Awareness Etymologie: Das englische Adjektiv »aware« steht für »gewahr«, »bewusst«, »merken« und »Kenntnis haben von« bzw. »unterrichtet sein über«. Ältere Übersetzungen von gestalttherapeutischen Texten haben stets von »Bewusstsein« oder »Bewusstheit« geredet. Mit dem gestalttherapeutischen Begriff »awareness« ist jedoch nicht das Bewusstsein gemeint, wie es mit dem englischen Wort »consciousness« bezeichnet wird, nämlich »bei Bewusstsein sein«, »Ich-Bewusstsein«, »Absichtlichkeit« oder »Denken«. Vielmehr ist an ein »mehr Dinge in der Umwelt oder an sich selbst Wahrnehmen« gedacht, in welchem weniger Bewertung und Absichtlichkeit liegt. Bedeutung für die Gestalttherapie: Durch Bewertung und Absichtlichkeit wird ebenso wie durch Gewohnheit und Angst die Menge dessen, was wahrgenommen oder bewusst wird oder dem Aufmerksamkeit geschenkt wird, eingeschränkt bzw. »zensiert« (Projektion). Demgegenüber hilft die »awareness«, sich den Dingen zu öffnen, wie sie sind, und demzufolge angemessener handeln zu können. Heute wird für die deutsche Übersetzung meist auf das eher altertümlich klingende Wort »Gewahrsein« zurückgegriffen. Hier-und-Jetzt-Prinzip: Für die Förderung von Awareness ist das Bleiben im Hier und Jetzt sind von entscheidender Bedeutung, da somit das Erleben und Wahrnehmen von Gefühlen nicht durch Gedanken über die Vergangenheit oder Zukunft beeinträchtigt werden. Vergangenheit und Zukunft haben in der Gestalttherapie jedoch ihren Raum, in dem bestimmte Situationen aktuell erlebt werden, so dass Bildung von guten Gestalten ermöglicht werden kann. In enger Verbindung mit dem Awareness-Konzept steht das Hier-und-Jetzt-Konzept. Nur die Wahrnehmung des Gegenwärtigen führt zu einer Erhöhung der Bewußtheit. Indem der Klient dazu veranlaßt wird, im Jetzt zu bleiben, kann der Kontakt mit den Empfindungen gelingen. Das Verlassen der Hier-und-Jetzt-Situation führt beim Klienten zu kognitiven Vorgängen, wie zum Beispiel dem Durchdenken von Vergangenem oder dem Planen von Zukünftigen. Diese Vorgänge haben zwar auch ihren Platz, werden aber im Zentrum therapeutischen Geschehens als Vermeidungsmechanismen definiert. Durch die Zentrierung auf das Hier-und-Jetzt können Vergangenes und Zukünftiges gefühlt, d.h. erlebt werden. Und nur das Durchleben vergangener Konfliktsituationen hat heilende Wirkung, nicht das darüber Nachdenken. Vergangenheit und Zukunft werden also in der Gestalttherapie trotz der Betonung des Hier-und-Jetzt nicht ausgeschlossen. Situationen aus der Vergangenheit werden im gegenwärtigen Prozeß neu erlebbar gemacht. Das Darüberreden wird in der Gestaltarbeit durch das Erleben mit Empfindungen und Bewußtheit im Hier-und-Jetzt ersetzt. Im Anschluß an einen Prozeß, indem dieses Erleben im Mittelpunkt stand und zu einem Abschluß gebracht wurde, wird auch in der Gestalttherapie das Erlebte kognitiv reflektiert und auch evtl. über Vergangenes nachgedacht.