- WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 1 Inhaltsverzeichnis: Teil 1: Grundlagen des Wettbewerbsrechts ............................................................................ .3 Kapitel 1: Parteien eines Wettbewerbsstreits ...........................................................................3 1. Überblick zur Aktiv- und Passivlegitimation ........................................................................... 3 2. Aktiv- und Passivlegitimation im Wettbewerbsrecht .............................................................. 4 3. Klagebefugnis im Wettbewerbsrecht ..................................................................................... 5 4. Fallbeispiel nach BGH NJW-RR 1984, 872............................................................................ 6 Kapitel 2: Gesamtübersicht "Werbung im Wettbewerb" ........................................................8 1. Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) ...................................................................... 8 2. Sonderregelungen im UWG .................................................................................................... 9 3. Sondergesetze .......................................................................................................................10 4. Prüfungsreihenfolge ...............................................................................................................10 Kapitel 3: Wichtige Fallgruppen des Wettbewerbsrechts ....................................................12 1. Das europäische Verbraucherleitbild ...................................................................................12 2. Irreführende Werbung iSv. § 5 UWG ...................................................................................12 3. Beispiele irreführender Werbung iSv. § 5 UWG...................................................................14 a) Alleinstellungswerbung ..........................................................................................................14 b) Umweltbezogene Werbung ...................................................................................................16 c) Irreführung über die Preisbemessung...................................................................................17 d) Irreführung über die Vorratsmenge .......................................................................................18 4. Ausspannen von Kunden und Mitarbeitern .........................................................................19 5. Koppelungsangebote ............................................................................................................21 6. Aleatorische Anreize .............................................................................................................25 7. Besondere Werbeformen .....................................................................................................29 ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 2 a) Laienwerbung..........................................................................................................................29 b) Durchführung von Werbeveranstaltungen: ...........................................................................31 c) Durchführung von Versteigerungen: .....................................................................................31 d) Durchführen von Sponsoringmaßnahmen: ..........................................................................32 e) Durchführung von Online-Werbung: .....................................................................................33 Teil 2: Markenrecht .....................................................................................................................34 1. Der Schutz von Marken ........................................................................................................34 a) Was kann eine Marke sein ? .................................................................................................34 b) Wie erlangt eine Marke Schutz ? ..........................................................................................35 c) Wie ist eine Marke geschützt ? ............................................................................................37 2. Der Schutz von geschäftlichen Bezeichnungen ...................................................................40 a) Wie erlangt eine geschäftliche Bezeichnung Schutz ? ........................................................40 b) Wie ist eine geschäftliche Bezeichnung geschützt ..............................................................40 3. Der Schutz von geographischen Herkunftsangaben ...........................................................40 Teil 3: Fernabsatzgeschäfte ......................................................................................................42 1. Anwendungsbereich der Fernabsatzvorschriften ................................................................42 a) Zeitlicher Anwendungsbereich ...............................................................................................42 b) Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich ................................................................42 2. Tatbestand der Fernabsatzvorschriften ................................................................................46 a) Pflichtangaben des Unternehmers .......................................................................................46 b) Widerrufs- und Rückgaberechte ..........................................................................................47 ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 3 Grundlagen des Wettbewerbsrechts Teil 1 Kapitel 1 Parteien eines Wettbewerbsstreits 1. Überblick zur Aktiv- und Passivlegitimation (Übersicht 1) Grundsätzlich einfach ist die Frage zu lösen, wer Anspruchssteller (=aktivlegitimiert) und Anspruchsgegner (=passivlegitimiert) ist, wenn zwei Personen A und B einen Vertrag abgeschlossen haben und daraus etwa geklagt werden soll. In diesem Fall kann A den B oder B den A auf Erfüllung, ggfs. wegen Schlechtleistung. in Anspruch nehmen. Ein Anspruch gegen eine weitere Person C besteht hingegen grds. nicht, den diese ist nicht Vertragspartei. Schuldverhältnisse wirken nur zwischen den Vertragsparteien, also „relativ“ und nicht gegenüber Jedermann. Es nutzt A und B auch nichts, in den Vertrag Pflichten des C aufzunehmen, denn das wäre ein unzulässiger „Vertrag zugunsten Dritter“. Möchte A den C in Anspruch nehmen, ohne dass zwischen beiden eine vertragliche Beziehung besteht, so muss sich diese Möglichkeit ausdrücklich aus einer gesetzlichen Vorschrift ergeben. Die Hauptfälle, in denen Ansprüche gegen Dritte ohne vertragliche Beziehung bestehen können sind Unerlaubte Handlungen (§§ 823 ff BGB) Gewerblicher Rechtsschutz (z.B. Unlauterer Wettbewerb, Markenrecht, Kartellrecht) In den Fällen einer unerlaubten Handlung ist regelmäßig die Frage nach der Aktiv- und Passivlegitimation ebenfalls einfach zu klären. Anspruchssteller ist in diesem Fall grds. der Geschädigte, Anspruchsgegner sind der oder die Schädiger. Im Wettbewerbsrecht stoßen wir auf größere Schwierigkeiten mit der Bestimmung der Aktiv- und Passivlegitimation. Es besteht dort nämlich regelmäßig kein Vertrag zwischen A und B, zudem ist ein Verstoß nicht an einer zielgerichteten körperlichen Handlung festzumachen. Vielmehr haben wir es in diesem Bereich regelmäßig mit Werbemaßnahmen zu tun, die dem Werbenden Vorteile und einem Dritten wirtschaftliche Nachteile bringen ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 4 können. Die Bestimmung von Aktiv- und Passivlegitimation ist in diesem Bereich daher ungleich komplexer. 2. Aktiv- und Passivlegitimation im Wettbewerbsrecht (Übersicht 2) Anspruchsgegner im Wettbewerbsrecht kann grds. nur sein, wer im geschäftlichen Verkehr und zu Zwecken des Wettbewerbs gehandelt hat. Dazu im Einzelnen: „Handeln im geschäftlichen Verkehr“ Zum geschäftlichen Verkehr gehört jede wirtschaftliche Betätigung im weitesten Sinne. Hierunter fallen nicht nur gewerbliche Tätigkeiten sondern auch Tätigkeiten von Freiberuflern, wie Ärzten und Rechtsanwälten. Nur rein private oder hoheitliche Tätigkeiten fallen nicht darunter. Grundsätzlich wird dabei vermutet, dass derjenige im geschäftlichen Verkehr handelt, dessen Tätigkeit sich nicht von seinem sonstigen beruflichen Tätigwerden unterscheidet. Ausnahmen, in denen diese Vermutung widerlegt wird sind selten. So handelt etwa ausnahmsweise ein Makler, der sein Privatgrundstück in Zeitungsanzeigen anbietet nicht im geschäftlichen Verkehr. „Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs“ Ein „Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs“ liegt dann vor, wenn die Handlung objektiv geeignet ist, den eigenen oder fremden Absatz auf Kosten eines Mitbewerbers zu fördern (= Wettbewerbsverhältnis) und subjektiv von dieser Absicht getragen wird (=Wettbewerbsförderungsabsicht). Die Wettbewerbsförderungsabsicht wird regelmäßig vermutet (Ausn: Meinungsäußerungen von Presseorganen) und ist so gut wie nie problematisch. Ein Wettbewerbsverhältnis besteht zwischen Parteien, die regelmäßig in gleichen Branchen tätig sind oder auch wenn eine Partei sich auch nur einmalig in irgendeiner Weise in Wettbewerb zu dem Betroffenen stellt Der erste Fall ist der einfache Grundfall etwa zweier Hersteller von EDV, PKW oder zweier Dienstleister auf dem gleichen Sektor. Der ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 5 zweite Fall betrifft die Fälle, in denen Werbungen von Unternehmen einmalig andere Branchen betreffen. So wurde etwa ein Wettbewerbsverhältnis bejaht als ein Kaffeehersteller mit dem Slogan „Statt Blumen Onko-Kaffee“ warb. Unerheblich ist hierbei, ob die Parteien auf der gleichen Wirtschaftsstufe tätig sind und ob der Handelnde im Eigeninteresse oder für Dritte handelt Zu letztbenanntem Fall wurde im Wettbewerbsrecht der „weite Störerbegriff“ entwickelt. Der Anspruch kann nämlich nicht nur gegen den gerichtet werden, der den Wettbewerbsverstoß selbst begeht, sondern auch gegen denjenigen, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung einer rechtswidrigen Beeinträchtigung mitwirkt oder ihn duldet obwohl er ihn verhindern kann Für einen wettbewerbswidrigen Zeitungsartikel haftet danach neben dem Journalisten auch der verantwortliche Redakteur und der Verlag selbst. 3. Klagebefugnis im Wettbewerbsrecht (Übersicht 3) Unterschieden werden muss schließlich noch zwischen Aktivlegitimation und Klagebefugnis. Während derjenige, der Anspruchsinhaber ist, als aktivlegitimiert gilt, ist bei der Frage nach der Klagebefugnis zu klären, wer einen Anspruch gerichtlich geltend machen kann. Der einfache Fall liegt dann vor, wenn der Anspruchsinhaber, also der Aktivlegitimierte selbst klagt. Dies kann er immer tun, weil er selbst Inhaber des Anspruchs ist. Kann aber etwa auch ein Rechtsanwalt, der dem am Wochenende in einer Zeitschrift ein Wettbewerbsverstoß auffällt selbst als Kläger etwa auf Unterlassung klagen ? Die Frage nach der Klagebefugnis ist vor allem in § 8 UWG geregelt. Danach gilt grds.: Klagebefugt ist der Mitbewerber Klagebefugt sind rechtsfähige Verbände, bei denen eine erhebliche Zahl von Verbandsmitgliedern auf demselben Markt wie der Inanspruchgenommene tätig sind, wenn der Verband imstande ist, die Förderung gewerblicher Interessen personell, sachhlich und finanziell tatsächlich vorzunehmen ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 6 Eingetragene Verbraucherverbände, zu deren satzungsgemäße Aufgaben es gehört, die Interessen der Verbraucher durch Aufklärung und Beratung wahrzunehmen Industrieund Handwerkskammern Handelskammern sowie „Abmahnvereine“, die die oben benannten Voraussetzungen nicht erfüllen oder Rechtsanwälte, die sich mit Abmahnungen im eigenen Nahmen ein zweites finanzielles Standbein sichern wollen sind im Gegensatz zur früheren Rechtslage nicht mehr klagebefugt. Zu unterscheiden ist zwischen der Frage, der materieller Anspruchsinhaber ist und wer die Befugnis hat, im eigenen Namen zu klagen. Wegen § 13 UWG können in bestimmten Fällen auch Personen klagen, die keinen eigenen materiellen Anspruch haben. ! 4. Fallbeispiel nach BGH NJW-RR 1984, 872 Fall: In einer Tageszeitung erscheint ein redaktionell gestalteter Bericht über die Vorzüge eines Kosmetikstudios (K). Neben diesem Bericht, den K selbst inhaltlich vorgeschlagen hat, befindet sich eine Anzeige des Studios. A gibt ebenfalls eine Tageszeitung im gleichen räumlichen Umfeld heraus und verklagte B, den Verleger der Tageszeitung auf Unterlassung. Rechtsanwalt C ist Leser der Tageszeitung und verklagt den B ebenfalls. Können A oder C gegen B einen Anspruch auf Unterlassung gem. § 3 UWG haben? Können A oder C den B vor Gericht verklagen ? Lösung: Aktivlegitimation des A ? - Handeln des B im geschäftlichen Verkehr (+) - Handeln des B zu Zwecken des Wettbewerbs ? Wettbewerbsverhältnis zwischen A und B ? ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 7 Soweit man nach dem weiten Störerbegriff auf die Förderung des K abstellt, besteht kein Wettbewerbsverhältnis, Da A kein Kosmetikstudio betreibt. Das Verhalten des B ist jedoch auch geeignet, das eigene Anzeigengeschäft zu fördern, da lobende Erwähnungen von Anzeigenkunden zu Umsatzsteigerungen führen können. Es besteht daher ein hier betroffenes Wettbewerbsverhältnis zwischen A und B Bei der Frage nach dem Wettbewerbsverhältnis muss besonders darauf geachtet werden, welches Verhalten konkret Gegenstand der Klage ist. In Bezug auf dieses Verhalten ist die Frage nach dem Wettbewerbsverhältnis zu stellen. ! Wettbewerbsförderabsicht von B ? Grds. zu vermuten Ausnahme ggfs. hier, da redaktioneller Beitrag. Da Beitrag aber auf Textvorschlag von K beruht, stellt dieser keine geschützte eigene Meinungsäußerung dar. Aktivlegitimation des A (+) Klagebefugnis des A ? - Klagebefugnis von A (+) da „unmittelbar Verletzter“ Aktivlegitimation des R ? - Handeln des B im geschäftlichen Verkehr (+) - Handeln des B zu Zwecken des Wettbewerbs ? Wettbewerbsverhältnis zwischen R und B (-) Klagebefugnis des R ? R nicht „unmittelbar Verletzter“ R ist kein Verband und auch keine Kammer nach § 8 UWG R ist weder klagebefugt noch aktivlegitimiert. Auch wenn die Aktivlegitimation verneint wird, kann sich noch eine Klagebefugnis aus § 8 UWG ergeben. ! ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ Kapitel 2 SEITE 8 Gesamtübersicht „Werbung im Wettbewerb“ (Übersicht 4) 1. Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) Modernisierung des UWG im Sommer 2004 Die bisherigen Regelungen im UWG waren für den Laien und teilweise auch für den Juristen sehr intransparent. Ein Großteil der Fälle musste über § 1 UWG gelöst werden, der lediglich den Grundsatz zum Ausdruck brachte, dass derjenige, der im Wettbewerb gegen die „guten Sitten“ verstößt zur Unterlassung verpflichtet ist. Die Rechtsprechung arbeitete auf der Grundlage dieser sog. „Generalklausel“ eine Fülle von Fallgruppen heraus, in denen der Tatbestand des sittenwidrigen Verhaltens erfüllt sein konnte. Die Fallgruppen und die dazu vorzufindende Rechtsprechung konnten in den einschlägigen juristischen Kommentaren, die im wesentlichen für Volljuristen bestimmt sind, nachgelesen werden. Für den juristischen Laien war dies ein unbefriedigender Zustand. Im Sommer 2004 trat ein modernisiertes UWG in Kraft, in dem nach dem Motto „Immer auf die Leser achten“ eine Fülle von Beispielsfällen für unlauteres Verhalten benannt sind. Das neue UWG ist damit aussagekräftiger, es änderten sich jedoch im Ergebnis nur wenige Inhalte. Die nun ausdrücklich benannten Beispiele für unlauteres Verhalten führten auch überwiegend bisher schon zur Annahme eines „sittenwidrigen Verhaltens“. Konkrete Änderungen sind im Wesentlichen: die Abschaffung des Verbotes von Sonderveranstaltungen die Einführung eines Gewinnabschöpfungsanspruch gegen den unlauter Handelnden Zur Grundsystematik des neuen UWG: Hauptregelungen im UWG Da die vielfältigen im Werbebereich vorkommenden Sachverhalte nicht einzeln geregelt werden können, hat sich der Gesetzgeber dazu entschlossen, zwei sog. Generalklauseln einzuführen, mit denen die Voraussetzungen für unzulässiges Werben nur grob umrissen werden. Ca. 70 % aller Werbeaussagen und – maßnahmen werden auf der Grundlage dieser Generalklauseln, der §§ 3,5 des Gesetzes ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 9 gegen unlauteren Wettbewerb (UWG), beurteilt. Es finden sich in diesen Vorschriften die Wertungen wieder, dass sich ein Werbender wettbewerbswidrig verhält der den Verbraucher durch irreführende Angaben täuscht (§ 5 UWG) und/oder der unlauter handelt (§ 3 UWG) Beide Regelungen sind nebeneinander anwendbar, häufig liegen Verstöße gegen beide Vorschriften gleichzeitig vor. Beide Vorschriften sind jedoch – wie schon erwähnt - in hohem Maße pauschal formuliert. Deren Konkretisierung oblag und obliegt im wesentlichen den Gerichten, wobei – insbesondere zu § 3 UWG – vielfältige Fallgruppen gebildet wurden. Die wichtigsten Fallgruppen der Vorschrift des § 3 UWG im Bereich der Werbung sind: Schleichwerbung Wertreklame Aleatorische Anreize Ausnutzung fremder Werbung Ausspannen von Kunden und Mitarbeiter Anschwärzung Gutes Fallgruppenwissen zusammen mit der Kenntnis von dem Sinn und Zweck der jeweiligen gesetzlichen Vorschrift führt zu einer „Antenne“ zur richtigen rechtlichen Beurteilung von Werbemaßnahmen. ! Weiterhin hat nun der Gesetzgeber in einem neuen § 4 UWG eine Vielzahl von Beispielsfällen für unlauteres Verhalten ausdrücklich gesetzlich geregelt. Zu beachten ist hierbei, dass diese Aufzahlung von insgesamt 11 Einzelfällen keineswegs abschließend ist , sondern lediglich der Transparenz und Klarstellung dient. 2. Sonderregelungen im UWG In Ergänzung zu dem dargestellten Generalklauselprinzip hat der Gesetzgeber weiterhin typische Fallgestaltungen in Sondervorschriften zusammengefasst. Diese sind neben den Generalklauseln anwendbar, sollten jedoch vorrangig geprüft werden. Hierbei handelt es sich um folgende Regelungen: ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ § 6: Vergleichende Werbung § 7: Unzumutbare Belästigung § 16:Strafbare Werbung § 17:Geheimnisverrat SEITE 10 3. Sondergesetze Zu erwähnen bleiben weiterhin einige Sondergesetze, die neben dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb anwendbar sind und entweder überdurchschnittlich häufig vorkommende unerwünschte Verhaltensweisen der Händler verbieten oder bestimmte Produktarten betreffen, für die Zusatzbestimmungen gelten sollen. Hierzu gehören die PreisangabenVO das HeilmittelwerbeG das ArzneimittelG das Lebens – und BedarfsgegenständeG 4. Prüfungsreihenfolge Die dargestellten Beziehungen der einzelnen Gesetze und Vorschriften zueinander bieten folgende Prüfungsreihenfolge für die jeweilige Einzelfallprüfung an: Gibt es ein Sondergesetz außerhalb des UWG ? Wenn ja und Verhalten ist nach dieser Vorschrift erlaubt, dann Prüfung beendet, wenn nein: Ist eine Sonderregelung innerhalb des UWG einschlägig ? Ist § 5 UWG (Irreführende Werbung) einschlägig ? Liegt ein Beispielsfall für unlautere Werbung nach § 4 UWG vor ? Liegt eine anerkannte Fallgruppe für unlautere Werbung iSv § 3 UWG vor ? ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ Ein relevanter Prüfungsfehler kann zum einen dann auftreten, wenn eine Spezialregelung eine bestimmte Werbung gestattet und gleichwohl die Prüfung fortgesetzt wird. Vorsicht ist somit bei einer Werbung für Heilmittel, Arzneimittel, Lebensmittel und Preisangaben geboten. Der zweite Fehler liegt meist darin, dass trotz des Fehlens einschlägiger Spezialregelung nicht bis zum Ende, also § 3 UWG, durchgeprüft wird. SEITE 11 ! ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ Kapitel 3 SEITE 12 Wichtige Fallgruppen des Wettbewerbsrechts Anhand einiger wichtiger Fallgruppen des Wettbewerbsrechts soll nachfolgend ein erstes Gefühl vermittelt werden, wie im Wettbewerbsrecht argumentiert und gedacht werden muss. Es wird auch gezeigt werden, dass oftmals andere rechtliche Aspekte mit in die Fallprüfung einbezogen werden müssen. So kann etwa eine unmittelbare Leistungsübernahme markenrechtliche Aspekte haben oder umgekehrt eine ausgewählte Domain wegen unzulässiger Spitzenstellung wettbewerbswidrig sein. 1. Das europäische Verbraucherleitbild (Übersicht 5) Wer zu Zwecken des Wettbewerbs „unlauter“ handelt oder wer den Verbraucher „in die Irre führt“ ist zur Unterlassung und zum Schadenersatz verpflichtet. Diese pauschalen Grundsätze in dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb beantworten nicht die Frage, auf wen denn die Begriffe der „Unlauterkeit“ oder „Irreführung“ überhaupt abzielen. Den 90-jährigen Rentner wird man unter Umständen leichter in die Irre führen können, als den wachsamen mitten im Geschäftsleben lebenden Geschäftsmann. Die deutsche Rechtsprechung, die im europäischen Vergleich als besonders streng gilt, hatte daher auch die Aufgabe, ein „Verbraucherleitbild“ zu entwickeln. Der Bundesgerichtshof stellte früher in diesem Zusammenhang nur geringe Anforderungen an die empirischen und intellektuellen Fähigkeiten des Verbrauchers. Abgestellt wurde bis 2001 auf den „ungezwungen flüchtig betrachtenden Durchschnittsverbraucher“. Von diesem Verbraucherleitbild ist der BGH jedoch abgerückt. Grund hierfür ist das Bedürfnis einer Harmonisierung der Wettbewerbsregeln der Mitgliedsstaaten der EU hin zu einem gemeinsamen europäischen Wettbewerbsrecht. Im Zuge einer derartigen Harmonisierung hat der Bundesgerichtshof das Verbraucherleitbild des europäischen Gerichtshofs übernommen, das auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher abstellt. Jede Werbe- oder Verkaufsmaßnahme bei der es um die Frage geht, welchen Eindruck denn der potentielle Käufer gewinnen muss, ist also aus der Sicht des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers zu prüfen. 2. Irreführende Werbung iSv. § 5 UWG (Übersicht 6) Im Rahmen von § 5 UWG sind folgende Tatbestandsmerkmale zu prüfen: ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ Irreführende Abgaben über geschäftliche Verhältnisse SEITE 13 im geschäftlichen Verkehr (vgl.: Teil 1 Kapitel 1) zu Zwecken des Wettbewerbs (vgl.: Teil 1 Kapitel 1) Es kann also nur eine Angabe wettbewerbswidrig sein. Dabei kann es sich nur um objektiv nachprüfbare Aussagen handeln oder Werturteile, die einen Tatsachenkern haben. Beispiele hierzu finden Sie unten im Rahmen der Erläuterung der Alleinstellungswerbung. Normalerweise ist nur ein Tun als „Angabe“ zu bewerten. Ausnahmsweise stellt jedoch auch ein Unterlassen eine „Angabe“ dar, wenn eine Täuschung des Verkehrs durch Verschwiegen eines für den Kaufentschluss wesentlichen Punktes vorliegt. Beispiele: Wortbestandteil „Germany“ in Herstelleranschrift verpflichtet zum Hinweis, dass das Produkt kein rein deutsches Erzeugnis ist Hinweis, dass wesentliche Ausstattungsmerkmale bei EUNeuwagen fehlen notwendig Hinweis, dass angebotenes Gerät nicht mehr vom Hersteller produziert wird notwendig („Auslaufmodell“) Geschäftliche Verhältnisse sind alle Umstände, die die eigene gewerbliche Tätigkeit im Wettbewerb fördern können. In § 5 UWG werden zahlreiche nicht abschließende Beispiele genannt. Irreführend sind Angaben dann, wenn sie von einer nicht unerheblichen Zahl der angesprochenen Verkehrskreise falsch verstanden werden. Es kommt hierbei nicht entscheidend auf die Frage an, ob die Angabe richtig oder falsch ist. Entscheidend ist die Frage des Verständnisses der Angabe vom Empfängerhorizont eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher aus. Selbstverständlich wird man bei richtigen Angaben großzügiger Urteilen müssen als bei falschen Angaben. ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 14 3. Beispiele irreführender Werbung iSv. § 5 UWG a) Alleinstellungswerbung Ein Hauptanwendungsfall einer irreführenden Werbung ist die sog. Alleinstellungs- bzw. Spitzenstellungswerbung („Wir sind die Nr.1“, „Das Repetitorium“, „Der Beste“). Alleinstellungswerbung ist unzulässig, wenn Tatsachen behauptet werden und die Tatsachenbehauptung falsch ist, weil der Werbende keinen deutlichen Vorsprung gegenüber seinen Mitbewerbern mit Aussicht auf eine gewisse Stetigkeit hat. Tatsachen sind solche Umstände, die dem Beweis zugänglich sind. Davon anzugrenzen sind reine Werturteile ohne jeden Tatsachenkern (etwa inhaltsleere Übertreibungen, die als solche auch zu erkennen sind). Zum letzteren zählen etwa „Der beste Film des Jahres“ „Die schönste Frau aller Zeiten“ „Mutti gibt mir immer nur das Beste“ „Radio Deal the best deal“ “Kellogg’s – das Beste jeden Morgen Die Behauptung „Der Beliebteste“ ist ein Grenzfall, wird jedoch von den Gerichten als Tatsachenbehauptung verstanden, wobei hier bewiesen werden muss, dass das jeweilige Produkt das Meistgekaufte ist. Alleinstellung kann vorliegen bei Behauptung einer Spitzenstellung („Der beliebteste Pudding“) Verwendung des Komparativs („Der beliebtere Pudding“) Verwendung des negativen Komparativs („Es gibt keinen beliebteren Pudding“) Verwendung des bestimmten Artikels („Der Pudding unserer Zeit) Schlagwortartige Hervorhebung einzelner Wortfolgen („Für hartes Wasser nur ...“ Worte – oder ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 15 Grundsätzlich muss im Prozess derjenige, der die Unrichtigkeit einer Behauptung rügt dies auch beweisen. Bei Alleinstellungsbehauptungen ist dies jedoch im Einzelfall anders. Wenn Beweisschwierigkeiten den Beweis der Unrichtigkeit nahezu ausschließen, kann sich hier die Beweislast zu Ungunsten des Werbenden drehen. Wer für sein Produkt eine Allein – oder Spitzenstellung werblich herausstellt, muss darauf vorbereitet sein, diese auch nachweisen zu müssen. ! Fall: (nach OlG Hamm, Urteil vom 18.03.2003): A wirbt für seine Tauchschule unter der von ihm bei DENIC reservierten Domain www.tauschschule-dortmund.de. B betreibt ebenfalls eine Tauchschule in Dortmund, die sogar größer ist als die Tauchschule von A und klagt auf Unterlassung. Hat die Klage Erfolg ? Lösung: Handeln im geschäftlichen Verkehr (+): A nutzt die entsprechende Domain um im Internet für sein Unternehmen zu werben. Zu Zwecken des Wettbewerbs (+): Zwischen A und B besteht ein Wettbewerbsverhältnis, die Wettbewerbsförderungsabsicht des A wird vermutet, da es sich hier nicht um redaktionelle Beiträge handelt. Vorliegen einer Angabe (+): In der Verwendung der benannten Domain liegt die objektiv nachweisbare Aussage, A betreibe in Dortmund eine Tauchschule. Irreführung über geschäftliche Verhältnisse (+): Zwar ist dem Verbraucher bekannt, dass es in Dortmund wohl mehr als eine Tauchschule gibt. Eine Alleinstellungsbehauptung scheidet damit aus. Allerdings liegt eine Spitzenstellungsbehauptung vor, da mit der Verwendung der fraglichen Domain, in der der Stadtname mit dem Namen der Tauchschule gleichgesetzt wird, der Eindruck der Gleichsetzung mit der Größe der so in Bezug genommenen Stadt vermittelt wird. Dem Verbraucher wird suggeriert, es gebe in Dortmund keine andere Tauchschule, die sich an Bedeutung und Größe (geschäftliche Verhältnisse) mit derjenigen des A messen lassen kann. ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 16 Der Unterlassungsanspruch ist damit begründet. b) Umweltbezogene Werbung Gesundheits- und umweltbezogene Werbung kann sehr effektiv sein. Sie erfreut sich daher immer größerer Beliebtheit. Diese Art von Werbung hat sowohl deutliches Irreführungspotential und kann darüber hinaus auch nach § 3 UWG unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen gefühlsbetonten Werbung wettbewerbswidrig sein. Die wichtigsten Fälle sind: Umweltförderungen: Eine Werbung mit Umweltförderungsmaßnahmen ist grds. nur dann zulässig, wenn zwischen der beworbenen Ware oder Dienstleistung und der Fördermaßnahme ein sachlicher Zusammenhang besteht. Ansonsten ist diese Art der Werbung meist als unzulässige gefühlsbetonte Werbung zu unterlassen. Bsp.: Ein Autohändler erklärt, er stifte seiner Gemeinde für jedes bei ihm gekaufte Auto einen Baum Pauschale Hinweise („Umweltfreundlich“, „Umweltschonend“ etc): Entsprechende pauschale Hinweise versteht der Verbraucher idR. lediglich als Hinweise einer relativen Umweltfreundlichkeit nach dem derzeitigen Stand der Technik. Gleichwohl sind diese Hinweise irreführend weil zu pauschal, wenn nicht angegeben ist, worin die behauptete Umweltfreundlichkeit besteht. So wurde deshalb etwa die Umschrift des Umweltzeichens “Umweltengel“ von „Umweltfreundlich“ in „Umweltzeichen“ geändert und das Zeichen jeweils mit die Vorzüge des jeweiligen Produktes erläuternden Zusatz versehen. Verwendung der Vorsilben „Bio“ oder „Öko“ Hierfür gilt ebenfalls, das diese Bezeichnungen konkretisiert werden müssen, um Irreführungen zu vermeiden. Verwendung von Umweltzeichen Umweltzeichen und deren Vergabeverfahren müssen anerkannt und deren konkrete Benutzung darf ebenfalls nicht irreführend sein. Zulässig ist in diesem Zusammenhang etwa die Verwendung des Satzes „..ist mit dem ....ausgezeichnet“, da der Verbraucher unter „Auszeichnen“ lediglich die Vergabe des Zeichens und keine Behauptung eines Gewinns eines Wettbewerbes versteht. ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ c) SEITE 17 Irreführung über die Preisbemessung Häufigster Fall einer Irreführung bei der Preisbemessung ist die Werbung mit sog. „Mondpreisen“. Dies liegt etwa dann vor, wenn der neben dem tatsächlich verlangten Preis durchgestrichene alte Preis nicht, nicht ernsthaft oder nicht längere Zeit oder nicht in letzter Zeit tatsächlich verlangt wurde. Ebenso darf mit Preissenkungen nicht geworben werden, wenn der verlangte bereits vor der entsprechenden Bewerbung gegolten hat. Wer mit besonders preisgünstigen Waren wirbt, die dann tatsächlich nicht oder nicht in ausreichendem Umfang im Geschäft vorhanden sind, wirbt irreführend. (sog. unzulässige „Lokvogelwerbung“) Zudem kann die Verwendung von ungenauen Begriffen irreführend sein wie: „Probierpreis“ (wenn V. zu Unrecht glaubt, Qualität der Ware beruht auf neuen Materialien oder Herstellungstechniken) „Tiefpreise“,“Spottpreise“ (wenn V. zu Unrecht glaubt, Preis ist wesentlich günstiger) „Sommerpreis“ (wenn V. zu Unrecht glaubt, Ware sei nur aus jahreszeitlichen Gründen reduziert) „Endpreise“ (wenn Preis nicht einschließlich Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile Exkurs: PreisangabenVO (Übersicht 7) In Konkretisierung des Irreführungsverbotes des § 5 UWG ist es Sinn und Zweck der Preisangabenverordnung, für eine möglichst große Preiswahrheit und Preisklarheit gegenüber Letztverbrauchern zu sorgen. Die Preisangabenverordnung beantwortet dabei drei Fragen: Besteht überhaupt eine Pflicht zur Preisangabe ? Welcher Preis ist anzugeben ? Wie es der Preis anzugeben ? ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 18 Eine Pflicht zur Preisangabe besteht nur dann, wenn ein Unternehmer gewerbsmäßig an Letztverbraucher Waren verkauft oder Dienstleistungen anbietet und diesen ein konkretes Angebot unterbreitet. Bloße Werbemaßnahmen verpflichten daher nicht zur Preisauszeichnung im Sinne der Preisangabenverordnung. Besteht eine Pflicht zur Preisangabe oder hat sich der Unternehmer ohne Verpflichtung dazu entschieden, Preise anzugeben, so sind zwingend die Endpreise anzugeben. Zu den Endpreisen zählen – wie dargestelltauch die Mehrwertsteuer und sonstige Preisbestandteile, die etwa die Flughafengebühr bei Pauschalreisen. Im Sinne einer möglichst hohen Preisklarheit sind ausgestellte Waren durch ein Preisschild oder eine Beschriftung zu kennzeichnen. Der Preis von Katalogwaren ist neben der Warenablichtung oder den Produktangaben deutlich anzugeben. Zu beachten sind schließlich folgende Sonderregelungen der Preisangabenverordnung: Bei Krediten ist der effektive Jahreszins anzugeben Gaststätten haben Preise in ein Preisverzeichnis aufzunehmen Tankstellen haben die Kraftstoffpreise besonders deutlich hervorzuheben Ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und führt zur Wettbewerbswidrigkeit des entsprechenden Verhaltens. d) Irreführung über die Vorratsmenge Grundsätzlich wird man insbesondere bei der Bewerbung in Beilagen von Zeitschriften davon ausgehen können, das der Verbraucher die sofortige Lieferfähigkeit annimmt. Zudem hat der Werbende einen Vorrat an Waren vorzuhalten, deren Absatz nach normalem Verlauf des Abverkaufs erwartet werden kann. Dies gilt für alle Filialen eines Discounters und auch bei Bewerbung von branchenfremder Ware, also von Ware, die der Werbende nicht in seinem üblichen Sortiment führt. Für das Eintreten von höherer Gewalt etwa wegen unverschuldeter Lieferstörungen trägt der Werbende die Beweislast. Nach § 5 Abs.5 UWG gilt als angemessener Zeitraum grds. ein Zeitraum von mindestens 2 Tagen. Einschränkende deutlich angebrachte Zusätze können hier oft helfen: ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 19 In einem von Seiten des Oberlandesgerichts Düsseldorf entschiedenen Fall hatte ein Lebensmitteldiscounter für den Verkauf von Computermonitoren, Dampfbügelautomaten und einer Katzenfutterstation geworben. Die Bewerbung war mit dem Zusatz versehen, dass die Artikel nur vorübergehend zum Verkauf ständen und man um Verständnis bitte, sollten diese Artikel trotz sorgfältig geplanter Angebotsmengen allzu schnell verkauft sein. Tatsächlich war der Computermonitor in einigen Filialen bereits 35 min. nach Verkaufsbeginn, das Dampfbügeleisen schon nach 60-90 min. und die Katzenfutterstation schon am Abend des ersten Verkaufstages nicht mehr vorrätig. Das Oberlandesgericht Düsseldorf sah damit die entsprechende Werbung als wettbewerbswidrig an. Auch den entsprechenden Hinweis des Discounters ließ das Oberlandesgericht Düsseldorf nicht gelten, da die Zeit der Verfügbarkeit hier trotz des Hinweises zu knapp war. Der Bundesgerichtshof hatte in einem aktuellen Urteil den Hinweis „Keine Mitnahmegarantie. Sofern nicht vorhanden, gleich bestellen. Wir liefern umgehend.“ in einem Fall als ausreichend erachtet, in dem ein Händler von Hard- und Software auf der ersten Seite eines Werbeprospekts einen PC anbot, obwohl der dazugehörende Bildschirm nicht vorrätig war. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs reichte dieser Hinweis auf eine entsprechende Bestellmöglichkeit aus, da er auf dem Werbeprospekt ebenso blickfangmäßig angebracht war wie die beworbene Ware selbst. 4. Ausspannen (Übersicht 8) von Kunden und Mitarbeitern Grundsatz der erlaubten Abwerbung Ein Ausspannen von Kunden und Mitarbeitern des Konkurrenten ist grundsätzlich erlaubt. Das deutsche Wettbewerbsrecht schützt weder den eigenen Kunden- noch den eigenen Mitarbeiterstamm. Abwerbemaßnahmen werden jedoch häufig durch Handlungen unterstützt, die generell wettbewerbswidrig sind. Weiterhin wird mit den Abwerbemaßnahmen im Bereich der Abwerbung von Mitarbeitern oftmals ein sittenwidriger Zweck verfolgt. Derartige verwerfliche Mittel oder Motive führen dazu, dass die gesamte Abwerbung wettbewerbswidrig wird. Das verletzte Unternehmen hat jedoch häufig Schwierigkeiten, das sittenwidrige Motiv (als innere Tatsache) oder das sittenwidrige Mittel (im Bereich der Kausalität) nachzuweisen. Wettbewerbswidriges Ausspannen Im Bereich des Ausspannens von Kunden: Wettbewerbswidrig ist insbesondere ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ die Verleitung des Kunden zum SEITE 20 Vertragsbruch (bei Dauerschuldverhältnissen mit dem Wettbewerber) die Anschwärzung des Wettbewerbers beim Kunden durch kreditschädigende Äußerungen, die nicht erweislich wahr sind die Verwendung irreführender Praktiken (dem Kunden wird etwa suggeriert, er schließe einen weiteren Vertrag beim gleichen Händler ab oder die Ware des Wettbewerbers habe im Gegensatz zur eigenen Ware nachteilige Eigenschaften) Im Bereich des Ausspannens von Mitarbeitern: In diesem Bereich kann das Mittel wettbewerbswidrig sein, insbesondere oder der Zweck die Verleitung oder das Ausnutzen eines Vertragsbruchs des Mitarbeiters (bloßes Hinwirken auf einen Vertragsbruch genügt bereits !) die Abwerbung durch irreführende Mitteilungen („A ist bald pleite“) oder herabsetzende Äußerungen über den Wettbewerber die Abwerbung zur Behinderung des Wettbewerbers (Behinderung muss das Hauptmotiv sein, was insbesondere nachweisbar wäre bei einer Abwerbung von Mitarbeitern in „Schlüsselpositionen“ oder bei einer Abwerbung ohne Anwerbung im eigenen Unternehmen) die Abwerbung zur Erlangung von Geschäftsgeheimnissen oder des Kundenstamms (Zweck muss Hauptmotiv sein) Es gibt keinen generellen Kunden - oder Mitarbeiterschutz, so dass der Wettbewerber grds. an die eigenen Kunden oder Mitarbeiter abwerbend herantreten kann, wenn dies mit lauteren Mitteln geschieht. Vermieden werden sollte ein Ausspannen von Kunden oder Mitarbeitern in unmittelbarem räumlichen Umfeld des Konkurrenten wie etwa das Verteilen von Werbezetteln vor dessen Geschäftslokal oder der Anruf von Headhuntern am Arbeitsplatz. ! ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 21 5. Koppelungsangebote (Übersicht 9) Einleitung Insbesondere aufgrund der Gefahr ihrer Intransparenz können sog. „Koppelungsangebote“ wettbewerbsrechtlich problematisch sein. Hierunter sind sowohl die Fälle des Gesamtpreisangebotes zu verstehen, wie etwa der Verkauf mehrerer Waren oder Dienstleistungen zu einem Gesamtpreis, sowie die Fälle der Zugabe. Beides sind „Angebote, die unterschiedliche Waren oder Dienstleistungen zu einem Gesamtangebot zusammenfassen“. Nicht unter den Begriff der „Koppelungsangebote“ und damit nicht unter die nachfolgend benannten Einschränkungen fallen: „Gebinde“ Koppelungen mit nicht selbstständigen Nebenleistungen. Bei einem „Gebinde“ handelt es sich um eine Zusammenfassung identischer Waren oder Dienstleistungen zu einer Verkaufseinheit. So stellt etwa ein zehnteiliges Besteckservice ein sog. „Gebinde“ dar. Eine Koppelung mit „nicht selbstständigen Nebenleistungen“ liegt in all den Fällen vor, in denen die Nebenleistung zwingend von der Hauptleistung abhängt, indem sie selbstständig keinen Sinn ergibt. So zählen zu den „nicht selbstständigen Nebenleistungen“ etwa kostenlose Kundenbeförderungen zum Geschäft, Lager oder Kaufobjekt oder Preis-, Umtausch-, Rückgabe- oder Qualitätsgarantien. Derartige Verknüpfungen unterliegen nicht den recht strengen, nachfolgend beschriebenen Kriterien, da hier insbesondere nicht die Gefahr der Intransparenz von Leistung und Gegenleistung besteht. Koppelungsangebote sind nach neuerer Rechtssprechung grundsätzlich zulässig. Es wird heute nicht mehr danach unterschieden, ob eine sog. „offene Koppelung“ oder „versteckte Koppelung“ vorliegt. Versteckte Koppelungen, die darin bestehen, dass zwar ein Gesamtpreis, nicht jedoch Einzelpreise angegeben werden, wurden bislang als sehr problematisch erachtet, zumindest dann, wenn nicht gebrauchsnahe Waren versteckt gekoppelt wurden (Bsp. für gebrauchsnahe Waren: Tabakpfeife und Tabak; Teebeutel und Teetasse). ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 22 Auch nach neuer Rechtssprechung und Gesetzeslage können jedoch Koppelungsangebote ausnahmsweise unlauter und damit wettbewerbswidrig sein, wobei hier folgende Möglichkeiten in Betracht kommen: unrichtige Informationen unvollständige Informationen unangemessen unsachliche Beeinflussungen gezielte oder allgemeine Behinderung Bestehen gesetzlicher Koppelungsverbote Fallgruppen: Eine unrichtige Information liegt in den Fällen der konkludenten oder ausdrücklichen Falschinformation vor. Beispiele hierfür sind etwa: Geldwert zu hoch angesetzt Falschbezeichnung „hochwertig und attraktiv“ Einzelpreise sind „Mondpreise“ Mondpreise sind Preise, die regelmäßig vom Anbieter nicht ernsthaft verlangt werden. Hier besteht jedoch regelmäßig ein Beweisproblem, da dies selten nachgewiesen werden kann. Deshalb sieht die Rechtsprechung eine Beweislastumkehr vor, wenn nachgewiesen werden kann, dass sich die aktuellen „Normalpreise“ des werbenden Unternehmens deutlich über dem Marktniveau bewegen. Dann hat der Werbende seinerseits zu beweisen, dass er diese Preise tatsächlich über einen gewissen Zeitraum hinweg ernsthaft gefordert hat. Kein Fall unrichtiger Information liegt vor, wenn der Preis eines Leistungsteils für den Kunden offenkundig in dem anderen Leistungsteil einkalkuliert worden ist. So ist z. B. die Werbung „Handy für 1,00 €“ nicht unrichtig, da aus Sicht des Verbrauchers erkennbar ist, dass der weitaus höhere Handypreis in den Gebühren für den abzuschließenden Netzvertrag mit enthalten ist. Fälle unvollständiger Information werden insbesondere angenommen bei Verletzung gesetzlicher Informationspflichten fehlender Gesamtpreisangabe Verstößen gegen das Transparenzgebot ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 23 Gesetzliche Informationspflichten bestehen etwa nach § 7 TDG und §§ 4 Nr. 4, 5 UWG. Danach sind Preisnachlässe, Zugaben, Geschenke, Gewinnspiele klar zu beschreiben. Selbstverständlich muss bei Koppelungsangeboten eine Gesamtpreisangabe erfolgen. Die Angabe der Einzelpreise reicht als solches nicht aus. Schließlich ist im Besonderen darauf zu achten, dass kein Verstoß gegen das sog. „Transparenzgebot“ vorliegt. Wie bereits eingangs erwähnt, besteht das Hauptproblem bei Koppelungsangeboten darin, dass die Transparenz der Leistungen, insbesondere im Hinblick auf ihre Wertigkeit leidet. Es besteht jedoch nach dem sog. „Transparenzgebot“ die Pflicht, diesen strukturellen Mangel von Koppelungsangeboten möglichst zu beseitigen. Vor diesem Hintergrund gibt es zwar keine Pflicht zur Wert- oder Preisangabe von Einzelkomponenten, es sind also sog. „versteckte Koppelungen“ zulässig, es müssen jedoch alle wertbildenden Faktoren der Einzelkomponenten möglichst exakt beschrieben werden. Damit muss der Interessent in die Lage versetzt werden, sich durch Preisvergleiche mit anderen Angeboten uns chwer einen Überblick über die tatsächliche Werthaltigkeit des Koppelungsangebots zu verschaffen. Eine „unangemessene, unsachliche Beeinflussung“ liegt in den Fällen vor, in denen die Rationalität der Nachfrageentscheidung ausgeschaltet ist. Dies wird in nur noch sehr seltenen Fällen angenommen: Vorsicht ist geboten bei Werbung, die sich gezielt an Personen wendet, bei denen mangels geschäftlicher Erfahrung oder wegen ihres besonderen Zustandes eine kritische Distanz zur Werbung mit Zugaben nicht zu erwarten ist. So gilt dies etwa für gezielte Werbung gegenüber Kindern und Jugendlichen, Aussiedlern oder Emigranten und Kranken. Hierbei reicht es jedoch in der Regel nicht aus, dass eine Werbung sich gezielt an diese Personen richtet. Es müssen hier noch zusätzliche Gesichtspunkte hinzukommen, wie etwa ein vergleichsweise überhöhter Preis der Hauptleistung oder ein zweifelhafter Nutzen der Zugabe für die angesprochene Zielgruppe. Regelmäßig ist in diesem Zusammenhang zu fragen, ob sich ein sich rational verhaltender Durchschnittsnachfrager in der konkreten Situation auch ohne weiteres zum Kauf entschließen würde. Vorsicht geboten ist weiterhin bei Werbung gegenüber drittverantwortlichen Personen, die aus Rechtsgründen gehalten sind, bei der Kaufentscheidung die Interessen Dritter oder der Allgemeinheit zu wahren. Hierunter fallen etwa Fälle von Zugaben gegenüber der öffentlichen Hand ebenso wie die Beeinflussung der Entscheidung von Ärzten bei Kauf von Arzneimitteln für den Praxisgebrauch oder durch Gewährung einer sachfremden Zuwendung. ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 24 Beispiel: Unsachliche Beeinflussung von Zahnärzten, denen bei Kauf bestimmter Fertigarzneimittel ein Kleidersack zu einem besonders günstigen Preis angeboten wurde (BGH GRUR 2003, Seiten 624, 626 „Kleidersack“). Weiterhin kann zu einer unangemessenen, unsachlichen Beeinflussung eine besondere Verkaufssituation führen. So ist es etwa zu unterlassen, den Kunden bewusst unter Zeitdruck zu setzen oder ihn zu überreden. Die Frage der Unlauterkeit ist hier jedoch sehr stark Einzelf allabhängig. Schließlich darf ein übertrieben hoher Preis der Hauptleistung nicht durch eine besondere und übertriebene Zugabewerbung verschleiert werden. Wenn also im Einzelfall die Hauptleistung zu einem besonders hohen Preis angeboten wird, ist Zurückhaltung bei der Zugabewerbung angebracht, da ansonsten eine sog. „Preisverschleierung“ vorliegen kann. Weiterhin unlauter im Bereich der Koppelungsangebote ist eine allgemeine Behinderung des Marktes oder gezielte Behinderung von Mitbewerbern Eine unlautere allgemeine Marktbehinderung kann dann vorliegen, wenn sie zu einer „Gefährdung des Wettbewerbsbestandes“ führen kann. So darf etwa durch ein marktstarkes Unternehmen der Markt nicht mit Koppelungsangeboten dergestalt überschwemmt werden, dass der Warenabsatz im Allgemeinen bedroht ist. Ebenso dürfen nicht gezielt Mitbewerber durch marktstarkes Koppelungsverhalten beeinträchtigt werden. Bei diesen Verhaltensweisen wird auch oftmals das Kartellrecht greifen. Schließlich ist es unlauter, gegen gesetzliche Koppelungsverbote zu verstoßen. Fälle hierfür sind: § 4 Nr. 6 UWG: Keine Koppelung von Gewinnspielen für Verbraucher und Warenabsatz § 7 HWG: Keine Zugaben bei Heilmittelwerbung Art. 10 § 3 MRVerbG: Keine Koppelung von Grundstückskaufverträgen mit Architekten- und Ingenieursleistungen ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 25 6. Aleatorische Anreize (Übersicht 10) Die Förderung des Warenabsatzes durch den Einsatz von sog. „aleatorischen Mitteln“, wie etwa Gewinnspielen oder Preisausschreiben, ist eine gängige und weit verbreitete Verkaufsfördermaßnahme. Man könnte generelle Bedenken dagegen haben, es zu erlauben, den Kunden mit sachfremden Mitteln, wie etwa der Veranstaltung von Gewinnspielen, auf das eigene Produkt aufmerksam zu machen, denn es sollte die Qualität und der Preis des Produktes im Vordergrund stehen. Der Gesetzgeber hat sich jedoch dazu entschieden, von dem Grundsatz auszugehen: „Das Ausnutzen der Spiellust ist erlaubt“ Es ist daher vom Grundsatz her unbedenklich, ein Gewinnspiel oder ein Preisausschreiben zur Förderung des eigenen oder fremden Warenabsatzes zu veranstalten. Der Teufel steckt jedoch im Detail. Der Veranstalter von Gewinnspielen kann eine Reihe von Fehlern begehen, die das Gewinnspiel als unlauter im Sinne des Wettbewerbsrechts oder gar strafbar im Sinne des Strafgesetzbuches erscheinen lassen. Es muss daher folgendes beachtet werden: Abgrenzung von Gewinnspielen zu Lotterien, Ausspielungen und Glücksspielen Lotterien, Ausspielungen und Glücksspiele sind gem. §§ 284, 287 StGB strafbar und gem. § 4 Nr. 11 UWG generell wettbewerbswidrig, wenn sie nicht staatlich genehmigt sind. Während im Rahmen von Lotterien und Ausspielungen nach einem konkreten Plan gegen einen bestimmten Einsatz ein bestimmter vom Zufall abhängiger Gewinn erzielt werden kann, hängt das Glücksspiel regelmäßig wesentlich von den Fähigkeiten, Kenntnissen und der Aufmerksamkeit des Spielers ab. Zudem kann der Spieler regelmäßig über die Höhe seines Einsatzes selbst entscheiden. Lotterien und Ausspielungen unterscheiden sich ihrerseits voneinander nur durch den Gewinn (Lotterie = Geld; Ausspielung = andere Gegenstände). Genehmigungspflichtige Lotterien, Ausspielungen und Glücksspiele liegen dann vor, wenn gleichzeitig vier Voraussetzungen erfüllt sind: Öffentlichkeit der Veranstaltung (z.B. Internet) in Aussicht stellen eines Gewinns Gewinn im Wesentlichen vom Zufall abhängig Einsatz des Spielers ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 26 Neben dem typischen Geldeinsatz kann ein Einsatz auch in der Bezahlung eines Eintrittspreises zu einer Glücksspielveranstaltung liegen. Unerheblich ist es dabei, ob von dem Spieler tatsächlich ein Einsatz zu leisten ist oder ob ihm dies nur suggeriert wird. Gewinnspiele und Preisausschreiben hingegen unterscheiden sich von den grundsätzlich strafbaren Formen des Glückspiels lediglich darin, dass kein Einsatz in Form eines Eintrittspreises oder einer direkten Geldzahlung zu leisten ist. Wie noch aufzuzeigen sein wird, gibt es jedoch andere „versteckte Einsätze“, die das Gewinnspiel zwar nicht in den strafrechtlichen Bereich eines Glücksspiels bringen, die je doch zur Unlauterkeit und damit Wettbewerbswidrigkeit nach dem UWG führen. Unlauterkeitsmerkmale von Gewinnspielen und Preisausschreiben Liegt nach den soeben benannten Kriterien kein Glücksspiel vor, so ist das dann bestehende Gewinnspiel oder Preisausschreiben grundsätzlich zulässig. Die konkrete Ausgestaltung des Gewinnspiels kann dann jedoch gleichwohl zu einer Unlauterkeit nach Wettbewerbsrecht führen, wobei hierbei folgende Möglichkeiten denkbar sind: § 4 Nr. 5 UWG: Teilnahmebedingungen nicht klar angegeben § 5 UWG: Allgemeine Irreführung § 4 Nr. 6 UWG: Kopplung mit dem Warenabsatz bei Verbrauchern § 4 Nr. 10 UWG: Gezielte Behinderung einzelner Mitbewerber § 4 Nr. 1 UWG: Unangemessen unsachliche Beeinflussung Im Einzelnen: Verstoß gegen § 4 Nr. 5 UWG: Nach § 4 Nr. 5 UWG müssen die Teilnahmebedingungen des Gewinnspiels klar angegeben sein. Der Begriff der „Teilnahmebedingungen“ umfasst die Teilnahmeberechtigung und Modalitäten der Teilnahme. Zur Teilnahmeberechtigung ist der zugelassene Personenkreis exakt anzugeben. Einschränkungen etwa wegen eines Wohnorts, Alters oder einer bestimmten Betriebszugehörigkeit sind klar zu benennen. ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 27 Zu den Modalitäten der Teilnahme ist anzugeben, an wen Teilnahmekarte und Lösung zu schicken sind, auf welches Datum der Einsendeschluss festgelegt ist und ob Kosten bei Inanspruchnahme des Gewinns und Folgekosten entstehen. Verstoß gegen § 5 UWG: § 5 UWG fängt im Bereich der Gewinnspiele die Täuschungshandlungen auf, die nicht darin besehen, dass Teilnahmebedingungen nicht richtig angegeben sind. Unlauter ist es etwa, über die Gewinnchance zu täuschen. Der oftmals vorkommende Satz „Sie haben schon gewonnen!“ beinhaltet eine entsprechende Irreführung. Ebenso liegt eine Täuschung über die Gewinnchance dann vor, wenn eine Lösung bei Preisausschreiben schon Vielen auf anderem Wege bekannt ist, sodass die Gewinnchancen kleiner sind als erwartet. Weiterhin darf nicht über den Gewinnwert getäuscht werden. So wäre etwa die Auslobung einer „Traumreise in die Türkei“ irreführend, wenn es sich dabei um eine einwöchige Reise in ein durchschnittliches Hotel an einen durchschnittlichen Touristenort handelt. Ebenso irreführend wären falsche Lösungstipps und auch falsche Angaben zu einer mit dem Gewinnspiel gekoppelten Ware. So muss etwa über den Inhalt von Beratungsterminen, die mit der Teilnahme an dem Gewinnspiel verbunden wären, zutreffend aufgeklärt werden. Verstoß gegen § 4 Nr. 6 UWG: Eine Kopplung zwischen dem Absatz einer Ware oder Dienstleistung und dem Gewinnspiel ist per se unlauter, wenn das Gewinnspiel (auch) gegenüber Verbrauchern veranstaltet wird. Man unterscheidet hierbei zwischen rechtlicher Kopplung und tatsächlicher Kopplung ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 28 Rechtliche Kopplung ist gegeben, wenn aus rechtlichen Gründen der Bezug einer Ware oder Dienstleistung mit der Teilnahme am Gewinnspiel verbunden ist. Es liegt dann ein „versteckter Einsatz“ vor. Beispiele hierfür sind: Werbung: „Jeder hundertste Käufer gewinnt“ Gewinnauszahlung hängt vom Kauf ab Tatsächliche Kopplungen sind etwa in folgenden Fällen gegeben: Höhere Gewinnchancen bei Kauf einer Ware Teilnahme- und Bestellschein sind miteinander verbunden Teilnahmescheine oder Lösungen in Warenverpackung Teilnahme über 0190er Nummer ohne andere Teilnahmemöglichkeit Die Kosten für eine Briefmarke oder einen Telefonanruf zum Ortstarif fallen nicht unter die Fälle des „versteckten Einsatzes“ und sind zulässig, da in diesen Fällen die entsprechenden Entgelte nicht dem Veranstalter zufließen. Hierbei ist generell zu beachten, dass der Eindruck einer Kopplung genügt. Wenn etwa der Eindruck beim Teilnehmer besteht, er habe eine höhere Gewinnchance, wenn er ein bestimmtes Produkt erwirbt, dann reicht dies für eine Unlauterkeit nach § 4 Nr. 6 UWG bereits aus. Verstoß gegen § 4 Nr. 10 UWG: Unlauter ist es weiterhin, ein Gewinnspiel oder Preisausschreiben in der Absicht zu veranstalten, den schwächeren Wettbewerber gezielt zu behindern. Derartiges wäre dann jedoch von dem Wettbewerber nachzuweisen. Es wird hier regelmäßig zu Beweisproblemen kommen. Verstoß gegen § 4 Nr. 1 UWG: Eine „unangemessen unsachliche Beeinflussung“ kann in nur sehr seltenen Fällen vorliegen. So kann dies etwa der Fall sein, wenn moralischer oder autoritärer Druck ausgeübt wird oder wenn der Teilnehmer eines Gewinnspiels bei Nichtkauf aus seiner „Anonymität“ heraustreten muss. Merke: In jedem Fall sollte vermieden werden, Gewinnspiel und Warenbezug oder sonstige Dienstleistungen zu koppeln. Derartige ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 29 Koppelungen können strafrechtlich als Lotterie oder Ausspielung bzw. Glückspiel anzusehen sein. Sie sind zudem wettbewerbsrechtlich unzulässig. Zudem beinhalten Gewinnspiele hohes Irreführungspotenzial. Es sollte daher auf Transparenz der Teilnahmebedingungen, der Gewinnchancen und des Gewinnwerts geachtet werden. 7. Besondere Werbeformen (Übersicht 11) Nachfolgend werden einige besondere Werbeformen besprochen, die besonders häufig in Erscheinung treten. Zu den besonderen Werbeformen gehören insbesondere Laienwerbung Werbeveranstaltungen Versteigerungen Sponsoring Onlinewerbung a) Laienwerbung (Übersicht 12) Der Einsatz von Privatleuten als Kundenwerber gegen Gewährung einer Werbeprämie, also die sog. „Laienwerbung“ erfreut sich großer Beliebtheit. Das beste Beispiel hierfür sind die seit inzwischen Jahrzehnten gängigen „Tupper-Partys“. Von Vorteil ist es hier insbesondere für den Hersteller von Produkten oder Dienstleistungen, dass feste Vertriebskosten gespart werden können. Der Laienwerber wird üblicherweise nur für einen bestimmten Erfolg bezahlt. Zudem wird dieser regelmäßig seine persönlichen Kontakte ausnutzen, um eine bestimmte Ware oder Dienstleistung zu bewerben. Hierin liegt jedoch gerade das Problem der Laienwerbung. Es besteht wegen der Tendenz zu Gesprächen „unter 4 Augen“ in Privatatmosphäre die er hebliche Gefahr insbesondere unsachlicher Beeinflussung. Vor diesem Hintergrund betrachtet die Rechtssprechung „Laienwerbung“ als besonders kritisch. Es gelten hier die allgemeinen Unlauterkeitsregelungen des UWG, wobei regelmäßig ein strenger Maßstab angesetzt wird. Typische Verletzungen bei sog. Laienwerbung sind: Verstoß gegen § 7 UWG Belästigung Verstoß gegen § 4 Nr. 3 UWG: Verschleierung des Werbecharakters Verstoß gegen § 5 UWG: Irreführung Verstoß gegen § 4 Nr. 1 UWG: unsachliche Beeinflussung ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 30 Verstoß gegen § 16 Nr. 2 UWG: strafbare progressive Kundenwerbung Im Einzelnen hierzu: Eine unlautere Belästigung i. S. v. § 7 UWG liegt vor bei unangemeldeten Hausbesuchen oder auch unzulässigen Direktmarketingmaßnahmen. Zu letzteren zählen insbesondere Werbeanrufe gegenüber Privatpersonen ohne deren vorherige ausdrückliche Einwilligung. Weiterhin darf der Werbecharakter einer Ansprache von potentiellen Kunden gem. § 4 Nr. 3 UWG nicht verschleiert werden. Es ist damit unlauter, wenn etwa ein Laienwerber Bekannte und Freunde zu einer Party einlädt, die letztlich eine Werbeveranstaltung ist, ohne dies zuvor deutlich zum Ausdruck zu bringen. Im Besonderen ist auch die Gefahr der irreführenden Werbung i. S. v. § 5 UWG typisch für die Laienwerbung. Dies liegt daran, dass nach ständiger Rechtssprechung jeder Verkäufer über alle wertbildenden Faktoren eines Produktes oder einer Dienstleistung ordnungsgemäß und richtig aufklären muss. Dies tun Laienwerber oft bereits deshalb nicht, weil sie hierzu die Fachkenntnis nicht besitzen. Fehlende Fachkenntnis schützt jedoch weder den Laienwerber noch den beauftragenden Unternehmer vor einem Verstoß gegen das UWG. Weiterhin ist die Gefahr unsachlicher Beeinflussungen i. S. v. § 4 Abs. 1 UWG der Laienwerbung immanent. So hat ein Laienweber etwa nebst dem beauftragenden Unternehmer in hohem Maße darauf zu achten, dass kein Druck durch das Ausnutzen einer Autoritätsstellung des Laienwerbers aufgebaut wird. So haben Dienstvorgesetzte, Lehrer oder Betriebsräte, die als Laienwerber eingesetzt werden, akribisch darauf zu achten, dass in keiner Weise der Eindruck entsteht, Arbeitnehmer oder Schüler hätten irgendwelche Nachteile, wenn Sie ein Produkt vom Laienweber nicht erwerben. In diesem Sinne sollte durch dem Unternehmer vermieden werden, dass ihm der Vorwurf gemacht werden könnte, er lege es bewusst darauf an, dass der Werber private Beziehungen zu potentiellen Kunden ausnutzt. So wäre etwa die Anweisung des Unternehmers an den Laienwerber wettbewerbswidrig, dieser solle die Kunden bitten, dem Laienwerber die ihnen zustehenden Prämien bei Kauf zurückzuerstatten. Die Prämienhöhe ist heute nicht mehr relevant für eine wettbewerbsrechtliche Beurteilung. Dies liegt im Besonderen daran, dass der gesamte Bereich der Wertreklame eine erhebliche Lockerung erfahren hat. Schließlich hat der beauftragende Unternehmer darauf zu achten, dass die Laienwerbung keine strafbare progressive Kundenwerbung i. S. v. § 16 Nr. 2 UWG darstellt. Nach § 16 Nr. 2 UWG ist es wettbewerbswidrig und strafbar, Verbraucher zur Warenabnahme mit dem Versprechen zu veranlassen, sie würden bei eigener Laienwerbung besondere Vorteile ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 31 erlangen (wie z. B. Rückvergütungen). Wenn also der Laienwerber dem Unternehmer zunächst einmal einen Einsatz geben muss, den er dann im Falle des eigenen Erfolgs zurückhält ist dies strafbar. Hiervon abzugrenzen sind im Besonderen die unbedenklichen Sammelbestellungen. Bei Sammelbestellungen durch den Laienwerber hat dieser keinen finanziellen Nachteil. b) Durchführung von Werbeveranstaltungen: Zu typischen Werbeveranstaltungen zählen etwa Ausflugsfahrten, Filmvorführungen oder Besichtigungen. Gerade Ausflugsfahrten richten sich regelmäßig an Personen die ggf. etwas leichter zu beeinflussen sind, wie etwa Ausflugsfahrten für Seniorengruppen. Vor diesem Hintergrund ist bei Werbeveranstaltungen im Einzelfall der Blick nicht auf den durchschnittlichen und aufmerksamen Verbraucher zu richten, sondern die entsprechende Maßnahme aus der Sicht der jeweiligen Teilnehmer zu betrachten. Typische Unlauterkeiten im Bereich von Werbeveranstaltungen sind: § 4 Nr. 1 UWG: unangemessen unsachlicher Einfluss § 4 Nr. 3 UWG: Verschleierung des Werbecharakters § 5 UWG: allgemeine Irreführung Selbstverständlich ist es i. S. v. § 4 Nr. 1 UWG unzulässig, im Rahmen der Werbeveranstaltung Druck auszuüben bzw. den potentiellen Kunde n zu „bearbeiten“. So darf etwa die Frage der Rückreise im Rahmen einer Kaffeefahrt nicht davon abhängig gemacht werden, dass jeder Teilnehmer ein bestimmtes Produkt gekauft hat. Auch der Werbecharakter der Werbeveranstaltung darf in keiner Weise verschleiert werden i. S. v. § 4 Nr. 3 UWG. So reicht es nach ständiger Rechtssprechung etwa nicht aus, eine Kaffeefahrt als „Werbefahrt“ zu deklarieren. Sie muss, sollten im Rahmen der Kaffeefahrt Produkte vorgestellt und verkauft werden, klar und eindeutig als „Verkaufsfahrt“ bezeichnet werden. Ebenfalls unzulässig wäre es, bei einer Reise, die Gewinn eines Gewinnspiels ist, nicht klar zum Ausdruck zu bringen, dass es sich dabei um eine Werbeveranstaltung handelt. Eine allgemeine Irreführung nach § 5 UWG liegt etwa vor, wenn zu einer Verkaufsfahrt mit angeblichen „Sonderpreisen“ geworben wird, obwohl die Preise der dort angedienten Produkte und Dienstleistungen den allgemeinen Marktpreis darstellen. c) Durchführung von Versteigerungen: Irreführend i. S. v. § 5 UWG ist es, eine private Versteigerung als „öffentliche Versteigerung“ i. S. d. Zivilprozessordnung auszuloben. Bei „öffentlichen Versteigerungen“ geht der Teilnehmer davon aus, aufgrund ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 32 der ZPO-Bestimmungen und vorheriger Titulierung eines Steigerungsobjekts ein besonderes Schnäppchen machen zu können. Ebenfalls unzulässig ist es etwa, zu verschweigen, dass eine Lieferungen der ersteigerten Waren nicht sofort sondern erst nach 14 Tagen erfolgt. Auch hier darf der Teilnehmer der Versteigerung grundsätzlich von einer sofortigen Lieferung ausgehen. Lange Zeit war es sehr umstritten, ob sog. „umgekehrte Versteigerungen“ zulässig sind. „Umgekehrte Versteigerungen“ liegen dann vor, wenn mit zunehmender Zeit ohne konkretes Gebot die Ware günstiger wird. Nach heute herrschender Meinung liegt darin kein unzulässiges Ausnutzen der Spiellust sondern ein wettbewerbskonformes Verhalten. Dies liegt im Besonderen auch daran, dass es jedem Verkäufer gestattet ist, seine Ware, sofern sie nicht veräußert wird, jeweils täglich günstiger anzubieten. d) Durchführen von Sponsoringmaßnahmen: Sponsoring ist jede Form der Kommunikation, bei der ein Sponsor eine vertraglich vereinbarte finanzielle oder sonstige Unterstützung leistet, um einen positiven Zusammenhang zwischen seinem Erscheinungsbild, seinem Namen, seiner Marke, seinen Waren oder Dienstleistungen der geförderten Veranstaltung, Aktion, Organisation oder Einzelperson herzustellen (ICC-Verhaltensregeln zum Sponsoring). Im Bereich des Rundfunks (Hörfunk und Fernsehen) sind die Vorraussetzungen für ordnungsgemäßes Sponsoring in § 8 RStV (Rundfunkstaatsvertrag) geregelt, im Bereich der Mediendienste, wie etwa dem Herausgeben von Internetzeitschriften findet sich eine ähnliche Regelung in § 13 Abs. 3 MDStV (Mediendienste-Staatsvertrag). Ein Verstoß gegen diese Regelungen stellt gleichzeitig nach § 4 Nr. 11 UWG einen Wettbewerbsverstoß dar. § 8 RStV regelt wörtlich: 1. Bei Sendungen, die ganz oder teilweise gesponsert werden, muss zu Beginn oder am Ende auf die Finanzierung durch den Sponsor in vertretbarer Kürze deutlich hingewiesen werden; der Hinweis ist in diesem Rahmen auch durch Bewegtbild möglich. Neben oder anstelle des Namens des Sponsors kann auch dessen Firmenemblem oder eine Marke eingeblendet werden. 2. Inhalt und Programmplatz einer gesponserten Sendung dürfen vom Sponsor nicht in der Weise beeinflusst werden, dass die Verantwortung und die redaktionelle Unabhängigkeit des Rundfunkveranstalters beeinträchtig werden. 3. Gesponserte Sendungen dürfen nicht zum Kauf oder zur Miete oder Pacht von Erzeugnissen oder Dienstleistungen des Sponsors oder eines Dritten, vor allem durch entsprechende besondere Hinweise, anregen. 4. Sendungen dürfen nicht von Unternehmen gesponsert werden, deren Haupttätigkeit die Herstellung von Zigaretten und anderen Tabakerzeugnissen ist. ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 33 5. Beim Sponsoring von Sendungen durch Unternehmen, deren Tätigkeit die Herstellung oder den Verkauf von Arzneimittel und medizinischen Behandlungen umfasst, darf für den Namen oder das Image des Unternehmens gesponsert werden, nicht jedoch für bestimmte Arzneimittel oder medizinische Behandlungen, die nur auf ärztliche Verordnung erhältlich sind. 6. Nachrichtensendungen und Sendungen zum politischen Zeitgeschehen dürfen nicht gesponsert werden. Zudem kommt es im Rahmen des Sponsoring häufig vor, dass eine Verschleierung des Werbecharakters nach § 4 Nr. 3 UWG vorliegt. So ist dies etwa dann der Fall, wenn kein Hinweis auf ein Sponsoring eines konkreten Ereignisses, eines Programms oder einer Person erfolgt. e) Durchführung von Online-Werbung: Im Rahmen der Onlinewerbung sind alle wettbewerbsrechtlichen und sonstigen Kriterien „normaler“ Werbung zu beachten. Typischer Weise kann im Rahmen der Online-Werbung Folgendes problematisch sein: § 4 Nr. 3 UWG: Verschleierung des Werbecharakters § 4 Nr. 10 UWG: gezielte Behinderung § 7 Nr. 1 UWG: Belästigung Es ist gem. § 4 Nr. 3 UWG als unzulässige Verschleierung des Werbecharakters wettbewerbswidrig, Bannerwerbung und bezahlte Suchmaschineneinträge nicht als Werbung kenntlich zu machen. Soweit also der Werbecharakter nicht ohnehin für jeden deutlich erkennbar ist, muss hier eine deutliche Kennzeichnung erfolgen. Eine gezielte Behinderung des Mitbewerbers i. S. v. § 4 UWG stellt es dar, Popup-Fenster auf fremden Seiten zu generieren. Darüber hinaus ist die Rechtssprechung hier relativ großzügig. So ist etwa die Verwendung fremder Produktkennzeichen im eigenen Header (sog. Meta-Tags) keine Behinderung des Mitbewerbers. Sie kann im Einzelfall jedoch eine Markenverletzung darstellen. Ebenso stellt die Setzung von Hyperlinks oder Deep-Links auf fremde Seiten keine gezielte Behinderung dar. Schließlich ist bei Online-Werbung noch darauf zu achten, dass PopupFenster entweder automatisch unverzüglich wieder verschwinden oder von dem User jederzeit leicht durch Anklicken beseitigt werden können. Ist dies nicht der Fall, so nimmt die Rechtssprechung hier eine unzulässige Belästigung an. ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ Teil 2 Kapitel 1 SEITE 34 Markenrecht Der Schutz nach dem Markengesetz (Übersicht 13) Für den Schutz von Marken hat der Gesetzgeber ein eigenes Gesetz erlassen, das sog. Markengesetz. Diese Gesetz ist ein wichtiger Teil des Wettbewerbsrechts und gewährt dem Markenrechtsinhaber umfassenden Schutz eines der oft wertvollsten Teile seiner Betriebsausstattung. Nachfolgend werden Grundsätze des Markenrechts, insbesondere dessen Schutzvorschriften, erläutert. Das Markengesetz gewährt Schutz für Marken Geschäftliche Werktitel) Geografische Herkunftsangaben Bezeichnungen (Unternehmenskennzeichen und 1. Der Schutz von Marken (Übersicht 14) a) Was kann eine Marke sein ? Eine Marke kann jedes Zeichen sein, welches geeignet ist, die Produkte eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Dies Begriffsbestimmung knüpft im Gegensatz zur Geschäftlichen Bezeichnung an dem Produkt des Unternehmens an. der Begriff des „Zeichens“ ist dabei weit zu sehen. Markenfähig sind etwa Wortmarken (z.B. die Zeichenfolge „Nutella“) Wort-Bild-Marken (eine Verbindung von Wörtern mir Abbildungen) Hörzeichen (Erkennungsmelodien von Radiosendern oder etwa der Telecom) ggfs. Farbkombinationen (z.B. Magenta/grau der Telekom) ggfs. sogar Gerüche ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 35 b) Wie erlangt eine Marke Schutz ? Eine Marke erlang grundsätzlich Schutz durch Eintragung bei dem DPMA (Deutsches Patent- und Markenamt in München) bzw. europaweit bei dem HABM (Europäisches Harmonisierungsamt in Alicante). Es gibt auch noch die Möglichkeit eines Markenschutzes ohne Eintragung kraft Verkehrsgeltung oder notorischer Bekanntheit. Hierfür muss der Bekanntheitsgrad jedoch nachweislich bei mind. 20 % bis zu 70 % liegen, so dass diese Fälle die Ausnahmen darstellen. Es ist daher vor allem wichtig zu wissen, wann eine Eintragung der Marke erfolgt, was also die zuständige Behörde zu prüfen hat. Hierzu im Einzelnen: Absolute Eintragungshindernisse: § 8 MarkenG regelt die Fälle, in denen das Markenamt eine Eintragung verweigert. Die dort aufgeführten Fälle stellen absolute Eintragungshindernisse dar. Diese sind insbesondere: Fehlende Unterscheidungskraft Freihaltebedürfnisse Da es Hauptzweck der Marke ist, die Ursprungsidentität der mit der jeweiligen Marke versehenden Ware oder Dienstleistung zu sichern, wird ein Zeichen ohne jegliche Unterscheidungskraft für das konkrete Produkt oder die konkrete Dienstleistung nicht eingetragen. Die Frage, wann ein Zeichen keine Unterscheidungskraft hat, ist jeweils nach der Art des Zeichens gesondert zu beurteilen: Wortzeichen werden nicht eingetragen, die einen bloß beschreibenden Inhalt haben oder aus einem gebräuchlichen Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, welches nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, wie z.B.: „Turbo“ für Pestizide (da bloßes Synonym für schnell und Leistungsstark) „marktfrisch“ für Lebensmittel (da bloß beschreibend) „cyberlaw“ für juristische Dienstleistungen im Internet (da bloß beschreibend) „today“ (Synonym für die Aktualität der Ware) Fall: Ist „Premiere“ für Pay-TV als Wortmarke unterscheidungskräftig ? Lösung: ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 36 Das Wort „Premiere“ hat weder bloß beschreibenden Inhalt noch ist es lediglich ein gebräuchliches Wort. Es besagt insbesondere nichts über Art, Beschaffenheit, Menge oder Bestimmung des Produktes bzw. der Dienstleistung. Damit ist dieses Zeichen unterscheidungskräftig. Bei Werbeslogans ist die Rechtsprechung relativ zurückhaltend. Diese dürfen nicht zu lang sein und müssen eine gewisse Orginalität und Prägnanz aufweisen, wie z.B. Go for Gold Partner with the Best Radio von hier, Radio wie wir Gegenbeispiele: Is egal Mit uns kommen sie weiter Bildmarken fehlt ausnahmsweise jegliche Unterscheidungskraft, wenn sie nur warenbeschreibend ist (etwa weil die Ware selbst abgebildet wird) oder sie aus bloßen einfachen geometrischen Formen bestehen. Auch wenn ein Zeichen die erforderliche Unterscheidungskraft besitzt, kann das Markenamt die Eintragung verweigern, wenn das Zeichen für die konkrete Ware oder Dienstleistung freihaltebedürftig ist, weil die Allgemeinheit oder Dritte das Zeichen für die ungehinderte Verwendung im Geschäftsverkehr benötigen. Oftmals besteht gerade bei nicht unterscheidungskräftigen Zeichen auch eine Freihaltebedürftigkeit. Beispiele: Portofolio Videothek Turbo Fall: Ist das Zeichen „Quattro“ für vierradgetriebene Audo-Fahrzeuge eintragungsfähig ? Lösung: Diesem Zeichen fehlt nicht die notwendige Unterscheidungskraft. Es handelt sich bei diesem Wort weder um ein bloßes gebräuchliches Wort noch um eine bloße Beschreibung des Produktes wie etwa „four wheel drive“. Auch eine ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 37 Freihaltebedürftigkeit ist hier nicht anzunehmen, da der Begriff für sich allein nicht geeignet ist, Merkmale eines Autos zu beschreiben. Dies wäre nur in Wortkombinationen der Fall wie etwa „Viertürig“ oder „Viergangautomatik“. Das Zeichen „Quattro“ für die besagten Produkte ist damit eintragungsfähig. Bei Bestehen von relativen Eintragungshindernissen kann eine Löschung der Marke von dritter Seite im Widerspruchsverfahren erreicht werden. Hauptfall eines relativen Eintragungshindernisses ist der Fall einer Verwechslungsgefahr mit einer prioritätsälteren Marke. c) Wie ist eine Marke geschützt ? (Übersicht 15) Der Inhaber einer Marke kann Unterlassung und bei Verschulden auch Schadenersatz gem. § 14 MarkenG verlangen, wenn ein Dritter ein Zeichen benutzt, das mit der Marke identisch ist und für identische Produkte verwendet wird oder das eine Verwechslungsgefahr erzeugt oder dessen Verwendung für die bekannte Marke eine Rufausbeutung oder Rufschädigung bedeuten würde Während Zeichen- und Produktidentität einfach festzustellen sind, sind die Begriffe der Verwechslungsgefahr und der Rufausbeutung erläuterungsbedürftig. Im Einzelnen gilt hier folgendes: Im Rahmen der Prüfung des Bestehens einer Verwechslungsgefahr wird danach gefragt, ob einem nicht unerheblichen Teil der Verbraucher durch die Zeichenverwendung suggeriert wird, die Waren kämen aus dem gleichen Unternehmen oder es beständen geschäftliche Beziehungen zwischen den Unternehmen. Hierzu werden drei Merkmale geprüft. Diese stehen dergestalt in Wechselwirkung, dass ein hoher Grad an Übereinstimmung in einem Merkmal eine nur geringe Übereinstimmung in einem anderen Merkmal erfordert. Letztlich wird in einer Gesamtschau anhand der nachfolgend aufgeführten Merkmale ermittelt, ob eine Verwechslungsgefahr zu bejahen wäre. Die Merkmale sind im einzelnen: Warenähnlichkeit: Je größer die Ähnlichkeit der mit den Zeichen versehenen Waren ist, desto eher wird man eine Verwechslungsgefahr bejahen können. Man stellt hierbei konkret auf die Art der Waren und ihren Verwendungszweck ab. Warenähnlichkeit kann auch bejaht werden, wenn Ergänzungsprodukte miteinander verglichen werden, wie etwa, Tee mit Teetassen oder Zigaretten und Raucherartikel. Keine Warenähnlichkeit besteht z.B. zwischen Schuhen und Bekleidungsartikeln. Mineralwasser und Wein sollen dagegen warenähnlich sein. ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 38 Zeichenähnlichkeit: Je größer der Grad der Übereinstimmung zwischen den zu vergleichenden Zeichen, desto eher wird man eine Verwechslungsgefahr bejahen können. Hierbei kommt es immer auf den Gesamteindruck der Zeichen im Ganzen an. Sind nur Teile der Zeichen identisch oder ähnlich, so ist zu fragen, ob diese Teile für die Zeichen prägend sind. So stimmen die Zeichen „Le-RUN“ und „falke-run“ zwar in dem Wortteil „Run“ überein, dieser ist jedoch schon aufgrund des Umstandes, dass „Run“ lediglich „Rennen“ bedeutet nicht prägend. Zeichenähnlichkeit wurde hingegen angenommen für die Zeichen Monoflam und Polyflam Evian und Revian Maß der Kennzeichnungskraft Je stärker eine Marke ein bestimmtes Unternehmen kennzeichnet, je eher also der Verkehr mit einer Marke ein bestimmtes Unternehmen in Verbindung bringt, desto eher wird Verwechslungsgefahr bejaht. Die Kennzeichnungskraft einer Marke ist in der Regel höher, je bekannter die Marke ist. Das Maß der Kennzeichnungskraft wird schwächer sein, wenn die Marke weniger originell und phantasievoll ist, so wenn es sich um reine Eigenschaftsangaben handelt, die gerade so das absolute Eintragungshindernis der Unterscheidungskraft überwunden haben. Hat sich ein Wort oder Wortbestandteil für die Beschreibung einer ganzen Branche eingebürgert, so kann diesem Wort die Kennzeichnungskraft nahezu ganz fehlen, so etwa der Bezeichnung „com“ für Produkte der Internetbranche. Der Tatbestand der Rufausbeutung setzt voraus, dass die in Rede stehende Marke derart überragend ist und es sich wirtschaftlich lohnt, deren Ruf für das eigene wirtschaftliche Fortkommen auszunutzen und die Ausbeutung in unredlicher Weise erfolgt, was dann der Fall ist, wenn vorsätzlich die fremde Marke nur wegen des eigenen Fortkommens genutzt wird. Es werden hier also vor allem wirtschaftliche Überlegungen dergestalt angestellt, ob ein unredlich Handelnder tatsächlich sinnvoll die fremde Marke nutzen kann. Zwar besitzt etwa die Marke „Salomon“ für Skischuhe und Skibindungen einen überragenden Ruf, wer diese Marke jedoch für seine Zigarettenmarke benutzt, wird daraus keinen wirtschaftlichen Vorteil zeihen können, da beide Produkte rein gar nichts miteinander zu tun haben. Ebenso besitzt „Avon“ für Kosmetikartikel einen überragenden Ruf, wer jedoch sein Schallplattengeschäft „Avon-Musik-GmbH“ nennt, handelt nicht sinnvollerweise zum Zwecke der Rufausbeutung. ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 39 Eine Rufschädigung kann vorliegen, wenn der überragende Ruf einer Marke durch eine andere Marke, die für ein minderwertiges oder heikles Produkt steht beeinträchtigt wird. So wurde dies etwa entschieden für den Vertrieb von Kondomen in einer Verpackung mit dem Aufdruck „Mars macht mobil bei Sex-Sport und Spiel“ Die entsprechenden Fälle sind doch eher selten. Fall: Ein Weinhersteller nennt sein Produkt „Revian“ . Der Inhaber des Zeichens „Evian“ (Mineralwasser) begehrt Unterlassung und Schadenersatz. Zu Recht ? Lösung: Ein Unterlassungsanspruch nach § 14 MarkenG setzt entweder Zeichenund Warenidentität, das Bestehen einer Verwechslungsgefahr oder eine Rufausbeutung bzw. Rufschädigung voraus. Für die Zeichen besteht weder Zeichen- noch Warenidentität. Im der Prüfung der Verwechslungsgefahr sind Waren- und Zeichenähnlichkeit sowie der Grad der Kennzeichnungskraft prüfen: Eine Warenähnlichkeit ist vorliegend zu bejahen, da beide Produkte Getränke darstellen. Zudem werden Mineralwasser und Wein oftmals zusammen konsumiert, so dass sich beide Produkte ergänzen. Der Grad der Warenähnlichkeit wird als eher hoch anzusetzen sein, Die Zeichenähnlichkeit ist ebenfalls als hoch zu beurteilen. „Evian“ wurde lediglich durch ein „R“ ergänzt, beide Zeichen klingen ausgesprochen auch fast identisch. Der Wortbestandteil „Evian“ kann auch durchaus als prägend für das Zeichen „Revian“ angesehen werden. Schließlich wird auch der Grad der Kennzeichnungskraft als hoch einzustufen sein. Es handelt sich bei „Evian“ zum einen um eine bekannte Marke, weiterhin ist dieser Begriff auch phantasievoll und keineswegs allgemeingebräuchlich. Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass nicht unerhebliche Teile des Verkehrs annehmen würden, das Produkt „Revian“ stamme aus dem gleichen Haus wie „Evian“. Verwechslungsgefahr ist damit zu bejahen. Der Unterlassungsanspruch besteht. Hinweise für eine Rufausbeutung oder Rufschädigung liegen nicht vor. Ein Schadenersatzanspruch ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 40 setzt zumindest fahrlässiges Verhalten voraus. Dies wird jedoch bereits dann angenommen, wenn es der Markennutzer unterlässt, sich über die Eintragung der anderen Marke bei dem DPMA (Deutsches Patent- und Markenamt) zu informieren. Dies ist hier Tatfrage. 2. Der Schutz von geschäftlichen Bezeichnungen a) Wie erlangt eine geschäftliche Bezeichnung Schutz ? Geschäftliche Bezeichnungen sind Unternehmenskennzeichen (idR. der Name des Unternehmens) und Werktitel (z.B. „Max“ „Kicker“). Der Schutz dieser Bezeichnungen beginnt im Gegensatz zur Marke grundsätzlich schon mit der Benutzungsaufnahme. Es erübrigt sich daher die Prüfung von absoluten und relativen Eintragungshindernissen. b) Wie ist eine geschäftliche Bezeichnung geschützt Gem. § 15 MarkenG gibt es grds. unter den für Marken geltenden Voraussetzungen ebenfalls Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche. Es wird daher auf die Ausführungen zu den Marken verwiesen. Zu beachten ist einerseits, dass bei geschäftlichen Bezeichnungen, die nicht unterscheidungskräftig oder freihaltebedürftig sind kaum eine Verwechslungsgefahr bestehen wird. Weiterhin spielt im Gegensatz zur Marke bei geschäftlichen Bezeichnungen das regionale Verbreitungsgebiet eine wesentliche Rolle. Der Schutz der geschäftlichen Bezeichnung erstreckt sich räumlich regelmäßig nur auf deren Benutzungsgebiet. 3. Der Schutz von geographischen Herkunftsangaben Geographische Herkunftsangaben sind Namen von Orten, Gegenden, Gebieten oder Ländern sowie sonstige Angaben oder Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, wie z.B. Lübecker Marzipan Nürnberger Lebkuchen Thüringer Bratwürste Abzugrenzen hiervon sind bloße Gattungsbezeichnungen, wie etwa Hamburger Wiener Würstchen Frankfurter ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 41 Liegt eine Geographische Herkunftsangabe vor, bestehen ebenfalls Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche bei irreführender Benutzung (§ 127 MarkenG). Ein Bratwursthersteller aus Bayern darf seine Bratwürste also nicht „Thüringer Bratwürste“ nennen, hingegen bei gleicher Rezeptur ggfs. „Bratwürste nach Thüringer Art“. Hingegen kann ein Niedersachse auch Hamburger herstellen und als solche verkaufen. Nach der EU-Verordnung 2081/92 kann eine Anmeldung als Herkunftsangabe beim Patentamt erfolgen. Der oder die Anmelder (oftmals regionale Verbände) müssen dann nachweisen, dass gerade und ausschließlich die Herstellung des Produktes in der Region mit deren historisch gewachsenem Know-how und bestimmten regionalen Zutäten einzigartig für das Produkt ist. ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ Teil 3 SEITE 42 Fernabsatzgeschäfte Bei sog. Distanzgeschäften ist der Verbraucher besonders schützenswert, weil er weder die Nähe zum Produkt noch die Nähe zu seinem Vertragspartner hat und damit das von ihm durchgeführte bzw. beabsichtigte Rechtsgeschäft oftmals nicht transparent ist. Diese Transparenz möchten die Fernabsatzvorschriften der §§ 312 b bis 312 f BGB schaffen. Diese Vorschriften basieren auf dem Fernabsatzgesetz, welches seinerseits am 30.06.2000 in Kraft getreten ist. Im Wesentlichen sehen die Fernabsatzvorschriften vor, dass der Unternehmer, der mit Hilfe von Fernkommunikationsmitteln Rechtsgeschäfte tätigt, vor und auch nach Vertragsschluss dem Verbraucher zahlreiche Pflichtangaben zukommen lassen muss. Davon abhängig bestehen Widerrufs- bzw. Rücktrittsrechte des Verbrauchers. Nachfolgend werden Anwendungsbereich und Regelungsinhalt dieser Vorschriften näher beleuchtet: 1. Anwendungsbereich der Fernabsatzvorschriften (Übersicht 16) Regelmäßig ist bei gesetzlichen Vorschriften zu fragen, ob diese überhaupt auf den zu beurteilenden Fall anwendbar sind. Ist die Anwendbarkeit zu verneinen, so ist eine inhaltliche Prüfung nicht geboten. Im Hinblick auf den Anwendungsbereich unterscheidet man zwischen dem zeitlichen Anwendungsbereich persönlichen Anwendungsbereich sachlichen Anwendungsbereich a) Zeitlicher Anwendungsbereich Die Fernabsatzvorschriften sind am 30.06.2000 in Kraft getreten. Sie gelten für alle Verträge bzw. Vertragsanbahnungen ab dem 30.06.2000. b) Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich § 312 b BGB lautet: „Fernabsatzverträge sind Verträge über die Lieferung von Waren oder über die Erbringungen von Dienstleistungen, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen werden, es sei denn, dass der Vertragsschluss ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 43 nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt. Fernkommunikationsmittel sind Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrages zwischen einem Verbraucher oder einem Unternehmer ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Vertragsparteien eingesetzt werden können, insbesondere Briefe Kataloge, Telefonanrufe, Telekopien, E-Mails sowie Rundfunk, Tele- und Mediendienste. Die Vorschriften über Anwendung auf ........“ Fernabsatzverträge finden keine Im Hinblick auf den persönlichen Anwendungsbereich verwenden die Fernabsatzvorschriften die Begriffe des „Verbrauchers“ und des „Unternehmers“. Beide Begriffe werden in § 13 und 14 BGB für alle weiteren Verbraucherschutznormen definiert. Diese sind neben den Fernabsatzvorschriften auch Vorschriften über allgemeine Geschäftsbedingungen Vorschriften zu Verbraucherkreditgeschäften Vorschriften zu Haustürwiderrufsgeschäften Verbraucher sind ausschließlich natürliche Personen, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließen, der weder einer gewerblichen noch einer selbständig beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Hiervon zu unterscheiden sind juristische Personen, wie etwa eine GmbH oder eine AG. Fall: Der Vorstandsvorsitzende V der X-AG bestellt per Telefax in einer Mercedes-Niederlassung einen neuen Mercedes der S-Klasse. Ist er Verbraucher ? Lösung: Jedermann kann sowohl Verbraucher als auch gewerblich bzw. freiberuflich tätig sein. Entscheidend ist, ob der konkrete Vertragsgegenstand vorwiegend privat genutzt wird oder nicht. Wird dieser Vertragsgegenstand, hier der Mercedes, vorwiegend privat genutzt, so gilt auch ein Vorstandsvorsitzender als Verbraucher i. S. v. § 13 BGB. Derjenige, der sich jedoch auf den Verbraucherschutz beruft, hat dessen Voraussetzungen zu beweisen. Kann V nicht nachweisen, dass er das Fahrzeug privat nutzt, so gelten für ihn die Fernabsatzvorschriften nicht. ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 44 Unternehmer ist nach § 14 Abs. 1 BGB eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die am Markt planmäßig und dauerhaft Leistungen gegen Entgelt anbietet. Auf eine Gewinnerzielung kommt es dabei nicht an. Fall: Die Privatperson X verkauft über das Internet sukzessive über 1 Jahr hinweg ihre Briefmarkensammlung. Ist sie Unternehmer i. S. v. § 14 BGB? Lösung: Eine derartig lange Zeit des Verkaufs in Teilen erfüllt den Unternehmerbegriff. Etwas anderes würde etwa gelten, wenn kein sukzessiver Verkauf vorläge, auch wenn dieser sich über 1 Jahr hinweg erstreckt oder wenn der Zeitraum des Verkaufs nur wenige Tage einnimmt. Der sachliche Anwendungsbereich der Fernabsatzvorschriften ist erfüllt, wenn Verträge über Warenlieferungen oder Dienstleistungen unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen werden, es sei denn, der Vertragsschluss ist nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt. Der Begriff der Fernkommunikationsmittel wird in § 312 b Abs.2 BGB näher erläutert. Dies sind letztlich alle Kommunikationsmittel, die ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Vertragspartner eingesetzt werden können. Das Gesetz zählt hier die wichtigsten Beispiele auf, wobei zu beachten ist, dass diese Aufzählung keinesfalls abschließend ist („insbesondere“). Rundfunk stellt den Oberbegriff für Hörfunk und Fernsehen dar. Nicht benannte Fälle sind Vertragsschlüsse per sms und zukünftig ggf. Vertragsschlüsse unter Einsatz der UMTS-Technik. Die Fernabsatzvorschriften kommen hier zur Anwendung, wenn der Vertrag unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen wurde. Anknüpfungspunkt dieses Merkmals sind die Elemente eines Vertragsschlusses, nämlich zwei, im Idealfall übereinstimmende Willenserklärungen, das sog. Angebot sowie die sog. Annahme. Angebot und Annahme müssen unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgegeben worden sein, wobei unerheblich ist, ob es sich dabei um dieselben oder verschiedene Mittel handelt. Wurde nur eine Willenserklärung ohne derartige Mittel abgegeben, so schließt dies die Anwendung der Fernabsatzvorschriften aus. Bietet etwa der Verbraucher im Ladenlokal des Unternehmers den Ankauf eines DVD-Players an und nimmt der Unternehmer daraufhin das Angebot per Telefax an, etwa weil er noch nachsehen muss, ob er das Gerät selbst erwerben kann, so ist dies kein Fernabsatzgeschäft. Fall: ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 45 Der Verbraucher V lässt sich von dem Unternehmer U in dessen Ladenlokal umfänglich zu Waschmaschinen beraten. Er geht daraufhin nach Hause und bestellt eine Waschmaschine per Telefax. Die Bestellung wird ebenfalls per Fax bestätigt. Sind die Fernabsatzvorschriften anwendbar? Lösung: Nach dem soeben Gesagten wäre hier die Anwendbarkeit der Fernabsatzvorschriften zu bejahen, da sowohl das Angebot des Verbrauchers wie auch die Annahme des Unternehmers unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln erfolgt sind. Allerdings wäre hier dem dargestellten Sinn und Zweck der Fernabsatzvorschriften nicht entsprochen, da die bei Fernabsatzgeschäften fehlende Transparenz von Vertragspartner und Produkt hier gerade vorliegt. Aus diesem Grunde nimmt die Rechtsprechung bei vorhergehendem direkten persönlichen Kontakt zwischen den Vertragspartnern regelmäßig an, dass die Fernabsatzvorschriften entgegen ihrem Wortlaut keine Anwendung finden., wenn der Verbraucher dabei über alle wesentlichen Umstände des Vertragsschlusses unterrichtet wurde und der Vertragsschluss in engem zeitlichen Zusammenhang stattfindet. Unerheblich ist, ob dieser direkte persönliche Kontakt wie im Fallbeispiel bei Vertragsanbahnung oder unmittelbar bei dem Abschluss des Vertrages stattgefunden hat. Letzter Fall läge etwa vor, wenn der Verbraucher dem Unternehmer sein Bestellungsschreiben persönlich übergibt und dieser dann die Annahme per Fax bestätigt. Die Beweislast für diesen vorherigen Kontakt trägt der Unternehmer. Findet der Vertragsabschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebsoder Dienstleistungssystems statt, so ist eine Anwendung der Fernabsatzvorschriften zu verneinen. Derartige Fälle stellen nach Vorstellung des Gesetzgebers die Ausnahme dar („es sei denn“). Nach allgemeinen Beweislastregeln gilt, dass derjenige, der sich auf die Aufnahme beruft, deren Vorliegen zu beweisen hat. Der Unternehmer müsste hier also nachweisen, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines derartigen Systems stattgefunden hat. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, ob der Unternehmer einen eigenen Vertriebskanal durch organisatorische Vorkehrungen eingerichtet hat und nicht nur gelegentlich Fernkommunikationsmitteln in Anspruch nimmt. ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 46 2. Tatbestand der Fernabsatzvorschriften a) Pflichtangaben des Unternehmers Finden die Fernabsatzvorschriften Anwendung, so bestimmt § 312 c BGB, dass der Unternehmer vor Abschluss des Vertrages und nach Abschluss des Vertrages bestimmte im Einzelnen in der BGBInformationspflichten-Verordnung aufgeführte Pflichtangaben zu übermitteln hat. Vor Abschluss des Vertrages muss der Verbraucher informiert werden über: seine Identität und Anschrift wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung, sowie darüber, wann der Vertrag zustande kommt, Mindestlaufzeit des Vertrages, falls dieser eine dauernde oder regelmäßig wiederkehrende Leistung beinhaltet, Vorbehaltsrechte bzgl. einer qualitäts- und Leistungserbringung bzw. einer Nichterbringung Preis der Ware bzw. Dienstleistung Zusatzkosten Einzelheiten bzgl. Zahlung und Lieferung das Bestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechts über den Grundtarif hinausgehende Fernkommunikationsmittel Gültigkeitsdauer befristeter Angebote, insbesondere hinsichtlich des Preises Nach Vertragsschluss sind in Informationen zur Verfügung zu stellen: preisgleichen Nutzungskosten Textform alsbald für folgende Alle oben bereits Informationen Informationen über die Bedingungen, Einzelheiten der Ausübung und Rechtsfolgen des Widerrufs- oder Rückgaberechts sowie über den Ausschluss des Widerrufsrechtes vor Vertragsschluss zu erbringenden ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ die Anschrift der Niederlassung des Unternehmers, bei der der Verbraucher Beanstandungen vorbringen kann, sowie eine ladungsfähige Anschrift des Unternehmers und bei juristischen Personen, Personenvereinigungen oder -gruppen auch den Namen eines Vertretungsberechtigten, Informationen über Kundendienst und geltende Gewährleistungsund Garantiebedingungen, die Kündigungsbedingungen bei Verträgen, die ein Dauerschuldverhältnis betreffen und für eine längere Zeit als ein Jahr oder für unbestimmte Zeit geschlossen werden. SEITE 47 b) Widerrufs- und Rückgaberechte (Übersicht 17) Wesentlich ist nun die Frage, welche Rechtsfolgen die Fernabsatzvorschriften an Verstöße des Unternehmers gegen diese Pflichtangaben knüpfen. Hierzu im Einzelnen: Verstößt der Unternehmer gegen die Pflicht zur Übermittlung der Pflichtangaben vor Vertragsschluss (§ 312 c Abs.1 BGB), dann sehen hierfür die Fernabsatzvorschriften keine Rechtsfolgen vor. Insbesondere hat ein derartiger Verstoß auf die Frage des Beginns und der Dauer des Widerrufs bzw. Rückgaberechten keinen Einfluss. Der Unternehmer kann lediglich bei planmäßigem Verstoß zur Einhaltung der Pflichtangaben von Verbraucherschutzverbänden nach dem Unterlassungsklagengesetz in Anspruch genommen werden. Im Einzelfall können auch Schadenersatzansprüche des Verbrauchers bestehen, wenn diesem – was sehr selten ist – wegen des Fehlens der Pflichtangaben ein Schaden entstanden ist. Werden von Seiten des Unternehmers entgegen § 312 Abs.2 BGB die dort aufgeführten Angaben dem Verbraucher nach Vertragsschluss nicht zur Verfügung gestellt, so hat dies unmittelbare Auswirkungen auf das Widerrufsrecht des Verbrauchers. Einzelheiten zum Widerrufsrecht sind in den unübersichtlichen Vorschriften der §§ 355, 312 d BGB geregelt. Wie bei allen Fristen ist dabei jeweils der Fristbeginn die Fristdauer das Fristende (auch ohne Fristbeginn, kann ein Recht erlöschen) zu bestimmen: Die Dauer eines Widerrufsrechts beträgt regelmäßig 2 Wochen, wobei die rechtzeitige Absendung der schriftlichen Widerrufserklärung oder der Ware selbst genügt (§ 355 Abs. 1 BGB). ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de - WETTBEWERB, MARKEN UND FERNABSATZ (RECHT II)______________________________________________________________________________________________ SEITE 48 Die Frist beginnt erst, wenn insgesamt 2 bzw. 3 Voraussetzungen vorliegen: Die Erfüllung der nach Vertragsschluss auszuhändigenden Pflichtangaben Die Lieferung der Ware (fällt naturgemäß bei Dienstleistungen weg) Die Aushändigung einer Widerrufserklärung nach § 355 Abs.2 BGB (im Gegensatz zur InfVO mit Namen und Anschrift des Widerrufsempfängers) Die Frist endet grundsätzlich 2 Wochen nach Erfüllung aller 2 bzw. 3 soeben benannten Voraussetzungen. Würde das Ende auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fallen, so endet die Frist tatsächlich erst an dem darauffolgenden Werktag (§ 193 BGB). Bei Dienstleistungen endet die Frist darüber hinaus auch, wenn der Unternehmer mit der Dienstleistung mit ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers begonnen hat. Die Widerrufsfrist endet zudem spätestens 6 Monate nach Vertragsschluss, außer der Verbraucher wurde nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt. Nach § 312 d Abs.1 BGB hat der Unternehmer die Möglichkeit, dem Verbraucher statt des Widerrufsrechts ein Rückgaberecht einzuräumen. Sinn macht dies für den Unternehmer bei Verbraucherschutzvorschriften nur, wenn diese vorsehen, dass Belehrungen über Widerrufsrechte von Verbrauchern gesondert unterzeichnet werden müssen, Belehrungen über Rückgaberechte jedoch nicht. Im Fernabsatzbereich besteht jedoch keine Verpflichtung zur gesonderten Unterzeichnung einer Widerrufsbelehrung, so dass diese Alternative hier für den Unternehmer nicht interessant ist. Fall: Verbraucher V wird im Rahmen eines Fernabsatzgeschäftes nach Vertragsschluss nicht über sein Widerrufsrecht belehrt. Nach 6 Jahren gibt er die inzwischen vollständig abgesessene Couch zurück. Ist dies möglich ? Hat der Unternehmer Gegenansprüche ? Lösung: Da die Belehrung über das Widerrufsrecht nicht erfolgt ist, beginnt die 2-wöchige Widerrufsfrist nicht zu laufen. Die Frist endete hier auch nicht nach 6 Monaten. V kann daher die Couch zurückgeben. V hat dann gem. § 357 Abs. 3 BGB Wertersatz für die Verschlechterung der Sache durch den Gebrauch zu leisten, wenn er spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde. Bei einer Wertermittlung (regelmäßig durch Sachverständige) bleibt der Gewinn des Unternehmers außer Betracht. ______________________________________________________________________________________________________ Rechtsanwalt Peter Schönberger, Unter Sachsenhausen 35, 50667 Köln 2005 RA Peter Schönberger; www.ra-sd.de