Neue Medien im Deutschunterricht Einstieg Bernhard Schlink, Der Vorleser Bisoziationsübungen Stellen Sie eine inhaltliche Verbindung zwischen dem abgebildeten Gegenstand und dem Roman von Bernhard Schlink her und tragen Sie Ihre Gedankenverbindungen in die Tabelle ein. 1 3 4 Was hat dieses Stofftier mit dem Roman gemeinsam? Da komme ich auf den Gedanken, dass vielleicht in jedem von uns ein Tier steckt, dass wir alle durch unsere Triebe bestimmt sind. Für den Roman bedeutet das die Frage, ob Michael von seinen Trieben bestimmt ist und die Vernunft nur dazu dient, die Trieberfüllung zu begründen und den unbewussten und bewussten Trieben den Weg in die Realität bahnt. Ich erinnere mich, dass in diesem Zusammenhang das Wort „vernünfteln“ fällt. Ist der Roman ein Angriff gegen idealistische Vorstellungen der menschlichen Freiheit? Der Hahn, der dreimal krähte, als Petrus Jesus verleugnete, deutet auf Verrat hin: Hat Michael Hanna verraten, weil er sich nicht zu ihr bekannte? Weder seiner Familie gegenüber (aus Angst?), noch vor seinen Schulfreunden im Schwimmbad (aus Scham?)! Auch im Gerichtssaal und vor seinen Kommilitonen lässt er nichts von der ehemaligen Beziehung erkennbar werden. Dieser Hahn ist klein, aber aus Metall und wiegt deshalb vergleichsweise schwer. Wie schwer wiegt Michaels „Verrat“? Ist er entschuldbar, weil er jung und sein Verhalten verständlich ist? Oder hätte er Hanna retten können, wenn er sich rechtzeitig zu ihr bekannt hätte? Der kleine Messinghahn stellt ursprünglich ein Opiumgewicht dar, das aber inzwischen allgemein zum Wiegen von Waren eingesetzt wird. Das Opium lässt an Rausch denken und an Sucht. Michaels Beziehung zu Hanna gleicht einem Rausch, der ihn in Euphorie versetzt und ihm sogar ermöglicht, das Unmögliche zu schaffen, nämlich in kürzester Zeit den Stoff eines ganzen Halbjahres nachzuholen, den er während seiner Gelbsucht versäumt hat. In seinem ‚Rausch’ erlangt er ein Selbstbewusstsein, das seine Mitschüler/-innen bemerken und das ihn interessant macht. Gleichzeitig gerät die Beziehung zu Hanna zu einer Art Sucht, von der er sich zeitlebens nicht freimachen kann, er wird gewissermaßen beziehungsunfähig… Der Globus erinnert mich an das Ende des Romans, Michaels Reise nach New York. Dort will er Hannas Vermächtnis an die Tochter überbringen, die mit ihrer Mutter die Tragödie in der Kirche überlebt hat. Gleichzeitig ist die Weltkugel für mich auch ein Symbol dafür, dass die Handlung, die als ganz persönliches Erleben in der ProvinzUniversitätsstadt beginnt, in ihrem Verlauf immer mehr Bezug zur Weltgeschichte bekommt. Das Schicksal des Erzählers wird durch seine Beziehung zu Hanna, einer ehemaligen Aufseherin in einem polnischen KZ, indirekt von den Verbrechen der SS in der Zeit des zweiten Weltkriegs geprägt. Beim Betrachten des Messstabes entstanden in mir folgende Assoziationen: Die Beziehungen zwischen den Figuren des Romans sind alle hinsichtlich „Distanz“ und „Nähe“ charakterisierbar: 6 (1) Die Beziehung zwischen Hanna und Michael: Der altersmäßige Unterschied zwischen beiden Figuren bedingt eine unterschiedliche Reife und damit unterschiedliche Erfahrungen. Michael befindet sich noch in der pubertären Phase, in welcher ein Junge normalerweise nach Liebe, Wärme und Geborgenheit sucht. Diese findet er normalerweise bei Gleichaltrigen auf eine seinem Entwicklungsstand entsprechende Weise. Mit Hanna muss Michael erleben, dass ihm jemand einen festen Platz in ihrem Leben zuteilt, den er nicht verlassen darf. Sobald Michael diese ihm vorgegebene Distanz unterschreitet, führt dies dazu, dass es von Seiten Hannas zu Sanktionen kommt. Aus Angst, Hanna könnte ihm ihre Liebe entziehen, fügt er sich dieser Vorgabe immer wieder und akzeptiert damit unbewusst deren dominante Rolle. (2) Die Beziehung zwischen Michael und seinem Vater Michael kritisiert an seinem Vater, dass dieser ihm nie die Geborgenheit hat zukommen hat lassen, die er benötigt hätte. Die Ironie des Schicksals führt jedoch dazu, dass Michael dies später gegenüber seiner mit Gertrud gemeinsamen Tochter auch nicht zu leisten vermag. (3) Die Beziehungen zwischen Michael und den anderen Frauen Hier zeigt sich, dass Michael nie eine offene und seinen Problemen gegenüber aufgeschlossene Beziehung finden kann, das heißt, er bleibt diesbezüglich stets auf Distanz. 7 Die ausgegossene Flüssigkeit könnte für Michael stehen, der zu Beginn des Romans für die emotionale Fülle des Lebens steht und durch die einzigartig gescheiterte Beziehung zu Hanna gegen Ende als gefühlsmäßig abgestorben wahrgenommen wird. Er ist unfähig, andere Beziehung zu Frauen oder auch zu seiner Tochter aufzubauen und ist in gewissem Sinn in seinem Gefühlsleben geschädigt. Wie kommt es also im Verlauf des Romans dazu, dass sein Glas so „ausläuft“, dass er im übertragenen Sinn am Ende „leer“ ist? Das Glas wird ausgegossen, man könnte demnach auch darüber nachdenken, ob die Probleme, die Michael nun hat, tatsächlich Hannas Schuld sind, ob sogar eine Form von „Missbrauch“ durch Hanna vorliegt?