Margareta Luther

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Margareta Luther-Mosebach
Projektarbeit im Rahmen der „Ausbildung für
Ausbilder“ – CESTE-Net
Eurythmische Erarbeitung und Aufführung eines
Märchens
mit dem Ausbildungskurs Heilerziehungspflege im
Kinder- und Jugendheim Friedrichshulde
Lindenallee 96, D – 22869 Schenefeld
November 2005 – November 2006
Margareta Luther-Mosebach
Bogenstraße 18
D – 22869 Schenefeld
Tel: 040 – 8301447
2
Inhaltsverzeichnis
1
VORWORT ....................................................................................................................................... 3
2
BESCHREIBUNG DER EINRICHTUNG ..................................................................................... 4
3
AUSGANGSSITUATION DES PROJEKTES ............................................................................... 4
3.1
3.2
3.3
4
PERSÖNLICHE SITUATION........................................................................................................... 4
EURYTHMIE ALS UNTERRICHTSFACH ......................................................................................... 5
DER AUSBILDUNGSKURS............................................................................................................ 5
ZIELE DES PROJEKTES ............................................................................................................... 6
4.1
KUNST........................................................................................................................................ 6
4.1.1
Künstlerisches Tun als Ausbildungsinhalt erlebbar machen ................................................ 6
4.1.2
Haltung und Bewegung differenzieren ................................................................................. 6
4.2
PRAXIS ....................................................................................................................................... 6
4.2.1
Etwas Schönes für die Kinder und Jugendlichen entstehen lassen ....................................... 6
4.2.2
Selbstwahrnehmung und –einschätzung ............................................................................... 7
4.2.3
Einen bewussteren Umgang mit Märchen und Geschichten in der Praxis fördern .............. 7
4.3
THEORIE ..................................................................................................................................... 7
4.3.1
Menschenkundliche Aspekte zu Gestalt und Bewegung ........................................................ 7
4.3.2
Märchen als Bilder individueller und kultureller Entwicklung ............................................ 8
5
VORGEHENSPLANUNG ............................................................................................................... 8
5.1
INHALTLICH ............................................................................................................................... 8
5.1.1
Ein Märchen finden .............................................................................................................. 8
5.1.2
Zeitrahmen erstellen ............................................................................................................. 8
5.1.3
Eurythmische Grundlagen schaffen und erweitern ............................................................... 9
5.1.4
Aufgaben verteilen ................................................................................................................ 9
5.2
EVALUATION .............................................................................................................................. 9
6
VERLAUF DES PROJEKTES ........................................................................................................ 9
6.1
6.2
6.3
6.4
6.5
6.5.1
6.5.2
6.5.3
6.5.4
6.6
7
SCHLÜSSELSITUATIONEN ....................................................................................................... 13
7.1
7.2
7.3
8
ERSTE ORIENTIERUNG................................................................................................................ 9
EURYTHMISCHE INHALTE......................................................................................................... 10
DIE ARBEIT BEGINNT ............................................................................................................... 10
PROBEN .................................................................................................................................... 11
BESONDERE BEREICHE ............................................................................................................. 11
Sprache ............................................................................................................................... 11
Kostüme .............................................................................................................................. 12
Beleuchtung ........................................................................................................................ 12
Musik .................................................................................................................................. 12
SCHLUSSPHASE ........................................................................................................................ 12
MÄRCHENMOTIV ...................................................................................................................... 13
ERWACHSENENBILDUNG .......................................................................................................... 13
AUFFÜHRUNG .......................................................................................................................... 14
BEWERTUNG ................................................................................................................................ 14
8.1
8.2
8.2.1
8.2.2
8.3
8.4
GESPRÄCH................................................................................................................................ 14
FRAGEBÖGEN ........................................................................................................................... 14
Fragebogen 1 zum Abschluss des Märchenprojektes ......................................................... 14
Fragebogen 2...................................................................................................................... 15
ABSCHLUSSGESPRÄCH ............................................................................................................. 16
PEER REVIEW (PR)................................................................................................................... 17
ANHANG .................................................................................................................................................. 18
8.5
8.6
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LITERATURVERZEICHNIS .......................................................................................................... 18
DAS MÄRCHEN ........................................................................................................................ 19
3
1 Vorwort
Die Eurythmie – eine Bewegungskunst auf der Grundlage von Sprache und
Musik – gehört, seit es eine anthroposophisch orientierte Ausbildung zum
Heilpädagogen gibt, zum Ausbildungsinhalt. Einerseits lernen die
Auszubildenden, die eigene Gestalt und Bewegung bewusster wahrzunehmen,
sie als künstlerisches Ausdrucksmittel einzusetzen, andererseits wird dadurch
die Wahrnehmung von Bewegungsstörungen und –besonderheiten geschult.
Auch entstehen durch die gemeinsame Bewegung soziale Prozesse innerhalb
der Gruppe, die sich auf das gesamte Ausbildungsgeschehen auswirken
können.
Die Voraussetzungen sind bei den Auszubildenden meist sehr unterschiedlich,
einigen ist die Eurythmie bekannt, anderen nicht, und der besondere
Gesichtspunkt beim Unterrichten ist, diese Bewegungskunst immer im Kontext
zum Arbeitsfeld, zu den täglichen Erfahrungen und Anforderungen der
praxisintegrierten Ausbildung zu vermitteln, so dass es auch für Menschen mit
„Vorwissen“ zu neuen Erfahrungen kommt.
Das künstlerische Erarbeiten eines Textes oder Musikstückes sollte so weit
gehen, dass im Rahmen einer Aufführung die betreuten Kinder und
Jugendlichen sowie die Mitarbeiter daran teilhaben können und für den
Auszubildenden die Bühnenerfahrung hinzukommt.
Für mich entstand dabei immer wieder die Frage, ob es tatsächlich gelingt, den
Bezug zur Praxis, zur eigenen Haltung und Bewegungsdiagnose bewusst zu
machen und so das künstlerische Erlebnis zu einem persönlichen
Ausbildungserlebnis werden zu lassen.
Im Rahmen des Projektes habe ich mir die Aufgabe gestellt, diesen Prozess
dokumentierbar zu machen. Was sich bald als problematisch herausstellte war
die fehlende Zeit, so dass bestimmte Bereiche des Inhaltes im Unterricht noch
nicht ausgearbeitet werden konnten, da die künstlerische Arbeit, die in eine
Aufführung mündete, sich mehr und mehr in den Vordergrund drängte.
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2 Beschreibung der Einrichtung
Das Kinder- und Jugendheim Friedrichshulde liegt am westlichen Stadtrand von
Hamburg, es entstand direkt nach dem 2. Weltkrieg als Heimat für Kinder und
Jugendliche, die kein Zuhause, meist auch keine Eltern mehr hatten. Im Laufe
der Zeit hat sich die Klientel der Einrichtung verändert, mehr und mehr kamen
Kinder mit klassischen heilpädagogischen Krankheitsbildern, die besonderer
Pflege und Zuwendung bedurften, so dass eine eigene Ausbildung
unumgänglich wurde. Zurzeit leben und lernen etwa 50 Kinder und Jugendliche
in sieben Wohngruppen und einer integrierten Heimsonderschule mit
Werkstufenbereich, in dem die Jugendlichen auf das Berufsleben vorbereitet
werden. In der Einrichtung sind ca.70 Mitarbeiter, Auszubildende und
Praktikanten tätig.
Die dreijährige praxisintegrierte Ausbildung zum Heilerziehungspfleger mit ca. 5
– 9 SeminaristInnen pro Ausbildungskurs ist trial gestaltet. Die Auszubildenden
haben neben ihrer Tätigkeit im Lebensbereich künstlerischen und theoretisch menschenkundlichen Unterricht und beenden die Ausbildung mit dem
staatlichen Abschluss als Heilerziehungspfleger.
In Zusammenarbeit mit vier weiteren Heilpädagogischen Einrichtungen wurde
im Sommer 2006 die „Fachschule Nord für anthroposophisch orientierte
Heilerziehungspflege“ mit Sitz in Kiel gegründet, wodurch sich im Augenblick
die Struktur der Ausbildung innerhalb Friedrichshuldes verändert.
3 Ausgangssituation des Projektes
3.1 Persönliche Situation
Seit 18 Jahren unterrichte ich im Rahmen der dreijährigen praxisintegrierten
Ausbildung u. a. Eurythmie, eine Bewegungskunst, die aus der Anthroposophie
hervorgegangen ist. Der künstlerische Unterricht (Musik, Plastizieren, Malen,
Sprache u. a.) dient einerseits dazu, Fähigkeiten zu entwickeln, die im Beruf
gestalterisch, pädagogisch und therapeutisch anwendbar sind, andererseits der
Persönlichkeitsentwicklung und bewussten Selbstwahrnehmung. Für die
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5
Eurythmie trifft vor allem letzteres zu, nur die Wenigsten werden später
eigenverantwortlich eurythmisch tätig, da es dazu einer eigenen Ausbildung
bedarf. Meine Arbeitsweise ist dabei oft sehr intuitiv, vorbereitete Inhalte
modifizieren sich, je nach dem, wie die Reaktion der Studenten ausfällt. So
kann es auch geschehen, dass man während der Arbeit an einer bestimmten
Übung ins Gespräch kommt und sich gedanklich mit der Thematik
auseinandersetzt, der Inhalt dieser Gespräche gerät aber meist wieder in
Vergessenheit. Ich hatte die Hoffnung, durch das Projekt eine tragfähige
Systematik in meiner Arbeitsweise entwickeln zu können.
3.2 Eurythmie als Unterrichtsfach
Da die eurythmischen Bewegungen aus dem Zusammenhang des Menschen
mit Sprache und Musik entstehen, lassen sich durch sie auch bestimmte
Einseitigkeiten im Bewegungsbild anders verstehen und beschreiben. Dies zu
vermitteln ist neben der künstlerischen Tätigkeit Aufgabe des Unterrichts.
Wenn möglich erhalten die Auszubildenden auch noch einen Eindruck von der
Heileurythmie, einer mit der anthroposophisch orientierten Medizin
verbundenen Therapieform, die in der Arbeit mit den Seelenpflege-bedürftigen
Menschen eine große Rolle spielt.
3.3 Der Ausbildungskurs
Die Voraussetzungen der Auszubildenden sind sehr unterschiedlich, einige
bringen Vorkenntnisse mit, andere nicht. Der Dozent sollte erreichen, dass der
Unterricht für alle gleichermaßen zum Forschungsgebiet wird. Auch die
Bereitschaft, durch Bewegung in der Gruppe etwas sehr persönliches zu
offenbaren, ist nicht immer gegeben, es muss zunächst innerhalb der Gruppe,
aber auch gegenüber dem Dozenten ein Vertrauensverhältnis entstehen.
In einem Kurs von 9 Auszubildenden im 2. Jahr entstand der Wunsch nach
einem größeren künstlerischen Projekt innerhalb des Eurythmieunterrichtes. Es
sollte in eine Aufführung für die Kinder münden und möglichst ganz aus
eigenen Kräften gestaltet werden. Gleichzeitig trat auch im Rahmen des Kurses
„Ausbildung für Ausbilder“ die Frage nach einem eigenen Projekt auf, das die
triale Methode zum eigentlichen Inhalt haben sollte. Ich fand es reizvoll, nun
nicht etwas ganz Neues zu erfinden, sondern die bestehenden Aufgaben
bewusst auf ihren trialen Inhalt hin zu untersuchen. Die Auszubildenden waren
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damit einverstanden, dass wir gemeinsam die Arbeit an einem Märchen in
Angriff nehmen und versuchen wollten, verschiedene Aspekte des
künstlerischen Arbeitens in Bezug auf die Ausbildung bewusst anzuschauen.
4 Ziele des Projektes
4.1 Kunst
„Anhand künstlerischer Erfahrungen und übender Tätigkeit sollen Haltungen
und Fähigkeiten ausgebildet werden, welche in der sozialen Arbeit
unentbehrlich sind. Zu diesen gehören beispielsweise die Schulung der
Wahrnehmung und des Ausdrucks, von Kreativität, Improvisationsvermögen
und eigenständigem Handeln.“1
4.1.1 Künstlerisches Tun als Ausbildungsinhalt erlebbar machen
Wesentlicher Teil künstlerischen Tuns ist das regelmäßige Üben, durch das ich
mir Fähigkeiten auch im Erwachsenenalter aneignen kann.
4.1.2 Haltung und Bewegung differenzieren
Die Auseinandersetzung mit den Märchenfiguren macht deutlich, wie stark die
eigene Haltung und Bewegung auf die Umgebung wirkt, sie bietet eine
Möglichkeit, an ihr zu arbeiten, ohne dass Korrekturen verletzend wirken. Eine
bewusst handhabbare Körpersprache ist ein wesendliches Instrument in der
alltäglichen heilpädagogischen Praxis.
4.2 Praxis
„Der heilpädagogische Ansatz ist davon bestimmt, dem Kind mit seinen
besonderen Bedürfnissen nicht nur fragmentierte oder klinische
Einzelerfahrungen anzubieten, sondern – soweit möglich und wünschbar – eine
ganzheitliche Lebenswelt, welche entwicklungs- und erfahrungsbezogen wirkt.“2
4.2.1 Etwas Schönes für die Kinder und Jugendlichen entstehen
lassen
Wesentliche Motivation, ein so großes Projekt in Angriff zu nehmen, war der
Gedanke, dass es letztlich den Kindern zu Gute kommt. In dem man selbst an
einem solchen Vorgang beteiligt ist, wird deutlich, was alles dazu gehört, eine
festlich gestaltete künstlerisch-therapeutische Situation für die ganze
1
2
B. Schmalenbach in „Ausbildung und Kunst“, Hauptverlag Bern 2006, S. 101
R. Grimm ebd., S. 33
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7
Hausgemeinschaft zu schaffen. Als verantwortlicher Mitarbeiter kommt man
immer wieder in ähnliche Lagen, daher soll das Projekt erlebbar werden lassen,
dass man so etwas bewältigen kann. Für die Kinder und Jugendlichen ist es ein
besonderes Erlebnis, die Menschen, die sie sonst „nur“ als Betreuer kennen,
als Künstler zu erleben.
4.2.2 Selbstwahrnehmung und –einschätzung
Sich selbst als Künstler zu erleben, Bewegungen auszuführen, wie man es
sonst nie tut, die eigene Haltung zu kontrollieren ist eine besondere Art der
Begegnung mit sich selbst. Es treten u. U. Stärken oder auch Schwächen
zutage, die einem nicht bewusst waren, und es bietet sich die Möglichkeit,
daran zu arbeiten.
4.2.3 Einen bewussteren Umgang mit Märchen und Geschichten in
der Praxis fördern
Während der letzten Jahrzehnte hat sich das Repertoire, das die
Auszubildenden aus eigenen Kindheits- und Jugenderlebnissen mitbringen,
zum Teil sehr stark verändert. In vielen Haushalten sind Märchen als zu
grausam und daher nicht für Kinder geeignet erlebt worden. Im Kurs wurde
geäußert, dass das Kind ein ganz anderes Erlebnis von den Bildern eines –
natürlich altersentsprechend ausgewählten – Märchens hat als ein
Erwachsener, die moralbildenden Bilder sprechen eine andere
Bewußtseinsschicht an. Der Erzähler muss jedoch ganz in die Bilder
eintauchen, um dies zu erreichen.
4.3 Theorie
4.3.1 Menschenkundliche Aspekte zu Gestalt und Bewegung
Das bewusste Wahrnehmen der eigenen Bewegung sowie das Bemühen,
Bewegungseinseitigkeiten (z. B. der Märchengestalten) auszuführen führt zu
einem erlebten Menschenbild von Kopf, Rumpf und Gliedmaßen, Denken,
Fühlen und Wollen.
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4.3.2 Märchen als Bilder individueller und kultureller Entwicklung
Geplant ist eine Unterrichtseinheit zu Märchen in Zusammenarbeit mit einem
Kollegen. (Hat noch nicht stattgefunden).
5 Vorgehensplanung
5.1 Inhaltlich
5.1.1 Ein Märchen finden
Da das Ergebnis des Projektes vor allem für die Kinder eine Bedeutung haben
sollte, schien es uns am sinnvollsten, nach einem passenden Märchen zu
suchen. Auswahlkriterien waren u. a.:
 das Motiv sollte für die Kinder so gewählt sein, dass es sie unmittelbar
anspricht,
 Klarheit und Überschaubarkeit des Inhaltes
 es darf eine bestimmte Länge nicht überschreiten, da es eine
Aufführungsdauer von 45 –max. 60 Minutenhaben soll und man Märchen
nicht kürzen kann,
 die Anzahl der Rollen, so dass eine praktikable Verteilung unter
Berücksichtigung der unterschiedlichen Voraussetzungen möglich wird
 jahreszeitliche Bezüge bzw. Einschränkungen
 eine große emotionale Spannbreite – zwischen Humor und Betroffenheit
An der Auswahl sollen die Kursteilnehmer direkt beteiligt sein, um
sicherzustellen, dass von vornherein Interesse und eigene Motivation
vorhanden sind. Nach einem Einführungsgespräch zu o. g. Kriterien stöberten
einige in „Grimm’s Märchen“ und anderen, andere bekamen von mir
skandinavische Märchen.
5.1.2 Zeitrahmen erstellen
Es wurde ein Zeitrahmen erstellt, der die Gegebenheiten der Einrichtung, die
Anwesenheit der Seminaristen sowie den Inhalt des Projektes berücksichtigte.
 Beginn: November 2005 (Auswahl des Märchens, Grundlagen)
 Projektvorstellung im Kurs: Februar 2006
 Aufführungstermin: 30. November 2006
 Abschlussgespräch: 07. Dezember 2006
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 Bei einer Stunde / Woche zur Verfügung stehende Stunden: 38, davon 10
mit nur einer Hälfte des Kurses, weitere 20 mit Ausfällen durch Krankheit
oder sonstige Abwesenheit
5.1.3 Eurythmische Grundlagen schaffen und erweitern
In die Probenarbeit sollen verschiedene Aspekte der Eurythmie (Seelengesten,
Tierkreisgebärden, vertiefte Betrachtung der Laute) einfließen sowie Ansätze,
Bewegungseinseitigkeiten (z. B. die verschiedenen Arten des Gehens) bei den
zu betreuenden Menschen genau zu beobachten und besser zu verstehen.
5.1.4 Aufgaben verteilen
Die konkrete Verteilung der anstehenden Aufgaben (Beleuchtung, Musik,
Sprache, Kostüme, Planung) hat sich aus dem Umgang mit dem Märchen
entwickelt, es war mir ein Anliegen, Eigeninitiative entstehen zu lassen und
nicht zu schnell durch feste Zuordnungen zu blockieren.
5.2 Evaluation
Die Evaluation durch die Studenten verlief auf drei Arten:
 kurze mündliche Rückblicke am Ende jeder Unterrichtseinheit
 Fragebögen zum Abschluss des Projektes
 Abschlussgespräch (eine Stunde)
Peer Review:
 Teilnahme an 1 – 2 Unterrichtseinheiten
 Wahrnehmen des Ergebnisses (Aufführung)
 Teilnahme am gemeinsamen Abschlussgespräch
Selbstevaluation: in Form von kurzen Tagebuchnotizen im Anschluss an die
Unterrichtseinheiten
6 Verlauf des Projektes
6.1 Erste Orientierung
In einem Gespräch über den künstlerischen Unterricht im Rahmen der
Ausbildung entstand der Wunsch, ein Märchen für die Kinder durch Sprache
und Bewegung zu gestalten. Dass dadurch andere Bereiche der Eurythmie, wie
z. B. die Toneurythmie zu kurz kommen würden, war deutlich. Es kann jedoch
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innerhalb dieser Ausbildung nicht darum gehen, die Eurythmie „zu wissen“,
sondern darum, Erfahrungen mit dem Üben zu machen.
Der Fragebogen zur Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und der Auswirkung
künstlerischen Übens auf die Berufsentwicklung wurde hier eingebracht.
Verschiedene Märchen wurden vorgeschlagen, entschieden haben wir uns für
eins, das als Motiv treue, freundschaftliche Hilfe und Begleitung hat bei
Aufgaben, die den Helden überfordern. Der „Held“ ist jeder Mensch mit seinen
Stärken und Schwächen, wobei die Schwächen von uns Erwachsenen gern
verborgen gehalten werden, was den Kindern und Jugendlichen nicht möglich
ist. Das Märchen vom „Goldvogel“ (s. Anhang) geht mit diesen Schwächen sehr
offen um, ist dazu humorvoll und hat viele Wiederholungen, die es einprägsam
und überschaubar machen.
6.2 Eurythmische Inhalte
Im ersten Ausbildungsjahr hatten wir uns allererste Grundlagen erarbeitet, wie
z. B. die Bewegungen der Laute, das Schreiten und verschiedene rhythmische
Übungen. Ergänzt wurden diese nun noch durch die „Seelengesten“,
charakteristische Haltungen zu bestimmten emotionalen und sozialen
Vorgängen sowie den „Tierkreisgebärden“, durch die ebenfalls sehr
eindrucksvoll seelische Fähigkeiten sichtbar werden. Intensiv haben wir an
verschiedenen Haltungs- und Bewegungsformen gearbeitet und dabei immer
wieder Bezug genommen auf verschiedene Kinder und Jugendliche mit ihren
Eigenarten. Zum großen Teil entstanden die Raumformen zum Märchen aus
Improvisation und eigener Beobachtung.
6.3 Die Arbeit beginnt
Zunächst haben wir versucht, die verschiedenen Figuren des Märchens und ihr
jeweiliges Verhältnis zueinander durch improvisierte Bewegung zu
charakterisieren. Schon bald wurden die Rollen verteilt und ich hatte die
Erwartung, dass sich jeder ein wenig mit seiner Rolle beschäftigt. Dazu reichte
aber die Zeit nicht bzw. die Grundlagen waren noch nicht genügend gefestigt.
Durch jeweils einwöchige Blockkurse in zwei Gruppen abwechselnd, hohe
Arbeitsbelastung, Krankheit und sonstiges brauchten wir sehr lange, bis wir
einen Überblick über das Ganze hatten. Sehr schnell wurde deutlich, dass wir
die Zeit mit Einzelproben nutzen mussten.
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6.4 Proben
Methodisch sind wir von der Improvisation ausgegangen. Die Identifikation mit
der entsprechenden Rolle war die Grundlage der weiteren eurythmischen
Ausgestaltung, bei der ich exemplarisch Anregungen gab, die dann selbständig
weiterentwickelt und auf entsprechende Textstellen übertragen wurden.
Nach einem Übersichtsplan waren Proben einzelner Abschnitte des Märchens
vereinbart, ebenso entstanden verschiedene thematisch bestimmte
Gruppierungen, in denen man ökonomisch üben konnte. Gegen Ende der
Probenzeit gab es noch zusätzliche Einzelproben, die aber auf die Initiative der
Auszubildenden hin vereinbart wurden, da die Arbeitsbelastung insgesamt hoch
ist.
Bei den Einzelproben sowie beim Üben zu zweit entstand die größte Intensität
und Offenheit, auch die Bereitschaft, Korrekturen anzunehmen und umzusetzen
war größer, während es in der Gruppe oft schwer war, die nötige Konzentration
aufzubringen. Durch die großen zeitlichen Intervalle geriet jedoch vieles, das
schon gut geübt schien, wieder in Vergessenheit und wir hatten oft das Gefühl,
wieder von vorn beginnen zu müssen.
Eine besonders schöne Einzelprobe als Beispiel für meine methodischen
Fähigkeiten: Drei Studentinnen hatten sich mit mir verabredet, mit zweien habe
ich intensiv gearbeitet. Als dann die dritte kam, unterhielt ich mich mit einer der
beiden ersten, während die zweite mit der dritten übte... Ich fand das eigentlich
ganz schön, wurde doch Eigeninitiative gefördert, im Rückblick gab es dafür
jedoch eine eindeutige Rüge!
6.5 Besondere Bereiche
6.5.1 Sprache
Einer der Auszubildenden hat es übernommen, das Märchen zu sprechen. Er
war bei fast allen Proben dabei und hat sich im Sprachgestaltungsunterricht
Anregungen geben lassen. Spannend war die Entwicklung zum Schluss: da wir
jeweils nur eine Stunde Zeit hatten, standen wir sowohl bei der Haupt- als auch
der Generalprobe unter Zeitdruck. Es gab fast noch einen richtigen Krach, als
einige sich darüber beschwerten, dass zu schnell und gehetzt gesprochen
wurde, wir hatten aber keine Möglichkeit mehr, daran zu arbeiten. Bei der
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Aufführung dann strahlte der Sprecher eine solche Ruhe aus, dass eine
wunderbare Stimmung entstand; alle Pausen wurden eingehalten, Bewegung
und Sprache bildeten eine Einheit, obwohl – oder weil – der Sprecher ins
Publikum blickte und nicht auf die Akteure wie bei den Proben zuvor.
6.5.2 Kostüme
In einer Eurythmiestunde haben wir uns zusammengesetzt und gemeinsam
überlegt, wie die Kostüme aussehen sollen. Aus den Vorstellungen und dem
Fundus entstand dann eine durchaus brauchbare Mischung, die durch
individuelle Ideen immer weiter ergänzt wurde. Nachdem alles beisammen war,
hat jeder sich für sein Kostüm verantwortlich gezeigt, es war immer alles an
seinem Platz.
6.5.3 Beleuchtung
Eines Tages kam der „Sprecher“ mit der Idee zu mir, die Beleuchtung mit
Florian, einem Jugendlichen, als „Projekt im Projekt“ zu gestalten. Besonders
erfreut war ich darüber, dass das sein eigener Impuls war. Er bereitete mit
Florian alles vor, führte ihn in das Märchen ein und arbeitete die
Beleuchtungseinstellungen mit ihm aus. Schließlich konnte Florian selbständig
und ganz allein hinten im Saal die Beleuchtung machen, während der Sprecher
vorn neben der Bühne saß und von seiner eigenen Aufgabe vollständig in
Anspruch genommen war.
6.5.4 Musik
Zur musikalisch begleitenden Gestaltung gab es viele Ideen, eine
Auszubildende wollte sich dabei besonders engagieren, wurde jedoch leider
kurz vor dem Aufführungstermin krank, so dass dies nicht mehr möglich war.
Ein Mitarbeiter sprang ein und übernahm mit mir zusammen diesen Teil.
6.6 Schlussphase
Ende Oktober 2006 hatten wir eine Durchgangsprobe, bei der wir uns nach
längerer Zeit gegenseitig wahrnehmen konnten und langsam ein Gefühl für das
ganze Märchen und das Ineinandergreifen der einzelnen Szenen bekamen.
Jetzt setzte verstärkt die Eigeninitiative Einzelner ein, es wurde nach
Einzelproben gefragt und einige beschäftigten sich auch außerhalb des
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Unterrichts mit der Sache. Es wurde spürbar, dass wir uns langsam dem Ziel
näherten, obwohl gleichzeitig alle unfertigen Stellen zu Tage traten. Inzwischen
war auch klar, dass ich selbst einen kleinen Part übernehmen musste, da eine
Studentin sich mit zwei Rollen überfordert fühlte.
Zur Generalprobe waren dann alle anwesend (zum 3. Mal während der
gesamten Projektdauer) und es entstand eine wirklich festliche Stimmung, die
durch 2 Zuschauer noch verstärkt wurde.
Die Aufführung selber war dann noch einmal ein besonderer Schritt, es
entstand eine unglaubliche Konzentration, und durch die vielen kleinen nicht
ganz ausgestalteten Stellen für jeden die Möglichkeit, im Moment ganz neu in
der eigenen und der Gruppenbewegung anwesend zu sein. Freude und
Erleichterung darüber, es geschafft zu haben im Anschluss, aber auch Staunen
und ein wenig Stolz, dass die Kinder tatsächlich eine Stunde lang gebannt und
still das Geschehen verfolgen konnten.
7 Schlüsselsituationen
7.1 Märchenmotiv
Das Motiv des Märchens hat während der Arbeit eine immer größere
Bedeutung erlangt. Die Inhalte haben sich aus dem Tun erschlossen, ich
glaube, es wäre nicht möglich gewesen, eine Stunde zur „Mythologie des
Märchens“ so aufzubauen, dass die Erlebnisse daran von ähnlicher Qualität
gewesen wären. Es entwickelten sich immer wieder kürzere Gespräche zum
Inhalt und dessen therapeutischer Bedeutung, entstanden aus Fragen zur
Bewegungsgestaltung.
7.2 Erwachsenenbildung
In der Ausbildung gehe ich davon aus, dass die Studenten selbst lernen und
Erfahrungen verschiedenster Art sammeln möchten. Auffallend war während
der Märchenarbeit, dass der Wunsch nach „mehr Druck“ mehrfach
ausgesprochen wurde, ich aber nicht bereit war, ihn auszuüben, da ich auf die
wachsende Sozialkompetenz der Mitwirkenden setzen wollte. Die
Auseinandersetzung mit dieser Kluft zwischen Vorstellung und Realität ist noch
nicht abgeschlossen.
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7.3 Aufführung
Für alle Beteiligten war die Aufführung ein Schlüsselerlebnis der besonderen
Art: alle haben erlebt, dass, getragen durch das offene, freundliche Wesen des
Publikums, Kräfte der Konzentration, Improvisation und Geistesgegenwart
wachgerufen wurden, die man in dieser Intensität selten erlebt hatte. Der
Praxisbezug wurde unmittelbar erlebt.
8 Bewertung
8.1 Gespräch
Am Ende jeder Unterrichtseinheit gab es einen sehr kurzen Rückblick, in dem
Kritik, Fragen, Vorschläge zur Weiterarbeit geäußert wurden. Hauptthema war
immer wieder die mangelnde Beteiligung – aus jeweils nachvollziehbaren
Gründen, aber sozial unverträglich.
8.2 Fragebögen
Zwei Fragebögen wurden verteilt, der erste direkt nach der Aufführung, der
zweite einige Tage später. Zusammenfassende Auszüge aus den Antworten:
8.2.1 Fragebogen 1 zum Abschluss des Märchenprojektes
Bitte schreibt kurze Kommentare zu den Fragestellungen, es geht mehr um
spontane Stimmungsbilder, um das Einfangen vergänglicher und mit der Zeit
sich verändernder Eindrücke.
1. Wie haben die Kinder auf die Eurythmie reagiert (während der
Aufführung selbst, im Anschluss)?
Die Kinder waren gespannt und ruhig, sind in die Stimmung und das Märchen
eingetaucht. Anschließend in der Wohngruppe wurde viel darüber gesprochen
2. Wie haben sie auf dich als Mitwirkende(r) reagiert (Rückmeldungen im
Anschluss)?
Sehr positiv. Die Kinder waren damit beschäftigt, herauszubekommen, wer
welche Rolle „gespielt“ hat. Viele haben sich bedankt und erzählt, welche
Szene sie am besten fanden.
3. Wie hast du dich im Anschluss an die Aufführung gefühlt?
 erleichtert und glücklich, dass alles erstaunlicherweise so gut funktioniert
hat
 sehr gelacht über den eigenen Patzer
 hab das erste Mal geschwitzt bei der Eurythmie
 gar nicht – musste gleich weiterarbeiten
4. Hattest du die Möglichkeit, eigene Ideen einzubringen und umzusetzen?
Ja – teils zuviel (nicht genügend Proben) – Teilweise ist nicht genügend darauf
eingegangen worden („Ist gut so, das passt schon...“)
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5. Hast du dich angemessen gefordert gefühlt (oder unter- bzw.
überfordert)?
Die Antworten gingen von „unterfordert“ über „genau richtig“ bis „hätte mir mehr
Proben gewünscht, um die Qualität zu steigern“
6. Hat die Arbeit am Märchen Spaß gemacht?
Ja, es hätte jedoch mehr Zug in den Proben sein können.
7. War – abgesehen von der oft fehlenden Zeit – das Verhältnis zwischen
konkreter Anleitung und der Möglichkeit zu eigener Gestaltung
ausgewogen? Wenn nicht – wie hättest du es dir gewünscht?
 Insgesamt ja Etwas mehr konkrete Anleitung wäre gut gewesen, eine
kritische Beurteilung kam zu kurz.
 Ich hätte gern mehr Anleitung und weniger Freiraum gehabt
8.2.2 Fragebogen 2
zur Theorie
1. War das Erüben eurythmischer Bewegung eine Hilfe zur
Bewegungswahrnehmung bei den Kindern?
Verschiedene Gangarten wurden deutlich wahrgenommen sowie
charakteristische Gesten, es wurde nur teilweise als hilfreich erlebt.
2. Wurden menschenkundliche Aspekte so deutlich, dass sie im Alltag
anwendbar sind?
Sehr wenig Rückmeldung, eine Ja-Stimme
3. Wie schätzt du die Bedeutung der Eurythmie für die Ausbildung zum
Heilerziehungspfleger ein?
 Dient u. a. dazu, sich selber kennen zu lernen
 Jeder soll selbst entscheiden, ob es wichtig ist und ob man sich damit
verbinden kann
 Spielt eine Randrolle
zum künstlerischen Prozess
4. Welche der u. g. Fähigkeiten wurden durch die Arbeit am Märchen
(einschließlich der Aufführung) gefordert und gefördert?
Proben
Konzentrationsfähigkeit
Auffassungsvermögen
Offenheit
Einfühlungsvermögen
Kreativität
Korrigierbarkeit
Bereitschaft,
Anweisungen zu folgen
Bereitschaft zur
Selbsterziehung
Verantwortlichkeit
Durchsetzungsvermögen
Frustrationstoleranz
Fähigkeit, Kräfte zu
mobilisieren
Kommunikation durch
Bewegung
Auff.
x
Proben Auff.
x
x
xx
xx
x
x
xx
x
xxx
x
x
xx
x
x
x
Beobachtungsfähigkeit
Gedächtnis
Flexibilität
Selbständigkeit
Kommunikationsfähigkeit
Anpassungsfähigkeit
Selbstreflexion
xx
x
Zuverlässigkeit
x
x
x
x
x
x
x
x
xxx
x
Geduld
Belastbarkeit
Verbindlichkeit
Fähigkeit, die eigenen
Grenzen wahrzunehmen
Eigeninitiative,
Verantwortung
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
xx
x
xx
?
x
5. Ist für den ganzen Kurs – auch im Hinblick auf die unterschiedlichen
Voraussetzungen - ein sozialer Prozess entstanden?
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Es hat eine neue Gruppenbildung stattgefunden. Gut war, auch etwas mit
denjenigen zu machen, mit denen man sonst wenig zu tun hat. Besonders „auf
den letzten 100 m“.
6. Waren die Erwartungen der Dozentin deutlich?
Am Anfang ja, am Ende war die Erwartung die Aufführung.
7. Gab es problematische Situationen – Konflikte – Höhepunkte?
Problematisch war manchmal das überraschende Fehlen des ein oder anderen
Auszubildenden. Ein Konflikt entstand bei den letzten Proben zwischen
Sprecher und Eurythmisierenden, da wir zu wenig gemeinsame Proben hatten.
Höhepunkt war eindeutig die Aufführung.
8. Wie wurde der Bezug zur Praxis erlebt?
Durch das Märchenmotiv, durch die anschließenden Reaktionen der Kinder in
der Gruppe.
zur Praxis
9. Welche Rolle spielen Märchen in deiner Gruppe?
 Kinder hören gern Märchen zum Abendabschluss. Märchen passen zur
Jahreszeit. Moralbildung... Märchen fördern das Vorstellungsvermögen der
Kinder, insofern spielen sie eine große Rolle im Gruppenleben.
 zur Zeit keine große, hoffentlich bald mehr.
10. Hat sich dein Verhältnis zu Märchen durch das Projekt verändert?
 Finde skandinavische Märchen seither toll.
 Es steckt viel dahinter
11. Welche Bedeutung hat das Erleben eines eurythmisch gestalteten
Märchens für die Kinder und Jugendlichen?
 Durch Bewegung und Sprache konnten sich die Kinder sehr tief mit dem
Dargestellten verbinden und erzählten noch lange davon.
 Es ist einfacher, ein Bild aufzubauen, es zu halten und zu verfolgen.
 Eine große. Viel wird unbewusst erlebt, auch schwächere Kinder können in
die Bilder eintauchen und so Inhalte aufnehmen.
 Bild real aufbauen. Eintauchen (draus lernen), Erlebnisse haben –
mitfühlen... all die Dinge, die einem Märchen sowieso vermitteln, intensiver
erleben. „Märchen wahr werden lassen.“
8.3 Abschlussgespräch
Das Abschlussgespräch fand eine Woche nach der Aufführung statt in
gemütlich-adventlicher Atmosphäre mit Kerzen und Keksen, etwas zu dunkel
vielleicht für eine Gesprächsrunde. Trotzdem entstand eine ungewöhnlich gute
Konzentration, durch die Gesprächsleitung versuchte ich einen Bogen zu
spannen von den ersten Ideen zu dem Projekt bis zu den Erfahrungen im
Nachklang. Die Anwesenheit des Peer Reviewers war hilfreich.
Als positiv wurde das Arbeiten auf ein konkretes Ziel hin erlebt, dass etwas für
die Kinder entsteht und das Märchen einen so starken Bezug zum Leben hatte.
Auch die ausgezeichnete Qualität der Sprache wurde noch einmal erwähnt.
Dadurch, dass das Publikum vorwiegend aus Seelenpflege-bedürftigen Kindern
bestand, entwickelte sich eine ganz besondere Atmosphäre.
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Negativ: es gab zu wenig konkrete Anleitung, die menschenkundlichen Aspekte
sind gegen Ende der Probenarbeit zu kurz gekommen, mythologische bzw.
psychologische Hintergründe wurden nur in Bezug auf die einzelnen
Märchenmotive erarbeitet, nicht allgemein, wobei die beiden letzten Punkte
noch nachgeholt werden.
8.4 Peer Review (PR)
 Hospitation in einer Unterrichtsstunde (31.08.06): durch die Anwesenheit
des PR war die Konzentration besser als gewöhnlich, daher leider nicht
wirklich repräsentativ. Die Stunde gliederte sich in einen allgemeinen Teil,
in dem an Grundlagen (in diesem Fall den Tierkreisgesten) gearbeitet
wurde und eine Probenteil mit dem Anfang des Märchens, bei dem alle
beteiligt sind. Im Anschluss fand ein Feedback-Gespräch zwischen dem PR
und mir statt, in dem ich dem Erlebten die Normalsituation gegenüberstellte
und auf den Konflikt zwischen Erwartung der Studenten (Druck, Strenge)
und meinem Anspruch an Erwachsenenbildung (s. o.) hinwies. Die triale
Methode war lt. Aussage des PR deutlich erlebbar.
 Aufführung: Da der PR immer auch mit den Auszubildenden und mir im
Gespräch war, wusste er um die Schwierigkeiten und war daher besonders
beeindruckt von der dichten Atmosphäre, Konzentration und Wärme, die es
den Kindern ermöglichte, ganz dabei zu sein.
 Teilnahme am Abschlussgespräch: im anschließenden Feedback wurde
angeregt, die noch fehlenden Bereiche nachzuholen, um das Projekt
abzurunden.
Margareta Luther-Mosebach, Schenefeld, 07.01.2007
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Anhang
8.5 Literaturverzeichnis
 Fischer, Andreas (Herausg.): Ausbildung und Kunst. Die Bedeutung des
Künstlerischen für sozial- und heilpädagogische Berufe. Haupt-Verlag, Bern
2006
 Altrichter, Herbert, Posch, Peter: Lehrer erforschen ihren Unterricht. Eine
Einführung in die Methoden der Aktionsforschung. Dritte Auflage, Verlag
Julius Klinkhardt, Bad Heilbronn 1998
 Reuter-Herzer, Engelsmann, Brate: Künstler in sozialen Arbeitsfeldern.
Aufgaben – Anforderungen – Ausbildung. Verlag Freies Geistesleben,
Stuttgart 1990
 Lenz, Friedel: Die Bildsprache der Märchen. Verlag Urachhaus, Stuttgart
1984
 Wolf-Feurer, Käthe: Das Blaue Band, Märchen aus Norwegen. Mellinger
Verlag Stuttgart 1971
 Asbjørnsen, Peter Christian und Moe, Jørgen: Norwegische Märchen.
Verlag Greno, Nördlingen 1985
 Steiner, Rudolf: Eurythmie. Die neue Bewegungskunst der Gegenwart.
Rudolf Steiner Verlag Dornach 1986, Taschenbuchausgabe
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8.6 Das Märchen
Goldvogel
ein norwegisches Märchen aus „Das blaue Band“ von Käthe Wolf-Feurer
Es war einmal ein König, der hatte einen Garten. In dem Garten stand ein Apfelbaum,
und an dem Apfelbaum wuchs jedes Jahr ein goldener Apfel, aber wenn die Zeit sich
nahte, dass er gepflückt werden sollte, war er fort. Niemand wusste, wer ihn nahm oder
wie er hinkam, aber fort war er. Er war einfach fort.
Aber dieser König hatte drei Söhne. Zu denen sagte er eines Tages, welcher von ihnen
ihm den Apfel wieder herschaffen könne, oder welcher herausbekäme, wer der Dieb
sei, der solle nach seinem Tode das Königreich erben, ob es nun der Älteste oder der
Jüngste oder der Mittelste sei.
Der Älteste machte sich zuerst auf den Weg. Er setzte sich unter den Baum und wollte
den Dieb entdecken. Da es Nacht wurde, kam ein goldener Vogel geflogen, der
leuchtete schon von weitem. Als der Königssohn den Vogel und den Schein sah,
bekam er solche Angst, dass er sich nicht traute zu bleiben, sondern er lief so schnell
er konnte wieder davon.
Am Morgen war der Apfel fort. Der Königsohn hatte sich wieder gefasst, und so rüstete
er sich, um in die Welt zu ziehen und den Vogel zu finden. Der König stattete ihn gut
aus und sparte weder an Kleidern noch an Geld.
Als der Königsohn ein Stück Weges gewandert war, wurde er hungrig. Er setzte sich,
öffnete seine Tasche um sein Frühstück zu verzehren. Da kam aus dem Tannengehölz
ein Fuchs, setzte sich und sah zu.
„Lieber, gib mir ein wenig zu essen, du“, sagte der Fuchs.
„Jawohl, verbranntes Horn gebe ich dir, “ sagte der Königsohn, „ich brauche meine
Wegzehrung für mich allein, niemand kann wissen, wie lang ich noch unterwegs sein
muss.“
„Ach, so ist das“, sagte der Fuchs und ging wieder in den Wald hinein. Als der
Königsohn sich ausgeruht hatte, machte er sich wieder auf den Weg. Mit der Zeit kam
er zu einer großen Stadt, und in der Stadt war ein Wirtshaus, in dem es immer Freude
und nie Sorge gab. Es erschien ihm herrlich, da hineinzugehen, - und so blieb er lange
darin. Da wurde getanzt und getrunken, da war Lust und Herrlichkeit, so dass er den
Goldvogel rein vergaß und die Federn und den Vater und Reise und Reich. Fort war er
und fort blieb er.
Im nächsten Jahre sollte der mittelste Königsohn den Apfeldieb im Garten aufspüren.
Ja, als der Apfel zu reifen begann, setzte er sich unter den Baum, er also auch. Aber
dann geschah es, dass der Goldvogel eines nachts kam und hell wie eine Sonne
schien, und der Knabe bekam solche Angst, dass er die Flucht ergriff und davonrannte
so schnell er konnte.
Am Morgen war der Apfel fort. Aber da war der Königsohn wieder schön mutig, wollte
hinausziehen und sehen, ob er den Vogel finden könne. Ja, er nahm Wegzehrung mit
sich und der König rüstete ihn aus und sparte weder an Kleidern noch an Geld.
Aber es erging ihm genau so wie seinem Bruder. Da er ein Stück gewandert war,
wurde er hungrig, öffnete seine Tasche, setzte sich an den Wegrand um sein
Frühstück zu verzehren. Da kam ein Fuchs aus dem Tannenwald, setzte sich und sah
zu.
„Lieber, gib mir ein wenig zu essen, du“, sagte der Fuchs.
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„Gebranntes Horn gebe ich dir“, sagte der Königsohn, „ich kann mein Essen sehr gut
selbst gebrauchen; niemand kann wissen wie weit und wie lange ich wandern werde, “
sagte er.
„Ach so ist das, “ sagte der Fuchs und ging wieder zum Wald zurück.
Als der Königsohn gegessen und eine Weile ausgeruht hatte, machte er sich wieder
auf den Weg. Mit der Zeit kam er zu derselben Stadt und demselben Wirtshaus. Da
war Sorglosigkeit und Freude ohne Ende, und da wollte er auch gerne verweilen, und
den ersten, den er traf, das war sein Bruder, und so blieb er da. Der Bruder hatte
gefeiert, gezecht und getrunken, dass er beinah keine Kleider mehr auf dem Leib hatte.
Aber nun begann es von neuem, es wurde getanzt und getrunken, lauter Lust und
Herrlichkeit, so dass der andere auch Vogel und Federn vergaß, seinen Vater und
Reise und Reich. Fort war er und fort blieb er, er also auch.
Als die Zeit herannahte, in welcher der Apfel wieder zu reifen begann, sollte der
jüngste Königsohn in den Garten und den Apfeldieb aufspüren. Er nahm einen
Kameraden mit, der ihm in den Baum hinauf helfen sollte, nahm auch ein Bierfass und
ein Kartenspiel zum Zeitvertrieb mit, auf dass er nicht einschlafe. Da geschah es, dass
es so blendend hell wie die Sonne wurde, so dass er jede Feder am Vogel erkennen
konnte lange bevor er bei ihnen war. Der Königsohn kletterte in den Baum hinauf, und
in demselben Augenblick, als der Goldvogel nieder stieß und den Goldapfel nahm,
wollte der Königsohn ihn ergreifen, aber er bekam nur eine Feder vom Schwanz zu
fassen. So ging er hinein in das Gemach, wo der König schlief, und da er mit der Feder
hineinkam, wurde es so hell wie am klaren Tage.
So wollte er also auch hinaus in die weite Welt ziehen, ob er seine verschwundenen
Brüder erfragen und den Vogel fangen könne. Denn er war ihm ja so nah gewesen, er
hatte ein kleines Zeichen von ihm bekommen, die Feder aus dem Schwanz des
Vogels, sagte er. Ja, der König grübelte lange darüber nach, ob er ihn ziehen lassen
sollte, es würde ihm wohl kaum besser gehen als seinen älteren Brüdern, die doch
mehr Verstand vom Gang der Welt hätten, und er hatte Angst, dass er ihn auch
verlieren würde. Aber der Königsohn bat so schön und so bekam er zum Schluss doch
die Erlaubnis. So versorgte er sich mit Wegzehrung, der König rüstete ihn aus mit Geld
und Kleidern und er zog seines Weges.
Als er ein Stück weit gewandert war, wurde er hungrig, nahm seine Tasche ab, setzte
sich, um ein Mahl zu halten, und da er mitten dabei war, kam ein Fuchs aus dem
Tannengehölz, setzte sich an seine Seite und sah zu.
„Ach, Lieber, gib mir ein wenig zu essen, du!“
„Ich könnte wohl das Essen alles selbst gebrauchen,“ sagte der Königsohn, „denn ich
kann nicht wissen, wie lang ich noch wandern werde,“ sagte er, „aber so viel habe ich
allezeit, dass ich dir ein wenig abgeben kann.“
Als der Fuchs ein Stück Fleisch bekommen und es verzehrt hatte, fragte er den
Königsohn, wohin er wolle. Ja, das erzählte er ihm.
„Willst du mir gehorchen, so werde ich dir helfen, so dass du dein Glück machen
kannst“, sagte der Fuchs.
Das versprach der Königsohn und so machten sie sich gemeinsam auf den Weg. Als
sie ein Stück gewandert waren, kamen sie zu demselben Gasthaus in derselben Stadt,
wo eitel Freude und Sorglosigkeit herrschten.
„Ich würde besser außen herum gehen“, sagte der Fuchs, „denn ich scheue die
Hunde“, und dann erzählte er ihm, was seine Brüder trieben und wie sich das
zugetragen hätte. „Und gehst du da hinein, so kommst du nicht mehr heraus, auch du
nicht“, sagte er.
Der Königsohn versprach das und gab ihm die Hand darauf, dass er nicht hineingehen
würde, und so zog jeder seine Straße weiter. Aber als er am Wirtshaus vorbeikam und
Spiel und Lustbarkeit hörte, so musste er hinein, das war keine Frage, und als er seine
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Brüder traf, gab es eine solch lärmende Szene, dass er alles vergaß, Fuchs und Reise,
Vogel und seinen Vater. - Aber als er nun eine Weile dort geblieben war, kam der
Fuchs - er hatte sich trotzdem in die Stadt hineingewagt - schaute zur Tür herein,
blinzelte dem Königsohn zu und sagte, dass sie nun weiter müssten. Da besann sich
der jüngste Königsohn wieder, und so wanderten sie davon.
Als sie eine Zeit lang gegangen waren, sahen sie einen großen Berg in der Ferne. Da
sagte der Fuchs: „Drei hundert Meilen hinter diesem Berg, da wächst eine goldene
Linde mit goldenen Blättern, und in der Linde sitzt der Goldvogel, von dem du eine
Feder besitzt.“
Dahin wanderten sie zusammen. Als der Königsohn fort sollte um den Vogel zu
nehmen, gab der Fuchs ihm einige goldene Federn, die solle er in die Hand nehmen,
damit winken, um den Vogel herabzulocken, so käme er sofort und würde sich ihm auf
die Hand setzen. Aber das sagte der Fuchs noch, an der Linde dürfe er nicht rühren,
die gehöre einem großen Troll, und wenn der Königsohn nur an dem kleinsten Zweig
rühre, so käme der Troll heraus und würde ihn auf der Stelle töten.
Nein, der Königsohn wolle die Linde nicht berühren, sagte er, aber da er den Vogel auf
die Hand bekommen hatte, schien es ihm, er müsse einen Zweig von der Linde haben,
da war nichts zu machen, sie war zu leuchtend und prächtig, so nahm er ein winziges
Zweiglein. Aber im selben Augenblick kam der Troll heraus.
„Wer stielt mir Linde und Vogel?“ schrie der Troll, und er war so wütend, dass er
Funken sprühte.
„Der Dieb glaubt, jedermann stiehlt“, sagte der Königsohn, „aber es werden keine
anderen gehängt als die, welche nicht richtig stehlen“, sagte er.
„Das ist ganz gleichgültig, ich werde dich auf der Stelle töten“, schrie der Troll. Aber der
Königsohn bat, ihn am Leben zu lassen.
„Ja gut“, sagte der Troll, „wenn du mir das Pferd wieder herschaffen kannst, das mein
Nachbar mir weggenommen hat, sollst du das Leben geschenkt bekommen.“
„Wo kann ich das Pferd finden“, sagte der Königsohn.
„0, er wohnt dreihundert Meilen hinter dem großen Berg, welcher am Himmelsrand
blaut“, sagte der Troll.
Der Königsohn versprach, sein bestes zu tun. Aber als er zum Fuchs kam, war der gar
nicht erfreut.
„Na, da hast du ja etwas Übles angerichtet, “ sagte der Fuchs, „hättest du auf mich
gehört, so könnten wir jetzt schon auf dem Heimweg sein.“
Nun mussten sie sich wieder auf den Weg machen, denn der Königsohn hatte es
versprochen, um sein Leben zu retten, und nach langer Wanderung kamen sie hin.
Aber ehe der Königsohn hineingehen sollte und das Pferd nehmen, sagte der Fuchs:
„Wenn du in den Stall hineinkommst, so hängt verschiedenes Zaumzeug an der
Stallwand, es ist von Gold und Silber, das sollst du nicht berühren, denn sonst kommt
der Troll heraus und tötet dich sogleich. Aber das hässlichste Zaumzeug was du siehst,
das sollst du nehmen.“
Ja, das versprach der Königsohn, aber da er in den Stall hineinkam, war es unmöglich
zu widerstehen, denn da war genug von all dem, was glänzend war und so nahm er
das blankeste, was er finden konnte, das war rein wie Gold. Aber im selben Augenblick
kam der Troll heraus, so wütend, dass es um ihn knisterte.
„Wer ist es, der mir Ross und Zaumzeug stehlen will?“ schrie er.
„Der Dieb glaubt, jedermann stiehlt“, sagte der Königsohn, „aber es werden keine
anderen gehängt als die, welche nicht richtig stehlen.“
„Das ist ganz gleichgültig, ich töte dich auf der Stelle“, schrie der Troll.
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Der Königsohn meinte, er könne ihm das Leben schenken.
„Ja gut“, sagte der Troll, „wenn du mir die schöne Jungfrau wieder herschaffen kannst,
die mein Nachbar mir geraubt hat, so will ich dir dein Leben schenken.“
„Wo wohnt er denn?“ fragte der Königsohn.
„0, er wohnt dreihundert Meilen hinter dem großen Berge, welcher am Himmelsrande
blaut“, sagte der Troll.
Ja der Königsohn versprach, er würde die Jungfrau holen, so durfte er gehen und kam
mit dem Leben davon. Aber da er wieder herauskam, war der Fuchs gar nicht erfreut,
kann man sich denken.
„Da hast du wieder etwas Schlimmes angerichtet“, sagte der Fuchs, „hättest du auf
mich gehört, könnten wir längst auf dem Heimwege sein. Nun glaube ich, kann ich
nicht mehr länger mit dir gehen.“
Aber der Königsohn bat ihn so innig und versprach, nie wieder etwas anderes zu tun,
als das, was der Fuchs ihm sage, wenn er nur bei ihm bliebe. Schließlich gab der
Fuchs nach und sie blieben gute Freunde und treu verbunden. So machten sie sich
wieder gemeinsam auf den Weg und nach einiger Zeit kamen sie dahin, wo die schöne
Jungfrau war.
„Ja, “ sagte der Fuchs, „du hast zwar genug Gutes versprochen, aber ich wage
trotzdem nicht, dich zum Troll hineinzuschicken, diesmal werde ich selbst gehen“,
sagte der Fuchs. So ging er hinein und nach einer kleinen Weile kam er wieder mit der
Jungfrau heraus, und so wanderten sie denselben Weg zurück, den sie gekommen
waren.
Als sie zum Troll kamen, der das Pferd hatte, nahmen sie beides, Pferd und
Zaumzeug. Und als sie zum Troll kamen, der die Linde und den Goldvogel hatte,
nahmen sie beides, Linde und Goldvogel und wanderten damit weiter.
Als sie so eine Weile gereist waren, kamen sie zu einem Roggenacker. Da sagte der
Fuchs: „Ich höre ein Getöse, nun musst du allein weiterwandern, ich will hier eine
Zeitlang verweilen.“ So flocht er sich ein Kleid aus Roggenhalmen und so blieb er
stehen gleichsam als Wegweiser. Da geschah es, dass die drei geprellten Trolle
angefahren kamen und dachten, sie würden ihn wieder erreichen.
„Hast du einen gesehen, der mit einer schönen Jungfrau, mit einem Ross mit
goldenem Zaumzeug, mit einem goldenen Vogel und einer goldenen Linde reist“,
schrieen sie den an, der da stand und zeigte.
„Ja, das habe ich gehört von der Großmutter meiner Großmutter, dass so einer hier
unterwegs war. Aber das war in der guten alten Zeit, als die Großmutter ihrer
Großmutter Schillingskuchen backte, als es für einen Schilling zwei Kuchen gab und
den Schilling zurück.“
Da brachen die Trolle in ein Gelächter aus, das weithin schallte: „Na, ha, ha, ha!“
lachten sie und hielten sich aneinander, „haben wir so lange geschlafen, so können wir
gerne die Nasen wieder heimwärts drehen und uns niederlegen“, sagten sie und so
fuhren sie denselben Weg zurück.
Der Fuchs eilte dem Königsohn nach, aber als sie zur Stadt kamen mit dem Wirtshaus
und seinen Brüdern, so sagte der Fuchs: „Ich wage nicht in die Stadt zu gehen der
Hunde wegen, ich gehe meinen eigenen Weg außen herum; aber du musst nun gut
acht geben, dass deine Brüder dich nicht entdecken.“
Aber als der Königsohn in die Stadt hineinkam, schien es ihm allzu schlimm, dass er
nicht zu den Brüdern hineinschauen sollte und ein Wort mit ihnen sprechen, und so
blieb er ein wenig stehen. Aber da die Brüder ihn sahen, kamen sie heraus und
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nahmen ihm alles weg, die Jungfrau und das Ross, den Goldvogel und die Linde, und
ihn selbst stopften sie in eine Tonne und warfen ihn in die See. Und dann reisten sie
mit der Jungfrau, dem Ross, dem Goldvogel und der Linde heim zum Königshof. Aber
die Jungfrau wollte nicht sprechen und wurde zusehends bleicher und elender. Das
Ross wurde mager und krank, der Vogel schwieg still und glänzte nicht mehr, und die
Linde kümmerte.
Indessen ging der Fuchs um die Stadt herum und schaute nach dem Königsohn aus
und wartete auf ihn und die schöne Jungfrau und wunderte sich, dass sie nicht kamen.
Er ging hin und her und wartete und schließlich kam er zum Strand hinunter, und als er
die Tonne zu Gesicht bekam, welche draußen in der See trieb, rief er: „Wohin treibst
du, du Leertonne?“
„Ach, ich bin es“, sagte der Königsohn aus der Tonne heraus.
Der Fuchs schwamm in die See so schnell er konnte, bekam die Tonne zu fassen und
stieß sie zum Land. Und da er sie an den Strand gezogen hatte, sagte er zum
Königsohn: „Tritt mit den Füßen gegen die Tonne, spreng sie entzwei.“ Der Königsohn
trat und schlug und sprengte, dass die Fassdauben auseinander sprangen, und dann
sprang er selbst aus der Tonne. So gingen sie miteinander zum Königshof, und als sie
dort ankamen, wurde die Jungfrau wieder schön und begann zu sprechen, das Ross
wurde wieder schön und wohlgenährt und jedes Haar glänzte wieder, der Vogel
leuchtete und sang, die Linde begann zu blühen und blinkte aus allen Blättern, und die
Jungfrau sagte: „Das ist er, der uns erlöst hat.“
Die Linde pflanzten sie in den Garten und der jüngste Königsohn sollte die
Königstochter haben, denn sein war sie. Aber die beiden ältesten Brüder wurden jeder
in eine Nageltonne gesperrt und einen steilen Berg hinabgerollt.
So wurde zur Hochzeit gerüstet. Aber zuerst sagte der Fuchs noch zum Königsohn, er
solle ihn auf einen Hackklotz legen und ihm den Kopf abschlagen, ob es gut oder
schlecht sei, es helfe ihm nichts, er müsse es tun. Aber im selben Augenblick, als er
zuschlug, wurde aus dem Fuchs ein schöner Prinz, und er war der Bruder der
Prinzessin, die er vom Troll befreit hatte. Und nun wurde eine große, prächtige,
fröhliche Hochzeit gefeiert.
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