Soziales Lernen für junge Menschen

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Impulse für die Zivilgesellschaft
Soziales Lernen für junge Menschen
Wie Schülerinnen, Schüler und Studierende im Sozialen lernen
und welchen sozialen Mehrwert die beteiligten Institutionen davon haben
mehr wert
Agentur für Soziales Lernen gGmbH
Impressum
Verantwortlich für den Inhalt
Gabriele Bartsch, Wolfram Keppler und Jürgen Ripplinger
mehrwert gGmbH
Agentur für Soziales Lernen
Firnhaberstraße 14
70174 Stuttgart
Tel.: 0711 222966-35
Fax: 0711 222966-56
[email protected]
www.agentur-mehrwert.de
Gestaltung und Herstellung
Atelier Sternstein, Stuttgart
Druck
windhueter druck, Schorndorf
Auflage
1.000
Stuttgart, im Dezember 2006
Inhalt
8
10
12
13
13
1.6
Einführung: Soziales Lernen für junge Menschen
Soziales Lernen im Kontext der Zivilgesellschaft
Von der Theorie zur Praxis: Die Agentur mehrwert
Soziale und personale Kompetenz
Zur Lerntheorie und Reichweite von »Lernen in fremden
Lebenswelten«
»Lernen in fremden Lebenswelten« – Herausforderungen
und Lernerfahrungen
Nutzen für soziale Einrichtungen
2.
2.1
2. 1.1
2. 1.2
2. 1.3
2. 1.4
Praktische Umsetzung
Sozialprojekte in der Schule
Wie das Konzept in der Praxis aussieht
Wie Projekte erfolgreich werden
Was Schulen bei Sozialprojekten gewinnen
Ausblick und Perspektiven für die Schulentwicklung
18
20
20
20
22
24
2.2
2.2.1
2.2.2
2.2.3
2.2.4
2.2.5
Do it! – Wie Studierende sozial handeln und emotional lernen
Was verbirgt sich hinter Do it! ?
Was ist das Besondere an Do it! ?
Nutzen für die Hochschule
Zusätzliche Effekte für Studierende
Was hat Do it! bisher erreicht?
25
25
25
26
26
27
2.3
2.3.1
2.3.2
2.3.3
2.3.4
2.3.5
Soziale Einrichtungen: Partner von Schule und Hochschule
Besondere Lernfelder
Was soziale Institutionen gewinnen können
Projektideen für gemeinsame Unternehmungen
Fünf Erfolgsfaktoren für gelingende Kooperationen
Unterstützungs- und Fortbildungsangebote
28
28
29
30
31
32
2.4
2.4.1
2.4.2
2.4.3
2.4.4
2.4.5
2.4.6
Der »Weg der Sinne« – ein Projekt mit unterschiedlichen Akteuren
Ausgangssituation
Zieldefinition: Neue Sinneserfahrung und neue Kontakte schaffen
Eine bewährte Idee – neu angepackt
Viele Menschen – Hand in Hand
Einzelne Schritte zum »Weg der Sinne«
Pädagogisches Konzept
33
33
33
33
34
34
35
3.
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
Service
Projektmanagement
Öffentlichkeitsarbeit
Checklisten und Formulare
Literatur
Die Agentur mehrwert
36
38
41
47
52
54
1.
1.1
1.2
1.3
1.4
1.5
15
16
www.agentur-mehrwert.de
Anstiften zum Sozialen Lernen
Der Aufsichtsrat der Landesstiftung hat am 21. Mai 2001 beschlossen, die
Agentur mehrwert gGmbH mit einer Zuwendung zu fördern. Es war damit
einer der ersten Förderbeschlüsse dieses Gremiums. Die Gründe für eine
Unterstützung waren damals leicht zu finden.
Soziale und kommunikative Kompetenzen werden immer wichtiger, um die
Herausforderungen in der modernen Arbeitswelt erfolgreich zu bewältigen.
Gleichzeitig haben Jugendliche und Heranwachsende wenig soziale (Lern-)
Erfahrungen – beispielsweise, weil sich Familien- und Generationsbeziehungen ändern. Gemeindliche Träger sehen ihre Integrationsleistungen durch
steigende Mobilität in der Gesellschaft schwinden. Durch zunehmende Differenzierung aller gesellschaftlichen Bereiche steigt die gegenseitige Abschottung dieser Gruppen, und die Kenntnis anderer Lebensformen nimmt bei
Jugendlichen dementsprechend ab. Unter dem Stichwort »Soziales Lernen«
kann diesen Entwicklungen gegengesteuert werden.
Als Ziele des Sozialen Lernens gelten:
❙ Stärkung der Sozialkompetenz,
❙ Erweiterung des Bewusstseins für gesellschaftliche Zusammenhänge und
❙ die Profilierung einer neuen Kultur des Sozialen.
Etliche gesellschaftliche Institutionen, vor allem aus dem kirchlichen Bereich,
verfolgen diese Ziele. Hervorzuheben ist besonders die Aktivität und das
schlüssige Konzept der Agentur mehrwert. Als eine konzertierte Aktion mit
vielfältiger Unterstützung setzt sie sich vorbildlich für die Förderung der
sozialen Kompetenz als Grundbaustein für eine zukunftsfähige Gesellschaft
ein.
Es fiel dem Aufsichtsrat der Landesstiftung deshalb nicht schwer, den Projektvorschlägen der Agentur mehrwert zuzustimmen. Die Landesstiftung
hat die Förderung der Menschen, ihrer Kompetenzen und Fertigkeiten in den
Mittelpunkt ihrer Tätigkeit gestellt. Sie unterstützt Projekte des Sozialen
Lernens von Schülern, Auszubildenden und Studierenden der Agentur mehrwert seit 2002. Die Laufzeit dieses Projektanschubs – eines damals sehr
neuen und innovativen Ansatzes – war bis 2006 begrenzt. Alle Projekte der
mehrwert-Agentur versuchen vorbildlich, Grenzen zu überschreiten und
damit »Brücken zu bauen«. Die Projekte entwickeln sich dabei oftmals selbst:
Sie streben danach, an den Unterschieden, die erlebt werden, zu lernen.
So entwickelt sich daraus immer wieder Neues. Neue Ansätze werden auf den
Weg gebracht, erste Erfahrungen mit neuen Strukturen und Umsetzungen
können gesammelt werden und so zur Nachahmung anregen.
4
5
Es geht bei den Projekten der Agentur um bürgerschaftliches Engagement der
Jugend. Die Förderung dieses Engagements ist für die zukünftige Gesellschaft äußerst wichtig und liegt der Landesstiftung auch bei anderen Projekten am Herzen. Seit 2001 wurden zu diesen Themen beispielsweise Projekte
wie »bürgerschaftliches Engagement«, »Freiwilligendienste«, »Jes – Jugend
engagiert sich«, »BELA – Bürgerschaftliches Engagement für Lebensqualität
und Würde im Alter«, die Gründung von Jugendfeuerwehren sowie der
Sonderpreis »Junge Macher« bei der Ehrenamtskampagne des Landes BadenWürttemberg unterstützt.
Mit der Agentur mehrwert hat die Landesstiftung in diesem Bereich einen
Partner mit gleichen Zielen gefunden, der auf seinem Gebiet den Menschen
im Land dient. Wir haben deshalb gerne zur Verwirklichung gemeinsamer
Ziele mit der Agentur zusammengearbeitet und wünschen ihr und ihren Mitarbeitenden – Frau Gabriele Bartsch, Herrn Wolfram Keppler und Herrn Jürgen
Ripplinger – viel Erfolg beim Vermitteln der Idee des »Sozialen Lernens«.
Dr. Andreas Weber
Leiter des Bereichs Bildung
Landesstiftung Baden-Württemberg
www.agentur-mehrwert.de
6
7
Großzügige und nachhaltige Unterstützung
der Agentur mehrwert
Zur Förderung durch die Landesstiftung Baden-Württemberg
In den Jahren 2001 bis 2006 wurde die Agentur mehrwert von der Landesstiftung Baden-Württemberg gefördert. Dadurch war es möglich, das von der
Agentur entwickelte Lernkonzept »Lernen in fremden Lebenswelten« in
breitem Maße an Haupt- und Realschulen, an Gymnasien und an Hochschulen
in Baden-Württemberg umzusetzen. Verschiedene Maßnahmen der Evaluierung und des Qualitätsmanagements konnten so im Laufe des Förderzeitraumes erprobt werden. Mit dieser Broschüre stellen wir nun die Erkenntnisse
und das methodische Know-how zum Sozialen Lernen für junge Menschen
der Öffentlichkeit vor.
Andere Akteure mögen sich diese Erfahrungen zunutze machen und die Idee
des Sozialen Lernens auf diese Weise weiter verbreiten. Dazu wünschen wir
gutes Gelingen und stehen zur Beratung gerne zur Verfügung.
Der Landesstiftung Baden-Württemberg danken wir für die Förderung, die
großzügig und nachhaltig war. Dr. Andreas Weber danken wir für die Kooperation und die gute Begleitung.
Stuttgart, im Dezember 2006
Für die Agentur mehrwert
Gabriele Bartsch
Wolfram Keppler
Jürgen Ripplinger
www.agentur-mehrwert.de
Kapitel 1
Einführung
Soziales Lernen für junge Menschen
1. Einführung: Soziales Lernen für junge
Menschen
Die Agentur mehrwert versteht sich selbst als lernende Organisation und handelt nach der Maxime von Peter M. Senge: »Eine ›lernende Organisation‹ ist
ein Ort, an dem Menschen kontinuierlich entdecken, dass sie ihre Realität selbst
erschaffen. Und dass sie sie verändern können.«
1.1 Soziales Lernen im Kontext der Zivilgesellschaft
Der Begriff Sozialkapital
beschreibt die Fähigkeit einer
Gesellschaft, ihren sozialen
Zusammenhalt zu organisieren
und aufrecht zu erhalten.
»Was bedeutet eigentlich mehrwert?« – so werden wir häufig gefragt. »Wo
kommen Sie her? Was ist Ihre gesellschaftspolitische Perspektive?« – das
hören wir aus der Verwunderung über den Namen mehrwert heraus. Eine
erste Antwort gleich zu Beginn: Mit unserer Arbeit möchten wir Mehrwert
in sozialer Hinsicht schaffen und damit zur Steigerung des Sozialkapitals
beitragen. Dazu hat die Agentur mehrwert das Konzept »Lernen in fremden
Lebenswelten« entwickelt, das die aktuellen Lerntheorien der Pädagogik,
Erwachsenenbildung und Hirnforschung berücksichtigt und gesellschaftstheoretisch an den gegenwärtigen zivilgesellschaftlichen Diskurs anknüpft.
Bevor wir auf das Konzept »Lernen mit Herz, Kopf und Hand« im einzelnen
eingehen, stellen wir zu Beginn einige theoretische Grundannahmen vor,
in dessen Kontext die Agentur mehrwert ihre Arbeit ansiedelt.
Sozialkapital als Kitt der Gesellschaft
Der Begriff Sozialkapital beschreibt die Fähigkeit einer Gesellschaft, ihren
sozialen Zusammenhalt zu organisieren und aufrecht zu erhalten.1 Orte, an
denen dies geschieht, sind zum einen Familie und Bildungsinstitutionen,
zum anderen alle zivilgesellschaftlichen Formationen wie Vereine, Verbände,
Gruppierungen, Bürger(rechts)bewegungen. Also alle Initiativen, deren Zielsetzung über das Interesse von Privatpersonen und kleinen Teilgruppen
hinausgeht und in der politischen Definition dem Dritten Sektor zugerechnet
werden.
Mit mehrwert macht die Agentur ihren Namen gewissermaßen zum Programm und bewegt sich dabei im »Mainstream« der gegenwärtigen Debatte
um Zivilgesellschaft und neue Formen von Gemeinsinn und Verantwortung.
Bei diesen neuen Formen geht es darum, die Interaktion zwischen den einzelnen Bürgerinnen und Bürgern bzw. organisierten Gruppen und dem staatlichen, wirtschaftlichen und sozialen System neu unter die Lupe zu nehmen.
Zivilgesellschaft (manche sprechen auch von Bürgergesellschaft) soll gewährleisten, dass die Aushandlung verschiedener, in der Regel sich widersprechender Interessen demokratisch legitimiert, gleichberechtigt und friedlich abläuft.
10
11
Kapitel 1: Soziales Lernen für junge Menschen
Grundlegender Transformationsprozess
Warum diese Debatte jetzt? Die westlichen Industriegesellschaften befinden
sich seit dem letzten Jahrhundert in einem grundlegenden Transformationsprozess. In diesem Prozess gibt es zwei Hauptlinien, die ins Blickfeld zu
nehmen sind: zum einen die Emanzipation des Individuums von familiären
Bindungsgemeinschaften und zum anderen ein global ausgerichtetes Wirtschaftssystem. Beide Linien stehen in einem dialektischen Verhältnis zueinander. Das heißt, das eine ist ohne das andere nicht möglich und realisierbar.
Die Auswirkungen der einen Linie und die Anforderungen der anderen Linie
auf das Individuum scheinen sich trotzdem zu widersprechen. Doch beides,
der Prozess der Individualisierung und ein auf kurzfristige Gewinnmaximierung ausgerichtetes Wirtschaftssystem, erfordern räumliche Mobilität
und geistige Flexibilität.
Dennoch bleibt ein widersprüchliches Moment: Das Tempo, das in den wirtschaftlichen Produktionsprozessen an den Tag gelegt wird und den Beschäftigten vor allem hohe räumliche und geistige Mobilität abverlangt, ist nur
schwer mit der »Natur« oder dem Charakter menschlicher Beziehungen in
Einklang zu bringen. Menschliche Beziehungsstrukturen basieren auf Vertrauen und Loyalität, und dies wiederum braucht verlässliche Netzwerke, die
eher langfristig angelegt sind.2 Anders ausgedrückt: Vertrauen, Kontinuität
und Loyalität brauchen Zeit.
Corporate Social Responsibility als Strategie
Die zentrale Frage ist also: Was vermittelt Menschen angesichts eines dynamischen Wirtschaftssystems und einer temporär und regional möglichen
hohen Arbeitslosenrate Sicherheit und was verweist auf Zukunft? Wie kann
gewährleistet werden, dass Menschen unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlichen Glaubens, unterschiedlicher politischer Auffassungen friedlich
und aufeinander bezogen zusammenleben? Dies ist nicht nur in sozialpolitischer Hinsicht wichtig, sondern auch für global operierende Unternehmen
von elementarer Bedeutung. Einige internationale Konzerne haben dies
mittlerweile begriffen und engagieren sich auf vielfältige Weise im sozialen
Gefüge. In den USA, in Großbritannien und zunehmend auch in Deutschland
wird dieses Engagement unter Überschriften wie Corporate Social Responsibility, Corporate Volunteering oder Corporate Community Involvement kommuniziert. 3
Was gibt Menschen angesichts
eines dynamischen Wirtschaftssystems und einer hohen
Arbeitslosenrate Sicherheit?
Der Staat als Steuerungsinstrument
Was kann nun eine Zivilgesellschaft beflügeln? Die Reformvorschläge reichen
von neoliberalistischen Ansätzen, die im Rückzug des (Sozial-)Staates eine
Stärkung der Selbstverantwortung und der Selbstorganisation des einzelnen
Bürgers wähnen 4, bis hin zu partizipativen gesellschaftspolitischen Konzepten,
in denen es um neue Rollenbestimmungen zwischen den drei Akteuren Bürgerinnen/Bürger, Staat und Wirtschaft geht. 5 In dieser zivilgesellschaftlichen
Variante schimmert ein stark koordinierender und steuernder Staat durch;
www.agentur-mehrwert.de
bei der Rollenbestimmung der Bürgerinnen und Bürger geht es um deren
gestalterischen Part in der öffentlichen Aushandlung von Interessen. Typische
Beispiele hierfür sind Initiativgruppen, die sich für Stadtteil- oder Frauenprojekte einsetzen oder für die Rechte benachteiligter Gruppen kämpfen. Es ist
nur auf den ersten Blick paradox, wenn in dem zivilgesellschaftlichen Entwurf
ein starker Staat gefordert wird. Er ist allerdings weniger in seiner bürokratischen Rolle gefragt, sondern in einer starken Steuerungs- und Koordinierungsfunktion, der Aushandlungsprozesse dadurch mit anstösst und mitgestaltet.
Wie Menschen Gemeinsinn entwickeln
Im Zeitalter des Pluralismus und des Zusammentreffens verschiedenster
Werteorientierungen kommt es nicht von ungefähr, dass der ethische Diskurs
Konjunktur hat und wir uns damit auseinandersetzen, wie Menschen trotz
aller Unterschiede Gemeinsinn entwickeln, sich engagieren und Verantwortung übernehmen. In einer Konstellation, wie wir sie heute vorfinden,
bekommen zwei Fähigkeiten eine Schlüsselfunktion:
❙ die Fähigkeit, Bindungen kurzfristig aufzubauen und soziale Netzwerke aufrecht zu erhalten,
❙ die Fähigkeit, Differenzen auszuhalten und Konflikte auszutragen.
Was Gemeinschaft tragfähig macht, ist nicht Einheit und Harmonie, sondern
genau das Gegenteil: die Aushandlung von Interessen und konstruktives Konfliktmanagement. Amerikanische Soziologen haben interessanterweise festgestellt, »dass Menschen durch verbale Konflikte eher zusammengehalten werden als durch verbale Übereinstimmung«. Denn: »Im Konfliktfall sind sie zu
gründlicherer Kommunikation gezwungen, um die Differenzen auszutragen.«6
Was Gemeinschaft tragfähig
macht, ist die Aushandlung
von Interessen und konstruktives Konfliktmanagement.
Gelegenheiten für Soziales Lernen
Es gilt also, die beschriebenen Schlüsselkompetenzen so früh wie möglich zu
entwickeln. Dies geschieht heutzutage nicht mehr automatisch innerhalb
verlässlicher Familiensysteme oder über die weiteren Sozialisationsinstanzen
Kindergarten, Schule, Ausbildung und Freizeit, sondern muss systematisch
organisiert werden. Es geht gewissermaßen darum, Gelegenheiten zu schaffen, in denen Soziales Lernen geschehen kann. 7
1. 2 Von der Theorie zur Praxis: Die Agentur mehrwert
Das Diakonische Werk Württemberg und das Evangelische Landesjugendpfarramt haben Mitte der 90er Jahre ein Modellprojekt initiiert, das Modelle
sozialen Lernens entwickelt und diese in der schulischen und betrieblichen
Bildung erprobt hat. Die erfolgreiche Arbeit, die in einem Abschlussbericht
dokumentiert ist,8 hat schließlich im Jahr 2000 zur Gründung der Agentur
mehrwert geführt. mehrwert hat genau diesen Auftrag des Modellprojektes
übernommen, nämlich einen Beitrag zur Förderung der personalen und
sozialen Kompetenzen insbesondere junger Menschen zu leisten.9 Dass junge
Menschen an sozialen Fragen und einer Wertevermittlung interessiert sind,
zeigen verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen.10
12
13
Kapitel 1: Soziales Lernen für junge Menschen
1. 3 Soziale und personale Kompetenz
Ein Blick in die Literatur zeigt unterschiedliche Kompetenzkonzepte, die von
geringen bis zu umfangreichen Ausdifferenzierungen reichen. Durch die
von Daniel Golemans angestoßene Debatte um die Emotionale Intelligenz
wird die Kategorisierung keineswegs leichter. Der Begriff »Kompetenz« wird
vielerorts unscharf verwendet, eine Typisierung scheint nach gegenwärtigem Forschungsstand aussichtslos. 11 Die Agentur mehrwert hat sich deshalb
für eine pragmatische Lösung entschlossen und ein eigenes Kompetenzmodell entwickelt, das sich an die Vorstellungen von Zimmer/Brake anlehnt.
Neben Fachkompetenz und Lern- und Methodenkompetenz spielen dabei
personale und vor allem soziale Kompetenz im Lebens- und Arbeitsalltag eine
entscheidende Rolle.
Unter Sozialem Lernen verstehen wir dann das Lernen, mit sich selbst und
anderen Menschen situationsangemessen umzugehen. Dies umfasst einerseits Aspekte der Identitäts- und Persönlichkeitsentwicklung (personale
Kompetenz), zum anderen Kompetenzen im Umgang mit anderen Menschen
(soziale Kompetenz).
Unter Sozialem Lernen verstehen wir das Lernen,
mit sich selbst und anderen
Menschen situationsangemessen umzugehen.
Personale Kompetenz bezieht sich etwa auf die Stärkung von
❙ Empathie
❙ Sensibilität
❙ Gerechtigkeitssinn
❙ Toleranz
❙ Verantwortung
❙ Ausdauer
❙ Belastbarkeit
❙ Flexibilität
❙ Eigeninitiative.
Soziale Kompetenz intendiert unter anderem den Ausbau von
❙ Kommunikationsfähigkeit
❙ Kooperationsfähigkeit
❙ Verhaltenssicherheit
❙ Teamfähigkeit
❙ Konfliktfähigkeit.
1.4 Zur Lerntheorie und Reichweite von »Lernen in fremden
Lebenswelten«
Das Konzept »Lernen in fremden Lebenswelten« ist handlungs- und erfahrungsorientiert und knüpft an zentrale lerntheoretische Erkenntnisse aus
der Pädagogik, Erwachsenenbildung und Hirnforschung an:
❙ Das Neue wird mit dem Alten (Bekannten) verknüpft und verglichen.
❙ Neue Impulse treffen auf den »Resonanzboden« der Erfahrung.
❙ Erfahrung speist sich aus unterschiedlichen Quellen (Biografie, Ausbildungen, Familie, Freizeit, Erwerbstätigkeit und außerberufliche, z. B. ehrenamtliche Tätigkeiten).12
www.agentur-mehrwert.de
Die jüngsten Ergebnisse der Hirnforschung bestätigen die Erkenntnisse der
Reform- und Erlebnispädagogik, dass Lernen dann nachhaltig und effektiv ist,
wenn der Lernprozess selbst möglichst viele Sinne aktiviert, das emotionale
System anspricht und mit Spaß verbunden ist. Dies hat mit »Kuschelpädagogik« nichts zu tun, vielmehr kann Lernen durchaus auch herausfordernd sein.13
Lernort soziale Einrichtung
Die Ergebnisse der Hirnforschung bestätigen, dass Lernen
dann nachhaltig und effektiv
ist, wenn der Lernprozess möglichst viele Sinne aktiviert und
mit Spaß verbunden ist.
Genau diese Anforderungen erfüllt der Lernort soziale Einrichtung. Er eignet
sich für die personale und soziale Kompetenzentwicklung aus drei Gründen
besonders gut:
❙ In sozialen Organisationen findet im Gegensatz zu inszenierten »OutdoorKonstellationen« Lernen im realen Leben statt.
❙ Lernen geschieht im Gegensatz zu Seminar-Settings in sozialen Organisationen auf ganzheitliche Weise, nämlich mit Herz, Kopf und Hand.
❙ Lernen in der fremden Lebenswelt einer sozialen Organisation hat exemplarischen Charakter. Dies bedeutet, dass es prägende Erfahrungen für das
eigene Leben und die eigene Werteentwicklung bringt, weil die Erfahrungen
im Sozialbereich gut übertragbar sind auf berufliche und private Alltagssituationen.
Dass Sozialkompetenz eine wichtige Ressource für ein gelingendes Zusammenleben in einer Gesellschaft darstellt, haben wir bereits dargestellt.
Insgesamt sehen wir drei Reichweiten Sozialen Lernens:
1. Individuelle Lebensgestaltung
Die Anforderungen der modernen Gesellschaft an das Individuum – geistige
Flexibilität und räumliche Mobilität – setzen die Kompetenz voraus, an
jedem neuen Ort soziale Beziehungen aufbauen und Netzwerke knüpfen zu
können.
2. Anforderungen der Arbeitswelt
Gruppenarbeit und Teamarbeit haben sich als effektive Arbeitsformen
durchgesetzt. Dies erfordert die Fähigkeit, auch mit Menschen, die ich mir
nicht selbst ausgesucht habe, produktiv zusammenzuarbeiten.
3. Funktionierendes Gemeinwesen
Nicht nur aufgrund der Finanzkrise werden Menschen mehr und mehr
Aufgaben übernehmen müssen, die von der öffentlichen Hand nicht mehr
bezahlt werden. Friedliches Zusammenleben in einer zunehmend pluralen
Gesellschaft braucht den Willen und die Fähigkeit, mit Interessenunterschieden umgehen und Konflikte lösen zu können.
Einzelkämpfer haben ausgedient
Dass die Entwicklung von Sozialkompetenz heute nicht mehr ausreichend
geschieht, zeigen z. B. die Klagen aus den Ausbildungsabteilungen von Unternehmen. Erschwerend kommt hinzu, dass Sozialkompetenz heute in einer
Welt des globalen Wirtschaftens eine immer größere Bedeutung gewinnt.
Einzelkämpfer haben großenteils ausgedient. Menschen, die in interkulturel-
14
15
Kapitel 1: Soziales Lernen für junge Menschen
len, gemischtprofessionellen und möglicherweise virtuellen Teams zusammenarbeiten, brauchen ein hohes Sensorium für Differenzen. Umso wichtiger
ist es, dass junge Menschen möglichst frühzeitig auf diese Anforderungen vorbereitet werden. Nach einer Studie des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHT) sind Hochschulabsolventen dann für Unternehmen interessant, wenn sie Sozialkompetenz und Praxisbezug nachweisen können.14
Genau hier setzt »Lernen in fremden Lebenswelten« an. Durch das Engagement in sozialen Feldern wird Teamfähigkeit, vernetztes Denken und die Verantwortlichkeit für den Anderen und für das eigene Tun gestärkt. Dies sind
Schlüsselqualifikationen für zukünftige Führungsaufgaben.
Nach einer Studie des DIHT
sind Hochschulabsolventen für
Unternehmen interessant,
wenn sie Sozialkompetenz und
Praxisbezug nachweisen
können.
1.5 »Lernen in fremden Lebenswelten« – Herausforderungen und
Lernerfahrungen
Das Konzept »Lernen in fremden Lebenswelten« besteht aus drei Modulen:
❙ Einführung
Ein Workshop dient zur Vorbereitung der Teilnehmenden. Sie wählen eine
soziale Einrichtung aus und klären ihre Erwartungen, Befürchtungen und
Lernthemen.
❙ Praxisphase
In der Regel arbeiten die Teilnehmenden eine Woche kompakt in einer sozialen Einrichtung, Studierende 40 Stunden auf ein Semester verteilt. Sie haben
vor Ort eine Kontaktperson, die mit der Lernidee vertraut ist. Die Mitarbeit
erfolgt an der Basis und ermöglicht so einen möglichst intensiven Kontakt
mit der Klientel.
❙ Auswertung und Transfer
Zeitnah an die Praxisphase schließt sich eine strukturierte Auswertung an.
Hier berichten die Teilnehmenden über ihre Erfahrungen und reflektieren,
wie sie diese in ihr berufliches und privates Leben integrieren können.
Auf der Basis zahlreicher Projekte haben sich folgende Herausforderungen
und Lernerfahrungen herauskristallisiert:
❙ Herausforderungen
❙ Wie orientiere ich mich rasch in einer für mich fremden Lebenssituation?
❙ Wie gehe ich mit Menschen um, die für mich ungewohnte Verhaltensmuster zeigen?
❙ Wie komme ich mit Spontaneität und Impulsivität zurecht?
❙ Wie reagiere ich auf unvorhersehbare Ereignisse?
❙ Lernerfahrungen
❙ die eigenen Stärken kennenlernen
❙ die eigenen Grenzen erfahren
❙ Verständnis für Menschen in anderen Lebenssituationen entwickeln
❙ die Arbeitsweise in sozialen Organisationen kennenlernen
❙ den eigenen Horizont erweitern
❙ kommunikative Kompetenzen stärken
❙ eigene Wahrnehmungsfähigkeit stärken
www.agentur-mehrwert.de
❙ das eigene Verhaltensrepertoire erweitern.
1.6 Nutzen für soziale Einrichtungen
Die Einrichtungen profitieren
von der Arbeit der Freiwilligen,
weil sie Aufgaben übernehmen,
für die in den alltäglichen
Abläufen oft nicht genügend
Zeit ist.
Ein allgemeiner Effekt des Einsatzes von jungen Menschen besteht – im Idealfall – in einem Aufbrechen der Routine. Der »frische Wind« kann aus der
anderen, neuen Perspektive herrühren, die die jungen Menschen mitbringen.
Diese wahrzunehmen und tatsächlich für Veränderungen zu nutzen, setzt
eine gewisse Offenheit auf Seiten der Einrichtung voraus, die im sozialen
Bereich häufig gegeben ist.
Zudem profitieren die Einrichtungen ganz konkret und unmittelbar von der
Arbeit der Freiwilligen, weil sie Aufgaben wie Zuhören, Spazierengehen oder
Spielen übernehmen, für die in den alltäglichen Abläufen oft nicht genügend
Zeit zur Verfügung steht. Drittens gewinnen diejenigen Einrichtungen, die
an einem stärkeren Dialog mit ihrer Umwelt interessiert sind, durch die Freiwilligen Multiplikatoren für ihre Belange. Diese Multiplikatoren können zum
Abbau von Vorurteilen beitragen und die öffentliche Diskussion über verschiedene Themen und Probleme im sozialen Bereich bereichern.
Win-win-Effekte
»Lernen in fremden Lebenswelten« ist dann erfolgreich, wenn die Kooperation
für die beteiligten Akteure Win-win-Effekte mit sich bringen. Damit dies auch
geschieht und zum Erfolg führt, sind aus unserer Erfahrung die folgenden
Faktoren zu beachten:
❙ Motivation (alle Seiten sind sich darüber im Klaren, was sie dabei gewinnen
möchten)
❙ Zeit (ausreichend Vorbereitungszeit ist essenziell)
❙ Vorbereitung (eine bestmögliche Vorbereitung stellt sicher, dass sich jeder
Teilnehmende über seine Ziele und die Rahmenbedingungen Bescheid weiß)
❙ Kontaktperson (eine eigene Kontaktperson in der sozialen Einrichtung gibt
den Teilnehmenden Orientierung)
❙ Feedback (Mitarbeitende der sozialen Organisation sind an einem Feedback
interessiert und nehmen sich Zeit dafür).15
Wie nachhaltig Lernprojekte dieser Art sein können, mag das Zitat einer Schulleiterin belegen: »Kein anderes Projekt hat an unserer Schule eine so starke Auswirkung auf die Schulentwicklung genommen, wie das Projekt Soziales Lernen.«
Teilnehmende an Lernprojekten in
den Jahren 2001 –2006
Projekt
(Förderzeitraum Landesstiftung)
Key
Do it !
Multiplikatoren
Soziales Lernen
›Service Learning‹
Schule und soziale
in der Schule
für Studierende
Einrichtungen
Zeitraum
2001 –2006
2004–2006
2002 –2006
Teilnehmer
2.370
297
1.004
Summe
3.671
Davon Projekt-TN:
2.667
Multiplikatoren:
1.004
16
17
Kapitel 1: Soziales Lernen für junge Menschen
Anmerkungen
1 Es war der französische Soziologe Pierre Bourdieu, der in seinem Habitus-Konzept den Begriff
des Sozialen Kapitals entwickelt hat. Zur Renaissance und Beschreibung dieses Begriffes,
siehe die Ausführungen von Gerd Mutz und Robert D. Putnam.
2 Auf diese Konfliktkonstellation hat Richard Sennett aufmerksam gemacht.
3 In Deutschland gibt es seit einigen Jahren eine lebhafte Debatte um die amerikanischen und
englischen CSR-Initiativen. Gute Zusammenfassungen finden sich im »Handbuch Unternehmenskooperation« (hrsg. von Diethelm Damm und Reinhard Lang) und im »Leitfaden
Corporate Citizenship« von Felix Dresewski.
4 Siehe dazu die wichtigsten Vertreter des Kommunitarismus Amitai Etzioni und Michael
Walzer, die auf identitäts- und wertstiftende Gemeinschaften wie Familie und Nachbarschaften setzen. Eine Wiener Autorinnengruppe weist zurecht darauf hin, dass das Konzept
des Kommunitarismus mit seinem Rekurs auf die Familie das traditionelle geschlechtsspezifische Rollenmodell und damit einen überholten Arbeitsbegriff fortschreibt. Das Wirken
der Frau wird auf den reproduktiven, privaten Sektor konzentriert. Dies aufzulösen ist eine
zentrale Forderung des westlichen Feminismus, siehe dazu Margit Appel u. a.
5 Siehe dazu Richard Sennett.
6 Richard Sennett, S. 197. Sennett verweist hier auch auf die Studie des Soziologen Lewis Coser:
The Social Functions of Conflict.
7 Siehe dazu Thomas Rauschenbach.
8 Vgl. Gerda Leitmann, Wolfram Keppler, Jürgen Ripplinger.
9 Dass wir dabei so erfolgreich sein konnten, liegt auch an dem gesellschaftspolitischen Klima
in Baden-Württemberg. Bereits in den 80er Jahren wurden vom baden-württembergischen
Sozialministerium die Idee des bürgerschaftlichen Engagements gefördert und verschiedene
Mentorenmodelle entwickelt, u. a. fördert die Landesstiftung das Mentorenprogramm
»JES – Jugend engagiert sich«.
10 Siehe dazu beispielsweise die Shell-Studie von 2000 und die Studie von Heinz Reinders.
11 In Anlehnung an Geißler und Orthey bezeichnet Reinhold Weiß Kompetenz als »begriffliche
Stopfgans«.
12 Siehe dazu Jörg Knoll.
13 Siehe dazu die Beiträge von Ulrich Herrmann und Manfred Spitzer in dem Sammelband
von Ralf Caspary.
14 Siehe dazu Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK).
15 Zur Umsetzung siehe Kapitel 3 in diesem Band.
www.agentur-mehrwert.de
Kapitel 2
Praktische Umsetzung
2.1 Sozialprojekte in der Schule
Sozialprojekte gehören mittlerweile zum festen Bestandteil des Alltags in vielen
Schulen. Sie bereichern das Schulleben und sind eine gute Möglichkeit, soziales
Lernen zu fördern und personale und soziale Kompetenzen zu entwickeln.
Damit diese Projekte nachhaltige Erfahrungen ermöglichen können, sind eine
gezielte Vor- und Nachbereitung sowie eine besondere Gestaltung notwendig.
Das Konzept »Lernen in fremden Lebenswelten« bietet hierzu einen geeigneten
Rahmen und wird seit über zehn Jahren in vielen Schulen erfolgreich umgesetzt.
2.1.1 Wie das Konzept in der Praxis aussieht
Eine Woche lang begegnen Schülerinnen und Schüler Menschen, die in für sie
»fremden Lebenswelten« zuhause sind. Sie lernen den Alltag von alten, behinderten oder auch kranken Menschen kennen. Sie treffen mit Aussiedlern,
Asylbewerbern, Obdachlosen oder Straffälligen zusammen. Im Rahmen der Einführungsveranstaltung haben die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit,
sich für eine soziale Einrichtung zu entscheiden. Immer zwei bis drei Schüler
gehen in eine Einrichtung bzw. in einen Bereich einer Einrichtung.
Die Teilnehmenden lassen sich dabei auf neue und ungewohnte Situationen
ein und machen sich ein eigenes Bild von anderen Lebenswirklichkeiten. Die
persönliche Begegnung ist verbunden mit unmittelbaren Erfahrungen und
steht im Gegensatz zu (medien-)vermitteltem, rein kognitivem Lernen. Ermöglicht wird ein Aufeinander-zu-Gehen und ein Voneinander-Lernen.
Die Verbindung von eigener Erfahrung in der Praxis und qualifizierter Vor- und
Nachbereitung regt in besonderer Weise zur Auseinandersetzung mit Einstellungen, Werthaltungen, Stärken und Schwächen an und fördert die Entwicklung sozialer Kompetenzen.
Eine Woche lang begegnen
Schülerinnen und Schüler
Menschen, die in für sie
»fremden Lebenswelten«
zuhause sind.
2.1.2 Wie Projekte erfolgreich werden
Damit soziale Erfahrungen dauerhaft organisiert werden können, möglichst
gut verlaufen und positive Wirkungen zeigen, sind vor allem drei Aspekte zu
berücksichtigen (siehe hierzu die Broschüre »Soziales Lernen in der Schule –
Praxisanleitung für innovative Projekte«. Erhältlich bei der Agentur mehrwert).
Nutzen und interne Anbindung in der Schule
Hierbei geht es um die Frage, wie eine befristete Mitarbeit in einer sozialen
Einrichtung und die persönliche Begegnung mit den Menschen ins Programm
der Schule passen (welche Konzepte existieren, welche Ziele werden damit
verfolgt?).
20
21
Kapitel 2.1: Sozialprojekte in der Schule
Pädagogisches Konzept
Maßgeblich für den Erfolg ist, dass die Erfahrungen eingebettet werden in ein
pädagogisches Konzept, also eine strukturierte Vorbereitung der Teilnehmenden und eine ausführliche Auswertung beziehungsweise Reflexion der Erfahrungen stattfinden.
Ziel der Vorbereitung ist es, das Interesse und die Motivation der Schülerinnen
und Schüler zu wecken sowie einen ersten Orientierungsrahmen zu bieten
und Fragen zu klären. Die Schüler sollen sich bewusst auf die Mitarbeit vorbereiten und eigene Lernziele formulieren. Dies kann entweder in einzelnen
Schulstunden oder als Kompaktveranstaltung geschehen. Hierzu können auch
Referenten aus den beteiligten sozialen Einrichtungen eingeladen werden.
Ziel der Auswertung ist es, die Erlebnisse zu reflektieren und zu verarbeiten,
die jeweiligen Erfahrungen vorzustellen und mit anderen auszutauschen sowie Konsequenzen für den Schulalltag zu besprechen. Hierzu gehören auch
Fragen, wie beispielsweise: Wie hat sich das Bild /die Einstellung gegenüber
alten Menschen verändert? Wird sich das Verhalten anderen gegenüber
ändern? In welchen Alltagssituationen können die Erfahrungen hilfreich sein?
Welche Bedeutung haben die Erfahrungen für den Umgang miteinander in
der Schule?
Ziel der Vorbereitung ist es, das
Interesse und die Motivation
der Schülerinnen und Schüler
zu wecken sowie einen ersten
Orientierungsrahmen zu bieten.
Gestaltung der Projekte
Schließlich geht es drittens um die Frage, wie solche Begegnungen und die
Mitarbeit in sozialen Einrichtungen erfolgreich gestaltet werden können. Das
heißt auf der einen Seite, wie eine angemessene Anleitung und Begleitung
von Seiten der sozialen Einrichtung organisiert und sichergestellt werden
kann und auf der anderen Seite, welche Projektformen es gibt beziehungsweise entwickelt werden können, die im Alltag praktikabel sind.
Zentrale Erfolgskriterien für die Gestaltung der Lernarrangements/Mitarbeit
sind:
❙ Aktive Beteiligung
Die Teilnehmenden beteiligen sich in den sozialen Einrichtungen aktiv am
Tagesgeschehen.
❙ Persönliche Begegnung
Die Teilnehmenden erhalten Gelegenheiten zu persönlichen Kontakten und
intensiven Gesprächen mit den betreuten Menschen vor Ort.
❙ Qualifizierte Begleitung
Während der Begegnung vor Ort gewährleisten die Beschäftigten der Einrichtungen eine kontinuierliche Begleitung.
Was die Möglichkeiten der Mitarbeit betrifft, haben sich vielfältige und zahlreiche Gestaltungsideen herauskristallisiert. Einige Beispiele:
❙ Besuchsdienste von Schülern im Altenheim – unter Anleitung von Altenpflegeschülern. Letztere übernehmen Anleitungsaufgaben, und die Schüler
bekommen dabei fachkundige Unterstützung beim Aufbau von Beziehungen, Führen von Gesprächen etc.
www.agentur-mehrwert.de
❙ Schüler halten Vorträge und präsentieren Projekte im Altenheim, Senioren
kommen als Experten in die Schule (Buchhaltung, Werbung etc. im Rahmen
von »Wirtschaften, Verwalten, Recht« [WVR]).
❙ Computerunterricht für Senioren, Kochen und Backen, Projektunterricht am
Beispiel der Planung und Vorbereitung einer Weihnachtsfeier im Altenheim.
❙ Im Rahmen einer Sozial-AG erkunden Schüler die soziale Infrastruktur einer
Gemeinde. Sie machen Besuche in verschiedenen Einrichtungen der Altenhilfe, befragen Bewohner und Mitarbeitende und konzipieren eine Ausstellung zur Situation alter Menschen in ihrer Stadt.
Wichtig ist es, mittel- und langfristig Formen zu finden, die sowohl die Ziele
der Schulen (Förderung persönlicher und sozialer Kompetenzen) erfüllen, als
auch den Interessen und Zielen der sozialen Einrichtungen dienen.
2.1.3 Was Schulen bei Sozialprojekten gewinnen
Wird ein Projekt an der Schule realisiert, sind auch die Kolleginnen und Kollegen involviert: Sie »müssen« Stunden abgeben, sich auf neue Arbeitsformen
und neue Fragestellungen einlassen und haben – sofern sie direkt mit beteiligt sind – eine deutliche Mehrarbeit. Andererseits stellt das Projekt für die
Schule und die einzelnen Lehrerinnen und Lehrer auch einen Gewinn dar.
Hierzu einige Stichworte:
Die Schülerinnen und Schüler
werden bei den Projekten als
ganze Person gefordert.
❙ Als ganze Person gefordert
Die Schülerinnen und Schüler werden bei den Projekten als ganze Person
gefordert. Kompetenzen, die im Schulalltag keine oder nur eine geringe Rolle
spielen, können (neu) entdeckt werden. Dies wirkt sich unmittelbar auf den
Schulalltag aus.
Eine Hauptschülerin, die permanent das Unterrichtsgeschehen störte,
unkonzentriert war und oft tagelang unentschuldigt der Schule fernblieb,
zeigte im Projekt in einer Sammelunterkunft für Asylbewerber Kompetenz
und Feingefühl im Umgang mit den Menschen. Sie war pünktlich und zuverlässig und an allen Aktivitäten beteiligt. Die Klassenlehrerin lernte eine
bisher völlig neue Seite des Mädchens kennen.
❙ Förderung der Motivation
In den Augen der meisten Schülerinnen und Schüler ist das Projekt eine produktive Unterbrechung des Schulalltags. Das zeitlich befristete, intensive
Erlebnis macht Spaß und fördert die Lernmotivation. Durch die aktive
Mitarbeit ist ein Lernen mit allen Sinnen möglich. Erfahrungen wie »sich für
andere einsetzen«, »gebraucht werden«, und »für einander da sein« tragen
zur Entwicklung von sozialer Verantwortung bei.
Ein Schüler berichtet im Anschluss an die Projektwoche, er habe Religion neu
erlebt und sehe jetzt vieles in einem anderen Licht. Seine Mitschülerin hat
festgestellt, »wie gut es uns geht«, und dass es oft die kleinen Dinge sind,
die im Leben wirklich zählen.
22
23
Kapitel 2.1: Sozialprojekte in der Schule
❙ Verbesserung des Umgangs in der Klasse
Der Umgang mit Menschen in betreuten Lebenssituationen schärft die
Wahrnehmung für die eigene Klassen- und Schulgemeinschaft. Durch das
gemeinsame Erleben lernen die Schülerinnen und Schüler sich selbst und
ihre Mitschülerinnen und Mitschüler auf neue, andere Weise kennen.
Stärken und Schwächen werden jetzt erkannt und Außenseiter in der Klasse
besser wahrgenommen.
Ein Schüler, der bisher immer eine dominante Haltung in der Klasse eingenommen hatte und als »Macho« galt, hat bei der Auswertung erzählt, dass
er für die nächsten sechs Monate eine Patenschaft für eine alte Frau im
Pflegeheim übernehme. Dies hat in der Klasse großes Erstaunen ausgelöst,
passte es doch gar nicht zu seiner bisherigen Rolle. Insgesamt war zu
beobachten, dass die Schülerinnen und Schüler untereinander toleranter
und hilfsbereiter geworden sind.
❙ Neue Umgangsformen zwischen Lehrern und Schülern
Im Projekt Key nähern sich Lehrende und Lernende gemeinsam neuen
Themenbereichen und Handlungsfeldern. In der Regel sind die Lehrerinnen
und Lehrer genauso wie ihre Schülerinnen und Schüler konfrontiert mit
neuen Situationen. Gemeinsam müssen fremde Situationen bewältigt werden. Diese Erlebnisse können zu einem vertrauteren Umgang miteinander
führen.
Ein Lehrer berichtet, dass seine Schülerinnen und Schüler im Anschluss an
die Projektwoche auch ihm selbst gegenüber aufgeschlossener geworden
sind, und man in der Klasse auch über persönliche Themen sprechen konnte.
❙ Baustein zur Öffnung der Schule
Der Seitenwechsel in den sozialen Sektor bereichert den Schulalltag. Schulische Lerninhalte werden mit Erfahrungen und Situationen des Lebens
außerhalb verbunden. Schule nimmt aktuelle soziale Fragen unserer Zeit –
wie Alter, Armut, Arbeitslosigkeit, Sucht – auf und kann sie auf lebendige
Weise bearbeiten.
Eine Lehrerin hat beobachtet, dass ihre Klasse offener für soziale Themen
und sensibler für soziale Probleme geworden ist. Für sie war die Projektwoche »ein herausragendes schulisches Ereignis mit Lerneffekten fürs
Leben«.
Der Seitenwechsel bereichert
den Schulalltag. Schulische
Lerninhalte werden mit Erfahrungen und Situationen des
Lebens außerhalb verbunden.
❙ Neue Lernpartnerschaften
Projekte schaffen neue Kontakte und Kooperationen zwischen Schulen und
sozialen Einrichtungen als Basis für eine weitergehende Zusammenarbeit
(z. B. bei Veranstaltungen, Sportereignissen, Festen oder auch beim Austausch von Know-how).
Seit Jahren befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft einer Schule ein
Altenheim. Erst durch das gemeinsame Projekt kam ein Kontakt und
ein gegenseitiges Kennenlernen zustande. In der Auswertung wurde eine
weitergehende Zusammenarbeit vereinbart.
www.agentur-mehrwert.de
2.1.4 Ausblick und Perspektiven für die Schulentwicklung
Sozialprojekte machen Schule.
Sie eignen sich zur Förderung
personaler und sozialer Kompetenzen und zum ganzheitlichen
Lernen.
Sozialprojekte machen Schule. Sie eignen sich hervorragend zur Förderung
personaler und sozialer Kompetenzen und zum ganzheitlichen Lernen mit
Herz, Kopf und Hand. Um eine entsprechende Nachhaltigkeit und ein effizientes Arbeiten zu gewährleisten, ist es wichtig, die Projekte im Schulkonzept
bzw. im Sozial- und Methodencurriculum zu verorten. Sozialprojekte stellen
damit einen wichtigen Bestandteil der Schulentwicklung dar.
Durch die langjährigen Erfahrungen mit der Planung, Organisation und Verankerung von Sozialprojekten können wir Schulen besonders effektiv dabei
beraten, wie sie Sozialprojekte planen und als Bestandteil der Schulentwicklung dauerhaft im Alltag der Schule verankern können.
Teilnehmende an Lernprojekten in
Projekt
Key
Do it !
Soziales Lernen
›Service Learning‹
Schule und soziale
in der Schule
für Studierende
Einrichtungen
Zeitraum
2001 –2006
2004–2006
2002 –2006
Teilnehmer
2.370
297
1.004
den Jahren 2001 –2006
(Förderzeitraum Landesstiftung)
Multiplikatoren
Summe
3.671
Davon Projekt-TN:
2.667
Multiplikatoren:
1.004
24
25
Kapitel 2. 2: Do it ! – Sozialprojekte für Studierende
2.2 Do it! – Wie Studierende sozial
handeln und emotional lernen
»Man kann viel mehr, wenn es von einem gefordert wird.« Dieses Fazit zieht
ein Student der Betriebswirtschaft, der für einige Zeit in einem Pflegeheim
mitgearbeitet hat. Er meldete sich für diesen Arbeitseinsatz freiwillig auf eine
Ausschreibung seiner Fachhochschule für Wirtschaft und Technik. Eine Kommilitonin, die ebenfalls an dem Projekt Do it! teilgenommen hat, drückt es so
aus: »Es ist wichtig, die eigene Perspektive zu wechseln und nicht nur an die
berufliche Karriere oder an Konsum zu denken, sondern mal was Sinnvolles zu
machen.«
2.2.1 Was verbirgt sich hinter Do it! ?
2004 startete die Agentur mehrwert gemeinsam mit der Württembergischen
Diakonie dieses Projekt mit dem Ziel, das freiwillige Engagement von Studierenden anzuregen und zu unterstützen und den Gedanken des Sozialen
Lernens im Studienbetrieb fest zu verankern.
Wichtige Anregungen dazu lieferten zum einen die Studie von Frank Adloff
zu ›Community Services‹ und ›Service Learning‹ an amerikanischen Schulen
und Universitäten, zum anderen eine Studienreise nach Indianapolis/USA.
Besonders interessant ist der US-amerikanische Ansatz deshalb, weil er den
freiwilligen Einsatz in der Sozialarbeit mit eigenen Lehrangeboten flankiert.
Darüber hinaus treffen die ›Service Learning‹-Angebote auf eine Kultur der
Philanthropie, in der es gewissermaßen zum guten Ton gehört, sich in der
Gesellschaft zu engagieren. Was in den USA unter ›Service Learning‹ verstanden wird, findet sich in Deutschland in der Diskussion um das »Soziale Lernen«
wieder.
Im Projektdesign von Do it! nutzte die Agentur mehrwert ihre Erfahrungen mit
sozialen Lernprojekten in der schulischen Bildung und das Know-how, das aus
der Diakonie im Feld der Freiwilligendienste kommt. Ein Beratungsstipendium
der Initiative »start social« durch zwei Experten von McKinsey und Siemens
Business Services war besonders für das Marketing hilfreich.
2.2.2 Was ist das Besondere an Do it! ?
Studierende verlassen ihren Campus und arbeiten im Umfang von 40 Stunden
in unterschiedlichen sozialen Einrichtungen mit. Entscheidend ist, dass sie an
der »Basis« aktiv mitarbeiten und unmittelbaren Kontakt zu der jeweiligen
Klientel bekommen. So verrichten die Teilnehmenden z. B. leichte Arbeiten in
der Betreuung und Pflege von alten Menschen, schmieren Brote in einer Vesperkirche, spielen mit behinderten Jugendlichen Fußball, helfen ausländischen
Kindern bei den Hausaufgaben, machen bei Kreativangeboten für wohnungslose Frauen mit oder unterstützen Jugendliche bei der Bewerbung. Die meisten
wählen Einsatzorte in den Bereichen Behinderten- und Jugendhilfe. Die Mitarbeit liegt vor allem im Aktivierungs- und kreativen Bereich.
Studierende verlassen ihren
Campus und arbeiten in
unterschiedlichen sozialen
Einrichtungen mit.
www.agentur-mehrwert.de
Die Studierenden werden von der Agentur mehrwert in einem Workshop gezielt auf ihren Einsatz vorbereitet. Dazu gehören verschiedene Sensibilisierungsübungen, mit denen die Teilnehmenden lernen sollen, sich besser auf die
sie erwartenden Menschen und Situationen in den Einrichtungen einzustellen, aber auch die Klärung eigener Erwartungen und Befürchtungen. Nach
Abschluss des Einsatzes werden die Erfahrungen systematisch reflektiert und
ausgewertet. Dadurch werden Erfahrungen bewusst gemacht und können
zu Erkenntnissen werden – beispielsweise, wie schon einmal erfolgreich in
einer Konfliktsituation vermittelt wurde oder welche Bedeutung nonverbale
Kommunikation hat. Der Ansatz folgt der Beobachtung der Psychoanalyse,
dass Erfahrungen, die bewusst und manifest »abgespeichert« sind, aktiv als
Basis des Verhaltens zur Verfügung stehen. Das unbewusst Gebliebene geht
nicht in das Verhaltensrepertoire ein.
2.2.3 Nutzen für die Hochschule
In der Frage, inwieweit Hochschulen sich auf die Vermittlung fachspezifischen
Wissens beschränken können oder sich auch um die Persönlichkeitsentwicklung der Studierenden kümmern müssen, gehen die Meinungen in der
Hochschuldebatte auseinander. Interessant ist, dass im Zuge der Einführung
des Bachelor-Abschlusses im Rahmen des »Bologna-Prozesses« das Thema
Schlüsselqualifikationen neuen Auftrieb erhält. Hier müssen Studierende in
Baden-Württemberg eine bestimmte Anzahl von Punkten nachweisen.
Do it! mit seinem handlungs- und erfahrungsorientierten Ansatz passt hier
geradezu ideal in das Konzept Schlüsselqualifikationen. Insofern ist der
Nutzen für die beteiligten Hochschulen hoch. Do it! ist geeignet,
❙ Teamfähigkeit zu entwickeln
❙ Integrationsfähigkeit zu stärken
❙ auf ein Auslandssemester vorzubereiten
❙ Vorurteile abzubauen und
❙ Verständnis für fremde Lebenswelten zu entwickeln.
2.2.4 Zusätzliche Effekte für Studierende
Neben den persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten kann
Do it! einen Zusatznutzen
stiften, der erst auf den zweiten
Blick erkennbar wird.
26
Neben den persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten und dem Impuls für die
individuelle Werteorientierung kann Do it! einen Zusatznutzen stiften, der erst
auf den zweiten Blick erkennbar wird.
Einige Beispiele:
❙ Eine Architekturstudentin entscheidet sich für eine Wohngruppe in einem
Heim für demenzerkrankte Menschen. Sie bekommt den Auftrag, eine Umbaumaßnahme zu dokumentieren. Dieser Umbau wurde in dem fast neuen
Gebäude nötig, nachdem festgestellt worden war, dass die bauliche Gestaltung den Bewohnern zu wenig Orientierung bietet. Denn die offene und
helle Gestaltung stellte sich als dysfunktional heraus, da demenzerkrankte
Menschen in sich geschlossene Wohneinheiten brauchen, um sich zurechtfinden zu können. Die Studentin erkennt, wie wichtig es ist, bereits bei der
Planung die Bedürfnisse der zukünftigen Nutzer bzw. Fachkräfte zu kennen
und sie mit einzubeziehen.
27
Kapitel 2. 2: Do it ! – Sozialprojekte für Studierende
❙ Ein Student der Betriebswirtschaft hat nach seinem ersten Einsatz in einer
Behinderten-Wohngruppe das Gefühl, das falsche Fach gewählt zu haben.
Hätte er doch lieber Sozialpädagogik studieren sollen? Die Betriebswirtschaft kommt ihm plötzlich »kalt« vor. Er spricht darüber mit der Kontaktperson in der Einrichtung. Diese bestärkt ihn, bei der Ökonomie zu bleiben,
denn »in sozialen Einrichtungen brauchen wir gerade Betriebswirte, die
sozial eingestellt sind«.
❙ Eine Sportstudentin entscheidet sich dafür, Bewegungsprogramme in einer
Altenhilfeeinrichtung anzubieten. Sie erhofft sich dadurch einen Einblick in
die Fähigkeiten und die Gedankenwelt alter Menschen, in denen sie einen
wachsenden Markt für ihr Fachgebiet Sportpädagogik sieht.
2.2.5 Was hat Do it! bisher erreicht?
Bisher wurde Do it! in Baden-Württemberg von folgenden Hochschulen ins
Programm genommen:
❙ Hochschulen für Wirtschaft und Technik Heilbronn, Karlsruhe, Reutlingen
und Konstanz
❙ Hochschule für Betriebswirtschaft Nürtingen-Geislingen
❙ Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg
❙ Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl
❙ Pädagogische Hochschulen Ludwigsburg und Schwäbisch Gmünd
❙ Universitäten Hohenheim, Freiburg und Konstanz
Im Zeitraum von 2004 bis 2006 haben rund 300 Studierende Erfahrungen in
sozialen Einrichtungen im Rahmen von Do it! gemacht.
»Do it! ist eine einmalige Chance, über den Tellerrand der Universität zu schauen. Man kommt mit Menschen aus ganz anderen Schichten zusammen«, so
eine Studentin der Agrarbiologie, die ein Semester lang bei der ›Schwäbischen
Tafel‹ gearbeitet hat. »Ich habe ganz neue Fähigkeiten ausprobiert, die sonst
zu kurz kommen.« Diese Erfahrungen zeigen, dass Menschen bereit sind, sich
zu engagieren, wenn man ihnen eine passende Möglichkeit gibt und sich auf
ihre Lebenssituation einstellt. Die Rückmeldungen der Studierenden ermutigen die Agentur mehrwert, ›Service Learning‹ in der Hochschullandschaft weiter zu verbreiten und dafür zu sorgen, dass junge Menschen neben dem rein
kognitiven Lernen durch ganzheitlich zugeschnittene Konzepte ihre emotionale Intelligenz weiter entwickeln können. Das Programm Do it! ist so angelegt,
dass es nach einer anfänglichen Unterstützung durch die Agentur mehrwert
von Multiplikatoren selbstständig umgesetzt werden kann. Hier erweist sich
die Strategie der Mentorenschulungen, auf die wir in Kapitel 1 hingewiesen
haben, als verheißungsvoll. Es ist zu hoffen, dass dadurch eine weitere Verbreitung von Do it! an baden-württembergischen Hochschulen gelingt.
»Do it! ist eine einmalige
Chance, über den Tellerrand der
Universität zu schauen.«
www.agentur-mehrwert.de
2.3 Soziale Einrichtungen: Partner von
Schule und Hochschule
Soziale Einrichtungen sind gefragt: Immer mehr (junge) Menschen, aber auch
Führungskräfte fragen nach Möglichkeiten einer befristeten Mitarbeit in
einer Einrichtung für alte, kranke oder behinderte Menschen. Die gestiegene
Bedeutung Sozialen Lernens und der Vermittlung sozialer Kompetenzen auf der
einen Seite und die Erfahrung, dass die Mitarbeit in einer sozialen Einrichtung
ein ganz besonderes Lernfeld ist, führen dazu, dass die Anfragen insbesondere
von Seiten der Schulen enorm gestiegen sind.
Soziale Einrichtungen sind
gefragt: Immer mehr Menschen
fragen nach Möglichkeiten
einer befristeten Mitarbeit in
einer sozialen Einrichtung.
Vielen Einrichtungen geht es mittlerweile ähnlich wie Herrn Bauer: Herr Bauer
ist Leiter einer Einrichtung für behinderte Kinder. Seit vielen Jahren bietet er
Schülern, Praktikanten und Studenten immer wieder Erfahrungs- und Lernmöglichkeiten in seiner Einrichtung an. In der letzten Zeit allerdings haben die
Anfragen deutlich zugenommen, vor allem auch weil immer mehr Schulen
solche Sozialpraktika umsetzen wollen. Die Kapazitätsgrenzen sind längst erreicht. Er kann es seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kaum zumuten,
noch mehr junge Menschen aufzunehmen. Was tun?
Die hohe Nachfrage nach Erfahrungsfeldern bietet auf der anderen Seite
große Chancen, soziale Arbeit bekannter zu machen, bei jungen Menschen
Interesse für soziale Aufgaben zu wecken und letztlich auch eigene strategische Ziele zu verfolgen. Dazu müssen soziale Einrichtungen neuartige
Konzepte entwickeln und eine Kooperation mit Schulen beispielsweise systematisch vorbereiten. Es geht um Fragen wie beispielsweise:
❙ Was ist das Besondere am Lernfeld soziale Einrichtung?
❙ Wie könnten neue Projektideen für gemeinsame Unternehmungen aussehen?
❙ Was können soziale Einrichtungen dabei gewinnen?
❙ Was ist notwendig, damit die Kooperation zwischen sozialen Einrichtungen
und Schulen dauerhaft gelingt?
2.3.1 Besondere Lernfelder
Die Tatsache, dass das Ziel sozialer Einrichtungen die Beratung, Begleitung
und Förderung von Menschen in besonderen Lebenssituationen ist, bietet den
Rahmen für intensive Begegnungen und Lernerfahrungen.
Die Teilnehmenden lernen
❙ eine Unternehmenskultur, bei der »der Mensch im Mittelpunkt« steht sowie
❙ eine andere Organisationsform kennen.
Sie erfahren Interessantes und Wissenswertes über die unterschiedlichen Hilfsangebote für Menschen in besonderen Lebenssituationen. Die persönlichen
Begegnungen fördern die Auseinandersetzung mit eigenen Stärken und
Schwächen, ermöglichen emotionale Erfahrungen, führen nicht selten zu persönlicher Betroffenheit und fördern ein Nachdenken über das eigene Leben.
Die Teilnehmenden erfahren Dankbarkeit, Akzeptanz und Anerkennung und
28
29
Kapitel 2.3: Soziale Einrichtungen – Projektpartner
erleben ein gegenseitiges Geben und Nehmen – ein Lernen voneinander. Sich
in einer fremden Situation zu bewähren, trägt zu mehr Verhaltenssicherheit
und kommunikativer Kompetenz bei.
Zentrale Erfolgskriterien für die Gestaltung der Lernarrangements/der Mitarbeit sind:
❙ Aktive Beteiligung: Die Teilnehmenden bekommen in den sozialen Einrichtungen kleine Aufgaben und beteiligen sich aktiv am Tagesgeschehen.
❙ Persönliche Begegnung: Die Teilnehmenden erhalten Gelegenheiten zu
persönlichen Kontakten und intensiven Gesprächen mit den betreuten
Menschen vor Ort.
❙ Qualifizierte Anleitung und Begleitung: Während der Mitarbeit vor Ort
gewährleisten Bezugspersonen aus den Einrichtungen eine kontinuierliche
Anleitung und Begleitung.
2.3.2 Was soziale Institutionen gewinnen können
Die Teilnahme an Sozialprojekten bedeutet für soziale Einrichtungen zwar
einen zusätzlichen Aufwand. Es liegen aber auch viele Chancen darin:
❙ Beitrag zur Öffentlichkeitsarbeit
Durch eine breitere Öffentlichkeit – die Schülerinnen und Schüler erzählen
ihre Erfahrungen Eltern, Bekannten und Freunden – wächst der Bekanntheitsgrad der Einrichtung und des jeweiligen sozialen Arbeitsfeldes. Vorurteile
gegenüber den Menschen vor Ort können abgebaut und Informationen über
die Zielgruppen und Formen der Hilfeleistung praxisnah vermittelt werden.
Solche Projekte ermöglichen eine Öffnung der sozialen Einrichtung in den
Stadtteil und ins Gemeinwesen sowie neue Kontakte zu Schulen, Hochschulen und auch Unternehmen.
❙ Ungewöhnlicher »Input« für die eigene Arbeit
Junge Menschen bringen »frischen Wind« in die Einrichtung. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden mit einem besonderen »Schüler-Blickwinkel«
konfrontiert. Dies fördert die Reflexion über die eigene Arbeit. Wenn soziale
Einrichtungen Lernpartnerschaften mit Schulen eingehen, trägt dies auch
zur Aufwertung der sozialen Arbeit bei.
❙ Bereicherung des Lebens- und Arbeitsalltags in der Einrichtung
Die Besuche, Gespräche und gemeinsamen Aktivitäten stellen für die betreuten Menschen in den sozialen Einrichtungen eine willkommene Abwechslung im Alltag dar. Sie erleben, dass junge Menschen Interesse zeigen an
ihrer Person und ihrer Lebenssituation.
❙ Gewinnung potenzieller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Die jungen Menschen erleben die Begegnungen als persönliche Bereicherung. Sie lernen ein neues Arbeitsfeld und mögliches Betätigungsfeld kennen
und knüpfen Kontakte zu der Einrichtung und den Menschen dort. Einige
halten ihre Kontakte auch nach Abschluss des Projektes aufrecht. Für die
Einrichtungen liegt darin eine Chance, neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen, sei es als Ferienhelferin oder Ferienhelfer, als Zivildienstleistende und Mitarbeitende im Freiwilligen Sozialen Jahr oder auch als
zukünftige Auszubildende.
Die Teilnahme an Sozialprojekten bedeutet für soziale
Einrichtungen einen zusätzlichen Aufwand. Es liegen aber
auch viele Chancen darin.
www.agentur-mehrwert.de
2.3.3 Projektideen für gemeinsame Unternehmungen
Neben dem klassischen Sozialprojekt wird es zukünftig wichtig werden, neue Formen und
Ideen zu entwickeln.
Neben dem klassischen Sozialprojekt – der meist einwöchigen Mitarbeit in
einer sozialen Einrichtung – wird es zukünftig wichtig werden, neue Formen
und Ideen für die Zusammenarbeit zu entwickeln. Es geht dabei um die
Fragen, wie eine befristete Mitarbeit in einer sozialen Einrichtung und die persönliche Begegnung mit den Menschen ins Programm der sozialen Einrichtung selbst passt, welche Konzepte hierzu bereits existieren, welche Ziele
damit verfolgt und erreicht werden können und sollen. Hier einige Beispiele:
❙ Besuchsdienste von Schülern im Altenheim – unter Anleitung von Altenpflegeschülern. Letztere übernehmen Anleitungsaufgaben, und die Schüler
bekommen dabei fachkundige Unterstützung beim Aufbau von Beziehungen, Führen von Gesprächen etc.
❙ Schüler halten Vorträge und präsentieren Projekte im Altenheim, Senioren
kommen als Experten in die Schule (Buchhaltung, Werbung, etc. im Rahmen
von »Wirtschaften, Verwalten, Recht« [WVR]).
❙ Computerunterricht für Senioren, Kochen und Backen, Projektunterricht am
Beispiel der Planung und Vorbereitung einer Weihnachtsfeier im Altenheim.
❙ Im Rahmen einer Sozial-AG erkunden Schüler die soziale Infrastruktur einer
Gemeinde. Sie machen Besuche in verschiedenen Einrichtungen der Altenhilfe, befragen Bewohner und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und konzipieren eine Ausstellung zur Situation alter Menschen in ihrer Stadt.
Wichtig ist es, mittel- und langfristig Formen zu finden, die sowohl die Ziele
der Schulen – die Förderung persönlicher und sozialer Kompetenzen – erfüllen,
als auch den Interessen und Zielen der sozialen Einrichtungen dienen.
Unterschiede zwischen Schule und sozialer Einrichtung wahrnehmen
Die einzelnen Institutionen des Gemeinwesens wie Schulen, soziale Einrichtungen, Initiativen und Vereine, Wirtschaftsunternehmen etc. haben je eigene
Systemlogiken. Das heißt, sie verfolgen unterschiedliche Ziele, unterscheiden
sich in der Organisationsstruktur und den Abläufen sowie in der Organisationskultur und dem jeweiligen Selbstverständnis. Manches ist offensichtlich
wie z. B. die »Pflicht zur Teilnahme« am Schulunterricht und die »Freiwilligkeit des Engagements« in der Jugendarbeit oder die »Notwendigkeit zur
Benotung« in der Schule und das »Reflektieren von Erfahrungen« in einer
sozialen Einrichtung. Andere Dinge sind unausgesprochen und oft verdeckt
wie zum Beispiel Fragen nach dem Selbstverständnis und der Rolle: Wie soll
Lernen junger Menschen organisiert und begleitet werden? Oder Fragen nach
dem vorherrschenden Arbeitsstil wie »Betonung der Leistung des Einzelnen«
und »Betonung der Zusammenarbeit im Team«. Mit manchen Begriffen sind
in den unterschiedlichen Systemen ganz unterschiedliche Vorstellungen verknüpft: So meint z. B. »langfristige Planung« in einer Schule eine Vorlaufzeit
von vier bis sechs Wochen, in einer sozialen Einrichtung heißt langfristig planen, einen Vorlauf von vier bis sechs Monaten zu haben.
Diese Unterschiede der Organisationen bieten zahlreiche Möglichkeiten für
Missverständnisse und Enttäuschungen. Viele Kooperationsversuche scheitern
30
31
Kapitel 2.3: Soziale Einrichtungen – Projektpartner
nicht am mangelnden Willen, sondern daran, dass die eigenen Maßstäbe
und Orientierungen unbewusst auf den Kooperationspartner übertragen werden. Es geht also darum, Unterschiede zu erkennen, zu benennen und einen
gemeinsamen Wirklichkeitsraum zu schaffen, einen Rahmen für gemeinsame
Erfahrungen mit der Zusammenarbeit.
Viele Kooperationsversuche
scheitern nicht am mangelnden
Willen, sondern daran, dass
die eigenen Maßstäbe auf den
Partner übertragen werden.
2.3.4 Fünf Erfolgsfaktoren für gelingende Kooperationen
Damit eine Zusammenarbeit zwischen Schulen und sozialen Einrichtungen/
Initiativen und Vereinen des Gemeinwesens gelingt und für beide Seiten einen
Gewinn bringt, müssen verschiedene Faktoren erfüllt sein:
❙ Akzeptanz und Respekt
Wichtig sind gegenseitiger Respekt und Vertrauen in die jeweilige Fachkompetenz sowie die Wertschätzung des Gegenübers. Dies sind notwendige
Haltungen und Grundlagen für eine Kooperation auf gleicher Augenhöhe.
❙ Ziele vereinbaren
Die jeweiligen Ziele und gewünschten Ergebnisse müssen geklärt, das
gemeinsame Ziel der Kooperation herausgearbeitet und geklärt werden.
❙ Nutzen sichtbar machen
Es muss deutlich werden, wo der Nutzen für jeden Kooperationspartner
liegt. Eigennutz ist erlaubt und macht das Kooperationsinteresse glaubwürdiger und langfristig tragfähiger.
❙ Klare Definition von Ablauf und Zuständigkeit
Ein Projektablaufplan und ein entsprechender Zeitplan schaffen Orientierung und Transparenz. Wichtig ist auch, die Zuständigkeit für die einzelnen
Arbeitspakete klar zu benennen.
❙ Verbindlichkeit und Kontinuität
Feste Ansprechpersonen auf beiden Seiten und eine verlässliche Struktur –
dazu gehören Absprachen, Treffen, schriftliche Vereinbarungen, Projektplanung etc. – schaffen Verbindlichkeit. Wenn die Kooperation auf längerfristige Zusammenarbeit und Kontinuität angelegt ist, investieren die
einzelnen Partner in der Regel mehr Energie, weil sich dies langfristig auszahlt.
Kooperationen sind für beide Seiten mit Veränderungen verbunden und bedeuten zunächst einen zusätzlichen Aufwand an Zeit und Energie. Manchmal
ist es schwierig, die institutionellen Grenzen zu überschreiten. Damit Kooperationen langfristig erfolgreich sind, muss für beide Seiten »ein Gewinn in
ihrer je eigenen Währung« herauskommen. Kooperation muss beiden Seiten
helfen, ihre (Kern-)Aufgaben besser zu erfüllen. Nicht alles muss schon beim
ersten Mal perfekt funktionieren, aber je systematischer die Kooperation
vorbereitet und ausgewertet wird, desto größer ist die Chance, dass sie nachhaltig gelingt.
www.agentur-mehrwert.de
2.3.5 Unterstützungs- und Fortbildungsangebote
Seit zwei Jahren bietet die
Agentur mehrwert Fortbildungen für leitende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sozialer
Einrichtungen an.
Seit zwei Jahren bietet die Agentur mehrwert Fortbildungen für leitende
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sozialer Einrichtungen an. Ziel ist, dabei eine
Grundlage für dauerhafte Kooperationen zwischen sozialen Einrichtungen
und Schulen zu entwickeln.
Themen und Inhalte der Fortbildungen sind:
❙ die Unterschiede im Denken und in der Arbeitsorganisation des jeweils
anderen Systems (Schule, Wirtschaft, Soziale Arbeit) kennenlernen
❙ das eigene Profil (Stärken, Umfeld, Erfahrungen) und die eigenen Ziele
beschreiben
❙ Projektideen sammeln und Projektdesigns entwerfen
❙ Projekte planen und steuern.
Rückmeldungen der Teilnehmenden unserer Fortbildungen:
❙ »Wichtig war der Erfahrungsaustausch mit anderen.«
❙ »Hilfreich waren die vielen Tipps, Ideen und Anregungen für die Planung
von gemeinsamen Projekten.«
❙ »Die Fortbildung war methodisch sehr abwechslungsreich. Es hat sich
sehr gelohnt.«
❙ »Neben dem Perspektivenwechsel und dem Verständnis für die Situation
von Schulen, fand ich vor allem die konkreten Tipps sehr hilfreich.«
❙ »Mir hat es sehr geholfen, das Projekt in größerem Kontext zu sehen und
mit unseren Unternehmenszielen und der Arbeit der anderen Abteilungen
abzustimmen.«
Nähere Informationen und aktuelle Ausschreibungen unter
www.agentur-mehrwert.de
32
33
Kapitel 2. 4: Der »Der Weg der Sinne«
2.4 Der »Weg der Sinne« – ein Projekt mit
unterschiedlichen Akteuren
2.4.1 Ausgangssituation
Bei der Pflege der Außenanlagen im Wohnbereich »Oberer Schlossberg« der
Diakonie Stetten entstand die Idee, einen »Weg der Sinne« anzulegen. Der
Obere Schlossbereich bietet Wohnmöglichkeiten für mehrfach behinderte
Kinder und Jugendliche. Das Gelände ist umzäunt, um den Bewohnerinnen
und Bewohnern innerhalb der Umzäunung möglichst viel Freiraum zu bieten.
Der »Weg der Sinne« befindet sich innerhalb dieser Anlagen.
Im Rahmen der Neugestaltung kam Thomas Weiler, Heimleiter des Oberen
Schlossberges, auf die Agentur mehrwert zu und bat um Unterstützung. Da
für diese Maßnahme kein eigenes Budget zur Verfügung stand, war klar, dass
keine fertigen Elemente von kommerziellen Anbietern angeschafft werden
können. Wir machten aus der Not eine Tugend und knüpften an die Projekterfahrung der Agentur mehrwert an. Zu leisten war das Projekt nur, wenn viele
Hände dazu beitrugen.
Zunächst taten sich viele Fragen auf: Wie kann der gesamte Weg, der sich um
das Hauptgebäude schlängelt, in einzelne Etappen geteilt werden, die von
unterschiedlichen Projektpartnern gestaltet werden können? Wer kann für die
praktische Unterstützung angesprochen werden? Wer kann Geld für die
Materialkosten stiften? Welches Element eignet sich für welchen Abschnitt?
2.4.2 Zieldefinition: Neue Sinneserfahrung und neue Kontakte schaffen
Der rund 250 Meter lange »Weg der Sinne« soll den mehrfach behinderten Bewohnerinnen und Bewohnern der Diakonie Stetten eigenständige neue
und vielfältige Möglichkeiten der Sinneserfahrung und auch ein zusätzliches
Freizeitangebot bieten. Verschiedene Pflanzen, Bodenbeläge und Geräte wie
Klangröhren oder eine Rollstuhlwippe erweitern die Erfahrungswelt behinderter Menschen und sprechen ihr taktiles, akustisches und visuelles Empfinden
an. »Wir wollen die neuen Erfahrungswelten aber auch für Gruppen öffnen,
die von außerhalb unseres Wohnbereiches kommen«, so Thomas Weiler.
Beispielsweise können Kindergartenkinder, Schulklassen oder auch Konfirmandengruppen aus der näheren Umgebung den Weg nutzen. »Wir haben
dadurch noch mehr Möglichkeiten, unsere Einrichtung zu öffnen und Kontakte außerhalb des Heimgeländes zu bekommen. Dies ist für die Kinder und
Jugendlichen, die hier leben, besonders wichtig«, so Weiler.
Der »Weg der Sinne« soll neue
und vielfältige Möglichkeiten
der Sinneserfahrung und ein
zusätzliches Freizeitangebot
bieten.
2.4.3 Eine bewährte Idee – neu angepackt
Sinneswege und Gärten gibt es bereits seit vielen Jahren in unterschiedlicher
Form. Teils sind sie direkt in Einrichtungen angelegt, teilweise auch in Naturparks. Es ist das Verdienst des experimentierfreudigen Pädagogen Hugo
Kükelhaus (1900 –1984), das Lernen mit allen Sinnen entdeckt und Konzepte
www.agentur-mehrwert.de
dazu entwickelt zu haben. In Ausstellungen und Sinnesgärten erfreuen sich
seither Menschen jeglichen Alters über neue Sinnes- und Körpererfahrungen.
Innovativ ist beim »Weg der Sinne« in Stetten also nicht die Idee selbst, sondern der Prozess, in dem dieser Weg angelegt und die Probleme mit neuen
Lösungen angepackt werden: zum einen sollen über den Weg der Sinne die
Menschen »außerhalb des Zauns« nach innen, in den Wohnbereich des Oberen
Schlossberges gelockt werden, zum anderen wird der Weg in einzelnen
Etappen von unterschiedlichen Gruppen angelegt. Materialkosten werden
über Sponsoren finanziert, die entstehenden Arbeitskosten werden entweder
durch ehrenamtliches Engagement erbracht oder auf der Basis symbolischer
Preise abgerechnet. Die Beteiligung von Studierenden und Auszubildenden
unterschiedlicher Fachrichtungen hat auch den Effekt, diesen Menschen in
der Diakonie Stetten soziale Lernerfahrungen zu ermöglichen.
2.4.4 Viele Menschen – Hand in Hand
Das in dieser Form ungewöhnliche Projekt lebt von der
engagierten Mitarbeit vieler
Gruppen.
Das in dieser Form ungewöhnliche Projekt lebt von der engagierten Mitarbeit
vieler Gruppen, die sich an der Ausgestaltung des »Weges der Sinne« beteiligen. Studierende des »Stuttgart Institute for Management and Technologies«
(SIMT) haben gleich zu Beginn mit angepackt und auf den ersten Metern des
Weges Sand und Kies eingearbeitet. Schülerinnen und Schüler der Gewerblichen Schule Waiblingen stellten unterschiedlich dimensionierte metallene
»Klangröhren« her, die sie vor Ort in einer gemeinschaftlichen Aktion einbauten. Zukünftige Arbeitserzieher der Diakonie Stetten fertigten Fühlkästen und
Hörtrichter an, Auszubildende einer Esslinger Steinmetz-Werkstatt bearbeiteten einen »Summstein«. Pfadfinderinnen und Pfadfinder wollen sich um die
noch jungen Pflanzen eines Weidentunnels kümmern, die vor allem im ersten
Jahr viel Pflege benötigen.
2.4.5 Einzelne Schritte zum »Weg der Sinne«
❙ Weidentunnel und Barfußpfad
Der Weg der Sinne beginnt vor dem Eingangsbereich des Hauptgebäudes.
Die Landschaftsgärtner hatten im Rahmen der Gesamtanlage den Auftrag
erhalten, den Weg einzufassen. Für die erste Etappe sollte ein Weidentunnel
angelegt werden, der im Laufe der Zeit so zuwächst, dass er tatsächlich ein
Tunnelgefühl (eng und dunkel) entstehen lässt. Man muss also eine kleine
Hürde überwinden, um den »Weg der Sinne« zu begehen. Danach werden die
Fußsohlen belohnt mit vielfältigen Gefühlen, die sich einstellen, wenn man
barfuss über Rindenmulch, Schottersteinchen und Sand geht.
Für die Erstellung des Weidentunnels und die Anlage des Barfußpfades konnten Studierende des »Stuttgart Institute for Management and Technologies«
gewonnen werden. Sechs ausländische Studierende beispielsweise aus Sri
Lanka oder auch Mexiko hospitierten einen Tag in der Wohngruppe, um einen
Eindruck davon zu bekommen, für wen sie sich engagieren. Am zweiten Tag
packten sie tatkräftig mit an und am Abend konnten die ersten zwei Abschnitte bereits begangen werden.
34
35
Kapitel 2. 4: Der »Der Weg der Sinne«
❙ Tast- und Riechpflanzen
Die Landschaftsgärtner der Diakonie Stetten hatten die Idee, ebenfalls im
Rahmen der Gesamtanlage einen Steintrog aufzustellen, der sowohl vom
Barfußpfad aus als auch mit Rollstühlen passierbar ist. Dieser Steintrog
wurde mit Pflanzen wie Lavendel bestückt, die angenehm riechen oder
haptische Genüsse durch samtige Blätter bereiten.
❙ Klangstäbe
Weiter geht es den »Weg der Sinne« auf einer gepflasterten Etappe. So können die Rollstuhlfahrer ebenfalls mithalten. Auszubildende der Gewerblichen
Schule Waiblingen aus der Metallfachklasse fertigten ein Klangelement an,
für das sie zuvor eine genaue Zeichnung erstellt hatten. Koordiniert hat
diesen Abschnitt Harry Kretschmann, Religionslehrer an der Gewerblichen
Schule Waiblingen, der bereits seit vielen Jahren mit der Agentur mehrwert
kooperiert. Von den Auszubildenden selbst wurde auch ein Betonfundament
gegossen und das Klangelement mit neun Röhren eingebaut. Eingeweiht
wurde dieser Abschnitt zugleich mit dem ersten Sponsor, der EUWAX
Stuttgart, einem Finanzdienstleister an der Börse Stuttgart.
Sechs ausländische Studierende
hospitierten einen Tag in der
Wohngruppe, um zu sehen, für
wen sie sich engagieren.
❙ Fühlkästen und Horchtrichter
Die Ausbildungsklasse der Arbeitserzieher, die an einer Fachschule der
Diakonie Stetten selbst ausgebildet werden, fertigten im Rahmen eines Ausbildungsprojektes Fühlkästen und Hörtrichter an, die in einer weiteren
Station auf dem Weg der Sinne den Tastsinn und das Hörvermögen stimulieren sollen.
❙ Summstein
Im Rahmen eines Tages der offenen Tür in Stetten konnte schließlich der
Summstein eingeweiht werden. Dabei handelt es sich um einen mehr als
zwei Meter hohen Buntsandstein, der von Gesellen und Auszubildenden der
Esslinger Steinmetz-Werkstatt Claus Birkle bearbeitet wurde. Er hat zwei
große Löcher, in die sich der Kopf stecken lässt. Durch leises Summen hört
man die eigenen Schwingungen, die vom Stein ins Ohr tönen.
❙ Klangbaum
Studierende der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg haben einen
großen Baumstamm ausgehöhlt. Der Innenraum des Klangbaums ist so
groß, dass man in dessen Innerem ganz neue Erfahrungen mit Schwingungen und Tönen machen kann.
2.4.6 Pädagogisches Konzept
Zur Begehung des »Weges der Sinne« planen angehende Heilpädagogen, die
ebenfalls an einer Fachschule der Diakonie Stetten ausgebildet werden,
ein pädagogisches Konzept zu erstellen, mit dessen Hilfe sich Erzieher sowie
Grundschullehrerinnen den Weg der Sinne für ihre jeweilige Zielgruppe
erschließen können. Mit einfließen werden dabei die Themen »Behinderung«
und »Integration«.
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Kapitel 3
Service
3. Service
3.1 Projekte mit dem passenden Projektmanagement erfolgreich
planen und umsetzen
1. Ziele setzen
2. Interne Anbindung klären
3. Geeignete Partner gewinnen
4. Zeitplan erstellen und Aufgaben verteilen
5. Projekt umsetzen und auswerten
Zur Entwicklung, systematischen Planung und Umsetzung von Projekten
zwischen sozialen Einrichtungen und (Hoch-)Schulen sind die Instrumente
des Projektmanagements hilfreich. Empfehlenswert ist dabei folgendes
Vorgehen:
3.1.1 Ziele setzen
Die Ziele sind nicht nur Grundlage für die weitere Planung,
sondern auch Kriterien zur
Erfolgskontrolle.
Am Anfang steht die Beschreibung und Formulierung von Projektzielen. Die
Ziele sind nicht nur Grundlage für die weitere Planung, sondern auch Kriterien
zur Erfolgskontrolle. Deshalb müssen sie möglichst klar und verständlich formuliert werden. Alle Vorstellungen, die mit dem Projektziel verbunden sind,
werden gesammelt und nach Hauptzielen und Unterzielen sortiert. Danach
wird eine Zielvereinbarung getroffen. Zweck der Vereinbarung ist es, mit allen
Beteiligten gemeinsame Ziele abzustimmen. Es erhöht die Akzeptanz und
den Rückhalt, wenn das Vorhaben mit der Leitung – etwa der Schule, des
Betriebs, der sozialen Einrichtung – abgestimmt ist.
Hilfreiche Fragen zur Zielfindung:
❙ Was will ich erreichen?/Wie lautet mein Ziel?/Woran merke ich, dass ich
das Ziel erreicht habe?
❙ Warum will ich dieses Ziel erreichen?/Was verspreche ich mir davon?
❙ Wie passt die Maßnahme zu den bisherigen/sonstigen Aktivitäten?
3.1.2 Interne Anbindung klären
Parallel zur Beschreibung der Ziele muss die interne Anbindung des Projektvorhabens geklärt werden. Dabei geht es zu einen um den Stellenwert des
Projektes innerhalb der Organisation und zum anderen um die Verortung im
Lehrplan. Folgende Fragen sind dabei hilfreich:
❙ Wie wird das Projekt von der Leitung unterstützt?
❙ Wer wird im Vorfeld von dem Projektvorhaben in Kenntnis gesetzt und
wer erhält welche Informationen?
❙ Ist die Teilnahme freiwillig oder verpflichtend als fester Bestandteil
der Schule?
❙ In welchem Schuljahr wird das Projekt angeboten?
❙ Wie passt das Projekt zu anderen Angeboten Sozialen Lernens?
38
39
Kapitel 3: Service
❙ Wer ist innerhalb der Schule/der sozialen Einrichtung für die Planung und
Umsetzung verantwortlich?
❙ Wird das Projekt als Blockveranstaltung geplant oder als längerfristige
Mitarbeit (z. B. sechs Wochen je zwei Stunden pro Woche)?
❙ Wie werden Kolleginnen und Kollegen in die Vorbereitung des Projektes
eingebunden?
❙ Wie werden die Projektergebnisse kommuniziert?
❙ Wie werden Lernergebnisse im weiteren schulischen Alltag aufgegriffen
und vertieft?
3.1.3 Geeignete Partner gewinnen
Wenn Ziele und interne Anbindung geklärt sind, geht es darum, den/die
geeigneten Partner für das Projekt zu finden. Für die Schule bedeutet dies,
passende soziale Einrichtungen im näheren Umfeld zu finden und für eine
Kooperation zu gewinnen. Umgekehrt kann dies für eine soziale Einrichtung
heißen, den Kontakt mit einer Schule herzustellen und mit dieser eine langfristige Kooperation aufzubauen. Das Vorgehen ist jeweils dasselbe:
❙ 1. Wer kommt in Frage? Welche Schulen, sozialen Einrichtungen, Kooperationspartner gibt es vor Ort? Neben eigenen Kontakten und denen von
Kolleginnen und Kollegen, dient auch das Internet dazu, Adressen und Zielsetzungen von Einrichtungen beziehungsweise Schulen zu finden.
❙ 2. Wer passt zu meinem Anliegen? Eine Prioritätenliste hilft bei der Klärung,
wer am besten zum Anliegen/Projektvorhaben passt. Hierbei ist es wichtig,
die eigenen Ziele und langfristigen Interessen mit dem Profil und den Vorhaben der potenziellen Partner abzustimmen.
❙ 3. Kontakt aufnehmen: Ansprechperson für den ersten Kontakt ist in der
Regel die Einrichtungsleitung oder die Öffentlichkeitsabteilung der Einrichtungen beziehungsweise die Schulleitung. Meist empfiehlt sich nach einer
ersten telefonischen Anfrage ein persönlicher Kontakt zum Kennenlernen
und Abstimmen der jeweiligen Ziele und Erwartungen.
❙ 4. Kooperationsvorhaben vereinbaren und planen: Schließlich geht es darum,
das gemeinsame Vorhaben kurz zu beschreiben, schriftlich zu fixieren und
die Aufgaben und Zuständigkeiten zu verteilen.
Wenn Ziele und interne Anbindung geklärt sind, geht es
darum, geeignete Partner für
das Projekt zu finden.
3.1.4 Zeitplan erstellen und Aufgaben verteilen
Im nächsten Schritt geht es darum, einen Zeitplan zu erstellen, die einzelnen
Arbeitsschritte in »Arbeitspaketen« zu beschreiben und die Aufgaben zu verteilen. Hier ein Beispiel für die Planung eines Sozialprojektes an der Schule:
Aufgaben
Konzept skizzieren
Wer
Wie
Bis wann
Beispiel für das Arbeitsblatt
Aufgabenverteilung
Kollegium informieren
Elternabend vorbereiten
Schüler/-innen informieren
Zeitpunkt für Projektwoche festlegen
…
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3.1.5 Projekt umsetzen und auswerten
Nachdem alle organisatorischen Fragen geklärt sind, beginnt die Realisierung
des Projekts. Am Beispiel eines Schulprojekts heißt das beispielsweise:
❙ Vorbereitung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer
Informationen über das Projekt und den Ablauf, Informationen über die
sozialen Einrichtungen und mögliche Aufgaben, Vorbereitung auf die
Begegnungen und neuen Situationen.
❙ Eigene Besuche während der Projektwoche
Sich selbst ein Bild machen, eigene Erfahrungen sammeln, Interesse an den
Schülern zeigen, Fotos für Dokumentation aufnehmen.
❙ Auswertung und Reflexion der Erfahrungen
Bewusstmachen der Erfahrungen, Austausch und Diskussion in der Gruppe,
einzelne Erfahrungen im weiteren Unterricht aufgreifen und bearbeiten.
❙ Dokumentation und Präsentation der Projektergebnisse
Für die interne und externe Öffentlichkeitsarbeit kann mit den Teilnehmenden eine Dokumentation und/oder eine Ausstellung erarbeitet werden.
Dazu ist es hilfreich, wenn die Teilnehmenden ihre Erfahrungen auf Wandzeitungen dokumentieren.
❙ Auswertung des Gesamtprojekts
Am Schluss steht die Gesamtauswertung. Hierbei gilt es, die Projektziele
zu überprüfen, nach Möglichkeit Auswertungsgespräche mit den beteiligten Einrichtungen zu führen und festzuhalten, was gut beziehungsweise
schlecht gelaufen ist. Die Ergebnisse der Auswertung sollten schriftlich
fixiert werden. Sie dienen als Grundlage für die Information an Kolleginnen
und Kollegen sowie für weitere Planungen.
Nachdem alle organisatorischen Fragen geklärt sind,
beginnt die Realisierung
des Projekts.
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41
Kapitel 3: Service
3.2 Öffentlichkeitsarbeit
1. Im Gespräch bleiben: Was Öffentlichkeitsarbeit will
2. Interesse wecken: Wie man interessant wird für die Medien
3. Praktische Umsetzung am Beispiel der Printmedien
4. Kontaktaufnahme zur Redaktion
3.2.1 Im Gespräch bleiben
Bereits im Jahr 1961 erschien ein Buch mit dem Titel Tue Gutes und rede
darüber von Georg-Volkmar Graf von Zedtwitz-Arnim. Dieses Motto ist für
die Öffentlichkeitsarbeit sprichwörtlich geworden. Eigentlich müsste es
heißen: »… und veranlasse Dritte, darüber zu reden«. Genau darum geht es:
Mitarbeitende in Non-Profit-Organisationen müssen zunächst gute fachliche
Arbeit machen und Impulse setzen, – und dann muss es ihnen gelingen,
dass eine möglichst breite Öffentlichkeit davon erfährt. Denn in einer Informationsgesellschaft wie der unseren gilt das ungeschriebene Gesetz: »Wenn
über einen nicht geredet wird, ist man out.« Es gilt, im Gespräch zu bleiben,
dafür zu sorgen, dass in der Öffentlichkeit die eigene Arbeit thematisiert
wird, möglichst positiv und am besten die eigenen Projekte und das eigene
Engagement. Man kann es ruhig auch drastisch formulieren: Wenn ich über
jemanden oder über eine Institution noch nie etwas gehört habe, dann existiert sie in einer informationsorientierten Gesellschaft einfach nicht.
Es gilt, im Gespräch zu bleiben,
dafür zu sorgen, dass in der
Öffentlichkeit die eigene Arbeit
thematisiert wird.
Was ist Öffentlichkeitsarbeit?
»Öffentlichkeitsarbeit«, so Albert Oeckl, Herausgeber des bekannten Taschenbuchs des öffentlichen Lebens, ist »das bewusste, geplante und dauernde
Bemühen, gegenseitiges Verständnis und Vertrauen in der Öffentlichkeit aufzubauen und zu pflegen.« Zumeist geht es nicht mehr nur darum, die Öffentlichkeit von einer Maßnahme oder einem Produkt zu überzeugen, sondern über
längere Zeiträume Vertrauen aufzubauen, um Vertrauen zu werben. Öffentlichkeitsarbeit hilft den Akteuren einer komplexen Gesellschaft, Entscheidungen
zu treffen und so wirkungsvoller handeln zu können. Sie leistet einen Beitrag
zum gegenseitigen Verständnis von Gruppen und Institutionen.
Dietrich Ratzke, Autor der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, definiert Öffentlichkeitsarbeit folgendermaßen: »Aufgabe von Öffentlichkeitsarbeit heute bedeutet: rede mit den Leuten, erkläre ihnen, was Du machst und wie Du es machst.
Mache klar, welchen Sinn und vor allem welchen Nutzen Dein Handeln für die
Gesellschaft generell und für den Einzelnen hat.« Das ist eigentlich das ganze
Geheimnis. Hinter diesen Zeilen stecken das Handwerkszeug und die Fragen,
die wir bei der Öffentlichkeits- und Pressearbeit beantworten müssen. Öffentlichkeit ist dabei selbstverständlich mehr als Presse- und Medienarbeit. Sie
müssen nicht nur die Redaktionen kennen, sondern auch wissen, wer für welchen Bereich der richtige Dialogpartner vor Ort ist, wen Sie ansprechen müssen,
welche Medien man dazu am besten nutzt. Kommunikationswissenschaftler
reden in diesem Zusammenhang von »Teilöffentlichkeiten«, das können Journalisten, aber auch Mitarbeiter in Verbänden, Kunden oder Politiker sein.
www.agentur-mehrwert.de
Das Einmaleins der Kommunikation: Vom Sender zum Empfänger
Im Grunde dreht sich in der Kommunikation alles darum, dass eine Information (Botschaft) von A nach B, also vom Sender zum Empfänger, gelangt.
Und dies möglichst ohne Störungen und Verzerrungen. Für diese Übermittlung
wird ein »Kanal«, ein Medium sowie eine Botschaft benötigt. Dass die Botschaft dabei auch immer so ankommt, wie es sich der Sender vorstellt, ist
allerdings nicht garantiert. Verschiedene »Störfaktoren« können sich dazwischen schalten und die Botschaft mehr oder weniger stark verzerren.
Störfaktoren können sein:
❙ Schlechte Verständlichkeit
Habe ich die Information – beispielsweise in einer Pressemitteilung – so
formuliert, dass der Empfänger sie auch schnell aufnehmen, einordnen und
richtig verstehen kann? Habe ich die Fakten so strukturiert, dass sie rasch
aufgenommen und richtig wiedergegeben werden können?
❙ »Anfälliges« Medium
Jedes Medium hat seine eigenen Störfaktoren, die es zu beachten gilt: Am
Telefon wird man falsch verstanden, das Fax verstümmelt die Nachricht
oder es geht nur eine Seite durch, beim Pressegespräch streikt das Mikrofon
etc. Dagegen hilft nur gute Vorbereitung und das Wissen, welche Besonderheiten die jeweiligen Medien ausmachen.
❙ Ungeeignetes Medium
Ein Runder Tisch kann ein gutes Medium sein für ein Gespräch mit den einflussreichsten Meinungsführern einer Kommune, aber nicht für die Ankündigung eines Jahresfestes. Passender könnte in diesem Fall eine Anzeige,
eine Pressemitteilung oder ein Pressegespräch sein.
❙ Fehlendes Feedback
In den seltensten Fällen wissen Sie, wer die Informationen, die Sie herausgegeben haben, letztendlich liest, wie die individuellen Reaktionen darauf
sind, in welcher Form und Konnotation die Informationen aufgenommen
und beim Empfänger gespeichert werden.
Im Grunde dreht sich in der
Kommunikation alles darum,
dass eine Information von
A nach B, also vom Sender
zum Empfänger, gelangt.
Öffentlichkeitsarbeit – ein wichtiges Thema
Halten wir fest: Öffentlichkeitsarbeit ist wichtig – und das besonders für NonProfit-Organisationen. Gerade die Angebote Sozialer Dienste erschließen sich
nicht immer einer breiten Öffentlichkeit, sondern müssen von einer ständigen
Kommunikation begleitet werden – gemäß dem Motto: »Rede über das, was
du tust …«. Die eigene Arbeit für andere nachvollziehbar und transparent zu
machen, die Öffentlichkeit in geeigneter Form darüber informieren, davon sind
viele aber noch weit entfernt. Nicht selten kommen beispielsweise soziale
Einrichtungen dann in die Schlagzeilen, wenn sich Protest regt oder Ängste
ausgelöst werden. So geschehen bei einer sozialen Einrichtung, die mitten im
Wohngebiet ein Haus für verhaltensauffällige Erwachsene eröffnen wollte –
worauf hin die Anwohner auf die Barrikaden gingen, weil sie Angst um ihre
Kinder hatten. Die Einrichtung hatte es versäumt, von sich aus im Vorfeld auf
die Medien zuzugehen und darüber zu informieren, was sie vorhat. Deshalb
scheint es immer besser, aktiv Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben: Wer selbst
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43
Kapitel 3: Service
aktiv wird, wird nicht plötzlich gezwungen, zu reagieren; wer darauf wartet,
bis die Journalisten zu einem kommen, ist im Wettbewerb um die öffentliche
Information oft schon einen Schritt hinten dran.
3.2.2 Interesse wecken: Wie man interessant wird für die Medien
»Ihr« Thema, Ihre Nachricht oder Information ist – selbstredend – wichtig für
Sie, für Ihren beruflichen Kontext. Damit sie aber auch in eine breitere Öffentlichkeit gelangen und von den Konsumenten aufgenommen werden kann,
muss die Botschaft die Neugier und das Interesse des bearbeitenden Journalisten und später dann auch des Lesers wecken.
Nachrichtenfilter
Journalisten werden auch als »Gate-Keeper« bezeichnet, also als »Torhüter«.
Keinesfalls lassen sie alle Nachrichten (allein schon aufgrund der Flut an
Informationen, die pro Tag in einer Redaktion ankommen) ungefiltert in ihr
jeweiliges Medium. Vielmehr begutachten und bewerten sie eingehende
Nachrichten und wählen dann aus, was davon in welcher Form an die Öffentlichkeit weitergeleitet wird. Dabei spielen zum einen ihre persönlichen Interessen, Vorlieben und Abneigungen eine Rolle, aber sehr stark auch die Linie
der jeweiligen Redaktion und die Werte, die innerhalb des Mediums Entscheidungen und die Auswahl von Informationen prägen. Beispielsweise, ob die
Redaktion soziale Themen für wichtig hält oder damit immer nur das dafür
beliebte »Sommerloch« stopft.
Soll die Nachricht also abgedruckt werden, muss der Journalist inhaltlich und
in gewisser Weise auch emotional davon überzeugt werden, dass das Thema
sowohl für ihn selbst als auch für die Konsumenten nützlich ist. Und, das
muss umgehend geschehen, denn weitere Nachrichten warten bereits auf
Begutachtung. Journalisten müssen daher schnell und zuverlässig beurteilen
können, welcher »Wert« ein Ereignis, eine Information hat, ob sie es »wert«
ist, bearbeitet und veröffentlicht zu werden. Dies ist der so genannte »Nachrichtenwert«. Er entscheidet nicht nur darüber, ob berichtet wird, sondern
auch, an welcher Stelle, in welchem Umfang, zu welcher Zeit und in welcher
Form die Information publiziert wird.
Es gibt noch ein weiteres Problem, das gerade bei Mitarbeitenden von sozialen
Institutionen immer wieder für Kopfzerbrechen sorgt: Journalisten haben die
Aufgabe, Nachrichten beachtenswert, interessant und leicht verständlich –
und damit »konsumierbar« zu machen. Das ist ihr Job, das ist der Service, den
sie den Nutzern ihrer Medien bieten müssen. Dadurch zeichnen, ja konstruieren sie aber zugleich auch ein verzerrtes Bild, ein künstlich dynamisiertes
Bild von der Welt. Ein Bild, das nur einen kleinen Ausschnitt derjenigen Realität abbildet, wie sie subjektiv vor Ort erlebt wird. Denn: Es enthält eher
das Abweichende als das Normale, eher das Neue als das Bestehende, eher
den Problemaufriss als die Lösung, eher das Negative als das Positive.
Soll die Nachricht abgedruckt
werden, muss der Journalist
inhaltlich und auch emotional
davon überzeugt werden, dass
das Thema für alle nützlich ist.
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Nachrichtenfaktoren
Möchte man mit seinem Thema
in die Medien kommen, geht
es darum, Nachrichten zu produzieren, die möglichst viele
Nachrichtenwerte enthalten.
Nochmals zurück zu den Nachrichtenwerten: Möchte man mit seinem Thema
in die Medien kommen, geht es darum, Nachrichten zu produzieren, die
möglichst viele Nachrichtenwerte enthalten. Die Medienforscher Johan Ruge
und Mari Holmboe Galtung haben diese Annahmen schon früh (1965) zu
einer Nachrichtentheorie ausgearbeitet, in deren Zentrum ein Katalog von
Kriterien für den Nachrichtenwert steht, nach dem Nachrichten selektiert werden. Dabei müssen für eine Auswahl bei weitem nicht alle dieser Nachrichtenfaktoren gleichzeitig vorhanden sein, manche schließen sich auch gegenseitig aus. Werden diese Faktoren kombiniert, dann erhöht sich theoretisch der
Nachrichtenwert des jeweiligen Ereignisses.
3.2.3 Praktische Umsetzung am Beispiel der Printmedien
Grundsätzlich ist die Auswahl an Textformen für die Übermittlung unserer
Informationen groß. Es gibt im Bereich der Printmedien vielerlei »standardisierte« Textformen. Das reicht von der einfachen Meldung bis hin zur möglichst authentisch berichtenden Reportage. In der Regel genügen für das
Senden von Informationen so genannte Meldungen, Nachrichten oder auch
Berichte. Diese werden Dank ihres sachlichen Charakters relativ oft von Zeitungen abgedruckt – und sind darüber hinaus deutlich einfacher zu erstellen
als andere Formen. In den meisten Fällen erscheint es sinnvoll und praktikabel,
sich auf diese reduzierten journalistischen Textformen zu beschränken. Auch
Agentur-Journalisten gehen fast nur mit Meldungen, Nachrichten und Berichten um. Wer sich dabei darum bemüht, großen Wert auf den Nutzen der Nachricht für den Leser und auch auf den Informationsgehalt zu legen, der hat
schon halb gewonnen. Denn die dpa lässt beispielsweise bis zu 70 Prozent der
eingehenden Papiere im Papierkorb verschwinden, weil »die meisten Pressemitteilungen schlecht geschrieben, unverständlich und unbrauchbar« seien.
Welche Textform für welche Botschaft?
Nehmen wir an, Sie wollen als Jugendhilfeeinrichtung demnächst im Ortsteil
Weiler eine neue Außenwohngruppe eröffnen und dies der Öffentlichkeit
mitteilen.
❙ Meldung: Sie schreiben eine Meldung, wenn Sie die Bevölkerung zu einem
Tag der offnen Tür einladen wollen. Sie erklären mit zwei Sätzen, um was es
geht – also: Tag der offenen Tür, Möglichkeit, die neue Einrichtung von innen
kennen zu lernen, Ort, Zeit, Datum, Programm.
❙ Nachricht: Sie schreiben eine Nachricht, wenn der Tag der Offenen Tür bereits
vorbei ist. Sie beschreiben, wo und wann was passiert ist, wie der Tag lief
und warum Sie die Aktion geplant haben.
❙ Bericht: Wenn Sie ausführlicher, vielleicht auch schon mit ein bisschen Atmosphäre dabei über den Tag berichten möchten. Jetzt sollten Sie auch Teilnehmer, Akteure und Fachleute zitieren, Hintergründe erläutern – bleiben
dabei aber streng sachlich
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45
Kapitel 3: Service
❙ Reportage: Eine Reportage wird in der Regel nur von demjenigen Journalisten verfasst, der vor Ort mit dabei war – und zwar, wenn ihn die Atmosphäre
besonders angesprochen hat, er dem Leser die Dynamik des Tages vermitteln
möchte, ihn mit hinein nehmen möchte ins Geschehen.
Die »W-Fragen«
Bevor man sich ans Schreiben einer Nachricht, eines Berichts etc. macht,
sollten alle journalistischen »W-Fragen« beantwortet sein:
❙ Was ist passiert, worum geht es überhaupt?
❙ Wer ist daran beteiligt, welche Personen sind für das Thema wichtig?
❙ Wann ist »das Was« passiert, über welchen Zeitpunkt sprechen wir?
❙ Wo ist »das Was« geschehen?
❙ Warum ist »das Was« passiert, zu welchem Zweck?
❙ Wie ist »das Was« passiert?
Wie man Texte verfasst
Tragen Sie vor Erstellung des Textes alle Fakten zusammen. In der Regel wird
später für den Artikel selbst nur ein kleiner Teil verwendet. Diese Informationen sind aber als Übersicht wichtig, um im Beitrag dann Prioritäten setzen
zu können, zu entscheiden, was man weglassen kann. Konzentrieren Sie sich
auf eine Handvoll Kernaussagen und schlagen Sie einen roten Faden. Denn:
Je kürzer die Texte sind und je besser sie strukturiert werden, desto höher ist
die Wahrscheinlichkeit, dass sie in der Zeitung auch Platz finden.
Alle wichtigen Informationen gehören an den Anfang, denn es wird in der
Redaktion immer von hinten gekürzt. Der Aufhänger ist immer ein aktuelles
Ereignis oder die Information über eine bestimmte Person. Im Hauptteil haben
dann die Sachinformationen Platz. Die Inhalte sollten am besten über anschauliche Beispiele (wie wirkt sich etwas konkret aus, welche Wirkungen hat ein
Ereignis auf die Betroffenen) transportieren. Dabei nicht chronologisch vorgehen, sondern mit einer interessanten Aussage oder Stellungnahme beginnen.
Bauen Sie nach Möglichkeit Zitate von Betroffenen, Experten, etc in Ihren Text
ein. Das macht den Beitrag objektiv und ermöglicht, bestimmte Personen,
z. B. den Vorgesetzten mit einer Aussage zu platzieren oder auch, eine Meinung
einer Person einzubauen. Die Aussagen müssen aber immer mit dem jeweiligen (vollständigen) Namen und der Funktion des Zitierten belegt werden,
sonst wird hier gekürzt.
Je kürzer die Texte sind, desto
höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie in der Zeitung
Platz finden.
Wie eine Pressemitteilung aufgebaut ist
Eine Pressemitteilung beinhaltet idealerweise folgende Elemente:
❙ Headline, Vorspann, Lauftext
❙ Abspann: Ansprechpartner mit Funktion, Anschrift, Telefon, Fax, E-Mail und
Erreichbarkeit
❙ Ergänzende Information: »Text freigegeben ab …«
❙ Ergänzende Information: »… Zeilen à … Anschläge«
❙ Ergänzende Information: »Der Abdruck ist honorarfrei. Beleg erbeten.«
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3.2.4 Kontaktaufnahme zur Redaktion
Die fertige Pressemitteilung muss jetzt noch an die richtigen Adressaten kommen. Das machen Sie am besten mit den folgenden vier Schritten:
❙ Auswahl der Medien treffen: Zeitungen, Anzeigenblätter, Verbandszeitschriften, Vereinsmitteilungen, Mitteilungsblätter, Presseagenturen, Radio
und Fernsehen … Überlegen Sie dabei, welche zusätzlichen Informationsquellen für die unterschiedlichen Medien interessant wären, welchen
zusätzlichen Service man bieten sollte.
❙ Kontakt aufnehmen: Finden Sie heraus, wie der zuständige Redakteur heißt
(z. B. übers Impressum), rufen Sie den Betreffenden an und informieren Sie.
❙ Eigenen Bericht anbieten: Wenn Journalisten keine Zeit haben, zu Ihrer Veranstaltung, zum Pressegespräch zu kommen, können Sie auch einen eigenen
Bericht (mit Bildern …) anbieten. Wenn Sie das nicht selbst machen können
oder wollen, beauftragen Sie einen freien Journalisten.
❙ Nacharbeit: Bedanken Sie sich bei einem kurzen Anruf für den Beitrag (dabei
können Sie auch gleich ein Belegexemplar anfordern), beziehungsweise
fragen Sie nach den Gründen, warum der Beitrag nicht erschienen ist.
46
47
Kapitel 3: Service
3.3 Checklisten und Formulare
Einrichtungsprofil
Name der Einrichtung
Fachbereich
Größe der Einrichtung (Anzahl der
Mitarbeiter-, Bewohner/-innen)
Anschrift
Straße/PLZ, Ort, Kreis
Homepage
Ansprechperson / Koordinator/-in
(mit Tel./Fax-Nr. und E-Mail)
Träger
Angebote/Bereiche der
Einrichtung
(Betreuung, Hausaufgabenhilfe, Freizeitprogramme, …)
Was sind die Aufgaben und Angebote der Einrichtung?
Wer ist die Klientel?
Felder und Möglichkeiten
für befristete Mitarbeit
Die Mitarbeit soll:
❙ persönlichen Kontakt zu den
Betreuten ermöglichen
❙ die Teilnehmer/-innen in den
Tagesablauf integrieren
❙ mit den Betreuten vor Ort
abgestimmt sein
❙ im Vorfeld beschrieben und
für die TN klar sein
❙ sinnvoll und anregend sein
❙ Interessen und Fähigkeiten
der TN berücksichtigen
In welchen Bereichen können die Teilnehmer/-innen
mitarbeiten? Welche Tätigkeiten können sie
übernehmen? bzw.
Welches Projekt können Sie sich vorstellen?
Erfahrungs- und Lernmöglichkeiten
Die Begegnungen sollen:
❙ die ganze Persönlichkeit der
Teilnehmer/-innen ansprechen
❙ die sozialen Kompetenzen der
Teilnehmer/-innen schulen
❙ Erfahrungen mit Grenzen
ermöglichen
❙ Reflexionsprozesse anregen
Was können die Teilnehmer/-innen dort erfahren
und lernen?
Arbeitszeiten für die
Projekt-Teilnehmenden
Für unsere Einrichtung wäre folgende Aufteilung
vorstellbar:
■ Eine Woche kompakt
■ Zwei Wochen kompakt
■ 4 x 1 Tag
■ 8 x 1/2 Tag
■ 20 x 2 Std.
■ Unser Wunsch:
Anleitung durch:
Name und Tel./E-Mail
Öffentliche Verkehrsmittel
Mindestalter, Geschlecht
Zeitraum und Zahl der Plätze
Sonstiges
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Tagebuch Do it!
1. Einheit (Mitarbeit in Sozialer Einrichtung vor Ort)
❙
❙
❙
❙
Was ist Ihnen aufgefallen?
Was lief gut? Hat Ihnen etwas gefehlt?
War etwas unangenehm?
Glauben Sie, dass Sie Ihr/Ihre Lernziel/e erreichen können?
2. Einheit
❙
❙
❙
Was war heute neu?
Was hat Sie irritiert/verunsichert?
Worauf ich beim nächsten Mal besonders achten möchte …
3. Einheit
❙
❙
Gibt es etwas, was Ihnen schon vertraut ist?
Was war heute neu?
4. Einheit
❙
❙
Was haben Sie in der Interaktion über sich selbst erfahren?
Wie geht es Ihrem Lernthema?
5. Einheit
❙
❙
❙
Wie war der Abschied?
Wenn Sie den ganzen Einsatz Revue passieren lassen:
❙ Was hat Ihnen am besten gefallen?
❙ Was hat Sie am stärksten verunsichert?
Beschreiben Sie, was Sie in der sozialen Einrichtung gelernt haben.
Was von dem Gelernten können Sie in Ihre Studien- oder Berufssituation übertragen?
❙ Beschreiben Sie ein konkretes Beispiel.
mehr wert
Agentur für Soziales Lernen gGmbH
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49
Kapitel 3: Service
Tagebuch Key Schule
Der erste Tag …
❙
Beschreiben Sie kurz Ihre ersten Eindrücke:
❙ Welches Gefühl habe ich jetzt?
❙ Was hat sich seit heute Morgen verändert?
❙ Was fiel mir besonders schwer?
❙ Was war besonders gut?
Der zweite Tag …
❙
❙
❙
Was war heute anders als am ersten Tag?
Wie hat der Kontakt zu den Menschen vor Ort geklappt?
Welche Tätigkeiten und Aufgaben habe ich übernommen?
Der dritte Tag …
❙
❙
❙
An welches Ereignis heute erinnere ich mich besonders gut?
Was hat mir heute überhaupt nicht gefallen?
Freue ich mich auf die nächsten Tage?
Der vierte Tag …
❙
❙
❙
Wie erlebe ich den sozialen Bereich?
Welche Unterschiede finde ich im Vergleich zum Ausbildungsalltag?
Was nehme ich mir für den letzten Tag noch vor?
Der fünfte Tag …
❙
Beschreiben Sie doch einmal Ihren Gesamteindruck:
❙ Lief es so, wie ich es mir vorgestellt hatte?
❙ Welche grundlegenden Erfahrungen habe ich gemacht?
❙ Hat sich mein Bild von den Menschen vor Ort verändert?
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Fragebogen
1. In welcher sozialen Einrichtung haben Sie mitgearbeitet?
Name der Einrichtung
Kontaktperson
2. Hatten Sie schon vor diesem Projekt Kontakt mit Menschen in betreuten Situationen?
■ ja
■ nein
3. Wie haben Sie sich in der sozialen Einrichtung überwiegend gefühlt?
■
■
■
■
■
■
■
wohl
gut betreut
unsicher
als Außenseiter
in der Zuschauerrolle
akzeptiert
insgesamt hat es Spaß gemacht
■
■
■
■
■
■
■
unwohl
allein gelassen
sicher
gut integriert
aktiv beteiligt
nicht ernst genommen
… keinen Spaß gemacht
4. Fanden Sie die Praxisphase …
■ a) zu kurz
■ b) lang genug
■ c) zu lang
5. War die Begleitung in der sozialen Einrichtung …
■ a) zu wenig
■ b) angemessen
■ c) zu viel
6. Fanden Sie die Vorbereitung auf die Mitarbeit in der sozialen Einrichtung und die Auswertung
■ a) zu wenig
■ b) angemessen
■ c) zu viel
7. Was waren die drei wichtigsten Erfahrungen?
8. Haben Sie Interesse, sich weiterhin mit diesen Menschen zu treffen?
■ ja
■ vielleicht
■ nein
Wenn ja, haben Sie schon eine Idee, in welcher Form?
9. Was könnte man noch besser machen?
10. Finden Sie es sinnvoll, dieses Projekt auch weiterhin anzubieten?
■ ja, weil …
■ nein, weil …
mehr wert
Vielen Dank für Ihre Mithilfe!
50
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Agentur für Soziales Lernen gGmbH
Kapitel 3: Service
Teilnahmebestätigung
Name
hat in der Zeit von/bis
im Rahmen des Projekts
in (Einrichtung/Ort/Fachbereich)
mitgearbeitet.
Das Projekt besteht aus drei Bausteinen:
❙
❙
❙
Einführung
Sensibilisierung für den Kontakt mit Menschen, die aufgrund ihrer schwierigen sozialen
Lebenssituation betreut werden müssen.
Projektwoche
Freiwilliges Engagement in einer sozialen Organisation unter Anleitung.
Auswertung
Reflexion der Erfahrungen und Übertragung auf den Alltag in Schule und Beruf.
Diese Form des organisierten »Lernens in fremden Lebenswelten« trägt in besonderer Weise zur
Förderung sozialer und personaler Kompetenzen bei.
Ort, den
www.agentur-mehrwert.de
3. 4 Literatur
Antes, Wolfgang: Projektarbeit für Profis. Juventa Verlag, 2004
Adloff, Frank: Community Service und Service-Learning: Eine sozialwissenschaftliche Bestandsaufnahme zum freiwilligen Engagement an amerikanischen Schulen und Universitäten. in: maecenata Institut für Dritter-SektorForschung, Opusculum Nr. 5, März 2001.
Appel, Margit u. a.: Zivilgesellschaft. Ein Konzept für Frauen? Eine feministische Konkretisierung, Wien 2001.
Arnold, Karen; Mutz, Dr. Gerd; Korfmacher, Susanne: Corporate Citizenship in
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Einstieg in das bürgerschaftliche Engagement von Unternehmen, in: Holger
Backhaus-Maul, Hasso Brühl (Hrsg.): Bürgergesellschaft und Wirtschaft – zur
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Bourdieu, Pierre: Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft, Frankfurtam Main 1987.
Caspary, Ralf (Hrsg.): Lernen und Gehirn. Der Weg zu einer neuen Pädagogik,
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Damm, Diethelm; Lang, Reinhard: Handbuch Unternehmenskooperation.
Erfahrungen mit Corporate Citizenship in Deutschland, 2001, Broschüre
erhältlich bei UPJ e.V., [email protected].
Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK): Fachliches Können und
Persönlichkeit sind gefragt. Ergebnisse einer Umfrage bei IHK-Betrieben zu
Erwartungen der Wirtschaft an Hochschulabsolventen, Berlin 2004.
Dresewski, Felix: Corporate Citizenship. Ein Leitfaden für das soziale Engagement mittelständischer Unternehmen, Berlin 2004. Broschüre erhältlich bei:
UPJ e.V., [email protected].
Fischer, Arthur; Münchmaier, Richard: Jugend 2000, 13. Shell Jugendstudie,
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(Hrsg.): Durch Verantwortung lernen. Service Learning: Etwas für andere tun.
6. Weinheimer Gespräch, Weinheim und Basel 2004.
Goleman, Daniel: Emotionale Intelligenz, München 1997.
Herrmann, Ulrich: Lernen findet im Gehirn statt. Die Herausforderungen der
Pädagogik durch die Gehirnforschung, in: Caspary, Ralf (Hrsg.): Lernen und
Gehirn. Der Weg zu einer neuen Pädagogik, Freiburg i. Brsg. 2006.
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Formen von Freiwilligendiensten – Abschlussbericht 2003. Über Diakonisches
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feiwilligendienste).
Knoll, Jörg: Eigen-Sinn und Selbstorganisation. Zu den Besonderheiten des
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München/Berlin 1999, S.61 –79.
52
53
Kapitel 3: Service
Kuld, Lothar; Gönnheimer, Stefan: Compassion – Sozialverpflichtetes Lernen
und Handeln, Stuttgart 2000.
Leitmann, Gerda; Keppler, Wolfram; Ripplinger, Jürgen: Das Soziale lernen.
Ergebnisse eines landesweiten Modellprojekts, Stuttgart 1999. Broschüre
erhältlich bei [email protected].
Mast, Claudia (Hrsg.): ABC des Journalismus. Ein Leitfaden für die Redaktionsarbeit, UVK-Verlag, Konstanz 2000.
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in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament,
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Oeckl, Albert: »Taschenbuch des Öffentlichen Lebens«. Festland, Bonn 2000/
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in: Stark, Werner u. a. (Hrsg.): Soziales Lernen in Schule, Betrieb, Jugendarbeit
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Diese Buch ist erhältlich unter [email protected] .
Reinders, Heinz: Jugend.Werte.Zukunft. Wertvorstellungen, Zukunftsperspektiven und soziales Engagement im Jugendalter, Schriftenreihe der Landesstiftung Baden-Württemberg, Stuttgart 2005.
Sennett, Richard: Der flexible Mensch. Die Kultur des neuen Kapitalismus,
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Sliwka, Anne; Petry, Christian; Kalb, Peter E. (Hrsg.): Durch Verantwortung
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Weinheim und Basel 2004.
Spitzer, Manfred: Medizin für die Schule. Plädoyer für eine evidenzbasierte
Pädagogik, in: Caspary, Ralf (Hg.): Lernen und Gehirn. Der Weg zu einer neuen
Pädagogik, Freiburg i. Brsg. 2006.
Walzer, Michael: Auf dem Weg zu einer neuen Sozialkultur? In: gleichnamige
Broschüre, herausgegeben von den Diakonischen Werken Baden und Württemberg, der Evang. Akademie Bad Boll, der Diözese Rottenburg-Stuttgart und
dem Sozialministerium Baden-Württemberg.
Weiß, Reinhold: Erfassung und Bewertung von Kompetenzen – empirische
und konzeptionelle Probleme, in: Kompetenzentwicklung 99. Aspekte einer
neuen Lernkultur. Argumente, Erfahrungen, Konsequenzen, Münster/New
York /München/Berlin 1999, S. 433 – 493.
Zedtwitz-Arnim, Georg-Volkmar Graf von: »Tue Gutes und rede darüber«.
Public Relations für die Wirtschaft. Berlin, Frankfurtam Main/Wien 1961 und
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Zimmer, Dieter; Brake, Jörg: Ganzheitliche Personalauswahl, Bamberg 1993,
S. 32, zitiert nach: KGST-Bericht B 4/1999 (Kommunale Gemeinschaftsstelle
Köln).
www.agentur-mehrwert.de
3.5 Die Agentur mehrwert
Wir fördern den sozialen Mehrwert
mehrwert ist eine gemeinnützige Agentur für Soziales Lernen mit Sitz in
Stuttgart. Sie entwickelt und realisiert nachhaltige Lernkonzepte, die sozialen
Sektor, Schule, Wirtschaft und Gemeinwesen in Verbindung bringen.
mehrwert organisiert Lernprojekte zum Thema Sozialkompetenz für Schüler,
Auszubildende, Führungskräfte und Studierende. Seit der Gründung im
April 2000 hat die Agentur knapp 5.000 überwiegend jungen Menschen eine
Mitarbeit in sozialen Einrichtungen und Diensten in verschiedenen Regionen
Baden-Württembergs ermöglicht.
Unter dem Motto »Lernen in fremden Lebenswelten« wechseln die Teilnehmenden in der Regel für eine Woche auf die Seite von behinderten, alten,
obdachlosen oder kranken Menschen und lernen deren Lebens- und Arbeitsalltag kennen. Dabei findet ein besonders lebensnahes und lebendiges Lernen,
das von den Mitarbeitern der Agentur pädagogisch begleitet und evaluiert
wird, statt. Die Projekte fördern somit nachhaltig die Entwicklung der Persönlichkeit und sozialer Kompetenzen – grundlegend für eine konstruktive
Zusammenarbeit in Schule und Beruf.
Mehrfach ausgezeichnet
Das Lernkonzept, das auch den Einstieg in ehrenamtliches Engagement fördert, wurde im Jahr 2003 mit dem Innovationspreis des Deutschen Instituts
für Erwachsenenbildung ausgezeichnet, war im Jahr 2004 start social Stipendiat, im Jahr 2006 ein »Ausgewählter Ort« im bundesweiten Wettbewerb
»Land der Ideen« und hat beim Wettbewerb »USable« 2006 einen Ideenpreis
gewonnen.
mehrwert gGmbH ging aus dem »Modellprojekt Soziales Lernen«, initiiert von
Diakonischem Werk und der Evangelischen Jugendarbeit Württemberg, hervor.
Die Arbeit der Agentur wird unterstützt durch Mittel des »Stifterverbunds
zur Förderung Sozialen Lernens« und wurde in den Jahren 2001 bis 2006 von
der »Landesstiftung Baden-Württemberg« gefördert.
Gesellschafter von mehrwert gGmbH: Diakonisches Werk Württemberg,
Evangelisches Jugendwerk Württemberg, Jugendstiftung Baden-Württemberg, Stifterverbund zur Förderung Sozialen Lernens.
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Kapitel 3: Service
Unser Leitbild
mehrwert vermittelt Erfahrungen, auf die es ankommt.
Unser Arbeit wirkt auf drei Ebenen:
❙ Individuelle Persönlichkeitsentwicklung
❙ Entwicklung für die Herausforderungen der beruflichen Arbeit
❙ Entwicklung von Verantwortungsbereitschaft und Gemeinsinn.
Unsere Arbeit basiert auf der Grundlage des christlich-humanistischen
Menschenbildes.
Unsere Zielgruppen sind:
❙ Schulen: Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer
❙ Hochschulen: Studierende, zuständige Lehrbeauftragte
❙ Betriebliche Ausbildung: Auszubildende, Ausbilderinnen und
Ausbilder
❙ Personalmanagement: (Nachwuchs-)Führungskräfte,
Verantwortliche für Personalentwicklung und
❙ Soziale Einrichtungen: Beauftragte für Kurzzeitmitarbeitende.
Wir arbeiten an der stetigen Verbesserung unserer Qualität,
unser Anspruch ist die hohe Zufriedenheit unserer Kunden.
www.agentur-mehrwert.de
Erfahrungen,
auf die es ankommt
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