Sinn, Ziele und Formen von Erwärmung/Einstimmungsphasen Jede Übungsstunde gliedert sich in vier Phasen: Einstimmung, Schwerpunkt, Schwerpunktabschluss und Ausklang. Zwei Teile einer Bewegungs- und Übungsstunde haben aufwärmenden bzw. abwärmenden Charakter. Dies unterstreicht die sinnvolle Bedeutung des Aufwärmens und Abwärmens in der Sportpraxis. Sinn und Zweck des Aufwärmens (Warm up) und des Abwärmens (Cool down) werden in der Praxis auch generell nicht in Frage gestellt. Dennoch sind diese beiden Aspekte immer wieder Gegenstand wissenschaftlicher und praxisorientierter Literatur sowie kontroverser Diskussionen. Z.T. gibt es viele verschiedene, ja sogar widersprüchliche Abhandlungen zum Thema Aufwärmen. Viele Einzelaspekte des Aufwärmens sind noch nicht völlig geklärt. So kann die Frage nach der Verletzungsvorbeugung durch „richtiges“ Aufwärmen nur mit „wahrscheinlich“ beantwortet werden. Gesichert sind jedoch die Erkenntnisse hinsichtlich bestimmter physiologischer Auswirkungen als Folge der Temperaturerhöhung im Körper und der Möglichkeit der Einflussnahme auf den Grad der psychischen Erregung. Terminologie des Aufwärmens / Begriffsdefinitionen Der Begriff „Aufwärmen“ wird in den meisten Publikationen zu diesem Thema bzw. Bereich verwendet: - „Maßnahmen, die den Athleten in physischer und psychischer Hinsicht auf Trainings- und Wettkampfbelastungen vorbereiten. Beim A. (Aufwärmen; Verf.) soll erreicht werden: Steigerung der Herz-Kreislauf-Tätigkeit und Ökonomisierung der Atmung, Erhöhung der Muskeltemperatur, Verringerung von elastischen und viskösen (zäh- und dickflüssigen; Verf.) Widerständen, Stimulierung der neuralen Steuerungsprozesse, Vorbereitung des passiven Bewegungsapparates und Einstimmung der Psyche auf das bevorstehende Ereignis. Das A. (Aufwärmen; Verf.) sollte immer aktiv erfolgen und kann begleitende Unterstützung durch Sportmassage, heiße Duschen, Einreiben etc. erfahren. Mit aktivem und funktionellem Aufwärmen sollen Verletzungen am Stütz- und Bewegungsapparat vorgebeugt und die Ausschöpfung aller physischen und psychischen Leistungskomponenten ermöglicht werden. (Jonath, Ulrich (Hrsg.): Lexikon Trainingslehre. Rowohlt-Verlag, Reinbek bei Hamburg 1988) - „Unter dem Begriff „Aufwärmen“ versteht man aktive und passive, allgemeine und spezielle Tätigkeiten zur Herstellung einer optimalen psycho-physischen Verfassung vor Training und Wettkampf. (Hollmann, Wildor / Hettinger, Theodor: Sportmedizin: Arbeits- und Trainingsgrundlagen. 3. Auflage, Schattauer-Verlag, Stuttgart 1990) - Unter Aufwärmarbeit sind Maßnahmen zu verstehen, die den Sporttreibenden in physischen und psychischen Bereich auf die bevorstehende Belastung in Training und Wettkampf vorbereiten. Dabei wird das aktive Aufwärmen vom passiven Aufwärmen unterschieden. (Marees Horst de / Mester, Joachim: Sportphysiologie. Diesterweg-Verlag, Frankfurt a.M. 1982) Geschichtliche Entwicklungen des Aufwärmens Die Möglichkeit, durch körperliche Aktivität sich auf eine bevorstehende Belastung vorzubereiten, wurde Ende des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts nicht in Betracht gezogen. Der Begriff „Aufwärmen“ findet sich in der englisch sprachigen Literatur um 1908. Im Jahre 1928 findet sich bei MANG ein Hinweis darauf, dass das Aufwärmen auch im deutschsprachigen Raum in den Sinn rückte. Die Sprache ist hierbei von einem „Warmmachen“ und „Warmhalten“ vor und während des Wettkampfes. Eine Veröffentlichung von PLANITZ aus dem Jahre 1936 enthält speziell ein Kapitel zum Aufwärmen für Marathonläufer. 1947 weist SCHMID nach, dass es keine geschlechtsspezifischen Aufwärmeffekte gibt. HORLEMANN geht 1953 detailliert auf das sogenannte Einlaufen mit einer Abhandlung zur Dauer und Intensität des Aufwärmens in Abhängigkeit von der Außentemperatur ein. Im Jahre 1954 beschreibt NETT die physiologischen Wirkungen sowie den Sinn des Einlaufens. Er unterscheidet hier auch schon zwischen dem allgemeinen Aufwärmen (Einlaufen) und dem sportartspezifischen (Steigerungsläufe) mit dem Gestaltungshinweis, dass keine große Ermüdung auftreten sollte. Besonders in den 50er, 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden zahlreiche Untersuchungen zum Aufwärmen durchgeführt. Etwa 55 % der Untersuchungen ergaben, das Aufwärmen dem Nichtaufwärmen überlegen ist. 45 % stellten keine signifikanten Unterschiede zwischen verschiedenen Arten des Aufwärmen und dem Nichtaufwärmen fest. In den 70er und 80er Jahren war ein gesteigertes Bewusstsein für die positiven Effekte des Aufwärmens zu beobachten. Auch wurden die Untersuchungen zum Aufwärmen sorgfältiger quantifiziert, um optimale Ergebnisse bzgl. Intensität und Umfang sowie Personengruppen zu erlangen. Das Ziel heutiger Untersuchungen ist in zunehmenden Maße die Bestimmung des optimalen Aufwärmens für bestimmte Aufgaben und die Klärung der physiologischen und psychologischen Ursachen der durch die vorangegangene körperliche Aktivität bedingten Änderungen der Leistungsfähigkeit. Allgemeine Aspekte Unabhängig von der sportlichen Disziplin werden dem Aufwärmen folgende Wirkungen zugewiesen: Verbesserung der allgemeinen organischen Leistungsbereitschaft, Verbesserung der koordinativen Leistungsbereitschaft, Verbesserung der psychischen Leistungsbereitschaft, präventive Funktion der Verletzungsvorsorge. FREIWALD schreibt dem Aufwärmen folgende Bedeutung zu: „Während früher der Begriff des Aufwärmens überwiegend im Sinne der Verletzungsvorbeugung genannt wurde, ist inzwischen die leistungssteigernde Dimension des Auf- und Abwärmens immer mehr in den Vordergrund getreten (...).“ (1991, 7). Hinsichtlich der Verletzungsprophylaxe stellt BAMFORD fest, dass Muskelverletzungen (z.B. Muskelkater) häufiger und wahrscheinlicher sind, wenn intensive Belastungen (z.B. Sprint) nicht durch ein adäquates Aufwärmen vorbereitet werden. Physiologische Aspekte des Aufwärmens Bei Belastungen müssen generell die unterschiedlichen Anpassungsgeschwindigkeiten der Organsysteme berücksichtigt werden. Vegetativum, Herz-Kreislauf-System und Muskulatur passen sich relativ schnell an den Belastungsreiz an, der Sehnen-Band-Apparat und die Gelenke brauchen hierfür länger. Durch das aktive Aufwärmen sollen folgende Wirkungen und Ziele erreicht werden: - Anstieg der Muskel- und Körperkerntemperatur Beschleunigung der Stoffwechselprozesse Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Gehirns Erhöhung der Kontraktionsgeschwindigkeit der Muskulatur Verringerung der Verletzungsgefahr im Bereich der Muskeln, Sehnen und Bänder auf längere Sicht Verringerung der Gelenkbelastung Verringerung des initialen O2-Defizits Ausgleich des Übungsdefizits durch „Einarbeiten“ Psychische Einstimmung Der zentrale physiologische Effekt des Aufwärmens ist die Erhöhung der Körpertemperatur. Die für sportliche Leistungen maßgeblichen Enzymsysteme haben bei einer Körperkerntemperatur von ca. 38,5 – 39 Grad Celsius eine optimale Arbeitstemperatur. Bei erhöhter Temperatur laufen Stoffwechselvorgänge schneller ab, was einen steigenden Sauerstoffbedarf in der arbeitenden Muskulatur zur Folge hat, der durch eine vermehrte Durchblutung sichergestellt werden muss. D.h., die Sauerstoff anliefernden Systeme Atmung und Herz-Kreislauf-System müssen auf einem höheren Niveau arbeiten. Bei erhöhter Temperatur werden Nervenimpulse schneller weitergeleitet und Rezeptoren (z.B. Muskelspindel) reagieren empfindlicher. D.h. auch, dass sich der Muskel schneller kontrahieren und entspannen kann (verbesserte neuromuskuläre Koordination). Durch die Bewegung beim aktiven Aufwärmen kommt es auch zu einer Verbesserung der Ernährungsbedingungen des Knorpels. Die verbesserte Durchblutung der „Arbeitsmuskulatur“ durch Arterien- und Arteriolenerweiterung sowie Kapillareröffnung in der Arbeitsmuskulatur, gekoppelt mit einer Temperaturerhöhung, führt zu einer Abnahme der inneren Reibungswiderstände (Viskosität) in der Muskulatur. Infolgedessen nimmt die Leistungsfähigkeit der Muskulatur zu und deren Verletzungsanfälligkeit ab. Hormonelle Einflüsse spielen bei den regulativen Vorgängen eine große Rolle. Zu Beginn des Aufwärmens werden vermehrt Katecholamine (Adrenalin, Noradrenalin) sowie Insulin und andere Hormone ausgeschüttet. Die Atemtätigkeit passt sich schnell den erhöhten „Arbeitsansprüchen“ an. Die Atmung wird schneller (erhöhte Atemfrequenz) und tiefer. Parallel zur Beschleunigung der Atmung und der Herzfrequenz steigt der Blutdruck, nach einem kurzfristigen initialen Abfall von 10 Sekunden, entsprechen der Belastungsintensität bei dynamischen Beanspruchungen. Der systolische (obere) Blutdruckwert steigt an; der diastolische (untere) Wert verändert sich nur geringfügig. Der systolische Blutdruck ist Ausdruck der Herzleistung und der systolische Blutdruck Ausdruck für die Elastizität der Arterienwände. Die zunehmende Differenz zwischen den beiden Werten erhöht die Blutflussgeschwindigkeit und damit die Versorgung der beanspruchten Muskulatur. Interessant im Hinblick auf das Aufwärmen ist auch der Einfluss der psychischen Verfassung auf den Blutdruck. In Ruhe ist der Einfluss relativ groß; unter Belastung nimmt er deutlich ab. (So ist z.B. das Auf- und Abgehen bei großer Nervosität ein durchaus sinnvolles Verhalten.) Um die Effekte der erhöhten Körperkerntemperatur zu erzielen, müssen große Muskelmassen beim Aufwärmen mit mittlerer Intensität und Dauer eingesetzt werden. Der Anstieg der Muskeltemperatur ist in den ersten 5 Minuten des Aufwärmens am größten. Der Anstieg der Körperkerntemperatur hingegen erfolgt in 30 Minuten allmählich und stetig. Wird das Aufwärmen behutsam und langsam gesteigert, dann sind mit Beginn des Schwerpunktes alle Stoffwechselparameter auf Leistung eingestellt. Ebenso wichtig für die spätere Leistung ist neben der Beanspruchung von großen Muskelgruppen (Einlaufen) die Tonisierung der Muskulatur. Durch gezielt eingesetzte Übungen mit kräftigem Charakter wird die Stoffwechseltätigkeit der Muskulatur vermehrt angeregt. Die Übungen sollten jedoch nur von kurzer Dauer (Wiederholungszahl) sein, da sie keine echte Kräftigung im weitesten Sinne darstellen und nicht zu einer vorzeitigen Ermüdung führen sollen. D.h., die tonisierenden Trainingsreize im Aufwärmprogramm sollten kurz und intensiv sein und nach dem allgemeinen Aufwärmen und der Dehnung erfolgen. Im sportlichen Alltag hat das aktive Aufwärmen besonders für den passiven Bewegungsapparat ( Gelenke, Knochen, Bänder) eine große Bedeutung, da oft sportliche Aktivitäten aufgrund von Belastungsunverträglichkeiten am passiven Stütz- und Bewegungsapparat eingeschränkt werden müssen. Ein sinnvoll gestaltetes Aufwärmprogramm kann präventiv wirken und einen Beitrag zum gesünderen Sporttreiben leisten. Der Gelenkknorpel (hyaliner Knorpel) wird allein über die Gelenkflüssigkeit, ohne Anschluss an das Blutsystem, gemäß einem „Schwammprinzip“, ernährt. Durch Bewegung des Gelenkes wird die mit Nährstoffen angereicherte Gelenkflüssigkeit durchmischt und z.T. in den Knorpel hineingepresst. Lässt der Druck nach, so kann sie wieder austreten und Abfallprodukte aus dem Knorpelstoffwechsel können weitergeleitet und abtransportiert werden. D.h., durch Bewegung, ständig wechselnde Be- und Entlastung lassen sich die Ernährungsbedingungen in den Gelenkknorpeln verbessern. Zusätzlich kommt es bei Bewegung zu einer Verdickung der Knorpelschicht. Diese Knorpelverdickung ist schon nach kurzzeitiger Belastung von mindestens 5 Minuten festzustellen. Für das Aufwärmen vor einer sportlichen Leistung ist diese Feststellung von großer Bedeutung, denn durch die Verdickung können einwirkende Kräfte besser aufgefangen/abgedämpft werden. Um eine Überbeanspruchung und daraus resultierenden bzw. beschleunigten Knorpelverschleiß weitgehend zu vermeiden, muss der Knorpel optimal mit Nährstoffen versorgt werden. Das Gleiche gilt für die Bandscheiben (Faserknorpel) der Wirbelsäule und die kleinen Wirbelgelenke. Optimale Bewegungsabläufe, die fast alle Gelenke mit einbeziehen, sind Laufbewegungen und Fahrrad fahren. Wie schon erwähnt hat die Erhöhung der Körpertemperatur einen positiven Einfluss auf die Weiterleitung von Nervenimpulsen. Die Empfindlichkeit von Rezeptoren in Haut, Sehnen und Muskeln wird optimiert. Dies bedeutet auch die besten Voraussetzungen für koordinative Leistungen, ökonomische Bewegungen und ein gutes Bewegungsgefühl. Reaktionsfähigkeit und Wahrnehmung werden durch gezieltes Aufwärmen verbessert. Um optimale Effekte zu erlangen, sollten die Bewegungsabläufe während des Aufwärmens jedoch der bevorstehenden sportlichen Tätigkeit in ihrem räumlichen und zeitlichen Verlauf ähneln/entsprechen. Dies gilt besonders in technisch betonten Sportarten. Im Rahmen eines Aufwärmprogramms müssen die spezifischen Bewegungsabläufe, die für die jeweilige Sportart typisch sind, durchgeführt werden. In der Sportpraxis spricht man hierbei vom spezifischen Aufwärmen. Psychische Aspekte des Aufwärmens Die psychischen Auswirkungen des Aufwärmens sind abhängig von der Persönlichkeitsstruktur der/des Sporttreibenden und z.T. von besonderen Umständen, unter denen das Aufwärmen stattfindet. Die wichtigsten Auswirkungen sind: - Motivation und Einstimmung - Regulation des Erregungsgrades - Psychischer Rückhalt (z.B. durch ein „vertrautes“ Aufwärmprogramm) - Emotionale Stimulierung. Psychische und physische An- und Entspannung weisen eine enge Beziehung auf. Nach FREIWALD (1994, 35) sollte das Aufwärmen zu einer „psychischen Aktiviertheit“ führen. Die allgemeine Aktiviertheit bewirkt eine Gewöhnung an die Lernsituation, fördert die Einstellung und weckt die Arbeitsbereitschaft. Die spezifische Aktiviertheit verfolgt das gleiche Ziel, ist aber mehr an das spezifische Aufwärmen gekoppelt, d.h., besonders bei der Schulung von Techniken ist ein spezifisches Einstimmen und Aufwärmen auf die kommenden Anforderungen von größter Wichtigkeit. Die psychische Wirksamkeit des Aufwärmens wird zum einen durch die innere Einstellung des/der Sporttreibenden beeinflusst. Der Aufwärmeffekt ist um so größer, je positiver die Erwartungshaltung. Zum anderen hängt der Effekt aber auch von der inhaltlichen Gestaltung des Aufwärmprogramms ab. D.h., steht der Motivationseffekt im Vordergrund, dann sollte das Aufwärmen möglichst anregend und variabel gestaltet sein. Geht es mehr um ein Ankommen, dann ist ein ruhiger Beginn wichtig. Arten und Methoden des Aufwärmens Es gibt eine Reihe von Arten, in die das Aufwärmen unterschieden und aufgeteilt wird. Man findet meist folgende Bezeichnungen und Unterscheidungen: - allgemeines Aufwärmen/unspezifisches Aufwärmen - spezielles Aufwärmen - sportartspezifische koordinative Einstimmung/sportartspezifisches Aufwärmen - funktionelles Aufwärmen - individuelles Aufwärmen - aktives Aufwärmen - passives Aufwärmen - Warmhalten - mentales Aufwärmen - spielerisches Aufwärmen Im Breitensport ist die Praxis, dass dem aktiven Aufwärmen der Vorzug gegeben wird und man z.T. zwischen allgemeinem, speziellem und individuellem Aufwärmen unterscheidet. Allgemeines Aufwärmen Das allgemeine Aufwärmen soll die Regulationsmechanismen des Herz-Kreislauf-Systems und der Muskulatur in Gang setzten und erfolgt durch aktive Bewegung großer Muskelgruppen (1/6 bis 1/7 der Gesamtmuskulatur). Die Aktivitäten können der Sportart entsprechen (z.B. Schwimmen – Einschwimmen), müssen aber nicht unbedingt sportartspezifische Bewegungsabläufe beinhalten (z.B. Basketball – Einlaufen mit oder auch ohne Balldribbling). Inhalte können Laufen/Walking, Formen der Ganzkörpergymnastik, Fahrrad fahren, Partnerübungen oder auch Bewegungsspiele und Tänze sein. Spezielles Aufwärmen Das spezielle Aufwärmen zielt auf die Vorbereitung der Muskulatur und des Nervensystems auf die nachfolgende spezielle Belastung ab und beinhaltet Funktionsgymnastik (sportartspezifische Dehnungsübungen und den Bewegungsapparat stabilisierende Kräftigungsübungen) sowie dynamische Koordinationsübungen. Besonders wichtig ist dieses spezielle/disziplin-spezifische Aufwärmen bei technisch anspruchsvollen Sportarten. Die Dehnung der einzelnen Muskelgruppen sollte mit funktionellen Methoden erfolgen. Hierzu eignen sich insbesondere passive Dehnungsformen/Stretching. Auch die CHRSMethode kann hier ihren Einsatz finden. Ziel des Dehnens ist zum einen bei vorhandenen muskulären Dysbalancen, verspannte und verkürzte Muskulatur wieder auf eine „normale“ Länge zu bringen; zweitens dient das Stretching der Muskulaturerwärmung, da hierbei die Durchblutung des Muskels gefördert und dieser damit erwärmt wird. Zu beachten ist, dass bei jeder Art der Dehnung auf keinen Fall die Schmerzgrenze überschritten werden darf. Individuelles Aufwärmen Das Aufwärmen sollte nicht nur an der folgenden sportlichen Tätigkeit orientiert durchgeführt werden, sondern die Sporttreibende/den Sporttreibenden als Individuum mit ihren/seinen ganz persönlichen Voraussetzungen, eventuellen Belastungsmöglichkeiten bzw. – verträglichkeiten sollte in den Mittelpunkt der Überlegungen gestellt werden. Gliederung des Aufwärmens Das allgemeine Aufwärmen sollte am Anfang einer Aufwärmphase stehen. Daran schließt sich dann das spezielle Aufwärmen an. Den Abschluss eines Aufwärmprogramms bildet die sog. sportartspezifische koordinative Einstimmung bzw. das individuelle Aufwärmen. Inhalte der einzelnen Phasen eines Aufwärmprogramms sind: - Allgemeines Aufwärmen: Anregung der Herz-Kreislauf-Tätigkeit, Erhöhung der Körperkerntemperatur und psychische Einstimmung auf die bevorstehende Belastung durch z.B. leichtes Traben oder ruhige Ganzkörpergymnastik-Übungen. - Spezielles Aufwärmen: Orientierung an den sportartspezifischen Anforderungen sowie Optimierung spezieller Stoffwechselabläufe, Bewegungskoordination und der psychischen Einstimmung durch z.B. sportartspezifische Dehn- und Kräftigungsgymnastik, die die beanspruchte Muskulatur besonders vorbereiten. - Koordinative Einstimmung / individuelles Aufwärmen: Dehn- und Kräftigungsgymnastik sowie auch kurze und intensivere Belastungen Aufwärmzeit und Aufwärmeffekt Die Aufwärmzeit sollte 10 Minuten nicht unterschreiten. Eine Verlängerung der Aufwärmzeit auf ca. 30 Minuten hat den Vorteil, dass sich die Körperkerntemperatur optimal erhöht und stabilisierend auf die Muskeltemperatur auswirkt. Auf keinen Fall sollte das Aufwärmen schon beim ersten leichten Schwitzen abgebrochen werden, da Schweißperlen auf der Stirn kein sicheres Zeichen zur Beurteilung der muskulären „Betriebstemperatur“ sind. Intensität des Aufwärmens Die Dosierung hinsichtlich Intensität und Umfang/Dauer der Inhalte sind meist die zentralen Probleme eines Aufwärmprogramms. Ein richtig dosiertes Aufwärmen sollte zu einem allmählichen Anstieg der Körperkerntemperatur führen, ohne dass der/die Sporttreibende ermüdet. D.h., dass Aufwärmen behutsam und langsam steigernd mit einer niedrigen bis mittleren Intensität (50/60 – 70/80 % der individuellen Leistungsfähigkeit) begonnen und zum Abschluss hin intensiviert werden sollte. Kraft- und schnelligkeitsbetonte Inhalte können am Ende des Aufwärmens, nach dem allgemeinen Aufwärmen und Dehnen, dosiert in Form von kurzen und intensiven Reizen eingesetzt werden, um eine optimale Aktionsspannung im Muskel herzustellen. Untersuchungen von FREIWALD (1994) haben ergeben, dass die Erwärmung in den Sportarten Fußball, Handball und in vielen Fitnessstudios meist zu kurz und zu intensiv durchgeführt wird/wurde. Schon zu Beginn des Aufwärmens wurden Pulsfrequenzwerte von 160 – 195 Schlägen erreicht. Innere und äußere Einflussfaktoren / Rahmenbedingungen des Aufwärmens Die Gestaltung eines Aufwärmprogramms steht in Abhängigkeit zu folgenden Faktoren: - Trainingszustand/allgemeiner Zustand der körperlichen Leistungsfähigkeit - Typenbedingtheit - Lebensalter - Persönliche Einstellung/hormonelle Einstellung (sympathikoton/vagoton) - Tageszeit Klima (bei kühler Witterung längere Aufwärmarbeit) Orts- oder Platzverhältnisse Erwachsene benötigen eine längere Aufwärmzeit als Kinder und Jugendliche. Bei Kindern hat das Aufwärmen vor allem pädagogische Ziele, wie z.B. das Erfahren der Aufwärmwirkungen. Die Verminderung der Verletzungsgefahr spielt eine geringere Bedeutung. Mit dem 12./13. Lebensjahr nimmt die Verletzungsanfälligkeit zu, aber auch der leistungssteigernde Effekt des Aufwärmens wird größer. D.h., mit zunehmendem jugendlichen Alter treten Leistungsvorbereitung und Verletzungsprophylaxe immer mehr in den Vordergrund. Je höher das Lebensalter, desto langsamer und behutsamer muss das Aufwärmen gestaltet werden. Auch benötigen ältere Menschen eine längere Aufwärmzeit als jüngere. Bei älteren Sporttreibenden (Sport der Älteren) muss die allgemeine körperliche Verfassung sowie eventuelle Vorschädigungen und Leistungseinschränkungen berücksichtigt werden. D.h., dass das Maß der individuellen Aufwärmarbeit zunimmt. Abhängig vom Trainingszustand stellt sich die Dauer der Aufwärmphase dar. Je besser der Trainingszustand, desto mehr Zeit nimmt die Aufwärmphase in Anspruch, um alle physiologischen Parameter auf die kommende sportliche Tätigkeit einzustellen. Auch sollte die Belastungsintensität des Aufwärmens dem allgemeinen Zustand der körperlichen Leistungsfähigkeit angepasst sein, da bei zu hoher Intensität zu schnell die Ermüdungsgrenze erreicht wird. D.h., dass man erst über einen gewissen Trainingsstand verfügen muss, um von einem „intensiven Aufwärmen“ optimal profitieren zu können. Bei untrainierten Personen kann ein zu intensives Aufwärmen zu einer derartigen Ermüdung führen, dass sich die „Leistung“ in der Hauptbelastung/Schwerpunkt verschlechtert. Auch die Tageszeit beeinflusst die Dosierung des Aufwärmens. Morgens ist aufgrund einer niedrigeren Körpertemperatur (6:00 Uhr ca. 36,4 Grad Celsius) eine längere Aufwärmzeit als abends (18:00 Uhr ca. 37,4 Grad Celsius) erforderlich. In Abhängigkeit vom Klima muss das Aufwärmen in kalten Hallen, im Freien und zu den kühleren Jahreszeiten länger, aber nicht unbedingt intensiver gestaltet werden. Bei warmer bzw. schwüler Witterung sollte das Aufwärmen insgesamt mit einer geringeren Intensität durchgeführt werden, da die Gefahr einer frühzeitigen Ermüdung gegeben ist. Es wird jedoch davon abgeraten, die Aufwärmzeit zu verkürzen. Auswahlkriterien für das Aufwärmprogramm Um die angesprochenen Effekte des Aufwärmens zu erzielen, sind bei der Auswahl und Zusammenstellung der Inhalte und Übungen für das Aufwärmprogramm folgende Kriterien zu beachten: 1. Praktikabilität („Sind die Übungen in der Praxis tatsächlich anwendbar?“) 2. Ökonomie („Steht der erforderliche Zeitaufwand im angemessenen Verhältnis zur Übungswirkung?“) 3. Funktionalität („Sind die Übungen physiologisch unbedenklich?“) 4. Effektivität („Bewirken die Übungen tatsächlich den gewünschten Erfolg?“) Hinsichtlich der inneren und äußeren Rahmenbedingungen sollten folgende Überlegungen berücksichtigt werden: 1. Wieviel Zeit steht für die gesamte Übungsstunde zur Verfügung und wieviel Zeit muss für das Aufwärmen eingeplant werden? 2. Welche Schwerpunkt-Inhalte beinhaltet die Übungsstunde (z.B. Techniktraining, Konditionstraining, „nur“ Spielen, Wettkampf)? 3. Welche Voraussetzungen haben die Sporttreibenden (physische und psychische Leistungsfähigkeit, Alter, Selbständigkeit, evtl. Defizite/Schwächen/Krankheiten)? 4. Welche Räumlichkeiten und Geräte stehen zur Verfügung? 5. Wie sind die äußeren Bedingungen (Wetter, Tageszeit, Bodenbeschaffenheit)? 6. Wie sieht die Motivation der Sporttreibenden aus? Besonderen Einfluss auf das Aufwärmprogramm und seine Bestandteile hat natürlich der Schwerpunkt bzw. die Sportart/ Disziplin mit den jeweiligen speziellen Anforderungen selbst. Neben dem allgemeinen Ziel der Aktivierung der psycho-physischen Leistungsfähigkeit lassen sich auch noch drei spezielle Funktionen des Aufwärmens unterscheiden: Das Aufwärmen vor dem Konditionstraining oder einer Übungsstunde mit gemischten Inhalten dient vorrangig der Aktivierung des Herz-Kreislauf-Systems und der Verminderung der Verletzungsgefahr. Das Aufwärmen vor dem Techniktraining dient zusätzlich besonders der Mobilisierung der optimalen koordinativen Voraussetzungen. Das Aufwärmen als unmittelbare Wettkampfvorbereitung hat zum Ziel, den Athleten/die Athletin in eine optimale physische und psychische Verfassung für die zu erbringende Höchstleistung zu bringen. Bei der Abstimmung der Einstimmungsphase/Erwärmung auf den Stundenschwerpunkt sollten folgende Planungsaspekte Berücksichtigung finden: Geräte des Schwerpunkts in die Einstimmung einbeziehen. Bei Musikeinsatz im Schwerpunkt Gewöhnung an die Musik in der Einstimmung Sportartspezifische Bewegungsabläufe in die Erwärmung (Dribbeln, Werfen, Schießen, Pritschen usw.) einbeziehen. Bei hoher muskulärer Belastung im Schwerpunkt: Dehnen! Je höher die physische Belastung im Schwerpunkt, desto länger die Einstimmung. Bei Partner/innen- bzw. Gruppenaufgaben im Schwerpunkt Partner/innen- bzw. Gruppenformen in der Einstimmung durchführen. Zielgruppenspezifische Aspekte der Erwärmung Bei der sportpraktischen Umsetzung des Aufwärmens muss die Aufwärmzeit und Intensität den Teilnehmern und Teilnehmerinnen einer Übungsstunde angepasst werden. Grundsätzlich gilt: - Je besser der Trainingszustand, desto länger die Aufwärmzeit! - Die Inhalte des Aufwärmprogramms sollten der Zielgruppe angepasst sein! Kinder Kinder können in der Regel schneller und intensiver belastet werden als Erwachsene. „Verletzungsprophylaxe“ und „Steigerung der Leistungsbereitschaft“ als zentrale körperliche Aspekte der Erwärmung treten in den Hintergrund. Auf funktionelle Gymnastik (Stretching) kann im Allgemeinen verzichtet werden. Wichtig ist die Berücksichtigung und Befriedigung des „ersten Bewegungs-Hungers“, den Kinder mit in die Übungsstunde bringen. Entsprechende Angebote können daher sowohl Übererregungs- als auch Hemmungszuständen entgegen wirken. Konsequenzen für die Praxis: - spontanes Spielen, Laufen etc. der Kinder zulassen; evtl. mit dem Einsatz von Geräten steuern - kindgerechte, spielerische Formen auswählen - wo immer es geht, mit Bewegungsaufgaben statt mit Bewegungsanweisungen den notwendigen Freiraum schaffen Jugendliche Jugendliche „schlampen“ gerne bei der Erwärmung und sehen das Aufwärmen oft als überflüssig an, besonders dann, wenn sie schlechte Erfahrungen im Schul- und Vereinssport gemacht haben. Konsequenzen für die Praxis: motivierende, sportnahe Formen anbieten und variieren Sportgeräte (Bälle, Schläger) mit einbeziehen. „angesagte“ Musik einsetzen den Aspekt „Leistungssteigerung“ durch vergleichende Experimente erfahrbar machen auf Vorbilder verweisen (Spitzensport) die Selbstverantwortung der Jugendlichen stärken Erwachsene Der Aspekt „Verletzungsprophylaxe“ durch adäquate Erwärmung tritt bei Erwachsenen immer mehr in den Vordergrund. Konsequenzen für die Praxis: - Aufgaben und Ziele der Erwärmung können Erwachsenen in der Regel rational vermittelt werden (- was nicht ausschließt, dass insbesondere Männer trotzdem sofort mit dem Fußballspiel anfangen, wenn sie in die Halle kommen). - Die Notwendigkeit der individuellen Gestaltung der Erwärmung (Dauer und Intensität) nimmt im Vergleich zu jüngeren Menschen zu. - Auch hier gilt: Selbstverantwortung der Teilnehmenden stärken! Ältere Mit zunehmendem Alter kommt es immer mehr zu Verschleißerscheinungen - besonders am Haltungs- und Bewegungsapparat – und Leistungseinschränkungen. Auch ein Nachlassen der Koordinations- und Reaktionsfähigkeit muss immer beachtet werden. Konsequenzen für die Praxis: - Bei älteren Sportlern und Sportlerinnen sollte das Aufwärmen langsam und besonders behutsam erfolgen. - Je nach Zusammensetzung der Gruppe hat die individuelle Gestaltung (Gehtempo, Lauftempo etc.) Priorität. - Dem Bedürfnis der Älteren nach Kommunikation und Geselligkeit bei den Inhalten der Erwärmung Raum verschaffen. Aktivierungstheoretische Grundlagen im Sport Versuch einer Abgrenzung Unter Aktivierung versteht man „...die durch ein Nervenzellengebiet des Hirnstammes (Formatio reticularis) hervorgerufene, als Aktivitätssteigerung gedeutete Änderung des Elektroenzephalogramms.“ (Schaldach, Wörterbuch der Medizin, 6. Auflage, Thieme Verlag 1978) „...die Bezeichnung für einen physiologisch-chemischen Organismuszustand, der den Organismus für eine Verhaltensäußerung aktiv oder reaktiv bereit macht.“ (v.d. Schoot, Aktivierungstheoretische Perspektiven als wissenschaftliche Grundlegung für den Sportunterricht mit geistig retardierten Kindern, Hofmann Verlag, Schorndorf 1976) Das aufsteigende reticuläre Aktivierungssystem (ARAS) bewirkt eine unspezifische Aktivierung der Großhirnrinde. "Aktivieren" ist in einem größeren Zusammenhang zu sehen und wirkt auf den gesamten Organismus, auf seinen psycho-physischen Zustand, der sich im Normalfall entsprechend den Anforderungen selbständig reguliert. Um dies zu verdeutlichen, sollen einige Zusammenhänge kurz veranschaulicht werden. Bei dem Begriff "Aufwärmen" insbesondere im engeren Sinne steht meist die Steigerung der Arbeitstemperatur der Muskulatur oder auch die der Körperkerntemperatur im Vordergrund. Aus der Betrachtung dieser Abgrenzungen ist zu entnehmen, dass „Aktivierung“ und „Aufwärmen“ zwar miteinander verbunden sind, aber auch zu unterscheiden sind. Grundsätzliche Überlegungen zur Aktivierungstheorie Zwischen dem Verhalten eines Menschen und dem Grad der psycho-physischen Anspannung, den wir auch als Aktivierung bezeichnen können, bestehen enge Wechselbeziehungen. Die Aktivierungstheorie geht davon aus, dass Aktivierung die Grundlage für jegliches Verhalten ist, weil alle Prozesse des inneren und äußeren Verhaltens eines Menschen in einem Wechselspiel zwischen Aktivierungszustand, Informationsverarbeitung und entsprechendem Verhalten stehen. Auf der Grundlage dieser Überlegungen wird Verhalten zum einen von einem generellen energetischen Grundniveau getragen, zum anderen unterliegt es auch Prozessen der (Selbst-) Regulation und (Selbst-) Optimierung. Um die Zusammenhänge zwischen dem Verhalten eines Menschen und der Aktivierung oder Aktivation als einem Phänomen (Erscheinungsform) des Verhaltens zu erklären, gibt es unterschiedliche Modelle: Aktivierung ist zu sehen, unter dem Aspekt der Energiemobilisierung und des Energietransportes, der Übermittlung und des Austausches von Energien; unter dem Aspekt der zentral-nervösen Erregung und Hemmung, die innerhalb des Organismus regulierend wirken und auf eine Optimierung des Verhaltens ausgerichtet sind; unter dem Aspekt der Informationsaufnahme, -verarbeitung und –abgabe. Je nachdem, an welchem Ort, wie oder im Hinblick auf welche Funktion die Aktivierung entsteht, ist z. B. zu unterscheiden in periphere oder zentrale Aktivierung, muskuläre oder nervöse Aktivierung, physische oder psychische Aktivierung. Einflußgrößen für die Aktivierung Fasst man alle Modelle zusammen, kann festgestellt werden, dass der lebende Organismus ein energetisches System darstellt. Die Regulation dieses Systems erfolgt über das endokrine System und das vegetative Nervensystem mit seinen sympathischen erregenden und parasympathischen hemmenden Anteilen. Die Erregung des sympathischen Systems ist normalerweise mit einer Hemmung des parasympathischen Systems verbunden. Das Gleiche gilt auch umgekehrt. Diese Regulations- und Steuerungsmechanismen wirken sowohl physisch wie psychisch und werden für uns im Verhalten eines Menschen sichtbar. Aktivierung vollzieht sich also innerhalb eines Gesamtsystems – wenn wir den Menschen in biologisch naturwissenschaftlicher Betrachtungsweise als System betrachten dürfen – das durch die Umwelt, die Persönlichkeit und die biologischen Gegebenheiten des Organismus beeinflusst wird und durch die gesunde Ausgewogenheit dieser drei Dimensionen gekennzeichnet ist. Organismusvariablen Umweltvariablen Aktivierungsprozesse Persönlichkeitsvariablen Anders ausgedrückt ergeben sich Aktivierungsvorgänge als Folge individueller Gegebenheiten (Persönlichkeit), aus bestimmten Situationen heraus (Umwelt) und aufgrund von wirksamen (sensorischen, propriozeptiven) Reizen (Organismus). Wechselwirkungen zwischen Aktivierung, Leistung, Motivation und Motorik Wenn Aktivierung also als ein physiologisch-chemischer Zustand des Organismus bezeichnet wird, der ihn für eine Verhaltensäußerung bereit macht, muss sich das auch in anderen Bereichen wie Leistung, Motivation und Motorik auswirken. Aktivierung und Leistung Im Bereich der Leistungen und Leistungsfähigkeit ergeben sich folgende Zusammenhänge: Jede Leistung wird durch neurale Zentren (Gehirn, Bewusstsein) kontrolliert und in und durch Verhalten sichtbar. Je nach Aktivierungszustand (niedrig, mittel, hoch) wird auch die zu erwartende Leistung sein, wobei allerdings in einem Zustand der zu hohen Aktivierung die Leistung wieder sinkt. Die Leistung erreicht also ihr Optimum bei einem mittleren Grad der Aktivierung LEISTUNG Optimale Aktivierung Hypoaktivierung Hyperaktivierung AKTIVIERUNGSNIVEAU Schlaf Die Qualität der Leistung steigt mit dem Grad der Aktivierung bis zu einem gewissen Grad. Ein zu hoher Aktivierungszustand stört die Informationsaufnahme und Verarbeitung bzw. die Schlüsselreizselektion und wirkt sich somit negativ auf das Lern- und Sozialverhalten aus. Ein mittleres relatives Aktivierungsniveau wird in einem rhythmischen Spannungswechsel von ansteigenden und absinkenden Phasenbewegungen sichtbar. Je kürzer die Reize aufeinanderfolgen, desto höher wird das Aktivierungsniveau im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit. Bei bewegungsauffälligen und unruhigen Kindern liegt in der Regel eine ständige Aktivierungserhöhung vor (Hyperaktivität), die aber keinen physiologischen Rhythmus aufzeigt. Phasen hoher Aktivität wechseln oft abrupt mit Phasen völliger Ermüdung. Durch diese plötzlich und oft nicht vorhersehbaren Abfälle wird trotz des hohen Aktivierungsniveaus nur eine geringe Leistung sichtbar und erreicht. Aktivierung und Motivation Ebenso bestehen Wechselbeziehungen zwischen Aktivierung und Motivation. Hier ergeben sich Veränderungen des Aktivierungsniveaus in Abhängigkeit von den beiden Komponenten Erfolg und Misserfolg bzw. Hoffnung auf Erfolg (HE) und Furcht vor Misserfolg (FM). Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet ist Aktivierung oft nichts anderes als ein Folgezustand einer Motivation. Dabei spielen neben und in Verbindung mit den beiden o. g. Prinzipien HE und FM die Stärke der Erwartungshaltung und die Zielinformation eine wichtige Rolle. Aktivierung und Motorik Im Hinblick auf die Zusammenhänge zwischen Aktivierung und Motorik gibt es ebenfalls gesicherte Erkenntnisse. Die Erhaltung der motorischen Leistungsfähigkeit erfordert eine bestimmte Menge/Anzahl und eine bestimmte Beschaffenheit/Güte motorischer Aktionen. Um dieses zu erreichen, ist die Betätigung unseres motorischen Apparates unbedingt notwendig und erforderlich. Mit einer solchen Betätigung, d. h. durch motorische Impulse und Bewegungsreize wird ein Anstieg des Aktivierungsniveaus erreicht. Aktivierung kann somit durch motorische Reizung beeinflusst und verändert werden, der Aktivierungszustand wiederum beeinflusst Quantität und Qualität der Motorik (gegenseitige Beeinflussung). Ein wichtiges System, das die Erregungsvorgänge dabei steuert, ist das aufsteigende retikuläre Aktivierungssystem (ARAS), das sozusagen als Transformator Erregungen aus dem zentralen Nervensystem weiter an die Peripherie leitet oder umgekehrt. Dadurch kann ein Ausgleich im Sinne von Minderung von Spannungen im zentral-nervösen Bereich durch den Aufbau von Spannungen in der Muskulatur geleistet werden. Aktivierung in der Sportpraxis Im Unterschied zum „Aufwärmen“ im engeren Sinne, das sich im Wesentlichen auf die Aktivität des Herz-Kreislauf-/Atmungs-Systems sowie die Stoffwechseltätigkeit der Muskulatur bezieht, umfasst der aktivierungstheoretische Ansatz unterschiedliche Orte der Aktivierung. Diese Erkenntnisse können wir unseren Überlegungen bei der Planung und Durchführung von Freizeit- und Breitensportangeboten zu Nutze machen. Aktivierung über den Wettkampfcharakter bei Spielen Bei allen Spielen, bei denen die Zielgenauigkeit im Vordergrund steht (z.B. Kegeln, Boulen, Fußball, Handball, Abwandlungen von Sportspielen, Bewegungsspielen/Kleine Spiele) ist die zentralnervöse Aktivierung von vorrangiger Bedeutung. Konzentration und zielgenaue Bewegungs(aus)führung bedürfen zu Beginn eines Spiels eine entsprechend häufige Wiederholung und Einübung, bei der das Zusammenspiel von Sinnen, Nerven und Muskeln optimiert wird. Die dazu notwendigen Energien werden durch das Üben und den Anreiz zum Wettkampf bereitgestellt, so dass sich der Organismus für diese zielgenauen Bewegungen in einem optimalen Erregungszustand (Aktivierungsniveau) befindet. Aktivierung über das Spiel-/Sportgerät Der Aufforderungscharakter, den Spiel- und Sportgeräte im weitesten Sinne haben, fordern zur Beschäftigung und damit zu Bewegung auf und aktivieren den Organismus über den psychischen Bereich. Dabei spielen auch persönliche Erfahrungen und motivationale Aspekte eine wichtige Rolle. Als Beispiele seien die herkömmlichen Handgeräte (Gymnastikreifen, -bälle, -stäbe, Medizinbälle, Bälle etc.), die man in einer Sporthalle findet, genannt. Aber auch Alltagsmaterialien und Gebrauchsgegenstände (Korken, Dosen, Zeitungen etc.), spezielle Spielgeräte des Freizeitsports (Indiaca, Hopsball u.ä.) oder Geräte aus der Psychomotorik (Rollbrett, Pedalo u.ä.), die zur Gestaltung von Bewegungsangeboten genutzt werden können, haben einen hohen Aufforderungscharakter. Beim Umgang mit diesen Geräten ist in der Regel keine spezielle Aufwärmarbeit notwendig. Sie geschieht „automatisch“ über die Auseinandersetzung und Beschäftigung mit dem Gerät, wobei diese am Anfang eine geringere Intensität haben sollte. Aktivierung über besonders gestaltete Räume und Bewegungsarrangements Die Gestaltung von Sporthallen zu Abenteuerlandschaften oder Bewegungsbaustellen vermag ebenfalls über die motivationalen Aspekte den psychischen Bereich zu aktivieren, ohne dass ein muskuläres Aufwärmen für die Nutzung dieser Landschaften unbedingt von Nöten ist. Im Erproben und Handeln stellt sich der Organismus auf die von ihm geforderten Ansprüche ein und wird sich in einem optimalen Aktivierungsniveau zwischen konzentrativer und muskulärer Beanspruchung einpendeln. Häufige Fehler beim Auf- und Abwärmen Gründe für die Vernachlässigung des Aufwärmens Besonders Freizeitsportler, die nicht unter qualifizierter Anleitung ihrer sportlichen Betätigung nachgehen, vernachlässigen das Aufwärmen, obwohl meist ein Bewusstsein über die Wichtigkeit des Aufwärmens vorhanden ist. Entweder wird sich überhaupt nicht aufgewärmt oder es wird nur ein sehr kurzes Aufwärmen z.B. in Form eines Einspielens bei Spielen durchgeführt. Nur wenige Freizeitsportler führen ein komplettes Aufwärmprogramm durch. „Keine Lust“ - der hohe Aufforderungscharakter bei Spielen/Rückschlagspielen (Badminton, Tennis, Squash) führt dazu, dass vorbereitende Maßnahmen aus Vorfreude auf das Spiel übergangen werden. Der Schulsport stellt ein besonders schwieriges Praxisfeld im Bezug auf das Aufwärmen dar. Da für Schulsportstunden meist nicht viel Zeit Verfügung steht (45 Minuten mit Umziehen), wird das Aufwärmen meist völlig gestrichen. Hier eignet sich jedoch besonders das spielerische Aufwärmen als motivationsfördernde und allgemeine Aufwärmform, besonders bei physischer und psychischer Ermüdung durch den Schulalltag. Fehler beim Aufwärmen zu kurz, da ein lästiges Muss zu intensiv (spüren eines „toten Punktes“, gekoppelt mit einer verstärkten Atmung/Hyperventilation) zu kurz nicht abwechslungsreich/immer das Gleiche z.B. Runden laufen Dehnungsübungen nicht auf die nachfolgende Belastung abgestimmt/ Übungsauswahl erfolgt „spontanen Eingebungen“/oft mehr rituellen als funktionellen Charakter Fehler beim Abwärmen zu intensiv (Auslauftempo zu hoch: das Auslauftempo sollte niedriger sein als das Einlauftempo, da metabolische Verarbeitungsprozesse vorangegangen sind) zu kurz unter Zeitdruck nicht auf die vorangegangene Belastung abgestimmt