25. März 2014 Herzschutz durch Sport – ein Muss auch für viele Herzkranke Dass Sport bei einigen chronischen Krankheiten so wirksam sein kann wie eine Pharmakotherapie und zudem verträglicher, ist eine Erkenntnis, die fast schon als banal bezeichnet werden könnte. Aber da dem Wissen nicht zwangsläufig das entsprechende Handeln folgt, ist es begrüßenswert, dass das Thema „Sport als Therapie“ in wenigen Tagen beim 2. Interdisziplinären Fachkongress für Bewegungsmedizin der FIBO auf der Agenda steht - zumal der Kongress unter dem Motto steht: „Bewegung ist die Medizin des 21. Jahrhunderts“. Stattfinden wird die Fachveranstaltung am 4. und 5. April in Köln, organisiert in Kooperation mit Springer Medizin und der „Ärzte Zeitung“, unterstützt von der Sporthochschule Köln und der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention. Einer der Referenten bei der Kölner Veranstaltung ist Professor Dr. med. Axel Schmermund vom Cardioangiologischen Centrum Bethanien CCB in Frankfurt am Main. Das Thema des Kardiologen ist demzufolge der therapeutische Nutzen von Sport oder körperlicher Aktivität für Menschen mit Herzkrankheiten, insbesondere einer koronaren Herzkrankheit (KHK). Sport als Therapie liegt seit wenigen Jahren geradezu im Trend, wie etwa die weltweite Initiative „Exercise is Medicine“ zeigt, deren Betreiber insbesondere das Verständnis dafür fördern wollen, dass körperliche Bewegung eben nicht nur Prävention, sondern auch Therapie ist. Das sei auch unbedingt notwendig, denn noch immer komme körperliche Aktivität als Therapie zu kurz - eine Klage, der sich unter vielen anderen auch die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention anschließt, die daher die Initiative unterstützt. Deutlich bessere Prognose Das Plädoyer für Bewegung und Sport als Herz-Gefäß-Therapie ist bekanntlich gut begründet. Körperliche Aktivität wirkt gegen eine Vielzahl von Erkrankungen und Störungen, die mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko einhergehen, etwa Fettstoffwechselstörungen, Bluthochdruck, Übergewicht und Diabetes mellitus. Und auch Menschen, die bereits an einer KHK erkrankt sind oder sogar eine Herzinsuffizienz haben, können von mehr Bewegung und Sport profitieren; dies gilt selbst für Träger eines Herzschrittmachers. Nach den Ergebnissen einer Cochrane-Analyse senkt eine Rehabilitation mit körperlichem Training bei KHK-Patienten Gesamt- Mortalität und kardiovaskuläre Sterblichkeit. Auch eine 2005 publizierte Metaanalyse von 63 kontrollierten Studien belegte einen klaren prognostischen Nutzen von Bewegungsprogrammen für KHKPatienten, die bereits einen Herzinfarkt erlitten hatten. Von körperlichem Training profitieren entgegen früheren Annahmen - auch Patienten mit Herzinsuffizienz. Ihre Leistungsfähigkeit Reed Exhibitions Deutschland GmbH Völklinger Str. 4 D - 40219 Düsseldorf Pressestelle: Dr. Mike Seidensticker (Ltg.) Cornelia Maschke Tel: +49(0)2 11 90 191-182 [email protected] Internet: www.fibo.de 2 und Lebensqualität nähmen zu, ihre Mortalität ab, heißt es in einem Übersichtsbeitrag zur „Risikoreduktion kardiovaskulärer Erkrankungen durch körperliche Aktivität“. Körperliche Aktivität müsse daher als wesentliche Maßnahme bei koronarer Herzerkrankung empfohlen werden und sei zudem ein wichtiger Baustein in der Therapie von Patienten mit Herzinsuffizienz geworden, heißt es zusammenfassend. Wie Sport kardioprotektiv wirkt Zu den Mechanismen, über die körperliche Bewegung und Sport die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität senken, zählen zum Beispiel: • eine Zunahme der endothelialen Vorläuferzellen, eine verbesserte endotheliale Funktion und über NO vermittelte Dilatation der Koronargefäße • Vagusaktivierung und größere Herzfrequenzvariabilität • eine verbesserte Hämodynamik und Auswurffraktion • eine Senkung der Ischämieschwelle, der Herzfrequenz und der Arrhythmieneigung • eine verminderte inflammatorische und hämostatische Aktivität (C-reaktives Protein, Fibrinogen) • eine Reduktion der Lipidwerte, des HbA1c-Werts und des peripheren Widerstandes. Plötzlicher Herztod beim Sport – selten und vermeidbar Eine immer wieder geäußerte Sorge ist allerdings die, dass Sport, insbesondere intensiver Sport, das Herz schädigen könne. Anlass für Diskussionen dazu sind meist vereinzelte, völlig unerwartete Todesfälle bei den in Mode gekommenen Stadt-Marathon-Läufen. Zudem gibt es Belege dafür, dass akute physische Belastungen, wie sie bei Marathon-Läufen und anderen, relativ extremen Ausdauerleistungen vorkommen, mit einem Anstieg der kardialen Marker Troponin und BNP einhergehen können. In der Regel normalisierten sich die Werte bei kardiologisch gesunden Sportlern nach der Belastung aber wieder, so dass sie als physiologische Reaktion interpretiert würden, erklären Kardiologen und Sportmediziner in einem Beitrag zum Thema „Marathon und Herz“ in der „Zeitschrift für Sportmedizin“. Darauf wiesen auch bildgebende Funktions-Untersuchungen hin, etwa doppler-sonographische, echokardiographische und kernspintomographische Untersuchungen. Gleichwohl kommen Todesfälle bei Marathon-Veranstaltungen vor; doch betroffen sind meist Sportler – vor allen Männer – mit einer unerkannten hypertrophen Kardiomyopathie. USamerikanische Kardiologen von der Harvard-Universität in Boston haben vor wenigen Jahren einmal Daten von Teilnehmern an Marathon-Veranstaltungen ausgewertet. Von den elf Millionen Läufern erlitten 59 während oder kurz nach dem Langstreckenlauf einen Herzstillstand, 42 davon endeten tödlich. Die Mehrzahl von ihnen hatte eine hypertrophe Kardiomyopathie. Die Teilnahme an einem Marathon sei meist sicher, lautete die Reed Exhibitions Deutschland GmbH Völklinger Str. 4 D - 40219 Düsseldorf Pressestelle: Dr. Mike Seidensticker (Ltg.) Cornelia Maschke Tel: +49(0)2 11 90 191-182 [email protected] Internet: www.fibo.de 3 Kernbotschaft der Autoren, deren Studie im renommierten „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht wurde. Die Sicherheit von solchen Langstrecken-Läufen betonen auch die deutschen Kardiologen und Sportmediziner in ihrem Beitrag zum Thema „Marathon und Herz“. Dass Frauen weniger gefährdet sind, bei sportlicher Belastung einen kardialen Tod zu erleiden, hat übrigens auch eine letztes Jahr veröffentliche Studie französischer Forscher um Dr. Eloi Marijon aus Paris bestätigt („JAMA“). Berechnungen ergaben eine jährliche Inzidenz des plötzlichen Herztodes bei sporttreibenden Frauen von 0,51 pro eine Million Sportteilnehmerinnen. Bei männlichen Sportlern war sie mit 10,1 pro eine Million Sportteilnehmer und Jahr zwanzig Mal höher. Auch auf die Dosis kommt es an Zielgruppe für bewegungs- und Sport-Therapie sind ohnehin weniger die jungen oder zumindest fitten und gesunden Freizeit-Athleten, sondern jene Menschen, die kardial gefährdet sind oder auch bereits eine Herzerkrankung haben. Selbstverständlich kommt es bei der Bewegungs- oder Sport-Therapie dieser Menschen auch auf die Dosis an. Das ist bei Sport-Therapien nicht anders als bei medikamentösen Behandlungen. „Für körperliche Aktivität gibt es, vergleichbar Medikamenten, eine Indikation, Empfehlungen zur Dosierung und eine positive Dosis-Wirkungs-Beziehung. Sport könne Nebenwirkungen haben und kontraindiziert sein, zum Beispiel bei akuten schweren Erkrankungen oder Infektionen, so der Remscheider Sportmediziner Professor Dr. med. Herbert Löllgen auf einem Symposium zur Sportmedizin beim 37. Interdisziplinären Forum der Bundesärztekammer in Berlin. Aus diesem Grund sollten Menschen, die nie Sport getrieben haben oder nach einer jahrelangen Sport-Pause aus gesundheitlichen Gründen wieder Sport treiben wollen und auch sollen, ein paar Empfehlungen beachten, bevor mit Sport begonnen wird; dies gilt insbesondere dann, wenn bereits manifeste Herzerkrankungen bestehen, etwa eine KHK. Generell gilt, ab einem Alter von über 35 Jahren und bei Wiederaufnahme sportlicher Aktivitäten dem Training eine qualifizierte sportärztliche und kardiologische Vorsorgeuntersuchung voranzustellen; dies bedeutet unter anderem: Ruhe-EKG für jüngere Patienten und Belastungs-EKG für Männer über 40 und Frauen über 50 Jahre. Blutuntersuchungen, zum Beispiel auf Cholesterin, seien ratsam. Zudem sollten die körperlichen Belastungen anfangs nur langsam gesteigert, also nicht sofort mit Höchstleistungen begonnen werden; übertriebener Ehrgeiz sollte vermieden werden, raten unter anderen auch die Kardiologen der Deutschen Herzstiftung. Zu bevorzugen sind Ausdauersportarten wie Joggen und Radfahren - am besten in Kombination mit einem moderaten Muskel-Training. Und wer nicht nur wissen will, ob er „sporttauglich“ ist, sondern auch, wie leistungsfähig, dem kann selbstverständlich zu einer Leistungsdiagnostik geraten werden, mit Bestimmung der Laktat-Werte etwa und der maximalen SauerstoffAufnahme. Ein Muss ist eine solche Diagnostik allerdings nicht, denn auf maximale Leistungen kommt es bei Sport-Therapien nicht, sondern allein auf den gesundheitlichen Nutzen. Und der kann wahrlich groß sein. Autor: Thomas Kron www.fibo.de/ Reed Exhibitions Deutschland GmbH Völklinger Str. 4 D - 40219 Düsseldorf Pressestelle: Dr. Mike Seidensticker (Ltg.) Cornelia Maschke Tel: +49(0)2 11 90 191-182 [email protected] Internet: www.fibo.de 4 Literatur 1. H. Löllgen, D. Löllgen: Risikoreduktion kardiovaskulärer Erkrankungen durch körperliche Aktivität In: Internist 53, 2012; 20 – 29 Link: www.springermedizin.de 2. C. Foster, J.P. Porcari, J.J. de Koning u.a.: Exercise Training for performance and Health In: Dtsch Z Sportmed 63, 2012; 69 - 74. Link: www.zeitschrift-sportmedizin.de 3. J. Scharhag, F. Knebel, F. Mayer und W. Kindermann: Schadet Marathonlaufen dem Herz? Ein Update. In: Dtsch Z Sportmed 62, 2011; 293 - 298 Link: www.zeitschrift-sportmedizin.de 4. S. C. Moore, A.V. Patel, C. E. Matthews u. a.: Leisure Time Physical Activity of Moderate to Vigorous Intensity and Mortality: A Large Pooled Cohort Analysis In: „PLoS Medicine“ Link: www.plosmedicine.org 5. C. De Biase, R. De Rosa, R. Luciano u.a.: Effects of physical activity on endothelial progenitor cells (EPCs) In: Frontiers in Physiology Link: www.ncbi.nlm.nih.gov Reed Exhibitions Deutschland GmbH Völklinger Str. 4 D - 40219 Düsseldorf Pressestelle: Dr. Mike Seidensticker (Ltg.) Cornelia Maschke Tel: +49(0)2 11 90 191-182 [email protected] Internet: www.fibo.de