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Brüssel, den 12. September 2012
Fragen und Antworten: Kommissionsvorschlag für eine
Verordnung über das Statut und die Finanzierung
europäischer politischer Parteien und europäischer
politischer Stiftungen
Welches Ziel wird mit diesem Vorschlag verfolgt?
Die Kommission will die Organisations- und Finanzregeln für europäische politische
Parteien und ihnen angeschlossene politische Stiftungen verbessern, um deren
Sichtbarkeit, Anerkennung, Effizienz, Transparenz und Rechenschaftspflicht zu stärken.
Der Vorschlag hat weder Auswirkungen auf den EU-Haushalt noch beeinflusst er in
irgendeiner Weise künftige Entscheidungen über die Höhe der Finanzierung, die politische
Parteien und Stiftungen aus dem EU-Haushalt erhalten können.
Welche Bedeutung haben europäische politische Parteien und die
ihnen angeschlossenen politischen Stiftungen?
Politischen Parteien kommt auf Ebene der Union insofern grundlegende Bedeutung zu, als
sie laut Unionsvertrag und Grundrechte-Charta zur Herausbildung eines europäischen
politischen Bewusstseins und zum Ausdruck des politischen Willens der Unionsbürgerinnen
und Unionsbürger beitragen (Artikel 10 EUV und Artikel 12 der Grundrechte-Charta).
Mitglieder der politischen Parteien auf europäischer Ebene sind die nationalen und
regionalen Parteien aus den Mitgliedstaaten. In den meisten Fällen sind aber auch Bürger
als Mitglieder zugelassen. Sie tragen aufgrund ihrer privilegierten Position als Bindeglied
zwischen Politik und Bürger einerseits und zwischen nationaler und europäischer
politischer Ebene andererseits maßgeblich zur Stärkung der europäischen Demokratie bei
und wirken durch die Förderung des politischen Dialogs über die Landesgrenzen hinaus auf
die Herausbildung einer europäischen Öffentlichkeit hin.
Gibt es Regelungen für europäische politische Parteien?
Die Verordnung (EG) Nr. 2004/2003 regelt seit 2003 hauptsächlich die Finanzierung der
europäischen politischen Parteien und nach ihrer Änderung 2007 auch die Finanzierung
der ihnen angeschlossenen politischen Stiftungen. Derzeit gibt es auf europäischer Ebene
13 politische Parteien und 12 politische Stiftungen, die sich aus dem EU-Haushalt
insgesamt 31 Mio. EUR teilen. Obwohl sie auf europäischer Ebene anerkannt sind und
Mittel aus dem Unionshaushalt erhalten, sind sie von ihrer Rechtsform her nach wie vor
nationale Einrichtungen.
Europäische politische Parteien sind nicht mit den Fraktionen im Europäischen Parlament
gleichzusetzen, obwohl sich in Bezug auf Namen und Mitglieder mitunter gleichen.
MEMO/12/660
Warum brauchen europäische politische Parteien ein europäisches
Statut?
Das Parlament fordert ein solches Statut schon seit langem. In einer von Marietta
Giannakou (MEP) verfassten Entschließung hatte das Parlament im April 2011 seiner
Forderung erneut Ausdruck verliehen.
Europäische politische Parteien sind zu entscheidenden Akteuren im politischen Leben der
Union geworden. Bislang waren sie jedoch aus diversen Gründen – nicht zuletzt auch
aufgrund ihrer Rechtsstellung als NRO im Rechtssystem der Mitgliedstaaten – nicht in der
Lage, die ihnen von den Europäischen Verträgen übertragenen Aufgaben umfassend
wahrzunehmen.
Das europäische Statut wird den europäischen politischen Parteien die nötige
Anerkennung verschaffen und ihre Arbeit in Europa und darüber hinaus sichtbarer und
effizienter machen. Das Statut ist ein Meilenstein auf dem Weg zur Stärkung der
Demokratie in der Europäischen Union.
Die Kommission ist zuversichtlich, dass die Mitgesetzgeber die neue Regelung rechtzeitig
zum Europawahlkampf 2014 auf den Weg bringen werden.
Das Parlament fordert seit langem ein Statut für europäische
politische Parteien. Warum hat die Kommission erst jetzt einen
entsprechenden Vorschlag unterbreitet?
Die Erarbeitung eines Statuts für europäische politische Parteien ist ein ambitioniertes
Vorhaben mit weitreichenden Auswirkungen, die einer sorgfältigen Prüfung bedürfen.
Als die Verordnung (EG) Nr. 2004/2003 im Jahr 2007 geändert wurde, stand die
Kommission unter beträchtlichem Zeitdruck, weshalb sie sich damals entschied, nur
begrenzte Änderungen vorzunehmen.
Heute sind alle Voraussetzungen für die Vorlage einer zukunftsweisenden Regelung
gegeben, die europäischen politischen Parteien und Stiftungen einen völlig neuen Rahmen
vorgibt, in dem sie sich weiterentwickeln und wachsen können und der ihnen die
Bewältigung der aktuellen und künftigen Herausforderungen erleichtert.
Gibt es einen Zusammenhang zwischen diesem Vorschlag zu den
europäischen politischen Parteien und europäischen politischen
Stiftungen und dem Kommissionsvorschlag vom Februar 2012 zu
dem Statut der Europäischen Stiftung?
Die Kommission hat im Februar einen Legislativvorschlag für ein europäisches
Stiftungsstatut angenommen. Dieser Vorschlag soll gemeinnützigen Stiftungen, die im
Gesundheitswesen, Bildungswesen, in der Wissenschaft oder im Bereich der Grundrechte
tätig sind, die Arbeit über die Landesgrenzen hinaus in Europa erleichtern. Das
Europäische Parlament und Interessengruppen hatten einen solchen Vorschlag schon seit
langem für den Bereich Sozialwirtschaft und soziale Innovation gefordert.
Der Vorschlag für europäische politische Parteien und die ihnen angeschlossenen
europäischen politischen Stiftungen enthält spezifische Rechts-, Finanz- und
Verwaltungsvorschriften, die auf die Bedürfnisse dieser Einrichtungen zugeschnitten sind.
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Europäische politische Parteien und europäische politische
Stiftungen sollen beide ein europäisches Statut erhalten. Warum
enthält das Statut unterschiedliche Finanzvorschriften für Parteien
und Stiftungen?
Bei politischen Parteien und politischen Stiftungen fallen unterschiedliche Kosten an.
Politische Parteien müssen flexibel auf unvorhergesehene politische Entwicklungen oder
drängende
Fragen
reagieren
können
und
brauchen
deshalb
besondere
Finanzierungsregeln.
Europäische politische Stiftungen hingegen arbeiten ähnlich wie andere nicht-politische
Stiftungen oder Organisationen, die Mittel aus EU-Programmen erhalten, und haben
ähnliche Ausgaben. Es besteht daher kein Grund, sie aus der derzeit geltenden
Finanzhilferegelung herauszunehmen.
Welche
Voraussetzungen
gelten
für
die
Erlangung
des
europäischen Rechtsstatus und für die Inanspruchnahme einer EUFinanzierung?
Politische Parteien und Stiftungen, die durch Eintragung in ein EU-Register eine
europäische Rechtspersönlichkeit erlangen wollen, müssen gewisse Voraussetzungen
erfüllen. Sie müssen unter anderem in einer ausreichenden Zahl von EU-Mitgliedstaaten
vertreten sein sowie das Gewinnverbot und die Grundwerte der EU beachten. Darüber
hinaus müssen sie dem Vorschlag der Kommission zufolge hohen Anforderungen in Bezug
auf die interne Parteidemokratie und Verfassung sowie auf Transparenz und
Rechenschaftspflicht genügen.
Engagierte, gut organisierte länderübergreifende Bündnisse aus politischen Parteien und
Einzelpersonen können diese Anforderungen ohne Weiteres erfüllen. Wir sind
zuversichtlich, dass wir damit die Bildung neuer politischer Parteien auf europäischer
Ebene unterstützen.
Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Mitteln aus dem EU-Haushalt ist die
Eintragung als europäische politische Partei oder Stiftung. Da jedoch nur begrenzte Mittel
zur Verfügung stehen, muss eine Partei nach Dafürhalten der Kommission außerdem ein
ausreichendes Maß an europäischem Engagement und Rückhalt bei den EU-Bürgern
nachweisen, d.h. die Ansichten und Meinungen eines hinreichenden Anteils der
Unionsbevölkerung vertreten. In Anerkennung der Rolle des Europäischen Parlaments als
unmittelbare Vertretung der Unionsbürger wird die Inanspruchnahme von EU-Mitteln
deshalb an die Bedingung geknüpft, dass eine europäische politische Partei bei den
Europawahlen mindestens einen Sitz im Parlament gewinnt.
Das Wahlergebnis ist ein objektiver Maßstab sowohl für das europäische Engagement als
auch für den Rückhalt einer europäischen politischen Partei bei den Wählern. Diese
zusätzliche Anforderung sollte als Ansporn gesehen werden, sich in vollem Umfang auf der
höchsten möglichen Ebene am demokratischen Leben in Europa zu beteiligen.
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Was bedeutet die Forderung nach Achtung der Grundwerte der EU?
Müssen euroskeptische politische Parteien mit Strafen rechnen?
Alle europäischen politischen Parteien und Stiftungen müssen die Grundrechte und
grundlegenden Prinzipien achten. Hierzu zählen Achtung der Menschenwürde, Freiheit,
Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit, die Wahrung der Menschenrechte und die
Achtung von Minderheiten.
Weder mit den derzeitigen noch mit künftigen Regelungen ist beabsichtigt, eine offene,
demokratische Auseinandersetzung über die Zukunft der EU zu unterbinden.
Dürfen europäische politische Parteien in einem Mitgliedstaat an
einem Referendum teilnehmen, wenn es darin um Belange der
Europäischen Union geht?
Nein. Die Finanzierung von Referenden in den Mitgliedstaaten ist nach wie vor eine Frage
des einzelstaatlichen Rechts, auch wenn ein Referendum Belange der Europäischen Union
zum Gegenstand hat.
Welche Vorkehrungen wurden getroffen, damit die Bürger sicher
sein können, dass EU-Gelder und private Finanzmittel rechtmäßig
verwendet werden?
Die Kommission hat eine deutliche Verschärfung der Transparenz-, Rechnungslegungsund Kontrollvorschriften vorgeschlagen. Nach der neuen Regelung wäre das Europäische
Parlament beispielsweise verpflichtet, detaillierte Angaben über die Anerkennungs- und
Finanzierungsverfahren zu veröffentlichen, einschließlich Jahresabschlüsse, Spender- und
Mitgliederlisten sowie Satzungen und sonstiger Unterlagen, die bei der Eintragung
vorzulegen sind.
Darüber hinaus enthält der Vorschlag umfassende Kontrollvorschriften für die Vergabe und
Verwendung sowohl von EU-Geldern als auch privaten Zuwendungen. Dies erfordert
Abstimmung und Informationsaustausch zwischen den zuständigen EU-Stellen und
nationalen Behörden.
Des Weiteren schlägt die Kommission eine solide Sanktionsregelung vor, die je nach Art
des Verstoßes von Geldbußen bis hin zum Entzug des europäischen Rechtsstatus reicht.
Um einem Missbrauch der Finanzvorschriften vorzubeugen, wird die Anzahl der im
Europäischen Parlament vertretenen Parteimitglieder nur dann zur Bestimmung der Höhe
des Betrags herangezogen, der einer Partei aus dem EU-Haushalt gewährt wird, wenn
diese Abgeordneten auch bei der europäischen politischen Partei bleiben, der ihre
nationale oder regionale Partei angeschlossen ist. Damit dürfte eine größere Transparenz
und Verantwortung gegenüber den Unionsbürgern und –wählern gewährleistet sein.
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Ändert
das
europäische
Statut
etwas
an
den
Beschäftigungsbedingungen der Mitarbeiter politischer Parteien?
Nein. Artikel 224 AEUV erstreckt sich weder auf das Arbeits- noch auf das Steuerrecht.
Die Kommission schlägt allerdings zur Förderung der Eigenfinanzierung der europäischen
politischen Parteien und Stiftungen vor, dass Spenden aus dem Ausland steuerlich
genauso behandelt werden wie Spenden aus dem Inland.
Warum hat die Kommission ihren Statutsvorschlag mit einem
Arbeitspapier zur Haushaltsordnung ergänzt? Warum gibt es nicht
zwei förmliche Rechtsetzungsvorschläge?
Die Haushaltsordnung wird zurzeit überarbeitet. Die Mitgesetzgeber haben sich bereits
förmlich über eine geänderte Fassung der Verordnung geeinigt, so dass diese nicht mehr
geändert werden kann, obwohl sie noch nicht in Kraft getreten ist.
Die dem Vorschlag beigefügte Arbeitsunterlage wurde jedoch von der Kommission
angenommen. Sie wird in einen Legislativvorschlag umgewandelt, sobald die geänderte
Haushaltsordnung förmlich erlassen ist.
Beide Vorlagen sind daher als Paket anzusehen.
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