Einstimmig beschlossen in der Sitzung des Rundfunkrats am 29. Juli 2003 Zur aktuellen medienpolitischen Debatte um Stellenwert, Auftrag und Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland stellt der Rundfunkrat des WDR fest: 1. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist ein hohes Gut, das sich die in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Menschen durch Zahlung von Gebühren leisten. Folglich müssen ihre Interessen, Bedürfnisse, Erwartungen und das Vertrauen in die publizistische und technische Kompetenz des Ausgangspunkt für Rundfunkanstalten die selbst, öffentlich-rechtlichen Rundfunks Verwendung die der gegenüber Gebührengelder den strategischer sein. Es Gebührenzahlern/innen in Ansatz und sind die der Pflicht stehen, ihnen im Rahmen ihres klassischen Auftrags ein modernes, vielfältiges Angebot auf allen Verbreitungs- und Verteilwegen bereit zu stellen. 2. Die Sender als Auftraggeber, Arbeitgeber, Faktor und Förderer von Kultur sowie die im Rahmen der Wahrnehmung des „klassischen Auftrags“ entstandenen Beteiligungen geben erhebliche Impulse in die Medien- und Kulturwirtschaft sowie in die gesamte kreative Szene, die für Programm, Produktion und Technik maßgeblich ist. Wer einseitig nur die Auftragsvergabe an Tochtergesellschaften betrachtet, verkennt die Vielfalt von fördernden, produzierenden und unterstützenden Aktivitäten. Der WDR ist die größte Kulturinstitution und der größte Kulturförderer des Landes. Wer seine Finanzausstattung gezielt aus medienpolitischen Gründen beschneiden will, trifft letztlich die kulturelle Vielfalt in NRW. 3. Nach geltendem Verfassungsrecht hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine Vorrangstellung im dualen System. Nur wenn er in der Lage ist, seinen „klassischen Auftrag“ zu erfüllen, der „neben seiner Rolle für die Meinungs- und Willensbildung, neben Unterhaltung und Information seine kulturelle Verantwortung umfasst“ und er im „Wettbewerb mit den privaten Veranstaltern bestehen kann, ist das duale System in seiner gegenwärtigen Form....mit Art. 5 Abs.1 Satz 2 GG vereinbar“(Gebührenurteil, 22.2.1994). Dafür hat der Gesetzgeber die Voraussetzungen zu schaffen. 2 4. Aus der verfassungsrechtlichen öffentlich-rechtlichen Rundfunks Vorrangstellung resultiert für die keine wirtschaftliche Verantwortlichkeit Lage der des kommerziellen Medienunternehmen. Für die kommerzielle Seite gelten die Gesetze des Marktes, die sie selbst mitgestalten, von denen sie profitieren oder nach denen sie Verluste riskieren. Auf die jeweiligen Bedingungen an den relevanten Märkten zur Programmproduktion, Programmbeschaffung einschließlich Rechte und Lizenzen hat sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk im Rahmen seiner gesetzlichen Handlungsmöglichkeiten einzustellen. 5. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk finanziert sich hauptsächlich aus Rundfunkgebühren. Die öffentlich-rechtlichen Sender können ihre Einnahmen nur begrenzt durch eigene Aktivitäten selbst gestalten. Ihre Finanzausstattung ist von Entscheidungen abhängig, die im dualen System auch zur Steuerung medienpolitischer und medienwirtschaftlicher Entwicklungen eingesetzt werden können. 6. Die Gebührengelder sind kein „Ruhekissen“, das die Sender von eigenverantwortlicher Gestaltung der Einnahmeseite im Rahmen des Möglichen entlastet. Der WDR- Rundfunkrat prüft im Rahmen der Haushaltsberatungen regelmäßig, ob der WDR den gesetzlichen Auftrag erfüllt, sich seine erforderlichen Einnahmen außer aus Rundfunkgebühren auch aus Werbung, laufenden Erträgen des Vermögens und sonstigen Einnahmen selbst beschafft. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber dem WDR auferlegt, die Abhängigkeit von Gebührenentscheidungen dadurch aufzufangen, dass mit Zustimmung des Rundfunkrats Rücklagen zur Sicherung der Haushaltswirtschaft oder Deckungsstöcke für bestimmte Aufgaben gebildet werden. 7. Das vom Bundesverfassungsgericht entwickelte und rundfunkstaatsvertraglich umgesetzte 3stufige Gebührenfestsetzungsverfahren hat sich bewährt. Die KEF (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs) hat ein ausgefeiltes Prüf- und Bewertungsinstrumentarium entwickelt, an dem sie die von den Anstaltsgremien genehmigten Finanzbedarfsanmeldungen überprüft. Sie setzt Prüfschwerpunkte, hakt nach, verlangt Konzeptionen für Projekte, die ihr nicht schlüssig erscheinen. Sie entzieht, kürzt auch mit pauschalen Prozentsätzen das erwirtschaftete Potential, macht Auflagen, gewährt, 3 lässt Teilhabe an Gebührenempfehlung technischen offenbar Innovationen zu. „abgeschmeckt“, ob Darüber und hinaus inwieweit wird die in den sie gesellschaftliche Landschaft passt. Auch politische Verantwortungsträger können diesen sachlich - fachlich fundierten, mit Augenmaß vorgenommenen Entscheidungsprozess in Ruhe abwarten. 8. Politische Verantwortungsträger können sich darauf verlassen, dass die Organe des WDR nur für schlüssig begründete, die künftige Aufgabenerfüllung sichernde Zwecke zusätzlichen Finanzbedarf anmelden. Sie müssen aber auch zur Kenntnis nehmen, dass der Rundfunkrat bei wichtigen Weichenstellungen die Geschäftsleitung ermuntert, dem von publizistischen Konkurrenten erzeugten Druck standzuhalten und auf die Gewährleistung der Entwicklungsgarantie zu bestehen. Dies gilt insbesondere für die Vorreiterrolle in der Digitalisierung und anstaltsindividuellen die gemeinschaftlichen Angebote des WDR. Internetaktivitäten Die der Begrenzung ARD auf und die % des 0,8 Haushaltsvolumens für Programm begleitendes Online ist eine bescheidene Antwort auf die sich rapide wandelnden Mediennutzungsgewohnheiten nicht nur der jungen Generationen. Die Verbreitung von und der Zugang zu öffentlich-rechtlichen Inhalten muss über alle Medien und Plattformen möglich sein. 9. Aufgrund gesetzlicher Vorgaben erzielt der öffentlich-rechtliche Rundfunk nur einen relativ geringen Ertragsanteil aus Werbung und Sponsoring. Dennoch sind diese Ertragsquellen unentbehrlich. Die Vermarktung ist bei Tochtergesellschaften angesiedelt, die wiederum für die unternehmerische Beweglichkeit der öffentlich-rechtlichen Sender sehr wichtig sind. Beteiligungen ermöglichen den öffentlich-rechtlichen Sendern, sich marktkonform zu bewegen, Nischen zu erschließen, die in der Regel von kommerziellen Unternehmen nicht so bedient werden. Beteiligungen gefährden den kommerziellen Sektor nicht. Sie sichern aber die Unabhängigkeit und verfassungsrechtlich notwendige Konkurrenzfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. 10. Der WDR-Rundfunkrat wirbt dafür, in den heimischen Regionen keine Konfliktfelder loszutreten, die in Europa längst bearbeitet sind. Dem deutschen öffentlich-rechtlichen 4 Rundfunk kommt mit seinem gesetzlich definierten Aufgabenkatalog, einer Mischfinanzierung mit relativ geringem Ertragsanteil aus Werbung und Sponsoring , der Finanzbedarfsfeststellung durch eine sachverständige Kontrollinstanz und einem demokratisch organisierten Aufsichtssystem eine Vorbildfunktion innerhalb Europas zu. Alle, die medienpolitische Verantwortung tragen, ob in Politik, Gremien oder Geschäftsleitungen von Sendern sind gefordert, dafür einzutreten, das dieses System als Kontinuum und als eine der Grundkonstanten der Bundesrepublik Deutschland im eigenen Land bewahrt bleibt. 29. Juli 2003 Rr/sitzungen 2003/Resolutionen/aktuelle medienpolitische Debatte um