Schizophrenie Weltweit sind etwa 50 Millionen Menschen an Schizophrenie erkrankt. Trotzdem findet diese Krankheit nur wenig öffentliche Aufmerksamkeit. VON PASCAL EMMENEGGER Schizophrenie kommt vom Griechischen, schizo = spalten und phren = Zwerchfell. Die Griechen dachten, dass im Zwerchfell der Sitz der Seele ist. Schizophrenie heisst also soviel wie „Spaltung der Psyche“. Vielfach verwendet man auch den Begriff „schizophrene Psychose“. Psychose bezeichnet die meist schweren psychischen Störungen. Ein Teil der Psychosen werden unter dem Begriff „Schizophrenie“ zusammengefasst. die der Angehörigen und Freunden. Bei Schizophrenie handelt es sich nicht um eine Spaltung der Persönlichkeit, wie irrtümlicherweise viele meinen. Die Vorzeichen Schon Jahre vor dem Ausbruch einer Schizophrenie erleben viele Betroffene Vorzeichen. Viele ziehen sich zurück, ändern ihre persönlichen Gewohnheiten, verlieren das Interesse an ehemals wichtigem und vernachlässigen Werte wie Hygiene, und Pünktlichkeit. Diese Symptome können durchaus einer Depression ähneln, und die meisten erkennen in solchen Veränderungen keine Vorzeichen einer Schizophrenie. Schizophrene Psychosen lassen sich bereits im Frühstadium effektiv behandeln. Für den Laien wird eine schizophrene Psychose, also eine Phase mit schweren psychischen Störungen, meist an der Wahnysmptomatik ekennbar: Ein Betroffener glaubt beispielsweise, man wolle ihn vergiften oder dass er schuld an einer Naturkatastrophe sei. Eine Schizophrenie führt also zu Veränderungen und Störungen des Denkens, Fühlens und Handels. Dies ist of sehr Angst einflössend für den Betroffenen, weshalb er sich aus Misstrauen immer mehr zurückzieht. Entstehung und Verlauf Das Risiko, an Schizophrenie zu erkranken, beträgt ungefähr 1%. D.h. dass durchschnittlich jeder hundertste einmal im Leben eine Schizophrene Phase durchlebt. Sie kann bei allen Bevölkerungsschichten, Geschlechtern und Völkern auftreten. Am häufigsten bricht sie zwischen der Pubertät und dem dreissigsten Die Ursachen Verursacher der übermässigen Hirnaktivität: Die ungleichmässige Verteilung des Botenstoffs Dopamin. Lebensjahr aus. Die Lebensqualität wird durch Schizophrenie sehr beeinträchtigt, vielfach auch Die Wissenschaft macht zwar verschiedene Faktoren für die Entstehung einer schizophrenen Psychose verantwortlich, doch die Ursachen lassen sich bis heute nicht genau bestimmen. Die Vererbung spielt sicherlich eine Rolle, ausserdem begünstigen z.B. Erkrankungen kurz vor oder während der Geburt, die einen Sauerstoffmangel im Gehirn verursachen, oder einschneidende Lebenserfahrungen das Auftreten der Krankheit. Manche Betroffenen meinen, ihre Beschwerden mit Drogen lindern zu können, was absolut falsch ist. Drogen verschlimmern das ganze nur: Sie können den Krankheitsverlauf verschlimmern oder den Ausbruch weiterer Episoden fördern. Mitverantwortlich ist auch die Veränderung des Stoffwechsels im Gehirn. Der Botenstoff „Dopamin“ ist bei vielen Erkrankten verändert: Er ist in einem Ungleichgewicht. Dies beeinträchtigt den Informationsaustausch zwischen den Nervenzellen. Durch Medikamente, den „Neuroleptika“, bringt man den Botenstoff wieder ins Gleichgewicht. Der Verlauf Der Verlauf ist bei jedem Patient verschieden, eine sichere Prognosestellung ist nicht möglich. Ca. ein Drittel aller Erkrankten erleben eine Psychose und Genesen danach wieder vollständig, bei einem weiteren Drittel bilden sich die Symptome zwar zurück, doch die Patienten haben gelegentlich Rückfälle. Das letzte Drittel ist auf starke Betreuung angewiesen, die nur im Spital gewährleistet ist. Hier ist es wichtig, dass die Krankheit vor dem ersten Ausbruch einer psychotischen Episode erkannt und behandelt wird. Ca. 10% der Erkrankten sterben durch Selbsmord. Symptome Welche Symptome und Beschwerden kennzeichnen die Schizophrenie? Schizophrene Psychosen ändern das Leben eines Erkrankten in verschiedener Art. Die Orientierung fällt schwer, die Bewältigung des Alltages wird behindert. Die Betroffenen fühlen sich meist nicht gut, sie sind misstrauisch, leicht reizbar, zerstreut und gleichgültig. Viele haben Angst, manchmal sogar Panik. Erkrankte nehmen ihre eigene Person nur schlecht, oder sogar anders auf, als sie von ihren Mitmenschen gesehen werden. Das führt dazu, dass sie sich einsam und verwirrt fühlen. Charakteristisch sind Halluzinationen, Verfolgungswahn, veränderte Bewegungsabläufe und Sprachstörungen. Die Wissenschaft unterscheidet die Positiv- und Negativsymptome: Positivsymptome (Übersteigerungen des normalen Erlebens) Halluzinationen/Illusionen Diese Wahrnehmungsstörungen betreffen vor allem das Hören, aber auch das Riechen, Sehen und Fühlen von Dingen, die nicht da sind. Ca. 80% der Erkrankten hören Stimmen. Befehlende Stimmen sind jedoch eher selten. Auch häufig ist das Gefühl, verfolgt zu werden. Bei einer Illusion wird ein Sinnesreiz falsch gedeutet. Wahnideen Betroffene habe Wahnideen/-vorstellungen, an denen sie festhalten und man sie nicht davon abbringen kann. Für Aussenstehende sind diese Beurteilungen der Realität nicht nachvollziehbar. Beispielsweise ist ein Erkrankter fest davon überzeugt, dass durch ein Erdbeben die Welt untergehen würde, und er von UFOs gerettet werden würde. Viele haben das Gefühl, verfolgt zu werden. Die Kranken erkennen als Verfolger oftmals die CIA oder andere Geheimdienste. Zu den Wahnvorstellungen gehört auch das Gefühl, eine andere, berühmte, Person oder Gestalt zu sein, z.B. Gott, und damit Allmächtig zu sein. Ich-Störungen Die Erkrankten glauben, Gedanken, Gefühle oder Teile ihres eigenen Körpers seien fremd. Sie haben also das Gefühl, ihre Gedanken werden von aussen gesteuert oder eingegeben, geraubt oder andere können ihre Gedanken lesen. Störungen des Denkens Den Betroffenen gelingt es nicht mehr, klar zu denken, die Gedanken werden „zerrissen“, Zusammengehörendes wird getrennt und Nichtzusammengehörendes wird zusammengefügt. Von aussen lassen sich die Gedanken meist nicht mehr logisch verknüpfen. Es ist verständlich, dass diese Probleme die Betroffenen ängstlich und misstrauisch machen. Sie fühlen sich missverstanden, ziehen sich deshalb zurück. Negativsymptome (Einschränkungen des normalen Erlebens) Die Negativsymptome sind die am häufigsten vorkommenden Symptome, die Kernsymptome: Die Sprache verarmt, Gefühlsänderungen bleiben aus. Die Kranken scheinen an ihren Gefühlen hängen zu bleiben, wirken gleichgültig, haben nur wenig Energie, keinen Antrieb und sind unfähig, Freude, Traurigkeit oder Ärger zu empfinden. Beispielsweise lachen sie in völlig unpassenden, traurigen Momenten. Der Kontakt mit anderen Menschen ist beschränkt, sie leiden unter mangelnder Konzentration. Die Negativsymptome sind entscheidend für die sozialen und beruflichen Probleme der Erkrankten. Als Laien erkennt man häufig einfach Faulheit und Disziplinlosigkeit anstatt Krankheitsmerkmale. Zudem ist es schwierig, die Negativsymptome von depressiven Symptomen zu unterscheiden. Die genannten Krankheitszeichen sind die Grundlage der Vorurteile der Gesellschaft gegen Schizophreniekranke. Wer Dinge erlebt, die niemand ausser ihnen erkennen kann und nicht normal redet, ist verrückt und bedrohlich, weshalb er in eine Anstallt sollte. Unterformen der Schizophrenie Klassischer Weise unterteilt man die Schizophrenie in vier Unterkategorien, vielfach kann eine Psychose jedoch nicht eindeutig einer dieser Formen zugeordnet werden, es gibt viele Überschneidungen. Die Paranoide Form Sie ist die am häufigsten Vorkommende Form von Schizophrenie. Im Vordergrund stehen die Plussymptome, vor allem Wahnvorstellungen und ausgeprägte Halluzinationen, Negativsymptome treten kaum auf. Hebephrenie Diese Art von schizophrener Psychose beginnt im Jungendalter. Sie kennzeichnet sich durch Veränderung der Stimmung der Person, Denkstörungen und Antriebsstörungen. Häufig kann man einen Entwicklungsknick beobachten: Leistungsabfall in der Schule, Antriebslosigkeit, Isolierung. Die Abgrenzung zu üblichen, nicht krankhaften Pubertätsschwierigkeiten ist deshalb nicht einfach. Katatone Schizophrenie Es treten in erster Linie psychomotorische Störungen wie Stupor, bei dem der Betroffene sich kaum oder gar nicht bewegt, oder Rigidät, bei der der Betroffene eine starre Haltung beibehält, auf. Es können auch Zustände vorkommen, bei denen sich der Kranke ständig bewegt. Der Stupor führt häufig zu einer Verweigerung der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme. In Folge dessen ist er lebensgefährlich! Schizophrenia simplex Sie setzt langsam und schleichend ein und kann als symptomärmste Form bezeichnet werden. Es treten keine Wahnvorstellungen und Halluzinationen ein. Der Erkrankte verliert an Vitalität und Schwung, er zieht sich immer mehr zurück. Sie wird oft erst sehr spät entdeckt und ist nur schwer therapierbar. Die Behandlung Die Hauptbehandlungsformen der Schizophrenie sind die Psychotherapie, die Soziotherapie und die Behandlung mit Medikamenten. In der Regel wird die medikamentöse Behandlung und die Psychotherapie kombiniert eingesetzt. Während die Psychotherapie die psychologischen Ursachen für die Krankheit abbaut, verringern die Medikamente die Symptome. Ein wichtiger Faktor ist auch, dass die Familie ein entsprechendes Verständnis zur Krankheit besitzt. Heute ist eine Behandlung ohne die Einbeziehung Angehöriger undenkbar. Um Missverständnisse zwischen Angehörigen und Patienten vorzubeugen, ist es empfohlen, die Angehörigen in die Psychotherapie mit einzubeziehen. Soziotherapie Medikamentöse Behandlung Der Schwerpunkt dieser Therapie liegt darin, die Wahnsymptome abzubauen. Besonders in der Akutphase einer Schizophrenie wird eine bestimmte Gruppe von Medikamenten, die Neuroleptika, sehr häufig verordnet. Sie beeinflussen vor allem die Funktionen des Gehirns. Durch die Einnahme von Medikamenten sinkt die Gefahr eines Rückfalls erheblich. Die Medikamente können die Schizophrenie allerdings nicht heilen, nur die Stärke der Symptome verringern. Wegen den Nebenwirkungen setzen manche Patienten die Medikamente ab, was meist einen schlechten Einfluss auf den Verlauf der Krankheit hat. Psychotherapie Damit eine erneute schizophrene Episode vermieden oder abgeschwächt werden kann, ist eine vertrauensvolle Basis zwischen Therapeut und dem Erkrankten (durch Gespräche) äusserst vorteilhaft; somit kann der Patient wenn möglich von seinem Betreuer Ursachen, die zu einem erneuten Krankheitsausbruch führen, erkennen und vermeiden. Bei der Soziotherapie versucht man, vorhandene soziale Fähigkeiten zu fördern und die Versärkung sozialer Defizite zu verhindern, sowie die Fertigkeiten, das Leben zu gestalten, gezielt zu fördern, sodass der Betroffene möglichst gut wieder in die Gesellschaft integriert werden kann.