IP/00/1204 Brüssel, 24. Oktober 2000 Freier Warenverkehr - Kommission fordert Belgien, Finnland und Griechenland auf, Handelsschranken zu beseitigen Die Europäische Kommission hat beschlossen, Belgien, Finnland und Griechenland aufzufordern, eine Reihe von Handelsschranken im Binnenmarkt zu beseitigen. Sie hat Belgien aufgefordert, Hemmnisse für die Einfuhr von Rollstühlen abzuschaffen, Finnland ersucht, Schranken für den Import von Vitaminzusätzen zu beseitigen, und von Griechenland verlangt, Beschränkungen für die Einfuhr einer Reihe von Waren, darunter Bekleidung, Schuhe und Kosmetika, auf denen entweder ein Cannabis-Logo angebracht ist oder die Hanf enthalten, aufzuheben. Diese formellen Ersuchen werden in Form einer mit Gründen versehenen Stellungnahme abgegeben, der zweiten Stufe eines offiziellen Vertragsverletzungsverfahrens gemäß Artikel 226 EGVertrag. Wird die Stellungnahme innerhalb von zwei Monaten nicht oder nicht zufriedenstellend beantwortet, kann die Kommission beschließen, den Fall an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zu verweisen. Die Kommission hat ferner beschlossen, Griechenland wegen Beschränkung der Einfuhr medizinischer Produkte vor dem Gerichtshof zu verklagen. In allen vier Fällen ist die Kommission der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten die Bestimmungen des EG-Vertrags über den freien Warenverkehr (Artikel 28) verletzen. Belgien - Rollstühle Es geht um diskriminierende Vorschriften für die Erstattung von Rollstuhlkosten im belgischen Sozialversicherungssystem. Gegenwärtig muss jeder nichtbelgische Rollstuhlhersteller seine Produkte, wenn sie erstattungsfähig sein sollen, über einen belgischen Händler vertreiben und den Behörden detailliert darlegen, wie der Händler vorgehen wird; er muss auch einen Notfallplan für die Bereitstellung von Ersatzstühlen/Ersatzteilen vorlegen, für den Fall, dass der Händler, aus welchen Gründen auch immer, gewechselt wird. Dieses Erfordernis müssen belgische Hersteller nicht erfüllen. Darüber hinaus ist die Erstattung der Kosten für einen Rollstuhl, der nach den gängigen Normen hergestellt wurde, an die Erfüllung spezifischer technischer Vorgaben geknüpft. Die Kommission ist der Auffassung, dass diese Erfordernisse eine Beschränkung des im Vertrag festgeschriebenen freien Warenverkehrs darstellen. Finnland - Vitamintabletten Dieser Fall betrifft den Verkauf von Vitaminzusätzen. Die bei der Kommission eingegangene Beschwerde bezieht sich auf Tabletten, die in Dänemark und Schweden als Vitaminzusatz verkauft werden, nach finnischem Recht aber als Arzneimittel eingestuft werden und nur als solche verkauft werden dürfen. Die finnischen Rechtsvorschriften stufen Vitamin- oder Mineralstoffpräparate automatisch als Arzneimittel ein, wenn ihr Vitamin- oder Mineralgehalt die empfohlene Tagesdosis überschreitet, auch wenn das nur für eines der Vitamine oder Minerale, die in der Mischung enthalten sind, der Fall ist. Finnland hat indessen nicht nachgewiesen, dass hier eine ernsthafte Gesundheitsgefährdung besteht oder die Einstufung dieser Vitaminprodukte als Arzneimittel für den Gesundheits- oder Verbraucherschutz notwendig ist bzw. eine Maßnahme darstellt, die dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Die Kommission ist daher der Auffassung, dass die Beschränkung eine ungerechtfertigte Einschränkung des freien Warenverkehrs darstellt, und hat beschlossen, die finnischen Behörden aufzufordern, die Vorschriften so zu ändern, dass diese Beschränkung beseitigt wird. Ähnliche rechtliche Maßnahmen sind auch gegen Österreich und Deutschland eingeleitet worden, dabei geht es um vergleichbare Beschränkungen, die die Kommission ebenfalls für ungerechtfertigt hält. Griechenland - Cannabis/Hanfprodukte Ein griechisches Gesetz, das Werbung für illegale Drogen verbietet, wird auf eine Reihe von Bekleidungsprodukten, Schuhen, Schreibwaren, Accessoires und Kosmetika angewandt, die mit einem Cannabisblatt-Logo vermarktet werden oder auf denen Hanf als Rohstoff angegeben ist. Ein Teil des Problems besteht darin, dass auf griechisch das Wort „Cannabis“ sowohl das Rauschgift bezeichnet als auch die Hanfpflanze, deren Verwendung beispielsweise in der Textilherstellung vollkommen legal ist. Das führt dazu, dass eine Reihe von Produkten, auf denen entweder ein Cannabis-Logo angebracht ist oder die Hanf beinhalten und rechtmäßig in anderen Mitgliedstaten hergestellt oder verkauft werden, in Griechenland häufig beschlagnahmt werden. Die Kommission betrachtet dies als Beschränkung des freien Warenverkehrs im Binnenmarkt. Die griechischen Behörden haben erklärt, dass sie Läden, die diese Produkte mit Cannabis-Logo verkaufen, nicht geschlossen und Waren nur dann beschlagnahmt haben, wenn die verwendeten Logos oder Vermarktungsmethoden ihrer Meinung nach eindeutig eine Werbung für den Gebrauch illegaler Drogen darstellten. Die Unklarheiten bestehen jedoch weiter, denn trotz der Aufforderungen der Kommission haben die griechischen Behörden nicht klargestellt, was genau sie als illegale Werbung betrachten, und den Beschwerden bei der Kommission zufolge beschlagnahmen sie nach wie vor eine Reihe von Waren, auf denen sich weder Symbole noch Aufschriften befinden, die als Werbung für Cannabis betrachtet werden könnten. Die andauernde Unsicherheit darüber, was und was nicht rechtmäßig auf den Markt gebracht werden kann, macht es praktisch unmöglich, eine vollständige Produktpalette in Griechenland zu vertreiben. Obwohl die Kommission keine Beanstandungen gegen das griechische Gesetz hat, das die Werbung für illegale Drogen verbietet, ist sie der Auffassung, dass die Form, in der diese Rechtsvorschrift angewandt wird, eine Verletzung von Vorschriften des EG-Vertrags über den freien Warenverkehr darstellen kann. 2 Griechenland Produkte - Beschränkungen für die Einfuhr medizinischer Die Kommission hat beschlossen, Griechenland vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zu verklagen, weil seine Rechtsvorschriften über die Festsetzung und „Bestätigung“ des Großhandelspreises für medizinische Erzeugnisse dazu führt, dass Einfuhren aus anderen Mitgliedstaaten beschränkt werden. Das System der Preisfestsetzung für medizinische Produkte in Griechenland stützt sich auf einen sogenannten „bestätigten Preis“, der dem niedrigsten Preis in Europa entspricht. Bei keinem der in Griechenland auf den Markt gebrachten medizinischen Produkte darf der Preis diesen „bestätigten Preis“ überschreiten. In der Praxis werden diese Vorschriften jedoch häufig so angewandt, dass aus anderen Mitgliedstaaten eingeführte Erzeugnisse diskriminiert werden. So kann insbesondere der Preis eines importierten Arzneimittels in Griechenland nicht „bestätigt“ werden, wenn das fragliche Produkt nicht bereits in mindestens zwei Mitgliedstaaten auf dem Markt ist, wobei in einem ein staatliches Preiskontrollsystem angewandt werden muss. Die Kommission hat Beschwerden dahingehend erhalten, dass diese Beschränkungen es unmöglich machen, eine Reihe medizinischer Produkte, die in nur einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellt und verkauft werden, in Griechenland auf den Markt zu bringen. Die besagte Vorschrift wirkt daher als Handelsschranke im Binnenmarkt und stellt einen Verstoß gegen die Vorschriften des EG-Vertrags über den freien Warenverkehr (Artikel 28) dar. Darüber hinaus werden von den griechischen Behörden bestimmte Vorschriften der Richtlinie 89/105/EWG über die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln nicht beachtet. So werden insbesondere Anmeldungen für die Aufnahme von Produkten in das Erstattungssystem der nationalen Gesundheitsfürsorge nicht oder nur mit großer Verzögerung beantwortet. 3