Konfrontative Arbeit mit Kindern und Jugendlichen von Friedrich Kampmann* Schwierige Kinder und Jugendliche I Verhalten: Beleidigungen und Tätlichkeiten untereinander, an anderen Jugendlichen oder Kindern, Respektlosigkeit gegenüber Erwachsenen Häufige Grenzüberschreitungen Distanzlosigkeit Nichteinhalten von Regeln Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Aufbrausende und anmaßende Reaktionen Bedrohung anderer Schneller Zusammenschluss, wenn es ein Opfer gibt oder einer von ihnen geschützt werden soll. Schwierige Kinder und Jugendliche II Persönlichkeitsprofil: „Macht macht Spaß“ Als Gruppe sind wir noch stärker. Menschenkenner, die Bedrohung gezielt einsetzen. Angriff ist die beste Verteidigung. Rambo & Versager Das Opfer als Tankstelle für das Selbstbewusstsein! Gewalt als präventive Konfliktlösungsstrategie Weltmeister der Neutralisierungstechniken Kognitive Lebenshypothese bzw. innere Einstellung: Gewalt = stark & unangreifbar Friedfertigkeit = feige, schwach & weibisch! Schwierige Kinder und Jugendliche III Neutralisierungstechniken: ‚... Unrecht tun & sich gut dabei fühlen’ – Die bewusst vorweg genommene Entschuldigung: Ablehnung der Verantwortung – Billard-Philosophie („Der hat aber ...“). Verneinung des Unrechts: Geliehen, nicht gestohlen. Ablehnung des Opfers: Das Opfer hatte Schuld. Verdammung der Verdammenden: Schuld hat die Gesellschaft. Oder auch: „Das machen alle hier!“, „Hab ich hier gelernt!“ Berufung auf höhere Instanzen: Im Namen der Familie, der Clique, der höheren Gewalt. Reaktionen I Bisher reagieren wir so: Wir regen uns auf, werden laut, drohen, stellen vor die Tür, brüllen, lassen nachsitzen, stellen das Kind/den Jugendlichen einige Minuten zur Rede, telefonieren mit den Eltern ... Wir ermahnen mit schöner Regelmäßigkeit. Wir tadeln. * In der Schule halten wir eine Kerngruppenkonferenz ab: Ausschluss von Veranstaltungen Verweis Kerngruppenwechsel Schulwechsel Wir nehmen Kontakt mit Schulpsychologie und Jugendamt auf. Reaktionen II Die Jugendlichen drum herum lernen: Man muss frech sein, um weiterzukommen. Nur wer bereit ist sich zu schlagen, wird vielleicht in Ruhe gelassen. Als Opfer habe ich keine Chance. Als Opfer bin ich allein. Mir hilft keiner – kein Lehrer, kein Mitschüler, kein Passant. Die Würde des Menschen ist antastbar. Es gibt kein Recht auf Unverletzlichkeit von was auch immer. Macht entscheidet – Solidarität gibt es nur unter den „Bösen“. Reaktionen III Was nicht passiert: Die Kinder/Jugendlichen werden nie wirklich bedrängt. Sie müssen meist keine Verantwortung übernehmen. Ihre Machtstellung in der Gruppe wird nie wirklich gefährdet. Im Gegenteil: Sie lernen, dass Frechheit siegt und … Sie lernen, dass Beleidigungen, Respektlosigkeit, Gewalttätigkeit kaum Konsequenzen haben. Bis zu einer Helferkonferenz oder dergleichen können sie sich viel erlauben, da sie nicht leichtfertig einberufen wird. Konfrontative Arbeit I Konfrontation heißt: Das Kind/der Jugendliche muss sich rechtfertigen: Vor Lehrern Vor der Gleichaltrigengruppe Vor Eltern Er steht allein vor einer Gruppe - eine Umkehrung seiner bisherigen Erfahrung. Er muss Verantwortung für sein Verhalten übernehmen. Widersprüche in seinen Aussagen werden aufgedeckt. Übliche Ausreden und Entlastungsversuche werden nicht akzeptiert sondern hinterfragt. Er lernt die Opferperspektive kennen. Die vorliegenden Folientexte entstanden u.a. unter Verwendung von Texten von Prof. Jens Weidner Seite 1 von 2 Das kann lang dauern und sehr unangenehm sein. Konfrontative Arbeit II Grundlagen der Arbeit: Nicht der Jugendliche ist „böse“, sondern das, was er tut. Jeder kann lernen, Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen. Jeder sollte eine reelle Chance erhalten, sein Verhalten zu ändern. Jede Veränderung braucht Unterstützung, Verlässlichkeit und Ausdauer. Vertrauen ist gut - Kontrolle auch. Sympathie und Respekt sind unabdingbar! Das Ziel ist es, wirklich Kontakt zu bekommen! Konfrontative Arbeit III Team statt Einzelkämpfer Wir stehen jeden Tag meist allein vor einer großen Gruppe - das ist schwierig. Wir sind aber eine große Gruppe! Nutzen wir diese Kraft! Schwierige Kinder/Jugendliche stellen oft die Machtfrage. Antworten wir gemeinsam - nicht erst, wenn wir völlig entnervt sind. Schnelle gemeinsame Reaktion (auch unter Einbeziehung der Eltern) – das mögen Kinder/Jugendliche nicht. Konfrontative Arbeit IV Einige Erfahrungen: Der „Heiße Stuhl“ im Klassenzimmer Einbeziehung der Mitschüler Wahrnehmung der Opferperspektive Konfrontative Einzelgespräche mit KollegInnen Intensive Einzelgespräche als Reaktion auf Mobbing Konfrontation in der Klasse Stinkbomben Laute und respektlose Schüler Opfer fragen um Hilfe – die Bitte um Unterstützung ernst nehmen und intervenieren Nachfragen und Einmischen bei zweifelhaften Situationen in den Pausen Konfrontative Arbeit V Jugendliche können lernen: Ein Täter muss sich rechtfertigen für das, was er tut. Niemand ist dazu verdammt, Opfer zu sein. Es gibt so etwas wie die Solidarität der „Guten“. Es hat eine Bedeutung, ob jemand sagt, dass ihm etwas nicht gefällt, dass man in Ruhe gelassen werden will etc. Täter werden beobachtet - die Art ihres Verhaltens ist von Bedeutung. Beschimpfungen, Schläge, Bedrohungen werden nicht geduldet und keinesfalls übersehen. In der Schule: interessierte Jugendliche Seite 2 von 2 erhalten Angebote und Ausbildung um mitzuhelfen: Konflikthelfer, Streitschlichter, Klassensprecher, bvg-Schülerbegleiter ... Respekt ist ein gegenseitiges Verhalten. Darum geht es eigentlich: Erst wenn das Kind/der Jugendliche den Trotz loslässt, haben wir eine Chance auf Kontakt. Erst dann können wir auf Einsicht hoffen, Verabredungen treffen und gemeinsame Ziele definieren. Und: Konsequenz erzeugt einen Ruf, der ohne mein weiteres Zutun für mich arbeitet. Also: an die Arbeit!