Freundschaft, Liebe und Partnerschaft

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„der Weg“ Nr. 3/Mai 2011
Inhalt
Editorial ......................................................................................... 2
Wöu mir Hemmige hei ................................................................... 2
Freundschaft, Liebe und Partnerschaft ......................................... 4
Für dich würde ich mein Leben geben .......................................... 4
Inserat: Blindenfreundkalender 2012 ............................................ 7
Von der Schwierigkeit, einen Partner zu finden ............................ 8
Inserat: Aura Hotel ...................................................................... 11
Ein Ratgeber für jeden Fall ......................................................... 12
Inserat: SBS Schweizerische Bibliothek für Blinde, Seh- und
Lesebehinderte ........................................................................... 14
«Wegen der Administration muss er nicht bei mir bleiben!» ....... 14
Verdammte Jugendzeit! .............................................................. 19
Vom Mukiturnen zum Bauchtanzen ............................................ 22
Inserat: Gurtenfestival 2011 ........................................................ 25
Fokus .......................................................................................... 26
Was macht eigentlich… die Solsana? ......................................... 26
Ein ganz besonderes Wochenende ............................................ 31
Magazin ....................................................................................... 35
Hörevents im Dunkelzelt an den Solothurner Literaturtagen 2011
.................................................................................................... 35
Inserat: Begleitperson gesucht .................................................... 37
Deafblind Time – Wenn Sehen und Hören schwächer werden ... 37
Leserbriefe .................................................................................. 39
«Au-delà de la vue»: Identifikation oder Sensibilisierung?.......... 39
Inserat: Forum für Angehörige .................................................... 42
Zum Thema Vorurteile ................................................................. 43
Inserat: Jubiläumsfest der Sektion Freiburg ................................ 43
Inserat: MEZZO ........................................................................... 44
Verband ....................................................................................... 44
Aktuelles aus dem SBV ............................................................... 44
Inserat: Hotel Solsana ................................................................. 48
Wer reich ist, kann sich nicht vorstellen, dass es Armut gibt ...... 49
Inserat: Atelier Bern ..................................................................... 54
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Inserat: Symposium zur Einschränkung des Sehvermögens ...... 55
Ein unvergesslicher 1. August auf dem Rütli............................... 56
Veranstaltungen .......................................................................... 57
Inserat: Atelier St. Gallen............................................................. 61
Tag des weissen Stockes 2011 – Sehbehinderung und
Blindenstock ................................................................................ 61
Impressum .................................................................................. 63
Titelbild
Haben Sie Schmetterlinge im Bauch? Über den rosaroten Grund
schwebt eine herzförmige Wolke von blauen Schmetterlingen. Sie
würden nach Rosen duften, könnte man sie riechen.
Editorial
Wöu mir Hemmige hei
Daniel Pulver
«Hemmige»: Hemmungen haben, über ein heikles Thema zu
reden? Hemmungen zeigen, jemanden anzuschauen?
Hemmungen haben alle Menschen in verschiedenen Situationen.
Dies ist auch gut so. Denn Hemmungen helfen, Respekt zu
haben und behutsam zu sein. Gegenteilig könnte man sagen,
Menschen ohne Hemmungen hätten es einfacher, jemanden
kennen zu lernen, sich zu verlieben.
Ist dies wirklich so? Die These ist pauschal. Zu viele andere
Faktoren sind es, die es uns ermöglichen, einen Schritt hin zu
anderen Menschen zu machen.
Blinde und Sehbehinderte haben keinen oder nur einen geringen
optischen Eindruck des Visavis. Diesbezüglich also wenig
Hemmungen. Ist es demnach einfacher, eine Frau oder einen
Mann kennen zu lernen, sich zu verlieben, eine Beziehung
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aufzubauen, wenn die «optischen» Hemmungen wegfallen? Die
Gefahr einer Enthemmung besteht. Je nach Charakter kann die
Behinderung zu einem «Freipass» werden, mit Berührungen,
aufdringlichen Handlungen hemmungslos auf andere Menschen
zuzugehen und so schon im ersten Moment alles zu zerstören,
weil das Visavis sich belästigt fühlt. Aber gibt es nicht auch
Menschen, die scheu und zurückhaltend sind, gerade wegen ihrer
Behinderung? Oder sind sie dies vom Charakter her und hat es
gar nichts mit ihrem Handicap zu tun?
Hat ein Blinder oder Sehbehinderter wirklich andere
Voraussetzungen, um sich zu verlieben?
Meine Erfahrung sagt nein. Ich musste, als ich meine Frau
erobern wollte, keine optische Strategie wählen, um auf mich
aufmerksam zu machen. Seit über 11 Jahren sind wir nun
verheiratet und täglich entdecken wir Neues an einander. Ja,
manchmal hat dies mit meiner Sehbehinderung zu tun. Doch
meist sind es alltägliche Begebenheiten zwischen einem Paar, die
uns beschäftigen und es spielt keine Rolle, dass meine Frau
normal sehend ist und ich sehbehindert bin.
Die Herausforderungen des Lebens sind vielfältig und betreffen
alle Menschen. Daher komme ich zum Schluss, dass
Liebesbeziehungen zwischen Partnern mit Sehbehinderung
ebenso viele Facetten haben, wie die von Menschen ohne
Sehbehinderung oder von Paaren, in denen ein Partner eine
Sehbehinderung hat: Die Individuen stehen im Vordergrund, nicht
das Handicap.
(Bildlegende)
Daniel Pulver (Foto: Naomi Jones)
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Freundschaft, Liebe und Partnerschaft
Für dich würde ich mein Leben geben
Claudine Damay
Was für ein schönes Versprechen! Man gibt es der grossen
Liebe oder einem sehr, sehr guten Freund. Was aber, wenn
es ernst würde und wir tatsächlich unser Leben für den
anderen aufs Spiel setzen sollten – wären wir wirklich dazu
bereit?
Als sie sich kennenlernten, schrieb man das Jahr 1969 (sagt er)
oder 1968 (sagt sie). Einig sind sich beide, dass es bei einem
Schachturnier in Gwatt war. Er findet sie witzig und bezaubernd,
doch sie versprüht ihren Charme für einen anderen. Er lässt sich
nicht beirren, und erobert zu guter Letzt die Angebetete mit
Gelassenheit und Eleganz. Sie wohnt in Lausanne, er in Zürich.
Sie treffen sich an den Wochenenden. Jeder Augenblick ist ihm
so lieb und teuer, dass er oft erst am Montagmorgen um 2:02 Uhr
in den Zug steigt, um gerade noch rechtzeitig bei der Arbeit zu
erscheinen.
Schliesslich wechselt sie den Arbeitsplatz und zieht zu ihm nach
Zürich. Wer als erster vom Heiraten sprach, wissen beide nicht
mehr. Weil sie an einer Erbkrankheit leidet, entscheidet sich das
Paar, auf Kinder zu verzichten. 1971 schliessen Violaine und
Hansueli Willi in der katholischen Kirche in Zürich den Bund fürs
Leben – so hoffen sie jedenfalls. Sie ziehen nach Basel, doch
unmerklich fordert der Alltag seinen Tribut. Beide lieben die
Unabhängigkeit. In den Ferien gibt es oft Streit, denn – reden wir
nicht länger darum herum – er ist blind, sie sehbehindert. Mehr
und mehr hat sie das Gefühl, einem Pascha zu dienen, der sie als
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Führhund benutzt. Zuletzt muss das Märchen vor der Wirklichkeit
kapitulieren: Nach rund 20 gemeinsamen Jahren beschliesst das
Paar, sich zu trennen, bevor beide nicht wieder gut zu
machenden Schaden leiden. Ihre Liebe ist einer engen
Freundschaft gewichen.
Violaine nimmt eine Stelle in Bern an und wohnt in der
Umgebung, fährt aber jedes Wochenende nach Basel und greift
Hansueli bei der Hausarbeit unter die Arme. Wie besprochen,
sind beide frei, sich neue Partner zu suchen, wie man es heute
eben tut. Das klappt auch, solange beide gleichzeitig jemanden
haben, doch wenn nur einer glücklich ist, fühlt sich der andere
umso verlassener. Selbst in dieser Konstellation, gelegentlichem
Liebeskummer zum Trotz, steht ihre Freundschaft wie ein Fels in
der Brandung.
Von heute auf morgen verschlimmert sich 2008 Hansuelis
Nierenleiden. Beim Schuhkauf eröffnet er Violaine, dass er
demnächst regelmässig zur Dialyse müsse, bis eine
Spenderniere zur Verfügung stehe. Sie weiss, was sie zu tun hat.
Ohne Umschweife sagt sie: «Gut. Ich denke darüber nach und
kläre ab, ob ich als Spenderin in Frage komme.» Aber die
Krankheit gewinnt die Oberhand, und da Hansuelis Zustand sich
rasant verschlechtert, muss er unverzüglich mit der Dialyse
beginnen. Zutiefst besorgt, weicht Violaine eine Woche nicht von
der Seite ihres sterbenskranken Freundes, bis er schliesslich die
Partie gegen den Tod für sich entscheiden kann. Ein Jahr lang
muss er sich dreimal wöchentlich einer Blutwäsche unterziehen.
Die Voruntersuchungen, ob Violaine als Organspenderin geeignet
ist, werden in dieser Zeit erfolgreich abgeschlossen. Inzwischen
umfassend über die Risiken aufgeklärt, steht ihre Entscheidung
felsenfest: Im August 2009 soll die Transplantation stattfinden.
Nur noch ein Testergebnis fehlt, bevor es losgehen kann.
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Körperlich und mental sind beide bereit, doch zwei Tage vor der
Operation kommt der Rückschlag: Bei Hansueli wird ein
Prostatakarzinom entdeckt, das die Transplantation unmöglich
macht, bis der Tumor restlos entfernt ist. Also wird zunächst nur
Hansueli operiert, während Violaine enttäuscht und voller Sorge
zurückbleibt. Es beginnt ein langes, zähes Warten auf die
Ergebnisse. Dabei darf sich Violaine nicht gehen lassen, denn sie
muss um jeden Preis fit und in Form sein, damit sie ihrem Freund
eine kerngesunde Niere spenden kann, wenn es endlich so weit
ist. Schliesslich hängt sein Leben davon ab!
Glück im Unglück: Die Krebserkrankung hat noch keinen
Schaden angerichtet, und die Chirurgen können die befallenen
Zellen erfolgreich beseitigen. Alles läuft bestens, und am 12. April
2010 liegen Hansueli und Violaine gleichzeitig in je einem
Operationssaal. Der Eingriff ist ein voller Erfolg. Zehn Tage später
sitzen sie zum Apéro auf dem Balkon von Hansuelis Wohnung
und feiern ihre Wiedergeburt. Später am Abend fühlt Violaine sich
unwohl, und um vier Uhr morgens muss sie notfallmässig ins
Spital. Dort verbringt sie 18 Stunden mit Untersuchungen in dem
Glauben, man werde sie mit einem Rezept nach Hause schicken.
Ihr Zustand verschlechtert sich jedoch rapide. Am nächsten Tag
wird sie erneut stationär aufgenommen, denn sie hat sich im
Spital mit einem Virus infiziert. Erst nach zwei Wochen intensiver
Behandlung darf sie, ganz abgemagert und schwach, endlich
wieder nach Hause. Hansueli mit der gespendeten Niere geht es
derweil prächtig.
Ein Jahr darauf ist die schlimme Zeit vergessen. Violaine ist
wieder fast ganz gesund. Darüber, dass sie sich gelegentlich
noch schlapp fühlt, sieht sie grossmütig hinweg, denn dem Mann,
dessen Leben sie seit so vielen Jahren teilt, geht es sichtbar
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wieder gut.
(Bildlegende)
Violaine und Hansueli Willi feiern erleichtert die gelungene
Transplantation. (Fotos: Fritz Steiner)
----Inserat: Blindenfreundkalender 2012
Kalendarium mit Marktkalender. Äpfel, Kirschen, Weintrauben und
Birnen – einheimische Früchte begleiten durch die Jahreszeiten.
Tipps, Rezepte, Zauber- und Hexenkräuter gehören dazu.
Lesen Sie weiter über
– Wetterprognosen aus dem Wetterhäuschen
– die Medizin – es war ein weiter Weg von den ersten Anfängen
bis zum modernen Gesundheitswesen
– unseren Schlaf: Warum wir essen, trinken und lieben, ist klar:
Sonst würden wir sterben. Aber warum müssen wir auch
regelmässig schlafen?
Mit dem Kauf des «Blindenfreund-Kalenders» unterstützen Sie
den Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverband in
seiner täglichen Arbeit mit und für blinde und sehbehinderte
Menschen. Herzlichen Dank!
Preis: 19.50
Bestelladresse: Hallwag Kümmerly+Frey AG, Gruben-strasse
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Telefon 0848 808 404,
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[email protected]
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Von der Schwierigkeit, einen Partner zu finden
Céline Moret
Als ich einer sehenden Freundin erzählte, dass ich einen
Artikel über die Problematik der Partnersuche schreiben
solle, rief sie zu meiner grossen Überraschung, da könne ich
mit der Befragung ja gleich bei ihr anfangen, denn darüber
könne sie ein Lied singen – was hat sie nicht alles versucht!
Ganz offensichtlich geht dieses Thema also nicht nur die
Sehbehinderten etwas an…
Eine kurze Recherche auf der Internet-Seite von Télévision
Suisse Romande bestätigte diesen Eindruck. Allein im letzten
Jahr standen unzählige Reportagen zu diesem Thema auf dem
Sendeplan: Von schweizerischen Bauern, die in Russland eine
Ehefrau suchen, über Leute, die Mitte Dreissig ungewollt noch
Single sind, bis zu Scheidungsopfern, die ihr Leben einfach nicht
wieder in den Griff bekommen – um nur einige wenige Beispiele
zu nennen!
Wie aber findet man Mister oder Miss Right? Um Menschen
miteinander in Kontakt zu bringen, wurden unzählige Konzepte
entwickelt. Kleinanzeigen und Heiratsvermittlung sind inzwischen
fast ein alter Hut. Im digitalen Zeitalter besucht man eher die
allseits bekannten Websites und trifft sich dort im virtuellen Raum
mit möglichen Kandidaten.
Als Speed-Dating bezeichnet man eine neue Variante, bei der
sich Paarungswillige – wie der Name sagt – im Eiltempo
kennenlernen. Zum wechselseitigen Beschnuppern bleiben ganze
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sieben Minuten. Ebenfalls eine neue Erfindung sind
sonntagabendliche «Pasta-Partys», die genussfreudigen Singles
Gelegenheit geben, bei einem feinen Nudelgericht ihre
Herzensdame oder ihren Sahneprinzen zu finden.
Angesichts der vielfältigen Singletreffs wächst in der Tat der
Eindruck, dass die Suche nach einem Lebenspartner heute gar
nicht so einfach ist.
Die Qual der Wahl
Doch welche Mechanismen steuern eigentlich die Wahl eines
Partners? Unter den Säugetieren gehört der Mensch zu den
wenigen Arten, die sich verlieben und Zweierbeziehungen
anstreben. Auch wenn es die Romantiker unter uns enttäuscht,
dient das Paarleben gemäss Evolutionstheorie in erster Linie
dazu, Nachwuchs aufzuziehen und damit das Überleben der Art
zu sichern. Zu diesem Zweck müsste der Idealpartner ein
perfektes Erbgut besitzen und optimal an seine Umgebung
angepasst sein (damit er seine Nachkommen versorgen kann).
Mit der Frage, in welchem Umfang die Biologie die Wahl des
Lebenspartners beeinflusst, haben sich viele Wissenschaftler
beschäftigt, teilweise mit recht amüsanten Ergebnissen.
Besonders ansprechen sollen uns beispielsweise grosse Augen,
weil sie Ehrlichkeit versprechen, oder ein symmetrisches Gesicht,
weil es gesund wirkt. Ein Genfer Forscher behauptet sogar,
Männer könnten instinktiv das Verhältnis zwischen Bauch- und
Hüftumfang einer Frau ermitteln und zeigten eine klare Präferenz
für den Quotienten 0,7 – angeblich der ideale Kompromiss
zwischen Geh- und Gebärfähigkeit!
Auch der Nase nach geht es bei der Partnerwahl, denn angeblich
können wir mit Hilfe des Geruchssinns das Immunsystem anderer
beurteilen. Dabei bevorzugen wir Partner mit völlig anderem
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Immunstatus als unserem eigenen, wohl damit unsere
Nachkommen gegen möglichst viele verschiedene Pathogene
geschützt sind.
Und was hat das alles mit Sehbehinderten zu tun?
Wenn schon Normalsehende heutzutage Schwierigkeiten haben,
sich kennenzulernen, stehen die Dinge bei Sehbehinderten
gewiss nicht besser. Die manchmal unmögliche berufliche
Integration, die begrenzte Auswahl an verfügbaren
Freizeitaktivitäten und die oft stark eingeschränkte Mobilität sind
alles Faktoren, die Begegnungen nicht gerade begünstigen.
Angenommen, bei der Partnersuche würden wir tatsächlich
instinktiv nach einer Person Ausschau halten, die optimal an ihre
Umgebung angepasst ist. Jede Art von Behinderung müsste dann
ja die «Anziehungskraft» des oder der Betreffenden von
Vornherein schmälern.
Gibt es ein Patentrezept?
Gäbe es eines, würden nicht nur viele Sehbehinderte dazu
greifen, sondern auch nicht wenige Sehende!
Doch Scherz beiseite, eines ist wohl gewiss: Wer mit seiner
Behinderung umzugehen weiss und auf andersartige, aber
ebenso effiziente Weise seinen Alltag meistert, weitet damit seine
Sozialkontakte aus und findet eher Gelegenheit, jemanden
kennenzulernen. Wer mit seiner Behinderung im Reinen ist, trägt
zudem erheblich dazu bei, sehenden Menschen peinliche
Situationen im Umgang mit Blindheit oder Sehbehinderung zu
ersparen und ihnen zu beweisen, dass Behinderte in erster Linie
Menschen mit einer anders gearteten, aber durchaus
bereichernden Sichtweise sind.
Auch der sichere Umgang mit Hilfsmitteln und Mobilitätstechniken
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trägt wesentlich zur Erhaltung oder Wiedergewinnung der
Selbstständigkeit bei und erleichtert auch dem Lebenspartner das
tägliche Leben.
All diese Elemente leisten sicher einen wesentlichen Beitrag zum
Aufbau einer stabilen Paarbeziehung, reichen jedoch allein nicht
aus. Denn dabei spielen weitere, individuell ganz unterschiedliche
Faktoren eine Rolle. Dass es durchaus möglich ist, auch als
blinder oder sehbehinderter Mensch in einer erfüllten Ehe oder
Partnerschaft zu leben, dafür gibt es viele Beispiele. Ebenso
wichtig erscheint mir aber der Gedanke, dass auch ein Leben
ohne Partner Vorteile haben kann. Im Zweifelsfall würde ich wohl
auf die Binsenweisheit setzen, dass man allein immer noch
besser dran ist als mit dem falschen Partner.
(Bildegende)
Dasitzen und warten bis der Prinz auf dem weissen Pferd geritten
kommt, hat ausser im Märchen noch keine Frau auf Partnersuche
zum Ziel geführt. Egal ob sie sehbehindert ist oder nicht. (Foto:
flickr.com/der_dennis)
Vorankündigung der Redaktion:
In der nächsten Ausgabe von «der Weg» verraten wir Ihnen, wo
man überall einen Partner bzw. eine Partnerin finden kann und
wie die Partnervermittlung funktioniert.
----Inserat: Aura Hotel
Kuren • Seminare • Urlaub
In unserem Haus fühlen sich nicht nur blinde und sehbehinderte
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Menschen wohl. Auch sehende Gäste sind bei uns herzlich
willkommen!
Es erwarten Sie:
Schwimmbad • Medizinische Badeabteilung für stationäre und
ambulante Reha-Maßnahmen • Wellness & Kosmetik
Kegelbahn • Veranstaltungsräume für Seminare und private
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Wir freuen uns auf Sie!
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Ein Ratgeber für jeden Fall
Valentin Arens, SBS
Freundschaft, Liebe und Partnerschaft: Ein unvollständiger
Blick in die Ratgeberliteratur der Schweizerischen Bibliothek
für Blinde, Seh- und Lesebehinderte (SBS).
Max Frisch, dessen 100. Geburtstag zurzeit gefeiert wird, stellte
seinem berühmten Tagebuch 1966–71 elf Fragebogen zu
verschiedenen Themen voran, so auch zu Freundschaft und Ehe.
Frisch muss auf dem Gebiet der Geschlechterbeziehung als
kompetente Grösse betrachtet werden, hatte er doch neben
mehreren Ehen zahlreiche Liebschaften. In seinem
autobiografisch gefärbten Buch Montauk lässt sich hierüber
einiges nachlesen. Seine letzte Frage zur Freundschaft lautet:
«Sind Sie sich selber ein Freund?» Sie ist entscheidend und gilt
natürlich ebenso in der Liebe. Denn wie können wir mit
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jemandem befreundet sein oder jemanden lieben, wenn wir mit
uns selbst nicht klar kommen? Frisch gibt keinen Rat. Den muss
der Leser selber finden. Vielleicht schlägt er einen Ratgeber auf.
Nun gibt es mittlerweile ein so breites Angebot an Ratgebern zu
allen erdenklichen und unerdenklichen Themen, dass es einen
Ratgeber zum Umgang mit Ratgebern bräuchte. Die folgende
Auswahl an Beziehungsratgebern ist also kaum repräsentativ.
Sowieso sollten sie mit gebührender Distanz und Humor gelesen
werden.
Gehen wir der Reihe nach, in der sich Beziehungen meistens
abspielen, als da sind: Beziehungsaufbau, -gestaltung, -erhalt
oder Trennung. Zunächst empfiehlt sich Renate Dehners «Steh
dir nicht im Weg!» Gerade in Beziehungsfragen kann es wichtig
sein, negative Gedankenmuster gezielt aufzulösen. Eine witzige
Anleitung für Frauen, sich den Richtigen zu fangen und ihn frisch
zu halten ist Susanne Fröhlichs: «Jeder Fisch ist schön – wenn er
an der Angel hängt». Ebenfalls von Susanne Fröhlich:
«F(r)ischhalteabkommen». Länger Freude am Mann. Eine
unterhaltsame Anleitung des partnerschaftlichen Alltags. Warum
man immer wieder an den falschen Partner gerät und wie man
trotzdem glücklich werden kann erläutert Bernd Frederich in «Die
Verliebtheitsfalle». Wie Beziehungen immer besser werden verrät
Birgit Dechmann mit «Lieben ein Leben lang». Mit Fallbeispielen
versucht Silvia Faucks Liebeskummer und Beziehungskrisen zu
verhindern. Peter Angsts «Ehen zerbrechen leise» entwickelt ein
Frühwarnsystem für Paare. Wenn das nicht hilft, dann halt
Katharina Leys «Die Kunst des guten Beendens». In jedem Fall
gilt John Grays Titel: «Männer sind anders, Frauen auch».
Information
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Die vorgestellten Ratgeber und viele mehr sind in der SBS
Schweizerische Bibliothek für Blinde, Seh- und Lesebehinderte
als Hörbücher ausleihbar. Informationen finden Sie unter
www.sbs.ch oder über unseren Nutzerservice, Telefon 043 333 32
32.
----Inserat: SBS Schweizerische Bibliothek für Blinde, Seh- und
Lesebehinderte
EINLADUNG
25. JUNI 2011 9 -16 UHR
Tag der offenen Tür.
EIN TAG FÜR KINDER UND ERWACHSENE MIT:
Live-Hörspiel, Blindenschrift-Werkstatt, Vortrag über
Blindenführhunde, Kurzfilm zum Sehen & Hören, Stafettenlesen
im Hörbuchstudio, Relief selber gestalten, Führungen und vieles
mehr.
SBS Schweizerische Bibliothek für Blinde, Seh- und
Lesebehinderte Grubenstr. 12, 8045 Zürich, Tel. 043 333 32 32,
[email protected], www.sbs.ch
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«Wegen der Administration muss er nicht bei mir bleiben!»
Naomi Jones
Lisa Schmalz liebt seit sieben Jahren einen blinden Mann.
Sie spricht darüber, wie die Behinderung die Beziehung
beeinflusst und welchen Themen sich das Paar stellen
musste.
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«der Weg»: Wie hast du deinen Partner kennen gelernt?
Lisa Schmalz: Wir kannten uns mehrere Jahre, bevor wir
zusammen kamen. Alexander war mit einer Bekannten von mir
verheiratet. Als die Ehe auseinandergebrochen war, haben wir
uns zufällig getroffen. Wir verstanden uns schon immer sehr gut.
Deshalb verabredeten wir uns auf einen Kaffee. So sind wir uns
über längere Zeit immer mal wieder begegnet. Aus der
Freundschaft entstand nach und nach eine Liebe.
Als ich Alexander kennen lernte war er schon längere Zeit blind.
Aber die Blindheit war für mich kein Thema und ich hatte auch nie
Mitleid mit ihm. Als Partner gilt für ihn, was für jeden andern
Partner auch gilt.
«der Weg»: Trotzdem, die Behinderung hat einen Einfluss auf eure Beziehung...
Lisa Schmalz: Vielleicht gibt es etwas mehr Geheimnisse. Seine
Welt als Blinder bleibt mir letztlich verschlossen. Manchmal frage
ich mich, was er genau wahrnimmt. Zum Beispiel denke ich: Was
riecht er gerade? Andererseits ist ihm ein Teil meiner Welt
verschlossen. Das führt dazu, dass wir uns viel mehr
austauschen müssen als andere Paare, damit wir einander
verstehen. Aber das geniesse ich auch sehr.
Am Anfang unserer Beziehung erlebte ich Alexander oft als
intolerant und aggressiv gegenüber Fremden, die ihn
unabsichtlich anrempelten. Gleichzeitig musste ich aber erfahren,
dass blinde Leute in solchen Situationen selber relativ viele
Aggressionen einstecken müssen. Wenn Alexander im Gedränge
einer Frau unbeabsichtigt den Hintern berührt, kann es schon
sein, dass diese im ersten Moment nicht gerade freundlich
reagiert. Dann schaukelt sich die Aggression rasch hoch, weil
sich beide unverstanden fühlen. Die Frau reagiert impulsiv, weil
sie nicht sogleich sieht, dass es keine Absicht war, Alexander weil
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er sich nicht verstanden fühlt. Ich musste Alexander in langen
Diskussionen auseinandersetzen, dass es ein grosser
Unterschied ist, ob er mit Hund und Stock als Blinder
gekennzeichnet ist oder nicht. Im ersten Fall weichen die Leute
nämlich automatisch aus, machen Platz und helfen wenn nötig.
Im zweiten Fall, etwa wenn er mit mir unterwegs ist, ernten wir
böse Blicke, wenn z.B. der Hund ohne Führgeschirr im
Restaurant oder Tram den Weg versperrt.
Am Anfang unserer Beziehung urteilte Alexander oft über Dinge,
die er nicht sehen konnte. Das führte zu Situationen, die mir
peinlich waren. Alexander musste z.B. lernen, dass er in
Gesprächen die Leute nicht zutexten soll, nur weil er nicht sieht,
dass das Gegenüber zur Rede ansetzt. Die Leute getrauten sich
nicht, ihn zu unterbrechen. Sie wollten ja nicht unhöflich sein. In
geselliger Runde musste ich manchmal richtiggehend die
Gesprächsführung übernehmen und Alexander bremsen, um
andern das Wort zu geben. Heute ist solches kein Thema mehr.
Partner müssen sich gegenseitig Spiegel sein, damit sie sich
gegenseitig fördern und sich miteinander entwickeln können. Eine
Schonhaltung hilft nichts. Am Anfang der Beziehung hatte ich
manchmal das Gefühl, Alexander habe die Verhältnisse verloren.
Blinde haben etwas Mystisches. In unserer Gesellschaft schreibt
man ihnen einerseits besondere Fähigkeiten zu, anderseits
werden sie bemitleidet. Blindheit gilt vielen Menschen als
schlimmste Behinderung. So werden Blinde oft in Watte gepackt,
ohne aber dass sich die Umwelt auf eine echte Interaktion mit
ihnen einlässt. Dadurch haben sie nie einen Spiegel und
entwickeln eine verzerrte Wahrnehmung von sich und ihrer
Umgebung. Mit einem blinden Partner muss man viel ehrlicher
sein und auch schwierige und negative Dinge ansprechen. Sonst
nimmt man ihm das Gesicht und lässt ihn wie einen Trottel
aussehen. Das kann ja kaum in meinem Interesse als Partnerin
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sein. Aber natürlich ist es der Ton, der die Musik macht. Alexander
und ich haben sehr viel darüber diskutiert. Dabei habe ich selbst
ebenso viel über mich gelernt, wie er über sich.
«der Weg»: Gibt es Themen, über die zu sprechen es schwierig ist?
Lisa Schmalz: Nein, Tabus gibt es nicht. Allerdings gibt es
Empfindlichkeiten und diese können zu Missverständnissen und
Spannungen führen. Das Schwierige daran ist, dass es lange
dauern kann, bis man merkt, dass ein Thema einen wunden
Punkt trifft.
Einmal sind wir uns wegen einer Diskussion über Risiko und
Selbstverantwortung in die Haare geraten. Es war eigentlich eine
sehr allgemeine Diskussion, die nichts mit unserer Beziehung zu
tun hatte. Ich verstand nicht, warum Alexander auf meine Position
immer ungehaltener reagierte, bis wir gemeinsam drauf kamen,
dass er meine Haltung auf seinen Unfall bezog. Für mich waren
es zwei grundsätzlich andere Dinge und es wäre mir nie im
Traum eingefallen, dass er sich davon angegriffen fühlen könnte.
In ein ähnliches Thema gehören die Unstimmigkeiten, die am
Anfang unserer Beziehung jeweils entstanden sind, wenn ich
Alexander bei seiner Administration geholfen habe. Ich führe
einen Laden für Tanzbekleidung mit mehreren Angestellten.
Ausserdem bin ich Choreographin und Tänzerin. Meine Agenda
ist also ziemlich voll. Aber es ist klar, dass ich Alexander im
Haushalt und in der Administration helfe, wo es nötig ist, so wie er
mir hilft, wenn ich ihn brauche. Angesichts der knappen Zeit
möchte ich die nötigen Arbeiten möglichst effizient erledigen. Die
Administration kann ich aber nicht ohne Alexander machen. Er
muss genau wissen, was er unterschreibt. Die Ablage ist so, dass
eine «Nachfolgerin» sie problemlos weiterführen könnte. Wegen
der Administration muss er nicht mit mir zusammen bleiben! Denn
ich will keinen Partner, der von mir abhängig ist. Deshalb verstand
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ich nicht, wenn er keine Lust hatte, mit mir zusammen die
Notwendigkeiten zu erledigen. Er hingegen fühlte sich an seine
Behinderung erinnert und abhängig. Er hatte regelmässig eine
Stinklaune, die er an mir ausliess. Ich wiederum fühlte mich in
meinem Zeitmanagement behindert und wurde ebenso sauer.
Und so nahm der schöne Sonntag, der so gemütlich begonnen
hatte, seinen tristen Lauf, bis wir auf den Kern des Problems
stiessen. Aber solche Dinge gibt es in allen Beziehungen.
Gegenseitige Abhängigkeiten und Machtspiele rund ums
Zeitmanagement haben nichts mit der Behinderung zu tun und
kommen überall vor.
«der Weg»: Hast du dich durch die Behinderung deines Partners je eingeschränkt
gefühlt?
Lisa Schmalz: Nein. Ich kann mich an nichts erinnern. Dies
obwohl ich Tänzerin bin und Tanz eine optische Kunst ist. Wenn
ich eine Aufführung habe, dann interessiert sich Alexander sehr
dafür und kommt immer an die Premiere. Ich bereite ihn darauf
vor und erkläre ihm den Inhalt des Stückes sowie die
Choreographie. Zu Hause zeige ich ihm die Figuren, die ich tanze
oder choreographiert habe. Alexander selber ist übrigens ein
guter Tänzer und so tanzen wir oft zusammen. Während der
Aufführung nimmt er die Stimmung im Publikum und auf der
Bühne wahr, die Musik und die Geräusche der Tänzer, etwa
Sprünge, Drehungen und die Spitzenschuhe im Ballett. Nach der
Aufführung erzähle ich ihm, wie es gelaufen ist.
Oft schauen wir uns gemeinsam Tanz- oder Theaterstücke an.
Dann wählen wir einen Platz, wo wir die andern Leute nicht
stören, wenn ich das Geschehen auf der Bühne kommentiere.
Auch ins Kino gehen wir sehr gerne. Wir gehen Skifahren,
Radfahren und Segeln – wir machen Reisen. Einschränkung? Es
kommt mir beim besten Willen nichts in den Sinn. Und wenn es
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etwas gäbe, das wir nicht machen könnten, so ist es nichts, das
ich vermissen würde.
(Bildegende)
Lisa Schmalz in ihrem Laden in der Berner Altstadt. (Foto: Naomi
Jones)
Verdammte Jugendzeit!
Jean-Marc Meyrat
Man vergisst viele traurige Abende, aber nie einen zärtlichen
Morgen. (Jean Gabin)
Der Alltag war nicht immer rosig im Blindenheim von Lausanne.
Trotzdem hege ich liebe Erinnerungen an diese jetzt schon so
ferne Zeit.
Damals unterschied man nicht zwischen Blinden und
Sehbehinderten. Für uns gab es nur die, die gut im Sport waren
oder in der Schule glänzten; manche stammten aus reichem
Hause, andere aus weit entfernten Ländern. Doch allen
Unterschieden zum Trotz waren wir ein Herz und eine Seele.
Bei unseren Jassrunden in den Schulpausen und an den
gemeinsamen Abenden, die oft bis tief in die Nacht dauerten,
hatten mehr oder weniger anzügliche Geschichten über Mädchen
natürlich ebenso Hochkonjunktur wie unsere hypothetischen
sexuellen Grosstaten. In diesem Punkt hatten die Sehbehinderten
uns Blinden eindeutig etwas voraus, obwohl junge Damen
seinerzeit nicht im Traum daran dachten, ihre Reize so
ungehemmt zur Schau zu stellen, wie man es heute von den
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Titelbildern der schönen Magazine kennt.
Genau wie in einer normalen Schule, nur in kleinerem Rahmen,
durchlitten wir dieselbe emotionale Achterbahn, schwelgten in
denselben Fantasien und praktizierten dieselben Spiele, deren
Einzelheiten ich Ihnen lieber erspare.
Umso schwerer fiel die Umstellung
Als ich das Internat verliess und in eine normale Schulklasse
kam, fiel ich aus allen Wolken. Ohne visuelle Bezugspunkte und
kaum auf den Wechsel vorbereitet, stellten sich mir tausend
Fragen: Wie bleibe ich auf dem Laufenden? Wie spreche ich ein
Mädchen an? Und schlimmer noch: Wie schleppe ich es ab? Kurz
gesagt: Was tun? Gar nicht so einfach. Anläufe machte ich
jedenfalls genug: Mit Freunden machte ich in einem Keller
Rockmusik, ich rauchte Joints (mit sehr merkwürdigen
Auswirkungen) und ich trank Bier. Ich versumpfte bis in die
Morgenstunden bei mehr oder weniger finsteren Feten. Ich
bemühte mich, ein humorvoller, interessanter Gesprächspartner
zu sein. Die Mühe hätte ich mir sparen können: Ich war und blieb
allein. Schon der Gedanke, mit einem Mädchen allein zu sein und
nicht zu wissen, was tun und was sagen, machte mich starr vor
Angst.
Gerade in dieser Zeit knüpfte ich dauerhafte Freundschaften zu
anderen Sehbehinderten, die oft älter waren als ich. Helfen
konnten sie mir dummerweise nicht, denn sie hatten in ihrer
eigenen Jugend genau die gleichen Nöte durchgemacht wie ich.
Meine Klassenkameraden waren selbst viel zu sehr in ihre ersten
Liebesabenteuer verstrickt, um meine Einsamkeit zu bemerken,
auch wenn sie sich ansonsten lieb um mich kümmerten.
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Es lebe die Selbsthilfe
Spontan schloss ich mich Gruppierungen an, in denen ich
Menschen mit den gleichen Problemen fand. Ob es unserem
Verband gefällt oder nicht, es war nicht der SBV, auf den ich als
Erstes ein Auge warf, sondern Sportvereine, allen voran der
Skiclub für Sehbehinderte (Groupement romand de skieurs
aveugles et malvoyants, GRSA). Ich machte voller Begeisterung
mit und lernte unglaublich viel. In dieser Gruppe fand ich auch
den gesunden Wettbewerb, der mir im integrierten Umfeld
abhanden gekommen war. Zwei Wochen im Jahr, dazu ein paar
Wochenenden, durfte ich ganz und gar ich selbst sein. Am
Montag darauf kehrte ich dann müde, aber viel zufriedener wieder
in die Schule oder an die Uni zurück.
Ich bin mir nicht sicher, ob diese Gruppen sich wirklich bewusst
sind, welche überragende Rolle sie für die soziale Entwicklung
Sehbehinderter spielen – eine Rolle, die weit über die
angebotenen Leistungen hinausgeht. Das gilt gerade in der
heutigen Zeit mit ihrem Credo «Integration über alles».
Damit will ich keineswegs die Integration schlecht machen. Aber
sie hat auch ihre Kehrseiten. Eine Integration um jeden Preis gibt
sehbehinderten Kindern oft keine Möglichkeit, sich mit anderen
Sehbehinderten zu vergleichen, und erstickt damit
bedauerlicherweise die Selbsthilfe im Keim. Das erklärt, wenn
auch nur zum Teil, warum junge Leute heute nicht motiviert sind,
dem SBV beizutreten und sich für das Gemeinwohl zu
engagieren. In meinen Augen ist die Zugehörigkeit zu solchen
Gruppen enorm wichtig.
Ich nutze deshalb diese Gelegenheit, um die Eltern
sehbehinderter Kinder aufzufordern, ihre Söhne und Töchter zu
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solchen Gruppen anzumelden. Nicht nur, weil sie dann an
Ferienreisen teilnehmen können, sondern vor allem, weil diese
Gruppen Kindern die Chance geben, sich mit anderen
Sehbehinderten zu vergleichen, und zwar in einem Umfeld, das
nach aussen offen, aber ganz auf sie zugeschnitten ist. So
können sie sich auf eine Welt vorbereiten, in der es ziemlich
ruppig zugehen kann. Ich will Ihnen noch etwas verraten, denn
wir sind ja hier unter uns: Von meinen Eroberungen stammten
mehrere – auch die letzte, hübscheste – aus den
ausgezeichneten Jagdgründen des GRSA.
Wenn das eigene Spiegelbild fehlt
Erst im Nachhinein begriff ich, dass ich früher ein ganz
ansehnlicher Bursche war. Keine Angst, meine Damen, die Jahre
haben auch mich nicht ungeschoren gelassen, und von meinem
jugendlichen Glanz ist nicht mehr allzu viel übrig. Aber wenn mir
das jemand begreiflich gemacht hätte, als ich jung war, wäre mir
so manches leichter gefallen, und ich hätte nicht bis in die
Vierziger warten müssen, um mich endlich gut zu fühlen in meiner
Haut. Unser Spiegel sind immer die anderen.
(Bildlegende)
Mädchen sind fremde Wesen ...
... sich ihnen anzunähern braucht Mut. Jugendliche im
Cooltourlager 2009.
(Fotos: Naomi Jones. Die Bilder werden als Symbolfotos
verwendet)
Vom Mukiturnen zum Bauchtanzen
Daniela Moser
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Als ich meine beste Freundin kennenlernte, da war ich noch
ganz klein. Unsere Mütter gingen zusammen ins Mukiturnen
und fanden dort heraus, dass ihre Kinder beide sehbehindert
sind.
In Walkringen besuchte ich den Kindergarten in der öffentlichen
Schule. Nicole, meine Freundin, besuchte zur gleichen Zeit den
Kindergarten in der Blindenschule in Zollikofen.
Dass wir danach von der ersten bis zur achten Klasse unsere
Schulzeit gemeinsam verbringen durften, war ein grosses Glück.
Die Emotionen waren umso grösser, als wir am Ende des achten
Schuljahres erfuhren, dass sich unsere Wege nun trennen
würden. Nicole kam in eine andere Klasse. Aber wir waren noch
auf der selben Wohngruppe im Internat. So trafen wir uns
trotzdem noch regelmässig und konnten unsere teilweise
gescheiten, manchmal aber auch weniger gescheiten
Diskussionsrunden fortsetzen.
Von da an begannen wir mit dem Bauchtanzen. Auch heute noch
tanzen wir leidenschaftlich gerne zusammen. Uns faszinieren die
Bewegungen, die beim Bauchtanzen gebraucht werden. Einige
sind ruhig, andere sind schnell. Jede Bewegung erzählt ihre
eigene Geschichte. Diese Geschichten werden aber von allen
Menschen anders verstanden und jeder kann sich seine eigene
Geschichte zusammenstellen. So auch Nicole und ich.
Aber mit den Bewegungen alleine ist ein Tanz noch nicht
vollendet. Auch die Musik spielt eine grosse Rolle beim
Interpretieren eines Tanzes. Traurige Musik und schnelle
Bewegungen erzählen eine sehr merkwürdige Geschichte. Aber
wenn die Choreografie stimmt, kann die Geschichte sehr
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unterschiedlich ausgekleidet werden. Nicole und mir gefallen die
Vielfalt und die Unterschiedlichkeit der Tänze. Die Musik hören
wir beide auch in unserer Freizeit, da sie uns beruhigt und wir
unseren Stress für einige Minuten vergessen können. Nach
unseren monatlichen Bauchtanzstunden in Langnau sind wir
lockerer. In uns herrscht dann eine innere Ruhe, die nicht in
Worte zu fassen ist.
Auch Freundinnen können streiten
Ob man es glaubt oder nicht, aber auch beste Freundinnen
können streiten. Nicole verliebte sich in einen Jungen aus der
Parallelklasse.
Es liegt in der Natur der Sache, dass Nicole weniger Zeit für mich
hatte. Der Freund hatte Vorrang. In den Pausen standen die
beiden zusammen auf dem Pausenplatz und machten, was alle
Verliebten tun. Ich entfernte mich, da ich fehl am Platz war. Nun
verbrachte ich meine Pausen mit anderen Freundinnen und liess
Nicole und ihren Freund in Ruhe.
Auch am Abend auf der Wohngruppe waren die beiden immer
zusammen. Nicole hatte fast keine Zeit mehr für mich, und ich
war, gelinde gesagt, eifersüchtig. Warum verbrachte sie ihre
ganze Zeit mit dem Freund? Interessierte sie sich wirklich nicht
mehr für mich? Diese Fragen brachten ganz neue Gefühle in mir
zum Vorschein: Neid, Wut, Traurigkeit und auch Verlassenheit.
Diese Gefühle steigerten sich, als sich meine zweite
Zimmergenossin auf der Wohngruppe ebenfalls verliebte. Wir
waren zu dritt im Zimmer und somit war ich die Einzige, die noch
keinen Freund hatte. Das war überhaupt nicht einfach. Es machte
mich wütend, wenn beide Freundinnen mit ihren Freunden
zusammen waren und ich alleine meinen Beschäftigungen
nachgehen musste.
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Allerdings: ich war ebenfalls kein Engel. Ich neckte Nicole bei
jeder Gelegenheit, die sich mir bot. Damit wollte ich zeigen, wie
sehr ich die Momente mit Nicole vermisste.
Als ich es schliesslich nicht mehr ertrug, musste eine Lösung her.
Der erste Schritt musste von mir kommen. Ich erklärte Nicole,
dass ich mich nach unseren Diskussionen und unseren
gemeinsamen Momenten sehnte. Von da an verbrachte sie
wieder mehr Zeit mit mir. Heute weiss ich, dass ich in jeder
Situation zu Nicole gehen kann. Sie nimmt mich so, wie ich bin.
Das Gleiche gilt aber auch für sie. Die Krise hat unsere
Freundschaft gefestigt.
(Bildlegende)
Wer wen führt, ist bei den Freundinnen nicht immer klar.
Daniela Moser und Nicole Pfister.
Seit sie nicht mehr zusammen die Schule besuchen, sehen sich
Daniela und Nicole nicht mehr so oft. Umso mehr haben sie sich
zu erzählen. (Fotos: Naomi Jones)
----Inserat: Gurtenfestival 2011
Komm mit!
Für junge Blinde und Sehbehinderte bis 35
Gurtenfestival 2011 am 16. Juli auf dem Berner Hausberg.
Auskunft und Anmeldung bei Daniela Moser bis zum 15. Juni
2011: Telefon 031 390 88 24, [email protected]
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25/64
-----
Fokus
Was macht eigentlich… die Solsana?
Jean-Marc Meyrat
Unabhängig von seiner Rechtsform hat das Hotel Solsana für
die Mitglieder des SBV einen besonderen Stellenwert. Seit
dem 1. Januar 2010 ist es eine Aktiengesellschaft. Für das
nachfolgende Interview stand Jacques Pernet als
Vorsitzender des Verwaltungsrats dem «Weg» Rede und
Antwort.
«der Weg»: Wie setzt sich der Verwaltungsrat des Hotels Solsana zusammen?
Jacques Pernet: Er umfasst drei Personen. Jost Huber ist als
Direktor eines Hotels in Gstaad Fachmann für die Hotellerie der
Region. Felix Schneuwly ist für den SBV ein alter Bekannter,
denn er war ja von 2001 bis 2007 Zentralsekretär des Verbands.
Heute ist er zuständig für die Kommunikation mit dem alleinigen
Aktionär – dem SBV. Der Dritte im Bund bin ich. Als Lausanner
Hotelier bin ich durch meine Tätigkeit in zahlreichen Häusern in
der Schweiz und im Ausland mit dem Beherbergungsgewerbe
bestens vertraut. Den Kontakt zum Solsana stellte ein ehemaliger
Kollege her, der seinerseits von Ihrem Präsidenten Remo Kuonen
angesprochen wurde.
«der Weg»: Was war Ihr erster Eindruck vom Hotel Solsana?
Jacques Pernet: Ich war begeistert, sowohl vom äusseren
Eindruck des Hauses als auch von seiner hervorragenden Lage.
Ausgesprochen positiv überrascht war ich von der Qualität der
Einrichtungen speziell für blinde und sehbehinderte Gäste. Beim
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Besuch im Hotel eröffnete sich mir eine bis dahin unbekannte
Welt.
«der Weg»: Was hat sich seit der Umwandlung in eine AG im Hotelalltag verändert?
Jacques Pernet: Nichts Grundlegendes, und ich möchte auch gar
nicht, dass sich für die sehbehinderten Gäste etwas Wesentliches
ändert. Allerdings müssen wir uns nach Kräften bemühen, die
Finanzen des Hotels zu sanieren, und das ist ehrlich gesagt eine
enorme Herausforderung. Nach meiner Philosophie muss ein
Betrieb selbsttragend sein. Aus kaufmännischer Sicht müssen wir
deshalb für externe Gäste wie Wanderer, Skiläufer oder
Radfahrer ansprechender werden, ohne dabei an Attraktivität für
Sehbehinderte zu verlieren, deren Aufenthalt ja vom SBV
gefördert wird. Eine AG darf sich rechtlich auf Dauer keine
Verluste leisten. Wir setzen deshalb alles daran, die Sache zu
bereinigen, achten dabei aber darauf, dass unsere
sehbehinderten Gäste bei ihrem Aufenthalt durch diese
Massnahmen keine qualitativen Einbussen erleiden.
«der Weg»: Bedeutet das konkret, dass Sie die Preise anheben und vom SBV
zusätzliche Gelder fordern werden?
Jacques Pernet: Die Preise müssen selbstverständlich angepasst
werden. Der SBV gewährt dem Hotel einen Gesamtbetrag, den er
nicht aufstocken möchte. Wir schlagen dem SBV vor, seinen
Beitrag zum Aufenthalt eines Mitglieds künftig nicht wie bisher
prozentual zu dessen Pension zu zahlen, sondern als
Pauschalbetrag. Das heisst, dass Gäste während der
Nebensaison in den Genuss günstigerer Tarife kommen als in der
Hochsaison. Dadurch können wir auch in den schwächeren
Phasen mehr Übernachtungen buchen und – nennen wir das
Kind ruhig beim Namen – in der Hochsaison Gewinne
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erwirtschaften, um aus den roten Zahlen herauszukommen.
Etwas aufschlagen müssen wir beispielsweise in der Woche
zwischen Weihnachten und Neujahr, damit die starke Nachfrage
in dieser Zeit der Solsana dann über die schwächelnde
Nebensaison hinweghilft. Dazu muss man wissen, dass die
Übernachtungen die wesentliche Einnahmequelle eines Hotels
sind. Bei der Restauration hingegen zahlt man immer dazu, aber
eine Erhöhung der Zimmerpreise um zehn Franken macht sich in
der Erfolgsrechnung bemerkbar.
«der Weg»: Wie steht es mit den Getränkepreisen?
Jacques Pernet: Die Preise in der Restauration wurden leicht
angehoben; sie liegen jedoch nach wie vor unter dem regional
üblichen Niveau.
«der Weg»: Was hat die Suche nach einem Partner bisher ergeben?
Jacques Pernet: Wir suchen nach wie vor einen Finanzpartner,
jedoch einen mit ethischem Hintergrund, wie Remo Kuonen sagt.
Unter einem ethischen Partner verstehen wir jemanden, der
bereit ist, in eine künftige Renovierung zu investieren,
beispielsweise in Form eines Darlehens zu günstigen
Konditionen. Nach unserer Ansicht ist es zwingend erforderlich,
dass auch dem künftigen Partner das soziale Anliegen des
Unternehmens am Herzen liegt, auch wenn wir unserem Aktionär
gegenüber eine wirtschaftliche Verpflichtung haben. Wenn sich
die Verluste weiterhin häufen, geht dies nämlich zu Lasten des
Anteilsinhabers, also des Verbands. Ich bin es gewohnt,
notleidende Unternehmen zu übernehmen, befolge dabei jedoch
auf längere Sicht immer die goldene Regel, dass die Konten so
schnell wie möglich ausgeglichen werden müssen.
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«der Weg»: Die Delegiertenversammlung des SBV hatte festgelegt, dass bis Juni 2011
ein Partner gefunden sein sollte. Das ist Ihnen offenbar nicht gelungen. Was sind die
Gründe für den Misserfolg?
Jacques Pernet: Es gibt zwei Gründe. Zum einen haben wir erst
im August 2010 unsere Tätigkeit aufgenommen. Dadurch hatten
wir nur wenig Zeit, uns mit der Angelegenheit umfassend vertraut
zu machen. Zum zweiten ist es sehr schwierig «ethische»
Geldmittel im bereits erläuterten Sinn aufzutreiben, denn für die
Solsana kommt kein institutioneller Partner in Frage, der den SBV
sonst durchaus bei seinen eigentlichen Aufgaben unterstützen
würde, denn das Management eines Hotels gehört nicht dazu. Ich
räume allerdings ein, dass ich in Sachen Fundraising kein
Fachmann bin – innerhalb des Verwaltungsrats ist Felix
Schneuwly für diesen Bereich zuständig. Der ideale Partner wäre
nach meiner Meinung eine natürliche Person, die sich für den
grundlegenden Zweck des Solsana engagieren will, nämlich
sehbehinderten Menschen ein Feriendomizil zu bieten. Diese Art
Unterstützung werden wir jedoch erst finden, nachdem wir in den
kommenden Monaten den mittleren Teil des Hauses renoviert
haben, um so bald wie möglich wieder schwarze Zahlen zu
schreiben.
«der Weg»: Wann wird diese Renovierung stattfinden?
Jacques Pernet: Die Arbeiten werden während der Schliessung
im November/ Dezember 2011 erfolgen. Dann werden 35 Zimmer
auf Dreisterneniveau hergerichtet. 2012 werden wir hoffentlich die
zwölf Zimmer im Ostflügel sanieren können. Was mit dem
Westflügel geschieht, hängt im Wesentlichen vom künftigen
Partner ab, denn die dort fälligen Arbeiten werden sehr
kostspielig.
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«der Weg»: Einige SBV-Mitglieder haben sich beklagt, das Hotel biete keine Animation
mehr an. Was sagen Sie zu diesem Vorwurf?
Jacques Pernet: Die Entscheidung, auf die Animation zu
verzichten, fiel aus Kostengründen. Die Person, die bisher dafür
zuständig war, steht jedoch weiterhin zur Verfügung. Der Posten
ist im Budget sowohl als Ausgabe als auch als Einnahme
ausgewiesen, denn da das Hotel ganz klar nicht mehr in der Lage
ist, die Kosten dafür zu tragen, müssen sie künftig von den
Gästen selbst oder vom SBV übernommen werden.
«der Weg»: Haben Sie keine Angst, eine Öffnung der Solsana für externe Gäste könnte
bewirken, dass sich die Mitglieder und Delegierten des SBV nicht mehr mit dem Haus
identifizieren?
Jacques Pernet: Daran haben wir selbstverständlich gedacht. Wir
müssen eben den Kontakt zu den SBV-Mitgliedern sehr gut
pflegen. Wichtig ist uns vor allem die Kommunikation mit den
sehbehinderten Gästen: Wir wollen ihnen vermitteln, dass die
Solsana ihr Hotel ist und bleibt, und dass sie auf gar keinen Fall
hinter externen Gästen zurückstehen werden. Der Hoteldirektor,
Herr Leuenberger, ist der Garant für diesen engen Kontakt, denn
ihm liegen seine blinden und sehbehinderten Gäste sehr am
Herzen.
Information der Redaktion
In der Sitzung vom 2. April 2011 hat der Zentralvorstand
entschieden, dass die Beiträge für Aufenthalte in der Solsana von
Mitgliedern, deren Begleitpersonen, Familienmitgliedern und die
SBV-Mitarbeitenden künftig nicht mehr prozentual, sondern fix
ausbezahlt werden.
Pro Aufenthaltstag von Mitgliedern und je einer Begleitpersonen
steuert der SBV Fr. 70.– bei, pro Aufenthaltstag von weiteren
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Angehörigen in Begleitung des Mitglieds sowie Mitarbeitenden
Fr. 30.–; die Anzahl der beitragsberechtigten Tage ist auf max. 30
pro Kalenderjahr limitiert.
(Bildlegende)
Das Hotel Solsana in Saanen-Gstaad. (Foto: z.V.g.)
Ein ganz besonderes Wochenende
Leila Bahsoun
Fernab vom Trubel der Grossstadt findet man in unseren
Schweizer Bergen herrliche Rückzugsorte, an denen man die
Lunge mit frischer Luft füllen und die Batterien wieder aufladen
kann.
Einer davon ist das Hotel Solsana. Innen wie aussen verspricht
es einen behaglichen Aufenthalt, noch dazu mit einer
Infrastruktur, die sich besonders an den Bedürfnissen
sehbehinderter Gäste orientiert. Die Frage der Integration stellt
sich natürlich auch in der Freizeit, und der SBV wollte durch den
Kauf eines ganz speziellen Hauses einen solchen Rahmen für
seine Mitglieder schaffen.
Ich wollte mir die Leistungen dieses Hauses, das bereits auf ein
gutes Jahrhundert zurückblickt, noch einmal als Sehbehinderte
aus der Nähe ansehen und sondieren, wie gut es sich als
Feriendomizil für jemanden wie mich tatsächlich eignet.
Die Ankunft:
Aus dem Lautsprecher erfahre ich, dass der Zug in Kürze Saanen
erreichen wird. So gut es eben geht, jongliere ich mit einer Hand
meinen Koffer, mit der anderen die Leine meines Führhundes
«Prune», und dirigiere meine beiden Söhne Wassim (8) und
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Angelino (5) hinter mir her zum Ausstieg. Wie ein
Willkommensgruss empfängt uns auf dem Bahnsteig die frische
Bergluft des Berner Oberlands. Allein die Düfte und Geräusche,
die uns umgeben, vermitteln das Gefühl, in eine andere Welt zu
kommen.
Der Fahrer des hoteleigenen Minibusses holt uns auf dem
Bahnsteig ab, hilft mir dabei, das ganze Gepäck an Bord zu
verstauen, und bringt uns schweigend zu unserem Ziel. Ich
versuche, eine Unterhaltung anzufangen, aber ihm ist offenbar
nicht danach. Fünf Minuten später kommen wir im Hotel Solsana
an. Der Fahrer setzt uns und unsere Siebensachen vor dem
Eingang ab und verschwindet von der Bildfläche. Die Rezeption
brauchen wir nicht lange zu suchen, sie liegt gleich links hinter
dem Eingang. Dort empfängt mich eine Frauenstimme, die uns
geschäftsmässig, aber höflich eincheckt. Alles geht reibungslos
und zügig, und im Handumdrehen bin ich mit dem
Zimmerschlüssel bewaffnet. Es ist dasselbe Zimmer 336, in dem
wir bisher jedes Mal mit der Familie residiert haben. Die
Empfangsdame fragt mich trotzdem, ob ich mich im Haus
auskenne, und ist beruhigt, als ich dies bejahe. Als wir uns auf
den Weg zum Aufzug machen, stört lediglich das Rollen meines
Koffers die tiefe Stille.
Das altbewährte Zimmer:
Zimmer 336 liegt im dritten Stock, ganz am Ende des Korridors.
Es ist genügend gross, recht hell und freundlich, wenn auch leicht
antiquiert. Von Luxus keine Spur: Die Möblierung ist durch und
durch zweckmässig. Mitten im Zimmer stützt ein Holzbalken die
Galerie, die mit ihren zwei Betten wie ein kleines Vogelnest wirkt.
Auf dem Tisch steht ein winziger altmodischer Fernseher, den ich
gar nicht erst ausprobiere. Besondere Vorkehrungen für
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sehbehinderte Gäste hat dieses Zimmer nicht vorzuweisen. Es
hat aber einen Balkon mit prachtvoller Aussicht auf die Berner
Alpen. Wessen Sehkraft nicht mehr reicht, um das Panorama zu
bewundern, der kann sich stattdessen auf den bequemen
Liegestühlen zum Sonnenbad niederlassen. Während ich meine
Inspektionsrunde absolviere, macht es sich Prune auf dem
ältlichen Hundebett, das man ihr hingestellt hat, gemütlich.
Ein entspannendes Bad:
Im Zimmer hält uns nun jedoch nichts mehr, denn gerade in den
Ferien ist man gern unter Leuten. Meine Söhne und ich
beschliessen, dem Hotelschwimmbad einen Besuch abzustatten.
In einem Raum im ersten Stock mit Glasfront und
atemberaubendem Alpenpanorama erstreckt sich das 17 Meter
lange Schwimmbecken. Mit seiner ringsum verlaufenden, vom
Boden rund 50 cm hohen Einfassung erinnert es mich ein wenig
an eine riesige Badewanne mit Sicherheitsrand. Der Badebereich
ist modern, ausgesprochen einladend und bis auf das
Kinderlachen und die fröhlichen Stimmen meiner Söhne sehr
ruhig. Zu dieser Uhrzeit geniessen einige Hotelgäste hier
entspannende Momente vor dem Abendessen.
Bodenmarkierungen erleichtern Sehbehinderten den Zugang zum
Becken, doch wird der Weg durch die kreuz und quer
herumstehenden Liegestühle zum Hindernisrennen.
Das Wasser ist nicht zu tief und angenehm temperiert. Wohlig im
blubbernden Whirlpool ausgestreckt, beginne ich bereits, meinen
Aufenthalt in der Solsana zu geniessen. Aber es wird spät, und
meine Kinder erklären mir, dass auf der Wanduhr, die ich neben
der Eingangstür vermute, schon der grosse Zeiger auf die sechs
zeigt, während der kleine zwischen sechs und sieben steht.
Notgedrungen verschiebe ich die entspannende Sitzung in der
gut 85 Grad heissen Sauna mit Eukalyptus- oder
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Zitronenaufguss, wickle mich in den zwei bis drei Nummern zu
grossen Bademantel und wandere mit meinen beiden Jungs zum
Umkleidebereich.
Der Wintergarten:
Voller Vorfreude auf ein leckeres Mahl in gemütlicher Runde
finden sich die Hotelgäste anschliessend im hauseigenen
Speisesaal ein. Wir bleiben am Eingang stehen und warten, dass
uns jemand zu unserem Tisch führt, aber niemand kümmert sich
um uns. Nach ein paar Minuten versuche ich, jemanden vom
Personal auf uns aufmerksam zu machen, doch offenbar werden
an diesem Abend sämtliche Tische von nur zwei Angestellten
bedient. Zu guter Letzt bekommen wir schliesslich eine
Weinkellnerin zu fassen, die uns an unseren Tisch im
Wintergarten begleitet und die Getränkebestellung aufnimmt. Die
auf A4-Papier gedruckte Speisekarte allerdings kann ich nicht
entziffern. Ich bitte die Kellnerin, mir die Karte vorzulesen, denn
falls uns das Menü nicht zusagt, können wir stattdessen unter den
«Hits der Woche» wählen. Als Entree schlägt sie uns einen Salat
vom Büffet vor, dann die Tagessuppe, anschliessend das
Hauptgericht und ein Dessert. Nun liebe ich zwar Salat, und
Rohkost ist ja auch ausgesprochen gesund, doch scheue ich
Salatbüffets, weil ich so schlecht sehe. Schüchtern fragt mich die
Bedienung, ob ich weitere Hilfe benötige, aber selbstredend
versichere ich ihr, alles sei gut und ich würde schon
zurechtkommen. Leichter gesagt als getan! Natürlich kleckere ich
meinen Teller noch mehr voll als mein kleiner Schatz Angelino,
der gerade einmal fünf ist. Zwischen den Gängen vergeht mal
mehr, mal weniger Zeit, sie ist vor allem für die Kinder oft ein
wenig lang, aber die Speisen sind abwechslungsreich und die
Mengen genau richtig. Die Kommunikation mit der Bedienung
allerdings ist erheblich dadurch erschwert, dass einfach zu wenig
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Personal da ist, das sich zu allem Überfluss offenbar weit
intensiver um die Gäste kümmert, die das Fondue Chinoise
Spezial bestellt haben, als um die Bedürfnisse ihrer
sehbehinderten Gäste.
Wohlig müde vom langen Tag, rundum satt und zufrieden, ziehen
wir uns auf unser Zimmer zurück und verbringen eine ruhige,
erholsame Nacht.
Die Solsana ist in meinen Augen nach wie vor der richtige Ort für
einen entspannenden Kurzurlaub, und zwar für alle Arten von
Gästen, auch wenn behinderte Menschen dem Hotel sowohl als
Kunden wie auch als Mitarbeitende besonders am Herzen liegen.
Hier und da fehlt es an Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse
Sehbehinderter. Denn wie gut oder schlecht die Integration
blinder und sehbehinderter Gäste in einem Hotel gelingt, hängt
meiner Meinung nach von der Verfügbarkeit aller Leistungen ab,
und nicht nur davon, ob in der Bibliothek auch Audio-Kassetten
stehen.
(Bildegende)
Zum Ausspannen ist das Hotel Solsana auch für Familien
geeignet.
Die Küche ist gut und die Bedienung freundlich. (Fotos: z.V.g.)
Magazin
Hörevents im Dunkelzelt an den Solothurner Literaturtagen
2011
Yvonn Scherrer
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Das Dunkelzelt des SBV im Kreuzackerpark ermöglicht
Literaturgenuss ohne jede visuelle Ablenkung. Im Rahmen
des 100-jährigen Jubiläums des SBV gibt es im Dunkelzelt
Extra-Events.
Am Sonntag, 5. Juni 2011, diskutieren um 14.00 Uhr die
sehenden Autoren Catalin Dorian Florescu und Markus Ramseier
mit blinden Lesenden über das Thema: Blinde Menschen in
Büchern von heute. Florescu und Ramseier haben beide einen
Text über einen blinden Menschen veröffentlicht. Florescu schrieb
den Roman «Der blinde Masseur», der in Rumänien spielt und in
dem es um Machtgefüge und gegenseitige Abhängigkeiten geht.
Markus Ramseier portraitiert in seinem Text «Murmeltag» eine
selbständige blinde Frau, die neue Glasaugen erhalten soll.
Wie beeinflussen die Bilder blinder Akteure aus Büchern die
Wahrnehmung blinder Menschen in der Gesellschaft? Öffnen sie
neue Horizonte, oder zementieren sie vorgefasste Meinungen
oder gar Klischees?
Kasten
Erleben Sie konzentrierten Literaturgenuss und eine
unvergessliche Begegnung mit Ihrem Lieblingsautor! Lassen Sie
sich von der angenehmen Radiostimme der blinden DRS1Redaktorin Yvonn Scherrer literarische Texte vorlesen. Lernen Sie
Schriftsteller und Schriftstellerinnen im Gespräch mit dem blinden
Psychologen Urs Kaiser von einer neuen Seite kennen.
Der Eintritt ist frei, die Platzzahl ist beschränkt.
Voranmeldung für die Diskussion vom Sonntag mit
anschliessendem Apéro unter [email protected].
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----Inserat: Begleitperson gesucht
Suche Begleitperson.
Hättest Du Interesse mich auf meinen Reisen nach Sardinien,
Italien usw. oder auf Ausflügen an Wochenenden zu begleiten?
Bist Du evtl. auch musikalisch (ich spiele Keyboard) und hättest
auch Spass an Konzertbesuchen (z.B. Ricchi e Poveri)?
Ich bin 36 Jahre alt, sehbehindert und wohne in Olten. Wenn Du
Zeit und Lust
hast und evtl. in der Nähe wohnst, dann melde dich doch bitte bei
mir per Mail [email protected].
Ich freue mich auf Deine Antwort.
----Deafblind Time – Wenn Sehen und Hören schwächer werden
Daniela Moser
Laut dem Schweizerischen Zentralverein für das
Blindenwesen (SZB) leben in der Schweiz mindestens 10 000
Personen, die von einer Hörsehbehinderung betroffen sind.
Nun hat der SZB einen Film produziert, worin er Alltagssituationen
von taubblinden Menschen beschreibt. Die DVD ist auf Deutsch
und Französisch audiodeskribiert und enthält Untertitel für
hörbehinderte Menschen. Dauer des Films: 20 Minuten.
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Die Dokumentation gibt einen Einblick in das Leben von drei hörund sehbehinderten Menschen. Diese werden in ihrem Leben
begleitet. Es sind ganz reale Situationen wie zur Arbeit gehen, die
Arbeit auf dem Bauernhof erledigen oder einen
Krankenhausaufenthalt. Auch Frei-zeitaktivitäten wie schwimmen
werden gezeigt.
Die Erfahrungen und Erlebnisse der Betroffenen, welche im Film
beschrieben werden, sind erstaunlich. Wie gelingt es einem hörund sehbehinderten Mann alleine im Fluss zu schwimmen? Da
muss man sehr erfinderisch sein.
Zugänglichkeit der DVD
Für sehbehinderte und blinde Zuschauer ist das Aktivieren der
Audiodeskription schwierig. Sie kann aber im Windows Media
Player durch das Kontextmenü (Tastenkombination: Shift+F10)
aktiviert werden.
Die Beschreibungen der Situationen entsprechen weitgehend den
gezeigten Bildern und Einblendungen. Leider werden aber einige
Situationen, welche zum besseren Verständnis des Films
beigetragen hätten, nicht beschrieben. An mehreren Stellen weiss
der sehbehinderte oder blinde Zuschauer nicht, wer spricht, da für
die Audiodeskription sowie für die allgemeinen Informationen die
gleiche Stimme verwendet wurde. Auch die Gebärdensprache
wurde von der gleichen Stimme übersetzt. Somit ist es für den
blinden Zuschauer schwer zu erkennen, wer gerade spricht.
Für wen ist die DVD?
Der SZB habe die DVD zur Sensibilisierung aller Interessierten
produziert, sagt Pressesprecher Norbert Schmuck. Der Film
werde beim SZB in Schulungen, Weiterbildungen und
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Informationsveranstaltungen über die Hörsehbehinderung
eingesetzt. Doch auch für Schulklassen und Privatpersonen, die
mit dem Thema konfrontiert sind, ist der Film als Information über
das Leben mit einer Hörsehbehinderung interessant.
Information
Die DVD «Deafblind Time»
ist unter folgender Adresse ausleihbar:
Schweizerischer Zentralverein für das Blindenwesen SZB
Schützengasse 4
9000 St. Gallen
Telefon: 071 223 36 36
E-Mail: [email protected]
Internet: www.szb.ch
Leserbriefe
«Au-delà de la vue»: Identifikation oder Sensibilisierung?
Christine Cloux, Ismaël Tahirou, Joël Thoma u.a.
In der letzten Ausgabe von «der Weg» publizierte Claudine
Damay einen Artikel mit dem Titel «Au-delà de la vue: Keine
Identifikation möglich». Sie spricht darin einige Punkte an, zu
denen wir Stellung nehmen möchten, um die Haltung der «jungen
Generation» zu dieser Debatte beizusteuern.
«Eine fantasielose Abfolge teils statischer, teils verwackelter Bilder»
Das ist ein hartes Urteil, das wir als die Filmemacher zur Kenntnis
nehmen. Abgesehen davon, dass wir uns vorstellen mussten,
was gefilmt werden sollte, denn Sehende brauchen sich diese
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Mühe nicht zu machen.
Claudine: «Die Idee, den Zuschauer in eine Klang- und Bildwelt
einzuladen, die sich von der seinen radikal unterscheidet, hätte
neue Wege eröffnen können, aber dazu kam es leider nicht».
Leider? Mag sein. Die Tatsache, dass die von uns gefilmten Bilder
ja gerade dem Alltag aller ähneln, hat für sich genommen schon
eine Bedeutung. Auch wenn wir die Welt anders wahrnehmen,
leben wir doch in derselben Welt. Auch wir Sehbehinderten sind
für das Kino empfänglich. Verblüffend ist, dass wir alle instinktiv
diese Sprache eingesetzt haben, die wir mit den Sehenden – an
die sich die Filme ja richteten – gemeinsam haben. Vielleicht ist
dies eine intuitive Art zu vermitteln, dass wir nicht in erster Linie
Behinderte, sondern in erster Linie Menschen sind, und dass uns
bewusst ist, wie die Welt um uns herum beschaffen ist, selbst
wenn wir sie nicht sehen. Eine Möglichkeit, auf andere
zuzugehen, um über uns zu erzählen.
Erfahrungsberichte oder Sensibilisierung?
Sensibilisierung kann – und muss – sich sowohl auf allgemeine
Aussagen als auch auf individuelle Erfahrungsberichte stützen,
auch wenn man zwischen persönlichen Erfahrungen und
Allgemeingut unterscheidet. Die Leute erinnern sich besser an
persönliche Aussagen, weil sie sich damit identifizieren. Wie auf
dem Schutzumschlag der DVD zu lesen ist, stand es uns frei, von
uns selbst ein Bild eigener Wahl zu vermitteln; dort steht auch,
dass die DVD als Sensibilisierungsinstrument dienen kann. Das
bedeutet nicht, dass die von uns gemachten Äusserungen
repräsentativ für alle Sehbehinderten sind – bei weitem nicht.
Nehmen wir zum Beispiel den weissen Stock, den manche so
sperrig finden, dass sie ihn lieber zu Hause lassen. Das tun viele
Sehbehinderte. In der Öffentlichkeit begegnet man tagtäglich
zahlreichen Sehbehinderten, ohne es zu merken, weil sie sich
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nicht zu erkennen geben. Insofern ist diese Aussage sogar sehr
repräsentativ. Auch die Entscheidung, bei der Arbeit auf Hilfsmittel
zu verzichten, weil man damit den Überblick verliert, ist
repräsentativ für bestimmte Sehbehinderte in bestimmten
Berufen, etwa in der Informatik oder Buchhaltung. Festzuhalten
ist, dass es sich nicht um eine Patentlösung handelt.
Vergrösserung ist kein Allheilmittel, und in manchen Fällen ist sie
eher ermüdend als hilfreich. Es handelt sich um ein Klischee, das
in die Tonne gehört. Vergrösserung ist nicht für jeden
Sehbehinderten sinnvoll.
Was unsere Erfahrungsberichte ausdrücken sollen, ist, dass man
selbstgesteckte Ziele erreichen kann, wenn man die erforderliche
Zeit und Mühe investiert. Das setzt voraus, dass wir unsere
Grenzen kennen, die selbstverständlich vorhanden sind und die
wir Tag für Tag zu überwinden versuchen, etwa indem wir uns mit
der Kamera auseinandersetzen, die viele Sehende als
Kommunikationsmittel sehr schätzen. Unser Wille, über uns
hinauszuwachsen, bedeutet nicht, wir würden uns einbilden, alles
wie jeder andere tun zu können. Im Gegenteil: Unsere
Erfahrungsberichte zeigen ja wieder und wieder, wie wir uns
bemühen, mit unseren Schwierigkeiten zurechtzukommen.
Nach Claudines Meinung ist «manches, das gesagt wird,
natürlich sinnvoll», aber es «verliert sich im schwer zu
durchdringenden Nebel», etwa der berühmte Ausspruch: «Ich
sehe nicht schwarz, sondern gar nichts». Die Aussage erfolgt in
der ersten Person. Es geht um mich, nicht die Blinden generell.
Selbst wenn die Leute schlimmstenfalls hieraus ableiten, «alle
Blinden sehen nicht schwarz», wäre das kein Problem.
Claudine erklärt: «Ich bin eben nicht, ‹wie die anderen›: Ich bin
ich, und ich kann mich nur dann wohlfühlen, wenn die
spezifischen Anforderungen meiner konkreten Seheinschränkung
berücksichtigt werden». Keine Sorge, unsere Generation
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empfindet das genauso. Unsere Filme zeigen dies immer wieder.
Selbst wenn sie die Leute ein wenig verwirren, regen unsere
Kurzfilme eindeutig zum Nachdenken und Diskutieren an. Wenn
die Öffentlichkeit uns dank unserer Erfahrungsberichte ein wenig
anders erlebt, hätten wir damit unseren Beitrag zur angestrebten
Sensibilisierung geleistet.
Claudines Frage «Warum wurde das ‹ICH› vom Bestreben
abgelöst, gemeinsame Sache mit denen zu machen, die mehr
oder weniger dieselben Probleme haben?» ist lediglich eine
Lesart der Botschaft, die nicht dem entspricht, was wir sagen
wollten. Wir laden alle ein, sich unsere Filme anzusehen oder
zumindest anzuhören. Ob sie gefallen oder nicht, steht nicht zur
Debatte. Vergessen wir eines nicht: Die Spielregel lautete
keineswegs, in unseren Kurzfilmen müsste es um unsere
Behinderung gehen, so wie sich auch unser ganzes Leben nicht
ausschliesslich um unsere Behinderung dreht. Sie ist Teil unserer
Identität, macht aber nicht unser gesamtes Wesen aus. Deshalb
haben wir absolut das Recht, uns anders darzustellen denn
lediglich als «Behinderte» – und diese Freiheit fordern wir ein.
----Inserat: Forum für Angehörige
Forum für Angehörige von sehbehinderten und blinden Menschen
Ort: SONNENBERG,
Heilpädagogisches Schulund Beratungszentrum,
Landhausstrasse 20, 6340 Baar
Datum: Freitag, 20. Mai 2011, Samstag, 21. Mai 2011
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Zeit: 10.00 bis 12.00 Uhr
Moderation: Daniel Pulver und Christine Wilhelm,
Zentralsekretariat des SBV, und Isabella Plüss, Präsidentin
Sektion ZS
Information: Isabella Plüss, 041 637 37 26
-----
Zum Thema Vorurteile
Karla Kunz
Beim Lesen der letzten Weg-Ausgabe fiel mir eine Geschichte
aus meiner Anfangszeit als Telefonistin wieder ein, deren Erleben
mir sehr weitergeholfen hat:
Es begegnete mir nämlich einmal ein Herr mit einer Fistelstimme.
Wenn so jemand spricht, klingt es, als würde eine Frau sprechen.
Diese Stimme verunsicherte mich völlig. Und plötzlich begriff ich:
So geht es den Sehenden, wenn sie dir begegnen. Für sie ist ein
Leben ohne Augen häufig schlicht unvorstellbar.
Seit diesem Erlebnis verstehe ich die sehenden Menschen in
ihrer Unsicherheit mir gegenüber viel besser!
----Inserat: Jubiläumsfest der Sektion Freiburg
Jubiläumsfest der Sektion Freiburg 100 Jahre SBV am Samstag
27. August 2011, von 9–22 Uhr auf dem Georges-Python-Platz in
der Stadt Freiburg.
Wir montieren den längsten Blindenstock der Welt (zirka 25 m)
und wollen einen Eintrag ins Guiness-Buch der Rekorde
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bewirken. Gratis Verpflegung für alle.
Sektion Freiburg des SBV, Postfach 74, 1720 Corminboeuf,
[email protected]
Inserat: MEZZO
MEZZO
Elektronische Grossflächenlupe mit High Definition-Bildqualität.
Durch die leichte und handliche Bauweise eignet sich das System
besonders für den privaten Bereich und im Haushalt. Das Gerät
lässt sich einfach zusammenklappen und in der mitgelieferten
Tasche transportieren.
Ramstein Optik
Sattelgasse 4 4001 Basel Tel. 061 261 58 72 www.ramsteinoptik.ch/lowvision
-----
Verband
Aktuelles aus dem SBV
Jean-Marc Meyrat
Ein Interview mit SBV-Zentralsekretär
Kannarath Meystre
«der Weg»: In der aktuellen Ausgabe der Verbandszeitschrift geht es um das Hotel
Solsana. Wie sieht die Haltung des SBV zum Hotel aus?
Kannarath Meystre: Bisher konnte kein Partner gefunden werden.
Der 2010 von der Delegiertenversammlung für diesen Fall
beschlossene Verkauf der Solsana muss natürlich überdacht
werden. Meiner Meinung nach war die einjährige Frist, die dem
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Verwaltungsrat der Solsana hierfür im vergangenen Jahr gesetzt
wurde, zu kurz. Es stellt sich jetzt die Frage, ob wir diese Frist um
ein oder sogar zwei Jahre verlängern. Parallel dazu muss der
Verwaltungsrat eine genaue Planung der Etappen für die
Renovierung des Hotels vorlegen, damit es endlich wieder
schwarze Zahlen schreibt, vor allem aber sein Engagement für
sehbehinderte Gäste deutlich macht, und zwar mit attraktiven
Preisen, einem besonderen Augenmerk für ihre Bedürfnisse und
ihrer Einstufung als ganz normale Gäste, die lediglich aufgrund
eines Vertrages zwischen dem Hotel und dem SBV in den
Genuss eines Zuschusses kommen.
Die unvermeidliche Preisanhebung der Solsana zwingt den SBV,
andere Häuser und andere Kurskonzepte in Betracht zu ziehen,
um die Dienstleistung weiter anbieten zu können. Trotz seiner
relativ abgelegenen Lage wird der SBV bei gleichem Angebot
selbstverständlich weiterhin dem Hotel Solsana den Vorzug
geben.
«der Weg»: Müsste man nicht neben der Solsana auch über andere Ferienziele für
unsere Mitglieder nachdenken?
Kannarath Meystre: Ich bin überzeugt, dass auch andere Hotels
für sehbehinderte Gäste geeignet wären, denn für unsere
Mitglieder geht es dabei eher um den Service und eine auf ihre
Behinderung abgestimmte Betreuung als um einfache
Massnahmen wie einen behindertengerechten Zugang zum
Gebäude. Unter diesem Gesichtspunkt müsste der SBV sich
mehr dafür einsetzen, dass die Hotelfachschulen die spezifischen
Probleme im Umgang mit sehbehinderten Gästen in die
Ausbildung aufnehmen, um künftiges Hotelleriepersonal dafür zu
sensibilisieren.
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«der Weg»: Was sagst Du zur Streichung der Animation in der Solsana?
Kannarath Meystre: Wir sollten zunächst einmal klären, was wir
von einem Animator erwarten. Ist der Grund für diesen Service
die Behinderung der Gäste oder will das Hotel damit sein Angebot
attraktiver machen? Ich denke, wenn dem Hotel die treuen
Kunden wichtig sind, deren Besonderheit die Sehbehinderung ist,
dann müsste es auch eine Dienstleistung anbieten, mit der es
seine Gäste an sich binden kann.
Werden aber die Mehrkosten für einen Animator oder eine
Animatorin direkt durch die Problematik der Sehbehinderung
verursacht, muss der SBV selbstverständlich über diese Frage
nachdenken und diese Leistung gegebenenfalls finanzieren.
Eines der Ziele des SBV ist es ja, Sehbehinderten möglichst viel
Autonomie zu ermöglichen, unter anderem damit, dass sie in
diesem Haus individuelle Ferien verbringen können. Und dazu
gehört logischerweise eine angemessene Begleitung.
«der Weg»: Welche Bilanz ziehst Du nach acht Monaten als Generalsekretär?
Kannarath Meystre: Ich würde sagen, wir haben mittlerweile
einen vernünftigen Arbeitsrhythmus gefunden. Die meisten
Posten sind neu besetzt, und die finanzielle Situation des SBV
sieht recht positiv aus.
«der Weg»: Einige Mitglieder beklagen ja, es gebe zuviel Personal. Was sagst Du
dazu?
Kannarath Meystre: Dabei ist zunächst zu bedenken, dass die
Aufstockung des Personals im Wesentlichen durch die
Entscheidungen des Zentralvorstands und der
Delegiertenversammlung bedingt ist, unter anderem wegen der
Eröffnung weiterer Ateliers und der Wiederaufnahme von
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Beratungsstellen. Wir haben knapp 110 Mitarbeitende, von denen
70 mit direkten Dienstleistungen für Sehbehinderte beschäftigt
sind, etwa in den Beratungsstellen, Ateliers und in der
Interessenvertretung. Darüber hinaus gibt es die
Geschäftsleitung, die Finanzverwaltung und die Kommunikation,
zu der auch die Mittelbeschaffung gehört – all die Posten, die das
Bundesamt für Sozialversicherungen nicht berücksichtigt, weil es
sich nicht um unmittelbare Dienstleistungen für Sehbehinderte
handelt. Von den 110 Mitarbeitenden, die sich auf 75
Vollzeitstellen verteilen, sind derzeit 25 sehbehindert. Mein Ziel ist
es, den Anteil blinder und sehbehinderter Mitarbeitender zu
erhöhen, doch kann und darf die Sehbehinderung nicht die
primäre Qualifikation darstellen.
«der Weg»: Wie stellst Du Dir die Zukunft des SBV vor?
Kannarath Meystre: Ich wünsche mir, dass wir diese ständigen
Geldsorgen los werden. Wie sollen wir uns 2014 verhalten, wenn
der derzeit verhandelte Leistungsvertrag ausläuft?
Wird das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) den SBV
weiterhin subventionieren? Und wenn ja, in welcher Form? Wie
können wir die Finanzierung unserer Ateliers gewährleisten? Wie
können wir unser strukturelles Defizit abbauen? Wie können wir
die Personalkosten senken, ohne die Leistungen für unsere
Mitglieder einzuschränken? Welches Bild wollen wir anderen von
uns vermitteln? Werden wir weiterhin Projekte einleiten, ohne
ihren Fortbestand abzusichern? Welche Leistungen können wir
unseren Mitgliedern bieten, ohne dass es grundsätzlich ins Geld
gehen muss? Das könnten beispielsweise Vereinbarungen mit
Telefonnetzbetreibern oder anderen Dienstleistungsbetrieben
sein, für die Sehbehinderte eine besonders attraktive Zielgruppe
darstellen. Und was ist mit den Hilfsmitteln? Schliesslich sind wir
auf diesem Gebiet per se die Experten!
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(Bildlegende)
Kannarath Meystre, Zentralsekretär des SBV. (Foto: Naomi
Jones)
----Inserat: Hotel Solsana
schlafen, dormir
geniessen, se régaler
erleben, découvrir
Hotel Solsana
Unterbort, Solsanastrasse 15
CH-3792 Saanen - Gstaad
Tel: +41(0) 33 748 94 94
[email protected] | www.solsana.ch
Ferienhotel für Erholung, Sport und Plausch. Speziell eingerichtet
für blinde- und sehbehinderte Gäste. Das ganze Haus ist zudem
rollstuhlgängig.
Einzigartige Infrastruktur für Seminare, Anlässe und Bankette
jeder Größe und jeder Art.
Lassen Sie sich auf die besondere Weise verwöhnen und
genießen Sie das unvergessliche Ambiente mit erschwinglichen
Preisen und außerordentlichen Leistungen.
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Wer reich ist, kann sich nicht vorstellen, dass es Armut gibt
Fabio Züger
Es ist nicht alles Gold, was glänzt
Das Geschäftsjahr 2010 schloss unser Verband mit einem
operativen Gewinn von 5,6 Millionen Franken ab. Sicher werden
sich einige von Ihnen nun fragen: «Wie bitte? Seit Jahren predigt
der ZV, wir müssten dringend sparen, um das strukturelle Defizit
unseres Verbands zu verringern. Und jetzt? Jetzt präsentiert er
uns frech einen Jahresabschluss, der wie von Zauberhand ein
Plus von 5,6 Millionen ausweist!»
Doch der Schein trügt leider. Das positive Ergebnis für 2010
beruht auf einem aussergewöhnlichen Umstand, nämlich
Vermächtnissen in Höhe von rund 9,5 Millionen! Rechnen Sie
selbst nach: Wo wäre unser Vorjahresergebnis ohne den warmen
Regen, der 2010 die üppigsten Erbschaften des letzten
Jahrzehnts in unsere Kassen fliessen liess?
Ich schlage vielmehr vor, dass wir uns die Entwicklung der letzten
elf Jahre im Detail ansehen, also von 2000 bis 2010.
Äpfel mit Birnen vergleichen
Der Vergleich der Rechnungslegung mehrerer Jahre ist eine
heikle Sache. Schon der Vergleich mit den Vorjahresdaten aus
Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung erfordert grosse
Sorgfalt. Sprunghafte Abweichungen, die uns schnell zu allen
möglichen Mutmassungen verleiten, entstehen nicht selten durch
die Umstellung auf eine andere, bessere Art der Erfassung, bei
der lediglich ein Buchungskonto wächst und ein anderes
schrumpft, während Einnahmen und Ausgaben in Wahrheit gleich
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bleiben.
Über einen Zeitraum von elf Jahren ist ein solcher Vergleich noch
viel heikler, oft sogar riskant.
Trotzdem werde ich versuchen, Äpfel mit Birnen zu vergleichen,
denn ich glaube, die erkennbaren Entwicklungen erhellen die
Hintergründe für die finanzielle Misere unseres Verbands ebenso
wie die Herausforderungen, die sich aus ihnen ergeben und die
es zu meistern gilt.
Trägt der Pizzo di Claro seinen Hut, wird’s Wetter schlecht oder
gut; setzt er ihn aber ab, wird es schön – oder auch nicht
(Bauernregel aus der italienischen Schweiz)
Von 2000 bis 2010 wies unser Verband nur fünfmal ein positives
operatives Jahresergebnis aus. Das waren die fetten Jahre: die
vier Jahre von 2003 bis 2006 sowie 2010. Allerdings gab es
genauso viele magere Jahre, nämlich von 2000 bis 2002 (wobei
diese Phase tatsächlich schon früher eingesetzt hatte) und die
drei Jahre von 2007 bis 2009.
Vergleicht man die Höhe dieser Erträge mit den erhaltenen
Vermächtnissen, braucht es keine höhere Mathematik, um eine
Regel abzuleiten: In den fetten Jahren flossen umfangreiche
Erbschaften in die Kasse, in den mageren nur bescheidene.
Die Schere zwischen laufenden Kosten und laufenden
Einnahmen
Bei genauerem Hinsehen erkennt man in der Entwicklung der
Verbandsfinanzen, insbesondere bei der Höhe der Vermächtnisse
und operativen Ergebnisse, einen Trend.
Zu Beginn des Jahrzehnts reichten Erbschaften in Höhe von zwei
Millionen Franken aus, um den Haushalt auszugleichen. Am Ende
des Jahrzehnts ist dazu das Doppelte erforderlich. 2010 konnten
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wir dank der Erbschaften in Höhe von 9,5 Millionen einen
operativen Ertrag von 5,6 Millionen erwirtschaften. Das bedeutet,
dass wir von der geerbten Summe von vornherein rund vier
Millionen verbraucht haben.
Die massive Ausweitung der Dienstleistungen wurde weder durch
eine entsprechende Erhöhung der laufenden Einnahmen noch
durch die Abschaffung anderer Leistungen aufgefangen. Deshalb
ist unser Verband immer dringender auf Vermächtnisse
angewiesen – bleiben sie aus, muss er auf seine Rückstellungen
zurückgreifen.
Der Dienstleistungsboom
Die Personalkosten haben sich innerhalb der zehn Jahre von
2000 bis 2009 mehr als verdoppelt, nämlich von 5,7 auf 11,7
Millionen. Berücksichtigt man die bereits erwähnten
buchungstechnischen Änderungen, ist diese Zunahme zwar unter
Vorbehalt zu sehen, doch hat im Laufe des letzten Jahrzehnts in
unserem Verband zweifellos ein echter Dienstleistungsboom
stattgefunden.
Erstens: Am 1. Januar 2001 nahm das Atelier in Lausanne seine
Tätigkeit auf, am 1. November desselben Jahres das Atelier in
Bern, und 2007 dasjenige in Zürich. Seit dem Jahr 2000 stieg die
Zahl der Ateliers also von zwei (Luzern und St. Gallen) auf fünf.
Zweitens: 2004 wurden die Beratungsstellen der Zentralschweiz
zur Fachstelle Sehbehinderung Zentralschweiz (fsz) in Luzern
zusammengelegt. Diese Aufstockung wurde nur teilweise
kompensiert durch die gleichzeitige Schliessung der
Beratungsstelle in Lausanne. 2007 übernahm der SBV die
Beratungsstelle in Sion. Insofern wurde auch der Bereich
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Beratung und Wiedereingliederung – beides traditionelle
Kernsektoren unserer Verbandstätigkeit – seit dem Jahr 2000
erheblich ausgebaut.
Drittens: Am 1. Dezember 2007 beschloss der ZV die Abtrennung
der Interessenvertretung vom Marketing und schuf damit zwei
Abteilungen.
Schwächelnde Einnahmen
Die laufenden Einkünfte, die der SBV durch die Ausweitung
seiner Aktivitäten generiert, sind zwar willkommen, halten jedoch
mit den laufenden Ausgaben nicht Schritt. Warum?
Durch die wachsende Verschuldung der Invalidenversicherung
(IV) und die Neugestaltung des Finanzausgleichs und der
Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) wurden die
Karten neu gemischt. Die Finanzierung der Ateliers, nun Sache
der Kantone, wird schwieriger und komplexer, diejenige der
Beratungsstellen sogar so gut wie eingefroren, denn es ist
unmöglich geworden, weitere Mittel für neue Dienstleistungen zu
erhalten. Auch der von der IV abgedeckte Anteil der SBVPersonalkosten hat sich immer weiter verringert und liegt derzeit
nur noch bei 50%.
Andererseits zeichneten sich in den letzten zehn Jahren bei den
Fundraising-Kampagnen deutliche Schwankungen ab, doch ist
kein Trend zu einer generellen Steigerung erkennbar. So
entsprachen beispielsweise die 2010 generierten Einnahmen dem
Durchschnitt des Jahrzehnts.
Diese Trends wurden dadurch verschärft, dass innerhalb des
Verbands keine Übereinstimmung darüber erzielt werden konnte,
ob und wie der Selbstfinanzierungsgrad der Dienstleistungen
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erhöht bzw. die Leistungen reduziert oder abgeschafft werden
sollten.
Die Divergenz und ihre Folgen
Diese Ungleichgewichtung hat unseren Verband wiederholt in
Krisen gestürzt. Schon zwei Jahre mit lediglich bescheidenen
Vermächtnissen reichten aus, und wir mussten spürbar auf
unsere Rückstellungen zurückgreifen. 2007 und 2008 wurden
Rückstellungen in Höhe von über fünf Millionen Franken
aufgezehrt.
Ich erinnere an das 2007 von der Stiftung auf den Verband
übertragene Vermögen mit einem Buchwert von 17 Millionen
Franken. Darüber hinaus behindert eine solche Situation mittelund langfristig in starkem Masse die Weiterentwicklung des
Verbands und könnte sogar sein Überleben in Frage stellen.
Wer reich ist, kann sich nicht vorstellen, dass es Armut gibt
Als ich im letzten Jahr vor der Delegiertenversammlung die
Verbandsbilanz und Erfolgsrechnung für 2009 erläuterte, empfahl
ich eine Ausgleichung zwischen laufenden Einnahmen und
Ausgaben, damit wir grössere Erbschaften für die Zukunft
zurücklegen können.
Leider lehnten die Delegierten die Vorschläge des
Zentralvorstands für eine Minderung des strukturellen Defizits im
Wesentlichen ab. Das überrascht im Grunde nicht, denn Sparen
fällt schwer, wenn man gerade von einer millionenschweren
Erbschaft erfahren hat. Giuseppe Gioacchino Belli gab einem
seiner Gedichte in der römischen Volkssprache den Titel «Panza
piena nun crede ar digiuno»: Ein voller Bauch glaubt nicht, dass
andere fasten, oder auch: Wer reich ist, kann sich nicht vorstellen,
dass es Armut gibt.
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Bevor ich meine Tätigkeit als Finanzverwalter im Zentralvorstand
niederlege, halte ich es
für meine Pflicht, daran zu erinnern, dass die Schere zwischen
laufenden Einnahmen und Ausgaben sich keineswegs
geschlossen hat. Im Gegenteil: Gelingt es nicht, den Abstand zu
verringern, werden sich seine verhängnisvollen Konsequenzen
künftig bemerkbar machen.
Wenn jemand alles verprasst, bis er arm wie eine Kirchenmaus
ist, sagt man im Dialekt des Tessiner Bleniotals, in Aquila und
Olivone: «Maiá fòra rèff e pèzza.» Diese Wendung passt meiner
Meinung nach auch hier sehr gut, denn wenn man alles ausgibt,
hat man zum Schluss nichts mehr übrig, um Löcher zu stopfen
und für schlechte Zeiten vorzusorgen.
Wollen wir das wirklich?
(Bildlegende)
Fabio Züger, Mitglied des Zentralvorstandes. (Foto: Pierre-William
Henry)
----Inserat: Atelier Bern
Wir feiern!
Freitag, 27. Mai 2011 von 14.00 - 20.00 Uhr
10 Jahre Atelier Bern
für blinde und sehbehinderte Menschen
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Federweg 22 3008 Bern Tel 031 381 46 07
Einblick ins Federweg-Angebot
Dunkelzelterlebnisse
Spielen auf der Strasse
Verkauf von Werkprodukten
Bruno’ Happysound
Reichhaltige Verpflegungsmöglichkeiten
Gemütliche Kaffeestube
Auf ihren Besuch freuen wir uns!
Inserat: Symposium zur Einschränkung des Sehvermögens
Einschränkung des Sehvermögens und Rehabilitation aus
affektiver, sozialer, neurowissenschaftlicher und technologischer
Sicht.
Symposium im Auditoire Jenny, Hôpitaux Universitaires de
Genève (HUG),21.- 23. September 2011
Organisation: Prof. Avinoam B. Safran, Dr. André Assimacopoulos
unter Mitarbeit von Prof. José-Alain Sahel, Direktor des Institut de
la Vision in Paris
Information und Anmeldung: www.abage.ch
Sprache französisch; englische Übersetzung möglich
Association pour le Bien des Aveugles et malvoyants
Bourg-de-Four 34, CH-1204 Genève Tél.: +41(0)22 317 79 10
Fax: +41(0)22 317 79 11 mail: [email protected] CCP: 12872-1
-----
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55/64
Ein unvergesslicher 1. August auf dem Rütli
Remo Kuonen, Zentralpräsident
100 Jahre SBV: gemeinsam sehen wir mehr!
Mit diesen Zeilen lade ich alle von einer Sehbehinderung
betroffenen Personen ein, am 1. August 2011 auf der
legendären Rütliwiese, an einer Begegnung, die 500 blinde
und sehbehinderte Personen und ihre Begleitenden vereint,
teilzunehmen.
Auf Initiative der SBV-Sektion Zürich und in Zusammenarbeit mit
der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG) sind
alle Menschen mit einer Sehbehinderung, unabhängig von einer
Mitgliedschaft in einem Verband, zu diesem ausserordentlichen
Anlass eingeladen. Einzig die Reise bis Luzern fällt zu deren
Lasten.
Solidarität unter betroffenen Menschen
Das 1. August-Fest auf dem Rütli erhielt in den letzten Jahren
eine grosse Aufmerksamkeit durch die Medien. Somit ist es für
uns eine einmalige Gelegenheit, Solidarität und Einheit unter
betroffenen Personen zu bezeugen.
Folgen Sie unserer Einladung und nehmen Sie an einem für die
Welt der Blinden und Sehbehinderten historischen Tag teil!
Sie erhalten Ihre persönliche Einladung, die alle Informationen
und Einschreibeformalitäten enthält, auf der Antenne romande
des SBV, rue de Genève, 1004 Lausanne. Tel: 021 651 60 60,
[email protected]
Information
Im Jahre 1291 gründeten gemäss der Legende Werner
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Stauffacher von Schwyz, Walter First von Uri und Arnold von
Melchtal aus Unterwalden auf dem Rütli mit ihrem Schwur die
Eidgenossenschaft.
1859 kaufte die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft
(SGG) die Rütliwiese mit Spendengeldern und übergab sie als
unveräusserliches Nationaleigentum der Schweizerischen
Eidgenossenschaft unter dem Vorbehalt, das nationale Symbol zu
verwalten. Viele wichtige und geschichtsrelevante Anlässe fanden
in der Folge auf dem Rütli statt. Der Rütlirapport mit General
Guisan 1940 ist nur einer davon.
In den letzten Jahren wurden die 1. August- Feiern vermehrt von
Rechtsextremen gestört, was die SGG zu einem restriktiven
Ticketingprozedere nötigte. Die Störungen haben durch die
Restriktionen wieder abgenommen, und werden dem SBV eine
ruhige Veranstaltung ermöglichen.
Korrigendum
Im Artikel «Jubiläumsfeier des SBV am 1. August auf dem Rütli»
in «der Weg 2/2011» wurde bedauerlicherweise die
Panalotosflöte als «Panalotusflöte» bezeichnet, was nicht korrekt
ist. Weitere Informationen finden sich auf www.martin-meyer.ch.
Veranstaltungen
Sektion Aargau-Solothurn
3.–5.6.
07.06.
Literatur im Dunkelzelt an den Solothurner
Literaturtagen. Programm: www.literatur.ch. Info: Urs
Kaiser, 032 621 50 30
Kaffeetreff in der Aarauerstube, Bahnhof-strasse 78, in
Aarau von 14.15–16.15 Uhr. Auskunft: Verena Müller,
062 721 51 67
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57/64
14.06.
03.07.
05.07.
2. Etappe Klangweg Toggenburg. Anmeldung bis 4.6.
bei: Verena Müller, 062 721 51 67
Mit Ross und Wagen durchs Gürbental;
Sektionsausflug. Anmeldung bei: Verena Müller, 062
721 51 67
Kaffeetreff in der Aarauerstube, Bahnhof-strasse 78, in
Aarau von 14.15–16.15 Uhr. Auskunft: Verena Müller,
062 721 51 67
Sektion Berner Oberland
09.06.
09.06.
27.05.
24.06.
29.07.
20.08.
Kegeln mit der Frei-zeitgruppe im Hotel Solsana,
Theresia Thierstein, Tel. 033 222 99 20
Selbsterfahrungsgruppe, Hans-Ulrich Lüthi, Tel. 033
453 14 22
Freitagstreff, Yvonne Albisser, Tel. 033 437 25 82
Freitagstreff, Yvonne Albisser, Tel. 033 437 25 82
Freitagstreff, Yvonne Albisser, Tel. 033 437 25 82
Sommerausflug zum Schwarzsee, Helga Gygax, Tel.
033 744 63 06 u
Sektion Biel
28.05
08.06.
100-Jahr-Feier SBV in Biel. Festzelt und Dunkelzelt auf
dem Strandboden hinter Park Cafe. Kontakt: Ester
Weber Tel. 032 331 97 18, Oskar Flückiger, Tel. 032
365 68 07
Nachmittagshöck im Restaurant Büttenberg in Biel, von
14.00–17.00 Uhr
Sektion Freiburg
14.06.
Wanderung von Courtepin bis Düdingen. Auskunft:
Ernst Etter, 026 674 10 15
D:\68623361.doc
58/64
02.07.
12.07.
Jahresausflug zum «Pré Curieux» in Evian. Auskunft
Françoise Déglon, 027 283 12 51
Wanderung von Yvonand nach Cheyres. Pizza-Essen
auf dem Bauernhof. Auskunft: Andrea Zullo, 026 672 14
52
Sektion Ostschweiz
04.07.
07.08.
08.08.
Stamm Rest. Brasserie, ab 19.00 Uhr beim HB St.
Gallen
Wanderung, 08.45 Uhr bei Appenzellerbahn am HB St.
Gallen, ohne Anmeldung, weitere Info: 14 Tage vorher
auf Televox
Stamm Rest. Brasserie, ab 19.00 Uhr beim HB St.
Gallen
Sektion Zürich
28.05.
01.06.
05.06.
18.06.
25.06.
D:\68623361.doc
Samstags-Lunch: «Konzeptpräsentation des SBVAteliers» Rest. Schibli Uster, 11.30–13.30 Uhr
Anmeldung bei Urs Lüscher 044 940 93 10 oder
[email protected]
Wandergruppe Merkur Greifenseewanderung.
Anmeldung bei Maya + Gilbert Monnerat, Tel. 044 741
23 49 (Ersatzdatum 06.07.)
Wandergruppe Soleblitz Husemersee, Trüllikon,
Ossingen Anmeldung bei Marianne + Walti Ogi, Tel.
044 432 28 28 (Ersatzdatum 09.07.)
Wandergruppe Sunshine Basel–Kandern
(Südschwarzwald)Giovanni Pasqualotti, Tel. 044 390
11 83 (Ersatzdatum 23.07.)
Samstags-Lunch: Was kann ein Handy mit
Sprachausgabe alles? Rest. Schibli Uster, 11.30–13.30
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Uhr. Anmeldung bei Urs Lüscher 044 940 93 10 oder
[email protected]
28.06.
Kontaktgruppe Enge. Kirchgemeindehaus Enge,
Zürich, 14.00–16.00 Uhr
15./16.07 Infovision Zürich Universitätsspital Zürich, Augenklinik
Nordtrakt II. Ausstellung von Hilfsmitteln. Keine
Anmeldung nötig.
01.08.
100-Jahre SBV auf dem Rütli.
Weitere Informationen über die Sektionsaktivitäten finden Sie
stets aktuell auf unserem telefonischen Informationssystem
Televox 031 390 88 88 oder auf www.blindenverband.ch u
Permanentes Angebot
Atelier Bern, Federweg 22, 3008 Bern,
031 381 46 07, [email protected]
Atelier Luzern, Allmendstrasse 5, 6048 Horw,
041 240 11 24, [email protected]
Atelier St. Gallen, Schachenstr. 9, 9016 St. Gallen, 071 288 60 11,
[email protected]
Atelier Zürich, Moosmattstr. 30, 8953 Dietikon, 044 740 27 40,
[email protected]
Kreativgruppen in Aarau, Basel, Bern, Biel, Burgdorf, Chur,
Freiburg, Luzern, Lyss, Meiringen, Rapperswil, Spiez, Thun,
Winterthur und Zürich. Weitere Informationen zu Kursleitung, Ort
und Zeit: Christina Arnold,
31 390 88 29, [email protected] t
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Korrigendum
Leider sind die Daten für die Infovisionen in der letzten Ausgabe
von «der Weg» durcheinander geraten. Richtig lauten sie:
• 15. und 16. Juli: Info-Vision in Zürich
• 16. und 17. September: Info-Vision in
St. Gallen
• 7. und 8. Oktober: Info-Vision in Chur
• 4. und 5. November: Info-Vision in Basel
----Inserat: Atelier St. Gallen
Atelier St. Gallen
Schachenstrasse 9
9016 St. Gallen
Tag der offenen Tür
Samstag 18. Juni 2011 9.30 bis 16.00 Uhr
Mit verschiedenen Attraktionen – Tastwettbewerb, Vorstellen von
Arbeiten, Verkauf der Atelierprodukte.
Festwirtschaft (Essen 11.30 – 13.30 Uhr)
Kaffee und Kuchen
----Tag des weissen Stockes 2011 – Sehbehinderung und
Blindenstock
Hervé Richoz
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Wer kennt sie nicht, die zahllosen Urteile und Vorurteile, die
laut werden, sobald wir unseren Langstock zusammengelegt
und dann die Zeitung aus der Tasche genommen haben. Die
Leute in unserer unmittelbaren Nähe sind verwundert, denn
die meisten dachten ja, wir könnten gar nichts sehen.
Um der Öffentlichkeit die unterschiedlichen Facetten einer
Sehbehinderung sowie Sinn und Zweck der diversen Arten von
Blindenstöcken bewusst zu machen, bereitet der
Steuerungsausschuss zum Tag des weissen Stockes der
Partnerverbände SBV, SBb, Unitas und SZB folgendes Thema für
den 15. Oktober vor: die Funktion des weissen Stockes und seine
Wahrnehmung durch das Umfeld. «Weisser Stock – und doch
sehend?» lautet der Slogan für die Kampagne 2011, der
Untertitel: «Sehbehinderung hat viele Facetten».
Zwischen Sehen und Nichtsehen
Für Betroffene ist der 15. Oktober eine Gelegenheit, sich der
breiten Öffentlichkeit mitzuteilen. Sie können Begegnungen
suchen, und sich über die jeweiligen Themenschwerpunkte
austauschen. Der Steuerungsausschuss nimmt die Vorschläge
und Anregungen von Menschen mit einer Sehbehinderung gerne
entgegen und lässt sie in die Aktionen einfliessen. Die Projekte
werden in Zusammenarbeit mit den Sektionen des SBV, der
Regionalgruppen des SBb und mit Unterstützung der
Beratungsstellen umgesetzt.
In diesem Jahr fällt der 15. Oktober auf einen Samstag. Das
heisst, dass auf den Märkten und in den Einkaufszentren weit
mehr Familien mit Kindern anzutreffen sind als sonst. Das Thema
ist so weit gefasst, dass jedes Mitglied und jede Sektion nach
eigenen Vorstellungen und Ressourcen eine kleine Aktion
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organisieren kann.
Der Steuerungsausschuss unterstützt Mitglieder und Sektionen,
die sich aktiv an den Aktionen beteiligen möchten. Er aktualisiert
kontinuierlich die Website (www.weisser-stock.ch), macht
Vorschläge für Aktionen, erstellt Flyer und Poster zum Thema,
damit in der gesamten Schweiz eine einheitliche Botschaft
vermittelt wird.
Ihre Ansprechpartner beim SBV sind Hervé Richoz
([email protected]) für die
Romandie und Olivia Bader ([email protected]) für die
Deutschschweiz.
Impressum
Offizielle Zeitschrift des Schweizerischen Blinden- und
Sehbehindertenverbandes (SBV) im 98. Jahrgang.
Erscheint sechsmal im Jahr in Grossdruck, in Braille, im DAISYFormat, im Elektronischen Kiosk, teilweise auf www.sbv-fsa.ch
sowie auf Bestellung per E-Mail (ohne Fotos) in Deutsch und
Französisch («clin d’œil»).
Herausgeber: SBV
Redaktion: Naomi Jones und Jean-Marc Meyrat
Umschlaggestaltung: Büro Grotesk.cc
Layout: Claudia Holzer, Ediprim AG, Biel
Übersetzungen: USG Übersetzungs-Service AG
Druck: Ediprim AG, Biel/Bienne
Druck auf umweltfreundliches FSC-Papier
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Brailleumwandlung und -druck:
Hanni Wüthrich, Anton Niffenegger
DAISY: Paul Güntert Tonstudio
ISSN (Schwarzschrift): 1422-0490
ISSN (Blindenschrift): 1422-0504
Für Mitglieder des SBV: gratis. Jahres-abonnement für
Nichtmitglieder:
Fr. 28.– (Inland), Fr. 34.– (Ausland). Postkonto: 30-2887-6
Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe: 10. Juni 2011
Thema: Schulische Integration
Das Erscheinungsdatum der nächsten Ausgabe verschiebt sich
aufgrund der DV um eine Woche.
Redaktion «der Weg / clin d’œil» Schweizerischer Blinden- und
Sehbehindertenverband,
Gutenbergstrasse 40b, 3011 Bern,
Tel. 031 390 88 00; Fax 031 390 88 50 [email protected],
www.sbv-fsa.ch
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