Der Fuß Fundament unseres Körpers Wer kennt sie nicht, diese Redewendung: Mit beiden Füßen im Leben stehen. Kommt daher, dass die Füße im Grunde nichts anderes als das Fundament unseres Körpers sind. Als solches haben sie mehr Beachtung verdient, als ihnen im Allgemeinen zuteil wird. Der menschliche Fuß: ein Kunstwerk und Konstruktionswunder der Natur. Er besteht aus 26 Knochen, 33 Gelenken, Muskeln, Sehnen und über 100 Bändern. Er macht durchschnittlich 15.000 Schritte am Tag. Ein Jogger erzeugt mit jedem Schritt eine Stoßwelle, die einem Erdbeben der Stärke vier entspricht. Diese Beanspruchung können die Füße nur bewältigen, weil das Körpergewicht mittels der Muskeln und des Fettgewebes der Fußsohle auf eine größere Fläche verteilt wird. Der besonderen Gewölbeform des Fußes kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Über das obere Sprunggelenk ist der Fuß mit dem Schienbein verbunden und beeinflusst damit die Gesamtstatik des Körpers. Von seiner Stellung hängt die Haltung des Unterschenkels ab und wie Kniescheibe und Oberschenkel zueinander stehen. Über die Hüfte wirkt die Fußstellung auch auf Becken- und Wirbelsäulenhaltung. Der Fuß bildet also quasi den Sockel für das gesamte menschliche Knochengerüst. Zur tragenden Rolle kommt eine sondierende hinzu: Der Fuß ist von dicken Nervensträngen durchzogen und sendet beim Laufen permanent Botschaften über die Beschaffenheit oder Temperatur des Bodens ans Gehirn. Verschleißerscheinungen der Füße Im völligen Widerspruch zur Bedeutung, die der Fuß für das Funktionieren des menschlichen Körpers hat, steht die Beachtung, die ihm in der Regel geschenkt wird. Viele Menschen nehmen von ihren Füßen erst dann Notiz, wenn sie Probleme mit ihnen haben. Druckschwielen, Schwellungen, Hautreizungen sind Ausdruck dafür, dass die hochkomplexe anatomische Konstruktion des Fußes aus irgendeinem Grund gestört ist. Ursachen können etwa enge Schuhe, hohe Absätze, unelastische Schuhsohlen, harte Böden und Übergewicht, aber auch genetische Faktoren sein. Diese führen entweder zu so genannten flexiblen (= bewegliche) oder fixierten (= festen) Fehlstellungen. Letztere lassen sich aktiv oder passiv nicht mehr korrigieren. Im Laufe der Zeit kann sich aus einer flexiblen eine fixierte Fehlstellung entwickeln, die naturgemäß zunehmend Probleme bereiten wird. Sowieso sind Probleme mit den Füßen gewissermaßen vorprogrammiert. Im Laufe der Zeit wird ein Fuß, da er permanent bewegt und belastet wird, immer weiter aufgespreizt. Möglicherweise ist diese Aufspreizung zwischen dem ersten und zweiten Mittelfußknochen eine Rückkehr zu Merkmalen aus einem früheren entwicklungsgeschichtlichem Stadium (= Atavismus): Bei Menschenaffen beispielsweise ist diese Spreizung noch deutlich zu erkennen, der erste Strahl hat hier noch Greif- und Haltefunktion. Neben Rückenbeschwerden und Sportunfällen klagen Patienten von Orthopäden und Unfallchirurgen am häufigsten über Probleme mit den Füßen: Schmerzen, Brennen der Fußsohlen, Kribbeln oder sogar Taubheitsgefühle. Anfangs treten diese Beschwerden nur beim Schuhetragen und unter Belastung auf, später auch im Ruhezustand. Unterschieden werden unter anderem Probleme an Fußrücken und Ferse, im oberen und unteren Sprunggelenk, den Fußsohlen, am Mittelfuß und Vorfußballen, am Ballen des großen Zehs und an den anderen Zehen. Wie wird ein Fuß untersucht? Um die Ursachen dieser Beschwerden zu finden, bedarf es des fachmännischen Blickes eines Facharztes mit ganz spezifischen Kenntnissen. Der Arzt betrachtet die Füße zunächst im Stehen und Gehen sowie beim Abrollen. Dabei kann der Fuß Auffälligkeiten von vorne und hinten beziehungsweise von der Seite zeigen. Auch Veränderungen der Unterschenkeldrehung können auftreten, insbesondere dann, wenn der Patient die fuß- und sprunggelenksumfassende Muskulatur anspannt. Danach tastet der Arzt den Fuß ab und überprüft, wie stabil oberes und unteres Sprunggelenk, Fußwurzel, Mittelfußknochen und Zehengelenke sind. So kann er eine flexible von einer teilfixierten und fixierten Fehlstellung unterscheiden. Eine Instabilität zwischen dem Gelenk des ersten Fußwurzelknochens und der Fußwurzel kann beispielsweise zu einer Ballenfehlstellung (Hallux valgus) führen. Geht der Patient in die Hocke oder streckt und beugt er das Bein, sieht der Arzt, ob die Wadenmuskulatur verkürzt ist. Auch die Hautverhältnisse werden geprüft: Schwielen und Druckstellen sind Hinweise darauf, dass etwas nicht stimmt. Vor einer Behandlung der Fußprobleme müssen Rücken-, Bandscheiben- und Gefäßerkrankungen als Ursachen ausgeschlossen werden, ebenso Nervenerkrankungen, wie sie beispielsweise beim Diabetes mellitus auftreten können. Gegebenenfalls ist eine neurologische Untersuchung erforderlich. Wie können Beschwerden gelindert werden? Neue Schuhe können die Beschwerden oftmals schon stark mildern. High Heels sind zwar schön anzuschauen, einem gesunden Fuß jedoch nicht gerade dienlich. Es ist ziemlich einfach festzustellen, ob ein Schuh richtig passt: Man stelle sich auf ein Blatt Papier, zeichne den Fußumriss nach und schneide ihn aus. Wenn man seine Schuhe auf diese Schablone stellt beziehungsweise sie in den Schuh legt, merkt man schnell, dass sogar vermeintlich bequeme Schuhe den Fuß oft einengen. Insbesondere bei Kinderschuhen muss man auf die richtige Schuhgröße achten, da diese von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich sein kann. Eine gut ausgebildete Fußmuskulatur ist das A und O – man bedenke, welchen Belastungen die Füße schon an einem ganz normalen Tag gewachsen sein müssen. Der nächste Schritt sind also krankengymnastische Übungen und gezielte Anleitungen zur Fußgymnastik (etwa Spiraldynamikkonzept®) insbesondere der kleinen, so genannten intrinsischen Fußmuskulatur. Auch Einlagen können nützliche Dienste tun, beispielsweise die Fersenbettung beim Fersensporn, eine leichte Absatzerhöhung oder eine Abstützung der Mittelfußköpfchen. Haben Kinder eine flexible Knick-Senkfußstellung, sind Einlagen nur in Ausnahmefällen notwendig. Sie entspricht der normalen Fußentwicklung und „verwächst“ sich zumeist zusammen mit der Hüftstellung. Wenn Gymnastik, Einlagen oder Elektrotherapie versagen, kann eine gezielte schmerztherapeutische Behandlung mit Lokalanästhetika und Cortisonzusatz sowohl an den Gelenken als auch an den Sehnenansätzen und zwischen den Mittelfußköpfchen eine rasche Linderung der Beschwerden bringen. Auch Chirotherapie, Akupunktur und die extrakorporale Stoßwellentherapie können bei bestimmten Krankheitsbildern, etwa dem Fersensporn, eingesetzt werden. Wenn alles nichts hilft, kann eine Operation erwogen werden. Welche Operationsmethoden gibt es? Für jede einzelne Fußdeformität gibt es oft mehr als 100 verschiedene Operationsmethoden. Das zeigt zum einen, wie häufig Erkrankungen des Fußes auftreten; zum anderen, dass nicht jede Methode in jedem Fall zu einem befriedigenden Ergebnis führt. Deshalb muss jede Operation im Bereich des Fußes individuell betrachtet und abgewogen werden. Aus rein kosmetischen Erwägungen sollte eigentlich nicht operiert werden. Die Operationsmethoden unterscheiden sich, wie beispielsweise beim Hallux valgus, unter anderem durch die Schnittführung und die Höhe, auf der die Knochen durchtrennt und verschoben werden. Die Knochen werden mit Schrauben, Stiften oder Drähten, die später wieder entfernt werden können, fixiert: So ist es nach der Operation nicht nötig, den Fuß einzugipsen. Bei gravierender Arthrose im Großzehengrundgelenk ist ein Erhalt des Gelenks nicht unbedingt sinnvoll. Stattdessen kann eine Gelenkversteifung oder Teilentfernung erforderlich sein. Es gibt mittlerweile auch dafür einen künstlichen Gelenkersatz, wie man ihn bislang nur von Hüfte und Knie kannte. Auch Krallen-, Hammer- oder Klauenzehenbildung kann mit verschiedenen Operationsmethoden begegnet werden. Ziel aller Methoden ist es, die am Vorfuß wirkenden Muskelkräfte durch entsprechende Knochen- und/oder Weichteiloperation zu harmonisieren. Beim Fersensporn kann die Sehnenplatte an der Fußsohle mittels minimalinvasiver Technik eingekerbt werden, wenn andere, konservative Methoden versagen. Nach der Operation In der Regel muss der Fuß nicht eingegipst werden. Die Knochenheilung dauert ca. sechs Wochen. In diesem Zeitraum sollte ein Spezialschuh, der so genannte Vorfußentlastungsschuh, getragen werden. Vorteil: Der Fuß kann voll belastet werden. Manche Patienten können auch schon zwei oder drei Wochen nach der Operation in normalen Turnschuhen laufen. Das Sprunggelenk sollte bereits am Tag nach der Operation bewegt werden. Je nachdem, wie stark der Fuß angeschwollen ist, wie sehr er schmerzt und welchem Beruf der Patient nachgeht, ist er nach drei bis sechs Wochen wieder arbeitsfähig. Dr. Carlo Bussi Facharzt für Orthopädie Friedrichshaller Straße 17 74177 Heilbronn bvo 09.01.2003