Prof. Dr. Dr. Michael N. Ebertz (zus. mit Anja Schenk, Florian Haug, Kathrin Reich, Julia Kirchmann) Typen-Profile kirchlicher Jugendarbeit – Ein Versuch Orientierungstypen Leitmotiv Spirits Gottes Wort ernst nehmen; Glauben erleben Gottesliebe Humans Erlebnis im sozialen Engagement Funs Beheimatung und Beziehungsspaß Nächstenliebe, Gemeinwohl, Umwelt Gott, Familie, Freunde theozentrisch: erschließt sich insbesondere in der glaubenden Begegnung mit Gott Familie und Freunde Sympathie, Genuss, Unterhaltung, Konventionalität Freunde und Familie Lebensziele Gottes Anspruch gerecht werden Lebenshaltung, Lebensführung bewusst leben; vom Lebensende her denken: eschatologisch Latente Leitfigur Zeitorientierung Prophet, Missionar Zukunft Freizeitinteresse explizit religiös; Treffen mit religiösen Gesinnungsgenossen ablehnend; asketisch Familie gründen und Beruf ergreifen, der materielle Sicherheit bietet selbstzufrieden sein; das Leben nehmen, wie es ist/kommt, und versuchen, es ohne viel Aufwand so angenehm wie möglich zu gestalten Diakon, Sozialpädagoge Lebenskünstler Zukunft Gegenwart und Vergangenheit breites Spektrum an Freundescliquen; Sport; Hobbys; Präferenz für Kino; Spiel; Unterhaltung, Aufenthalt in Natur Aufenthalt in Natur; auf Festen moderat akzeptierend; wertschätzend sportlich expressiv (auspowern) Leitwerte Höchstrelevanz Lebenssinn Genussmittel (z. B. Alkohol) Körper Ästhetische Präferenz Spitzenerlebnis ist sekundär, aber nicht abgewertet; impressiv Konzentration, Kontemplation Religiöse Megaevents im Dialog über Glaube und Gott (allerdings außerhalb der KJA) soziozentrisch: erschließt sich insbesondere in den sozialen Beziehungen und in der Arbeit mit Menschen Für andere da sein, ohne sich selbst dabei aufzugeben sich stets weiterentwickeln, in die Zukunft investieren biozentrisch, vitalistisch: erschließt sich im Leben selbst Erhöhtes Aktionspotential für andere Gemütlichkeit und Action, Spannung ausagieren; maximales egoistisches Erlebnis Sommerlager Sportturniere, Parties, Treffen mit anderen Mitgliedern von Jugendverbänden Sommerlager; Aktionen der Jugendverbände; außergewöhnliche religiöse Feiern Formaler Bildungsschwerpunkt Realschule Gymnasium Distinktion Ungläubige; ungläubige Kirchenmitglieder Disengagement Realschule und Gymnasium; auch Hauptschule Unflexibilität und Verbissenheit; „Verklemmte“, „Hiphopper“, Spirits; Stadtmenschen; „Gangster“ Religion Selbsttranszendenz Ruhe Bergsport Gottesthema Gottesglaube explizit stark und ‚vordergründig’ präsent im Erleben; Erlebnis der Gottesnähe Gott als Schöpfer, Beschützer, Fordernder; erlebbar ‚unter uns’ implizit und explizit stark, eher ‚hintergründig’ präsent Gotteserfahrung Gottesbild im Mitmenschen und Denken Gott als Bruder, Vater und Beschützer, erlebbar in Natur, im Mitmenschen, als innere moralische Instanz (Gewissen) ‚Spiele ohne Grenzen’, (action- und körperbetonte gemeinschaftliche Grenzerfahrungen) teilweise tabuisiert schwach, privatisiert und intimisiert; agnostizierende Tendenz allenfalls im Gefühl Gott als Ordnungshüter, Vater und Beschützer, gefühlsmäßig ahnbar Kirche Kirchenbild Erwartungen an Kirche/-ngemeinde Erwartungen an Sonntagsgottesdienste ‚überkonfessionell’ Vorbildfunktion für Jugend eher so lassen dynamisch Handlungsspielraum; Objekt von Reformen ästhetisch abwechselungsreicher Jugendgottesdienste stark gewünscht; moderne Musik; Vorsteher muss nicht Priester sein eher negativ stark gewünscht; mehr thematische Relevanz für Jugendliche Erfahrungen mit Priestern Erfahrungen mit anderen Hauptamtlichen in der Pastoral Erfahrungen mit anderen Ehrenamtlichen in Kirchengemeinde Erwartungen an Erwachsene positiv: Gespräche über Weltanschauliches eher negativ; sind zu wenig fromm christlichen Glauben leben und teils positiv/teils negativ wenn HA (z. B. Gemeindereferentinnen) vorhanden, dann positiv eher negativ; lassen zu wenig Freiraum für Umsetzung eigener Ideen Anerkennung; Unterstützung auf traditionell Ressourcen; Sicherung von Unabhängigkeit weniger steif, ernst und langweilig; ästhetisch lockerer und abwechselungsreicher stark gewünscht; aktueller, sollen begeistern und mitreißen teils negativ (Pfarrer)/teils positiv (Jugendpfarrer) wenn HA (z. B. Gemeindereferentinnen) vorhanden, dann positiv eher negativ (Kirchengemeinderat); fehlt Mediator Gewähren und in Ruhe lassen; Unterstützung auf weitervermitteln Kirchenkritik Kritik an Kirchengemeinde Kirchenmitglieder nicht gläubig genug, zu lasch, keine Vorbilder im Glaube zu wenig christliches Vorbild Nachfrage, v. a. durch Nachfrage (v. a. Mediation Hilfe beim Organisieren bei Konflikten); Anerkennung für traditionsbezogenes Engagement undemokratisch, zu Kirche als Altenheim und wenig zeitgenössisch Spielverderberin zu wenig kompetente Unterstützung zu wenig Anerkennung und Autonomie Kirchliche Jugendarbeit Hauptzweck Sichtbare religiöse Kommunikation, Reflexion und Sozialisation; neugierig machen auf Gott Erziehung zum richtigen Glauben; Gewinnung von Neuchristen; Aufbau einer religiösen Plausibilitätsstruktur Ganzheitliche Bildung in Gemeinschaft und Aktion (für andere) Geselliges Zusammensein, Spaß aneinander im gegenseitigen Kontakt; Aktionen (für sich selbst) Partizipation, Solidarität, Erziehung Kirchenimagekorrektur; Nachwuchssicherung Thematische Ausrichtung vorwiegend und explizit religiös Zeittyp Vorherrschende Sozialform Glaubensarbeitszeit Bibelkreis, Gebetskreis, Gottesdienst Meditation, Bibellektüre, Gespräch, Gebet religiöse Homogenität der Teilnehmer bunte Mischung, durchsetzt auch mit impliziten und expliziten religiösen Elementen; Wertevermittlung Sozialzeit Gemeinschaft in solidarischer Aktion mit anderen und für andere (ehrenamtliche) soziale Dienstleistungsarbeit Brauchtumspflege; Aufrechterhaltung der Tradition, aber auch Innovation, Vielfalt von Angeboten konsumieren; Unterstützung der Volksfrömmigkeit Unterhaltung; weitgehende Ausklammerung des Religiösen und Kirchlichen (nur wenn es die Tradition erfordert) Nebenzwecke Vorherrschende Tätigkeit Anreize Konflikte Voraussetzungen der Zugehörigkeit Persönlicher Nutzen mit ‚Ungläubigen’ unter Kirchenmitgliedern Religiöses Bekenntnis und Interesse Glaubensstärke, engagierte Gruppe, durch die bzw. in der etwas bewegt werden kann mit ‚Unmotivierten’ Bereitschaft zum Einsatz für andere und das Gemeinwohl Schlüsselkompetenzen, Freizeit autonomer, lockerer Treff Konsum, Kontakt- und Traditionspflege soziale Heterogenität der Teilnehmer; monopolistische Lage um Gruppenräume; um Öffnungszeiten; um Alkoholkonsum Sympathie, Einsatz für die Gruppe, um Spaß zu haben; Fähigkeit, sich in Gruppe einzufügen angenehmer Zeitvertreib, Anmutungserwartung Personales Angebot Sachangebot eigenes religiöses Wachstum ernst erwünscht: Erwachsene als geistliche Begleiter erwünscht, explizit: christliches Programmangebot Typenverwandtschaft: Shell-Jugend-WerteTypen (2002)1 Milieuverwandtschaft: „Bürgerliche Mitte“ SINUS-Milieus (2005)2 an den Aufgaben wachsen freudig engagiert erwünscht: gruppeninterne Peers und Hauptamtliche als gruppenexterne subsidiäre Helfer und als Quelle sozialer Anerkennung erwünscht, eher implizit: Räume und Finanzen zur Entfaltung von Engagement „selbstbewusste Macher“; „pragmatische Idealisten“ „Bürgerliche Mitte“; „Moderne Performer“ „Postmaterielle“ soziale Kontakte, für die und in der Gruppe wachsen unterhaltsam erwünscht: gruppeninterne Peers und gruppenexterne Haupt- oder Ehrenamtliche als Quelle sozialer Anerkennung; aber Heteronomieverdacht. erwünscht, explizit: Räume (Schonräume) zur Pflege von Beziehungsspaß „zögerliche Unauffällige“ „Hedonisten“ Der vierte jugendliche Werte-Typ von Shell 2002, der Typ des „robusten Materialisten“, kommt in der Stichprobe unserer Studie nicht vor, obwohl dieser Typus einen relativ großen quantitativen Anteil in der jüngeren Bevölkerung darstellt. Höchstwahrscheinlich ist er auch nicht charakteristisch für die kirchliche Jugendarbeit und wird über Selbstrekrutierungsprozesse ausgefiltert; Deutsche Shell (Hg.), Zwischen pragmatischem Idealismus und robustem Materialismus, Frankfurt 2002. 2 MDG (Hg.), Milieuhandbuch. ‚Religiöse und kirchliche Orientierungen in der Sinus-Milieus 2005’, München 2005. 1