Erste Hilfe & Akutversorgung von Verletzungen Stefan ULREICH Prof. Fialka Erste Hilfe KEINE Erste Hilfe zu leisten ist strafbar Man hat die Verpflichtung Rettungskräfte zu informieren die Rettungszeit ( Zeit die vergeht vom Informieren bis zum Eintreffen der z.B. Rettung ) beträgt in den meisten Fällen 7 – 12 Minuten ( Ausnahme: Bergrettung ) der Notruf sollte unbedingt folgende Informationen enthalten: Wo befindet sich die Unfallstelle? Wann hat sich der Unfall ereignet? Was ist passiert? Wie viele verletzte gibt es? Welcher Schaden ist entstanden? 1. Regel: Selbstschutz!! Abschätzen, ob es möglich ist zu helfen, ohne selber in Gefahr zu geraten 2. Regel: Zurechtlegen einer Strategie, sich gegenüber anderen Anwesenden als Leader zu erkennen geben und Aufgaben delegieren Straßenverkehrsunfall: Eigenes Auto nach der Unfallstelle parken, Pannendreieck aufstellen. Die Mitfahrenden rechts von dem Gefahrenbereich in Sicherheit bringen, dabei auf evtl. Hindernisse od. Abgründe achten. Nie in einen Tunnel gehen, aus dem es qualmt, raucht, brennt, usw. ohne Erlaubnis der Feuerwehr Lawinenunfall: beobachten, wo sich die Verschüttenden befinden Überlebenschancen für Verschüttete: bis 15-20 Minuten relativ gut; > 30 Minuten so gut wie nicht vorhanden Elektrounfälle: Strom unterbrechen durch Entfernen der Sicherung; Achtung bei Starkstrom, da kein FISchalter Zugunglück: durch Anruf bei z.B. der Polizei das Abdrehen des Stroms veranlassen. Wichtig: sicher stellen, dass die Leitung geerdet ist, da sonst ein evtl. Reststrom ( von bis zu 5000 Volt ) nicht abfließen kann Eisunfälle: merken, wo der Verunglückte eingebrochen ist; darauf achten, nicht auch selber einzubrechen; Rettungskette mit 3-4 Personen bilden - Seite 1 - Erste Hilfe & Akutversorgung von Verletzungen Stefan ULREICH Prof. Fialka Bergung: Nur bergen, wenn der Selbstschutz gegeben ist. Bei der Bergung von Opfern immer darauf achten, dass der dadurch verursachte Schaden so gering wie möglich bleibt. (Wirbelsäule im Zweifel nicht um die Längsachse verdrehen) mit Unfallopfer sprechen, sofern möglich Arme hinter bzw. vor dem Kopf des Opfers kreuzen und daran wegziehen ( Achtung auf die Wirbelsäule ) Rautekgriff: Daumen nicht im Affengriff um Arm des Opfers; bei zu großen Gewichtsunterschied: Opfer auf eigenen Oberschenkel legen 2 – Helfermethode: mit Armen Sitzfläche für Opfer bilden, dann wegtragen 4 – Helfermethode: Opfer auf Bauch drehen; Arme unter Stirn, Bauch, Beine des Opfers legen und wegtragen Schaufelgriff: gleichzeitig aufstehen, auf Haltung des Kopfes achten ( zur eigenen Brust drücken ) Brückengriff: zu 2 od. 3 über dem Opfer stehen um es kurz an Gewand hochzuheben und auf eine Bare zu legen Bei Sturzhelmen gilt es auf folgendes zu achten: den Helm immer versuchen abzunehmen, da sonst die Gefahr des Erstickens an Erbrochenem besteht Visier, Kinnriemen öffnen ( wenn nicht anders möglich durch einen Notmechanismus am Helm – meist in Form eines leuchtfarbenen Knopfes ) Opfer ansprechen und Vitalfunktionen prüfen ( berühren, setzen eines Schmerzreizes, Finger vor Nase/Mund halten um zu erkennen, ob Atmung vorhanden ) den Helm dehnen und gerade nach hinten abziehen; darauf achten, dass der Kopf gestützt ist und nicht auf den Boden fällt Anschließend gilt es, den Bewusstseinszustand des Opfers zu beurteilen, indem man Reize setzt um dann die darauf folgende Reaktion zu deuten, z.B.: festes Reiben des Brustbeins oder Stellen einer einfachen Frage folgt darauf eine gerichtet Abwehrreaktion bzw. eine adäquate Antwort, liegt höchstwahrscheinlich keine Schädigung des Hirns vor. folgt darauf ein unkontrolliertes, krampfartiges Zucken (Beug –und Streckkrämpfe deuten auf ein baldiges Eintreten des Todes hin) besteht Verdacht auf eine Schädigung des Hirns, z.B. durch: ein Schädelhirntrauma (geht von Cut bis zu schwerer Gehirnblutung ) eine Vergiftung ( vor allem bei Kindern durch Verschlucken giftiger Substanzen, wie z.B. Abflussreiniger ) Sonnenstich od. Hitzeschlag ( viel Wasser zuführen, Schatten, kalte Umschläge um Gehirnschwellung zu stoppen ), Epilepsie, Diabetes, Schlaganfall Bei Bewusstlosigkeit gilt es: die Mündhöhle zu inspizieren Gegenstände/Erbrochenes aus dem Mund zu entfernen ( anschließend stabile Seitenlage ) den Kopf zu überstrecken um zu verhindern, dass das Opfer an seiner eigenen Zunge erstickt eine Atemkontrolle durchzuführen: Sehen – Hören – Fühlen - Seite 2 - Erste Hilfe & Akutversorgung von Verletzungen Stefan ULREICH Prof. Fialka den Kreislauf zu kontrollieren ( fühlen des Pulses an der Halsschlagader ) Sollte kein Kreislauf mehr vorhanden sein Reanimation ( 2 x Beatmung, 15 x Herzmassage od. 2x Beatmung, 30 x Herzmassage ) bis man abgelöst wird oder ein Arzt sagt, dass man aufhören kann. NIE von sich aus aufhören (außer die Kraft geht aus) und den Tod feststellen, da dies NUR der (Not-)Arzt darf. Blutungen: Schwache Blutung: tropfend oder rinnend über einen größeren Zeitraum entsteht nur ein geringer Blutverlust Erste Hilfe: keimfreier Verband; nie ausspülen, desinfizieren, einschmieren, einpudern,usw.. Starke Blutung: stark fließend oder spritzend über einen kleinen Zeitraum entsteht ein großer Blutverlust Erste Hilfe: Fingerdruck, Druckverband, Abbinden Fingerdruck: - Opfer hinlegen/setzen - Keimfreie Wundauflage auf die Wunde pressen - Druck bis zum Eintreffen der Rettungskräfte beibehalten - Einmalhandschuhe verwenden ( wenn vorhanden ) Druckverband: - nur, wenn es die verletzte Stelle zulässt - nur, wenn man das Anlegen beherrscht - nur wenn geeignetes Material vorhanden ( nicht scharfkantig, min. 2x2 cm groß, druckbeständig ) Abbinden: - nur wenn der Verdacht besteht, dass das Opfer an der Wunde verbluten könnte ( z.B. bei ausgedehnten Wunden an Arm od. Bein, Verschüttungen, Massenunfällen, Verletzung der Oberschenkelarterie und Abtrennungen von Gliedmaßen ) - breites Abbindgerät verwenden ( z.B. gefaltetes Dreieckstuch, Gürtel ) - so fest abbinden, bis aus der Wunde kein Blut mehr austritt - unbedingt den genauen Zeitpunkt des Abbindens notieren, da nach spätestens 2 Stunden irreparable Schäden im abgebundenen Gewebe entstehen Blutverlust bei folgenden Verletzungen: Unterschenkelbruch 1000ml Oberschenkelbruch 2000 ml - Seite 3 - Erste Hilfe & Akutversorgung von Verletzungen Stefan ULREICH Prof. Fialka Beckenbruch Unterarmbruch Oberarmbruch Milzriss Leberriss Hämatolthorax 4500 ml 400 ml 800 ml 2500 ml 2500 ml 1500 ml Schock Beim Schock kommt es zu einer akuten Minderdurchblutung (und somit einem Sauerstoffmangel) der lebenswichtigen Organe bei Störung der Kreislauffunktionen. Er wird verursacht durch: schweren Blutverlust ausgedehnte Verbrennungen ( als Folge davon: Flüssigkeitsverlust ) Vergiftungen ( es kommt ebenfalls zu einem Flüssigkeitsverlust ) schwere Allergien Herzrhytmusstörungen Der Körper will die lebenswichtigen Organe dennoch mit genügend Sauerstoff versorgen, er nimmt sich dafür das Blut aus den Extremitäten, deren Durchblutung dadurch verloren geht. Je länger der Schock anhält, desto weniger Organe werden durchblutet, es kann zu bleibenden Organschäden und im schlimmsten Fall zu einem multiplen Organversagen und somit dem Tod kommen. Zeichen für einen Schock sind: Teilnahmslosigkeit/Unruhe Schneller, flacher Pulsschlag Blässe; feuchte und kalte Haut Muskelzittern Erste Hilfe bei Schock: Blutstillung, Wundversorgung Warmhaltung so lagern, dass das Opfer keine Schmerzen hat öffnen von beengenden Kleidungsstücken Frischluft Anhalten des Verletzten zu tiefer, ruhiger Atmung Zuspruch, Beruhigung Kontrolle von Bewusstsein/Kreislauf Schockindex: Puls / Blutdruck = Indexziffer ( > 2 = Tod ) 120 / 60 =2 - Seite 4 - Erste Hilfe & Akutversorgung von Verletzungen Stefan ULREICH Prof. Fialka Wunden Durch Wunden können Infektionen ( durch Bakterien/Viren ) mit folgenden möglichen Folgeerkrankungen entstehen: Tetanus (Wundstarrkrampf): wenn einmal ausgebrochen, absolut tödlich und unheilbar; deswegen alle 5-7 Jahre impfen Tollwut: ebenfalls tödlich, wenn ausgebrochen Deshalb sollten man beim keimfreien verbinden von Wunden immer darauf achten: die Wunde nicht zu berühren keine Desinfektionsversuche zu unternehmen ( auch nicht mit Salben, Puder etc.. ) im Zweifel Arzt/Krankenhaus kontaktieren Wundverband Ein Wundverband ist folgendermaßen aufgebaut: 1.) Keimfreie Wundverbände: keimfreie Wundauflage nur am Rand berühren Verbandmull, metallisierte Wundauflage, Brandtücher 2.)Polsterschicht dient zum Aufsaugen von Blut und Wundsekret Zellstoff, weitere Lagen Verbandmull 3.) Befestigung nicht keimfrei niemals direkt auf die Wunde ( z.B. klebender Teil des Pflasters ) Heftpflaster, Mullbinde, Dreieckstücher, Schlauchverbände Dreieckstuchverbände: sind keine keimfreien Wundauflagen Knoten niemals im Bereich der Wunde nicht zu fest anziehen geeignet für Kopf-, Arm- und Knieverbände Bindenverbände: sind kein steriles Verbandsmaterial dienen zum Festhalten keimfreier Wundauflagen von peripher nach zentral anlegen im „Achtergang“ anlegen Jeder Fremdkörper oder perforierende Gegenstand bleibt in der Wunde und sollte nur stabilisiert werden. - Seite 5 - Erste Hilfe & Akutversorgung von Verletzungen Stefan ULREICH Prof. Fialka Tierbisse haben die Tendenz, schlecht zu heilen und bergen außerdem die Gefahr einer Infektion durch: Eitererreger Tetanuserreger Tollwuterreger Welches Tier hat gebissen? Wie hat es sich verhalten ( ängstlich, aggressiv )? War es ein wildes Tier? Erste Hilfe: Wunde mit heißem Seifenwasser auswaschen ( nur bei Tollwutverdacht ) desinfizieren ( nur bei Tollwutverdacht ) Keimfreien Verband anlegen Arzt od. Krankenhaus verständigen ( Tier identifizieren ) Schlangenbisse Bei Schlangenbissen gilt es darauf zu achten, welche Schlangenart zugebissen hat und ob es ein Antiserum gibt. Die Bisse sind zu erkennen an: zwei punktförmigen Wunden Schwellung und Schmerzen einer blau-roten Verfärbung um die Einbissstelle Erste Hilfe: betroffenen Körperteil ruhig stellen kalte Umschläge auf Bissstelle legen Schockbekämpfung beim Opfer erkundigen, ob ein Antiserum direkt vorhanden ist Transport ins Krankenhaus veranlassen Insektenstiche Bei Insektenstichen gilt es die Einstichstelle (gefährlich im Mund - Rachenraum) sowie eine eventuelle allergische Reaktion (Rötung, Schwellung, Juckreiz, Kreislaufstörung) zu beachten. Erste Hilfe: kalte Umschläge bei allergischen Reaktionen: Schockbekämpfung bei Stichen im Mund – Rachenraum: Eis lutschen lassen, kalte Umschläge um Hals bei Verschlechterung des Zustands Arzt verständigen Zeckenbisse Bei Zeckenbissen besteht die Gefahr einer Infektion mit FSME (Gehirnhautentzündung) und Borelliose (bakterielle Infektion gekennzeichnet durch roten Ring um den Zeckenbiss). Impfen!! - Seite 6 - Erste Hilfe & Akutversorgung von Verletzungen Stefan ULREICH Prof. Fialka Verätzungen, Verbrennungen & Erfrierungen Verätzungen Bei Verätzungen durch Säuren und Laugen sollte man: die mit der Substanz in Berührung gekommene Kleidung sofort entfernen die betroffene Stelle auf der Haut intensiv abspülen die Wunde nicht desinfizieren einen keimfreien Verband anlegen und den Arzt verständigen Verbrennung Der Grad einer Verbrennung ist abhängig von: Ausdehnung (in % der Körperoberfläche) Tiefenwirkung (siehe Verbrennungsgrade) Alter (Schockgefahr bei Kindern ab 5%, bei Erwachsenen ab 10%) Gesundheitszustand (evtl. andere Verletzungen) Art, Dauer und Stelle der Verbrennung sowie die Höhe der Temperatur, mit der verbrannt wurde Die Gesamtoberfläche ist folgendermaßen aufgeteilt: Rumpf 36% ( 18% Vorderseite, 18% Rückseite ) Beine je 18% ( 9% Vorderseite, 9% Rückseite ) Arme je 9% ( Handfläche = 1% ) Kopf 9% Die 4 Verbrennungsgrade: 1. Grad: Rötung, Schwellung, Schmerz (kühlen!) 2. Grad: Blasenbildung und oberflächliche Zerstörung der Haut 3. Grad: Schorfbildung ( Zerstörung des Gewebes ) a.) oberflächlich, verbunden mit starken Schmerzen b.) tiefgehend; nur geringe Schmerzen, da Nerven zerstört; Spannungsgefühl 4. Grad: Verkohlung Bei Verbrennungen bestehen 3 lebensgefährliche Faktoren: 1. durch den Austritt von Plasma aus der Blutbahn ins Gewebe kommt es zu großem Blutverlust, was einen Schock als Folge hat 2. Verbrennungskrankheit: durch die Verbrennung von Eiweiß kommt es zu einem riesigen Flüssigkeitsverlust, was zu einer Minderdurchblutung lebenswichtiger Organe und somit zu einem Versagen selbiger führen kann 3. Infektion: Um einer Ansteckung mit Tetanus vorzubeugen sollte man Kleiderbrände sofort löschen und die Kleidung entfernen. Anschließen mit kaltem Wasser abspülen und keimfreien Verband anlegen Erfrierungen Erfrierungen werden unterteilt in oberflächliche und tiefer gehende Erfrierungen. Ad oberflächliche: es kommt zu Gefühllosigkeit und Blässe und anschließend zu prickelnden Schmerzen sowie blau-roten Verfärbungen - Seite 7 - Erste Hilfe & Akutversorgung von Verletzungen Stefan ULREICH Prof. Fialka Ad tiefer gehende: es kommt zu Blasenbildung mit weiß bis blaugrau marmorierte Verfärbung der Haut sowie zu einer Bewegungseinschränkung und Empfindungslosigkeit betroffener Körperteile; dann starke Schmerzen Erste Hilfe: beengende Kleidung öffnen keimfreier Verband heiße, gezuckerte Getränke verabreichen ( KEIN Alkohol ) betroffene Stellen wärmen ( KEIN heißes Wasser, KEIN Heizkörper, KEIN offenes Feuer ), am besten mit Decken, Kleidung od. Körperwärme bei tiefer gehenden Erfrierungen die betroffenen Körperteile nicht bewegen od. erwärmen, da sonst gefährlicher Wärmeverlust im Rumpf Unterkühlung Von einer Unterkühlung spricht man bei einer Körpertemperatur von weniger als 36°C. Gekennzeichnet durch: anfangs heftige Schmerzen Teilnahmslosigkeit Müdigkeit anschließend beschwerdefrei fühlen einschlafen Verlangsamung von Puls u. Atmung Man sollte sich folgendermaßen verhalten: aufwecken/wach halten in Ruhelage bleiben, nicht gehen/bewegen wärmende Kleidung und Decken regelmäßige Kontrolle von Atmung und Kreislauf KEIN Alkohol - Seite 8 - Erste Hilfe & Akutversorgung von Verletzungen Stefan ULREICH Prof. Fialka Knochen-, Muskel- & Gelenksverletzungen Quetschungen und Verstauchungen Kennzeichen von Quetschungen und Verstauchungen sind Schwellungen, Blutergüsse sowie starke Schmerzen. Bei Verschütteten kann es leicht zu Quetschungen innerer Organe kommen. Erste Hilfe: ruhig stellen Hochlagern kalte Umschläge Arzt verständigen Verrenkung Eine Verrenkung ist gekennzeichnet durch Schmerzen, abnorme Stellung und Bewegungsunfähigkeit des betroffenen Körperteils (federnde Fixation Körperteil kehrt durch Muskelzug immer wieder in dieselbe Stellung zurück). Erste Hilfe: Gelenksstellung nicht verändern Vorsichtig ruhig stellen KEINE Einrenkungsversuche Arzt verständigen Knochenbrüche Knochenbrüche definieren sich durch eine Unterbrechung im Verlauf des Knochens, hervorgerufen durch (in)direkte Gewalteinwirkung auf selbigen. Sichere Zeichen für einen Knochenbruch: Bewegungsunfähigkeit Achsenabweichung Stufenbildung Geräusche von aneinander reibenden Knochen(stücken) Unsichere Zeichen: Schmerzen Schwellung Bewegungseinschränkung Von einem geschlossenen Knochenbruch spricht man, wenn die Haut im Bereich der Bruchstelle unverletzt ist. Bei einem offenen Knochenbruch ist die Haut über der Bruchstelle verletzt, wodurch Bakterien eindringen können und somit die Gefahr einer Infektion besteht. Schock durch Blutverlust und Schmerzen, sowie Verletzungen nobler Strukturen ( Nerven, Gefäße ) und Infektionen stellen eine Gefahr dar. Erste Hilfe allgemein bei Knochenbrüchen: - Seite 9 - Erste Hilfe & Akutversorgung von Verletzungen Stefan ULREICH Prof. Fialka ruhig stellen durch Schienung ( beide benachbarten Gelenke müssen mitgeschient sein) Kreislaufkontrolle Lagerung und Transport In Achse ausrichten des betroffenen Körperteils Ober-, Unterschenkel- od. Knöchelbruch: verletztes Bein nicht bewegen bei offenem Bruch keimfreier Verband Schuhe NICHT ausziehen ruhig stellen durch unterstützende Lagerung Schädelbruch: Wunde im Bereich des behaarten Kopfes evtl. sichtbare Knochensplitter mögl. Hirnaustritt Schädelbasisbruch: Blutaustritt aus Ohr, Nase, Mund od. den Augenhöhlen Hochlagern des Oberkörpers ( ca. 30° ) Kopf nicht verdrehen Wunde keimfrei abdecken Erstversorgung von akuten Sportverletzungen Bei äquivalenter Krafteinwirkung gleiche Verletzungsfolgen wie im Straßenverkehr! Definition: Verletzungsschwere vom Ausmaß der äußeren Gewalteinwirkung abhängig. Aber: jede Sportart hat klassische Verletzungsmuster! Für eine adäquate sportmedizinische Betreuung nötig: Kenntnis über sportartspezifische Verletzungsmuster Vorbereitung auf nötige Diagnostik und Therapie Schaffung einer na die Veranstaltung angepasste Logistik (cave: Großveranstaltungen!) Möglichkeiten für den Sportarzt: Akute Diagnostik: an der Sportstädte nur klinische Untersuchung möglich, in der erweiterten Frühphase (KH, Ordination,..)auch angepasste Diagnostik Akute Therapie: abhängig von der Ausrüstung und der Logistik. v.a. akute Schmerztherapie Eine der schwierigsten Entscheidungen: - Seite 10 - Erste Hilfe & Akutversorgung von Verletzungen Stefan ULREICH Prof. Fialka Spielfähigkeit nach Verletzung => Druck durch Verein, Sportler, Zuseher, Sponsoren,... Sportarzt ist Gesundheitsadvokat des Sportlers! Typische Verletzungsmuster: Schädel: Motorsport, Alpinsport, Fußball, Handball, Kampfsport, Reiten(5% der Verletzungen, o aber 50% der tödlichen Verletzungen!),.. Wirbelsäule: Motorsport, Alpinsport, Reiten,.. Stamm: (selten!) Motorsport, Alpinsport,... Obere Extremität: Tennis, Golf, Basketball, Handball, Volleyball,... Untere Extremitäten: Fußball, Alpinski, Basketball, Hallensport, Leichtathletik,... Schädel – Hirn – Trauma: Motorsport, Alpinsport, Fußball, Handball, Kampsportarten, Reiten,... NICHTS TRINKEN! Verletzungen: Gehirnschädel, Gesichtsschädel, Kombinationsverletzungen Im Regelfall entsprechende Traumanamnese (Hochrasanttrauma, Zusammenstöße mit Gegner,...) Äußere Verletzungszeichen: je nach Gewalteinwirkung Klinisch: Lokaler DS (Druckschmerz), Schwellung, (v.a. Nasenbein, Jochbogen) Neurologischer Status: Erinnerungslücke, Bewusstlosigkeit, Orientiertheit Hohe Anzahl an Gesichtsschädelverletzungen in bestimmten Sportarten, wie z.B.: Fußball (54%), Inline Skating (15%), Reiten (9%) Helmpflicht im Eishockey hat zu einer Reduktion der Gesichtsverletzungen geführt. Aber: Zunahme der schweren HWS (Halswirbelsäule) Läsionen (Schmerzen im Nacken, v.a. bei Flexion oder Extension) Falsches Sicherheitsgefühl erhöht die Risikobereitschaft! Klinisch: Lokaler DS im Nacken (v.a. bei Flexion oder Extension) Neurologischer Status: aktive Beweglichkeit der Extremitäten Offenes SHT: Klinisch: Lokalstatus klar - Seite 11 - Erste Hilfe & Akutversorgung von Verletzungen Stefan ULREICH Prof. Fialka Therapie: steriler Wundverband Intrakranielle Raumforderung: Blutung (oder Ödem) Verlagerung von Hirnanteilen Hirndrucksteigerung Bei weiterer Hirndrucksteigerung: Verlagerung von Mittelhirnanteilen in Richtung Schädelbasis Therapeutische Ziele: Ad Perfusionsverminderung: Sicherung Ad venöse Abstrombehinderung: Korrekte Lagerung des Patienten (keine Seitverdrehung des Kopfes, eventuell harte Schanzkrawatte, Oberkörper 20° - 30° Hochlagern, wenn RR (Blutdruck) es erlaubt) Memo: SHT – Therapie präklinisch: Sicherung der Oxygenisierung Volumentherapie Lagerung Wirbelsäulenverletzungen: Motorsport, Alpinsport, Reiten, Radsport,... v.a. HWS, selten: LWS (Lendenwirbelsäule) und BWS (Brustwirbelsäule) „mit kompletter Neurologie“ „mit inkompletter Neurologie“ „progrediente Neurologie“ „ohne Neurologie“ cave: Momentaufnahme Mountainbike – BMX Große Diskrepanz zwischen Wettkampfsport und Amateure. Geringes Risikobewusstsein Häufig Gesichtsschädel mit HWS kombiniert Bergung und Lagerung sekundärer Schäden: Überdistraktion bei (oberer) HWS Läsionen: Zuggewicht >2kg bei hohem Instabilitätsgrad führt zu messbarer Zunahme von neurologischen Ausfällen. (Jaenneret 1991) Goldstandard in der Notfallsversorgung Konsens: rascher, schonender Transport (Vakuum, Schanzkrawatte, cave: Distraktion!) - Seite 12 - Erste Hilfe & Akutversorgung von Verletzungen Stefan ULREICH Prof. Fialka Bergung: Vakuum, händisch, Schaufeltrage Abdominaltrauma Stumpfes Beckentrauma: Sturz aus großer Höhe (Alpinsport, Paragleiten), Motorsport, Kompression (Gegnerkollision) Penetriertes Bauchtrauma: Pfählungsverletzung (Rarität!) Schweres Thorax- und Abdominaltrauma Kraftsport Therapie: Initial Kryo (Eistherapie), NSAR, sek.: Heparinsalbe (OP?) Obere Extremität Tennis, Golf, Basketball, Handball, Volleyball,.. Clavicularfraktur, Schulterluxation, AC Gelenksläsionen Handgelenksverletzungen: Frakturen, Diskusverletzung,..) Schultergelenk: Frakturen: Hochrasant (Alpinsport, Radsport, Reiten,..) v.a. Clavicula, selten Humerus, Radius Luxationen: Schultergelenk (Alpinsport, Kontaktsport,...), AC Gelenk (Radsport, Inlineskating,..) Posttraumatische Instabilitäten, Posttraumatische Rotationsmanschettenläsionen (partiell, selten total) Verletzungsmechanismus: Begleitverletzungen: Abscherverletzungen des knorpeligen Pfannenrandes („Limbus“) Impressionsbruch am Oberarmkopf („Hill-Sachs-Delle“) Abriss von Muskelansätzen („Tub-Maius Abriss“) Akuttherapie: Mitella (Dreieckstuch) Kein Repositionsversuch ohne Röntgen! Ausnahme: chronisch rezidive Luxation AC Gelenksluxation - Seite 13 - Erste Hilfe & Akutversorgung von Verletzungen Prof. Fialka Tossy I – II: Klinisch schwer zu diagnostizieren Gehaltene Aufnahmen, lokaler DS, MAA Test Tossy III: klinisch eindeutig Verletzungsursache: direkter Sturz Klinisch: Lokalstatus: Claviculahochstand Therapie: Kryo, NSAR, ev. Tornisterverband weitere Abklärung Ellbogenfraktur und Luxationen Direktes Trauma oder Krafteinwirkung über langen Hebel Fingerverletzungen Meist Kapselbandverletzungen Untere Extremität Fußball, Alpinski, Hallensport, Leichtathletik,... Muskelzerrungen / -rupturen Knie(band)verletzungen (ACL, PCL, MCL, Meniskus) Sprunggelenksluxationen Frakturen nur bei entsprechend hoher Gewalteinwirkung Frakturen und Luxationen Reposition – steriler Verband Vermeidung sekundärer Weichteilschäden Ziehen in Längsachse, Schienung aller benachbarten Gelenke Klinische Diagnostik bei Knieverletzungen Klinische Untersuchung Anamnese o Allgemeine – o Sportspezifische – Inspektion o Asymmetrie o Muskelatrophie Palpation o Intramuskulärer Erguss Beweglichkeit o ROM - Seite 14 - Stefan ULREICH Erste Hilfe & Akutversorgung von Verletzungen Stefan ULREICH Prof. Fialka o Aktive (cave: Schmerzhemmung) – o Passive – Bandstabilität o Seitenbänder (Valgus- / Varusstrest) o Kreuzbänder (Schubladen test, Lachmann) Bandstabilität Seitenbänder Prüfung in ca. 10°-15° Beugestellung (objektiver Befund) In Steckstellung falsch negativer Befund (v.a. dorsome der Kapslen) bei Instabilität in Steckstellung Ruptur der dorsalen Kapseln Befund: „neg. oder + - +++ positiv aufklappbar“ Kreuzbänder: Schubladentest Prüfung in ca. 90° Beugestellung Versuch den Unterschenkel nach ventral zu ziehen („Schubladenphänomen“) Falsch neg. Befund bei Muskelspannung möglich Befund: „neg. oder + - +++ pos.“ (5, 10, >10 mm im Seitenvergleich) Lachmanntest Prüfung in ca. 15° Beugestellung Ersuch den Unterschenkel passiv nach ventral zu ziehen (vgl. „Schubladenphänomen“) Zusätzlich Außenrotation Falsch neg. Befund bei Muskelspannung kaum möglich Befund: „neg. oder + - +++ pos., mit hartem / weichen Anschlag) Radiologische Diagnostik: Nativröntgen in 2 Ebenen Beurteilung der Gelenkflächen ... der Weite der Gelenksspalte ... der mechanischen Achse ... selten knöcherne Ausrisse gehaltene Aufnahme Sprunggelenksverletzungen Therapiedomäne: Einsatz unmittelbar am Spielfeldrand verhindert die Entstehung großer Hämatome: Kryo!!! Tape oder Orthese Weitere Abklärung Cave: Spielfähigkeit Klinische Untersuchung: Sitzender Patient Kniegelenk 90° gebeugt - Seite 15 - Erste Hilfe & Akutversorgung von Verletzungen Stefan ULREICH Prof. Fialka Möglichst entspannte Muskulatur (cave: Fehlbefund bei Schmerzen) „Forciert Supination“ im Seitenvergleich „ventrale Talusvorschub“ im Seitenvergleich „Druck auf die ventrale Syndesmose“ Druck auf die hohe Fibula“ „Eversionstest oder Fricktest“ Funktionelle Verbände Definition: Selektiver Schutz des verletzen Struktur, bei Erhaltung der Funktion des Gelenks oder der Extremität. Grundprinzip: Funktionszügel, die parallel zur verletzten anatomischen Struktur verlaufen Tape: Wann lege ich einen Tapeverband an? Indikation: Distorsion (Muskel, Sehnen, Bänder) Weichteilhämatome (Contusion) Pattialruptur (Muskel, Sehnen, Bänder) Relative Indikationen: Komplette Ruptur (eventuell postoperativ) Allg. postoperativ (Trainingsbeginn) Kontraindikationen: Fraktur Stoffwechsel: Durch funktionelle Nachbehandlung höherer Stoffwechsel als bei vollständiger Immobilisierung. Proprioception: Geringer negativer Effekt auf intra- und intermuskuläre Koordination durch Einsetzbarkeit aller aktiven Trainingselemente. kürzere Rehab Phase Wirkprinzip: Funktion: Entlastung der betroffenen anatomischen Struktur, d.h. Kraftumleitung über die „Funktionszügel“ auf die „Ankerzügel“. Zusätzliche therapeutische Möglichkeiten: Erholung der Funktion der betroffenen Extremitäten - Seite 16 - Erste Hilfe & Akutversorgung von Verletzungen Prof. Fialka Therapeutischer Effekt: Volumsreduktion durch Flüssigkeitsverschiebung Memos: Funktioniert nur mit Kurz- oder Ultrakurzzugbinden (vgl. Zinkleimverband) Polsterung: Ohne Polsterung entstehen Druckspitzen Mit Polster gleichmäßige Druckverteilung Polster direkt auf der Haut befestigen (Leukospray oder Klebepolster) Kann nicht dislezieren, stört nicht die Funktionalität des Verbandes - Seite 17 - Stefan ULREICH