erste Modul des Kommunikationskurses.
Zwar waren wir beide schon im Sensibilisierungskurs. Aber da
hatte es viele Leute. Ich registrierte Jürg nur am Rande.
Im Kommunikationskurs waren weniger Leute, der Rahmen war
intimer und wir kamen ungezwungen ins Gespräch.
Ich traf Jürg wieder im zweiten Modul. Wieder waren wir von
einander angezogen, machten Sprüche und flirteten verbal
miteinander. Aber mehr war da nicht. Auch nicht als wir uns
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zufällig im Hotel Solsana trafen. Jedoch dachte ich immer öfter an
Jürg.
Das dritte Modul des Kommunikationskurses fand an einem
Wochenende im Herbst auf der Meielisalp statt. Ich wusste, dass
Jürg Schokolade mag, und im Jux hatte ich ihm welche
versprochen. Also brachte ich ihm Glückskäfer mit. Bloss ich
hatte keine Gelegenheit, sie ihm zu geben. Erst auf der Rückfahrt
im Zug war der Moment da. Wir hatten Zeit für ein vertieftes
Gespräch. Da gab ich ihm die Käfer und die Biscuits für Fiero,
seinen Hund; an den hatte ich natürlich auch gedacht. Jürg hielt
meine Hand – einen langen intensiven Moment. Doch als die
Fahrt zu Ende war, trennten sich unsere Wege erneut.
Aber Jürg ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Und so rief ich ihn
rund zwei Wochen später kurzerhand an: Wir redeten
sechseinhalb Stunden am Stück.
Seither fahren Jürg und Fiero regelmässig zu mir ins Unterland,
während ich immer wieder das Wochenende bei den beiden in
den Bergen geniesse.
Renate Brönnimann, sehbehindert (progressiv)
Führhund vermittelt Mann
Ich reiste für einen längeren Sprachaufenthalt in die USA. Dort
wohnte ich in einem Studentenheim, das 900 junge Leute aus
aller Welt beherbergte. Als ich ankam, kannte ich natürlich
niemanden. Aber ich hatte meine blonde Führhündin bei mir. Ich
fiel auf. Denn ich war die einzige im ganzen Haus, die einen Hund
hatte. Tiere waren im Studentenheim nicht erlaubt. Aber die
Amerikaner sind sehr fortschrittlich im Umgang mit behinderten
Menschen. Es war keine Frage, dass ich mit dem Hund kam.
Wegen dem Hund aber wurde ich immer wieder angesprochen
und kam mit fremden Leuten ins Gespräch unter anderen mit
einem jungen Chilenen.
Er half mir in der Cafeteria einen Platz zu finden und war sehr
interessiert an meiner charmanten Hündin. Von da an grüsste er
mich jedes Mal, wenn er mich sah, und wir hielten einen kleinen
Schwatz. Eines Tages bot er mir an, mich mit dem Auto zum
Hundefutter-Kaufen zu fahren, damit ich nicht immer teure kleine
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Portionen kaufen musste, sondern eine grosse Menge holen
konnte. Das nahm ich natürlich gerne an ... Als meine Hündin und
ich zurück in die Schweiz flogen, hatten wir sozusagen einen
Mann im Gepäck. Das war vor 27 Jahren.
Beatrice Acuña, hochgradig sehbehindert
Im grossen weiten Netz
Meine Freundin habe ich beim Chatten kennen gelernt. Auf
Vermittlungsseiten mit Fotos habe ich wenig Chancen, weil man
mir meine Behinderung ansieht. Beim Chatten gibt es keine
Fotos. Man sieht nur den Nickname der Leute, die anwesend
sind. Im Gespräch muss man dann herausfinden, wer sich z.B.
hinter «sunshine24» verbirgt. Es gibt verschiedene virtuelle
Räume zu bestimmten Themen. Es gibt aber auch Chatrooms für
Singles.
Ich spreche immer offen über meine Behinderung. Aber natürlich
nicht als Erstes. Die Reaktionen darauf sind sehr unterschiedlich.
Manche haben plötzlich keine Zeit mehr. Andere aber
interessieren sich für die Behinderung und man kann das
Gespräch vertiefen. Manchmal geht das Gespräch eben so tief,
dass man sich auch persönlich kennen lernen möchte.
Als ich meine Freundin kennen lernte, ging ich völlig ohne
Absichten chatten. Ich zog wegen meinem Job nach Zürich und
kannte noch niemanden. So vertrieb ich mir die Abende im
Internet. Mit «sunshine24» verstand ich mich einfach besonders
gut und freute mich jedes Mal, wenn sie online war. Irgendwann
fanden wir das Schreiben etwas mühsam, tauschten die
Telefonnummern und redeten bis um vier Uhr morgens...
Nun sind wir seit einem Jahr ein Paar. Im Juni beziehen wir eine
gemeinsame Wohnung.
Daniele Corciulo, sehbehindert
Kontaktanzeige
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Ich habe vor acht Jahren zum ersten Mal im Internet eine
Kontaktanzeige aufgegeben und habe so meine jetzige
Lebenspartnerin kennen gelernt.
Der Kontakt war vorerst nur per Mail. Erst nach einer gewissen
Zeit tauschten wir Fotos aus. Ein Treffen fand erst statt, nachdem
wir uns über verschiedene Themen intensiv per Mail
ausgetauscht hatten. In diesem Mail-Verkehr gaben wir nach und
nach mehr über uns selbst und unser Leben preis. Dazu gehörten
auch schwierige Themen wie gescheiterte Beziehungen,
Krankheiten, Krisen und wie wir diese bewältigt haben. Vor dem
ersten Treffen telefonierten wir einmal. So konnten wir schon die
Stimme des andern kennen lernen. Bei unserer ersten
Begegnung kannten wir uns also schon recht gut. Dieses erste
Zusammensein an einem Nachmittag bestätigte den vorher
gewonnen Eindruck. Es folgten weitere Treffen und schliesslich ist
daraus eine Partnerschaft gewachsen.
Ich fand es gut, dass wir uns schrittweise und zunächst ohne
Bilder – sozusagen blind – austauschten. Es war wichtig und gut,
dass wir uns in diesen ersten Kontakten offen und ohne Scheu
vor Schwierigem austauschen konnten. Das Innere stand im
Vorder-, das Äussere im Hintergrund.
Jürg Romer, normal sehend.
Sport und Ausdauer
Adi und ich kannten uns drei Jahre, bevor wir zusammen kamen.
Wir haben zusammen Skilager geleitet. Ich führte jeweils die
Kindergruppe auf einer einfachen Piste an. Denn ich bin zwar
sehbehindert, aber auf Pisten, die ich gut kenne, kann ich mich
ohne Problem bewegen.
Adi und ich verstanden uns von Anfang an gut. Aber im ersten
Jahr hatte ich einen andern Freund. Im zweiten Jahr hatte Adi
eine andere Freundin. Im dritten Jahr waren wir dann beide
Single. So kamen wir uns nach einer Woche Lager und einem
letzten Abend im Ausgang etwas näher.
Als ich wieder zu Hause war, war ich unsicher, ob er es auch
ernst meine. Da besuchte ich ihn spontan in Zürich und blieb.
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Bis dahin hatte Adi weder von meiner Sehbehinderung noch von
meiner Führhündin Blue etwas gewusst. Wie gesagt, in
bekanntem Umfeld bewege ich mich sehr sicher. Sieben Jahre
später verwöhnt er Blue wie kein anderer und mich natürlich
auch.
Olivia Bader, sehbehindert
Legende:
Ein Sonntagnachmittag in Paris, Stadt der Verliebten.
(Symbolfoto: Naomi Jones)
Inserat: Begleiterkarte im Konzert anerkannt
Begleitpersonen von zahlenden Konzertbesuchern, die aufgrund
einer Behinderung einen Begleiterausweis besitzen, erhalten
einen freien Eintritt an Konzerte, die vom Collegium Musicum
Ostschweiz (CMO) organisiert werden.
Aus organisatorischen Gründen bitten wir Sie um einen Anruf,
damit die entsprechenden Tickets ausgestellt werden können.
Diese können an der Abendkasse abgeholt und bezahlt werden.
Angaben zu Konzerten, finden Sie unter www.collegiummusicum.ch.
Magazin
Die Zigarette danach
Naomi Jones
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Im letzten Jahr publizierte die deutsche Autorin und
Sozialpädagogin Jennifer Sonntag ein Buch mit Porträts von
blinden und sehbehinderten Frauen, die sich über ihre
Wahrnehmung von Schönheit äusserten (vgl. der Weg Nr.
3/2010). Nun ist ein weiteres Buch von Jennifer Sonntag als
Autorin und Herausgeberin bei der DZB-Leipzig erschienen.
«Die Zigarette danach» ist eine Anthologie erotischer und
abgründiger Kurzgeschichten von sieben Autoren und Autorinnen.
Das Buch ist nicht eben jugendfrei, dafür umso anregender und
frecher. Es wurde als Daisy-CD produziert und richtet sich somit
in erster Linie an blinde und sehbehinderte Personen. Allerdings:
Die Co-Autoren von Jennifer Sonntag sind normal sehend.
Blindheit ist in einer einzigen Geschichte das Thema: Die schöne
Blinde als Femme fatal, ein mystisches und gleichzeitig
bedrohliches Wesen, das der sehende Partner unterschätzt.
Sonntag wählte sehr gezielt die Gattung der erotischen Literatur.
Denn sie wollte sich als Autorin unabhängig von ihrer
Sehbehinderung positionieren. Mit dem lustvollen Tabubruch
wollte sie aus der «Blindenschublade» raus kommen, wie sie
selbst sagt. Dies ist ihr zweifellos gelungen. Ausserdem wollte sie
mit dem erotischen Hörbuch gezielt ein sehendes Publikum
ansprechen und dieses auf das Daisy-Format aufmerksam
machen. Ob ihr das hingegen gelingen wird, bleibt offen. Denn
wenige normal Sehende werden das Format kennen, geschweige
denn ein geeignetes Abspielgerät besitzen. Das Buch findet sich
leider nicht auf Amazon. Der Versuch, als blinde Frau ein
sehendes Publikum anzusprechen, für den grossen Schatz an
Hörbüchern zu interessieren und dies ohne das Thema Blindheit
in den Vordergrund zu stellen, es aber auch nicht zu verleugnen,
ist ein interessanter Ansatz der Integration. Wäre das Buch in
einem andern Verlag mit geeigneten Werbekanälen erschienen,
wäre die Strategie mit einiger Wahrscheinlichkeit erfolgreich.
Denn «Die Zigarette danach» ist vielleicht kein Werk der
Weltliteratur, wohl aber äusserst lustvolle Unterhaltung für
Menschen ab 18 Jahren, mit oder ohne Handicap.
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Schweizer Cup in Audiodeskription
Jean-Marc Meyrat
Die Sonne ging auf, und das Wallis hielt den Atem an. Am
Sonntag, dem 29. Mai 2011, standen sich der FC Sion und der
FC Neuchâtel Xamax in Basel im Final um den Schweizer
Cup gegenüber.
Der Schweizerische Zentralverein für das Blindenwesen (SZB)
und der Schweizerische Fussballverband (SFV) boten rund 15
Sehbehinderten und ihren Begleitern an, beim 86. Schweizer
Cupfinal kostenlos dabei zu sein.
Im Pressebereich des Stadions perfekt untergebracht, konnten
wir über unseren eigenen Radioempfänger per Audiodeskription
das komplette Spiel auf Deutsch und Französisch verfolgen.
Das allerdings, was unseren sportbegeisterten Ohren geboten
wurde, war – zumindest auf Französisch – eher ein Kommentar,
wie man ihn auch sonst aus dem Radio kennt, als eine
Audiodeskription. Trotz der guten Leistung von Mathias
Froidevaux und Mathias Marti, denen ich an dieser Stelle herzlich
danken möchte, bekam ich nur wenige Informationen, die mir
eine wirklich bessere Wahrnehmung des Spiels ermöglichten.
Die Audiodeskription eines Fussballspiels ist eine schwierige
Sache. Denn einerseits muss man wie ein Radioreporter
berichten, was im Spiel passiert, gleichzeitig aber auch erzählen,
was um das Spiel herum geschieht. Schwierig ist vor allem, die
beiden Elemente im Gleichgewicht zu halten.
Auf Anregung seines guten Freundes Mathias Marti bekam ExSportjournalist Mathias Froidevaux Interesse an der
Audiodeskription von Fussballspielen. Und wohlgemerkt, unsere
beiden Mathias üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus.
Beim nächsten Mal wird alles besser
Im Gespräch mit Mathias Froidevaux erfuhr ich zu meiner
Überraschung, dass er nur eine kurze Einführung in die
Audiodeskription erhalten hatte, wenn auch von erfahrenen
Fachleuten und Sehbehinderten. Reicht das wirklich aus?
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Natürlich nicht. Deshalb waren unsere beiden Mathias auch sehr
interessiert an unserem Feedback. Sie haben ein grosses
Potenzial, müssen aber an der Technik noch etwas feilen.
Lieber nicht in den falschen Waggon steigen!
Spektakulär wurde es leider nicht auf dem Spielfeld, sondern im
Zug. Angesichts der brennenden Leucht-Petarden, der
eingeschlagenen Scheiben und der im Vorbeifahren auf
Bahnsteige geworfenen Flaschen machte man sich ernsthaft
Sorgen; nicht nur um das Rollmaterial der SBB, sondern um die
Zukunft der menschlichen Gattung.
Ein Rekord des Meisters
Das Wallis hätte sich seine Aufregung sparen können, denn
schon nach fünf Minuten lag der FC Sion mit 2:0 in Führung.
Abgesehen von diesen fünf Minuten und später von den weiteren
fünf Minuten, in denen Neuchâtel sich mit letzter Kraft noch
einmal aufbäumte, erlebten wir ein mittelmässiges bis schwaches
Spiel, auch wenn der FC Sion mit seinen zwölf gewonnenen von
zwölf Endspielen den unschlagbaren Rekord hält.
Legende:
Die beiden Audiodescriptoren Mathias Froidevaux und Mathias
Marti am Cupfinal in Basel. (Foto: Samuel Jaberg, swissinfo.ch)
Wo bin ich? Das iPhone weiss es.
Jürg Cathomas
Ein Schläfchen, oder neudeutsch gesagt, ein power nap, ist sehr
erholsam. Findet es jedoch anlässlich einer Reise im Zug statt,
kann das Erwachen stressig werden: Wo bin ich, hätte ich nicht
bereits schon aussteigen sollen? Für solche Fälle stelle ich mir
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den Wecker auf meinem Smartphone, so dass ich kurz vor der
geplanten Ankunft geweckt werde.
Trotzdem möchte ich auch ab und zu wissen, wo ich gerade
durchfahre. Moderne Smartphones können auch hier helfen.
Zwar funktioniert die Ortung per GPS im Zug meistens nicht, aber
eine ungefähre Standortbestimmung per Handynetz ist immer
möglich.
Auf dem iPhone gibt es hierfür das kostenlose Programm «My
Position». Ich muss einfach auf das Feld gehen, wo die aktuelle
Gemeinde bzw. Stadt angezeigt wird, und ab jetzt wird mir jeder
neue Standort automatisch mitgeteilt. Ich kann dazu gemütlich
meine Lieblingsmusik hören. Vor jeder Ansage wird sie etwas
leiser gestellt, so dass ich die Ansage gut verstehe.
Nach der Zugfahrt kann mir dieses Programm noch viel besser
helfen, besonders wenn ich die Strassenschilder und
Hausnummern nicht lesen kann: Ich verschiebe die Anzeige
einfach zur Strasse und Hausnummer und höre nun beim
Durchwandern der Stadt jedes Mal automatisch, wenn sich die
Strasse oder die Hausnummer ändert. Dies ist möglich, weil im
Freien die Ortung per GPS funktioniert. Manchmal ist sie so gut,
dass genau vor der Haustüre die richtige Nummer angesagt wird.
Bekanntlich ist aber GPS nicht immer so genau, es kann sogar
vorkommen, dass mir die falsche Strasse angesagt wird. Da aber
meistens kurz darauf der Fehler sich selbstständig wieder
korrigiert, ist das nicht so tragisch.
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Delegiertenversammlung 2011
Jean-Marc Meyrat
62 Delegierte als Vertreter der 16 Sektionen unseres
Verbands versammelten sich am Samstag, 25. und Sonntag,
26. Juni 2011 im Konferenzsaal des Hotels Alpha-Palmiers in
Lausanne.
Im Folgenden möchte ich kurz die wichtigsten Entscheidungen
dieser Versammlung erläutern, in deren Rahmen auch das 100Jahr-Jubiläum des SBV gewürdigt wurde.
Eine wichtige Neuerung
Nach dem Vorbild des Bundesparlaments hat die
Delegiertenversammlung ein elektronisches Abstimmungssystem
angeschafft. Es besteht aus einem Kästchen, etwa in der Grösse
eines Mobiltelefons, dessen Tasten in Blindenschrift beschriftet
sind. Über seine Funktion bei den Abstimmungen hinaus gestattet
es auch, die Redezeit jeder Sektion zu überwachen, und zeigt
dem Vorsitzenden die Reihenfolge der Wortmeldungen an. Nach
einigen Tests wurde das neue System von der Versammlung
angenommen.
Bericht des Präsidenten
Präsident Remo Kuonen bezeichnet 2010 – sein erstes volles
Amtsjahr an der Spitze des SBV – als Übergangsjahr, das
zahlreiche Veränderungen mit sich brachte. Von den sieben
Mitgliedern der vorherigen SBV-Geschäftsleitung sind heute nur
noch zwei im Amt. Kuonen unterstreicht das hervorragende
Einvernehmen innerhalb der neuen Geschäftsleitung und mit dem
Zentralsekretär Kannarath Meystre.
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Im Hinblick auf das Referendum gegen das zweite
Massnahmenpaket der 6. IV-Revision wird der Zentralvorstand
(ZV) die Kampagne nach Kräften unterstützen. Zu den
anstehenden Projekten des ZV gehört deshalb beispielsweise
das Einrichten einer juristischen Mitgliederberatung.
Kopfzerbrechen bereitet dem ZV allerdings nach wie vor das
Streben nach einem finanziellen Gleichgewicht.
Die Finanzlage des SBV ist insgesamt gut, zumal auch 2010 im
Hinblick auf Vermächtnisse ein ausserordentlich gutes Jahr war.
Demgegenüber gingen die Spendeneinnahmen durch
Kampagnen zur Mittelbeschaffung etwas zurück, was im
Wesentlichen auf eine angespannte Situation im Spendenmarkt
zurückzuführen ist.
Revision der SBV-Statuten
Viele der Artikel der Statuten werden der heutigen Realität nicht
mehr gerecht. Der ZV schlägt deshalb eine Totalrevision dieses
Grundlagendokuments vor, zumal die Revision von 2005 in den
Augen Remo Kuonens eher eine teilweise Überarbeitung als eine
Totalrevision war. Es wird eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der
drei Sprachregionen gebildet. Die Totalrevision wird mit grosser
Mehrheit angenommen. Eine ausserordentliche
Delegiertenversammlung (DV), die sich ausschliesslich mit dem
Thema Revision beschäftigen wird, soll im Herbst 2012
einberufen werden.
Professionalisierung des Zentralvorstands
Das Thema ist komplex, sowohl im Hinblick auf das Image, das
sich der SBV Gönnern gegenüber geben will, als auch im Hinblick
auf den Erhalt der IV-Renten, die die Mitglieder des
Zentralvorstands beziehen. Der ZV ist der Meinung, dass lediglich
die Funktion des Präsidenten durch ein Gehalt halbprofessionell
sein soll, damit er für seine immer umfangreicheren Aufgaben die
notwendige Zeit aufwenden kann. Die Delegiertenversammlung
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stimmt einer Prüfung der Problematik durch die Arbeitsgruppe zu,
die mit der Totalrevision der Statuten beauftragt ist.
Der SBV hat ein drittes Ehrenmitglied
Nach einer sehenden Person vor vielen Jahren und später HansBurkhard Meier, der von 1987 bis 1995 Präsident des SBV war,
hat die Delegiertenversammlung nun durch Zuruf für die Erteilung
der Ehrenmitgliedschaft an Christian Hugentobler gestimmt. Er
lenkte die Geschicke des Verbands von 1995 bis 2009.
Gute Reise!
Aus wirtschaftlichen Erwägungen setzte der SBV das
Organisieren von Reisen für seine Mitglieder im Jahr 2009 aus.
Die Sektion Bern beantragt, diese «Besonderheit» des Verbands
wieder einzuführen, sofern die Kosten teilweise über Sponsoring
getragen werden. Der ZV unterstützt diesen Antrag unter der
Voraussetzung, dass er offiziell mit der Prüfung allfälliger
Partnerschaften mit anderen Organisationen beauftragt werde.
Ein ausführlicher Bericht wird der Delegiertenversammlung 2012
vorgelegt.
Das Hotel Solsana liegt den Delegierten am Herzen
Der ZV beantragt, die von den Delegierten 2010 der Solsana AG
für die Suche nach einem Finanzpartner zugestandene Frist um
zwei Jahre zu verlängern. Daniel Baud beantragt dagegen, das
Hotel Solsana innerhalb von 18 Monaten zu verkaufen, und zwar
angesichts des Trends, dass die erhofften Partner im sozialen
Sektor sich derzeit eher von ihren Ferienhäusern trennen. Diese
Frist solle dazu benutzt werden, um finanziell machbare
Ferienkonzepte zu entwickeln, die das gesamte Territorium
abdecken, vorzugsweise in kleinen Einrichtungen. Der ZV räumt
bereitwillig ein, dass die einjährige Frist, die der AG 2010 gewährt
wurde, viel zu kurz war. Seiner Meinung nach würden zwei
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zusätzliche Jahre der AG die Möglichkeit geben, ihr Budget zu
bereinigen, um für potentielle Partner attraktiver zu sein. Mit 48
Stimmen, 6 Gegenstimmen und 5 Enthaltungen beschliessen die
Delegierten, der Solsana eine weitere Chance zu geben.
Daniel Baud beantragt die Wiedereinführung einer Animation
speziell für sehbehinderte Gäste auf Kosten des SBV. Dieser
Antrag wird befürwortet.
Eine bessere Aussenwirkung des SBV?
Die Sektion Berner Oberland beantragt, dem SBV eine
markantere Aussenwirkung zu verleihen, und zwar durch einen
Namen, der seine ursprüngliche Berufung spiegelt, etwa Vision
Suisse. Nach Meinung des Zentralvorstands würde sich die
Benennung Vision Suisse eher für eine ophthalmologisch
ausgerichtete Organisation eignen als für den SBV; zudem wäre
schon eine geringfügige Veränderung des Namens einer
Organisation, die gerade ihr 100. Jubiläum feiert, ein grosses
Wagnis. Allerdings beantragt das Exekutivkomitee des SBV ein
Mandat, um die Frage in enger Zusammenarbeit mit dem Bereich
Marketing und Kommunikation zu prüfen. Der Antrag des
Zentralvorstands wird angenommen.
Wahlen
Stephan Hüsler, Cyril Mizrahi und Franz Brunner werden mit
überwältigender Mehrheit für weitere zwei Jahre in ihrem Amt als
Mitglieder der Wertschriftenkommission bestätigt.
Vizepräsidentin Rita Annaheim leitet die Wahl des Präsidenten
des SBV. Remo Kuonen wird mit grosser Mehrheit für zwei Jahre
wiedergewählt.
Vor der Wahl der Mitglieder des Zentralvorstands beantragt die
Sektion Zentralschweiz, für die kommende Legislaturperiode
2011–2013 nur 7 Mitglieder in den Zentralvorstand zu berufen
anstelle der 9, gemäss den derzeit geltenden Statuten. Der
Antrag wird abgelehnt.
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Als Mitglieder des Zentralvorstandes werden gewählt: Claude
Voegeli (Sektion Bern), Rita Annaheim (Sektion Zentralschweiz),
Ismael Tahirou (Sektion Waadtland), Marianne Piffaretti (Sektion
Unitas), Urs Kaiser (Sektion Aargau/Solothurn), Corinne
Aeberhard (Sektion Graubünden), Eric Mamin (Sektion
Waadtland) und Pascal Lonfat (Sektion Wallis).
Nicht gewählt sind Bernhard Süss und Olivier Maridor.
Kasten:
In den Mitteilungen seitens der Geschäftsleitung berichtet
Kannarath Meystre den Delegierten vom bevorstehenden Start
des PAVIP-Projekts in St. Gallen. In sechs Monaten soll ein
Bericht vorgelegt werden, der anhand der in St. Gallen
gesammelten Erfahrungen aufzeigen soll, welchen Nutzen eine
eventuelle Beteiligung des SBV an diesem Projekt hätte.
Im Rahmen der Infovision St. Gallen vom 16./17. September soll
das PAVIP-Projekt einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt werden.
Legenden:
Neu: das elektronische Abstimmungssystem.
Wiedergewählt: Eric Mamin (links) und Pascal Lonfat (rechts).
(Fotos: SBV)
Verband
100 Jahre – die Feier
Hervé Richoz
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42/53
Es geht um unsere Zukunft, und es ist an euch, sie auf den
richtigen Kurs zu bringen.
Den Höhepunkt der Hundertjahrfeiern des Schweizerischen
Blinden- und Sehbehindertenverbandes (SBV) bildete die
offizielle Feier in Anwesenheit sämtlicher Sektionspräsidenten,
der Delegierten, des Ehrenmitglieds Hans-Burkhard Meier, der
Mitarbeitenden des SBV und der Bewerber um den Kunstpreis.
Der Einladung folgten ausserdem hohe Gäste wie
Nationalratspräsident Jean-René Germanier, der Regierungsrat
Manuele Bertoli und die Herren Daniel Brélaz und Marc
Vuilleumier.
Streben nach Freiheit und Autonomie
Im Jahr 1911 nahm der SBV in Lausanne seinen Anfang. Hundert
Jahre später ist der Tessiner Manuele Bertoli, der erste blinde
Regierungsrat der Schweiz. Er und der sehbehinderte Lausanner
Gemeinderat Marc Vuilleumier sind Persönlichkeiten des
öffentlichen Lebens und lebender Beweis für die Kompetenz und
Integrationsfähigkeit blinder und sehbehinderter Personen. Vom
Aufbau der Sozialversicherungen bis zum Abbau einiger
Errungenschaften, der sich heute wieder abzeichnet, ist viel
geschehen, seit die Pioniere um ihrer Würde willen um einen Weg
aus der Abhängigkeit von mildtätigen reichen Damen kämpften,
die es «gut meinten».
Der Festredner Jean-René Germanier, Nationalratspräsident,
verwies auf einen Grundsatz aus unserer Bundesverfassung:
«Die Stärke des Volkes misst sich am Wohl der Schwachen.» Er
unterstrich damit die Hochachtung der Bundesversammlung vor
den Pionieren des SBV, die dazu beigetragen haben, auch den
gesetzlichen Rahmen für eine bessere Integration zu schaffen.
Die Unterschiedlichkeit seiner Bürger ist für den Staat ein Gewinn,
und unsere Fähigkeit, Einschränkungen zu meistern und die
Sinne zu schulen, ist in Germaniers Augen ein Tribut an die
Integration. Aber er brachte auch seine Sorge um die dauerhafte
finanzielle Absicherung der Invalidenversicherung zum Ausdruck
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und plädierte für «starke Brücken» zwischen Wirtschaft und
Behinderten. Germanier erinnerte daran, dass der SBV eine
wichtige Aufgabe erfüllt: Missstände aufzudecken, damit gerechte
Massnahmen ergriffen werden können.
Ehrenpräsident Hans-Burkard Meier, wandelndes Gedächtnis des
SBV, ist nächstes Jahr bereits seit 70 Jahren Mitglied des SBV. Er
leitete den Verband von 1987 bis 1995. Hans-Burkhard erinnerte
an den steinigen Weg der Pioniere und Idealisten der ersten
Stunde. Mit bewegenden Worten zeichnete er die Entwicklung
von Hilfsmitteln nach, die es dem SBV ermöglichten, eine echte
Selbsthilfeorganisation zu werden. Zum Abschluss seiner Rede
spielte er ein eindrucksvolles Klavierstück aus seinem Repertoire.
Stadtpräsident Daniel Brélaz liess die Grussbotschaft der Stadt
Lausanne vom Gemeinderat für öffentliche Sicherheit und Sport,
Marc Vuilleumier, verlesen. Er unterstrich damit seine feste
Überzeugung, dass Sehbehinderte in höchste Ämter aufsteigen
können.
Vuilleumier, selbst sehbehindert, verwies auf die Schlagkraft der
Verbände, mit deren Hilfe er den Weg einschlagen konnte, der ihn
in seine heutige Position führte. Er erinnerte an die seit langem
enge Beziehung der Stadt Lausanne zu blinden Menschen, nicht
zuletzt durch die medizinische Forschung, dank der 1843 das
Blindenheim gegründet wurde, aus dem 1911 der SBV
hervorging.
SBV-Präsident Remo Kuonen appellierte an die Mitglieder, ihr
Schicksal wieder selbst in die Hand zu nehmen. Auf die
Gründung der Invalidenversicherung, deren ausdrückliches Ziel
es war, Behinderte in die Gemeinschaft zu integrieren oder sie
darin zu halten, folgte unter anderem die Einführung wichtiger
Dienstleistungsangebote, die jeder betroffenen Person ein breites
Spektrum an Leistungen zugänglich machte, die auf eine
Verbesserung ihrer gesellschaftlichen, wirtschaftlichen,
beruflichen und kulturellen Situation abzielten. Seit 2000 ist zu
beobachten, dass viele Arbeitgeber und sogar der Bund und die
Regiebetriebe gewisse Grundprinzipien der Invalidenversicherung
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unterlaufen. Deshalb muss das Gleichgewicht unbedingt wieder
hergestellt werden; die Bundesverwaltung muss dazu gebracht
werden, mit den betroffenen Fachorganisationen über die
Akquisition von Dienstleistungen zu verhandeln. Inzwischen
schliessen die Revisionsvorentwürfe sogar schon den Abbau
einer Vielzahl von Errungenschaften nicht aus, die mit hohem
Einsatz über ein oder zwei Jahrzehnte erstritten und erkämpft
wurden. Der sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Integration
drohen damit massive Rückschritte.
Tag für Tag stehen wir mit unserer Sehbehinderung vor denselben
Herausforderungen. Deshalb müssen wir uns wieder im Geiste
der gegenseitigen Unterstützung füreinander einsetzen, wie es
die Pioniere und Gründer unseres Verbands taten, damit die
wertvollen Beiträge, die eine behinderte Person zur Gemeinschaft
leistet, angemessen gewürdigt werden.
Kasten:
Die nächsten offiziellen Veranstaltungen des Jubiläumsjahres
1. August: Feier auf dem Rütli
3. September: Tandemrennen
16./17. September: Infovision St. Gallen
7./8. Oktober: Infovision Chur
4./5. November: Infovision Basel
Jean-René Germanier: «Die Aufgabenverteilung zwischen Bund,
Kantonen und Gemeinden darf auf keinen Fall einem Rückzug
der Öffentlichkeit aus ihrer Verantwortung gleichkommen.»
Marc Vuilleumier: «Ohne die Unterstützung der Verbände hätte
ich auch leben können, aber mein Leben wäre nicht dasselbe!»
Remo Kuonen: «Jeder Einzelne hat zumindest teilweise sein
Schicksal selbst in der Hand!»
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Hans-Burkhard Meier: «Die Blindenschrift öffnete uns das Tor zur
Freiheit.»
Legende:
Ehrenmitglied und Festredner Hans-Burkhard Meier, der im
Anschluss an seine Rede ein Konzert am Flügel gab. Vgl.
Rückseite des Heftes. (Foto: SBV)
Inserat: Aura Hotel
Kuren • Seminare • Urlaub
In unserem Haus fühlen sich nicht nur blinde und sehbehinderte
Menschen wohl. Auch sehende Gäste sind bei uns herzlich
willkommen!
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Nachrichten aus der Interessenvertretung: öffentlicher
Verkehr
Joël Favre
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Der Interessenvertretung wurde gemeldet, dass die Ansagen
in bestimmten Zügen auf bestimmten Strecken nicht
bekanntgeben, auf welcher Zugseite man aussteigen soll. Zu
allem Überfluss heisst es manchmal sogar, die Türen würden
sich zu beiden Seiten öffnen.
Wäre es da nicht das Beste, Züge würden das Isetta-Prinzip
übernehmen und die Leute einfach vorn ein- und aussteigen
lassen? In den 1950er-Jahren hatte die Automobilindustrie noch
Ideen und bewies gelegentlich sogar Fantasie. BMW entwickelte
damals ein kleines Rollermobil mit drei Sitzplätzen, drei Rädern,
Zweitaktmotor und einer einzigen Tür, die sich nach vorn öffnete.
Wäre das nicht die Lösung für das Problem der Eisenbahnwagen,
deren Türen zu beiden Seiten aufgehen?
Spass beiseite: Ein solches Zugdesign würde keine Probleme
lösen, dafür aber garantiert neue schaffen.
Ein 18-poliger Steuerstromkreis
Wenn die Türen sich wahlweise nach der einen oder der anderen
Seite öffnen lassen, ist dafür ein Steuerstromkreis mit 18 Polen
verantwortlich. Die SBB setzen jedoch noch über 1000 alte
Wagen ein, deren Steuerkreis nur 13 Pole hat. Deshalb sind
leider nach wie vor zahlreiche Züge mit Rollmaterial nach altem
oder gemischtem Standard unterwegs, bei dem sich Türen zu
beiden Seiten gleichzeitig öffnen können.
Die SBB sind daran, alle Personenwagen, die noch keinen 18poligen Steuerstromkreis besitzen, mit einem solchen
auszustatten oder aus dem Verkehr zu ziehen. Dies wird jedoch
noch drei bis vier Jahre in Anspruch nehmen. Doch selbst in
neuen Zügen, kann das System dennoch gelegentlich versagen.
Lautsprecheransagen sind nicht das wahre Wort Gottes
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Deshalb unsere dringende Empfehlung an alle sehbehinderten
Zugreisenden: Erkundigen Sie sich vor dem Aussteigen entweder
bei Ihren Mitreisenden oder stellen Sie vor dem Aussteigen
definitiv sicher, dass sich dort wirklich ein Bahnsteig befindet. Die
erste Lösung ist natürlich viel sicherer und obendrein geselliger,
denn wenn man die Mitreisenden im selben Wagen fragt, auf
welcher Seite sich der Bahnsteig befindet, kann dies das Eis
brechen, das zwischenmenschliche Beziehungen manchmal
erschwert.
Schon aus gesundem Menschenverstand sollten wir uns davor
hüten, die Lautsprecheransagen in Bezug auf die Ausstiegsseite
immer und überall für bare Münze zu halten. Denn falls die
Durchsage im Einzelfall einmal ausfällt oder, schlimmer noch,
eine falsche Angabe enthält (was nie ausgeschlossen ist, denn
sie werden von Menschen gemacht, und Fehler können immer
geschehen), dann ist die Unfallgefahr deutlich erhöht.
Wer einer solchen Ansage Glauben schenkt, als wäre sie das
wahre Wort Gottes, wiegt sich in gefährlich falscher Sicherheit.
Aus diesem Grund werden wir auch den SBB auf keinen Fall
vorschlagen, solche Lautsprecheransagen in jedem Zug und an
jeder Haltestelle vorzunehmen.
Kasten:
Vgl: Beat Schweingruber «Verbesserte akustische Ansagen bei
den SBB» in BöV Nachrichten 11/1 (Januar 2011), www.boev.ch
Legende:
Die Isetta sieht man heute selten. (Foto: flickr.com/Recompose)
Inserat: MEZZO
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MEZZO
Elektronische Grossflächenlupe mit High Definition-Bildqualität.
Durch die leichte und handliche Bauweise eignet sich das System
besonders für den privaten Bereich und im Haushalt. Das Gerät
lässt sich einfach zusammenklappen und in der mitgelieferten
Tasche transportieren.
Ramstein Optik
Sattelgasse 4 4001 Basel Tel. 061 261 58 72 www.ramsteinoptik.ch/lowvision
Veranstaltungen
Sektion Aargau-Solothurn
02.08.
13.08.
20.08.
31.08.
06.09.
10.09.
Kaffeetreff in der Aarauerstube, Bahnhofstrasse 78, in
Aarau. Von 14.15–16.15 Uhr. Auskunft: Verena Müller
062 721 51 67
Pontonierfahrt auf der Aare. Kosten Fr. 30.– pro Person.
Anmeldung und Auskunft bei: Hansruedi Häuptli, 062
751 66 14
Livemusik-Stubete mit Rita Nussbaumer und Ruth
Häuptli im Restaurant Sonne in Wisen. Anmeldung bis
19. August bei: Monika Schenk, 062 849 19 08 / 079
760 49 88
Sammlung Oskar Reinhart am Römerholz, Winterthur.
Auskunft: Annelis Tanner, 062 751 38 53
Kaffeetreff in der Aarauerstube, Bahnhofstrasse 78, in
Aarau. Von 14.15–16.15 Uhr. Auskunft: Verena Müller
062 721 51 67
Jubiläumsanlass zur 100-Jahr-Feier des SBV der
Sektion Aargau-Solothurn, ab 11.00 Uhr in der Borna
(Blindenheim) in Rothrist. Auskunft und Anmeldung:
Hansruedi Häuptli, 062 751 66 14
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Sektion Berner Oberland
29.07.
20.08.
26.08.
03.09.
30.09.
01.10.
13.10.
Freitagstreff, Yvonne Albisser, Tel. 033 437 25 82
Sommerausflug zum Schwarzsee. Helga Gygax, Tel.
033 744 63 06
Freitagstreff, Yvonne Albisser, Tel. 033 437 25 82
100 Jahre SBV, Feier auf Schloss Thun und Hotel
Freienhof
Freitagstreff, Yvonne Albisser, Tel. 033 437 25 82
Herbstanlass der Freizeitgruppe Berner Oberland.
Theresia Thierstein, Tel. 033 222 99 20
Selbsterfahrungsgruppe, Hans-Ulrich Lüthi, Tel. 033
453 14 22
Sektion Biel
27.08.
14.09.
Sektionsausflug in die Lenk. Kontakt: Oscar Flückiger,
032 365 68 07
Nachmittagshöck von 14.00–17.00 Uhr im Restaurant
Büttenberg in Biel mit einem Vortrag zur IV-Revision.
Kontakt: Esther Weber, 032 331 97 18
Sektion Ostschweiz
07.08.
01.08.
08.08.
05.09.
16.09.
17.09.
24.09.
Wanderung, 08.45 Uhr bei Appenzellerbahn am HB
St.Gallen, ohne Anmeldung, weitere Info 14 Tage vorher
auf Televox.
Jubiläumsfeier auf dem Rütli.
Stamm Rest. Brasserie, ab 19.00 Uhr beim HB St.
Gallen.
Stamm Rest. Brasserie, ab 19.00 Uhr, beim HB St.
Gallen.
Infovision St. Gallen, im KVZ, 10.00–18.00 Uhr.
Infovision St. Gallen, im KVZ, 10.00–17.00 Uhr.
Herbstanlass «Metzgete», weitere Infos auf Televox.
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25.09.
03.10.
Wanderung, 08.45 Uhr bei Appenzellerbahn am HB St.
Gallen, ohne Anmeldung, weitere Info 14 Tage vorher
auf Televox.
Stamm Rest. Brasserie, ab 19.00 Uhr, beim HB St.
Gallen.
Sektion Zürich
27.08.
10.09.
24.09.
27.09.
Samstags-Lunch: «Was bieten unsere
Wandergruppen?» Rest. Schibli Uster, 11.30–13.30
Uhr. Anmeldung: Urs Lüscher 044 940 93 10 oder
[email protected]
Alle Wandergruppen: Sternwanderung anlässlich des
100 Jahr Jubiläum SBV
Samstags-Lunch: «Einkauf und Bankgeschäfte im
Internet»; Rest. Schibli Uster, 11.30–13.30 Uhr.
Anmeldung: Urs Lüscher 044 940 93 10 oder
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Kontaktgruppe Enge. Exkursion zur Schaukäserei im
Emmental. Anmeldung bis 1.9. an: Ursi Graf, Tel. 044
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stets aktuell auf unserem telefonischen Informationssystem
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Inserat: Selbsthilfegruppe Rosacea
Ich suche Leute, die Rosacea oder andere Hautkrankheiten
haben und sich gerne über ihre Erfahrungen damit austauschen
würden. Über die Kontaktstelle für Selbsthilfegruppen möchte ich
eine Selbsthilfegruppe gründen, aus der evtl. ein Verein werden
könnte. Ich freue mich über Euer Mail: [email protected]
Inserat: Nachfolger gesucht
Der Vorstand der Sektion Bern sucht auf 2013 einen Nachfolger
für Albert Bänninger als Leiter der Arbeitsgruppe Reisen und
Veranstaltungen und als Mitglied des Sektionsvorstandes.
Wer Lust und Zeit hat, diesen interessanten Posten zu
übernehmen und gleichzeitig im Vorstand der Sektion Bern
mitzuarbeiten, möge sich bitte bis Ende August 2011 melden.
SBV Sektion Bern, Albert Bänninger, Hängelenstrasse 4, 3122
Kehrsatz, 076 582 38 54, [email protected],
www.sbv-fsa.ch/be
Wir freuen uns auf ein grosses Echo.
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Impressum
Offizielle Zeitschrift des Schweizerischen Blinden- und
Sehbehindertenverbandes (SBV) im 98. Jahrgang.
Erscheint sechsmal im Jahr in Grossdruck, in Braille, im DAISYFormat, im Elektronischen Kiosk, teilweise auf www.sbv-fsa.ch
sowie auf Bestellung per E-Mail (ohne Fotos) in Deutsch und
Französisch («clin d’œil»).
Herausgeber: SBV
Redaktion: Naomi Jones und Jean-Marc Meyrat
Umschlaggestaltung: Büro Grotesk.cc
Layout: Claudia Holzer, Ediprim AG, Biel
Übersetzungen: USG ÜbersetzungsService AG
Druck: Ediprim AG, Biel/Bienne
Druck auf umweltfreundliches FSC-Papier
Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe: 10. August 2011
Thema: Politik und Behinderung
Anregungen bitte an:
Redaktion «der Weg / clin d’œil»
Schweizerischer Blinden- und Sehbehindertenverband
Gutenbergstrasse 40b
3011 Bern
Tel. 031 390 88 00, Fax 031 390 88 50
[email protected], www.sbv-fsa.ch
Brailleumwandlung und -druck:
Hanni Wüthrich, Anton Niffenegger
DAISY: Paul Güntert Tonstudio
ISSN (Schwarzschrift): 1422-0490
ISSN (Blindenschrift): 1422-0504
Für Mitglieder des SBV: gratis. Jahresabonnement für
Nichtmitglieder: Fr. 28.– (Inland), Fr. 34.– (Ausland). Postkonto:
30-2887-6
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