Mögliche PrÜfungsfragen Blockkurs Rechtsmedizin

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Mögliche Prüfungsfragen Blockkurs Rechtsmedizin
1. Medizin
1. Warum ist Rechtsmedizin für jeden Arzt wichtig?
Jeder Arzt
... muss in der Lage sein, eine Leichenschau durchzuführen
... muss in der Lage sein, einen Totenschein korrekt auszufüllen
... sollte Traumata und die dazugehörigen anamnestischen Angaben richtig einschätzen
können (z.B. multiple Hämatome unterschiedlichen Alters bei nur einem
Sturzereignis)
... sollte unterschiedliche Intoxikationen und deren Folgen beurteilen können
2. Definition des nicht natürlichen Todesfalles?
„Nicht - natürlich“ ist ein Todesfall, der auf ein von außen verursachtes, ausgelöstes
oder beeinflusstes Geschehen zurückzuführen ist. Dies ist unabhängig von der
Verschuldensfrage, weswegen auch Unfälle oder Suizide zu den „nicht - natürlichen
Todesfällen gerechnet werden.
3. Aufgaben bei der ärztlichen Leichenschau?

Feststellung des Todes

Feststellung der Todesart

Feststellung der Personalien

Feststellung der Todesursachen

Feststellung der Todeszeit

Feststellung des Grundleidens
4. Meldewesen bei der Leichenschau?
Im Rahmen der Leichenschau unterliegt der Arzt einer Meldepflicht bei ...

nicht natürlichem oder ungeklärtem Tod (→ Polizeibehörde)

unbekannten Toten (→ Polizeibehörde)

bestimmten ansteckenden Krankheiten (→ Gesundheitsbehörde)
5. Wie stellt der Arzt sicher den eingetretenen Tod fest? (3 sichere Todeszeichen!)

Totenstarre

Leichenflecken

Fäulnis / Verwesung

Verletzungen, die mit dem Leben nicht vereinbar sind (“Kopf ab”)
6. Scheintod- Definition, Vorkommen
Beim Scheintod (Vita minima / Vita reducta) ist der Betroffene bewußtlos und scheinbar
ohne Lebenszeichen wie Puls oder Atmung. Es fehlen aber auch die sicheren
Todeszeichen. Man findet diesen Zustand besonders bei Vergiftungen oder bei der
Unterkühlung.
7. Definition Klinischer Tod, Individualtod, Hirntod, Organtod?
Klinischer Tod
Reversibler Atemstillstand bei Puls- und Bewußtlosigkeit, Zyanose und weiten,
lichtstarren Pupillen.
Individualtod
Irreversibler Herzstillstand und / oder irreversibler Hirnausfall, nicht reanimierbar, aber
an Herz-Lungenmaschine am „Leben“ zu erhaltender Organismus.
Hirntod
Unter dem Begriff Hirntod versteht man den irreversiblen Gesamtausfall der Funktion
des Groß – und Kleinhirns sowie des Hirnstamms bei einer durch kontrollierte Beatmung
künstlich
noch
aufrechterhaltenen
Herz-Kreislauffunktion.
Mit
dem
Hirntod
ist
naturwissenschaftlich-medizinisch der Tod des Menschen festgestellt.
Organtod
Endgültiger Funktionsausfall der Organe und Organsysteme.
8. Todesarten? Unterschied Todesart-Todesursache?
Todesarten:
 natürlich
 nicht natürlich
 ungeklärt
Die Todesart bezeichnet, ob es sich um einen natürlichen oder nicht natürlichen Tod
handelt.
Die Todesursache konkretisiert diesen Sachverhalt, indem beschrieben wird, ob es sich
z.B. um eine Schussverletzung oder einen Herzinfarkt handelt.
9. Strenge Definition des natürlichen Todes
Ein „natürlicher“ Tod ist ein Tod aus krankhafter Ursache, der völlig unabhängig von
rechtlich bedeutsamen äußeren Faktoren eingetreten ist.
10. Was versteht man unter Todesursache?
Eine Todesursache ist Etwas, das den Tod eines Menschen hervorgerufen hat. Beim
natürlichen Tod kann das z.B. ein Herzinfarkt oder ein Apoplex sein, beim nicht
natürlichen Tod z.B. Schuss – oder Stichverletzungen, stumpfe Gewalt oder ein
Schütteltrauma.
Hierbei
ist
zu
beachten,
dass
auch
vermeintlich
natürliche
Todesursachen wie eine Lungenembolie durchaus nicht - natürlichen Ursprungs sein
können.
Beispiel:
Autounfall → lange Bettlägerigkeit → tiefe Beinvenenthrombose
→ Lungenembolie → Tod
11. Was sind die wichtigsten Hilfsmittel für die Todeszeitbestimmung?
Verhalten der Totenflecken
nach 20 - 30 Minuten
Erstes Auftreten
bis ca. 3 - 4 Stunden post mortem
Totenflecken wegstreichbar
bis ca. 20 - 30 Stunden post mortem
auf kräftigen Fingerdruck verdrängbar
Verhalten der Totenstarre
nach ca. 2 - 3 Stunden
erstes Auftreten
(bei normaler Raumtemperatur)
bis ca. 8 Stunden
zunehmend schwerer überwindbar
nach 8 Stunden
Vollständige Ausbildung
nach ca. 2 - 3 Tagen (Temperaturabhängig)
spontane Lösung durch Autolyse
Auskühlung



In den ersten 2 Stunden postmortal praktisch keine Abkühlung (Plateaubildung)
steilerer Abfall bis ca. 27 Grad,
flacherer Abfall bis zur Angleichung an Außentemperatur (S-förmiger oder
sigmoidaler Kurvenverlauf).
Faustregel nach 2. Stunde p.m.: Abfall von 0,5 - 1 Grad Celsius pro Stunde.
Muskelreaktion auf mechanischen oder elektrischen Reiz
Schlag auf Armmuskel mit schwerem
Reflexhammer: Auslösung einer lokalen
Muskelkontraktion (idiomuskulärer Wulst)
definierte elektrische Reizung der mimischen
Gesichtsmuskulatur
bis ca. 8 - 10 Std. post mortem
bis ca. 15 Std. post mortem
Beurteilung des Mageninhaltes
Der Füllungszustand des Magens und der Verdauungszustand der Speisen können bei
bekannter letzter Mahlzeit zur groben Schätzung der Todeszeit herangezogen werden.
Kriminalistische Todeszeitschätzung

aufgeschlagenes TV-Programm

letzte Leerung des Briefkastens

neueste Zeitungen in der Wohnung

letzter Gebrauch von passwortgeschütztem Computer/Handy
12. Obduktionsindikationen?

Jeder Todesfall mit möglicher Fremdverantwortung (z.B. beim Unfall im
Strassenverkehr)

Bei jedem, auch beim "klaren" Tötungsdelikt mit "geständigem" Täter.

Möglicher Zusammenhang zwischen vorausgegangener Gewalteinwirkung und
Todeseintritt (z.B. Spättodesfälle nach einer Schlägerei)

Mögliche Hinweise auf Veränderungen an oder im Umfeld der Leiche (z.B. nicht
lagegerechte Totenflecken)

Bei ungeklärter Todesart

Bei plötzlichem Tod im Säuglingsalter (z.B. Ausschluss von Fremdeinwirkung, vor
allem Schütteltrauma)

Beim plötzlichen und unerwarteten Tod ohne Hinweise auf eine Erkrankung

Bei sog. "Problemleichen" (z.B. Eisenbahn - , Wasser - , Brandleiche)

Bei nicht identifizierten Leichen

Beim plötzlichen Tod am Steuer eines Fahrzeuges (auch wichtig für Angehörige
wegen Leistungen einer Unfallversicherung).
13. Frühe und späte postmortale Veränderungen?
Frühe postmortale Veränderungen

Totenstarre

Leichenflecken

Fäulnis / Verwesung
Späte postmortale Veränderungen

Fäulnis

Mumifikation

Autolyse

Skelettierung

Verwesung

Fettwachsbildung
14. Was verstehen Sie unter einer agonalen Verletzung?
Unter agonalen (= kämpferisch) Verletzungen versteht man solche, die während des
Todeseintrittes entstanden sind. Sie weisen nur ganz diskrete Vitalzeichen auf.
15. Was verstehen Sie unter einer Vitalreaktion?
Unter Vitalreaktionen versteht man Befunde, die darauf hinweisen, dass die
schädigende Einwirkung auf den Körper während des Lebens stattgefunden hat.
16. Was ist eine supravitale Erscheinung?
Supravitale (= überlebend) Erscheinungen sind solche, die nach dem Eintritt des
Individualtodes, aber noch vor dem Absterben der letzten Zelle zu finden sind.

Reaktion der Skelettmuskulatur auf elektrische oder mechanische Reize

Pupillenreaktion auf Augentropfen (Mydriatica bzw. Myotica)

Fortbestehen der Reagibilität des Blutgerinnungssystems oder der Spermien
17. Was verstehen Sie unter einer braunen Hautvertrocknung?
Bei einem Verstorbenen sind frische Exkoriationen (Abschürfungen) häufig schwierig zu
erkennen. Nach einem Zeitraum von mehreren Stunden entwickeln sie sich jedoch zu
einer lederartigen, bräunlichen Vertrocknung. Man geht davon aus, dass die
Verdunstung von Gewebsflüssigkeit hierfür verantwortlich ist.
18. Welches sind die Kriterien der Quetschwunde?

Bei einer Quetschung wird das Weichteilgewebe zwischen zwei harten
Gegenständen so fest zusammengedrückt, dass Blutgefäße geschädigt werden
und so Blut in das umgebende Gewebe übertritt.

Zudem können Muskulatur, Nerven, Sehnen oder Bänder geschädigt werden.

Bei großer Gewalteinwirkung Öffnung der Haut:
o unregelmäßig
gezackte
und
oftmals
zerfetzte,
blutunterlaufene
Wundränder
o Schürfungssäume um die Wunde herum
o Gewebsbrücken in der Tiefe
o Unterminierung der Wundränder

Hohe Infektionsgefahr bei offenen Quetschwunden

Formen: Linear, mehrstrahlig, U-förmig, etc.
19. Was eignet sich besser zur Rekonstruktion des Tatwerkzeuges: ein Hämatom
oder eine intracutane Blutung?
Intracutane Blutungen sind geformte Hauteinblutungen und können als Positiv-„Abdruck“
(z.B. Schuhsohle) oder Negativ-„Abdruck“ (z.B. Doppelkontur bei Stockhieb) genutzt
werden. Hämatome dagegen breiten sich diffus aus und eignen sich daher weniger zur
Rekonstruktion des Tatwerkzeugs.
20. Wie lassen sich Sturz- von Schlagverletzungen am Kopf unterscheiden?

Wird auf einen fixierten Kopf geschlagen, sind Schädel - und / oder Gehirnläsion
auf derselben Seite.

Bei der Sturzverletzung wird der fallende Kopf durch den Aufprall unvermittelt
gebremst. Daher findet sich eine Gehirnläsion gewöhnlich auch auf der
kontralateralen Seite (siehe Frage 21).
Die „Hutkrempenregel“ besagt, dass ein Schlag eine Verletzung über der Hutkrempe,
der Sturz dagegen eine Verletzung unter der Hutkrempe hervorruft. Dies gilt allerdings
nur bei einem Sturz auf ebener Erde.
21. Was ist ein Contre-Coup?
Coup (Aufprallseite) – Schädigung des Hirngewebes am Ort des Aufpralls, die Kalotte
bewegt sich zum Hirngewebe hin. Beim Contre-coup (dem Aufprall gegenüberliegenden
Seite) bewegt sich das Hirn beim Dezelerationstrauma (= komplexes Verletzungsmuster
nach Sturz aus der Höhe) zum Schädelknochen hin. Dabei können die Contre-coupVerletzungen oft größer sein, als die Läsionen beim Coup. Wichtigster Mechanismus ist
dabei der Druck bzw. Unterdruck durch den Aufprall, der sich im gesamten
Schädelinnenraum verteilt und so eine direkte Druckschädigung des Gehirns und
Zerreißungen der Blutgefäße verursachen kann.
22. Welche Formen der Schädelbrüche kennen Sie und wie kommen sie
zustande?
Arten der Schädelfrakturen
a) geformte Brüche (Impressionen)
b) als Übergangsformen zwischen geformten und ungeformten Brüchen, die
„Terrassenbrüche“
c) ungeformte Brüche (Biegungs- und Berstungsbrüche)
(O. Prokop, 1975)
Lochbruch, geformter Bruch

Bei Schlag oder Sturz auf eine kleine Fläche wird ein Teilstück des
Schädelknochens wie ausgestanzt in das Innere des Schädels gedrückt
Terrassenbruch

Ein Teil des Schädelknochens wird wie bei einem Lochbruch ausgestanzt, an
einer Seite dagegen brechen kleine parallele Teilstücke aus der Schädelkalotte
und bilden terrassenstufenartig eine Verbindung zwischen der ursprünglichen
Schädeloberfläche und dem eingedrückten Knochenstück

Die betroffene Fläche ist größer als 4x4 cm
Biegungsbruch

Der Schädel wird an der Stelle des Aufschlages eingebogen

Die Fraktur ist auf die Biegeüberlastung der Tabula externa zurückzuführen und
verläuft kreisbogenförmig um die Aufprallfläche herum
Berstungsbruch

Die Einwirkung der stumpfer Gewalt erfolgt flächenhaft.

So kommt es zur Verformung des ganzen Schädels und nicht wie beim
Biegungsbruch nur eines Schädelteils.

Es entstehen sternförmige Frakturlinien, wobei auch Fragmente eingedrückt
werden können.
23. Welche Formen von traumatischen intrakraniellen Blutungen kennen Sie und
wie entstehen sie meistens?
Formen der intrakraniellen Blutung:

epidural = zwischen harter Hirnhaut und Knochen

subdural = zwischen weicher und harter Hirnhaut

subarachnoidal = zwischen weicher Hirnhaut und Gehirn
Ursachen:

Bei jungen Patienten bis zum 30. Lebensjahr stellen Verkehrsunfälle die häufigste
Ursache für ein Schädelhirntrauma dar.

Bei den über 70jährigen sind es vor allem Stürze, die zu intrakraniellen Blutungen
führen können.

Stürze findet man allerdings auch bei jüngeren Menschen mit Alkoholproblem. Da
bei ihnen häufig die Schutzreflexe außer Kraft gesetzt sind, kommen Stürze mit
Aufprall auf den Kopf vermehrt vor. Ist die Gerinnung durch einen Leberschaden
gestört, wird die intrakranielle Blutung dadurch begünstigt und verkompliziert.

Weitere Ursachen sind:
o Arbeits- und Sportunfälle
o Unfälle im häuslichen Umfeld
o perforierende Verletzungen (z. B. Schussverletzungen)
o stumpfe Gewalt (z. B. Schlag).
24. Was verstehen Sie unter einem Schütteltrauma?
Das Schütteltrauma ist eine Form der Kindesmisshandlung, die äusserlich meist keine
Verletzungen hinterlässt. Als Motiv wird durchweg ein nicht stillbares Schreien eines
Säuglings angegeben.
Das Problem besteht darin, dass der Kopf des Säuglings groß und schwer ist, jedoch
ungenügend durch Muskeln gehalten wird. Beim Schütteln kommt es zu einer hohen
Winkelbeschleunigung. Es kommt zu einem Rotationstrauma des Kopfes mit …

Zerreissung von Brückenvenen

subduralen Blutungen

schweren diffusen Hirnschädigungen → Hirndrucksteigerung
Praktisch beweisend für ein Schütteltrauma sind Netzhautblutungen. Circa 25 % der
geschüttelten Kinder versterben, von den Überlebenden behalten rund 75% bleibende
Schäden.
25. Was ist die rechtsmedizinische Aufgabe beim tödlichen Verkehrsunfall?

Einschätzung medizinischer Unfallursachen wie Krankheit oder Medikamenten –
bzw. Drogenabusus

Rekonstruktion des Unfallgeschenes

Herstellung eines Zusammenhangs zwischen Unfall und Tod (möglicherweise ist
der Unfall ja durch einen plötzlichen Herzstillstand hervorgerufen worden und war
daher nicht die Todesursache)

Beurteilung, ob Schutzvorrichtung wie Sicherheitsgurte gebraucht wurden (ggf.
rühren schwerere Verletzungen von deren Nicht-Gebrauch her)

Einschätzung, wer der Lenker des Fahrzeugs war (ggf. könnte dem Nicht –
Überlebenden die Schuld zugewiesen werd, um Straffreiheit zu erreichen)
26. Wo sind typische Verletzungen bei einem angefahrenen Fußgänger zu finden?
Anprallverletzung

meist am Unterschenkel durch Kontakt mit der Stossstange

unter Umständen ist auch die Hüfte und / oder Oberschenkel durch Kotflügel
oder Motorhaube betroffen
Aufprallverletzung

Hier stehen in erster Linie Verletzungen des Kopfes durch Aufprall an die
Windschutzscheibe oder den Dachrand im Vordergrund
Sekundäre Sturzverletzung

Sie entstehen durch den „Abwurf“ auf die Strasse
27. Wie können Sie eine Stich- von einer Schnittwunde unterscheiden?
Stich
Schnitt
tiefer als lang
länger als tief
Wundränder scharf, glattwandig, keine Gewebebrücken
Wundwinkel bei doppelschneidigem
Wundwinkel spitz und ausgezogen
Werkzeug beidseits spitz, bei ein schneidigem Werkzeug an der Seite des
Messerrückens abgerundet
28. Warum ist der Pulsaderschnitt oft nicht tödlich?
Der Pulsaderschnitt ist oft nicht tödlich, weil Querschnitte am Handgelenk ausgeführt
werden. Man muss sehr tief schneiden, um eine Arterie zu verletzen. Hinzu kommt, dass
Arterien unter einer Längsspannung stehen, so dass sich die durchtrennte Arterie an
den Rändern einrollt, was die Blutung zum Stillstand bringen kann.
29. Was sind Probier- oder Zauderschnitte / -stiche?
Probier- oder Zauderschnitte / - stiche sind nicht tödliche Verletzung, die ein Mensch mit
Suizidabsicht zur Prüfung der Schmerzempfindlichkeit und zur Überwindung der
psychologischen Hemmschwelle vornimmt.
30. Welche Todesursachen kommen Ihnen beim Halsschnitt in den Sinn?

Verbluten

Aspiration von Blut

Luftembolie bei Verletzung einer Halsvene
31. Was versteht man unter halbscharfer Gewalt?
Im Gegensatz zur scharfen Gewalt, bei der scharfe oder spitze Gegenstände wie
Messer oder Scheren genutzt werden, entsteht halbscharfe Gewalt durch das Einwirken
z.B. von Äxten oder Hacken und entspricht eher einer Hiebverletzung.
32. Wie unterscheiden Sie den Einschuss vom Ausschuss?
Ein Durchschuss hinterlässt im Körper ein Einschussloch, einen Schusskanal und eine
Ausschussöffnung.
Charakteristika des Einschusses

Das Einschussloch ist in der Regel rund, kann aber auch oval sein, falls das
Projektil schräg auftrifft. An das
trifft das Einschussloch schließt sich der
Abstreifring an. Hier werden werden Öl – oder Schmutzreste, die im Waffenlauf
auf das Projektil übertragen wurden abgestreift, das Projektil reinigt sich quasi.
Ein Abstreifring kann fehlen, wenn das Projektil vorher durch Kleidung o.ä.
gegangen ist.

Die Ränder des Einschussloches trocknen ringförmig ein. Man bezeichnet sie
dann Vertrocknungs- oder Schürfsaum. Dieser Bereich entsteht durch die
Freisetzung kleinster Gewebeteilchen beim Eindringen in die Haut.

Außerhalb des Schürfsaums kann es zusätzlich zur Entstehung eines
Kontusionssaumes kommen, der durch Zerreissung von Blutgefäßen entsteht.

Ein weiteres Zeichen für einen Einschuss ist (sofern der Schuss durch die
Kleidung ging) die Einschleppung von Textilfasern in den ersten Anteil des
Schusskanals. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass bei einem Schuss mit
einem Hochgeschwindigkeitsgeschoss auch Textilfasern im Ausschussloch
gefunden werden können.
Charakteristika des Ausschusses

Das Ausschussloch kann in ihrer Größe (manchmal die Ausschussöffnung größer
als die Einschusswunde) und Form (rund, oval bis mehrstrahlig) sehr variabel
sein.

Es
entsteht
kein
Substanzdefekt,
d.h.
wenn
man
die
Hautfetzen
im
Ausschussbereich zusammensetzt (Adaptierbarkeit!), ist die Hautdecke wieder
geschlossen.

Im Gegensatz zum Einschuss sind die Wundränder der Ausschussöffnung
adaptierbar.

Bei platten Knochen kann es zu einer richterförmige Erweiterung des
Schusskanals nach aussen kommen.

Im Übrigen ist eine Ausschussöffnung am Fehlen der oben genannten
Charakteristika des Einschusses zu erkennen.
33. Was sind sichere Einschusszeichen?
Sichere Einschusszeichen sind ...

Abstreifring / Randschwärzung um den Substanzdefekt: Abstreifung von Schmutz
auf dem Projektil

Pulverschmauch (grau-schwarz, „metallisch“)

Stanzmarke beim absoluten Nahschuss
34. Was ist ein absoluter, was ein relativer Nahschuss und was ein Fernschuss?

Absoluter Nahschuss: Waffe wird aufgesetzt

Relativer Nahschuss: Distanz etwa 1 m

Fernschuss: Distanz mehr als 1 m
35. Was entscheidet über die Grösse des Ausschusses?
Größe
und
Form der Ausschusswunde können
stark variieren.
So
ist die
Ausschusswunde oft größer als das Einschussloch. Der Grund hierfür liegt einerseits in
einer möglichen Verkantung oder Deformierung des Projektils. Außerdem können
mitgerissene Gewebeteile (im besonderen Knochensplitter) die Größe und Gestalt der
Ausschussöffnung beeinflussen.
36. Wie asservieren Sie exzidierte Ein- und Ausschlusslücken ?

Schussdefekte
im Bereich der Bekleidung nicht zerstören
(z.B. durch
Aufschneiden)

Projektile sollte man nicht mit Metallpinzetten erntfernen, da sonst ihr
waffenspezifisches Erkennungmuster verändert werden könnte

Fotosdokumentation der Wunden mit Massstab

Großzügige Ausschneidung von Schusswunden, dabei sollten sie am oberen
ende mit einem Faden markiert werden, um später die Lage im Körper
nachvollziehen zu können

Da die Gefahr einer Schrumpfung besteht, sollten die Exzisate nicht in Formalin
eingelegt, sondern in
NaCl-feuchte Gaze eingewickelt und dann in einem
Kühlschrank gelagert werden
37. Was verstehen Sie unter einem Bolustod?
Verklemmt sich beim Schlucken ein großer Bissen so im Hals, dass er auch durch
heftiges Husten nicht mehr gelöst werden kann, kann es durch vagale Reizung des
Kehlkopfes
oder
des
Rachens
zu
einem
plötzlichen
reflektorischen
Herz-
Kreislaufstilland kommen. Dies geschieht im Gegensatz zum Ersticken blitzartig und
wird als Bolustod bezeichnet.
38. Welche Formen des Erstickens kennen Sie?
Form
Beispiel
Sauerstoffmangel in Aussenluft
Kind im Kühlschrank
Verlegung der Atemwege
durch Plastiksack um den Kopf, Knebel
Behinderung des Gasaustauschs in der Lunge
durch Aspiration oder Ertrinken
Behinderung des Gasaustauschs in der Lunge
durch Aspiration oder Ertrinken
Behinderung der Thoraxexkursion
durch Verschüttung
Toxisch
durch Muskelrelaxantien oder Kampfgifte
„inneres Ersticken“
durch Vergiftung mit Kohlenmonoxid
beidseitiger Pneumothorax
Strangulation
39. Welche Formen der Strangulation kennen und wie unterscheiden sie sich
hinsichtlich Befunden?
→ Formen

Erhängen

Erdrosseln

Erwürgen
→ Äusserliche Befunde
Strangmarke (Schürfung und Vertrocknung) / Strangfurche (vertiefter, oft geformter
Abdruck des Strangwerkzeuges)

beim Erhängen: ansteigend, meist nicht zirkulär

beim Drosseln: horizontal, zirkulär
Würgemale

unregelmässige Hautabschürfungen und Hauteinblutungen
Stauungsblutungen

Ursache ist ein venöses Abflusshinderniss bei (reduziert) erhaltenem arteriellen
Zufluss

Zu
finden
sind
Stauungsblutungen
im
Bereich
der
Konjunktiven,
Nasenschleimhäute, Trommelfell, Gesichtshaut, Augenlider oder hinter den
Ohren

Sie fehlen meist beim typischen Erhängen

Üblicherweise sehr ausgeprägt beim Drosseln und Würgen.
Schleimabrinnspur

„Speichelfaden“ beim Erhängen
40. Was ist die Todesursache beim Erhängen?

Abschnürung der Blutversorgung des Gehirns

Versperren der Atemwege → Ersticken

Verletzung der Wirbelsäule bzw. Genickbruch
41. Welcher (inobligate) äussere Befund weist auf ein Ertrinken hin?
Der Schaumpilz vor Mund oder Nase weist auf ein Ertrinken hin. Es kommt durch die
letzten Atembewegungen zu einer feinblasigen Verquirlung des aspirierten Wassers mit
der bronchialen Restluft und dem verstärkt gebildeten Bronchialsekret (sein Proteinanteil
verfestigt den Schaumpilz).
42. Wie unterscheidet man typisches und atypisches Ertrinken?
Typisches Ertrinken geschieht bei vollem Bewusstsein und erhaltenen Schutzreflexen.
Es findet ein Überlebenskampf gegen das Untersinken statt.
Kennzeichen:

Schaumpilz vor Mund und Nase,

trockene, grosse (!) Lungen,

Wasser im Magen
Beim atypischen Ertrinken wird eine Bewusstseinstrübung und gestörte Schutzreflexe
vorausgesetzt. Ursache hierfür kann ein Myokardinfarkt, ein Apoplex oder eine
Intoxikation sein. Der Betroffene gelangt nach dem Untergehen nicht mehr an die
Wasseroberfläche.
Kennzeichen:

kein Schaumpilz,

feuchte, schwere Lungen
43. Warum ist die Wasserleiche eine Problemleiche?

Der Fundort entspricht oft nicht dem Ereignisort, da die Leiche durch die
Bewegung des Wassers eine Positionsänderung erfährt

Die Todeszeitschätzung ist erschwert (siehe Frage 44)

In fliessenden Gewässern kann der Leichnam entkleidet werden, somit fehlen
Kennzeichen, die beispielsweise mit den Angaben von suchenden Angehörigen
korrelieren

Oft entsteht Fäulnis, weil der Leichnam erst durch die Fäulnisgase an die
Oberfläche gelangt
44. Welche besonderen Leichenzeichen können Wasserleichen aufweisen?

An den Aufliegestellen einer Leiche findet man gemeinhin aufgrund der äußeren
Gefäßkompression keine Leichenflecken. Den gleichen Effekt kann der
Wasserdruck auf den Toten ausüben. Daher fehlen häufig die Leichenflecken
oder sind nur spärlich vorhanden.

Oft besteht keine Totenstarre bei Leichen aus fließenden Gewässern, da die
Leiche dauernd bewegt wird und sich die Starre nicht ausbilden kann.

Fettwachsbildung
45. Was ist eine Strommarke und unter welchen Voraussetzungen entsteht sie?
Strommarken (auch Blitzmarken) sind Verletzungen, die durch lokale Hitzewirkung an
der Durchtrittstelle des Stromes auf der Haut entstehen. Sie entsprechen einer
Verbrennung
2.
–
4.
Grades.
Im
Bereich
der
Niederspannung
muss
das
spannungsführende Teil berührt werden.
Bei Hochspannung (gilt auch für Blitze) tritt ein Stromfluss bereits vor einer möglichen
Leiterberührung durch einen Lichtbogen auf. Da der Lichtbogen sehr heiß ist, kommt es
augenblicklich zu starken thermischen Schäden am Stromeintritts- bzw. - austrittspunkt.
46. Worauf müssen Sie achten, wenn jemand tot in der Badewanne aufgefunden
wird?
Findet ein Mensch einen plötzlichen Tod in der Badewanne (Herztod, Stromtod,
Intoxikation, epileptischer Anfall), so wird man meist keine Zeichen für eine typisches
(insbesondere Schaumpilz) oder atypisches Ertrinken finden, weil keinerlei Aspiration
stattfindet. Da ein Tot in der Badewanne häufig mit einem Stromtod assoziiert wird,
sollte man auf Elektrogeräte im Bad achten. Eine Strommarke kann in diesem speziellen
Fall fehlen, da es in der Badewanne ein großflächigen Kontakt mit stromführenden
Teilen erfolgt. Hier käme es zur Ausbildung einer Strommarke, wenn das Opfer
Hautkontakt zu Metallteilen gehabt hätte (z.B. Ferse am Badewannenabfluss).
47. Welche Vergiftungen können hinweisende Befunde bei der Leichenschau
liefern?
Verdächtiger oder
z.B. bei organophosphathaltigen Insektiziden oder
auffälliger Geruch
Kaliumcyanid
Leichenflecken
Hellrote Leichenflecken
– Kohlenmonoxid, Zyanide
Braungraue Leichenflecken
– Methämoglobin-Bildner (Nitrate)
Holzer - Blasen
Hinweis auf Barbiturat-Intoxikationen
Überwiegend an druckbelasteter Haut
(z.B. Trochanter, Fußknöchel, Finger - oder
Zehenrücken, Wirbelsäule)
Injektionsstellen
evtl. Zuführung des Toxins durch Dritte
Verätzungen
durch stark ätzende Stoffe wie Säuren (z.B. Schwefelsäure
aus Autobatterien), hier ist auch auf Verätzungen von
Speiseröhre und Magen zu achten
Haarverlust
Eventueller Hinweis auf eine einige Tage zurückliegende
Einnahme von z.B. thalliumhaltigem Rattengift oder
Chemotherapeutica
Temperatur
Eine starke Temperaturerhöhung kann als
Begleiterscheinung einer tödlich verlaufenden Intoxikation
(z.B. durch synthetische Drogen) auftreten
48. Hellrote Totenflecken kommen bei der CO-Vergiftung und bei der in der Kälte
aufgefundenen Leiche vor. Wie können Sie differenzieren?
Bei CO-Vergiftung sind auch Nagelbetten der Fingernägel rot, dies ist bei Kälte nicht der
Fall.
49. Was sind typische Unterkühlungsbefunde?
Leichenschau

Im Vergleich zum Befund von
Leichenstarre und - flecken zu tiefe
Rektaltemperatur

Pernionen (Frostbeulen): blaurot,
geschwollen (Knie, Ellbogen)

Kälteerytheme

hellrote Totenflecken außer an den
Nagelbetten: Hinweis auf Kälte, aber
kein Beweis für Unterkühlung
Obduktion

hämorrhagische
Magenschleimhauterosionen
(Wischnewski - Flecken)

Nierentubulusverfettungen

Pankreasblutungen

Blutungen in einigen inneren Muskeln
wie dem Mm. psoas oder ileopsoas
Die Kombination von Kälteerythemen und Magenschleimhauterosionen ist typisch für Unterkühlungen
und wird in einem anderem Zusammenhang nicht gefunden.
50. Warum ist eine Obduktion bei Brandleichen immer sinnvoll?
Bei Brandleichen kann die Ursache des Todes ein Unfall sein (z.B. Rauchen im Bett).
Möglicherweise
erfolgte
die
Brandlegung
jedoch,
um
jemanden
umzubringen
(„Brandmord“) oder um Spuren nach Tötung („Mordbrand“) oder Suizid zu vernichten.
51. Welche Identifikationsverfahren kennen Sie?
1. Identifikation durch Angehörige (Direktkonfrontation):
=> unsicher

Angehörige sehen gerade bei „unschönen“ Leichen oft nicht richtig hin

Angehörige erkennen oft ihre Verwandten trotz gut erhaltener Leiche nicht

Angehörige identifizieren jemanden zu Unrecht sicher
2. Identifikation durch Effekten (Kleider, Ausweispapiere u.ä.)
=> unsicher

… je weniger fest die Effekten direkt mit dem Körper verbunden sind

… je undurchsichtiger oder krimineller das Milieu ist

Kein Verlass auf Namens-Einnäher, da ein Kleidertausch stattgefunden haben
könnte
3. Identifikation durch Fingerabdruck (Dactyloskopie)
=> sicher

Gutes Verfahren, wenn es sich um eine bereits erfasste Person handelt.

Bei
faulen
oder
mumifizierten
Leichen
müssen
die
Finger
aufwändig
(z.B.
„Tsunami-
„aufgearbeitet“ werden
4. Identifikation durch Zähne (odontologisch)
=> sicher

Verlässlichste
Methode,
v.
a.
auch
bei
Katastrophen
Katastrophe”), wichtige Voraussetzung sind allerdings gute und vollständige
Unterlagen vom behandelnden Zahnarzt
5. Identifikation durch Körpermerkmale
=> unsicher

Es sind nur die wirklich individuellen Körpermerkmale heranzuziehen, z.B.
ungewöhnliche Narben, Knochenbrüche von Unfällen o.ä.

Zu Lebzeiten angefertigte Röntgenbilder (v.a. Schädel) können sehr hilfreich sein
(z.B. Morphologie der Stirnhöhlen).
6. Identifikation durch DNA („genetischer Fingerabdruck“)
=> sicher

Absolut zweifelsfreies Verfahren

Gelingt auch bei stark fäulnisveränderten oder skelettierten Leichen bzw. bei
aufgefundenen Leichenteilen
52. Weshalb identifiziert man bei Massenkatastrophen?

um zu wissen, um wen es sich bei der Leiche handelt

um die genaue Anzahl der Verstorbenen bestimmen zu können

um die Angehörigen von Ungewißheit zu befreien

um eine Überführung bzw. ein Begräbniss zu ermöglichen

um den Behörden (des Heimatlandes) Genüge zu tun
53. Warum empfehlen Sie bei SIDS eine Autopsie ?

Nachweis bzw. Ausschluss eines nicht natürlichen Todes

Feststellung der Todesursache

Erhalt von Erkenntnissen zur Vermeidbarkeit des Todes

Entlastung der Eltern

Information der Eltern über ein eventuelles Wiederholungsrisiko bei einem
anderen Kind
54. Was verstehen Sie unter klinischer Rechtsmedizin?
Die klinische Rechtsmedizin ist die Anwendung rechtsmedizinischen Wissens auf die
Beurteilung lebender Personen im Dienste der Rechtspflege.
55. Wie dokumentieren Sie am Lebenden Verletzungsbefunde, die forensisch
relevant sein könnten?

Dokumentation der Aussagen und der seelischen Befindlichkeit des Opfers

Dokumentation
der
Befunde
(Ganzkörperuntersuchung)
und
genauer
Beschreibung: Größe, Form, Farbe, Lokalisation, Verletzungsursache (z.B. Biss,
Schlag, Schnitt)
o Skizze auf entsprechendem Bogen (Körper - Schemata)
o Fotografische Dokumentation mit Maßstab
o Schriftliche
Fixierung
der
Befunde
auf
vorgefertigten
Dokumentationsbögen
o Erklärung für die Verletzungen notieren
56. In welchen Fällen sind Ärzte berechtigt, ohne Entbindung von der
Schweigepflicht Befunde den Ermittlungsbehörden mitzuteilen?
Falls der Arzt den Verdacht hat, dass Gewalt gegen Personen ausgeübt wird, die sich
selbst nicht äußern können (insbesondere Kinder, alte Menschen) und bei denen die
Gefahr weiterer Misshandlungen besteht, darf die Schweigepflicht gebrochen werden.
Das Wohl der Betroffenen gilt hier als höheres Rechtsgut und legitimiert eine Mitteilung
an die Ermittlungsbehörden.
57. Wie untersucht man ein Opfer von überlebtem Würgen? Wann geht man von
Lebensgefahr aus?
Beim Strangulieren gilt das Alles- oder- Nichts- Gesetz, d.h. es führt zum Tod oder es
wird in der Regel ohne „schwere“ Schäden oder Verletzungen überlebt. Bei der
Untersuchung achtet man auf:

Stauungsblutungen (Konjunktiven, Augenlider, Gesichtshaut). Sie verschwinden
meist nach 1-2 Tagen.

Würgemale, Strangmarken, Hämatome am Hals

Schwellung, Druckdolenz über Kehlkopf

Schluckbeschwerden / Heiserkeit / Atembehinderung

Außerdem Frage nach Bewusstseinstrübung, Bewusstlosigkeit und Stuhl- oder
Urinabgang während der Tat
Von
einer Lebensgefahr zum Tatzeitpunkt muss man ausgehen, wenn das Opfer
Stauungsblutungen im Gesicht aufweist und bewusstlos war.
58.
Was
sind
typische
Lokalisationen
von
Hämatomen
etc.
bei
einer
Kindesmisshandlung?
Hämatome findet man bei nahezu 90 % der misshandelten Kinder.
Verdächtige Lokalisationen

Ohren (Ohrfeige, -ziehen, -reißen),

Kieferwinkel, Mastoid, Wangen, Oberlippe, Frenulum (Zwangsfüttern)

Hals, Nacken (Würgemale)

Schulter, Oberarme

Unterarme ventral (Abwehr, Schutz vor Schlägen)

Handrücken

Thorax

Abdomen (außer typische Fahrradlenkerverletzungen), Rücken

Gesäß, Genitalien

Ober- und Unterschenkel dorsal

Fußrücken
Verdächtige Hämatommuster/Formungen

Multiple Hämatome verschiedenen Alters an verschiedenen und ungewöhnlichen
Lokalisationen

Ungewöhnlich junges Alter des Kindes (nicht mobilen Babies)

Formung / Abdrücke von Gegenständen: Gürtel, Riemen, Stöcke, Lineal, etc.

Handabdrücke: Kneif-, Griffmarken, geschwollene Ohrläppchen (Ohrfeige,
"Ohren lang ziehen")

Bissmarken: hufeisenförmig, Quetschverletzung
59. Wie gehen Sie vor, wenn Sie bei der Untersuchung eines Kindes Verdacht auf
eine Misshandlung schöpfen?

Erkennung und Dokumentation von Verletzungen, Spuren und körperlichen
Verletzungsfolgen
o Verdächtig auf Misshandlungen sind Verletzungen an Wangen, Ohren,
Rücken, Gesäß, Rückseite der Beine.
o Unverdächtig sind Verletzungen über den Kniegelenkstreckseiten, an den
Ellbogen und an der Vorderseite der Unterschenkel (kindliches Fallen!).
o Hochgradig verdächtig auf eine Misshandlung sind socken- bzw.
handschuhartige Verbrühungen

Einleitung weiterer, zielgerichteter Untersuchungen

Interpretation von Verletzungen / Überprüfung der Plausibilität von Angaben zu
Geschehensabläufen
o Verschiedenfarbige Hämatome bei nur einem Verletzungsvorgang (z.B.
einmaliger Treppensturz)?
o Kann
sich
das
Kind
aufgrund
der
motorischen
Fähigkeiten
die
Verletzungen selber zugefügt haben?
60. Was ist charakteristisch für eine Selbstverletzung?

meist Gebrauch von spitzen oder scharfen Gegenständen oder Fingernägel

gleichmäßig oberflächliche Ritz- oder Schnittwunden

gleichförmige, lineare oder leicht gekrümmte Verläufe der Einzelläsionen (parallel
oder gruppiert)

Bevorzugung leicht erreichbarer Körperregionen vor allem der Körperhälfte, die
der Gebrauchshand gegenüberliegt

Vermeidung besonders schmerzhafter Regionen (Genitalien, Mamillen)

keine zum Verletzungsbild passende Kleiderbeschädigung

keine Abwehrverletzungen
61. Warum achtet der Arzt bei der Bearbeitung Klinisch-rechtsmedizinischer Fälle
auch auf die Kleidung?
Die Untersuchung der Bekleidung dient nicht zuletzt der Prüfung auf Plausibilität. So
kann eine zum Verletzungsbild nicht passende Kleiderbeschädigung Hinweis auf eine
Selbstverletzung sein (siehe Frage 60).
2. Toxikologie
62.
Welche
Aufgaben hat der
Arzt
bezüglich Blutalkohol,
Drogen und
Medikamenten im Straßenverkehr zu erfüllen?

Blutentnahme mit genauer Dokumentation, ggf. Schutz der Blutproben vor dem
Zugriff Dritter

Bei Verdacht auf Konsum von Drogen, Medikamenten o.ä. Asservierung einer
Urinprobe (auf freiwilliger Basis bei kontrollierter Abgabe)

Befragung gemäß Formular

Körperliche Untersuchung (z.B. auf bestehende Verletzungen)

Neurologischer Status (z.B. Gangbild, Finger-Finger- und Finger-Nasen-Prüfung,
Drehnachnystagmus)
63. Wo und wie gewinnen Sie Blut für eine Postmortale Blutalkoholanalyse?
Blut für die postmortale Blutalkoholbestimmung gewinnt man aus der V. femoralis.
Ansonsten ist sie auch anhand einer Muskelprobe des Toten durchführbar.
64. Was verstehen Sie unter dem Anflutungsphänomen im Zusammenhang mit
Blutalkohol?
Die Hauptmenge des Alkohols geht erst bei Passage des Dünndarms in den Kreislauf
über. Deshalb dauert es im Regelfall eine Weile, bis man die Alkoholwirkungen "im
Kopf" zu spüren beginnt (sog. “Anflutung”). Bei Trinken auf leerem Magen erfolgt die
Magenpassage schneller (“Überflutung”), weshalb man die Alkoholwirkung früher
verspürt.
65. Warum ist es wichtig zu wissen, wann der letzte Schluck Alkohol konsumiert
wurde?
Rückrechnung: Sofern Alkoholkonsum und Delikt bereits mehrere Stunden zurückliegen,
kann
für
den
Täter
eine
Rückrechnung
wichtig
sein,
da
eine
hohe
Blutalkoholkonzentration zum Tatzeitpunkt eine verminderte Schuldfähigkeit gemäß § 21
nach sich ziehen könnte.
Nachtrunkbehauptung: Das Wissen um den letzten Schluck Alkohol ist wichtig, weil z.B.
ein Beteilgter an einem Verkehrsunfall behaupten könnte, erst nach dem Unfall Alkohol
zu sich genommen zu haben,“um die Nerven zu beruhigen“.
66. Wie groß ist die minimale bzw. maximale stündliche Eliminationsrate von
Trinkalkohol?

Die Eliminationsrate schwankt inter- und intraindividuell.

die minimale Eliminationsrate liegt bei 0,1 ‰ pro Stunde

die maximale Eliminationsrate liegt in der Regel bei 0,2 ‰ pro Stunde

um mögliche Schwankungen der Elimination nach oben auszugleichen, wird mit
einem zusätzlichen einmaligen Korrekturwert für die erste Stunde von 0,2 ‰
gearbeitet.
67. Wie lange dauert die Resorptionszeit des Trinkalkohols?

Die Resorptionsphase ist spätestens 2 Stunden nach Trinkende abgeschlossen.

Bei geringeren Trinkmengen kann man von 30 - 90 Minuten ausgehen.

Die Resorptionsgeschwindigkeit hängt u. a. sowohl vom Füllzustand des Magens,
als auch von der Art der Nahrung ab.
68. Wie lautet und wozu dient die Widmarkformel?
Die Formel von Widmark lautet:
BAK (‰) = ------------------------------- – t x ß60
r : Verteilungs- oder Widmarkfaktor (siehe oben)
t : Zeit in Stunden seit Trinkbeginn
ß60 : stündliche Elimination (minimal 0,1 ‰; siehe oben)
Funktion:

sie findet Anwendung, wenn keine Blutprobensicherstellung erfolgte

wird zur Berechnung eines sogenannten Nachtrunkes (Alkoholkonsum nach dem
Ereignis) benötigt

Berechnung der Ethanolmenge, die als Antidot z.B. bei einer Methanol-Vergiftung
zu verabreichen ist
69. Ist die 0,5 ‰ Grenze ein biologischer oder juristischer Grenzwert?
Die 0,5 ‰ Grenze ist ein juristischer Grenzwert und wird durch den Paragraphen § 24a
geregelt?
70. Ab wie viel Promille Alkohol beginnt die Unfallgefahr konkret zu steigen?
Absolute Fahrunsicherheit
Sobald eine Blutalkoholkonzentration ≥ 1,10 ‰ (1 ‰ + 0,1 ‰ Sicherheitszuschlag)
vorliegt, ist eine Fahrsicherheit eines Kraftfahrzeugsfahrers nicht mehr gegeben. Es folgt
eine Bestrafung gem. § 316 StGB.
Relative Fahrunsicherheit
Bei einer Blutalkoholkonzentration ≥ 0,3 ‰, aber < 1,10 ‰, kann der Kraftfahrzeugführer
nur bei nachgewiesenen Ausfallserscheinungen gem. § 316 bestraft werden.
71. Welche typischen Ausfallserscheinungen zeigt ein drogenbeeinflusster
Verkehrsteilnehmer?
a) Cannabis

akute Phase: kurz nach dem Konsum, insgesamt verlangsamt und phlegmatisch,
schwache Konzentration, Pupillen weit und lichtträge
o die Fahrweise ist in der akuten Phase durch leichte Ablenkbarkeit und
Konzentrationsschwächen beeinträchtigt (keine adäquate Reaktion auf
unerwartete Verkehrssituationen)

subakute Phase: geprägt durch Euphorie und Wohlbefinden, eigene Fähigkeiten
werden tendentiell eher überschätzt, Pupillen geweitet oder normal
o es kommt häufig zu einer riskanten, schnellen Fahrweise, ansonsten treten
die gleichen Probleme wie in der akuten Phase auf

postakute Phase: Phase der Regeneration, dennoch Konzentrationsschwächen,
leichte Ablenkbarkeit
o ein
auffälliges
Verhalten
bei
einer
Verkehrskontrolle
ist
eher
unwahrscheinlich
b) Heroin

ein Heroinabhäniger ist eigentlich nie fahrtüchtig.

akute Phase: insgesamt verlangsamt und träge, die Pupillen sind sehr stark
verengt

bei nachlassender Wirkung treten die ersten Entzugserscheinungen (Nervosität,
Unruhe, Zittern) auf, die Pupillen sind nicht mehr eng, sondern eher weit gestellt

Die Fahrweise ist abhängig von der aktuellen Wirkung des Heroins und schwankt
zwischen

kann die langsam / unsicher bis hin zu enthemmt / aggressiv
c) Stimulantien (Cocain, Amphetamin)

nach dem Konsum von Stimulantien ist die Konzentrationsfähigkeit gesteigert und
Müdigkeitserscheinungen reduziert, die Pupillen sind weit gestellt

Verhalten eher unruhig und redselig

enthemmt Fahrweise, da das eigene Leistungsvermögen überschätzt wird

in der Entzugsphase stehen körperliche Erschöpfungszustände und ggf. eine
depressive
Verstimmung
im
Vordergrund,
bisweilen
treten
Orientierungsstörungen und Verwirrtheit auf

die Fahrweise ist dann geprägt durch die starke Müdigkeit (langsame bzw.
wechselnde Fahrgeschwindigkeiten, Schwierigkeiten beim Spurhalten usw.) und
die Orientierungsstörungen (Unsicherheiten z.B. in Kreuzungsbereichen).
72. Was asservieren Sie bei einem k.o. Mittelfall?
Zu den sogenannten KO – Mitteln gehören z.B. Benzodiazepine, Neuroleptika,
Narkotika oder Barbiturate.
Bei der Blutprobe sind 3 x 10 ml Serummonovetten (ohne Gerinnungshemmer) zu
asservieren. Die Menge für die Urinprobe sollte nach Möglichkeit 50 – 100 ml betragen.
Die Proben müssen so zeitnah wie möglich analysiert werden, da manche Substanzen
nur wenige Stunden in Blut oder Urin nachweisbar sind.
73. Welche Gewebe asservieren Sie von der Leiche bei Verdacht einer Vergiftung
und warum?
Venenblut V. femoralis
stellt am besten den Zustand beim Eintritt des
Todes dar, Vergleichswerte von
Lebenden und Toten sind in der Regel
vorhanden
Herzblut
Ergibt
gelegentlich
fehlerhaft
überhöhte
Konzentrationen
Mageninhalt
Hohe Giftkonzentration bei oraler Aufnahme
Urin
verlängerte Nachweisdauer, Beweis für
Körperpassage
Leber
Nachweis einer Metabolisierung
Gehirn
Reaktion des Gehirns auf spez. Gifte /
Pharmaka z.B. Hirnnekrose bei Gabe von
Diphenhydramin an ein Kleinkind
Haare
zum Nachweis einer zurückliegenden
Giftaufnahme
Nachweis spezieller Vergiftungsfälle
Myokard
Digoxinvergiftung
Skelettmuskulatur
Alkoholbestimmung an der faulenden Leiche
Niere
Oxalsäurevergiftung
Darminhalt
Nachweis von Giftpflanzenresten
3. Spurenkunde und DNA
74. Was ist die DNA-Analyse und wo findet sie Anwendung in der Forensik?
Die DNA – Analyse ist die Untersuchung des menschlichen Erbguts auf bestimmte
Eigenschaften. Hier ist für die Forensik folgendes wichtig:

DNA-Analyse
zum
Zwecke
der
Identifikation
einer
Person
bzw.
eines
Spurenverursachers
o Identifikation von unbekannten Toten
o Identifikation eines Spurenverursachers durch DNA (Abgleich von Blut,
Speichel, Haare oder Sperma)
o Ausschluss einer Täterschaft

DNA-Analysen zur Abstammungsbegutachtung (Feststellung der Vaterschaft)
75. Wie gehen Sie bei der Untersuchung einer Vergewaltigung vor?
1. Spurensicherung

Die Kleidung des Opfers wird asserviert

Halsregion: Schmerzen, Heiserkeit, Punktblutungen?

Brüste immer genau inspizieren, ggf. Abstriche nehmen

Biss- und Saugverletzungen mit Maßstab fotografieren, Abstriche!

Mit einem Wattestäbchen werden Abstriche aus dem Mund gewonnen

Gegebenenfalls kann Speichel oder Sperma des Täters mit einem
Wattetupfer sicher gestellt werden (Feuchte Spuren trocken asservieren,
trockene Spuren mit sterilem NaCl befeuchtetem Tupfer abwischen)

Zudem wird nach „Tätermaterial“ unter den Fingernägeln des Opfers gesucht

Kopf- und Schamhaare der Frau mit einem feinen Kamm durchgekämmt,
verklebte Haarbüschel werden herausgeschnitten

Fotografische
Dokumentation
von
Verletzungen,
Hämatomen
oder
Würgemalen
2. Gynäkologische Untersuchung
Auch
bei der
gynäkologischen
Untersuchung
konzentriert
man
sich
auf
Dokumentation von Verletzungen, die Sicherung von Spuren äußerlich wie auch
intravaginal.
3. Blutuntersuchung
Das abgenommene Blut wird neben auf Medikamente, Alkoholspiegel, illegale
Drogen und sexuell übertragbare Erkrankungen wie Hepatitis oder AIDS untersucht.
Hier geht es nicht zuletzt auch um den Nachweis, ob eine solche Erkrankung bereits
vor
der
Vergewaltigung
bestand.
Dies
gilt
auch
für
den
obligaten
Schwangerschaftstest.
76.
Wie
muss
biologisches
Spurenmaterial
für
DNA-Untersuchungen
aufbewahrt werden?
Biologisches Spurenmaterial für DNA-Untersuchungen wird gemeinhin eingefroren
und einer Temperatur von – 20 C° konserviert.
78. Wie beraten Sie eine Frau, die wissen möchte, wer der Vater ihres Kindes
ist?
Benötigt wird biologisches Material (z.B. Mundschleimhautabstriche oder Blut) von
Mutter, Kind, und dem fraglichem Vater oder im schlechteren Fall von den in
Frage kommenden Vätern. Es werden DNA-Profils von Mutter, Kind und dem
potentiellen Vater hergestellt. An erster Stelle vergleicht man die vererbten
Merkmale zwischen Mutter und Kind, um zu sichern, welches Merkmal die Mutter
ihrem Kind vererbt hat. Demzufolge muss das andere Merkmal vom biologischen
Vater stammen. Da ein passendes Merkmal noch nicht beweisend sein kann,
werden 9-13 Merkmale untersucht.
Daran
schließen
sich
statistische
Berechnungen
an.
Bei
einer
Vaterschaftswahrscheinlichkeit von über 99.8 % gilt die Vaterschaft als erwiesen.
79. Wie erklären Sie ihr das Prinzip der DNA-Analyse und die möglichen
Resultate in verständlicher Form?
Auf einem DNA – Strang gibt es kodierende Abschnitte, die beispielsweise ein
„Rezept“ für den Aufbau eines bestimmten Eiweißes besitzen und nicht
-
kodierende Abschnitte, deren Funktion noch weitestgehend im Dunkeln liegt.
Letztere sind jedoch für die DNA-Analyse interessant, da sie Abschnitte enthalten,
wo sich bestimmte Basenkombinationen in einer ganz bestimmten Anzahl
wiederholen. Wie oft sie sich wiederholen ist von Mensch zu Mensch verschieden
und wird von den Eltern vererbt an die Nachkommenschaft vererbt.
Nehmen wir an, die Mutter hätte diese spezifische Basenkombination 3 mal und
der Vater 9 mal, so kann diese Kombination bei einem Nachkommen immer nur 3
oder 9 mal auftreten. Man würde ihm für diese spezifische Kombination (auch als
Merkmal bezeichnet) die Zahlenkombination 3-9 zuordnen. Würde nun ein Mann
seine Vaterschaft anmelden, der diese Kombination 14mal aufweist, kann er
demzufolge nicht der biologische Vater sein.
Da dies aber nicht immer so klar und einfach ist, wird man mehere Merkmale
untersuchen, bis sich eine Vaterschaftswahrscheinlichkeit von über 99.8 % ergibt.
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