Was ist uns der öffentlich

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Was ist uns der öffentlich-rechtliche Rundfunk wert?
Zur Finanzierungsproblematik
des öffentlich-rechtlichen Rundfunk
Das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem gehört zu den Errungenschaften
Nachkriegsdeutschlands und hat sich als Eckpfeiler der demokratischen
Gesellschaftsordnung in der Bundesrepublik Deutschland etabliert. Seine
Organisationsprinzipien und sein Programmauftrag wurden nach 1945 als Reaktion auf den
Missbrauch der Medien durch die nationalsozialistische Diktatur entwickelt. Rundfunk sollte
nie wieder politischen, weltanschaulichen und anderen Interessen dienstbar gemacht werden
können. Er sollte allen gehören, öffentlich und der Meinungsfreiheit verpflichtet sein und
gesellschaftlicher Kontrolle unterstehen. Er ist deshalb bei der Wahrnehmung seines
Programmauftrags, umfassend zu informieren, zu bilden und zu unterhalten, grundsätzlich
gegen staatliche Zugriffe und wirtschaftliche Einflussnahme geschützt.
Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks: mediale Grundversorgung
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist verpflichtet, mit seinen Hörfunk- und Fernsehprogrammen
alle Menschen, die in unserem Lande leben, zu erreichen und anzusprechen. Er muss also
Sendungen für Kinder, Jugendliche, Frauen, ältere Menschen ausstrahlen, Minderheiten
genauso berücksichtigen wie Mehrheiten. Hierbei werden alle Programmgattungen und -sparten
genutzt: von der Nachrichtensendung über Sportmagazin und Fiktion bis zur großen
Abendunterhaltung.
Zu den Programmgrundsätzen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gehört es, „zum Frieden
und zur sozialen Gerechtigkeit zu mahnen, die demokratischen Freiheiten zu verteidigen, zur
Verwirklichung der Gleichberechtigung von Männern und Frauen beizutragen und der Wahrheit
verpflichtet zu sein“(WDR).
Rundfunkgebühr und Werbeeinnahmen sichern die Finanzierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks
Um diese mediale Grundversorgung tagtäglich verwirklichen zu können und hierbei auch
tatsächlich finanziell und somit auch politisch unabhängig zu sein, wurde parallel zur
Gründung der einzelnen Landesrundfunkanstalten die allgemeine Rundfunkgebühr
eingeführt. Zusätzlich ist dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk seit 1949 erlaubt, in geringem
Umfang und an strenge Auflagen gebunden, auch Hörfunk- und später Fernsehwerbung
auszustrahlen. Diese Mischfinanzierung – so sieht es das Bundesverfassungsgericht (BVG)
– stärkt die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, mindert die Möglichkeiten
politischer Einflussnahme auf die Programmgestaltung, z.B. durch verweigerte
Gebührenerhöhungen, bewirkt eine Entlastung der GebührenzahlerInnen. Zudem ist der
Werbeanteil an der Gesamtfinanzierung so gering gehalten, dass Abhängigkeiten von der
Werbung gebenden Industrie verhindert werden.
Bundesverfassungsgericht sichert Bestands- und Entwicklungsgarantie des
öffentlich-rechtlichen Rundfunks
Politische Auseinandersetzungen um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland
sind so alt wie er selbst. Immer wieder gab es Versuche, auf Struktur, Personal und
Programm Einfluss zu nehmen und „Alternativen“ zum öffentlich-rechtlichen System zu
etablieren. Die Absicht der Adenauer-Regierung, eine privatrechtliche Fernsehanstalt mit
starkem staatlichem Einfluss zu gründen (sog. „Adenauer-Fernsehen“) konnte durch die
Bundesländer – Rundfunk ist Ländersache – mit Hilfe des Bundesverfassungsgerichts
verhindert werden. Das oberste Gericht stoppte in seinem 1. Fernsehurteil 1961 den Vorstoß
der Bundesregierung, bestätigte die Zuständigkeit der Länder in Sachen Rundfunk und
bestärkte das öffentlich-rechtliche System in seiner relativen Autonomie. Diese
Schutzfunktion hat es in seinen zahlreichen Urteilen, auch gegenüber Bestrebungen
einzelner Bundesländer, vor allem durch Feststellung einer Bestands- und
Entwicklungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, immer wieder wahrgenommen.
Das duale Rundfunksystem: unterschiedliche Aufgaben öffentlich-rechtlicher und
privater Rundfunkveranstalter
Der Urknall für das heutige deutsche duale Rundfunksystem aus öffentlich-rechtlichem und
privatrechtlich organisiertem Rundfunk kam 1984. Die Entwicklung von Kabelkommunikation
und Satellitentechnik hatte die technischen Verbreitungsmöglichkeiten deutlich erweitert, so
dass auch das BVG seine bisherige Auffassung modifizierte. Unter der Voraussetzung, so
das 4. Rundfunkurteil 1984, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine umfassende
mediale Grundversorgung und „seine essentiellen Funktionen für die demokratische
Ordnung“ weiterhin wahrnehmen kann, darf auch privater Rundfunk in Deutschland
zugelassen werden. An diesen stellte es, eben weil ja der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit
seinem umfassenden Programmauftrag die Grundversorgung gewährleistet, weniger
Anforderungen. Aber auch er, so das BVG 1987, sollte „ein möglichst hohes Maß
gleichgewichtiger Vielfalt erreichen und sichern“.
Die von der Medienindustrie forcierte und politisch geförderte Einführung privaten Rundfunks
hatte unmittelbare finanzielle Auswirkungen auf den öffentlich-rechtlichen Sender: die
Kosten, vor allem für Spielfilme und Sportrechte, explodierten, die Werbeeinnahmen gingen
drastisch zurück. Auch der Aufbau des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den neuen
Bundesländern belastete ARD und ZDF finanziell außerordentlich, zumal die Politik sich
einer rechtzeitigen und angemessenen Gebührenerhöhung verweigerte.
Bundesverfassungsgericht sichert Finanzierungsgarantie des öffentlich-rechtlichen
Rundfunk
Bis Ende der 60er Jahre hatte es keine klare Regelung gegeben, wer über Höhe und
Zeitrahmen der Rundfunkgebühr zu befinden hatte. Mit dem am 1. Januar 1970 in Kraft
getretenen Gebühren-Staatsvertrag setzten die Länder gegen den Protest von ARD und ZDF
neue Fakten, die eine massive politische Einflussnahme auf die Rundfunkgebühr nicht mehr
ausschloss. Festgelegt wurde sie nun von der Ministerpräsidentenkonferenz und
anschließend von den Länderparlamenten
bestätigt.
Vor nunmehr zehn Jahren stellte das Bundesverfassungsgericht in seinem Gebührenurteil
klar: der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat nicht nur eine Bestands- und
Entwicklungsgarantie, ihm müssen für seine wachsenden Aufgaben auch die erforderlichen
finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden. Um dies frei von politischer Einflussnahme
zu gewährleisten, soll eine Politik- und Rundfunk-unabhängige Kommission auf der Basis der
nach dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit getroffenen Bedarfsanmeldungen der ARDLandesrundfunkanstalten und des ZDF den aktuell erforderlichen Finanzumfang der
öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ermitteln. Diese Kommission zur Ermittlung des
Finanzbedarfs (KEF) spricht eine Gebühren-Empfehlung aus, über die die
Ministerpräsidenten zu beschließen haben. Abweichungen von der KEF-Empfehlung sind
besonders zu legitimieren. Abschließend haben die Landesparlamente den neuen
Rundfunkfinanzierungs-Staatsvertrag zu ratifizieren.
Gegen die neuerlichen Versuche, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu
marginalisieren
Dieses bewährte Gebührenfestsetzungsverfahren ist manchen Politikern, der
Medienindustrie und ihrem Interessenverband VPRT ein Dorn im Auge, sichert es doch die
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finanzielle Basis für Bestand und Weiterentwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Genau dies aber hemmt, so deren Auffassung, den zügigen Ausbau und ungehemmten
ökonomischen Erfolg privatkommerzieller Medien. Für Apologeten des Neoliberalismus ist
ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk mit seiner „umständlichen“, rechtlich abgesicherten
Gebühren-Ermittlung ohnehin ein störender Anachronismus.
Schon seit Mitte der 80er Jahre propagiert der VPRT, begierig aufgegriffen von
Erfüllungsgehilfen in der Politik, Vorschläge zur Reduzierung des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks mit dem Ziel, ihn durch politisch verordnete Finanzknappheit, Programm- und
Personalreduzierung so unattraktiv zu machen, dass er dem Publikum entbehrlich erscheint.
Die Stoiber-Steinbrück-Milbradt-Initiative ist, getarnt als Vorschlag angeblich notwendiger
Strukturreformen, nur der vorerst letzte Akt einer langen Versuchsreihe zur Marginalisierung
des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Wir fordern:
+Strikte Einhaltung des verfassungsrechtlich vorgeschriebenen
Gebührenermittlungsverfahrens!
+Keine Strukturreformen, die den umfassenden Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks durch Programm- und Personalabbau antasten!
+Das duale Rundfunksystem braucht einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk!
+Bestand, Entwicklung und Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks müssen
gesichert bleiben!
Rundfunkpolitik geht uns alle an, mischen wir uns ein! Wer, wenn nicht wir!
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