IP/06/373 Brüssel, den 24. März 2006 IKT-Sachverständigengruppe der EU-Kommission: Ankauf vorkommerzieller Produkte durch die öffentliche Hand soll Forschung und Innovation ankurbeln Eine Ad-hoc-Gruppe von Experten aus den nationalen Verwaltungen legte gestern in Wien Vorschläge vor, mit denen die Innovation im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) Antrieb erhalten soll: Dies soll durch das öffentliche Beschaffungswesen geschehen. Die Gruppe, die am 11. Oktober 2005 ins Leben gerufen wurde und in der die Kommission den Vorsitz führt, schlägt vor, dass die Behörden der Mitgliedstaaten mehr in den Erwerb innovativer Produkte und Dienstleistungen, die noch weiterer Forschungsarbeit im Bereich der IKT bedürfen, investieren sollten. Eine solche Beschaffung „vorkommerzieller Innovationen“ könnte sich zu einer wichtigen Triebfeder für Forschung und Entwicklung in den 25 EUMitgliedstaaten entwickeln. „Europa muss wirtschaftliche Rahmenbedingungen schaffen, dank derer Innovationen und die Übernahme von Forschungsergebnissen rascher als bisher erfolgen“, meinte Vivian Reding. „Der öffentliche Sektor hat eine enorme Kaufkraft, er benötigt aber die richtigen Anreize, um die Risiken wie auch die Vorteile von Investitionen in neue Technologien und Dienste zu teilen.“ Das klassische Konzept bei der Beschaffung der öffentlichen Hand besteht darin, etablierte Produkte und Dienstleistungen zu erwerben, um das Risiko auf ein Mindestmaß zu begrenzen und den Nutzen für die Käufer zu optimieren. Im Gegensatz dazu wird nun von der Ad-hoc-Sachverständigengruppe vorgeschlagen, dass die Käufer durch die Beschaffung vorkommerzieller Erzeugnisse Risiken und Nutzen neuartiger Dienstleistungen und Produkte mit den Anbietern selbst teilen. Dadurch würden Innovationen angekurbelt, das Investitionsniveau erhöht und die Übernahme zugehöriger Forschungs- und Entwicklungsarbeiten erleichtert - bei gleichzeitiger Risikominderung durch Ressourcenzusammenlegung. Die US-amerikanischen und die asiatischen Volkswirtschaften erwerben bereits vorkommerzielle FuE-Dienste unter Einhaltung der WTO-Regeln. Ein solches Vorgehen könnte weitreichende Auswirkungen in der EU haben. Denn die FuEInvestitionen der Mitgliedstaaten liegen weit unter denen anderer Regionen der Welt. Von den Ausgaben des öffentlichen Beschaffungswesens machen sie nur einen sehr geringen Teil aus. In der Ad-hoc-Gruppe aus IKT-Experten kommen nationale IKT-Direktoren sowie Vertreter der Kommissionsdienststellen und der Dienststellen des Ausschusses der Regionen zusammen. Sie stellten ihre Erkenntnisse gestern auf einer hochrangigen Konferenz über „Investitionen in IKT-Forschung und -Innovation“ vor, die die Europäische Kommission gemeinsam mit der österreichischen Ratspräsidentschaft veranstaltete, um die i2010-Agenda einer Europäischen Informationsgesellschaft für Wachstum und Beschäftigung voranzubringen. An der Konferenz nahmen Wissenschaftler, Vertreter der Industrie, politische Entscheidungsträger und die Mitglieder der TIGBeratungsgruppe der Kommission (ISTAG) teil. Die Ergebnisse des Berichts gehen auf Befragungen von Vertretern der Mitgliedstaaten zurück. Sie sollten einen Überblick bieten über den derzeitigen Stand der Beschaffung vorkommerzieller Produkte und Dienstleistungen durch die öffentliche Hand in allen 25 Mitgliedstaaten. Zur Verwirklichung der Vorschläge der Sachverständigengruppe geht es nun als Nächstes darum, gemeinsam mit den unmittelbar für das öffentliche Beschaffungswesen Verantwortlichen – insbesondere den einzelstaatlichen Behörden – zu erkunden, welche Möglichkeiten sich für gemeinsame Aktionen in Bereichen wie Gesundheit, Verkehr, Sicherheit und Verwaltung bieten. Außerdem ist zu ermitteln, ob für die öffentliche Beschaffung solcher innovativen Produkte weitere rechtliche Leitlinien erforderlich sind. Hintergrund Im Anschluss an den EU-Gipfel von Hampton Court im vergangenen Herbst hatte eine Gruppe unter dem Vorsitz des ehemaligen finnischen Premierministers Esko Aho betont, wie dringend eine explizite Strategie auf europäischer Ebene ausgearbeitet werden müsste, um das öffentliche Beschaffungswesen so einzusetzen, dass die Nachfrage nach innovativen Gütern und Dienstleistungen Anschub erhält „und dabei gleichzeitig die Qualität öffentlicher Dienstleistungen und die Produktivität des großen Sektors, den der öffentliche Dienst Europas ausmacht, zu verbessern. (…) Gefragt sind Maßnahmen zur Mobilisierung der Beschaffung und zur Koordinierung oder Zusammenlegung der Nachfrage, damit ausreichend große Aufträge entstehen, für die sich Innovationen lohnen.“ Auf dem Europäischen Rat am 23. und 24. März 2006 werden gezielte Handlungsschwerpunkte für Forschung und Innovation erörtert. Weitere Informationen: Bericht „Pre-commercial procurement of innovation: A missing link in the European innovative cycle”: http://europa.eu.int/information_society/research/key_docs/documents/procurement.pdf Vorbereitende Arbeiten der Kommission für den Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien im siebten EU-Forschungsrahmenprogramm: http://europa.eu.int/information_society/research/vienna_process/index_en.htm Website der österreichischen Ratspräsidentschaft: http://www.bmvit.gv.at/en/eu_rat/innovation/events/ict2010.html Mitteilung der Kommission „Mehr Forschung und Innovation - In Wachstum und Beschäftigung investieren“ (KOM(2005) 488 endg. vom 12. Oktober 2005): http://europa.eu.int/comm/secretariat_general/impact/docs/ia_2005_3/COMM_PDF_COM_2005_0488_F_EN_ACTE.pdf 2