LTGS 04 - beim Niederösterreichischen Landtag

Werbung
Landtag von NÖ, X. Gesetzgebungsperiode
VI. Session
7. Sitzung am 6. Dezember 1978
INHALT:
1. Eröffnung durch Präsident Dipl. Ing. Robl (Seite 283).
2. Abwesenheitsanzeige (Seite 283).
3. Verlesung des Einlaufes (Seite 283)
4. Verhandlung:
Voranschlag des Landes Niederösterreich für das Jahr 1979. Spezialdebatte zur Gruppe 3
(Fortsetzung); Redner: Abg. Prof. Wallner (Seite 283), LR. Grünzweig (Seite 290); Abstimmung (Seite
295).
Spezialdebatte zur Gruppe 4. Berichterstatter: Abg. Kletzl (Seite 295); Redner: Abg. Bernkopf mit
Resolutionsantrag (Seite 295), Abg. Fidesser (Seite 298), Abg. Tribaumer (Seite 303), Abg.
Kienberger (Seite 306), Abg. Leichtfried (Seite 308), Abg. Deusch (Seite 313), Abg. Prokop (Seite
314), Abg. Rozum (Seite 315), Abg. Krenn (Seite 319), Abg. Leichtfried mit 2 Resolutionsanträgen
(Seite 324), Abg. Pospischil (Seite 329), Abg. Buchinger mit 2 Resolutionsanträgen (Seite 333), Abg.
Leichtfried (Seite 341), Abg. Kaiser mit Resolutionsantrag (Seite 342), LR Schneider (Seite 344), LR.
Körner (Seite 348), Landeshauptmannstellvertreter Ludwig (Seite 351); LR Bierbaum (Seite 353), Abg.
Leichtfried (Seite 354); Abstimmung (Seite 354).
Spezialdebatte zur Gruppe 5. Berichterstatter: Abg. Kletzl (Seite 355); Redner: Abg. Tribaumer (Seite
355), Abg. Fidesser (Seite 353), Abg. Pospischil mit Resolutionsantrag (Seite 359), Abg. Reischer
(Seite 363), Abg. Deusch (Seite 368), Abg. Wittig (Seite 369), Abg. Wedl mit Resolutionsantrag (Seite
372), Abg. Präsident Reiter (Seite 376),Abg. Dr. Brezovszky (Seite 379), Abg. Präsident Reiter (Seite
383), LR Körner (Seite 383), Landeshauptmannstellvertreter Ludwig (Seite 385); Abstimmung (Seite
387).
Spezialdebatte zur Gruppe 6. Berichterstatter: Abg. Kletzl (Seite 387); Redner: Abg. Fux (Seite 388).
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL (um 9.00 Uhr): Ich eröffne die Sitzung. Das Protokoll der letzten Sitzung
ist geschäftsordnungsmäßig aufgelegen, es ist unbeanstandet geblieben und demnach als genehmigt
zu betrachten. Von der heutigen Sitzung hat sich der Abg. Buchleitner entschuldigt.
Ich ersuche um Verlesung des Einlaufes.
SCHRIFTFÜHRER (liest):
Ltg.-650 - Vorlage der Landesregierung, betreffend den Gesetzentwurf über die Förderung des
sozialmedizinischen Pflegedienstes in NÖ.
Ltg.-651- Vorlage der Landesregierung, betreffend den Gesetzentwurf, mit dem das NÖ
Krankenanstaltengesetz 1974 geändert wird.
Ltg.-648 - Vorlage der Landesregierung, betreffend den Gesetzentwurf, mit dem das NÖ
Tierzuchtförderungsgesetz 1975 geändert wird.
Ltg.-649 - Vorlage der Landesregierung, betreffend den Gesetzentwurf, mit dem die NÖ
Landarbeitsordnung 1973 geändert wird.
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL (nach Zuweisung des Einlaufes an die zuständigen Ausschüsse): Wir
gelangen zur Beratung der Tagesordnung. Wir setzen die Verhandlungen zum Voranschlag des
Landes Niederösterreich für das Jahr 1979 mit der Gruppe 3 fort. Zum Worte gemeldet ist der Abg.
Wallner.
Abg. WALLNER: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Zahlenmaterial, das
uns wohlgebunden in dem Voranschlag vorliegt, übersetzt politische Vorstellungen in das Finanzielle.
Oder man könnte es auch umgekehrt sagen. Hinter diesen Zahlen stehen politische Vorstellungen.
Politische Vorstellungen enthalten immer auch Wertungen. Und da es sich hier um die Kapitel 2 und 3
handelt, Wertungen innerhalb der Kultur. Sie geben also ein Bild davon wider, wie sich der
Niederösterreichische Landtag, wenn er das beschließt, die Kulturpolitik vorstellt. Ich darf dazu die
Ansichten der Österreichischen Volkspartei darlegen. Sie liegen ja alle auf: Sie sind enthalten im
Leitbild 80, sie sind enthalten in dem Heft 8 der „Neuen Wege für Österreich“, das sich ,,Kulturbild"
nennt, sie sind enthalten in allen Ausführungen, die innerhalb des Landtages gemacht wurden und die
zu einem Teil diesem Kulturbild auch zugrunde liegen, und sie sind letzten Endes enthalten auch in
einer Kulturinitiative, die der ÖVP-Klub innerhalb dieser Legislaturperiode unternommen hat und die
zur Gründung der ,,Niederösterreich-Gesellschaft für Kunst und Kultur" geführt hat. Mir scheint, daß
das Budget 1979 ein sehr sinnvoller Anlaß ist, auch einige grundsätzliche Äußerungen zu tun, stehen
wir doch mit dem Jahre 1978 am Ende einer Legislaturperiode und beginnt mit 1979 eine neue. Es
sollte sich also hier ein Weg abzeichnen, der vom Gestern in das Heute, aber vom Heute auch in das
Morgen führt.
Lassen Sie mich einige Grundsätze darlegen, die die Ziele der Österreichischen Volkspartei in bezug
auf die Kulturpolitik umfassen. Die Österreichische Volkspartei strebt in ihrer Kulturpolitik die „kulturelle
Demokratie“ an, das heißt, daß möglichst viele an Kultur Anteil nehmen sollen. Das ist allein deshalb
schon notwendig, weil heutzutage der große Förderer der Kultur die öffentliche Hand ist, und die
öffentliche Hand sich nicht wie ein privater Mäzen persönliche Präferenzen leisten kann, sondern hier
abgestimmt sein muß auf einen Konsens von möglichst vielen. „Kulturelle Demokratie“ bedeutet aber
auch einen kulturellen Zuwachs aus einer geistigen Verpflichtung heraus, weil meiner Ansicht nach
auch geistiger Besitz ebenso verpflichtet wie materieller.
Die Österreichische Volkspartei strebt eine Verbreiterung der Anteilnahme an Kultur an, die als soziale
Verantwortung zu empfinden ist. Hier wurde schon des öfteren von den verschiedensten Rednern
festgehalten, daß diesbezüglich der Mensch von vielen Dingen abhängig ist, daß aber die
Anteilnahme an Kultur am wesentlichsten von seiner Bildung bestimmt wird. Daher muß gerade zu
diesem Moment noch ein Rückgriff auf die Gruppe 2 gemacht werden, es muß hier die Schule
herangezogen werden, es muß die Erwachsenenbildung herangezogen werden, es müssen alle
Einrichtungen herangezogen werden, die das Landesbewußtsein stärken, denn Landesbewußtsein,
das ist ja eine der Grundlagen des Begriffes „Landesbürger“. Es gehört hierher das Archiv, es gehört
hierher die Bibliothek, es gehört hierher das „Institut für Landeskunde“, das Herr Landesrat Grünzweig
umfangreich vorgestellt hat, und es gehören letzten Endes alle Einrichtungen unterstutzend dazu, die
diese Anteilnahme verbreitern und ermöglichen; das geht über die Gemeinden bis zu den
Organisationen. Für mich ist das besonders interessant, weil eine Leistung unseres Klubs auch die
Niederösterreich-Gesellschaft ist.
Die ÖVP strebt als Ziel ihrer Kulturpolitik auch die Selbsttätigkeit des einzelnen an, und ich sage
bewußt ein etwas pathetisches Wort, nämlich alle Hilfe zu geben, daß der einzelne seine
Selbstverwirklichung in einem sinnerfüllteren und sinnvolleren Leben haben soll. Das scheint uns
etwas theoretisch und auch pathetisch zu sein. Wenn wir aber die Bestrebungen in der ganzen Welt
ansehen, die darauf aus sind, eine Sinnfindung zu ermöglichen, dann wird das durchaus auch in
unserer nächsten Umgebung anzusiedeln sein und ein Problem bilden, das auch uns selbst betrifft. Es
ist also kulturelle Anteilnahme eine personelle, eine individuelle Bereicherung, ist
Persönlichkeitsbildung. Aber - und das, glaube ich, ist auch schon in manchen Reden angeklungen es wäre verhängnisvoll zu meinen, daß Anteilnahme an der Kultur nur etwas Individuelles wäre. Heute
müssen wir uns klar sein, daß alle Bestrebungen in ihrer Wichtigkeit darnach zu beurteilen sind,
wieweit sie einen Sozialisationseffekt herbeiführen können, inwieweit sie den einzelnen fähig machen,
sich in der Gemeinschaft besser zu bewegen, anderen und sich selbst zu helfen und an der Lösung
von Problemen mitzuarbeiten. Wir sind eben in unser „System“ eingespannt, und dieses System ist
die Solidargesellschaft. Wir sind aufeinander angewiesen! Am deutlichsten zeigt sich das etwa im
Versicherungswesen, im Pensions- und Rentenwesen, wo im „Generationenvertrag“ sogar weit in die
Zukunft hinein solche Solidarität gefordert wird. Und das gilt auch für Bildung und Anteilnahme an
Kultur!
Die ÖVP tritt dafür ein, daß wesentlich stärker die zeitgenössische Kulturleistung berücksichtigt wird,
und sie tritt weiter dafür ein, daß Kultur nicht als eine Betätigung für den Freizeitbereich allein
angesehen wird, sondern daß sie alle Lebensbereiche umfassen muß, das heißt, vor allem auch die
Arbeitswelt. Alle Definitionen, die sich heutzutage mit Kultur beschäftigen, sind weitab von der
intellektuellen Formulierung von Kultur, wie sie bisher üblich war, sie sind sehr allgemein, sehr
umfassend, sie streben alle Lebensbereiche an. Zusammenfassend könnte man also einen Satz aus
dem Heft 8 „Kulturbild“ als das Ziel formulieren. Er heißt: „Ziel unserer (also der ÖVP) Kulturpolitik ist
es, mehr Voraussetzungen für mehr Teilnahme von mehr Menschen am Kulturschaffen und
Kulturerlebnis zu erreichen!“
Lassen Sie mich dieses Problem „Mehr Teilnahme“ nach drei Gesichtspunkten kurz untersuchen: Wie
war das bisher in den letzten Jahren? Wie sieht das im Budget 79 aus? Und was für Folgerungen
kann man hier für die unmittelbare Zukunft ziehen, ohne daß dies ein Parteienprogramm sein sollte,
wenn auch manche dieser Dinge sicherlich auch ein bißchen in diese Richtung fallen werden. Die
Teilnahme an der Kultur wurde seitens der Kulturabteilung mit sehr vielen Detailbereichen in bezug
auf die Erhaltung und Wiederverlebendigung der kulturellen Tradition in umfangreicher Weise erledigt.
Schwächer, weil einfach von der Struktur her für diese Sache nicht veranlagt, scheint mir dieses
Verhalten gegenüber der Förderung des Neuschaffens von kulturellen und künstlerischen Werten zu
sein, also die Förderung des zeitgenössischen Kulturschaffens im allgemeinen. Und hier haben sich
dann eben manche Ergänzungen notwendig gemacht! Eine dieser Ergänzungen ist die
„Niederösterreich-Gesellschaft für Kunst und Kultur“. Und zuletzt scheint mir, daß die
Organisationsform, die die Kulturpolitik haben sollte, mehr auf die Subsidiarität ausgerichtet sein
sollte. Wenigen Eigenveranstaltungen sollte ein Großteil von Förderung gegenüberstehen, die sich an
Organisationen, an Gemeinden wendet, die Einrichtungen besitzen, solche Dinge tatsächlich zu
machen.
Im Budget 1979 zeichnet sich das ungefähr so ab: Wir haben im gesamten - Sie gestatten mir, daß ich
hier aus der Gruppe 2 auch finanziell das herübernehme, was an und für sich zu unserem
Problemkreis dazugehört - eine Summe von etwa 186 Millionen Schilling. Sie ist gegenüber dem
Vorjahr um ca. 6% angestiegen. Das ist eine Valorisierung, für die wir uns bedanken dürfen, etwas
mehr, als vielleicht eine bloße Valorisierung darstellen müßte. Im Grunde genommen aber muß man
im Hinblick auf die Budgetausweitung feststellen, daß wir von dem vorjährigen Umfang von etwa l,l%
auf etwa 1,07% gesunken sind. Wir haben also im Absoluten einen Zuwachs, wir haben in der
Relation zum Budget einen kleinen Rückschritt!
Lassen Sie mich einige Problemkreise nun in bezug auf die Teilnahme an Kultur herausheben. Ich
habe gesagt, ich greife auf die Zweier ganz kurz zurück, das ist die Erwachsenenbildung. Hier darf mit
Dank festgestellt werden, daß eine Umschichtung in der geforderten Art durchgeführt wurde. Wenn
auch vielleicht dazu gesagt wird, daß dadurch nicht mehr Geld zur Verfügung steht, weil das eben
früher auch aus den verschiedenen Posten zusammen gekommen ist; es ist immer gut, wenn etwas
gedruckt ist, und was man schwarz auf weiß hat, das kann man getrost nach Hause tragen. Ich hoffe
aber, daß durch die Zusammenziehung dieser Summe hier unter der Förderung für die
Organisationen auch nun für eine Reihe von anderen Einrichtungen eine größere Förderung möglich
ist, als das bisher gegeben war.
Ich möchte auch hier noch einmal auf das „Institut für Landeskunde“ hinweisen, die Pläne wurden von
Herrn Landesrat dargelegt. Das ist ein Anfangsstadium! Ich glaube, daß uns allen klar sein müßte,
daß diese Pläne mit der jetzigen Besetzung, wie sie für 1979 geplant ist, sicherlich nicht erreicht
werden können, sicherlich auch nicht mit diesem finanziellen Umfang. Hier muß eine stetige
personelle Ausstattung durchgeführt werden, so etwa, daß auch Aufträge vergeben werden können
und daß man nicht vielleicht in den Fehler verfallen sollte, eventuell schon greifbare Räume für dieses
Institut deshalb weiter- und wegzugeben, weil momentan die personelle Ausstattung nicht
dementsprechend ist.
Ein ganz großer Kreis, der Anteilnahme ermöglicht, sind die Museen. Ich möchte zwei Probleme
heranziehen, die die Museen betreffen: Das ist erstens einmal die Tatsache, daß man mit einer Reihe
von Außenstellen, und Gott sei Dank haben wir hier eine starke Dezentralisation, neue rechtliche und
finanzielle Vereinbarungen treffen wird müssen und daß die Unterbringung der Volkskunde entsteht.
Es sind ja hier einige Pläne, höre ich, vorhanden, in einer Art dezentralen Form vorzugehen. Ich
erinnere an das Höbart-Museum, an Unternehmungen in Haag, in Groß Schweinbarth und eventuell
an ein Industriemuseum in der Südbahngegend, Ebenfurt wird hier genannt, aber das sind sicherlich
noch unwägbare Dinge. In Verbindung vor allem mit dem, was der Kultursenat auch in sehr
großräumiger Weise einen „Museumsring“ genannt hat, sollte dieser ersten Etappe ein besonderes
Augenmerk zugewendet werden.
Die Musikschulen sind natürlich, was Anteilnahme betrifft, ein besonderer Schwerpunkt. Ich glaube,
daß wir hier stolz sein können, eine der umfassendsten Leistungen in ganz Österreich vollbracht zu
haben. Allerdings wurde mit Recht darauf hingewiesen, daß hier die Gemeinden an eine gewisse
finanzielle Grenze gekommen sind, daß diese ungeheure Breitenbewegung jetzt auch die Möglichkeit
haben muß, etwas in die Tiefe, von der Quantität in die Qualität zu gehen, und daß es möglich sein
muß, bei dieser Breitenwirkung auch eine Ausbildungseffizienz zu erhalten. Und dafür scheinen die
bisher aufgewendeten Mittel zu gering zu sein.
Ich bitte Sie, von diesem Standpunkt aus das Problem des Konservatoriums zu sehen. Es ist gestern
schon darauf hingewiesen worden; wenn die Musikschulen die Möglichkeit haben, die
Ausbildungseffizienz zu erhalten, ist sicherlich auch Zeit und Gelegenheit, an das Konservatorium zu
denken.
Bleiben vor allem die Ausstellungen als ein Angebot für breite Anteilnahme. Wir haben im nächsten
Jahr die „Frühen Habsburger“ und „700 Jahre Wiener Neustädter Dom“, dann auf der Schallaburg
„7000 Jahre Kunst und Kultur in Bulgarien“, 1980 kommt Melk mit „Kaiser Josef“, 1981 „die
Kuenringer, ein Thema, das eine große Breitenwirkung haben wird und eine Ausstrahlung, die bei der
Nennung dieses Themas durch Dr. Bernau gar nicht abzusehen war. Ich stehe nicht an, daß auch ich
damals gewisse Zweifel gehabt habe, aber wie es sich jetzt abzeichnet, scheint es - und nicht nur, weil
es um die Kuenringer geht und damit auch Assoziationen mit Niederösterreich verbunden werden, sich hier um einen tatsächlichen Beitrag für eine Stärkung des Landesbewußtseins in positiver
Hinsicht zu handeln. 1982 kommt „Kaiser Franz Josef“ und 1983 wird dann die Türkenzeit in
irgendeiner Form dargestellt werden. Diese Anteilnahme ist natürlich ungeheuer breit, allerdings in
einer sehr historischen Form, und das Zeitgenössische kommt natürlich bei diesen großen
Ausstellungen im wesentlichen zu kurz.
Zwei Momente, die in die Breite wirken, sind auch das Theater und die Tonkünstler. Und hier darf ich
auch das Verhältnis zum Bund etwas anschneiden. Die beiden Theater in Niederösterreich, St. Pölten
und Baden, werden im nächsten Jahr durch eine Anhebung des Zuschusses für Theater, für die
Landestheater, etwas mehr seitens des Bundes bekommen, das ist dankenswert. Ungelöst bleibt nach
wie vor das Verhältnis zwischen den jetzt fast verdoppelten Zuschüssen für die Landestheater
gegenüber den Bundestheatern, die immerhin zwischen rund 100 Millionen und Milliardenbeträgen
liegen, sodaß hier durchaus noch eine Möglichkeit seitens des Bundes vorläge, gewisse
Erleichterungen zu schaffen! Völlig unzureichend ist die Subventionierung und der Zuschuß für die
Tonkünstler. Wenn man hier Vergleiche zwischen dem Tonkünstlerorchester und einer Reihe anderer
bedeutender Orchestereinrichtungen zieht und die Leistungen des Bundes ansieht, wäre auch hier ein
gewisser Nachholbedarf durchzuführen.
Wenn ich jetzt von unserem Budget selbst weggehe und unterstützende Maßnahmen ansehe, so
müßte man hier natürlich die Gemeinden nennen. Ich darf darauf verweisen, daß der Herr Professor
Gutkas anläßlich eines Volksbildungsgespräches diese Tatsache sehr genau untersucht hat. Dort
findet man auch eine entsprechende Würdigung dieser Materie. Ich will heute nicht näher darauf
eingehen und möchte zwei Dinge noch anführen: Das ist einmal der „Niederösterreichfonds“, der
einen bedeutenden Zuwachs auch an kulturellen Möglichkeiten geboten hat, insbesondere durch die
Zeitschrift „Morgen“, die sehr repräsentativ Niederösterreich auf diesem Gebiet herausstellt und die
„Niederösterreich-Gesellschaft für Kunst und Kultur“. Sie werden mir gestatten, da es ein Kind unseres
Klubs ist, daß ich einige Dinge dazu sage, weil wir uns darüber freuen, daß die Entwicklung sich so
angelassen hat, wie sie kalkuliert wurde, wie sie aber nicht unbedingt eintreffen hätte müssen. Kurz in
Erinnerung gerufen, was hat sie sich zur Aufgabe gestellt?
Einmal die Schaffung eines Kunstmarktes und die Förderung des Kunstkonsums. Dazu gehört
Erweckung von Verständnis zwischen Publikum und Künstlern, Verbreiterung der Anteilnahme,
Begegnung mit möglichst vielen Künstlern als Niederschlag in der Erwachsenenbildung. Als zweites
großes Kapitel gibt es die zentrale und dezentrale Präsentation, dann die Servicestelle, ein Kunst-,
Kultur- und Finanzpool für diese Angelegenheiten, eine Art Kulturbörse mit einem
Veranstaltungskarussell und einer Verkaufsorganisation, die Förderung von Aufträgen an Künstler und
das Verteilungsprinzip von Veranstaltungen nach dem System der zentralen Orte, wobei immer eine
Impulsveranstaltung in Niederösterreich im Mittelpunkt stehen sollte.
Lassen Sie mich diese Aktivitäten nun kurz darlegen, wie sie sich gezeigt haben, ich werde das
kursorisch machen, um die Redezeit nicht allzu sehr in Anspruch zu nehmen, obwohl ich dazu sagen
möchte, daß man eben das, was gesagt werden soll, sagen sollte, und daß ich alle Kalkulatoren vom
Ablauf großer Sitzungen um Entschuldigung bitte, wenn das eine oder das andere sich nicht in der
abgestimmten Zeit sagen läßt, aber, und gerade bei der Kultur haben wir eine gute Ausrede, meine
Damen und Herren, wenn wir schon nicht allzu viel Geld dafür aufwenden können, sollte man
wenigstens die Zeit dazu hergeben, darüber sprechen zu können. Das haben wir gestern am Abend
schon festgestellt, das kostet bekanntlich nichts und ist äußerst wirksam, weil ja manche Dinge immer
am eindrucksvollsten sind, wenn man über sie redet und sie nicht verwirklicht, denn da beginnen dann
sowieso die Komplikationen.
Ich darf aIso sagen: Im Jahre 1977 hat es 32 Veranstaltungen an 19 Orten in Niederösterreich
gegeben, und schon allein die Namen der Ortschaften zeigen an, daß die Sorge, das könnte sich
parteipolitisch entwickeln, hintangestellt wurde. Wenn ich hier Berndorf, Neunkirchen, Wr. Neustadt,
Ternitz, Pottendorf, Traiskirchen, Blumau, Tattendorf, Bad Vöslau nenne, so glaube ich, daß wir uns natürlich gab es auch andere Gemeinden - von dieser Sorge loslösen konnten. Zwei Veranstaltungen
dagegen haben in Wien stattgefunden, also ein richtiges Verhältnis zwischen zentraler und
dezentraler Präsentation. Da sind 13 Jazz-, Pop- und Rockgruppen aufgetreten, 16 Autoren waren bei
Dichterlesungen, 8 Autoren haben an der dramatischen Werkstatt mit dem ORF teilgenommen, es hat
drei Theaterworkshops mit Heinz Marecek gegeben, 15 Theatergruppen - Herr Kollege Bernkopf, das
fällt in das hinein, was Sie gestern gesagt haben - haben bei einem Amateurtheaterwettbewerb
mitgewirkt. Es hat eine Uraufführung als Auftragsstück gegeben, 8 Ausstellungen, einen
philosophischen Werkshop Wittgenstein - ein unerschöpfliches Thema -, ein wissenschaftliches
Symposium in Perchtoldsdorf, eine Buchedition „Viertel unter dem Wienerwald - Porträt einer
Kulturlandschaft“, eine Reihe von Atelier- und Galeriebesuchen und so weiter, und von 19
niederösterreichischen Künstlern wurden Werke angekauft.
Im Jahre 1978 hat es eine ähnliche Anzahl von Veranstaltungen gegeben, 25 an 20 Orten in
Niederösterreich und fünf in Wien. Ich nenne jetzt einige, weil sie uns noch in Erinnerung sind, wobei
ich für 1977 etwa die Ausstellung „Arnulf Rainer“ noch besonders nachholen darf. Eine VorAusstellung vor der Biennale - und immerhin hat Niederösterreich diesem im Ausland heute als
bedeutendsten Künstler Österreichs angesehenen Mann eine der größten Ausstellungen veranstaltet,
die es über ihn überhaupt gegeben hat. In der bildenden Kunst waren 1978: „Logische Kunst“ - sie hat
in Kirchberg begonnen, dann wurde sie in die Sezession verlegt und hätte jetzt nach Teheran gehen
sollen, wenn nicht gerade Unruhen dort ausgebrochen wären; die „Internationale Kunstmesse K 45“
im Künstlerhaus hat das Ergebnis gebracht, daß der von der Niederösterreich-Gesellschaft besonders
favorisierte Robert Kabas den besten Verkaufserfolg gehabt hat; Robert Rauschenberg in Wiener
Neustadt, der Tag der offenen Ateliers in Niederösterreich mit 116 Malern, der „Weinviertler
Kunstmarkt“ in Hollabrunn, und als mir besonders wichtig erscheinende Veranstaltung, (die Brille des
Redners fällt auf den Boden) - Lassen Sie das bitte, danke vielmals, herzlichen Dank! - die Nöart
Galerie. - Man soll mit Brillen nicht spielen, wenn man's nicht kann! Der Kanzler kann das besser, dem
ist sie noch nie aus der Hand gefallen, ich werde bei ihm diesbezüglich Unterricht nehmen!
(Heiterkeit.) Man soll die Vorbilder dort suchen, wo sie sind!
Die Nöart Galerie erscheint mir als eine besonders wichtige Einrichtung, weil hier im Künstlerhaus sich
nun Wien im linken Flügel etabliert hat und Niederösterreich im rechten, während in der Mitte das
Künstlerhaus übriggeblieben ist. Wir haben mit Jürgen Messensee begonnen und werden mit dieser
Ausstellung auch durch Niederösterreich gehen. „Die Fotografie im 20. Jahrhundert“ von Zens, „Was
blieb von Otto Wagner“, ein Adventkunstbasar folgten.
Im Theater hat es dann Theaterwerkshops gegeben, der Amateurwettbewerb wurde in der Körnerhalle
in Schwechat zu Ende geführt, ein Theaterabend spielte in der Sing-mit-Scheune, Spielgruppen aus
Niederösterreich haben sich in St. Pölten getroffen. „Ein Museum geht neue Wege“ fand in
Guntramsdorf statt, eine Originalgrafikmappe erhielten alle Kunsterzieher an den AHS
Niederösterreichs. Die Ausstellungen „Unvollkommen Möbelhaftes“, „Bautraditon und Wohlkultur“
folgten, und eine Aktion, die jetzt zwei Jahre dauern soll und 30 Orte in Niederösterreich berühren
wird, ist „Schöner bauen - besser leben in Niederösterreich“. Wittgenstein, die dramatische Werkstatt,
„Literatur von A bis Z", die Musikfabrik im Schloß, ein Folk- und Volksmusikfestival in Eggenburg, ein
internationaler Musikworkshop in Krems, in der Erwachsenenbildung die Impulsveranstaltung
„Wirtschaftsleben in Niederösterreich“ in Zistersdorf, „Erziehung zur Rede“, eine Reihe von Editionen,
der Bildband ,,Weinviertel" von John, der Bildband „Viertel ober dem Wienerwald“ von Roschitz, eine
Hörspieledition, eine Reihe von Schallplatten, eine Reihe von Mappen, Atelierbesuche und Ankäufe
bei 29 Künstlern sind nur Beispiele. Ich möchte hier die Gelegenheit benützen, um besonders den
Sponsoren, die mit der Gesellschaft zusammengearbeitet haben, herzlich zu danken. Und das wird
sich im Jahre 1979 fortsetzen mit einer Reihe von Aktionen, die entweder begonnene ergänzen oder
neue einleiten.
Ich darf nun, meine Damen und Herren, nach dieser Ergänzung, die ich als eine echte Ergänzung
empfinde und von der wir wissen, daß sie in vielen Dingen noch unvollkommen ist, im besonderen in
der Literatur und in der Musik, sagen, daß sich hier alle beteiligten Stellen von dem präpotenten
Schlagwort „Der Starke ist am mächtigsten allein“ losgelöst und sich eher dazu bekannt haben, das ist
auch ein Schiller-Zitat, „Arm in Arm mit dir fordere ich mein Jahrhundert in die Schranken“. In der
Kultur ist das immer ein viel vernünftigerer Grundsatz, als wenn man gegeneinander geht. Denn es
gibt eben nur eine Kultur! (LR. Grünzweig: Vereint sind auch die Schwachen stark!)
Das hat man mir im Badener Gemeinderat gesagt, weil ich dort auf eine ähnliche Sache angespielt
habe, als ich festgehalten habe, daß ich durch mein 34 Jahre lang dauerndes Dasein als Ehemann
und ungefähr ebenso viele Dienstjahre als Lehrer zum Diktator völlig ungeeignet sei. Und selbst die
kümmerlichen Ansätze, die ich dazu gehabt hätte, mußte ich nun längst rückentwickeln, sodaß das
nicht mehr da ist. Und da hat man mir eben auch dieses Zitat gesagt; ich darf danken, es ist eine
Duplizität, daher muß es besonders gelten!
Einen kurzen Ausblick in die Zukunft! Ich habe bitte zehn Punkte, aber sie werden nicht sehr lange
dauern. Sie können ermessen, wie lange es noch dauert, wenn ich dann beim Punkt 5 bin. Ich glaube,
und das ist unsere Meinung, daß alles das, was wir jetzt aus der Vergangenheit genommen haben
und auch für das Jahr 1979 ansetzen, innerhalb der Kulturabteilung mit den gleichen Bemühungen
und den gleichen Einrichtungen fortgesetzt werden muß. Es werden sich allerdings ein paar
Schwerpunkte herauskristallisieren, auf die ich hinweisen möchte.
Ein erster, der schwierigste bitte! Wenn die wirtschaftlichen Fragen nicht mehr so brennend sind wie
jetzt, denn das Kulturbudget muß man gerechterweise vor dem Hintergrund dieser sehr komplizierten
Tatsachen sehen, dann müßte eine energische Anstrengung gemacht werden, daß es nicht mehr um
eine Valorisierung oder eine kleine Überschreitung der Valorisierung geht, sondern daß man
tatsächlich in Jahresraten das Kulturbudget über diesen jetzigen Ansatz von 1 % oder 1,1% hinaus
anhebt. Ich sage nicht gleich wieviel, ich gebe auch nicht den Rat, den der Herr Kollege Blabolil
gestern gesagt hat und den der Städtebund für seine Gemeinden festgehalten hat, daß sie 2%
Zuschußleistungen geben sollen, das würde ein bißchen utopisch sein, denn das wäre eine
Verdoppelung. Aber so um die 1,5% sollte man sich schon einmal bemühen, und das in Jahresraten,
wie es eben geht!
Zweitens, es wäre interessant, den künstlerischen Zuzug nach Niederösterreich und auch die
künstlerische Aufstiegsmöglichkeit durch eine Aktion zu fördern, die ich „Atelieraktion“ nennen würde.
Es könnten sich die Gemeinden, es könnte sich das Land, es könnten sich viele Sponsoren
zusammentun, um Spitzenleuten oder solchen, die es werden, in Niederösterreich bei der
Beschaffung eines Ateliers behilflich zu sein, wobei diese Förderung ausgehen kann vom Hinweis auf
ein Objekt bis zu einer echten Förderung in Form von Darlehen oder Haftungen. Sicherlich muß das
ganze noch durchdacht werden. Aber das würde einen künstlerischen Zuwachs ermöglichen, von dem
wir viel profitieren könnten.
Zum dritten: Die Musikschulen werden nach wie vor einen wichtigen Schwerpunkt bilden müssen, und
wir werden dafür sorgen müssen, und zwar energisch dafür sorgen müssen, daß sie ihre
Ausbildungseffizienz, ihre Qualität erhalten können. Vielleicht darf ich dazu anregen, daß man ähnlich
wie beim Konservatorium gemeinsam mit der Kommission für das Musikschulwesen eine Art
Untersuchung anstellt. Die Abteilung fährt ja jetzt schon beratend in die einzelnen Musikschulen
hinaus! Man könnte eine generelle Untersuchung unter Mitarbeit der so verdienstvollen Herren in
Auftrag geben, daß wir hier eine ähnliche Unterlage wie beim Konservatorium besitzen und unsere
Möglichkeiten besser ausrichten können.
Zum vierten: Wir sollten uns einmal energischer als bisher um die Klärung der Verwendung einer
Reihe von Gebäuden im Landesbesitz kümmern. Ich nenne jetzt keine Namen! Aber das ist ein
Problem! Es handelt sich hier um noch nicht durchgeführte Landtagsaufträge, sodaß einmal der
Kulturabteilung die Verantwortung abgenommen werden muß, indem eine Entscheidung gefällt wird,
was zu tun ist, denn sonst schleppt man hier gewisse Vorstellungen weiter, die sich vielleicht nicht
erfüllen lassen. Das wird keine sehr einfache Sache sein, aber man muß sie wahrscheinlich in den
nächsten Jahren in Angriff nehmen.
Zum fünften würde ich anregen, daß man bei den Ausstellungen doch ein bißchen auch in das
Zeitgenössische geht. Ich habe zwei Anlässe, das für das Jahr 1979 zu sagen. Der erste Anlaß ist ein
runder Geburtstag von Hausner, der eine große Ausstellung mit dem Künstlerhaus zusammentragen
wird, eine Ausstellung, die im Ausland beginnen wird, die aber dann nach Niederösterreich, und zwar
nach Krems, kommt. Initiiert ist sie von der Niederösterreich-Gesellschaft, sie geht erst von Krems
nach Wien. Das wäre einmal ein Beitrag in einer größeren Form für einen Zeitgenossen. Aber das,
was uns allen besonders am Herzen liegen müßte, wäre, noch eine Möglichkeit zu schaffen, für den
lebenden Niederösterreicher Kokoschka eine Ausstellung in seinem Heimatland zu gestalten. Ich sage
ausdrücklich für den lebenden Niederösterreicher, und Sie wer den, wenn Sie das Alter Kokoschkas in
Betracht ziehen, wissen, daß das eine Aufgabe sein wird, die wir in der nächsten Zeit angehen
müssen.
Die Niederösterreich-Gesellschaft hat das angeregt, der Herr Landeshauptmann, der ja an der Spitze
dieser Gesellschaft steht und der mit dem Herrn Landeshauptmannstellvertreter Ludwig hier
sozusagen die Geschäfte führt, hat einen Besuch bei Kokoschka gemacht. Die Möglichkeiten sind
gegeben! Ausstellungsort müßte Krems sein. Und jetzt sollte man die großen Kosten dieser
Ausstellung aufteilen. Ich könnte mir vorstellen, daß das zwischen der Stadt Krems, zwischen dem
Land Niederösterreich und zwischen der Niederösterreich-Gesellschaft geschieht, wobei ich von Haus
aus sage, daß die Niederösterreich-Gesellschaft hier, ohne daß ihre finanziellen Zuwendungen
eingestellt werden, gerne in den Hintergrund tritt. Denn wenn das Land sich in führender Form
beteiligt, wenn hier Haftungen übernommen werden müssen, wenn die Sicherheiten gegeben sein
müssen, die das Land zu fordern verpflichtet ist, dann soll es natürlich auch entsprechen federführend
sein.
Diese Ausstellung sollte unter gar keinen Umständen, meine Damen und Herren, an irgendeiner
Kompetenz scheitern, sie wäre eine schöne Ergänzung zu der in Melk stattfindenden Ausstellung. Es
würde hier keine Konkurrenzierung stattfinden, und wir hätten gegenüber einem lebenden
Niederösterreicher, der zu den bedeutendsten Malern in den Weltaugen zählt, eine Verpflichtung
erfüllt. Ich bitte, daß wir in Verhandlungen, die schon stattgefunden haben und zu keinem sehr
glanzvollen Ergebnis geführt haben, noch einmal eintreten dürfen. Es scheint mir eine echte
Notwendigkeit zu sein, wobei ich hier gleich auch noch im Anschluß sagen darf, daß die
Niederösterreich-Gesellschaft ja auch versucht hat, hier andere Referate des Landes ein bißchen in
den Dienst der Kultur zu stellen. Hier ist insbesondere das Fremdenverkehrsreferat unter Herrn
Landesrat Schneider zu nennen. Ich sage ein Beispiel.
Als es einmal nicht möglich war, über die kulturelle Seite des Symposiums Lindabrunn
weiterzubringen, ist Herr Landesrat Schneider eingesprungen. Er wird heuer, wir bitten ihn darum,
noch einmal einspringen müssen, weil es verständlich ist, daß das Kulturreferat unter Herrn Landesrat
Grünzweig keine allzugroßen Beiträge für die Herstellung von WC-Anlagen im Symposiumsgelände
leisten kann. Zwar war die Erfindung des Wasserklosetts eine der größten Leistungen der Römer,
dennoch zählt diese Einrichtung nicht zu den besonders hervorstechenden kulturellen. Da aber die
Ansammlung von Tausenden von Menschen an einem Ort, aber auch solche Einrichtungen notwendig
macht, was natürlicherweise den Fremdenverkehr zugute kommt, wird vielleicht über den Rahmen der
jetzigen Förderung noch hinaus Lindabrunn-Enzesfeld ein bißchen unter die Arme gegriffen. Ich
glaube, es wird uns niemand in die Schuhe schieben, daß wir dadurch unseren Freund Bürgermeister
Nebel etwa von seiner politischen Richtung abwerben wollen. Mir gefällt das insbesondere, weil es
zeigt, daß die Kultur parteipolitisch nicht gut abzäunbar ist, sondern bald an irgend welche örtliche und
sachliche Grenzen stößt.
Ich würde sechstens sagen, ein sehr vernachlässigtes Gebiet unserer Kulturbetrachtung sind die
Ausgrabungen. Hier geht es um die Darlegung der eigenen Vergangenheit, hier liegt ein natürlicher
Schatz vor, und ich würde glauben, daß wir in Hinkunft doch auf diese Ausgrabungen etwas stärkeren
Wert legen sollten, weil das doch eine Dokumentation von uns selbst darstellt.
Der siebente Punkt wäre der Denkmalschutz. über ihn ist viel gesprochen worden, er tritt immer mehr
in den Vordergrund.
Ich würde dann als achten Punkt anführen, daß ein regionaler Ausgleich stattzufinden hat zwischen
den einzelnen Vierteln und unterversorgte Gebiete in besonderer Weise zu betreuen sind.
Daß neuntens das Theater- und Festspielproblem, wie das auch Kollege Blabolil und Kollege
Bernkopf gestern gesagt haben, einmal einer Klärung bedarf, ist klar. Es wird so schwierig sein, die
Häuser, die Gebäude im Landesbesitz in ihrer Verwendung abzuklären, aber gemacht müßte es
einmal werden.
Und zum Schluß, das wäre der Punkt zehn, würde ich ersuchen, daß wir die Subsidiarität in einem
größeren Ausmaß als jetzt anwenden, indem wir die Kooperation mit Organisationen verstärken, die
sich der kulturellen Arbeit widmen, und zwar nach dem Grundsatz, mehr Selbsttätigkeit zu schaffen,
mehr Handeln als Reden und die Aktion anstelle der Diskussion zu setzen. Mit dieser Kooperation
müßte eine Förderung des Zeitgenössischen ganz besonders verbunden sein.
Lassen Sie mich zum Abschluß jetzt, meine Damen und Herren, und ich weiß, daß ich sehr gesündigt
habe, noch einen kurzen Augenblick auf etwas eingehen, was in jeder Kulturrede im Jahre 1978 zu
geschehen hat, und was gestern auch geschehen ist, nämlich auf Franz Schubert. Ich möchte eine
kurze Geschichte erzählen, die uns zeigen soll, wie die Beschäftigung mit dem Zeitgenössischen
ausssehen sollte und aussehen kann. Was uns heute bei der Schubertzeit nicht ganz klar ist, ist die
Tatsache, daß es sich bei allem, was damals geschehen ist, um zeitgenössische Kunst gehandelt hat,
in einem ganz unvorstellbar anderem Ausmaß, als das heute üblich ist. Heute ist der Historizismus
schuld bei uns, wir wissen viel und wissen, daß für jeden Anlaß dieses Musikstück und dieser Text
kommen soll, weil ihn schon irgend jemand einmal gut gemacht hat. Damals war es
selbstverständlich, daß man nur zeitgenössische Musik gespielt hat. Und eines der bedeutendsten
Werke Schuberts ist auf eine Art zustande gekommen, von der ich mir wünschen würde - und das
kann man fördern -, daß es möglich wäre, in Niederösterreich es noch einmal zu tun. Das ist eine
Geschichte, die die Entstehung des Ständchens „Zögernd leise“ von Schubert beinhaltet, eines der
berühmtesten Musikstücke.
Eine der Schwestern Fröhlich, Anna Fröhlich, war eine Gesangslehrerin und hatte eine Schülerin
namens Gossmann. Zum Geburtstag dieser Gossmann hat sie jedesmal ein Ständchen mit anderen
Schülerinnen gehalten. Und als das wieder einmal herangekommen ist, hat sich folgendes Gespräch
abgespielt zwischen so bedeutenden Klassikern und Tonheroen, die wir heute alle auf Denkmälern
sehen, die aber damals Zeitgenossen waren. Diese Anna Fröhlich hat zu Grillparzer, der im
Familienverband der Schwestern Fröhlich gelebt hat, gesagt: „Sie - ich sage das jetzt wörtlich
ungefähr, vielleicht fehlt das eine oder andere Wort -, Sie, Grillparzer, - das hat sie wirklich gesagt, Sie Grillparzer, ich brauche ein Ständchen für die Gossmann.“ Grillparzer, ein grantiger Hofrat,
antwortete: „Na ja, wenn mir eines einfällt.“ Daraufhin sie: „Sie, Grillparzer, lassen Sie sich was
einfallen!“ Nun, Grillparzer hat sich was einfallen lassen!
Als Schubert zwei, drei Tage später kam, hat sie ihm diesen Text gegeben und gesagt: „Sie, Schubert,
schreiben Sie mir dazu die Musik für einen Mezzosopran und für vier Chorstimmen.“ Schubert hat sich
das angesehen, hat sich ans Klavier gestellt und gemeint: „Das ist schön, das ist ein schönes Gedicht,
ich hab's schon!“ Hat sich umgedreht, ist fortgegangen, ist nach zwei Tagen wiedergekommen und hat
dieses Ständchen gebracht, allerdings für eine Sopranstimme und für vier Männerstimmen. Daraufhin
die Anna Fröhlich: „Sie, Schubert, ich brauche das aber für vier Frauenstimmen, schreiben Sie mir das
um!“ Er hat das sofort umgeschrieben, die Anna Fröhlich hat ihre Schülerinnen samt einem Klavier
zusammengepackt, ist in die Vorstadt gefahren, hat vor der Gossmann ihrem Fenster das abgestellt
und hat das gesungen.
Wenn wir die Möglichkeit haben, bedeutende Leute auch so zusammenzubringen, dann können auch
heute solche Dinge so entstehen, wie sie damals eben beiläufig entstanden sind, wenn bedeutende
Leute zusammengekommen sind. Bedeutende Leute, meine Damen und Herren, muß man erkennen
und muß sie fördern! Wir werden vielleicht keinen Grillparzer und keinen Schubert finden, wir werden
aber vielleicht die Möglichkeit finden, daß wir auch etwas Zeitgenössisches schaffen lassen können,
das durchaus den Vergleich mit dem Alten und Traditionellen aushalten kann und das uns eben in die
Lage versetzt, auch die jetzigen Talente ein bißchen spielen zu lassen.
Wenn uns das nur in einiger Form gelingen würde, so hätten wir einen sehr bedeutenden Beitrag in
der Kulturpolitik geleistet.
Ich würde aber dennoch zum Abschluß sagen: Ziel unserer Kulturpolitik ist es, mehr Voraussetzungen
für mehr Teilnahme von mehr Menschen am Kulturschaffen und Kunsterlebnis zu erreichen! Wenn wir
das nämlich machen, meine Damen und Herren, dann haben wir mehr zum Schutz und zur Vertiefung
der Demokratie geleistet, als wenn wir hundert Enqueten abhalten. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt Herr Landesrat Grünzweig.
Landesrat GRÜNZWEIG: Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren des Hohen
Landtages! Wenn wir den Kulturbegriff so umfassend betrachten, etwa in der Richtung, daß Kultur alle
schöpferischen Äußerungen des Menschen vom Alltagsverhalten bis zu den Spitzenleistungen der
Wissenschaft und Kunst umfaßt, dann würde ich meinen, daß wir in vielen Passagen durchaus mit
dem konform gehen, was hier seitens des Herrn Abg. Wallner über den Kulturbegriff der
Österreichischen Volkspartei gesagt worden ist. Im Sinne einer Demokratisierung der Kultur kann
nämlich Kultur nicht allein durch Freizeit abgedeckt werden und ist auch nicht mit dem Begriff Freizeit
identisch, sondern ist viel weitreichender und umfaßt vor allen Dingen auch die Arbeitswelt. Es haben
vor einigen Wochen in Ternitz einige interessante Veranstaltungen stattgefunden, und zwar die
„Kulturkontakte“, und gerade dort hat man sich mit der Frage Kultur und Arbeitswelt beschäftigt. Hier
ist sehr deutlich zutage getreten, daß der elitäre Begriff, Kultur sei etwas Schönes nur für einige Leute,
weitgehend überholt ist.
Ich freue mich, daß gerade hier im Hohen Haus in diesen Bereichen Übereinstimmung besteht. Das
verpflichtet uns allerdings doch, glaube ich, die Dinge von einer Seite zu sehen, wie in einigen Reden
angedeutet wurde, ob nämlich der Einsatz der öffentlichen Hand für kulturelle Dinge ausreichend ist,
um alle diese Aufgaben, die sich stellen, zu erfüllen.
Auf der einen Seite ist verlangt worden, daß das Kulturbudget auf etwa 1,5% angehoben wird, und auf
der anderen Seite haben die Gemeinden kritisiert, daß hier zu wenig getan wird. Damit darf ich doch
die Aussage vergleichen, die der Herr Finanzreferent in seiner Einbegleitungsrede über das
Landeskonservatorium gemacht hat. Ich werde mich bewußt nur auf einige Probleme beschränken.
Wenn er aber sagt, die geforderte Gründung eines Niederösterreichischen Landeskonservatoriums für
Musik mit einem Unterrichtsbetrieb in drei oder vier großen niederösterreichischen Städten werde
vorerst leider nur ein Gedanke bleiben müssen, da derzeit jegliche finanzielle Basis zur Gründung
einer derartigen, für die breite Musikausbildung in Niederösterreich sehr förderlichen Institution fehlt,
dann darf ich doch, gerade weil ich die Verhältnisse nun schon durch Jahrzehnte aus eigener
Erfahrung kenne, einige Anmerkungen machen.
Es wurde hier schon das Gutachten des Herrn Dozenten Dr. Ortner angeführt. Es ist, glaube ich, die
umfassendste Untersuchung, die bisher im Bereich der Bildungsforschung und Bildungsplanung sowie
Kulturforschung in Niederösterreich in Auftrag gegeben wurde und die einer Entscheidung auf diesem
Gebiet zugrunde gelegt werden soll. Ich darf nur einige Hinweise geben, worum es geht.
Die musikalische Grundausbildung in Niederösterreich erfolgt in den Musikschulen. Es gibt deren
schon an die 110 mit mehr als 30.000 Schülern. Das ist im internationalen Vergleich sehr
überdurchschnittlich. Zum Verhältnis der geringeren Wohnbevölkerung Niederösterreichs im Vergleich
zu Wien besuchen in Niederösterreich achtmal soviele Schüler Musikschulen, als das etwa in der
Musikmetropole Wien der Fall ist. Weiterführende Musikausbildungslehrgänge stehen
niederösterreichischen Interessenten am Konservatorium der Stadt Wien und an der Hochschule für
Musik in Wien zur Verfügung. Obwohl in der Relation zur Einwohnerzahl achtmal soviele
Niederösterreicher Musikschulen besuchen als Wiener, stammt nur die Hälfte der Studierenden am
Wiener Konservatorium und an der Wiener Musikhochschule aus Niederösterreich. Das geht aber
dann weiter. Bei überregionalen Wettbewerben hat nämlich Niederösterreich im Ergebnis in den
letzten Jahren schlechter abgeschnitten. Gerade diese Tatsache hat eine Reihe von Persönlichkeiten
veranlaßt, diese Frage zu untersuchen, und man kommt zur Auffassung, daß Niederösterreich in
Fortsetzung des großartigen Ausbaues seines Pflichtschulwesens einen auf Niederösterreich
zugeschnittenen Überbau des Musikschulwesens braucht, und zwar in Form eines Konservatoriums.
Es ist richtig, daß das Gespräch: wie der Abg. Bernkopf gesagt hat, im Gang ist und daß man in
nächster Zeit insbesondere mit den Musikschulen, wo die größten Vorbehalte bestehen, darüber
reden muß. Ich glaube aber, daß sich Niederösterreich der Notwendigkeit nicht nur deswegen nicht
verschließen kann, weil diese Fakten dafür sprechen, sondern weil diese Einrichtung auch in allen
anderen acht Bundesländern schon besteht, allerdings mit nicht unbeträchtlichen Opfern. Jetzt komme
ich wieder auf die Bemerkung des Herrn Landesfinanzreferenten zurück. Ich möchte das Kulturbudget
des Landes Niederösterreich mit jenen der anderen Bundesländer vergleichen. Wir können bitte aber
nur die Gruppe 3 vergleichen. Alle anderen Gruppen können nicht mit einbezogen werden, da in den
anderen Bundesländern bezüglich der kulturellen Aktivitäten andere Gruppierungen bestehen. Die
Gruppe 3 ist aber nach der neuen Voranschlagsverordnung in allen Bundesländern, in allen
Gebietskörperschaften gleich.
Da ist im Burgenland ein Prozentsatz von 1,9% ausgeworfen, in Kärnten von 1,31, wobei das
Stadttheater Klagenfurt allein 35,5 Millionen Schilling davon in Anspruch nimmt, Oberösterreich
rangiert mit 2%, hier haben die Musikschulen im laufenden Budget 97 Millionen Schilling an Mitteln
beansprucht, Salzburg hat im Hinblick auf die besondere Situation 3,11%, Tirol 1,6%, Vorarlberg
2,24% und Steiermark 1,46%, wobei für die steirische Landesmusikschule - da gibt es eine andere
Konstruktion - 33 Millionen Schilling, für die Hochschule für Musik 20,4 und für Musikschulen der
Gemeinden 30 Millionen Schilling aufgewendet werden. Bitte, das Budget 1979 sieht einen Betrag von
12,5 Millionen Schilling als Unterstützung der Gemeinden für die Musikschulerhaltung vor. Gemeinden
bzw. Musikschulerhalter sind in einigen Fällen auch Vereinigungen.
Ich glaube daher, meine Damen und Herren, es muß uns klar sein, daß der Weg, der in
Niederösterreich gegangen wird, gerade auf kulturellem Gebiet absolut erfolgreich war, daß es aber,
auf Sicht gesehen, - da unterstreiche ich genau das, was der Herr Abg. Wallner gesagt hat - unbedingt
notwendig ist, die Ansätze, die dem Kulturreferat zur Verfügung stehen, doch entscheidend und
unverhältnismäßig mehr anzuheben. Wenn ich also hier an Bertholt Brecht denke, der gemeint hat,
zuerst kommt das Beißen, dann die Moral, dann verstehe ich schon, daß in den ersten
Nachkriegsjahren eben für diese Dinge wenig Geld vorhanden war. In den letzten Jahren ist eine
gewisse Verbesserung eingetreten, aber mir scheint es bezeichnend zu sein, daß der erste
Rückschlag gerade in wirtschaftlicher Hinsicht das Kulturbudget von 0,88% auf 0,84%, in der Relation
zwar unbedeutend, aber doch irgendwie symptomatisch zurückgedrängt hat. Es ist verständlich, wenn
man bedenkt, welche großen wirtschaftlichen Probleme, welche wirtschaftlichen Sorgen es gibt. Der
kulturelle Bereich aber ist in den letzten Jahren derart explodiert, daß es oft an ein Wunder grenzt, wie
alle diese Aktivitäten, die in Niederösterreich gesetzt worden sind, bewältigt werden könnten.
Ich möchte vielleicht einige Ursachen anführen, einige Gründe. Es wurde hier ein sehr praktisches
Beispiel gemeindlicher Kulturarbeit angeführt. Es ist erfreulich, wie stark sich die Gemeinden gerade
im kulturellen Bereich engagieren. Ich kann nur sagen, einzelne Vereinigungen, mögen sie noch so
aktiv und attraktiv sein, können die hundertfache Tätigkeit, die auf gemeindlicher Ebene durchgeführt
wird, nur ergänzen, aber nicht ersetzen. Die eigentliche kulturelle Breitenarbeit wird in erster Linie von
den Gemeinden geleistet, und ich möchte meiner besonderen Befriedigung darüber Ausdruck geben,
daß eine starke Kooperation zwischen dem Kulturreferat des Landes und den Gemeinden besteht, die
so sichtbare Erfolge auf verschiedensten Teilgebieten bereits erbracht hat.
Ich darf auch heuer wieder auf die Aktivitäten der Vereinigungen, gleich welcher Art, hinweisen, ob es
sich um Vereine handelt, die sich die Intensivierung der Kulturbetriebe an sich zum Ziel gesetzt haben,
wie hier einer in seiner Tätigkeit vorgestellt worden ist, oder ob es sich eben um spezielle
Vereinigungen handelt, die sich eine bestimmte Sparte der Kulturarbeit zum Ziel gesetzt haben, um
den Volkshochschulverband zu nennen oder das Bildungs- und Heimatwerk, die sehr breit wirksam
sind, und darüber hinaus all die Vereinigungen, die existieren, um die Tätigkeit der Kunstschaffenden
zu erleichtern, zu fördern. Der Landesverband der Kunstvereine ist für das Land ein sehr wichtiger
Partner.
Ich darf doch vielleicht auch auf eine Sparte des Ausstellungswesens hinweisen, die heute oder
gestern abend etwas wenig zum Vorschein gekommen ist. Es ist nicht so, daß im Land
Niederösterreich nur historische Ausstellungen veranstaltet werden, wie das vielleicht da und dort den
Anschein hat, sondern daß sehr viele Ausstellungen gerade zeitgenössischer Künstler durchgeführt
werden. Wir haben an die 40 Galerien im Lande, die entweder regelmäßig oder fallweise Künstler
präsentieren. Wenn man die Besucherzahlen - wir haben eine Erhebung diesbezüglich laufen zusammenzählt, kann man annähernd in die Bereiche der Ausstellungen alter Kunstwerke kommen.
Auf diesem Gebiet hat sich gerade in den letzten Jahren sehr viel aktiviert. Hier ist der Landesverband
der Kunstvereine von besonderer Wirksamkeit und Bedeutung.
Last, not least darf ich bei dieser Gelegenheit neben den Gemeinden, neben den Verbänden und
Bereichen doch die Mitarbeiter des Kulturreferates hervorheben, die in den letzten Jahren und
insbesondere im abgelaufenen Jahr ungeheure Arbeitsleistungen und einen enormen Einsatz im
Interesse der Sache erbrachten. Beamter im Kulturreferat sein, heißt nicht, bloß seine Tätigkeit in der
Kanzlei zu verrichten, nein, dieser Beamte muß mobil sein, er muß aktiv sein, er muß engagiert sein,
er muß von seiner Aufgabe erfüllt sein, muß idealistisch sein. Ich glaube, der Großteil der
Beamtenschaft im Kulturreferat entspricht diesen Anforderungen, sonst wäre es nicht möglich
gewesen, all das, was in Niederösterreich in der letzten Zeit auf kulturellem Gebiet geschehen ist und
was das Image des Bundeslandes Niederösterreich doch auch ganz entscheidend verbessert hat, zu
leisten.
Ich möchte auf ein paar Bemerkungen eingehen, die im Laufe der Diskussion gestern und heute
gemacht wurden. Herr Abg. Amon, Sie haben sehr deutliche Einwände rechtspolitischer Natur gegen
das Ortsbilderhaltungsgesetz, das in Antragsform hier vorliegt, gemacht. Es wird sich sicher ein
gemeinsamer Weg finden, war Ihre weitere Feststellung, deswegen auch, weil diese rechtspolitischen
Bedenken nicht so gravierend sein können, da ähnliche Gesetze in anderen Bundesländern zum
Vorbild genommen wurden, etwa ein diesbezügliches Gesetz, das ja schon in Salzburg Geltung hat.
Wenn man sich hier an gültige gesetzliche Bestimmungen anlehnt, glaube ich, ist es möglich, daß wir
in Niederösterreich, wenn der gemeinsame Wille besteht, zu einer Lösung kommen, deswegen, weil
wir mit den denkmalpflegerischen Bestimmungen, mit den denkmalpflegerischen Möglichkeiten nicht
auskommen, da die Frage der Ortsbildpflege und Ortsbilderhaltung über den engeren Bereich des
Denkmalschutzes und der Denkmalpflege hinausgeht. Ich würde es sehr begrüßen, auch wenn dieser
Bereich ressortmäßig an das Kulturreferat nur angrenzt, daß auf dem Gebiet etwas geschieht, damit
von dieser Seite her eine Verbesserung und Erhaltung des Ortsbildes möglich ist. Im Bewußtsein der
Bevölkerung hat sich sehr viel geändert. Ich glaube, die weitere konsequente Folge ist, daß auch der
Gesetzgeber die notwendigen Vorkehrungen trifft.
Es wurde schon von Herrn Abg. Bernkopf, von Herrn Abg. Wallner und Blabolil die Problematik der
Musikschulen angeführt. Ich habe meinen Standpunkt über die Notwendigkeit eines Konservatoriums
schon dargelegt. Die Erhaltung der Musikschulen ist für unsere Gemeinden eine sehr schwere
Aufgabe, und wir müssen in nächster Zeit trachten, sie stärker als bisher in diesen Bestrebungen zu
unterstützen. Ich bin auch der Meinung, daß es hier Schwerpunkte geben soll. Das hat aber meines
Erachtens nach zur Voraussetzung, daß ein Problem, das gerade der Herr Bürgermeister Blabolil
angedeutet hat, doch einer besseren Lösung zugeführt wird, nämlich die Erhaltung der Musikschulen
durch die Sitzgemeinden.
Es gibt im Landtag ein Musikschulförderungsgesetz, das deswegen nicht behandelt wird, weil die
Problematik des Konservatoriums mit einbezogen werden soll. Hier ist zum erstenmal von der
Möglichkeit der Erhaltung von Musikschulen durch Gemeinden und Gemeindeverbände die Rede. Ich
glaube, wir werden sukzessive dort hinkommen, wo wir in der Pflichtschulerhaltung sind, daß es
nämlich auch bei den Musikschulen Musikschulgemeinden oder
Musikschulerhaltungsgemeindeverbände wird geben müssen, um die Belastung der Gemeinden
einerseits, aber auch die Chancen der Kinder, die im Umland einer Sitzgemeinde wohnen,
entsprechend auszugleichen. Ich kann mir schon vorstellen, daß die eine oder andere Gemeinde, die
als Sitzgemeinde eine Musikschule erhält, jährlich enorme Mittel zuschießen muß und bei der
Aufnahme von Kindern aus anderen Gemeinden zurückhaltender ist, wenn vor allem die
Wohngemeinde nicht bereit ist, auch einen Beitrag zu leisten. Ich glaube, die Frage der
Musikschulerhaltung müßte in den nächsten Jahren doch in einer dieser Arten, die ich angedeutet
habe, einer Regelung zugeführt werden.
Die Anregung, eine Festspielwoche für das niederösterreichische Laienspiel zu machen, halte ich für
sehr wichtig. Wir haben mit unseren Sommerspielen sehr große Probleme, obwohl ich der Auffassung
bin, daß die Sommerspiele von der niederösterreichischen Kulturszene nicht mehr wegzudenken sind,
weil sie ein wichtiges kulturelles Angebot für die Bevölkerung Niederösterreichs sind, da ja die
Bespielung mit bestehenden Theatern nur punktuell erfolgt, sodaß also auf dem Theatersektor doch
eine größere Breitenwirkung für das ganze Land möglich ist.
Die Wirkung auf den Fremdenverkehr brauche ich nicht besonders erwähnen. Hier gibt es ja
Erfahrungszahlen, die in stadtnahen Spielorten, in Wien nahen Spielorten bis zu 70 und 80% der
Besucher aus Wien registrieren. Hier sehe ich völlig legitim auch eine Aufgabe der Kulturverwaltung
darin, daß wir unseren Gästen aus Wien dieses besonders qualifizierte Angebot geben, wenngleich
ich der Meinung bin, daß eine weitere zahlenmäßige Ausdehnung sehr sorgfältig beurteilt werden
muß. Neue Initiativen müssen im Hinblick auf die Konkurrenzierung der bestehenden Einrichtungen in
erster Linie auf die finanzielle Belastung, die dabei in Zukunft zu erwarten ist, geprüft werden. Es ist
selbstverständlich, daß jeder Spielort zunächst mit den bescheidensten Mitteln das Auslangen findet.
Haben sich die Veranstaltungen einmal institutionalisiert, haben sie sich etabliert, dann beginnen die
Anforderungen selbstverständlich zu steigen und sind dann kaum zu bewältigen.
Es gibt einige Sommerspielorte, die heute ihre deutliche Unzufriedenheit bezüglich der
Subventionshöhe in der Relation zu den anderen sehr hart artikulieren. Hier würde ich aber um
Verständnis bitten. Es gibt Sommerspielorte, die sehr früh begonnen haben und heute eine gewisse
Subventionshöhe als notwendig nachweisen, aber es gibt nicht mehr Mittel. Daher kann nicht jeder
neue Ort schon in derselben Höhe subventioniert werden. Das ist das eine.
So sehr ich also hier f ü r eine gewisse Begrenzung und Vorsicht bin, bin ich der Auffassung, daß das
nicht auf dem Sektor Laienspiel, Laientheater gilt. Ich darf nur hoffen, daß die Arbeitsgemeinschaft für
Schul- und Laienspiel, Schulspiel- und Amateurtheater in den nächsten Jahren gemeinsam mit dem
Kulturreferat die Idee eines Laienspielfestivals in Niederösterreich verwirklicht. Es sind die Gefahren
zu klären, aber ich hoffe, daß das in den nächsten Jahren möglich sein wird.
Ich darf auf einige der Punktationen des Herrn Abg. Wallner noch ganz kurz eingehen. Wenn er zum
Beispiel anregt, daß Atelierförderungsaktionen gemacht werden sollen, dann möchte ich nur darauf
hinweisen, daß das in den abgelaufenen Jahren wiederholt geschehen ist und daß das Land
Niederösterreich alles daransetzt, um kunstschaffende Wissenschafter im Land ansässig zu machen
durch verschiedene Hilfestellungen, sei es der Erwerb, wie das sehr häufig ist, der
denkmalgeschützten Objekte. Wir restaurieren sie mit relativ hohem Aufwand. Hier geben wir immer
wieder verstärkt auch Mittel aus dem Titel Denkmalpflege. Wir geben Künstlern durch Ankäufe von
Kunstwerken Hilfestellung bei der Einrichtung eines Ateliers. Ich könnte eine Reihe von Namen
anführen. Wir bemühen uns hier durchaus; ich bin aber sehr dafür, daß wir diese Aktionen noch
verstärken, nur müssen wir uns noch über die finanziellen Konsequenzen im klaren sein.
Bezüglich der Anregung, eine Kokoschka-Ausstellung durchzuführen, besteht seitens des
Kulturreferates überhaupt kein Einwand. Es ist nur die Problematik, daß halt im Achtzigerjahr, das für
diese Ausstellung vorgesehen ist, die Landesausstellung „Österreich - Kaiser Josef 11.“ in Melk
stattfindet. Die Frage, ob man sich nicht auf so nahem Raum damit konkurrenziert, muß natürlich
schon sehr objektiv und gründlich geprüft werden, wobei die Meinungen eher dahin gehen, daß eine
Kokoschka-Ausstellung, die sicher für Niederösterreich und für Krems eine sehr große Attraktion wäre,
eine solche Konkurrenzierung eher nicht darstellen würde. Außerdem müßte man halt eine
Kostentragung vereinbaren. Zur Zeit hat das Kulturreferat eben die erforderlichen Mittel nicht zur
Verfügung, aber wir sind in jeder Weise gerne bereit, hier in verschiedenster Art mitzuarbeiten. Über
die Aufgabenstellung müßte dann noch gesprochen werden.
Die Frage der Subsidiarität darf ich vielleicht auch noch ganz kurz streifen. Das Kulturreferat ist gar
nicht in der Lage, meine Damen und Herren, sich als Veranstaltungszentrum oder als Management zu
verstehen. Wir haben so viele Aufgaben, die sich in erster Linie auf die Hilfestellung für die
Kulturarbeit draußen beziehen, und wir sind, wie gesagt, darauf angewiesen, daß sowohl Gemeinden
als auch andere Organisationen die Kulturarbeit auf privater oder vereinsmäßiger Basis vorantreiben,
die Kulturförderung mit uns entsprechend bewerkstelligen. Daher sind wir immer und jederzeit bereit,
mit verschiedensten Organisationen in dieser Hinsicht zusammenzuarbeiten. Das gilt, Herr Kollege
Wallner, selbstverständlich auch für die Niederösterreichische Gesellschaft für Kunst und Kultur,
wenngleich es hier natürlich eine bestimmte Differenzierung in der Aufgabenstellung gibt. Es sind
ganz andere Motive und ganz andere Aufgaben, die Sie sich selbst gestellt haben, das ist ja in der
Demokratie eine Selbstverständlichkeit, aber alles, was die Kulturszene Niederösterreichs, ob nun
punktuell oder breit gestreut, aktiviert, kann nur begrüßt werden und wird auch von der
Landesregierung entweder ideell oder materiell unterstützt. Die materielle Unterstützung ist in dem
Fall nicht erforderlich, weil es ja hier erfreulicherweise Subsidien gibt, die aus anderen Quellen
stammen und die ja, so geplant, auch das Landesbudget etwas entlasten sollen.
Die Kulturpolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist an sich attraktiver geworden. Das spürt
man auch in den Gemeinden, obwohl hier noch manches zu tun ist. Viele Gemeinden haben erkannt,
daß die Bevölkerung diese Aktivierung heute sehr dankbar annimmt. Es ist daher unser Bestreben,
die Kulturreferenten der Gemeinden besser mit Informationen auszustatten. Es ist leider heuer noch
nicht möglich gewesen, mit den Gemeindevertreterverbänden gemeinsam eine Aktion zur Schulung
und Information der Kulturreferenten durchzuführen. Dieses Ziel ist aber bestätigt worden. Sowohl der
ÖVP-Gemeindevertreterverband als auch der SPÖ-Gemeindevertreterverband werden in nächster
Zeit mit dem Kulturreferat den ersten Schritt gemeinsam setzen. Von dieser Aktion erwarte ich mir
sehr viel. Die öffentliche Hand hat, meine Damen und Herren, im kulturellen Bereich in erster Linie zu
fördern, zu offerieren und zu animieren, und sie hat nicht - das ist heute schon durchgeklungen - zu
reglementieren.
Untrennbar aber ist der Zusammenhang zwischen Kultur und Bildung, sowohl in ihrer institutionellen
Art als auch in ihrem sonstigen Bereich. Institutionell heißt, daß unser Anliegen im Kulturbereich
genauso groß sein muß wie das der Schule und Erwachsenenbildung, wenn es kulturell vorwärts
gehen soll. Daher bin ich über die Entwicklung des Schulwesens und besonders der
Erwachsenenbildung, die ja dargestellt worden ist, sehr dankbar und froh, weil ich mir von dorther sehr
entscheidende Impulse für die kulturelle Situation erwarte. Wer denn, wenn nicht die
Volkshochschulen oder das Bildungs- und Heimatwerk, soll die Menschen laufend mit jenen
Informationen ausstatten, die notwendig sind, um sich in dieser unüberschaubaren Kulturszene auch
nur einigermaßen zurechtzufinden? Es ist eine permanente Aufgabe, den Menschen jene
Schwellenangst zur Kultur zu nehmen, die immer wieder noch vorhanden ist, den Menschen jenes
Minimalrüstzeug oder Basisrüstzeug ständig zu geben, das notwendig ist, um etwa eine Galerie zu
besuchen, einen Vortrag zu verstehen. Hier hat die Bildung und die Erwachsenenbildung eine
permanente Aufgabe, der sie sich in verstärktem Maße unterziehen muß. Gerade auf dem Gebiet
werden seitens des Kulturreferates in verstärktem Maße Wege gesucht und sicherlich auch Mittel
eingesetzt werden. Kulturarbeit heißt also, meine Damen und Herren, Hilfestellung für die Mitbürger,
heißt aber auch ununterbrochen offerieren; heißt ununterbrochen anbieten. Der schönste Dank und
Lohn für den um Kultur Bemühten ist immer wieder, daß noch mehr Menschen - und daß uns das in
den vergangenen Jahren gelungen ist, ist heute eine allgemeine Feststellung gewesen - dieses
Angebot annehmen (Beifall im Hause.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Berichterstatter hat das Schlußwort.
Berichterstatter Abg. KLETZL: Ich verzichte.
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zur Abstimmung liegt vor die Gruppe 3, Kunst, Kultur und Kultus. Ich
bitte den Berichterstatter, nunmehr den Antrag zur Gruppe 3, Kunst, Kultur und Kultus, Ordentlicher
Teil, zu stellen.
Berichterstatter Abg. KLETZL: Ich stelle den Antrag, die Gruppe 3, Kunst, Kultur und Kultus, mit
Einnahmen im Ordentlichen Teil von 5,737.000 Schilling und Ausgaben von 133,851.000 Schilling zu
genehmigen.
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL (nach Abstimmung über die Gruppe 3, Kunst, Kultur und Kultus,
Ordentlicher Teil in Erfordernis und Bedeckung): Angenommen.
Ich ersuche den Berichterstatter, Frau Abg. Kletzl, zur Gruppe 4, Soziale Wohlfahrt und
Wohnbauförderung, Ordentlicher Teil und Außerordentlicher Teil, zu berichten.
Berichterstatter Abg. KLETZL: Die Gruppe 4, Soziale Wohlfahrt und Wohnbauförderung, sieht
ordentliche Ausgaben von 3.743,922.000 Schilling vor. Die Einnahmen betragen 2.902,898.000
Schilling. In dieser Gruppe sind Ausgaben und Einnahmen für allgemeine öffentliche Wohlfahrt, freie
Wohlfahrt, Jugendwohlfahrt, Behebung von Notständen, sozialpolitische Maßnahmen,
familienpolitische Maßnahmen und Wohnbauförderung vorgesehen.
Der prozentuelle Anteil am Ausgabenvolumen des Ordentlichen Teiles des Voranschlages beträgt
23,36%.
Im Außerordentlichen Teil sind Ausgaben von 212,469.000 Schilling bei Einnahmen von 49,803.000
Schilling veranschlagt. Darf ich um die Debatte bitten.
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Ich eröffne die Debatte. Zum Worte gelangt der Abg. Bernkopf.
Abg. BERNKOPF: Herr Präsident! Hoher Landtag! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, daß
ich mich im Zusammenhang mit der Gruppe 4 mit einigen Problemen befasse. Was mir als Mitglied
des Finanzkontrollausschusses bei unseren Einschaukontrollen in den Landesaltenheimen am
meisten aufgefallen ist, war die Inaktivität der Heimbewohner, sofern sie nicht, wie das in einigen
Heimen der Fall ist und auch dort nur bei einer verschwindenden Minderheit, mit Arbeiten in Haus und
Garten betraut sind. Bei der Mehrheit dieser Bewohner hat man das Gefühl, daß sich ihr Leben in den
Heimen durch das Reglement und vorgeschriebene Aktivitäten, wie zum Beispiel die Einnahme der
Mahlzeit zu bestimmten Zeiten, erschöpft. Aber auch auf andere Tätigkeiten wird oft Einfluß
genommen, wie etwa durch die Beschränkung der abendlichen Ausgehzeit, durch Kochverbot, durch
Beschränkungen beim Fernsehen oder Reglementierung der Bettruhe. So ist die Heimsituation oft
gekennzeichnet durch einige vorgeschriebene Handlungen einerseits und dem Verbot zahlreicher
anderer Aktivitäten andererseits.
Einige Tätigkeiten, wie das Putzen des eigenen Zimmers oder die Zubereitung kleiner Mahlzeiten,
würden aber von rüstigen Heimbewohnern oft noch gerne ausgeübt werden. Dies würde ihnen auch
ein positiveres Selbstgefühl ermöglichen. Die Einschränkung dieser Verhaltensmöglichkeiten verstärkt
die Unsicherheit der Heimbewohner, mit der Welt da draußen fertig zu werden.
Der in neuerer Zeit stärker im Blickpunkt stehende Typ des Altenwohnheimes hat diese negativen
Wirkungen nicht, wie bereits vergleichende Untersuchungen in den Jahren 1968 in der
Bundesrepublik ergeben haben. Soferne den Bewohnern eine solche praktische Tätigkeit, die
überdies noch das Personal entlasten könnte, aus physischen Gründen nicht mehr möglich ist,
könnten unter Umständen Aktivitätskurse ähnliche therapeutische Wirkungen haben. Die
Grundvoraussetzung, meine sehr geehrten Damen und Herren, dafür aber ist, daß man den
Menschen in den Heimen ein gewisses Mitspracherecht sichert.
Wir sozialistischen Abgeordneten dieses Hohen Hauses haben daher am 19. April 1977 einen Antrag
eingebracht, wonach die Landesregierung aufgefordert wird, für die Landesaltenheime sowie für die
Pflegeheime nach Maßgabe der in solchen Heimen bestehenden Möglichkeiten eine Heimordnung zu
erlassen, durch die in geheimer Wahl gewählte Heimvertreter ermöglicht werden. Dieser Antrag wurde
in der Sitzung des Sozialausschusses vom 30. Juni 1977 von der ÖVP-Mehrheit abgelehnt und ein
Antrag des Abg. Fidesser, wonach eine Heimordnung in je einem Landesaltenheim und Pflegeheim zu
erproben wäre, angenommen. Dieser Antrag fand auch die Zustimmung in der Sitzung des
Niederösterreichischen Landtages vom 7. Juli 1977.
Wir Sozialisten haben bis heute nicht begriffen, was die ÖVP-Mehrheit dieses Landtages veranlassen
konnte, an mündigen Staatsbürgern ein Mitspracherecht zu erproben, was heute jedem Schüler, was
heute in den Betrieben eine Selbstverständlichkeit geworden ist und wo doch die Mitbestimmung in
den Betrieben immer weiter ausgebaut wird. Wir haben uns trotzdem damit abgefunden, nach dem
Spruch, daß der Spatz in der Hand eben besser sei als die Taube auf dem Dach. Und auch im
Vertrauen auf die Ausführungen des Abg. Fidesser, der damals meinte, ich zitiere wörtlich: „Wir
glauben aber, daß die Frage der Mitbestimmung gerade bei den älteren Menschen in den
Altenheimen bzw. insbesondere in den Pflegeheimen eine ganz vielschichtige Problematik aufweist,
und weil es bisher ohne Beispiel ist, sollte man diese Mitbestimmung wirklich eingehend gemeinsam
besprechen und auch ausführen können.“
Ich glaube also, daß es sicher möglich ist, die verschiedensten Vorschläge in den jeweiligen Heimen
nach den charakteristischen Möglichkeiten der Heimbewohner auch tatsächlich einmal
auszuprobieren. Dann wird diese Heimordnung sicher auch erlassen werden können. Wir waren daher
der Meinung, daß man dieses Problem nun gemeinsam besprechen wird, um zu einem Optimum an
Mitsprachemöglichkeiten für unsere Heimbewohner kommen zu können. Weit gefehlt, zumindest,
meine Damen und Herren, mit uns wurde nicht gesprochen.
Am 22. November 1978 kam über die Landtagskanzlei ein Schreiben der Abteilung VII/1 an den Klub,
worin sich die Landesregierung beehrt, unter Berufung auf den Beschluß des Landtages vor 16
Monaten nunmehr eine Heimordnung zur Erprobung für das Landesaltenheim Klosterneuburg und für
das Landespflegeheim Melk vorzulegen. Ich hoffe nicht, daß es der Aufforderung des Obmannes des
Seniorenbundes der ÖVP, des ehemaligen Abgeordneten und Vizekanzlers Dr. Withalm, bedurfte, um
Herrn Landeshauptmannstellvertreter Ludwig aktiv werden zu lassen. Ich zitiere hier aus der Wiener
Zeitung:
„Withalm fordert Einrichtung von Heimbeiräten. Die Einrichtung von Heimbeiräten in allen Altenheimen
forderte Montag der Obmann des Österreichischen Seniorenbundes, Dr. Withalm, bei einer Tagung
des Salzburger Seniorenbundes. Mit der Einrichtung von Heimbeiräten soll erreicht werden, daß alle
Maßnahmen der Heimleitung mit den Anliegen und Bedürfnissen der Heimbewohner in
demokratischer Art und Weise abgestimmt werden, betonte Withalm. Auf Grund von Hinweisen und
Beschwerden müsse der Seniorenbund öfter die Erfahrung machen, daß in manchen Heimen die
Heiminsassen nicht nur als Insassen bezeichnet, sondern auch als solche behandelt würden. Vielfach
seien die dort bestehenden Heimordnungen Ausdruck einer Haltung, die die Interessen der
Verwaltung vor die Anliegen und Wünsche der alten Menschen in diesen Heimen stelle.“
Wir haben nunmehr diese Heimordnung vorliegen, und wie schaut dieses Musterstück an
Heimordnung aus, zu der man immerhin 16 Monate gebraucht hat?
Im § 1 wird also die Anzahl der Vertreter festgehalten, daß in den Heimen bis zu 100 Plätzen drei, in
den Heimen bis zu 200 Plätzen vier und in den Heimen über 200 Plätzen fünf Vertreter gewählt
werden sollen.
§ 2 spricht über die Wahlberechtigung, daß also hier nur wählbar bzw. wahlberechtigt ist, wer
volljährig und vom aktiven Wahlrecht zum Landtag von Niederösterreich nicht ausgeschlossen ist und
am Tag der Wahlausschreibung dem Stande der Heimbewohner angehört hat.
§ 3. Die Art der Wahl. Die Vertreter der Heimbewohner und deren Ersatzleute sind in geheimer Wahl
zu ermitteln. Es handelt sich um eine Persönlichkeitswahl.
Der § 4 betrifft die Reihung der Vertreter der Heimbewohner. Es wird in den Punkten a), b), c)
aufgeteilt und festgehalten, daß sich die Reihung der Vertreter der Heimbewohner und deren
Ersatzleute nach der für sie einzeln abgegebenen Stimme richtet. Wer die höchste Stimmenanzahl
erreicht, ist natürlich an die erste Stelle zu setzen.
Der § 5 spricht über die Wahl während der Funktionsperiode. Sie beträgt drei Jahre, und sollte
während der Funktionsperiode die Anzahl der Vertreter auf weniger als die Hälfte herabsinken, so sind
eben Neuwahlen durchzuführen.
Der § 6 spricht über den Stimmzettel. Die Stimmzettel sind von der Heimverwaltung zur Verfügung zu
stellen. Auf den Stimmzetteln sind die Namen der Kandidaten in der gleichen Reihenfolge anzuführen,
wie sie in der Wahlkundmachung bereits gereiht sind, und auf dem Stimmzettel ist anzuführen,
wieviele Vertreter und Ersatzleute höchstens angekreuzt werden dürfen.
Der wichtigste Punkt so einer Bestimmung ist immerhin die Durchführung der Wahl. Hier heißt es: „Die
Durchführung der Wahl obliegt dem Dienststellenleiter des Heimes unter Hinzuziehung von zwei
Heimbewohnern.“ Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hier beginnen sich unsere Auffassungen
zu unterscheiden. Wir sind der Auffassung, daß ein Wahlvorstand, ein Wahlgremium, zu wählen wäre,
wo der Dienststellenleiter hinzugezogen werden kann, und nicht umgekehrt, daß der
Dienststellenleiter unter Hinzuziehung von zwei Heiminsassen die Wahl durchzuführen hat. Es steht
nicht darinnen, wie die zwei ermittelt werden. Darf sie sich der Herr Dienststellenleiter aussuchen, darf
er sie bestimmen, oder werden diese von den Heiminsassen in irgendeiner Form gewählt? Es ist also
nichts vorhanden. Das gleiche gilt für den Punkt c). Die Namen der wählbaren Kandidaten sind zwei
Wochen vor der Wahl durch Anschlag im Heim kundzumachen. Keine Bemerkung darüber, wie diese
Kandidaten hier aufgestellt werden, wer sie nominiert und von wo sie nominiert werden können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dann der Aufgabenbereich dieser Vertreter der
Heimbewohner. Es ist vielleicht das schlechteste, was ich auf diesem Gebiete jemals gesehen habe:
Die Vertreter der Heimbewohner haben das Recht, mindestens einmal im Vierteljahr von der
Heimverwaltung angehört zu werden. Von Demokratie, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist in
diesem Entwurf sehr wenig drinnen. Auch Bestimmungen von Heimvorschriften, welche Wünsche und
Beschwerden von Heimbewohnern deren Anliegen betreffen, werden vom Aufgabenbereich der
Vertreter der Heimbewohner nicht berührt. Oder: Von der Heimverwaltung abgewiesene Wünsche und
Beschwerden können von den Vertretern der Heimbewohner im Wege der Heimverwaltung und der
Dienststellenleiter der zuständigen Abteilung beim Amt der NÖ Landesregierung zur Entscheidung
vorgelegt werden.
Der Heimbewohner kann nicht einmal selber, wenn er gegen den Chef dieses Heimes zum Beispiel
eine Beschwerde hätte, zur Landesregierung gehen, er muß über den Chef, über den er sich
beschwert, eine Beschwerde einreichen! Im letzten Punkt heißt es dann noch, daß eventuell
anfallende Kosten für diese Tätigkeit nur dann von der Heimverwaltung übernommen werden, wenn
sie vorher dieser Maßnahme zugestimmt hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Heimordnung dieser Fassung ohne jedweden Inhalt
wird nun mit 1. Jänner 1979 in den beiden Heimen Klosterneuburg und Melk in Kraft treten. Für uns
kann sie nicht mehr sein als ein erster Beitrag zu diesem Thema, und nur in diesem Lichte, meine
sehr verehrten Damen und Herren, haben auch unsere Regierungsmitglieder ihre Zustimmung
gegeben, um endlich damit die Debatte darüber in Gang bringen zu können. Da aus dieser
Heimordnung keinerlei positive Erkenntnisse gewonnen werden können, diese aber drei Jahre in Kraft
sein wird, schlagen wir vor, daß während des Zeitraumes von einem Jahr in allen Altenheimen und
Pflegeheimen verschiedene Modelle erprobt werden. Die daraus gewonnenen Erfahrungen könnten
dann in einer definitiven Heimordnung erlassen werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei! Ich richte hier an Sie
den Appell: Setzen wir uns zusammen, Sie, wir, die Abteilung VII/l, sprechen wir darüber, denn wenn
das, ich sage es offen und ehrlich, in die Öffentlichkeit kommt, was müssen da die Leute von uns
denken?
Ich darf mir in diesem Zusammenhang daher erlauben, einen Resolutionsantrag zu stellen:
„Resolutionsantrag
des Abg. Bernkopf zur Gruppe 4 des Voranschlages des Landes Niederösterreich für das Jahr 1979,
Landtagszahl 590.
Die Landesregierung wird aufgefordert, für alle niederösterreichischen Altenheime und Pflegeheime
eine Heimordnung zu erlassen.
Um die jeweils bestmögliche Form der Mitbestimmung zu ermitteln, sollen für den Zeitraum eines
Jahres verschiedene Modelle erprobt werden. Unter Berücksichtigung der daraus gewonnenen
Erfahrungen sollen sodann definitive Heimordnungen erlassen werden.“
Ich darf Sie bitten, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Volkspartei, diesem Antrag
beizutreten, und wir sind gerne bereit, darüber zu sprechen.
Zum Schlusse erlaube ich mir, einige Bemerkungen zur Sozialhilfe im Zusammenhang mit der
Erhöhung der Richtsätze der Blindenbeihilfe ab 1. Jänner 1979 zu machen. Das Land
Niederösterreich liegt bei den Blindenbeihilfen seit Jahren an achter und damit an vorletzter Stelle im
Reigen der österreichischen Bundesländer. Die Landessozialreferentenkonferenz hat bereits im April
1976 den Beschluß gefaßt, die Blindenbeihilfensätze der einzelnen Bundesländer schrittweise an die
bestehenden Höchstsätze heranzuführen, weitere Erhöhungen dann jedoch nur mehr akkordiert
vorzunehmen. Darüber gibt es auch einen einschlägigen Beschluß der Landesfinanzreferenten.
Es war daher im Amtsvorschlag, der dem letzten Sozialhilfebeirat vorgelegen war, beabsichtigt, die
Sätze der Blindenbeihilfe über den allgemeinen Anpassungsfaktor von 7% hinaus um weitere 5% zu
erhöhen. Mit dieser Gesamterhöhung von 12% wäre zwar Niederösterreich auch nicht vom achten
Platz weggekommen, denn wollten wir vom achten Platz weg und nur auf den siebenten Platz
kommen, müßten wir ja um 15% erhöhen. Aber die Schere, meine sehr geehrten Damen und Herren,
zwischen den Beihilfensätzen der anderen Bundesländer wäre um ein Wesentliches kleiner geworden.
Die Vertreter der Österreichischen Volkspartei haben es abgelehnt, dieser Erhöhung zuzustimmen.
Sie waren nur bereit, die Beihilfe um 10% zu erhöhen und haben das mit ihrer Mehrheit auch
beschlossen. Das Land Niederösterreich hat sich dadurch 516.725 Schilling erspart. Auch die
niederösterreichischen Gemeinden haben dadurch eine Ersparnis von 775.087 Schilling, aber, meine
sehr geehrten Damen und Herren, auf Kosten der vom Schicksal so schwer Betroffenen. Eine traurige
Einsparung auf der falschen Seite! Ich habe mit unseren Freunden des sozialistischen
Gemeindevertreterverbandes gesprochen, und es gab darüber, über die Frage der Erhöhung um
diese 1276, nicht einmal eine Debatte. Es kann also der Widerstand nur von den von der ÖVP
dominierten Gemeinden kommen. Oder, meine sehr geehrten Damen und Herren, werden die
Gemeinden nur als Vorwand für die Nichtgewährung vorgeschoben?
Es gäbe allerdings, das gebe ich zu, in der Sozialhilfe einiges, wenn der Herr
Landeshauptmannstellvertreter Ludwig es wollte, was zur echten Entlastung der Gemeinden führen
könnte. Ich denke hier an den von uns seinerzeit propagierten Aufteilungsschlüssel von 50 : 50 oder,
das hat der Herr Präsident Reiter auch in seiner Rede schon angeführt, an die Errichtung der
Pflegeabteilungen in den einzelnen Landesaltenheimen, denn hier, meine sehr geehrten Damen und
Herren, erspart sich der Herr Finanzreferent zur Zeit sehr beträchtliche Mittel auf Kosten der
niederösterreichischen Gemeinden.
Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, haben vor einiger Zeit eine Plakataktion gestartet, ihr
erstes Plakat war der Sozialhilfe gewidmet. Der Slogan lautet: „Gemeinsam helfen.“ Die Sozialhilfe,
die Hilfe für jene Menschen, die der Hilfe der Gesellschaft bedürfen, wird nicht an schönen Sprüchen
und Reden gemessen, sondern an den Leistungen, die dahinterstehen. Wenn Sie es ernst meinen mit
dem gemeinsamen Helfen, werden Sie jerderzeit unserer vollsten Unterstützung und Mitarbeit sicher
sein können. Aber, das sagen wir, sparen, jawohl, am richtigen Platz; bei den Hilfebedürftigen, nein.
(Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt der Abg. Fidesser.
Abg. FIDESSER: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zum Sozialbudget vorerst
eher einige grundsätzliche Bemerkungen machen. Der heutige Sozialstaat steht, wie viele meinen, an
einer Grenze. Persönlich bin ich der Meinung, daß er sehr wohl an einer Grenze steht, aber eher an
der Grenze einer Fehlentwicklung und lange nicht an der Grenze weiterer Verbesserungen des
menschlichen Lebens. Es ist so, daß auch heute und gerade in unserer heutigen Gesellschaft, ich
glaube sogar mehr denn je, sozialpolitische Maßnahmen notwendig sind, und jeder, der heute
sozialpolitische Verbesserungen verlangt, ist deswegen noch lange kein Linksüberholer, wie es sehr
oft und immer wieder in der Öffentlichkeit dargestellt wird.
Wir müssen aber, glaube ich, heute alle zugeben, daß wir aus den Erfahrungen der letzten Jahrzehnte
sehen und erkennen müssen, daß wir an einer Wende angelangt sind. Es zeichnen sich im Denken
der Verantwortlichen, aber auch in der Bevölkerung Konturen einer Wende ab, und es erfolgt immer
häufiger der Ruf nach Auswegen in die Zukunft. Ich nenne hier absichtlich zwei Buchtitel, weil es zeigt,
daß sich nicht nur der Politiker damit beschäftigt und weil diese beiden Buchtitel zeigen, daß im freien
Bereich der Wissenschaft, aber auch der Öffentlichkeitsarbeiter das Interesse am Wenden in dieser
Richtung im Sozialbereich sehr groß ist. Die Wissenschaftler Millendorfer, Gaspari haben eben
festgestellt, daß wir an einer Wende stehen, die sich sehr deutlich abzeichnet. Das Buch „Auswege in
die Zukunft“ von Professor Bruckmann, der sehr bekannt ist durch seine Fernsehauftritte, zeigt
ebenfalls an, daß wir so, wie wir bisher in den letzten Jahrzehnten geglaubt haben, Sozialbereiche
regeln zu können, nicht mehr weitermachen können. Wir stehen am Ende einer Entwicklung, wo wir
alle geglaubt haben, alles wäre machbar. Materiell gebe es da keine Grenzen, alles sei kaufbar. Wenn
wir nur genügend Vorsorge für die Finanzierung treffen, dann gehe das schon alles.
Nunmehr kommen wir darauf, daß materieller Wohlstand allein Probleme nicht löst. Im Gegenteil.
Jeder, der sich mit Sozialpolitik beschäftigt, muß zugeben, daß durch den Wohlstand neue soziale
Fragen aufgetreten sind, auf die wir auf einmal keine Antwort wissen, weil die Frage, die sich heute
viel mehr den Menschen aufdrängt, nämlich die Frage nach dem Sinn, überhaupt nicht mit Produktion
und Konsum beantwortet werden kann.
Es zeigt sich, daß übertriebenes grenzenloses Leistungsstreben, wie es da und dort immer wieder
auch als Ziel politischen Strebens hingestellt wird, das Leben sehr oft sogar sinnlos macht. Auch da
stimme ich mit Ihnen sehr stark überein. Hier gibt es ja gerade im Bereich der
Arbeitnehmervertretungen gemeinsame Anstrengungen, daß eine neue, sinnvollere Art der Arbeit
gefunden wird.
Ich glaube aber auch, daß die Einsamkeit, die Trennung der Eltern von Kindern und den Enkeln, nicht
mit Pensionsgarantien allein bewältigt werden kann, auch nicht mit der noch besseren Finanzierung
dieser Dinge, obwohl ich zugebe, daß hier ein Unterschied zu machen ist zwischen Mindestpensionen
oder Mindestrenten und dem anderen Denken in der Absicherung des Lebensabends, weil
andererseits gerade bei der Jugend die Wohlstandsverwahrlosung weder durch Ganztagsschulen
noch durch Heime und Horte, aber auch nicht durch Jugendzentren aufgefangen werden kann.
Nun noch ein zweiter Ausgangspunkt, der, glaube ich, zu dieser Entwicklung geführt hat, nicht nur der
Glaube, daß alles machbar, alles materiell bewältigbar, also kaufbar wäre, sondern auch in anderer
Beziehung. Wir stehen nämlich am Ende einer Entwicklung zum Sozialismus, am Ende einer Utopie,
wo man glaubt, daß durch kollektive Verantwortung, durch kollektive Sicherheit, durch kollektive
demokratische Bestimmung in allen Lebensbereichen, also durch uneingeschränkte Demokratie, das
Leben des einzelnen problemlos, sicherer, reicher und das gesellschaftliche Leben gerechter und
menschlicher wird (Ruf von Abg. Kalteis.)
Ich komme schon darauf zu sprechen. Man hat begonnen, dem einzelnen Verantwortung, Probleme
abzunehmen, und man hat damit auch die kleine Gemeinschaft getroffen, weil man geglaubt hat, der
Sinn der neuen Gemeinschaft, der zukünftigen Gesellschaft wird der sein, daß diese Kleinstrukturen
wegkommen, wir würden dann in einer klassenlosen Gesellschaft leben, wo alle gleichmäßig
mitbestimmen. Damit ist der Sinn dieser kleinen Gemeinschaft zur gegenseitigen Hilfe sehr oft
verlorengegangen, und wir haben mit all diesem Streben die Grundlage familiärer
Gesellschaftsstruktur in Frage gestellt.
Nun gibt es aber zwei Seiten der Medaille. Die eine Seite ist tatsächlich der befreite Mensch, der
befreit wurde von Verantwortung, den persönlichen Problemen; Hilfsverpflichtungen, die hat er an die
Allgemeinheit abgegeben. Dieser Mensch - ich gebe zu, das ist momentan schon die Mehrheit -, der
triumphiert vordergründig. Er hat das Gefühl, tatsächlich, da bin ich von vielen Verpflichtungen befreit
worden!
Nun schauen wir uns aber die zweite Seite der Medaille an. Das sind die betroffenen Menschen. Das
sind die, deren Probleme der Allgemeinheit zugemutet wurden, die abgeschoben wurden an die
Allgemeinheit. Das sind dann die sozialen Fälle. Das sind die Gruppen von Menschen, die auf einmal
neue soziale Fragen aufwerfen. Deren Leben ist nämlich abhängig von der Verantwortung der
einzelnen Menschen, ist abhängig von Dankbarkeit, ist abhängig von gegenseitiger Hilfe. Zum
Beispiel die Kinder, die Mütter, Alte und Hilfsbedürftige, für sie wird ein solches System, ich gebe zu,
wir haben es nicht, ich weise nur darauf hin, ein solches zukünftiges System sogar menschlich noch
brutaler, sie werden Opfer einer Wegwerfgesellschaft: das Wegwerfkind, die Wegwerffrau, die
Wegwerfeltern. Man disponiert oder man deponiert in diesem Staat, von der Kinderkrippe angefangen
bis zum Pflegeheim.
Nur einige Fehlentwicklungen, die ich damit aufzeigen möchte. Mutter sein wird auf einmal heute eher
abgewertet, nur die berufstätige Frau gilt vollwertig, emanzipiert. Als ob Emanzipation im
menschlichen Bereich der Familie nicht mindestens so wichtig und interessant wäre! Die Kinder
antworten darauf eher anders: in der Entwicklung zum Jugendlichen mit Drogensucht, steigenden
Selbstmordraten, Kriminalität, Terror. Immer mehr ältere Menschen werden in Isolation und
Einsamkeit gedrängt oder in Heime abgeschoben, wo sie Sehnsucht nach zu Hause empfinden.
Glücklich sind sie nicht.
Für mich persönlich - und ich glaube, für die meisten von uns - wird heute eine Warnung oder ein
Aufruf im Salzburger Programm der ÖVP verständlich, weil es gar nicht mehr allgemein bezogen ist,
sondern auf den einzelnen Menschen hin bezogen werden kann, wo es heißt: „Das Maß an Freiheit,
das wir morgen besitzen werden, hängt vom Maß an Verantwortung ab, das wir heute zu übernehmen
bereit sind.“
Nun aber auch zu einer anderen Frage. Ist das alles, was sich so als neue Entwicklung zeigt oder
gezeigt hat, überhaupt machbar? Ist es tatsächlich so, daß wir diesen großen Glauben an die
Finanzierbarkeit, Kaufbarkeit, Machbarkeit fortsetzen können? Gerade die letzten Jahre haben
gezeigt, daß wir am Ende der Finanzierbarkeiten stehen. Ich möchte da gar nicht auf Probleme des
Finanzministers mit dem Budget allein hinweisen. Ich möchte auch anzeigen, daß es im
Bundesbudget erste Schritte von Sozialdemontagen gegeben hat. Wenn etwa die Geldmittel für den
Familienlastenausgleichsfonds um ein Prozent von sechs Prozent gekürzt wurden, umgeschichtet
wurden, hat man immer 15 bis 20% der Geldmittel des Familienlastenausgleichsfonds weggenommen
und für andere Dinge bereitgestellt. (Rufe von links.) Nein, bitte, die Einkommen des
Familienlastenausgleichsfonds wurden erstmalig umgeschichtet. Da fließt nichts mehr zu, es geht
nicht mehr um die Überschüsse, Herr Kollege. Außerdem, wenn man bereits im Pensionsbereich
Umschichtungen vornimmt, wenn man Gelder, die für die Vorsorgemedizin gewidmet sind, für andere
Probleme widmet, so zeigen sich hier zumindest tatsächliche Problemstellungen, daß vieles, wie wir
geglaubt haben, nicht mehr so einfach finanzierbar ist. Ich kann aber heute auch auf Einwände der
Gemeinden hinweisen. Die meisten von uns sind in den Gemeinden tätig und stellen fest, daß das
Sozialbudget gewaltig überhand nimmt und daß viele Gemeindebudgets unter dieser Last leiden.
Nun möchte ich an einem Beispiel im Altenbereich aufzeigen, daß wir in Wirklichkeit mit dieser
Riesenbelastung nur Teilbereiche lösen, und zwar in der tatsächlichen Altenversorgung, wenn wir es
so nennen. Ich habe mir die Mühe gemacht, festzustellen, wieviele Hilfe- oder Pflegebedürftige es
denn eigentlich in Niederösterreich gibt. Das ist gar nicht so einfach, weil es tatsächlich keine
wissenschaftliche Untersuchung oder statistische Erhebung gibt, die man voll annehmen könnte. Es
sind ca. 40.000 Hilflosenzuschüsse, die in Niederösterreich von den verschiedenen
Pensionsversicherungen gegeben werden, und etwa 3.500 Pflegegelder zahlen wir aus für 3.500
Pflegebedürftige. Es wird sich also um etwa 40.000 bis 45.000 Personen handeln, von denen wir
sagen können, daß sie hilflos oder pflegebedürftig sind.
Ich habe im eigenen Bereich in einigen Gemeinden Versuche gemacht, und da habe ich festgestellt,
daß etwa ein Viertel von diesen 40.000 bis 45.000 Personen in häuslicher Pflege sein sollte, daß sie
also tatsächlich nicht mehr damit zufriedengestellt werden können, daß sie bei einigen täglichen
Verrichtungen Hilfe erhalten. Das sind davon also etwa 10.000 Personen. In den Landesheimen
haben wir 9.000 Plätze, davon 2.000 Pflegefälle und 7.000 Nichtpflegebedürftige. Da sind die Privaten
miteingeschlossen.
Am Beispiel von Untersuchungen im Ausland können wir feststellen - ich habe mir die Mühe gemacht,
Altenheime, die mir zugänglich waren, zu überprüfen -, daß auch in unseren Heimen etwa ein Drittel
nichtpflegebedürftiger Menschen untergebracht sind, die weder von der finanziellen Seite her
sozialbedürftig wären noch von der menschlichen Seite her, denn es ist nicht unbedingt Sinn und
Zweck der Pensionistenheime, daß die Leute dort nur wie in einem Pensionat untergebracht sind; ich
komme darauf noch zurück. Wir haben also im Land tatsächlich etwa 6.000 Personen, die in diesen
betreuten Bereich hineingehören: 2.000 Pflegefälle und 4.000 andere Fälle. Wenn ich das umrechne,
so sind es nur etwa 15 bis 20% der betroffenen Bevölkerung, für die wir gewaltige Geldmittel
ausgeben. Im Betrieb allein 250 Millionen Schilling, von denen 53 Millionen Schilling ungedeckt sind,
wenn ich das jetzige Budget hernehme. Davon zahlen die Gemeinden 32 Millionen Schilling, das Land
21 Millionen Schilling.
Der Bau von Heimen, der in den Betriebsgeldern, in den Pflegegeldern nicht untergebracht werden
kann, erfordert 100 Millionen Schilling für Altenheime, 40 Millionen Schilling für Pflegeheime. Davon
zahlen 50 Millionen Schilling die Gemeinden, 90 Millionen Schilling das Land. Insgesamt bezahlt also
für 15 bis 20% der Betroffenen das Land 110 Millionen Schilling, die Gemeinden 80 Millionen
Schilling. Und wieviel gibt das Land für 80 bis 85% der Betroffenen, wenn man da einmal nachsieht
dazu? Da muß man mit der Lupe suchen, bitte. Das war vor 1978 ein Betrag von 2,5 Millionen
Schilling, 1978 waren es 7 Millionen Schilling, und im nächsten Jahr werden es 10 Millionen Schilling
sein.
Die Folge solcher Überlegungen wird sein, daß wir systematisch in der Bevölkerung ein Denken
erzeugen, das in die verkehrte Richtung geht, nämlich, daß die Bevölkerung mit der Zeit glaubt, na der
natürliche Weg ist, die Eltern in die Altenheime zu geben. Ich glaube, das kann doch nicht der Sinn
unserer Entwicklung sein. Ich glaube, daß wir viel deutlicher aufzeigen müßten, daß die häuslichfamiliäre Pflege genau das ist, was sich der einzelne Mensch am meisten ersehnt, wenn er älter wird:
daß er nicht verpflanzt wird aus der Gemeinschaft, in die er hineingeboren oder hineingewachsen ist,
gerade in einer Zeit verpflanzt wird, wo es ihm gar nicht mehr leicht fällt, neue Kontakte zu schließen.
Wenn ich den Schluß aus diesen Bemerkungen ziehe, dann glaube ich, daß es erstens einmal
notwendig sein wird, die gesamte Weiterführung der jetzigen Sozialmaßnahmen zu überdenken, um
Grenzen oder Wenden feststellen zu können und nachzudenken, wo eine Entwicklung, die wir unter
Umständen mit vielen Millionen Schilling unterstützen, auf der einen Seite in ein nicht finanzierbares
System oder in ein menschlich brutales System führen könnte. Auf der anderen Seite, glaube ich,
sollten wir überlegen, daß, ohne bei diesen Ausgaben den Gesamtrahmen, also etwa 200 bis 210
Millionen Schilling, gewaltig ausdehnen zu müssen, das Gleichgewicht zwischen Heimpflege und
familiär-häuslicher Pflege hergestellt werden müßte, damit wir hier einmal die richtigen Nuancen
treffen.
Ich bin nämlich überzeugt, daß allein am Beispiel der Altenpolitik etwas aufgezeigt werden kann, was
in vielen anderen Bereichen der Sozialpolitik auch gilt. Die Güte und der Wert, der Erfolg
sozialpolitischer Maßnahmen ist nicht mit den Geldsummen zu messen, die diese Lösungen kosten.
Ähnliche Überlegungen kann man auch für Behinderte, psychisch Behinderte, sozialgefährdete
Jugendliche und so weiter anstellen.
Für diese Gedanken, die ich jetzt zum Ausdruck gebracht habe, liegt der Grund darin, daß wir im
heurigen Jahr, im Frühjahr, in der ÖVP eine familienpolitische Kampagne gestartet haben, weil es
dringend notwendig ist, in der Gesamtbevölkerung ein Umdenken zu erzeugen. Wir müssen der
Familie ihren inneren Sinn wiedergeben. Wir müssen ihr die gesellschaftliche und finanzielle
Grundlage wieder geben, weil sie erst dann, wenn es zu diesem Umdenken kommt, wieder ein
Fundament für eine humanere Gesellschaft bilden kann, weil sie dann vieles bewältigen kann, was der
Staat gar nicht kann. Das, was die Steuerzahler nämlich an der Politik so schätzen, ist dann auch in
unseren Budgets sichtbar, weil es die Familien leisten, nämlich eine echte Entlastung für staatliche
Ausgaben. Das muß man auch dem „Staberl“ einmal sagen, wenn er in der Kronen-Zeitung so
leichtfertig gegen familienpolitische Maßnahmen schreibt. Man muß ihm deutlich auch von dieser
Stelle sagen, daß er vielleicht ein wenig überlegen sollte, daß das, was die Familien leisten, durch
seine Unterstützung unter Umständen dazu führen könnte, daß die finanziellen Bereiche, die dem
Steuerzahler so furchtbar viel Geld kosten, durch die kleine Förderung, die diesen Familien für ihre
Tätigkeit zukommt, unter Umständen in anderen Bereichen weit weniger kostet.
Generell, glaube ich, müßten wir sagen, die Familie bildet die beste Lösung für menschliches Altern,
für die Eingliederung der Behinderten und geistig Behinderten und für die sozial Gefährdeten. Und
wenn es nicht die Familie ist, oder sein kann, dann sollten wir von der Organisation, vom Staat, vom
Land, von den Gemeinden, familienähnliche Bereiche herstellen: also nicht Pensionate, sondern
familienähnliche Wohngemeinschaften.
Ich möchte noch anführen, daß im Sinne des Prinzips der Subsidiarität zur Hilfe im Sozialbereich eine
weitere Möglichkeit besteht, daß wir nämlich unter Umständen dort, wo die Familien mit ihren
Problemen allein nicht fertig werden, gesellschaftliche und staatliche Einrichtungen schaffen, womit
wir ihnen zwar nicht Probleme abnehmen, aber jene Dinge, die sie selbst nicht machen können,
zusätzlich machen. Wir sollten also die sozialen Dienste und die Nachbarschaftshilfe wesentlich
stärker als bisher organisieren und auch mithelfen, daß sie finanziert werden können, und wo es dann
notwendig ist, Heime und staatliche Pflege zur Verfügung zu stellen, dort sollten wir überdenken, ob
sie für das menschliche Leben entsprechend gestaltet werden.
(Dritter Präsident Reiter übernimmt den Vorsitz.)
Ich möchte jetzt nicht auf die Problematik der Altenpolitik eingehen, weil meine Ausführungen sonst zu
lang würden. Ich darf aber sagen, daß auch ich das, was mein Vorredner festgestellt hat, nämlich, daß
in unseren Heimen die älteren Menschen viel zu wenig Eigenleben führen können und daß sie eher
wie in Pensionaten untergebracht werden, richtig ist und daß es besser wäre, sich Möglichkeiten
einfallen zu lassen, wie man das ändern kann. Da ist es dringend notwendig, den Gedanken des
Altenwohnheimes aufzunehmen, wo die Leute völlig selbständig, sei es im Familienverband oder im
Haushaltsbereich, ihre Probleme bewältigen können. Es ist nicht notwendig, daß man ihnen das
Frühstück vorsetzt, es ist nicht notwendig, daß man sie sozusagen in allen Bereichen bedient,
sondern sie selber müssen ihr Leben aktiv in die Hand nehmen und gestalten können. Es ist also eine
dringende Umorientierung der Heime erforderlich.
Dasselbe bitte ist im Behindertenbereich und auch bei den geistig Behinderten notwendig. Da haben
wir Mauer und Gugging vollgepfropft mit chronischen Fällen. Es wäre dringend notwendig, hier eine
Änderung einzuleiten, wie es in anderen Ländern in vielen Bereichen bereits geschieht. Besserer
Ausbau für die Akutkranken, damit der, der im heutigen Streß unter Umständen tatsächlich einmal
durch eine zu starke Belastung in so eine Nervenheilanstalt eingeliefert werden muß, nicht abgewertet
wird und nicht womöglich daraus ein Fall für sein ganzes Leben entsteht. Das wissen wir. Wenn heute
einer krank wird und mit einem körperlichen Leiden monatelang in einem Spital liegt, in einem internen
medizinischen Bereich, und er kommt nach einiger Zeit heraus, so ist man hoch erfreut, gratuliert ihm,
sagt Okay, jetzt bist du wieder gesund. Wenn jemand aus so einer Nervenheilanstalt kommt, dann
hängt ihm sozusagen das Odium all derer an, die wie 400 oder 500 andere in Korneuburg oder in
Klosterneuburg oder fast 900 Fälle in Mauer sind, und man sagt, na ja bitte, du bist auch so einer.
Das heißt also, wir müssen dringend versuchen, den neurologisch-psychiatrischen Bereich im
Krankenhaus selbst aufzuwerten, viel besser zu machen und den chronischkranken Bereich
überhaupt anders zu gliedern. Dazu gibt es Möglichkeiten. Da haben wir erst in den letzten Wochen
den Weg des sozialpsychologischen Dienstes, des psychosozialen Dienstes beschritten. Da gibt es
Übergangseinrichtungen. In England heißt das Halfway-House, das heißt, wo man ausgliedert und die
Leute viel leichter wieder in die Gesellschaft eingliedern kann. Da gibt es dann die Möglichkeit, wie es
etwa in einem Bundesland vorgezeigt wird, daß man die Leute in einer Art Fremdenverkehrsbetriebe
unterbringt, wo dann der Tag nicht 350 bis 400 Schilling kostet, sondern 120 bis 130 Schilling und die
Betreuung selbst über den psychosozialen Dienst durchgeführt wird.
Zum Abschluß noch den Jugendbereich. Ohne direkt auf die Probleme eingehen zu wollen, darf ich
doch an einem Beispiel hervorstreichen, wie meine Vorschläge, die ich jetzt gebracht habe, nicht
verstanden werden sollen. All das, was ich gesagt habe, wie die Umgliederung in den Heimen, ist
nicht eine Sache, die von heute auf morgen geschehen kann, sondern wo wir nur durch gemeinsame
Gespräche und viele Anstrengungen hinkommen können. Im Jugendbereich ist das aber auf einmal
ganz plötzlich geschehen. Da hat man vor einigen Jahren durch ein Bundesgesetz Kaiserebersdorf
aufgelöst und gemeint, die Entwicklung sei viel günstiger, wenn man solche Probleme durch
Bewährungshelfer zu lösen versucht, um die Resozialisierung von Kriminellen tatsächlich zu
bewältigen. Plötzlich ist die Idee Wirklichkeit geworden und die Folge:
Die Richter weisen diese Leute heute in die niederösterreichischen Jugendheime ein, in
Jugendheime, die gar nicht für eine Resozialisierung geschaffen sind, in Jugendheime, die dafür
geschaffen sind, Jugendliche, die aus Versagen der Familie oder des Milieus heraus durch die Hilfe
dieser Heime ein Gefühl für den sozialen Bereich bekommen sollen, in die Gesellschaft wieder
einzugliedern. Diese werden auf einmal mit Jugendlichen konfrontiert, die resozialisiert werden
müßten, das heißt, die bereits gewaltige innere Fehler haben und die heute den ganzen Betrieb in den
Jugendheimen umschmeißen. Es ist also nicht der richtige Weg, auf der einen Seite aufzulösen und
auf der anderen Seite Probleme zu schaffen. Ich habe fast den Verdacht, daß es auf der einen Seite
ein großer zukunftsträchtiger Gedankengang war, der dazu geführt hat, der aber auf der anderen
Seite dem Bund sehr willkommen war, Gelder auf die Länder zu übertragen. Es sind also zwei Wege,
die grundsätzliche Ausgangsbasen und Verschiedenheiten haben, die sich aber zufällig
glücklicherweise zu einem Bundesgesetz getroffen haben.
Darf ich nun zum Schluß kommen. Ich würde mich freuen, wenn es mir gelungen wäre zu zeigen, daß
Güte und Wert, also die Qualität der sozialpolitischen Maßnahmen, nicht in Geld, in der Höhe der
Kosten, gemessen werden kann, also nicht in der Quantität sozialpolitischer Maßnahmen. Ich darf mir
nun die Bemerkung erlauben, daß bei Budgetberatungen auch von diesem Pult aus mehr gedacht
werden sollte, wie man unter Umständen umschichten könnte. Das, was in der Einleitungsrede vom
Klubobmann Dr. Brezovszky gesagt wurde, kann nicht das Ziel für die heutige Bevölkerung sein. Er
meinte, wir könnten ja noch mehr Schulden machen, wir wären eigentlich noch mehr in der Lage,
Deficit-spending zu betreiben. Wir vom Land Niederösterreich hätten es viel zu wenig gemacht. Der
einzelne aber sollte hier nicht so leichtfertig sagen, ja welche Dinge könnte man denn noch erfinden,
wie könnte man unter Umständen noch Gelder verbrauchen Wir sollten vielmehr nachdenken, wie
man es anders machen kann, besser und billiger, wie man aber auch gleichzeitig an die Bevölkerung
herantreten kann, um halt einmal aufzuzeigen, daß herangebrachte Wünsche, die zum Ziel haben,
Verantwortung an die Allgemeinheit abzugeben, Kosten verursachen und daß, wenn sich das
obertragen von Verantwortung an die Gesellschaft explosiv erweitert, auch bei den Kosten eine
Explosion erfolgt.
Darum sollte man den Leuten immer mehr sagen: „Eigeninitative ist besser für den Betroffenen,
Eigeninitative ist billiger für uns alle. Soziale Probleme können nicht durch Geld, sondern nur durch
Verantwortung, Hilfe von Mensch zu Mensch, durch Aufwertung der Familie und durch Aufwertung der
gegenseitigen nachbarschaftlichen Hilfe gelöst werden!“
So war es gemeint, wenn der Landeshauptmann, wenn die ÖVP aufgerufen hat, gemeinsam zu
helfen. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt die Frau Abg. Tribaumer.
Abg. TRIBAUMER: Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Seit wir in
Niederösterreich das Sozialhilfegesetz in Kraft haben, ist schon sehr viel geschehen, und es freut
mich, daß es unter anderem auch gelungen ist, was die sozialen Dienste betrifft, einen Fortschritt zu
erreichen. Wir Sozialisten sind der Ansicht, daß sich die Sozialpolitik der Länder und der Gemeinden
von der Sorge für die Ungeborenen bis zur Hilfe für unsere alten Menschen erstrecken muß. Sie
umspannt daher alle Altersgruppen und deren Probleme. Sozialpolitik muß als eine Summe von
Maßnahmen verstanden werden, die den Menschen befähigen soll, sein eigenes Schicksal selbst zu
bestimmten. Die Hilfe der Gesellschaft soll jenen zugute kommen, die unter erschwerten Bedingungen
ihr Leben verbringen müssen. Eine Gruppe von Menschen, die unserer Hilfe bedarf, sind unsere
Senioren.
Meine Damen und Herren! Alle wollen wir lange leben, aber alt werden will keiner. Ich glaube, hier
liegt schon etwas Wahres drinnen. Es gibt heute Menschen, die glauben, sich für ihr Lebensalter
entschuldigen zu müssen, andere jedoch sind selbstbewußt und nennen stolz die Zahl ihrer Jahre. Ich
sage, die Senioren haben aber allen Grund, selbstbewußt zu sein, sie bilden keine Minorität, sondern
eine noch viel zu wenig beachtete Mehrheit. Es gibt unternehmungslustige ältere Menschen, aber ich
möchte sagen, die
Lebensfreude ist überhaupt an kein Alter gebunden. Bedenken wir doch, wie unfroh oft junge
Menschen von heute sind, nur können sie ihre Schwermut vor ihren Mitmenschen besser
verheimlichen als ältere. Das moderne Leben, die Motorisierung und das große Konsumangebot
geben den Jungen die Möglichkeit, ihre Traurigkeit mit großem Aufwand zu übertönen. Auf der
Strecke bleibt der Ältere.
Ältere Menschen können ihre Einsamkeit nicht so leicht unterdücken wie die jungen, sie werden oft
vom Alleinsein erdrückt. Sie fühlen sich verlassen in ihrer Unbeholfenheit oder manchmal in ihrer
Hilflosigkeit, gegen die es kein Mittel gibt, vielleicht für manche den Alkohol, der schlechte Freund. Ein
Drittel aller Selbstmorde und Selbstmordversuche begehen Menschen über 60 Jahre. Gewiß spielen
hier Krankheiten und auch private Schicksalsschläge eine Rolle, denn alt sein und allein sein heißt
heute nichts anderes, als abseits stehen. Es ziehen sich nicht die Alten zurück, sondern oft zieht sich
die Gesellschaft von ihnen zurück, und ich glaube, daher muß es unsere dringende Aufgabe sein, hier
Erleichterungen zu schaffen.
Meine Damen und Herren! Gut angekommen ist die Aktion „Urlaub von der Einsamkeit“, die wir nun
seit zwei Jahren in unserem Lande durchführen, wo sich das Land, die Gemeinde und der Pensionist
die Kosten teilen. Für viele war es der erste Urlaub in ihrem Leben, und mir wurde dankbar berichtet,
daß sie die schöne Zeit ihr Leben lang nicht vergessen werden. Eine Woche sich verwöhnen zu
lassen, ist für manche ein Wunschtraum, daß er Wirklichkeit werden könnte, daran wagten sie nicht zu
glauben. 80-, ja sogar 85jährige nahmen an dieser Aktion teil, und manche Gehbehinderte, die durch
ihr Gebrechen von gemeinsamen Spaziergängen und Ausflügen ausgeschlossen waren, freuten sich
von einem Tag auf den anderen auf die netten Stunden am Abend. Gedichte wurden über den Urlaub
verfaßt, lustige Begebenheiten im Bild festgehalten und oftmals auch der „Schnapserkönig“ ermittelt.
Aber, meine Damen und Herren, bei dieser Urlaubsaktion darf nicht übersehen werden, daß sie nicht
nur dem älteren Menschen hilft, sondern auch der Fremdenverkehrswirtschaft. Ich habe darüber
bereits bei einer Budgetdebatte gesprochen. Ich kam zu der Feststellung, daß die älteren Menschen
zu den dankbarsten gehören. Sie wissen gute Dienste zu schätzen, das kann ich auch erleben bei der
Aktion „Essen auf Rädern“. Wir in Neunkirchen führen seit Juli 1978 diese Aktion durch, haben mit 39
Mahlzeiten begonnen und sind derzeit bei 80. Meine Damen und Herren! Diese Aktion kann aber nur
mit freiwilligen Helfern bewältigt werden, ich möchte sagen, sie ist keine leichte Aufgabe. Schnell soll
man sein, Verwechslungen sollen nicht vorkommen unter den vier Menüs, die wir in Neunkirchen
anzubieten haben. Hier meine ich die Normal- oder Schonkost, Galle- oder Diabetikerdiät. Und
glauben Sie mir, manchmal ging mir die Luft aus bei der Bewältigung von Stockwerken, ich gebe das
ganz ehrlich zu, denn viele Menschen, ältere Menschen, wohnen nicht ebenerdig, sondern oftmals
noch im zweiten, dritten und sogar vierten Stock. Bei dieser Aktion stellte ich erst fest, daß es eine
große Anzahl von alleinstehenden Menschen gibt, denen wir mit der Heimhilfe und mit der
Essenszustellung den Weg in ein Altenheim hinausschieben helfen. Ich bin sicher, daß es uns
gelingen wird, nach und nach in den Gemeinden mit Hilfe des Landes oder mit den
Wohlfahrtsvereinen gemeinsam eine bessere Betreuung der älteren Menschen zu erreichen.
Eines, meine Damen und Herren, muß uns noch gelingen: den Gedanken der Nachbarschaftshilfe zu
wecken. Ich sage, ein Mensch, der sich Zeit nimmt für seinen Nächsten, hat immer eine Aufgabe.
Leider gibt es zur Zeit in Niederösterreich die Nachbarschaftshilfe nur auf Sparflamme. In unserem
Nachbarland Burgenland ist man schon einen Schritt weiter. Dort ist man bereit, jenen einen
Anerkennungsbeitrag zu zahlen, die Hilfe gewähren. Diesen Gedanken der Nachbarschaftshilfe
sollten wir nicht beiseite schieben, sondern uns damit echt auseinandersetzen. Mein Vorredner, der
Herr Abg. Fidesser, war auch der Meinung, daß die häuslich-familiäre Pflege die beste ist, und diese
können wir nur mit Heimhilfe, mit Essen auf Rädern, mit den sozialen Diensten verbessern. Ich
glaube, es muß uns gelingen, das Solidaritätsbewußtsein unserer Bevölkerung zu wecken.
Meine Damen und Herren! Überall, wo ich die Möglichkeit habe, zu älteren Menschen zu sprechen,
habe ich sie immer wieder aufgerufen zur Selbsthilfe. Helfen Sie sich untereinander, denn glauben Sie
mir, alle die sozialen Dienste helfen doch mit, daß weniger Plätze in Altenheimen gebraucht werden
und daher die älteren Menschen in iher gewohnten Umgebung verbleiben können, weil sie
ausreichend mit dem Notwendigsten versorgt werden. Aber eines, meine Damen und Herren, muß
uns klar sein: daß wir um einen Versicherungsschutz für die freiwilligen Helfer nicht umhin kommen.
Das hat auch der Kollege Mantler in seiner Rede aufgezeigt; ich weiß schon, daß wir inzwischen einen
Resolutionsantrag des Herrn Präsidenten gemeinsam beschlossen haben, wo es einen besseren
Versicherungsschutz geben soll für die Feuerwehr, für das Rote Kreuz, für den Arbeitersamariterbund.
Wir brauchen aber einen Versicherungsschutz für die vielen freiwilligen Helfer, die wir bei den sozialen
Diensten eingesetzt haben und, wie wir hoffen, in Zukunft noch einsetzen werden.
Meine Damen und Herren! Nun ein paar Worte zu unseren Pflege- und Altenheimen. Der
Finanzkontrollausschuß hat sich zur Aufgabe gestellt, sämtliche Alten- und Pflegeheime einer
Kontrolle zu unterziehen. Er hat uns bereits einige Berichte geliefert, und nach Abschluß der
Prüfungen soll ein Gesamtbericht vorgelegt werden. Ich bin sicher, daß man darüber im Hohen Haus
ausführlich diskutieren wird. Wenn man aber die bisherigen Berichte studiert, stellt man fest, daß es
noch immer Heime gibt, die über kein diplomiertes Krankenpflegepersonal verfügen. Ich habe im
Vorjahr bei der Budgetdebatte einen diesbezüglichen Antrag gestellt, echt mitzuhelfen, diesen
Mißstand zu beseitigen, denn eine große Pflegeabteilung ohne diplomierte Schwester ist nicht zu
verantworten. Hier muß etwas unternommen werden, oder will man warten, bis etwas Ernstes
passiert?
Herr Landeshauptmannstellvertreter Ludwig hat sich vorgenommen, allen Heimen in unserem Lande
einen Besuch abzustatten, und nach seinen Worten im Altersheim Gloggnitz zu schließen, ist er fast
durch alle Heime in Niederösterreich gegangen. Herr Landeshauptmannstellvertreter Ludwig konnte
sich in Gloggnitz in der Pflegeabteilung an Ort und Stelle von der Schwere der Fälle überzeugen. Bei
so einem großen Belag an Pflegefällen ist eine Fachkraft erforderlich. Hier Abhilfe zu schaffen, ist eine
dringende Notwendigkeit. Nochmals eine Bitte: Helfen Sie mit, daß in jeder Pflegeabteilung
diplomiertes Personal eingestellt wird!
Meine Damen und Herren! Zur Zeit liegen im Landtag sieben Vorlagen, die sich mit
Sanierungsarbeiten in den Landesaltenheimen befassen und eine Summe von 94,900.000 Schilling
notwendig machen. Diese Vorhaben sind wichtig, um die verschiedenen Altenheime den heutigen
Erfordernissen nach und nach anzupassen. Nun ein paar Worte zum
Antrag der sozialistischen Abgeordneten, betreffend die Erfüllung des Raumordnungsprogrammes
und des Niederösterreichischen Sozialhilfegesetzes, eingebracht am 4. Oktober 1977. Dieser Antrag
wurde im Sozialausschuß behandelt und dann zur Überprüfung der Landesregierung zugewiesen,
nach einem Jahr Prüfung! Ja, Sie hören richtig, meine Damen und Herren, man hat ein Jahr
gebraucht, um uns dann zu sagen, eine finanzielle Trennung der Pflegeabteilungen von den
Landesaltenheimen hinsichtlich Errichtung, Erweiterung, Instandsetzung und Erhaltung sei praktisch
nicht vollziehbar.
Meine Damen und Herren! Das Land erspart sich bei der Errichtung von Pflegebetten in unseren
Altenheimen auf Kosten der Gemeinden Beträchtliches. Gemeinden werden zur Kostentragung
veranlaßt, was eigentlich alleinige Sache des Landes wäre, und ich behaupte, bei gutem Willen wäre
eine Lösung möglich gewesen! Sich immer wieder auf den Kommunalgipfel auszureden, ist reine
Taktik. Dieser Antrag meiner Fraktion hat mit dem Kommunalgipfel überhaupt nichts zu tun.
Herr Landeshauptmannstellvertreter Ludwig, es sitzen ja viele Bürgermeister hier im Hohen Haus, die
eigentlich mithelfen müßten, daß eine echte Lösung gefunden wird, denn alle ihre Gemeinden müssen
für etwas bezahlen, wozu sie vom Gesetz her überhaupt nicht verpflichtet sind. Wie sieht die
Wirklichkeit aus?
In den Pflegeabteilungen unserer Landesaltenheime sind die Betten überwiegend von
Dauerpfleglingen belegt - so sieht es in Wirklichkeit aus -, und zwar nicht von vorübergehend kranken
Heimbewohnern. Ich hoffe, meine Damen und Herren, man kommt hier bald zu einer befriedigenden
Lösung für die Gemeinden, oder bedarf es erst einer Protestresolution von Seiten der Gemeinde, ehe
man die Sache echt in die Hand nimmt?
Herr Präsident Binder hat in seiner Wortmeldung vor zwei Tagen ein Dankeschön von Seiten der
Gemeinden an den Finanzreferenten dargelegt. Er hat gesagt, Kniefall wird er keinen machen, denn
der Finanzreferent hat für die Gemeinden so viel Verständnis aufgebracht. Hier, meine Damen und
Herren, fehlt das Verständnis, denn ich bin der Meinung, hier müßte etwas geschehen. Ich glaube,
alle, die wir im Hohen Hause sitzen, sind der einhelligen Meinung, daß heute kein Altenheim ohne
Pflegeabteilung gebaut werden darf, nur darf dies nicht alles zu Lasten der Gemeinden gehen,
sondern die Pflegebetten, die echten Pflegebetten, sind reine Landessache.
Meine Damen und Herren! Zum Abschluß noch ein paar Gedanken zu den Behinderten. Die
finanzielle Unterstützung für die behinderte Familie ist eine Errungenschaft der letzten Jahre. Das hat
es bis dahin nie gegeben. Auf dem Gebiete der Behindertenarbeit hat sich in den letzten Jahren vieles
zum Besseren gewendet. Aber glauben Sie mir, mit der Behindertenhilfe allein ist es nicht getan, es
müssen vielmehr alle Möglichkeiten genutzt werden, um den Behinderten und ihren Familien das
Leben erträglich zu machen. Ein Ausspruch unseres Sozialministers hat mich sehr beeindruckt. Es
meinte: „Behindertenpolitik soll nicht nur eine Politik für Behinderte sein, sondern vor allem eine Politik
mit Behinderten.“
Es ist immer wichtig, ob sich eine Familie zu seinem behinderten Kind bekennt, ob sie bereit ist, diese
Last zu tragen. Denn daß es eine Last ist und daß es einer enormen Charakterstärke bedarf sowie
einer großen Liebe zum Kind, das wissen wir. Und daß es unsere Aufgabe ist, die Aufgabe eines
jeden von uns, dabei zu helfen, ist ebenfalls klar. Behinderte Kinder brauchen doppelte Liebe.
Meine Damen und Herren! Ein Besuch vor einigen Jahren in der Kinderabteilung des psychiatrischen
Krankenhauses in Klosterneuburg wird mir ewig in Erinnerung bleiben. Ein gutes Wort, ein Streicheln
machte diese Kinder glücklich, man sah es an ihren Augen. Reden und handeln konnten sie nicht,
aber man fühlte, ob sie glücklich oder unglücklich waren. Es sollte sich jeder Vater und jede Mutter
glücklich schätzen, wenn sie ein gesundes Kind ihr eigen nennen dürfen. Ich danke sehr, sehr herzlich
den Verantwortlichen im Referat, die meinen Antrag vom Vorjahr in die Tat umgesetzt haben. Sie
haben über den Zweck des Antrages hinaus wertvolle Hilfe den beschützenden Werkstätten und
Tagesheimstätten gegeben.
Die Ausstellung von Arbeiten und Produkten der Behinderten in Niederösterreich, meine Damen und
Herren, konnte sich sehen lassen, und sie hat sicherlich einen kleinen Erfolg gebracht. Die
Tagesheimstätte Neunkirchen erhielt bei dieser Ausstellung einen Auftrag in der Höhe von 13.000
Schilling und war glücklich darüber. Es freut mich besonders, daß die nächste Ausstellung bereits für
Juni 1979 geplant ist. Sie wird sicher mithelfen, die Arbeiten unserer Behinderten noch mehr in das
Blickfeld der Öffentlichkeit zu rücken.
Meine Damen und Herren! Mit Freude stelle ich fest, daß sich auch junge Menschen in unserem
Lande mit den Behinderten befassen. Die Junge Generation in der SPÖ hat vor kurzem zu einer
Enquete einberufen, um sich mit der medizinischen und pädagogischen Behandlung sowie mit den
Berufsaussichten für Behinderte zu beschäftigen. Ich glaube, es muß ein Anliegen von uns allen sein,
daß der volle Schutz für unsere Behinderten durch die Gesellschaft gewährleistet ist.
Ich möchte dem Verein „Psychosoziales Zentrum“. der sich vor kurzem konstituiert und seinen Sitz in
Mistelbach hat, viel Erfolg wünschen. Hier soll die Wiedereingliederung von psychisch Kranken durch
spezielles Training oder durch Therapiewerkstätten während des Tages ermöglicht werden. Mit der
Errichtung dieses Zentrums, wo sich auch der Bund finanziell beteiligt hat, soll ein neuer Weg für die
Moderne Psychiatrie beschritten werden.
Ein großes Problem stellt der Alkoholismus dar. Der Alkoholkranke drängt in die Isolation. Wird er aus
der ärztlichen Behandlung entlassen, bedarf er einer Hilfe, und gerade hier ist es wichtig, daß man
seine Umgebung beachtet und daß die Familie echt mithilft. Ich glaube, nur Teamarbeit und
nachgehende Fürsorge können zum Erfolg führen. Ich glaube, man muß in der Sozialhilfe immer
wieder neue Wege beschreiten, um das beste für jene zu erreichen, die unserer Hilfe bedürfen.
Meinen Dank, meine Damen und Herren, möchte ich an alle richten, die mitgeholfen haben, die
Sozialhilfe in unserem Bundesland zu verbessern und auszubauen. Ich danke jenen Personen, deren
berufliche Aufgabe es ist, auf diesem Gebiet ihre bestimmt nicht leichte Arbeit zu verrichten, und die
dieser Aufgabe so verständnisvoll zum Wohle der Hilfsbedürftigen nachgekommen sind. Es haben
außerdem noch viele, viele freiwillige Helfer einen Teil ihrer Freizeit für ihre vom Schicksal
benachteiligten Mitmenschen geopfert und sind tatkräftig, uneigennützig helfend eingesprungen.
Diesen Helfern gilt mein besonderer Dank.
Ich glaube, es ist unser aller Aufgabe, dafür so sorgen und einzutreten, daß auch weiterhin auf dem
Sektor der Sozialhilfe für diejenigen, die unserer Hilfe bedürfen und die unsere Unterstützung
benötigen, das Möglichste unter den gegebenen Umständen getan wird. (Beifall bei der SPÖ und Abg.
Fidesser.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt der Abg. Kienberger.
Abg. KIENBERGER: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich werde wie meine
Vorrednerin, die Frau Abg. Tribaumer, die Aktion „Älter werden - jung bleiben“ vor Ihnen ausbreiten.
Ich kann mich etwas kürzer fassen und auf einige Feststellungen beschränken, da meine Vorrednerin
dieses Thema sehr genau behandelt hat. Der Landtag von Niederösterreich wird selten ein Gesetz
beschlossen haben, das nur acht Paragraphen enthält, 3 Millionen Schilling kostet, lediglich von einer
Beamtin verwaltet wird und eine so wohltuende Wirkung ausübt wie gerade dieses Seniorengesetz.
Selten wird es ein Gesetz geben, das so viel Initialzündung verursacht hat wie eben dieses
Seniorengesetz. Vom Land ist der Funke übergesprungen auf den Bezirk, auf die Gemeinden, auf die
Vereine. Schon auf der Bezirksebene ist es zu einer Menge Aktivität gekommen: Volkstanzgruppen
haben sich in den Dienst dieser Aktion gestellt, da haben die Musikkapellen, Chöre mitgewirkt. Dann
haben sich die Senioren versammelt. Conrads, Hagen und so weiter kamen zu diesen
Veranstaltungen, die von ungefähr 1.000 bis 4.000 Menschen besucht wurden.
Da war ein zweites, das sich ebenfalls sehr gut ausgewirkt hat, und zwar die „Fahrt ins Grüne“.
Gemeindeautobusse standen in Verwendung, außerdem Privatfahrzeuge mit verschiedenen Zielen.
Die dritte Aktion waren die Landessporttage. Man sollte es gar nicht für möglich halten, daß sich
12.000 Pensionisten daran beteiligt haben. Sämtliche Sportarten, die es nur gibt, wurden hier
ausgeübt: Fußball, Tennis, Badminton, Wandern und so weiter. Zum Schluß im September war noch
eine große Wallfahrt, die ebenfalls 20 Personen, Senioren, Pensionisten, in die verschiedenen
Wallfahrtsorte geführt hat.
Der zweite große Abschnitt dieses Gesetzes sind die Begünstigungen. Es wurde schon auf die
Urlaubsaktionen, die um 30 bis 40% verbilligt durchgeführt werden, hingewiesen. Billigere
Eintrittspreise gab es auch bei Sportausübung und Bäderbesuch, bei Ausstellungen und so weiter.
Dann gibt es hier im Land eine Beratungsstelle für Senioren, die sehr beansprucht wird. Die Kosten,
wie ich schon gesagt habe, beliefen sich auf 3 Millionen Schilling, für 1974 auf 4 Millionen Schilling.
Wenn man überlegt, daß hier 300.000 Menschen Hilfe, Freude und ein bisserl Abwechslung im Leben
bekommen haben, so ist das ein sehr geringer Betrag; pro Person 10 Schilling, also ein Krügel Bier,
wenn man es umrechnet.
Da gibt es jedoch überall ein „Aber“. Ich meine nicht eine Alternative zu diesem Gesetz, nein, das ist
großartig. Es gibt immer ein Aber, und es hat verschiedene Äußerungen und Veranlassungen dazu
gegeben. Ich habe vor einiger Zeit mit einem Senior gesprochen, der zu mir gesagt hat: Schauen Sie,
ich lese sehr viel die Zeitung, ich höre das Radio, verfolge das Fernsehen und so weiter. Ich bin also
sehr gut informiert, und da habe ich oft den Eindruck, daß die jetztige Generation ein bisserl ein
schlechtes Gewissen hat, weil sie nicht so sorgfältig umgeht mit dem, was sie von uns erhalten hat,
wie es notwendig wäre. Daher ergreift man gerade für uns ältere Leute gewisse Maßnahmen.
Das nächste sind die Ausführungen des Dr. Brezovszky bei der Generaldebatte. Er hat Ihnen einen
wunderschönen, man muß das alles aus der Sicht des Seniors sehen, Luftballon in die Hand
gegeben, so zum Geleit für das Budget, einen schönen Gruß von der Bundesregierung. Der Senior der Boden ist nicht mehr so tragfähig - sieht das alles ein bisserl realer, er macht sich über
verschiedene Dinge Gedanken.
Das dritte ist eine mangelnde Solidarität. Wir haben davon, glaube ich, im Zusammenhang mit dem
Kabelfernsehen gesprochen. Dabei sind so aus dem Unterbewußtsein heraus ein paar sehr unschöne
Worte gefallen: „Das müssen wir auch mitzahlen“, und dann bei der Sicherheitsdebatte: „Die paar
haben sich immer gefürchtet. Die paar Alten da, na die werden sich auch weiterhin fürchten.“
Schauen Sie, wenn solche Äußerungen failen, dann kriegt der Senior die Ganselhaut. Auf diese Dinge
muß man eingehen, und da muß man vor allem einmal den Begriff „Pensionsversicherung“ klären. Die
Leute sind oft der Meinung, das sei ein großer Kapitalbetrag, und man bekomme eines Tages die
Verzinsung zurück. Wir alle miteinander wissen, daß die aktive arbeitsfähige Bevölkerung diese
Pensionen zu zahlen hat. Zwei Dinge sind für die Bezahlung maßgebend: der Nachwuchs und die
Beschäftigungslage. Nun haben wir vom Kollegen Schober gehört, daß die Kinderzahl um 6.000
abgenommen hat, seit 1971 sogar um 7.000. Ich finde das gar nicht so furchtbar. Gut, die
Geburtenzahl geht zurück, dann kommt aber eines Tages wieder die Zeit, wo der Kinderwagen wieder
modern wird. Es ist auch hier eine gewisse Aufwärts- und Abwärtsentwicklung, das ist gar nicht so
schlecht. Ein Experte, ein Professor von der Sozialversicherungsanstalt, hat gesagt - ich weiß nicht,
wie das heißt, momentan fällt mir das Wort nicht ein - (Ruf: Demoskopie!) -: Aus demoskopischen
Überlegungen heraus sei bis 1985 damit zu rechnen, daß sogar die Entlastung geringer wird, und erst
dann müsse man hier Überlegungen anstellen, doch die ganze Sache mit dem Nachwuchs sei nicht
so beängstigend. Aber, hat er gesagt, sehr wesentlich sei, daß Vollbeschäftigung herrscht. Wenn es
keine Vollbeschäftigung im Lande gibt, dann könne das bedenklich werden,
Noch etwas fällt hier herein. Das ist die Tatsache, daß wir im Land höhere Ausgaben für die
Schulbildung haben. Wir geben also den jungen Menschen die Voraussetzungen, daß sie, wie man
das heute so nennt, eine gute Ausbildung haben, um höherwertige Produkte erzeugen zu können.
Dem steht allerdings entgegen, wenn Sie sich diesen Voranschlag genau anschauen, daß die
Wirtschaftsförderungsausgaben leider Gottes auf lange Sicht immer im Prozentsatz absinken. Wir
haben 1969, vor zehn Jahren, im Voranschlag einen Betrag von 8% gehabt, und jetzt haben wir 4%,
er ist daher abgesunken. Die bessere Bildung wäre also die Voraussetzung für teurere, bessere
Arbeitsplätze, aber ich behaupte, es gehört auch mehr Geld dazu, diese zu schaffen. Mit einem Wort,
um das noch einmal zu erwähnen: Die gute Beschäftigungslage garantiert die Pensionen.
Konjunkturaufschwung. Was hören wir dazu, was sind hier die Äußerungen? Herr Dr. Brezovszky - ich
komme jetzt noch einmal auf seine Äußerungen in der Generaldebatte zurück - hat sehr nüchtern
gesprochen, bis so ein richtiger emotionaler Ausbruch erfolgt ist. Das war in dem Augenblick, wo er
zum Schuldenmachen aufgerufen hat, wo er uns aufgefordert hat, doch mehr Deficit-spending zu
betreiben. Nun wissen wir alle miteinander, solange die Menschheit besteht: Das ein
fachste, wirtschaftliche Probleme zu lösen, ist Schuldenmachen, etwas ausleihen und warten, bis man
es eines Tages zurückgeben kann. Es ist eine einfache Sache, das Schuldenmachen! Dann hat er
Vergleiche angestellt - und das ist nun das Irreführende -, Vergleiche mit anderen Ländern. Es weiß
jeder Private, jeder Bauer, jeder Gewerbetreibende: Wenn er sagt, paß auf, dazu nehmen wir uns
Geld auf, dann sagt seine Frau, soviel können wir nicht aufnehmen. Doch sagt sie, na schau, die
haben ja auch so viele Schulden gemacht, dann wird er sagen, bei denen ist das ganz anders, die
haben ganz andere Verhältnisse.
Wenn Sie sich die Verhältnisse in der Landwirtschaft anschauen, werden Sie finden, daß sich zum
Beispiel die Landwirte, die auf einem besseren Boden wirtschaften, höhere Schulden leisten können und sie haben sie auch - als dort, wo der Bergbauer zu Hause ist, wo die Bodenbeträge karger sind,
auch im Prozentsatz. Nicht nur, daß die Summe höher ist, auch der Prozentsatz ist höher.
Nun kommt der Vergleich mit den Ländern. Er hat dann eine Menge Länder aufgezählt, die große
Schulden haben, und als Trumpf hat er auf die Schweiz hingewiesen und gesagt, da schaut her, was
die Schweiz für Schulden hat. Dazu muß man auch erwähnen, daß ja dort ganz andere Verhältnisse
sind. Wir haben eine Belastung, wie allgemein bekannt ist, von 40% unseres Steueraufkommens. Die
Schweiz hat die Hälfte, 22%. Dazu kommt, daß die Zinsen in der Schweiz viel niedriger sind. Wir
finden einen Ausgleich unserer Zahlungsbilanz mit dem Fremdenverkehr, in der Schweiz dominiert
weitaus die Industrie und dann kommt erst der Fremdenverkehr - also andere Verhältnisse.
Norwegen, hat er erwähnt, das sei ein sehr verschuldetes Land, die hätten riesige Investitionen
getätigt in der Ölwirtschaft, die haben doch auch jetzt diese Ölindustrie in der Nordsee. Dort gibt es
auch Schwierigkeiten, denn das Öl fließt derzeit nicht so stark, wie angenommen wurde. Aber die
haben bei den Investitionen Schulden gemacht, nicht beim Konsum oder für irgendwas zur Stützung.
Die Niederlande sind uns weit überlegen in Exporten, sie betreiben eine sehr intensive
Exportwirtschaft, und die Bundesrepublik Deutschland, die ebenfalls erwähnt wurde, hat
bekanntermaßen eine ganz andere Wirtschaftskraft wie wir. Und dann ist es überhaupt sehr
gefährlich, wenn man alles in Prozente umsetzt. Schauen Sie, wir hatten im Vorjahr ein Sozialprodukt
von 730 oder 740 Milliarden Schilling und ein Budget von nicht ganz 300 Milliarden Schilling. Ich
erinnere mich, Dr. Brezovszky hat das auch erwähnt, das 1970 interessanterweise gleich war; die
Deutschen haben ein Budget gehabt von 100 Milliarden Reichsmark und wir von 100 Milliarden
Schilling. (Abg. Lechner: D-Mark!). D-Mark, natürlich. Und jetzt ist der Unterschied im Verhältnis
wesentlich anders wir sind auf 300 Milliarden Schilling und die sind auf etwas über 200 Milliarden DMark. Also die Situation hat sich verschlechtert.
Und dann zum Abschluß zu diesem Kapitel „Defizit spending“, das er ebenfalls erwähnt hat. Schauen
Sie, die Schwierigkeiten mit den Amerikanern und den Deutschen bestehen doch darin, daß sich der
Schmidt weigert, eine „Defizit spending“-Politik zu betreiben, während die Amerikaner von den
Deutschen verlangen, daß sie gerade auf diesem Sektor, weil es so unverantwortlich ausschaut, eben
die Schuldenpolitik weiter betreiben. Und gerade in diesen Tagen erleben wir doch, daß man eine
neue Währungsordnung schaffen will, die dieses Schuldenmachen ausschließt,
Ich komme zum Abschluß, meine Damen und Herren. Der Senior ist sehr dankbar für Maßnahmen
des Landes, die seine ganze Situation verbessern, denkt aber doch immer auch daran, daß er nicht
von diesem Zuckerl leben kann, sondern er lebt von seiner Pension und - ich muß das noch einmal
sagen - die wird dadurch garantiert, daß die Wirtschaft floriert, daß man ohne Illusionen zu einem
realen Denken kommt. Leider Gottes, muß man eben sagen, ist unsere Wirtschaft in der letzten Zeit
ins Schleudern geraten und wir, glaube ich, müssen alle miteinander zusammenhelfen, das wäre auch
unsere Aufgabe, daß wiederum alles ins richtige Lot kommt. (Beifall bei der ÖVP).
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Worte kommt der Abg. Leichtfried.
Abg. LEICHTFRIED: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr
Abg. Fidesser hat sich heute wiederum als Ideologiediskutant versucht und ich habe das so
verstanden, daß durch die Sozialisten und durch die sozialistische Regierung bereits zu viel für die
Menschen getan worden ist. Wohlstand ist nach seiner Meinung schädlich, vor allem bedeutet er das
Ende der Familie. Es gibt hier, meine Damen und Herren, aber auch den erlaubten Umkehrschluß,
nämlich das Not nach Ihrer Meinung die Familie zusammenschweißt. Wir gehören einer Generation
an, die auch andere Zeiten erlebt hat, nämlich die Zeit der Arbeitslosigkeit, und diese Zeit hat die
Familie zerstört. Wir haben die Zeit des Hungers erlebt und Sie wissen, daß es schreckliche Zeiten für
die Familien gewesen sind. Wir haben die Zeit des Krieges erlebt und wir haben damals keine
glücklichen Familien gehabt. Und die Familien haben damals auch Angst gehabt vor Krankheit und
dem Alter. Das war keine gute Zeit, es war keine gute Familienpolitk, wie wir sie uns als Sozialisten
vorstellen. Diese bitteren Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte haben unsere Politik geformt und
es ist unser Ziel, glückliche Kinder und glückliche Familien in unserem Lande zu wissen. Es ist nicht
alles machbar. da stimmen wir mit dem Kollegen Fidesser überein, aber überall dort, wo soziale
Unterschiede bestehen, hat die Gemeinschaft, hat die Gesellschaft einzuspringen und ausgleichend
zu helfen. Und wir Sozialisten nehmen diese Politik sehr ernst.
Die Regierungspolitik, meine Damen und Herren, der Sozialistischen Partei in den letzten Jahren hat
sehr, sehr viel für die Familien gebracht. Was die Familien am notwendigsten brauchen, meine Damen
und Herrn, ist letzten Endes ein gesicherter Arbeitsplatz, denn nur dann gibt es eine glückliche
Familie, wenn man weiß, daß der Familienerhalter auch morgen und übermorgen noch einen
Arbeitsplatz haben wird. Und viele andere familienpolitische Leistungen sind in den letzten acht
Jahren geschehen, auch wenn sie manchesmal schon in Vergessenheit geraten sind. Die
Geburtenhilfe mit 16.000 Schilling, die Schulfreifahrten, die Schulbücher, die der Familie und den
Kindern heute mehr Chancengleichheit geben, die dreifache Erhöhung der Familienbeihilfe für die
behinderten Kinder - ich nehme nicht an, das ist zuviel gewesen - das Unterhaltsvorschußgesetz für
Frauen, um die sich in früheren Jahren und Jahrzehnten niemand gekümmert hat, die Umwandlung
des Kinderabsetzbetrages, wodurch das Einkommen eben besonders jener Familien erhöht werden
konnte, die über das geringste Einkommen verfügen, die Heiratsbeihilfe für junge Menschen, die eine
Familie gründen, die Schul- und die Heimbeihilfe, die Einbeziehung der Studenten in den
Unfallversicherungsschutz und die Erhöhung des Karenzurlaubsgeldes unter besonderer
Berücksichtigung der ledigen Mutter, die es zweifellos schwieriger in unserer Gesellschaft hat. Wir
haben die Wochenhilfe von drei Monaten auf vier Monate erhöht, und, um nur noch eines zu sagen,
den Pflegeurlaub eingeführt, der es der Mutter, dem Vater oder auch einem Angehörigen erlaubt, im
Fall einer Krankheit in der Familie zur Verfügung zu stehen, wenn eben ein Familienangehöriger am
notwendigsten gebraucht wird. Das alles sind Maßnahmen, meine Damen und Herren, die der Familie
helfen. Und dazu hat, das ist unsere feste Überzeugung, die Gesellschaft auch eine Verpflichtung.
Wenn Ihnen das zuviel ist, dann sagen Sie offen und ehrlich, was zuviel gemacht worden ist in den
vergangenen Jahren und Jahrzehnten für die Menschen in unserem Lande.
Ich stimme Ihnen aber zu, ich sage noch einmal, es ist nicht alles machbar, aber es gibt trotzdem noch
sehr viel, das in unserem Lande geschehen muß und das in besonderem Maße, meine Damen und
Herren, für die ältere Generation. Die dank einer modernen Medizin ständig zunehmende
Lebenserwartung hat in den letzten Jahren zu einem starken Zuwachs betagter Menschen in unserer
Industriegesellschaft geführt. So sehr eine ausreichende materielle Versorgung notwendig ist - hier
haben wir durch unsere zielstrebige Sozialpolitik sehr viel erreicht - ergeben sich in einer Welt des
Wohlstandes soziale Probleme, die sowohl die Wissenschaft, als auch die Politik vor neue Aufgaben
stellt. Ein altes Sprichwort sagt: Geld allein macht nicht glücklich. Dieses wahre Wort gewinnt vor
allem bei den älteren Menschen an Bedeutung, denn der ältere Mensch braucht mehr. Er braucht eine
Aufgabe, er braucht einen Platz in der Gesellschaft, in der er den Weg in den aktiven Ruhestand
gehen kann. Das ist aber gar nicht so leicht und wir, die Jüngeren, haben zur Verwirklichung der
älteren Generation sehr wenig beigetragen. Vor allem müssen die Vorurteile der sogenannten
milchtrinkenden Generation abgebaut werden.
Die Vergangenheit hat gezeigt, daß neue gesellschaftliche Formen zumeist nicht von den
Herrschenden, die mit ihren eigenen Problemen und Sorgen belastet sind, erwartet werden können,
sondern die Selbstverwirklichung muß vor allem auch eine Initiative der Betroffenen, der älteren
Generation selbst, sein. Daß es möglich ist, dafür gibt es viele Beispiele. Ich darf hier nur an die
Pensionistenorganisationen erinnern, die aus dem Bedürfnis der Selbsthilfe entstanden sind und seit
Jahren mit großem Erfolg versuchen, den neuen Lebensabschnitt der älteren Generation sinnvoll zu
gestalten und das Leben der betagten Menschen mit neuen Aufgaben zu erfüllen. Eine solche
Tätigkeit, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann man nur begrüßen und sie müßte eigentlich
auch die größte Beachtung und Anerkennung, vor allem aber auch die höchstmöglichste
Unterstützung der öffentlichen Hand und der gesamten Gesellschaft finden. Mit dem
Niederösterreichischen Seniorengesetz wurden grundsätzlich die Voraussetzungen dafür geschaffen
und durch das Budget auch die finanziellen Weichen gestellt.
Was man aber aus einem an sich guten Gesetz und einer guten Absicht machen kann, wird den
Niederösterreichern in den beiden letzten Jahren sehr deutlich vor Augen geführt. Obwohl im Budget
für das Jahr 1979 beachtliche 4 Millionen Schilling vorgesehen sind, weiß man auf Grund von
Ankündigungen über die Landeskorrespondenz und die Presse und verschiedene andere
Aussendungen schon heute, daß dieser Betrag wiederum in der Hauptsache dazu verwendet wird, um
einige von der Bürokratie her gesteuerte Großveranstaltungen zu organisieren. Ich kann in diesem
Zusammenhang nicht in den Jubelbericht des Herrn Abg. Kienberger einfallen, ich halte das
grundsätzlich für falsch. Die ältere Generation ist selbst in der Lage, derartige Veranstaltungen zu
machen. Dazu braucht sie weder Hofräte, noch Regierungsräte und es ist auch falsch, Herr Abg.
Kienberger, wenn Sie behaupten, daß ein einziger Beamter damit beschäftigt ist. Hier im Land
Niederösterreich werden doch sämtliche Bezirkshauptmannschaften, begonnen vom
Bezirkshauptmann bis zu den gesamten Sozialabteilungen, in Bewegung gesetzt, da ist doch ein
ganzer Stab von Beamten tätig, um diese Veranstaltungen durchzuführen. (Abg. Ing. Schober: Aber
die Menschen sind freiwillig gekommen!)
Außerdem muß man die Organisatoren des Landes daran erinnern, daß ein Jahr 365 Tage hat. Für
einen solchen Zeitraum reicht das Geld nur aus, wenn auch Sie von der Österreichischen Volkspartei
das Subsidiaritätsprinzip nicht nur immer wieder in den Mund nehmen, wenn Sie von dieser Stelle aus
sprechen, sondern wenn Sie das auch ernst nehmen und jede Leistung, wie man hier sagt, die von
privaten Organisationen besser und billiger erbracht werden kann, auch diesen überlassen. Es ist ja
sehr interessant, der Abg. Professor Wallner hat heute vom Subsidiaritätsprinzip gesprochen, der Abg.
Fidesser hat vom Subsidiaritätsprinzip gesprochen, aber immer nur dann, wenn es Ihnen sehr
persönlich in einer ganz bestimmten Sache in das Konzept paßt. Bei der älteren Generation wollen
Sie es nicht gelten lassen. Wenn es Ihnen aber nicht um die ältere Generation - das muß man auch
sehr deutlich sagen -, sondern um eine Politshow geht, dann muß man letzten Endes auch die Kosten
selber dafür übernehmen. Ich anerkenne aber gerne, daß durch die vielen Vorschläge, die hier von
Wien aus gekommen sind, auch einige interessante Aktivitäten ins Leben gerufen und angeregt
worden sind. Aber, Herr Abg. Kienberger, Pensionistenbälle, Pensionistennachmittage,
Ausflugsfahrten oder Fahrten ins Gründe, Schiffsreisen oder Seniorenturnen, das sind keine
Erfindungen dieser Aktion. Diese Tätigkeiten haben die verschiedenen Organisationen schon seit zwei
Jahrzehnten ausgeübt, allerdings ohne Zugriff zu den Steuergeldern und auch ohne Bürokratie. Man
soll also nicht so tun, als ob die ältere Generation erst seit 1977 lebendig geworden wäre. (Abg. Ing.
Kellner: Beweglich ist sie geworden!)
Wenn Sie den Pensionistenbund meinen, der hier etwas lebendiger geworden ist, dann stimme ich
Ihnen ganz gerne zu, aber die übrigen Pensionistenorganisationen haben diese Aufgaben bereits seit
über zweieinhalb Jahrzehnten erfüllt. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich möchte daher auch heute wiederum mit allem Nachdruck dafür eintreten, daß die vorgesehenen
Budgetmittel mit einer Multiplikatorwirkung über die bereits bestehenden Organisationen eingesetzt
werden und auf parteipolitische G’schaftelhubereien verzichtet wird.
Wie Aktionen, die über die Bürokratie gesteuert werden, ausgehen können, meine Damen und Herren
- und vielleicht stimmt mein Blickwinkel nicht ganz, ich habe mich aber erkundigt und es dürfte schon
stimmen - hat der Fotowettbewerb sehr deutlich gezeigt. Aus dem Bezirk Waidhofen an der Thaya hat
sich meines Wissens ein einziger Senior beteiligt. Und wenn nicht ein Beamter des Sozialreferates mit
Fotos eingesprungen wäre, hätte es bei der Prämierung dieser Bilder mehr Pokale als eingereichte
Bilder gegeben (Abg. Dr. Brezovszky: Hört! Hört!) Nachdem in der Folge mangels Bildern jedes Foto
prämiert werden mußte, konnte einer der Teilnehmer für sechs eingereichte Bilder auch sechs Pokale
für seine Familie mit nach Hause nehmen. Eine an sich gute Idee, meine Damen und Herren, ich sage
das noch einmal, eine an sich sehr, sehr gute Idee hat nichts oder nur sehr wenig gebracht. Und Sie
sehen ja auch, es sind gar nicht alle Bezirke vertreten, da hat das also scheinbar überhaupt nicht
funktioniert. Bei uns hat man die Aktion verlängert und gesagt, bitte schön, Ihr fotografiert, gebt uns
doch wenigstens ein paar Bilder. Eine an sich gute Idee hat nichts oder wenig gebracht, vor allem
aber, und das finde ich persönlich sehr bedauerlich, konnte man die ältere Generation selbst nicht
aktivieren. Daß die ältere Generation sich selber darstellt, das ist nicht möglich gewesen, weil man
einfach solche Dinge über die Bürokratie allein nicht machen kann.
Manchesmal wäre es gut, über diese Fragen nachzudenken, so wie Sie scheinbar - die Frau Abg.
Tribaumer hat ja schon darauf hingewiesen, auch der Abg. Fidesser hat kurz darauf Bezug
genommen, ich mußte leider hinausgehen - beim Nachbarschaftshilfegesetz bereits nachgedacht
haben. Unsere Gesetzesinitiative ist vor einiger Zeit der Mehrheit dieses Hauses zum Opfer gefallen.
Als Sprecher der Sozialisten habe ich damals gemeint, es wird gar nicht so lange dauern, bis die
Österreichische Volkspartei diese Idee aufgreift und die Absicht zu einem ihrer Vorschläge macht. Im
Kurier, in den Niederösterreichischen Nachrichten und in der Wochenzeitung der Handelskammer
konnte man vor einigen Tagen lesen, daß die Österreichische Volkspartei an ihrem Image als soziale
Bürgerpartei bereits eifrig poliert. Die soziale Aufgabe in Niederösterreich, die heute vorwiegend darin
besteht, in der gesamten Bevölkerung den Willen zur gegenseitigen Verantwortung und Hilfe
wachzurufen, die familiäre Hilfe, die freiwillige Nachbarschaftshilfe sowie die Sozialorganisationen
sollen gefördert und ausgebaut werden, weil diese vieles besser und billiger machen können als
staatliche Organisationen. Das erklärte der Herr Landeshauptmannstellvertreter Ludwig am 3.
November 1978 im Gegensatz z u Ihrer tatsächlichen Politik und im Gegensatz zu Ihrer tatsächlichen
Haltung. Geplant sei der Aufbau eines Netzes von ehrenamtlichen Sozialhelfern, die aber, wenn sie
fremden Personen beistehen, für die Nachbarschaftshilfe wenigstens haftpflichtversichert sein sollen,
kündigt nach den gleichen Quellen der Landtagsabgeordnete Fidesser an. Nach Meinung des Herrn
Landeshauptmannstellvertreters Ludwig ist es also sinnvoller, die bestehenden Organisationen zu
unterstützen und auszubauen, weil sie es, wie er selber sagt, billiger und besser machen können als
die staatliche Bürokratie. Bravo, kann ich nur sagen, nur sollte dieser Grundsatz auch in den anderen
Bereichen gelten, in besonderem Maße auch für die ältere Generation. Aber auch Ihnen ein Bravo
einmal, Herr Abg. Fidesser, denn nach Monaten des Nachdenkens haben ja letzten Endes nun auch
Sie entdeckt, daß die Nachbarschaftshelfer, wie wir das gemeint haben, zumindest
haftpflichtversichert sein sollten. Wiederum, meine Damen und Herren, ein falsches Federl von der
Österreichischen Volkspartei, daß Sie sich wahrscheinlich anläßlich der bevorstehenden
Landtagswahlen dann aufs Huterl stecken werden.
Ich möchte Ihnen von der Österreichischen Volkspartei einen Kommentar von Werner Schneider im
Kurier, der mir sehr gut gefallen hat, nicht vorenthalten. Einige werden ihn gelesen haben, bitte um
Entschuldigung.
„Hilfe jetzt erst. Die SPÖ wollte vor Jahren die Nachbarschaftshilfe mit Gesetz, Versicherung und
allem Drum und Dran. Die ÖVP will jetzt die Nachbarschaftshilfe mit Versicherung und allem Drum
und Dran nur ohne Gesetz. Jetzt wird die Sozialistische Partei böse sein, weil die Österreichische
Volkspartei einen Teil ihrer Ideen als Eigenprodukt verkauft. Und die Österreichische Volkspartei ist
sicher böse, wenn man ihr das vorwirft. Somit wurde nach Jahren ein soziales Hilfsprogramm zum
Parteienzankapfel. Eine gute Idee geriet ins Hick-Hack der Spitzenpolitiker. Frei nach dem Motto, die
alten Leute daheim haben ja genug Zeit, um bis zu den Wahlen nachzudenken, wer nun tatsächlich
der hilfsbereitere Samariter ist, anstatt daß Politiker nachdenken.“
Warum haben wir nicht schon damals eine Lösung gefunden? Meine Damen und Herren, diese Frage
ist hier gestellt und ich möchte sie auch beantworten. Wir haben damals keine Lösung gefunden, weil
es eine sozialistische, eine Idee unseres Landeshauptmannstellvertreters Hans Czettel war. Es hat
aber auch deshalb keine Lösung gegeben, weil wir die Nachbarschaftshilfe von der humanitären Seite
betrachtet haben, während Sie nun scheinbar nach den Berichten der Zeitungen damit Ihr Image als
soziale Bürgerpartei aufpolieren müssen. (Beifall bei der SPÖ.)
Aus Ihrem Image, meine Damen und Herren, poliert aber auch die Bundes-ÖVP. Nachdem sie schon
im Jahre 1975 vor den Nationalratswahlen ein sehr bedenkliches Spiel mit der Angst der älteren
Generation getrieben hat und mit der Verunsicherung der Pensionisten auf Stimmenfang ging,
allerdings, wie Sie ja wissen, ohne Erfolg, versucht man nun, die Menschen auf eine andere Art und
Weise zu täuschen. (Abg. Blochberger: Das sagen Sie dem Androsch!)
Sie erinnern sich noch an das Plakat „Skandal Nr. 2“. Meine Damen und Herren, Sie erinnern sich ja
noch an Ihre Skandalplakate. Der einzige Skandal war nämlich der, daß es diese Plakate überhaupt
gegeben hat. Sie erinnern sich also noch an dieses Plakat: Die Regierung ist nicht mehr in der Lage,
die Pensionen zu bezahlen. (Abg. Blochberger: Das ist Demagogie reinster Sorte!) Diese Behauptung
hat sich genauso als Lüge entpuppt wie die ÖVP-Aussage zu Zwentendorf, wo Sie den Österreichern
versichert haben, daß Zwentendorf in ein kalorisches Kraftwerk umgebaut werden kann. (Abg.
Blochberger: Und wie der Androsch gelogen hat!) Dr. Taus ist in der Zwischenzeit nicht glaubwürdiger
geworden und das neuerliche Spiel mit der älteren Generation um eine sogenannte Pensionsgarantie
ist so durchsichtigt, daß sich die Träger dieser Politik selber disqualifizieren.
Meine Damen und Herren, ich darf hier wiederum einen Journalisten zitieren, und zwar Peter Gnan in
der Kronen-Zeitung, der meint, in Wahlkampfzeiten soll man nicht jedes Wort auf die Goldwaage
legen. Es ist schon klar, daß die Österreichische Volkspartei nach acht Jahren Opposition jetzt aufs
Ganze gehen muß. Doch alles hat irgendwo eine Grenze, und diese Grenze haben Taus und Co. mit
der demagogischen Forderung nach einer Pensionsgarantie, die den Sozialisten zugleich unterstellt,
Pensionen kürzen zu wollen, überschritten. Da wird beim Stimmenfang mit der Angst der Menschen
spekuliert und wieder einmal hat sich Bundeskanzler Kreisky persönlich für die Pensionen verbürgen
müssen. Ein durchsichtiges Spiel, das die Opposition da treibt. Ja, meine Damen und Herren, sehr
durchsichtig und weit, weit, unter der Gürtellinie. Um dieses Thema vom Wahlkampf auszuklammern
und der Österreichischen Volkspartei auf Bundesebene die Möglichkeit zu geben, sich wieder mit ihrer
eigentlichen Oppositionsaufgabe zu beschäftigen, hat die sozialistische Parlamentsfraktion folgenden
Beschluß gefaßt: „Der Klub der sozialistischen Abgeordneten und Bundesräte garantiert den
österreichischen Pensionistinnen und Pensionisten in aller Form, daß die Pensionen in Österreich
nicht nur gesichert sind, sondern daß die sozialistische Parlamentsfraktion darüber hinaus gemeinsam
mit der sozialistischen Bundesregierung ihre Bemühungen um eine Weiterentwicklung des Systems
der sozialen Sicherheit in Österreich konsequent fortsetzen wird.“ Jawohl, wir Sozialisten garantieren
nicht nur den Weiterbestand der Pensionen, sondern auch eine Weiterentwicklung des Systems der
sozialen Sicherheit in Österreich. Das wissen die Menschen in diesem Lande und die Menschen
wissen auch, daß die Angst der Österreichischen Volkspartei vor den nächsten Wahlen sehr groß und
die persönliche Leistung für die ältere Generation sehr klein war. Und daher diese durchsichtigen
Manöver. (Abg. Fidesser: Mit der Erhöhung der Pensionsbeiträge hat der Androsch im Frühjahr
begonnen!)
Um Ihnen das wieder einmal sehr nachdrücklich in Erinnerung zu bringen, habe ich einen
Leistungskatalog der sozialistischen Bundesregierung in den letzten acht Jahren auf sozialpolitischem
Gebiet zusammengestellt und ich gebe Ihnen gerne Gelegenheit - ich habe das schon einmal getan,
allerdings hat sich niemand von der Österreichischen Volkspartei zum Rednerpult begeben - auch
über die vier Jahre ÖVP-Alleinregierung, wo es nach Ihren Aussagen eine Sozialoffensive gegeben
hat, Bilanz zu ziehen. In der Kriegsopferversorgung, der Heeresversorgung und der Opferfürsorge tritt
mit 1. Jänner 1979 die vierte Etappe der Rentenerhöhung auf Grund einer Novelle aus dem Jahre
1975 in Kraft. Diese Novelle beinhaltet Leistungsverbesserungen in vier Jahresetappen. Die
Aufwandssteigerung beträgt 302 Millionen Schilling allein im Jahre 1979 und betrug in den Jahren
1970 bis 1978 3,l Milliarden Schilling, das sind 132% obwohl die Anzahl der Kriegsopfer durch den
natürlichen Abgang, weil es sich ja zum großen Teil um ältere Menschen handelt von 271.000 auf
187.000 zurückgegangen ist. In der Pensionsversicherung haben wir die Dynamisierung durch neue
Methoden in der Richtzahlberechnung durchgesetzt. Das war uns in der ÖVP-Alleinregierung nicht
möglich, weil Sie alle unsere diesbezüglichen Anträge trotz Ihrer Sozialoffensive immer wiederum
abgelehnt haben. Wir haben die Witwenpensionen von 50 auf 60% erhöht, das war uns in der ÖVPAlleinregierungszeit nicht möglich, weil Sie unsere Anträge immer wiederum abgelehnt haben. Die
Umwandlung der bisher neutralen Zeiten des Krankenstandes und der Arbeitslosigkeit in Ersatzzeiten
- ebenso werden Karenzurlaubszeiten nun als Ersatzzeiten angerechnet - war eine familienpolitische
Maßnahme, eine Maßnahme für unsere Saisonarbeiter. Wir haben die Ruhensbestimmungen
gelockert. In der 29. Novelle wurde festgelegt, daß auch die Zeiten im elterlichen Betrieb angerechnet
werden können als Ersatzzeiten für die Leistung. Wir haben Verbesserungen durchgeführt bei der
Anrechnung der Schulzeiten, der Studienzeiten. Es wurde ein Zuschlag zur Alterspension für die nach
dem Stichtag erworbenen Versicherungszeiten eingeführt. Ein Bonussystem wurde eingeführt. Wir
haben die Richtsätze über die normale Dynamisierung hinaus sechsmal erhöht. Wir haben den
Zeitpunkt für die Dynamisierung um ein Jahr verkürzt und zwischendurch zweimal
Pensionserhöhungen mit 1. Juli durchgeführt. Wir haben die Hilflosenzuschußgrenze hinaufgesetzt
und versuchen, den Mindestbetrag an den Höchstbetrag heranzuführen. Wir haben letzten Endes für
die gewerbliche Wirtschaft und für die Landwirtschaft auch die Alterspension bei langer
Versicherungsdauer für Männer zum 60. und für Frauen zum 55. Lebensjahr eingeführt. Eine zweite
Bemessungsgrundlage, Einbeziehung des Investitionsbeitrages, des Freibetrages für die
Gewerbetreibenden und viele andere Fragen, wenn ich hier nur an die Umwandlung der
landwirtschaftlichen Zuschußrenten in Übergangspensionen denke. Das ist ein Teilkatalog, meine
Damen und Herren, der Anliegen, die von der Bundesregierung im Rahmen des Aufbaues des
sozialen Wohlfahrtsstaates bereits verwirklicht worden sind.
Dagegen war es in der Zeit der ÖVP-Alleinregierung, ich sage das noch einmal, sehr ruhig. Wenn Sie
aber von der Österreichischen Volkspartei nun so besorgt sind und es aufrichtig vor allem hier in
Niederösterreich meinen, haben Sie wiederholt Gelegenheit gehabt, Ihr soziales Verständnis zu
beweisen. Ich möchte hier nur an den Appell des Abg. Bernkopf im Zusammenhang mit den
Blindenbeihilfen hinweisen. Die Landesgruppe Wien, Niederösterreich und Burgenland des
Österreichischen Blindenverbandes hat im April 1978 alle Abgeordneten angeschrieben - Ich nehme
an, Sie haben diesen Brief auch bekommen - und das Ersuchen gestellt bzw. an das soziale
Gewissen aller Mandatare appelliert, die Blindenbeihilfen an den Durchschnitt der übrigen
Bundesländer anzugleichen. Wenn auch durch die überdurchschnittliche Erhöhung ab 1. Jänner 1979
die Schere, wie der Abg. Bernkopf es bezeichnet hat, nicht weiter auseinanderklaffen wird, so bleiben
wir in Niederösterreich im untersten Drittel aller Bundesländer. Und das zeigt doch nicht sehr viel von
sozialem Verständnis für die Anliegen, ganz besonders schwer geschädigter Menschen. ( Abg .
Fidesser: Aber nur mit der einen Leistung. Das sind nur Halbwahrheiten!)
Eine ähnliche Entwicklung ist aber auch bei den Sozialhilfeempfängern zu bemerken. Als weitere
Maßnahmen, nicht als Sozialhilfegarantie, meine Damen und Herren, sondern als Garantie dafür, daß
Sozialhilfeempfänger in Niederösterreich in Zukunft nicht mit einem Einkommen, das unter der
Armutsgrenze liegt, leben müssen, halte ich es für erforderlich daß die Sozialhilfe an den Richtsatz der
Pensionsversicherung angehoben und gekoppelt wird. Letztlich ist auch die Ausgleichszulage - hier
muß man das Sozialrecht kennen - eine soziale Leistung der Gemeinschaft und es ist daher eine
unterschiedliche Behandlung nicht zu verstehen.
Zusammenfassend möchte ich daher sagen, daß die ältere Generation trotz der weitestgehenden
Lösung der materiellen Probleme durch die Verständnislosigkeit und oftmals auch mangelnde
Rücksichtnahme ihrer Mitmenschen noch genug Schwierigkeiten hat. Es ist daher notwendig, die
gesamte Bevölkerung über Altersprobleme stärker zu informieren und zu trachten, den Betagten mehr
Verständnis und Achtung zu sichern. Die Österreichische Volkspartei leistet mit ihrer Pensionshysterie
der älteren Generation keinen guten Dienst. Ich möchte mich deshalb heute an die betagten
Menschen in Niederösterreich wenden und ihnen sagen, was ihnen das Leben in den letzten Jahren
gelehrt hat; es gibt eine einzige Pensionsgarantie, es gibt eine einzige Garantie für die älteren
Menschen, nämlich eine starke Sozialistische Partei. (Beifall bei der SPÖ).
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt der Abg. Deusch.
Abg. DEUSCH: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie,
daß ich ganz kurz zu einem Kapitel der Arbeitnehmerförderung Stellung nehmen. Auf Grund eines
Beschlusses des Arbeitnehmerförderungsbeirates der Niederösterreichischen Landesregierung wird
aus den Mitteln der Arbeitnehmerförderung Lehrlingen bzw. Personen in einem dem Lehrverhältnis
ähnlichen Ausbildungsverhältnis, vorausgesetzt, daß sie keine Direktförderung anderer Stellen
beziehen und in einem Heim oder einer Privatunterkunft außerhalb ihres ständigen Wohnortes
wohnen, ab 1. Juli 1977 einen Wohnkostenzuschuß von 250 Schilling monatlich gewährt. Der
Förderungswerber muß in Niederösterreich seinen Hauptwohnsitz haben, der Ausbildungsort kann
sich jedoch auch in einem anderen Bundesland befinden. Aus dieser Arbeitnehmerförderung wurden
bis November 1978 insgesamt 1.845 Begehren mit einem Gesamtbetrag von 2,662.750 Schilling einer
Erledigung zugeführt. Erfreulicherweise ist dazu zu berichten, daß nunmehr auch die Polizeikadetten
in diese Aktion miteinbezogen wurden. Erfreulicherweise muß aber auch festgestellt werden, daß die
Wartezeit, also jene Zeit zwischen Antragstellung und Auszahlung des Zuschusses, nach
Überwindung anfänglicher Schwierigkeiten nun verhältnismäßig sehr kurz ist, das heißt, daß hier auf
Beamtenebene rasch und unkompliziert gearbeitet wird. Was jedoch noch Schwierigkeiten bereitet, ist
der Umstand, daß es den Förderungswerbern manchmal sehr schwer gelingt, die Bestätigung des
Lehrherrn am Förderungsantrag zu erreichen, weil sich manchmal die Lehrherren weigern, eine
Bestätigung zu erteilen. Hier müßte man noch Abhilfe schaffen und einen Weg finden, der diese
Schwierigkeiten beseitigt. Aber, wie gesagt, seitens der Beamtenschaft wird hier vorbildlich gearbeitet
und ich möchte bei dieser Gelegenheit im Namen unserer Fraktion den Beamten dieser Abteilung für
die bisher geleistete Arbeit Dank und Anerkennung aussprechen, weil sie in hohem Maße ihre Pflicht
erfüllen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie ich eingangs erwähnt habe, wurde dieser
Lohnkostenzuschuß für Lehrlinge am 1. Juli 1977 mit 250 Schilling festgesetzt und seither nicht mehr
erhöht. Auf Grund der mittlerweile gestiegenen Lebenshaltungskosten - im Jahre 1977 waren es 6,5%,
1978 werden es aller Wahrscheinlichkeit nach 3,5% sein und man nimmt an, daß es im Jahre 1979
3% werden - ergibt sich zusammen 13% Steigerung. Nun ist es aber allgemein bekannt, daß die
Wohnkosten im Rahmen der allgemeinen Teuerung eine Teuerungsspitze erreichen. Dies wirkt sich
selbstverständlich auch bei den Lehrlingen, die sich am Ausbildungsort in einem Heim aufhalten oder
in einer Privatunterkunft befinden und daher eine Zweitwohnung haben, aus und findet in erhöhten
Mieten seinen Niederschlag. Aus den angeführten Gründen wird daher seitens der SPÖ-Fraktion dem
Arbeitnehmerförderungsbeirat empfohlen, den Wohkostenzuschuß für Lehrlinge nachzuziehen und
von derzeit monatlich Schilling 250 ab 1. Jänner 1979 auf monatlich Schilling 300 zu erhöhen. (Beifall
bei der SPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gemeldet ist Frau Abg. Prokop.
Abg. PROKOP: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte bei diesem Kapitel zu
familienpolitischen Maßnahmen sprechen. Ich glaube, wenn hier ernste Überlegungen angestellt
werden, sollte man nicht in Extreme verfallen. Wir leben Gott sei Dank nicht mehr in der Vorkriegszeit
und in der Nachkriegszeit, ich glaube, man kann diese Dinge alle nicht vergleichen. Man könnte
andere Extreme aufzeigen aus Ländern, die einen höheren Lebenstandard haben, die höhere
Sozialleistungen haben, aus Ländern, in denen die Familien zerbrochen sind, weil vielleicht auch die
Familienpolitik falsch verstanden wird. Ich gebe Ihnen vollkommen recht, wo Mängel bestehen, dort
soll die öffentliche Hand einspringen, aber die öffentliche Hand darf nicht an die Stelle der Familie
treten. Und ich glaube, man muß die Familienpolitik im allerweitesten Sinne verstehen. Schul- und
Bildungspolitik, Wirtschaftspolitik, die Wohnbauförderung greifen sehr stark in die Familienpolitik ein,
auch die Sozialpolitik und selbstverständlich Maßnahmen zur Arbeitsmarktsicherung.
Meine Damen und Herren, wir leben heuer im Jahr der Familie. Wir hatten davor das Jahr der Jugend,
das Jahr der Senioren. Man kann wirklich sagen, die Familie ist das Bindeglied zwischen den
Generationen. Wir haben im nächsten Jahr das Jahr des Kindes und ich glaube, auch dieses Jahr darf
man nur im Zusammenhang mit der Familie sehen. Die Familie ist sicherlich die beständigste Form
des menschlichen Zusammenlebens. Die Familie ist nicht ein Teil unserer Gesellschaft, sie ist einfach
das Fundament, auf dem man alles aufbauen muß.
Die Situation der Familie heute ist in vielen Bereichen äußerst schwierig. So muß man feststellen, daß
die Familie aus dem Steuerrecht eliminiert ist. Ein Alleinverdiener, der ein monatliches
Familieneinkommen von 14.000 Schilling hat, zahlt im Jahr um 10.800 Schilling mehr Steuer als ein
berufstätiges Ehepaar. Diese Zahlen kann man nachrechnen. Kinderreichtum macht arm, auch das
wurde bei den Untersuchungen über die neue Armut festgestellt. Wir haben in Österreich rund 2
Millionen Familien und 17% dieser Familien haben drei und mehr Kinder, aber in diesen 17% der
Familien leben 47% aller Kinder. Das heißt, fast die Hälfte unserer Kinder leben in 17% der Familien.
Ich glaube, für diese Familien müßte eine intensive Politik gemacht werden.
Ein großes Problem in der heutigen Zeit sind die Teilfamilien. Rund 25.000 Kinder im Jahr werden in
Österreich von alleinstehenden Frauen geboren, sei es, daß sie geschieden sind, sei es, daß der
Vater verstorben ist. Und solche Familien, wir kennen das aus unseren Sprechtagen, leben teilweise
in bitterster Armut.
Die Familie wird auch in anderen Bereichen vergraben. Ich denke daran, daß immer mehr
Sachleistungen anstatt Beihilfen gegeben werden. Man muß immer wieder sagen, daß dies ein
gewisses Mißtrauen gegenüber den Familien ist, denn die Familie könnte sicherlich in Eigeninitative
vieles, vieles besser und auch billiger haben. Der Staat soll den Familien helfen, aber auf keinen Fall
darf er ihre Funktion übernehmen. Wenn der sozialistische Frauenverband Schwedens fordert - ich
zitiere - wir fordern eine sozialistische Gesellschaft, in der alle Erwachsenen an der Produktion
teilnehmen und in der die Gesellschaft für die Pflege solidarisch Verantwortung trägt“, so muß ich
sagen, daß das eindeutig unseren Intentionen widerspricht. Durch das Auflösen der menschlichen
Beziehungen und vor allem auch der gegenseitigen Verantwortung - das ist ein sehr wichtiger Teil,
wenn die Menschen nicht mehr bereit sind, gegenseitig die Verantwortung zu übernehmen - verliert
innerhalb der Familie der einzelne Mensch das Gefühl der Geborgenheit, der Sicherheit. Die Folge
davon ist eindeutig, wir können es heute verfolgen, Vereinsamung, Isolation, Ansteigen der
Selbstmordrate, Drogenmißbrauch und auch Ansteigen der psychosomatischen Erkrankungen, wie wir
leider immer wieder hören müssen.
Familienpolitik heißt, der Familie zu helfen, ihre ureigensten Aufgaben in Eigeninitiative zu erfüllen,
das heißt Hilfe zur Selbsthilfe. Niederösterreich hat in den letzten Jahren einige familienpolitische
Maßnahmen gesetzt, die beispielgebend waren. So ist der ganze Bereich des Kindergartens eine
echte familienpolitische Maßnahme, eine Hilfe, eine Ergänzung für die Familie. Die Lösung des
Problems der Fahrten zum Kindergarten und auch der Untersuchungen muß im familienpolitischen
Sinn für die Familien gefordert werden. Die Hausstandsgründung ist ebenfalls eine Hilfe für unsere
Jungfamilien und sollten in dieser Richtung Verbesserungen in nächster Zeit einmal überdacht
werden, müßte man wieder mehr auf die Familie Rücksicht nehmen, das heißt, wenn diese
Jungfamilien ein Kind, zwei Kinder haben oder eventuell in der Zeit bekommen, daß man da eine
zusätzliche Hilfe geben könnte. Die ganze Politik im Rahmen von Freizeit, Fremdenverkehr, Sport und
Kultur, all das ist Familienpolitik. Auch die Wohnbauförderung ist im Land Niederösterreich äußerst
familienfreundlich; so ist in der Landeswohnbauförderung die Wohnungsgröße angehoben worden,
was gerade für Mehrkinderfamilien sehr interessant ist. Die Hilfen bei den Eigenmittelersatzdarlehen,
bei den Wohnbeihilfen, werden weitgehend an Jungfamilien und Mehrkinderfamilien ausgeschüttet.
Meine Damen und Herren, sehr viele Mängel der Familienpolitik liegen beim Bund. Die
Österreichische Volkspartei hat ein Konzept, einen Alternativplan erstellt, wie sie sich die Förderung
der Familien vorstellt, und hat auch eindeutig gesagt, was sie will, vor allem ausreichende
Familienbeihilfen. Auch die Staffelung der Beihilfen nach dem Alter und der Anzahl der Kinder wäre
sehr, sehr wichtig. Und die Ausgestaltung des Steuerrechts müßte so erfolgen, daß man das pro
Familie verfügbare Einkommen als Maßstab annimmt. Auch das ist sicherlich ein Grund, daß viele
Mehrkinderfamilien unter dem Existenzminimum leben. Eine schrittweise Verwirklichung dieser
Maßnahmen würde es der Mutter ermöglichen, wenigstens während der ersten für die Erziehung des
Kindes so wichtigen Jahre ihr Kind selbst betreuen zu können, darüber hinaus noch etliche andere
Maßnahmen.
Meine Damen und Herren, jung und alt sollten eigentlich die Chance haben, zusammen zu leben.
Auch das ist sicherlich eine Möglichkeit, das Leben menschlicher zu gestalten. Gerade im Jahre des
Kindes sollten wir daran denken, daß das Kind einfach die Möglichkeit haben muß, sich körperlich und
geistig völlig frei zu entwickeln. Vor allem muß es Liebe erfahren können und vor allem auch Werte
erleben. Der Staat als Erzieher ist einfach zu wenig, dazu gehört eine andere Institution und das ist
die Familie; wenn die nicht vorhanden ist, dann muß man andere Wege finden, daß die Kinder Liebe
kennenlernen. Meine Damen und Herren, ich glaube, wir alle können sagen, daß wir von unseren
Eltern sehr viel erfahren und mitbekommen haben. Meine Mutter hat mir sicherlich das Erkennen der
Menschen gelehrt, mein Vater hat mir einen großen Teil meiner Weltanschauung mitgegeben. Meine
Tochter ist heute 13 Jahre und ich muß sagen, ich finde es oft recht lustig, wenn man mit ihr sitzt und
ihre Miniprobleme kennenlernt. Es ist ein ganz eigenes Gefühl, wenn man mit ihr diskutiert und wenn
man merkt, daß hier ein eigener Mensch heranwächst. Ich möchte einmal sagen können, daß ich und
vor allem auch mein Mann meinen Kindern viel in dieser Richtung mitgegeben haben und daß ich sie
auch so ausgebildet habe, wie ich mir vorstelle, daß unsere Kinder die Welt sehen sollten. Das ist
sicherlich eine gewisse Beeinflussung, aber ich glaube, auf diese Art haben wir eine viel größere
Möglichkeit, die Zukunft zu gestalten. Starke Familien können in unserer Zeit sehr, sehr viele
Probleme lösen. Wir müssen einfach in unserer Gesellschaft das Ansehen unserer Familie wieder
heben.
Auch Initiativen der nachbarschaftlichen Eigenhilfe sollten in jeder Weise unterstützt werden. Ich
denke da an die Tagesmütter, da gibt es sehr nette Modelle bereits, wo berufstätige Mütter sich
untereinander ablösen und helfen. Es gäbe die Möglichkeit des Nachhilfeunterrichtes, da könnte man
sehr wohl die Senioren einbinden und ich bin überzeugt, daß sie hier sehr gerne mitarbeiten würden.
Meine Damen und Herren, Politik für die Familie ist sicherlich keine parteipolitische, darf auch gar
keine parteipolitische Maßnahme sein. Sie muß einfach einer ehrlichen, einer innersten Überzeugung
entspringen. Ich glaube, wir haben in der letzten Zeit, in der Zeit des Aufbaues, in der Zeit der
Hochkonjunktur etwas zu wenig über höhere Werte nachgedacht und zu diesen höheren Werten
gehört, glaube ich, eindeutig die Familie. Wir haben es spät erkannt, ich hoffe, nicht zu spät. Die
Familien sind heute gefährdet. Wir müssen die Familien wieder an ihren Platz stellen, an den sie
gehören, denn, meine Damen und Herren, gesunde Familien sind wohl das beste Fundament für eine
gesicherte Zukunft. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt der Abg. Rozum.
Abg. ROZUM: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Deusch hat sich
bereits in einer kurzen Ausführung mit den Problemen der Arbeitnehmerförderung beschäftigt.
Gestatten Sie mir, daß auch ich zu Beginn einige grundsätzliche Aussagen zum Problem der
Arbeitnehmerförderung und darüber hinaus machen darf. Das Subsidiaritätsprinzip, auch genannt
Selbstverantwortung, und das Solidaritätsprinzip, auch mit Gemeinwohl gleichzusetzen, sind
Prinzipien unserer Gesellschaftspolitik, sind Grundnormen, die uns als Österreichische Volkspartei für
die Menschen als Person und für ihre persönliche Freiheit handeln lassen. Es sind Aussagen, die
einem Programm entstammen, aber auch Aussagen, die wir in unserer Politik für die
niederösterreichischen Landesbürger umzusetzen uns bemühen. Auch in den Aussagen zur
Landtagswahl 1974 und im Leitbild 80 der Österreichischen Volkspartei haben wir formuliert - ich
zitiere wörtlich: „Der Trend von der Selbständigkeit zur Unselbständigkeit wird sicher auch künftig
anhalten, was auch dem Land Niederösterreich verstärkte Obsorge um diese Bevölkerungsschichten
signalisiert.“ Und genau diese Formulierung hat Landeshauptmannstellvertreter Ludwig wortwörtlich in
sein Vorwort zur Arbeitnehmerfibel übernommen, die vom Land, wie Sie sich erinnern können, zur
Jahreswende 1977J78 an alle niederösterreichischen Landesbürger versendet wurde. Wir haben
damit in Niederösterreich einen weiteren Schritt im Dienste unserer Landesbürger geschafft.
Meine Damen und Herren, diese niederösterreichische Arbeitnehmerförderung ist nicht nur modern,
sie ist fortschrittlich, sie ist zukunftsweisend für unsere niederösterreichischen Arbeitnehmer. Sie ist
eine Förderung, die in Österreich nicht nur erstmalig ist, sondern auch allein dasteht. Die
Arbeitnehmerförderung, die der Niederösterreichische Landtag, wenn wir uns Zurückerinnern, am 8.
Juli 1976 beschlossen hat, hat einen Beirat vorgegeben, der nach gewissen Gesichtspunkten im
Budget bereitgestellte Mittel an die niederösterreichischen Arbeitnehmer zur Vergabe vorzuschlagen
hat. Es sollte eine rasche, eine Direktförderung für Arbeitnehmer sein und ist dies auch geworden.
Eine Direktförderung, die erstens dann eintritt, wenn Arbeitnehmer oder ihre Familien unschuldig in
Not geraten sind, die zweitens dann eintritt, wenn Arbeitnehmer sich im Interesse ihrer persönlichen
Zukunft beruflich weiterbilden wollen und die drittens dann eintreten soll, wenn Arbeitnehmer im
Interesse der gesicherten Zukunft ihre Familien Eigentum bilden wollen. Der von der ÖVP-Fraktion im
Jahre 1976 im Niederösterreichischen Landtag eingebrachte Antrag beinhaltet im wesentlichen als
Grundsatz die neue Arbeitnehmerförderung, begründet das Wollen zur Hilfe, das Wollen zur
Unterstützung und das Wollen, zur persönlichen Sicherheit unserer niederösterreichischen
Arbeitnehmer beizutragen.
Ich darf bewußt hier noch einmal den ersten Absatz, der allumfassend ist für diese
Arbeitnehmerförderung, wörtlich zitieren. Der erste Absatz unseres Antrages im Jahre 1976 zur
Arbeitnehmerförderung lautet: „Die Landesregierung wird aufgefordert, erstens im Rahmen der
Landesverwaltung eine Förderungseinrichtung für Arbeitnehmer zu schaffen und Vorsorge zu treffen,
daß von dieser nach Maßgabe der hiefür im jeweiligen Voranschlag vorgesehenen Mittel Probleme
der niederösterreichischen Arbeitnehmer wahrgenommen werden. Als Förderungsmaßnahmen
kommen je nach ihrer Priorität insbesondere solche aus dem Bereich des Sozial- und
Gesundheitswesens und der Wirtschaft, der Schulung und der Bildung in Betracht.“ Meine Damen und
Herren, dies ist geschehen, der Antrag wurde beschlossen, der von mir genannte Beirat konstituiert,
die notwendigen Mittel im Budget wurden zur Verfügung gestellt. Die Vergabe dieser Mittel an die
niederösterreichischen Arbeitnehmer funktioniert und damit könnten wir eigentlich zur Tagesordnung
übergehen und allseits zufrieden sein, daß wir als Vertreter des Landes wieder ein Stück Arbeit für
unsere niederösterreichischen Arbeitnehmer geleistet haben.
So leicht könnte man sich das machen, aber ich glaube, man muß besonders am Beispiel dieser
Arbeitnehmerförderung wieder einmal beleuchten, wie oft man vielleicht nur aus parteipolitischen
Gründen oder aber auch auf Grund eines vorgegebenen unbegründeten Mißtrauens positive
Maßnahmen vorerst in der Öffentlichkeit in Frage stellt. Meine Damen und Herren, ich darf
zurückerinnern: Die Kolleginnen und Kollegen der sozialistischen Fraktion - und ich sage das bewußt
ganz leidenschaftslos - wollten grundsätzlich dazumals vorerst keine Arbeitnehmerförderung, sondern
eine Arbeiterkammerförderung. Ihr gutes Recht. Beschlüsse, die wir alle kennen, wurden im Vorstand
der Arbeiterkammer gefaßt. (Abg. Leichtfried: Die Arbeitnehmerförderung über die
Landwirtschaftskammer!) Jawohl, gar keine Frage, ich komme darauf zurück. Ich habe bewußt die
Aussagen erwähnt und ich werde es begründen. Vorerst wollte man keine Arbeitnehmerförderung als
solche, sondern die Aussagen sind dahingehend gelaufen, daß man zur Überzeugung kommen
mußte, eine Arbeiterkammerförderung soll hier geschaffen werden im Hinblick auf die
niederösterreichischen Arbeitnehmer. Die Beschlüsse in der Arbeiterkammer, deren Vorstand ich
selbst angehöre, haben dementsprechend gelautet. Aussendungen in SPÖ-Publikationen hat es
dazumals in jeder Menge in dieser Richtung gegeben. Es hat sogar gezielte Unterschriftsaktionen in
Betrieben gegeben, die immer nur beweisen sollten - zu der Zeit, sage ich bitte bewußt, 1976, vor
Beschlußfassung dieser Arbeitnehmerförderung - wie diese böse ÖVP-Mehrheit im Land
arbeitnehmerfeindlich ist, und das sollte angeprangert werden. Das ist auch, bitte, so geschehen. Man
konnte wirklich, wenn man sich jetzt rückblickend diese Situation vor Augen führt, glauben, daß der
politische Gag dazumals scheinbar wichtiger war als eine gemeinsam zu entscheidende, gezielte
zusätzliche Arbeitnehmerförderung für unsere niederösterreichischen Arbeitnehmer. Ich kann das und
will das auch begründen, nur mit Unterlagen, die dazumals der Öffentlichkeit zu diesem Problem
präsentiert wurden.
Erster Beweis. Der offizielle Arbeiterkammerpressedienst vom 23. Juni 1976 hat wortwörtlich gelautet:
„Der Vorstand der Arbeiterkammer Niederösterreichs hat sich am 23. Juni mit der Stellungnahme der
Landesregierung zum Initiativantrag auf Vorlage eines NÖ Arbeitnehmerförderungsgesetzes befaßt
und mehrheitlich den Standpunkt vertreten, daß diese Argumentation der Landesregierung die
tatsächliche Problemstellung ignoriert und arbeitnehmerfeindlich ist. Die Aussendung dazumals ist ein
Faktum.
Beweis zwei: Zur gleichen Zeit, am gleichen Tag, hat es eine Aussendung des Österreichischen
Gewerkschaftsbundes gegeben, deren Überschrift gelautet hat - ich möchte mich über den Inhalt nicht
weiter auslassen: „ÖVP mißachtet Arbeitnehmer.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich könnte hier noch eine Anzahl von Artikeln und Aussagen der
sozialistischen Fraktion zitieren, die auf der gleichen Ebene gelaufen sind. Wenn ich vorhin gesagt
habe, ich fürchte, ein unbegründetes Mißtrauen war vorhanden, muß man auch dafür einen Beweis
antreten. Ich kann hier dieses Mißtrauen, das die sozialistische Fraktion dazumals, 1976, in unseren
Antrag hineingelegt hat oder ihn so verstanden hat, aus Reden der Kollegen von der sozialistischen
Seite auf Grund des damaligen Landtagsprotokolles jederzeit beweisen. Zum Beispiel hat der
Vizepräsident der Niederösterreichischen Arbeiterkammer, unser Kollege Krenn, dazumals als einer
der Hauptredner zu dieser Arbeitnehmerförderung Stellung genommen. Er sagte wortwörtlich: „Nun,
die ÖVP-Abgeordneten Auer und andere haben in der Sitzung vom 29. Juni 1976 im
Wirtschaftsausschuß einen Antrag eingebracht, in dem die Landesregierung aufgefordert wird, im
Rahmen der Landesverwaltung eine Einrichtung zur Betreuung von Arbeitnehmern zu schaffen und
Vorsorge zu treffen, daß von dieser Einrichtung die Probleme der Arbeitnehmer wahrgenommen
werden sollen.“ Und dann heißt es: „Na, meine Herren von der ÖVP, was heißt denn das? Daß nun
auf der Basis der Landesebene eine Institution zur Betreuung der Arbeitnehmer geschaffen werden
soll, das heißt also, man will hier ein Pedant zur Kammer für Arbeiter und Angestellte, der
gesetzlichen und frei gewählten Interessensvertretung, aufbauen.“ Wir haben dazumals schon gesagt,
daß wir das nicht nur in Abrede stellen, sondern daß das von uns nie beabsichtigt wurde und daß wir
voll und ganz im Bereich der Kammer als Arbeitnehmer für diese Arbeiterkammer als gesetzliche
Interessensvertretung eintreten. Aber wir haben uns, und das auch mit Recht, erlaubt festzustellen,
daß eine Arbeitnehmerförderung - und damit zu dieser Aussage - nicht nur für die Kolleginnen und
Kollegen, die von der Arbeiterkammer als gesetzliche Interessensvertretung vertreten werden, gilt,
sondern eine Arbeitnehmerförderung muß auch für alle anderen niederösterreichischen Arbeitnehmer
gelten. Wir haben festgehalten, daß es sich hier nicht nur um die mehr als 300.000 von der
Arbeiterkammer betreuten Arbeitnehmer handelt, wir haben festgehalten, auch die Arbeitnehmer aus
dem Bereich der Landarbeiterkammer, ca. 19.000, müssen durch diese Arbeitnehmerförderung erfaßt
werden und auch unsere Kolleginnen und Kollegen aus dem öffentlichen Dienst, die auf Grund
gesetzlicher Voraussetzungen ebenfalls nicht oder zum großen Teil nicht durch die Arbeiterkammer
vertreten werden können, das sind ebenfalls über 45.000 Arbeitnehmer.
Und wenn wir jetzt die gesamten Beschlüsse und die gesamten Aufgaben, die wir bis jetzt erledigt
haben, Revue passieren lassen, dürfen wir feststellen, daß wir durch einen großen Teil dieser
Förderungsmaßnahmen auch Pensionisten aus allen Bereichen der von mir genannten
Arbeitnehmerschichtungen erfassen. Aber ich darf auch den Kollegen Krenn mit einer weiteren
Passage seiner Rede zitieren, um hier aufzuzeigen, wie positiv sich diese Arbeitnehmerförderung
durch gemeinsame Arbeit entwickelt hat, aber wie groß das Mißtrauen scheinbar 1976 gegenüber
unserem Antrag gewesen ist. Kollege Krenn sagte hier: „Andererseits will man der Kammer für
Arbeiter und Angestellte diese Müdigkeit absprechen und will die Landesmittel verteilt wissen durch
einen Beirat, in welchem die Arbeitnehmervertretung wahrscheinlich in der Minderheit ist und so
weiter.“ Ich darf hier feststellen, wenn wir uns heute, zweieinhalb Jahre darnach, die
Zusammensetzung des Beirates anschauen, sind die Arbeitnehmer bei Gott nicht in der Minderheit
und auch die Vertreter der Arbeiterkammer als solche sind in diesem Beirat - wir haben bereits
dazumals in der Diskussion gesagt, daß wir uns dafür einsetzen werden - praktisch in der Mehrheit.
Ich darf vielleicht nur festhalten, daß sechs Vertreter aus dem Bereich des Beirates im Bereich der
Arbeiterkammer tätig sind. Das ist der Kollege Auer als Vizepräsident dieser Kammer, das ist der
Kollege Krenn als Vizepräsident dieser Kammer, das ist der Kollege Holzerbauer als
Vorstandsmitglied dieser Arbeiterkammer, das ist der Kollege Leichtfried, der ebenfalls hauptamtlich
im Bereich der Kammer für Arbeiter und Angestellte tätig ist, das ist der Kollege Ferdinand Pregg, der
jetzt als Kammeramtsdirektorstellvertreter fungiert und das bin nicht zuletzt auch ich, der im Bereich
der Arbeiterkammer im Vorstand vertreten ist. Also von zehn Kolleginnen und Kollegen sechs
Kollegen aus dem Bereich der Arbeiterkammer. Ebenso sind im Arbeitsausschuß, der aus fünf
Kolleginnen und Kollegen besteht, vier Kollegen aus dem Bereich der Arbeiterkammer vertreten und
ein Kollege aus dem Bereich des Landtages zusätzlich. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, muß
man hier auch einmal feststellen; wir haben uns an das gehalten, was wir dazumals in diesem Haus
ausgesagt haben.
Ich darf deshalb zu diesem Punkt wirklich noch einmal zusammenfassend feststellen: Wir haben,
glaube ich, erreicht, daß das Mitspracherecht für alle niederösterreichischen Arbeitnehmer in diesem
Beirat gesichert ist. Es gehören unter anderem auch ein Vertreter der Landarbeiterkammer und ein
Vertreter des öffentlichen Dienstes diesem Beirat an. Wir haben erreicht, was wir versprochen haben,
daß die Arbeiterkammervertreter nicht wie befürchtet in der Minderheit, sondern in der Mehrheit in
diesem Beirat sind, weil sie eben die stärkste Gruppe dieser Arbeitnehmer, die wir hier zu betreuen
haben, für die Maßnahmen zu setzen haben, praktisch vertreten.
Meine Damen und Herren, besonders stolz auf das Erreichte bin ich deshalb, weil ich glaube, daß
man eine Politik für Arbeitnehmer einfach nicht nach vorgegebenen geschäftsordnungsmäßig
abgezielten oder parteipolitischen Aussagen oder Maßnahmen machen kann, sondern daß man als
Abgeordneter zum Landtag eben ungeteilt für den Arbeitnehmer, wenn er in Not geraten ist, egal von
wo er kommt und wie er steht, tätig werden soll und wir als Vertreter in diesem Beirat praktisch so tätig
werden sollen. Ich darf deshalb feststellen, daß ich mich persönlich sehr freue und daß ich stolz
darauf bin, daß alle Beschlüsse, sowohl im Beirat als auch im Arbeitsausschuß im Interesse der
niederösterreichischen Arbeitnehmer, für die wir dazusein haben, bisher immer einstimmig gefaßt
wurden.
Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn ich hier weiter zitieren dürfte, hat unter anderem auch der
Kollege Kaiser dieses Mißtrauen dazumals immer wieder in seinen Ausführungen vor uns dargelegt.
Ich habe mir davon einen Satz herausgenommen, der mir besonders gut gefallen hat, wo er dann
gemeint hat: „Es kommt der Arbeitnehmerschaft in Niederösterreich nicht darauf an, über was man
alles reden kann, sondern was als Ergebnis herauskommt.“ (Abg. Kaiser: Richtig!) Ich unterstreiche
das vollkommen, Kollege Kaiser, nur können wir jetzt sagen, es ist Gott sei Dank, obwohl man das
dazumals bezweifelt hat, etwas Positives, darüber sind wir uns einig, herausgekommen. Und man soll
halt auch einmal hier sagen: Gott sei Dank sind wir gemeinsam diesen Weg gegangen.
Darf ich vielleicht ganz kurz erwähnen, was herausgekommen ist, und nur einige Förderungsarten
anzuziehen. Zunächst den Bereich der zusätzlichen Wohnbaumittel. Wenn sich ein Arbeitnehmer
Eigentum schaffen will, hat er die Möglichkeit, zusätzlich einen nicht rückzahlbaren Betrag zu
bekommen und zwar dann, wenn er es am dringendsten braucht, am Beginn seiner ganzen
Bautätigkeit wo Aufschließungskosten und dergleichen auflaufen. Wir haben im Berichtszeitraum
2.860 solcher Anträge begutachtet und sie wurden auch seitens des Landes beschlossen. Das heißt,
den Arbeitnehmern sind aus diesem Titel heraus über 28 Millionen Schilling zugeflossen.
Wir haben im Bereich der Wohnkostenzuschüsse für Lehrlinge, wo wir geglaubt haben, das machen
zu müssen, weil das eine Förderung ist, die bisher noch nirgends gewesen ist, im Berichtszeitraum
über 1.500, genau 1.536 Fälle erledigt und dafür fast 4 Millionen Schilling aufgewendet.
Und wir haben eines gemacht, was man eigentlich viel mehr fördern sollte. Es nennt sich hier ganz
bescheiden Standortausgleichsförderung. Das heißt, wenn sich ein Arbeitnehmer in unserer
schnellebigen Zeit heute die Zeit nimmt, sich trotz Familie, trotz verschiedenster Verpflichtungen, im
Interesse der Zukunft seines eigenen Berufes und auch im Interesse seiner Familie, in seiner Freizeit
sich beruflich weiterzubilden, haben wir hier auch eine Förderung geschaffen, weil man so ein
Verhalten belohnen sollte. Wir haben hier immerhin Kursteilnehmer aus mehr als 290 Kursen mit fast
1,5 Millionen Schilling gefördert.
Das traurigste Kapitel für das die Arbeitnehmerförderung immer wieder herangezogen werden soll und
muß, ist eben das, wenn irgendwo ein Kollege Not leidet, wovon meistens die Familien und die Kinder
betroffen sind. Hier konnte das Land rasch und unkompliziert helfen. Wir haben bisher insgesamt 109
solche traurigen Fälle erledigen können und auch hier wurden fast 1,5 Millionen Schilling
aufgewendet.
Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, wurde in diesem Berichtszeitraum, in dieser Periode der
Arbeitnehmerförderung, obwohl vorher das Mißtrauen vorhanden war, gemeinsam geleistet. Und der
Kollege Kaiser hat zum Abschluß seiner Rede dazumals gesagt, gestatten Sie mir noch, daß ich
zitiere, weil es so schön hineinpaßt und das Bild abrundet: „Meine Damen und Herren, es tut uns
aufrichtig leid, daß es in dem echten und ehrlichen Bemühen, für die niederösterreichischen
Arbeitnehmer einen Weg zu suchen, ihnen finanzielle Mittel zukommen zu lassen, nicht so gelaufen
ist, wie wir es im Interesse der niederösterreichischen Arbeitnehmer gedacht haben. Es wird jetzt der
Beweis von der ÖVP und im besonderen vom ÖAAB zu erbringen sein, inwieweit Ihre angeblich
bessere und weitergehendere Idee zum Segen oder nur zum blinden Versprechen der Arbeitnehmer
in Niederösterreich werden wird.“ Kollege Kaiser, (Abg. Kaiser: Das war der erste Schritt!)
kommentarlos dazu nur von mir; ich glaube, wir haben es bewiesen. Nicht nur die ÖVP und der
ÖAAB, sondern wir haben auch gemeinsam bewiesen, daß die Schritte positiv waren. Du wirst jetzt
zugeben, daß diese Ausführungen, die man sich halt auch einmal vorhalten lassen muß, wenn man
sie gemacht hat, Gott sei Dank - sage ich ganz positiv - von der Zeit überrollt wurden. Wir sind, glaube
ich, im Interesse der niederösterreichischen Arbeitnehmer alle recht stolz darauf.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Damit darf ich auch Dankeschön sagen, Dankeschön dem
Landesfinanzreferenten, der als Arbeitnehmer die Wünsche der niederösterreichischen Arbeitnehmer
kennt, unterstützt und dafür Sorge getragen hat, daß die Budgetmittel für diese
Arbeitnehmerförderung nicht nur versprochen, sondern auch jederzeit zur Verfügung gestellt wurden
und, was bereits gesagt wurde, daß diese Arbeitnehmerförderung gezielt ausgebaut werden konnte
und wie wir hoffen auch weiter ausgebaut werden wird. Ich darf aber auch Dankeschön sagen den
beamteten Mitarbeitern an der Spitze Hofrat Dr. Seidl; in der Förderungsstelle, die dort errichtet
wurde, wurden die aufwendigen administrativen Arbeiten nicht nur von der Sache her erledigt,
sondern wir können alle, die wir im Arbeitsausschuß und Beirat sitzen, sagen, mit persönlichem
Einfühlungsvermögen und mit Herz erledigt. Dafür, glaube ich, ein wirklich aufrichtiges Dankeschön.
Und zum Schluß darf ich auch, da dieses Bild des ehemaligen Mißtrauens, dieser ehemaligen
Aussagen, der jetzigen Situation nicht mehr entspricht, im Namen der ÖVP-Fraktion für das nunmehr
wirklich gute Arbeitsklima im Beirat und im Arbeitsausschuß danken. Ich hoffe, unser gemeinsames
Wollen, den niederösterreichischen Arbeitnehmern, wo notwendig, zu helfen, auch in Zukunft
gemeinsam verwirklicht werden kann. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Meine Damen und Herren, ich unterbreche die Verhandlung zum
Voranschlag bis 14.00 Uhr. (Unterbrechung der Sitzung um 12.55 Uhr.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER (Nach Wiederaufnahme der Sitzung um 14.00 Uhr): Hohes Haus!
Wir setzen die Verhandlungen zum Voranschlag des Landes Niederösterreich für das Jahr 1979 mit
der Gruppe 4 fort.
Zum Worte gelangt der Abg. Krenn.
Abg. KRENN: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hoher Landtag! Gestatten Sie mir, daß ich
ebenfalls zum Titel Arbeitnehmerförderung einige grundsätzliche Bemerkungen mache. Vor allem hat
mich der Herr Abg. und Kollege Rozum auf einiges gebracht. Ich glaube, man sollte doch einige
Richtigstellungen vornehmen. Er ist zwar im wesentlichen auf die Frage Arbeitnehmerförderung
eingegangen und ich kann ihm hundertprozentig zustimmen, daß hier wirklich einiges geschehen ist,
aber ich glaube, daß man - ich darf es bei ihm ja sagen - ein wenig Geschichte doch richtigstellen soll,
ohne daß ich von Geschichtsfälschung sprechen will. Nun, ich glaube, unser Mißtrauen in der Frage
war doch berechtigt. Seinerzeit, als ich in diesen Hohen Landtag kam, es war 1976, ging die Debatte ich kann mich noch sehr gut erinnern - über die Verwaltungsaufgaben, Verwaltungsgebühren,
Verwaltungskosten im Zusammenhang mit den Bezirksbauernkammern. Damals wurde auch der
Gedanke geboren, wieso eine Seite so stark gefördert wird und die andere nicht. Und es kam dann
später die Frage, warum die Kammer für Arbeiter und Angestellte in diesem Land so stiefmütterlich
behandelt wird. In dem Zusammenhang kam dann auch immer mehr und mehr die Erkenntnis damals
vor allem auch bedingt durch Rezessionserscheinungen, daß es trotz der idealen
Sozialgesetzgebung, die wir in diesem Lande haben, immer wieder noch Lücken gibt, regional
bedingt, die vielleicht nur durch ein Land geschlossen. werden können. Wir haben damals - ich bitte
meinen Kollegen Rozum, sich doch zu erinnern - einen Resolutionsantrag eingebracht, nicht für die
Arbeiterkammer, sondern wir haben Arbeitnehmerförderung verlangt, aber verwaltet durch die
Kammer für Arbeiter und Angestellte. Das ist ja auch zum Ausdruck gekommen in der Resolution, die
mit Mehrheit beschlossen wurde - hier sind wir wieder einig - in der Kammer für Arbeiter und
Angestellte. Und dann erst, nachdem wir mit 126.000 Unterschriften in den Betrieben diese
berechtigte Forderung nach Förderung von Arbeitnehmern dokumentieren konnten, hat die ÖVPFraktion in dem Hause selbst einen Antrag eingebracht. Und damals, meine Damen und Herren, war
ein Schönheitsfehler dabei, ein sehr gefährlicher Schönheitsfehler, und ich darf fairerweise
dazusagen, meine Kollegen von der ÖAAB-Fraktion haben auch erkannt, wohin das führen könnte
und daß es nicht sehr gut wäre, wenn hier eine Art Zweitorganisation im Rahmen der
niederösterreichischen Landesverwaltung ausgebaut würde, die sich nur mit Arbeitnehmerförderung
allein beschäftigt, und damit ein Gegenpol zur Kammer für Arbeiter und Angestellte entstünde. Damals
war es dann so, daß dann dieser modifizierte Antrag einstimmig in diesem Hause beschlossen wurde.
Aber ich möchte hier mit aller Deutlichkeit feststellen, daß der Druck von 126.000 Unterschriften, die
wir in den Betrieben gesammelt haben, doch sehr wesentlich eine Entscheidungshilfe bei den Damen
und Herren der ÖVP-Fraktion war. Das ist die eine Seite.
Unser Mißtrauen als zweite Seite: Nun, obwohl wir im Jahre 1976 für eine Arbeitnehmerförderung
diese Maßnahmen einstimmig beschlossen haben, hat es immerhin, wenn ich es richtig in Erinnerung
habe - ich habe nicht in den Unterlagen nachgesehen - bis zum September 1977 gedauert, bis wir
erstmalig, obwohl wir einige Male gedrängt haben, im Arbeitnehmerförderungsbeirat, der ja dann auch
geschaffen wurde, zusammengekommen sind und uns dort die Richtlinien erarbeitet haben. Ich
glaube, daß diese Richtigstellung doch notwendig war, weil ich davon ausgehend noch eine
Bemerkung machen möchte, vor allem in meiner Eigenschaft als Vizepräsident der Kammer für
Arbeiter und Angestellte. Ich werde immer wieder aufzeigen, solange ich in diesem Hause das Wort
ergreifen kann, daß ich den Eindruck habe, daß zwischen den Interessenvertretungen von der
Mehrheit in diesem Landtag und der Landesregierung doch Unterschiede gemacht werden. Mein
Kollege Rozum hat ein bißchen Pech gehabt, daß heute schon zuviel vom Subsidiaritätsprinzip
gesprochen wurde. Man kennt es bei allen Interessensvertretungen, man macht nur eine Ausnahme
und die macht man bei der Kammer für Arbeiter und Angestellte. (Abg. Zimper: Nur das Gesetz ist
maßgebend. Das ist Bundessache!) Das hat mit Gesetz nichts zu tun, Herr Kollege Zimper, denn es
steht jederzeit, soweit ich informiert bin - ich lasse mich gern eines besseren belehren -, dem Hohen
Haus hier bzw. der Landesregierung zu, mit Beschluß gewisse Aufgaben, die für das Land gelten, in
diesem Fall die Förderung der Arbeitnehmer, im Subsidiaritätsprinzip der Kammer für Arbeiter und
Angestellte zu übertragen. Ich werde dieses Unrecht aufzeigen, solange es notwendig ist, und ich
empfinde es als Unrecht. Verstehen Sie mich nicht falsch, wir haben immerhin mehr als 350.000
Arbeitnehmer in diesem Bundesland zu vertreten, und ich glaube, wir haben sie bisher mit Erfolg und
sehr gut vertreten. Ich glaube wir sind in diesem Lande mündig als Arbeitnehmer und ich glaube, das
muß doch endlich auch von der Mehrheit hier anerkannt werden. Solange hier nicht wirklich Gleichheit
herrscht und man hier dem Subsidiaritätsprinzip folgend nicht auch die Kammer für Arbeiter und
Angestellte als mündig erklärt, solange werde ich mir gestatten, dieses Unrecht hier immer wieder
aufzuzeigen.
Nun ist es aber so, daß der Landeshauptmannstellvertreter Ludwig - er ist leider nicht hier - mit sehr
großem Pathos und an sich gar nicht unberechtigt hier aufgezeigt hat, daß Niederösterreich
Industrieland Nummer eines geworden ist. Er hat es auch in seiner Erklärung zum Budget getan,
allerdings nicht dazugesagt, daß hier auch viele Maßnahmen des Bundes geschehen sind, damit es
überhaupt soweit kommen konnte. Auch hier hat er wieder in den Vordergrund gestellt, daß die
wichtigsten Anliegen doch letzten Endes die Arbeitsplatzsicherung und auch die wirtschaftlichen
Fragen wären. Sehen Sie, ich habe immer wieder den Eindruck, in diesem Land, daß man sehr stolz
ist auf Leistungen, die wie ich zu behaupten wage, wir alle erbracht haben. Ich glaube, daß man das
wirklich ehrlich aussprechen kann. Unsere Arbeitnehmer sind Gott sei Dank in Österreich sehr tüchtig,
egal, welcher Fraktion sie angehören, und ich möchte auch nicht anstehen, auch das Management
und die Manager und die Hilfen, die gewährt wurden von links und von rechts, sei es vom Bund, sei es
vom Land, anzuerkennen. Ich glaube, das muß man doch wirklich deutlich aussprechen, wir brauchen
uns nicht zu schämen für die Leistungen, die wir erbracht haben, nur soll man sie fairerweise nicht
einer Seite zuschieben und dann, wenn es Schwierigkeiten gibt, sagen, wir haben Schwierigkeiten nur
deswegen, weil die Steuergesetzgebung so kraß ist, weil der Bund nicht rechtzeitig geschaltet hat,
weil es hier eben Dinge gibt, die auf der Bundesebene nicht in Ordnung sind, aber wir als Land, wir
haben es immerhin geschafft. Ich glaube, damit sollte man aufhören. Fragen der Wirtschaft und in
dem Zusammenhang auch der Arbeitsplätze, denn letzten Endes hängen von einer florierenden
Wirtschaft auch unsere Arbeitsplätze ab, sind zu wertvoll, um damit - ich will das gar nicht hart
ausdrücken, aber man könnte so sagen - politische Schaumschlägerei zu betreiben, sondern man soll
hier wirklich darangehen, die Wirtschaft und damit die Arbeitnehmerpolitik sehr ernsthaft zu betreiben.
Sehen Sie, ich sagte schon zuerst, man sollte hier bei der Verteilung der Mittel an die einzelnen
Interessensvertretungen, damit diese ihren Aufgaben nachkommen können, ebenfalls eine etwas
gleichere Verteilung vornehmen, als das bisher der Fall war. Aber über diese Fragen werden wir noch
zu einem späteren Zeitpunkt zu reden haben. Ich glaube, wenn wir heute über Arbeitnehmerförderung
reden, daß wir hier doch einiges getan haben, und ich gebe dem Abg. Rozum wieder recht, wenn er
hier gesagt hat, daß es möglich war, im Arbeitsausschuß einen Konsens zu finden, der vielleicht
vorbildlich wäre auch für andere Ausschüsse und auch für andere Fragen. Und ich hoffe, daß wir dann
bei der Debatte über Wirtschaftsfragen, ich will das jetzt bewußt nicht anschneiden, vielleicht auch
diese Zusammenarbeit finden können, wie wir sie im Arbeitnehmerförderungsbeirat gefunden haben.
Die Zahlen, die der Abg. Rozum hier schon genannt hat, basieren durchaus auf realer Basis und
zeigen, wie sehr unsere damaligen Forderungen nach einer Förderung von Arbeitnehmern berechtigt
waren. Diese Zahlen zeigen, daß es über die Sozialgesetzgebung hinaus notwendig war, das zu
schaffen, damit wir dort, wo auf Grund gesetzlicher Bestimmungen nichts zustandekommen konnte,
sofort mit diesen Arbeitnehmerförderungsmitteln eingreifen können. Ich muß sagen, daß sich dieser
Apparat durchaus bewährt hat. Nur muß man dazusagen, daß wir es, wenn wir uns des Apparates der
Kammer für Arbeiter und Angestellte bedient hätten, viel einfacher hätten machen können, ohne jetzt
die Beamtenschaft in irgendeiner Form anzugreifen. Ich werde dann später auch meinerseits ein
herzliches Dankeschön für die Arbeit sagen, aber ohne diesen Beamtenapparat in irgendeiner Form
anzugreifen, viel lebensnaher und viel rascher noch hätten wir die Verteilung der zur Verfügung
stehenden Mittel über den Apparat der Kammer für Arbeiter und Angestellte direkt an den
Dienstnehmer bringen können. Sicherlich hätte die Beamtenschaft noch eine andere Möglichkeit
gehabt; ich gebe ohne weiteres zu, daß hier natürlich auch noch andere Möglichkeiten gegeben
wären. Aber den wesentlichsten, den größten Teil der Dienstnehmer, für die es ja gilt - ich sagte
schon, über 350.000 - hätten wir viel rascher über den vorhandenen Apparat betreuen können. Es
wäre auch lebensnaher und mein Kollege Rozum wird mir recht geben, daß wir uns manchmal bei
einer Entscheidung, die wir fällen müssen, sehr schwer tun, weil sie nur von Berichten abhängig ist.
Wir kennen die Menschen ja nicht, während eine Amtsstelle, wenn ein Hilfesuchender kommt, sehr
genau beurteilen kann, ob und in welcher Höhe diese Hilfe notwendig wäre. Sehen Sie, dieses
Handikap haben wir heute, dieses etwas starre Prinzip. Ich sage noch einmal, da können die Beamten
nichts dafür, sondern wir haben es ihnen ja aufgezwungen das heißt die Mehrheit in diesem Hause,
wir haben ja eine andere Auffassung. Dazu kommt noch, daß diese Beamten teilweise überfordert
sind und die Verwaltungskosten ja wieder gestiegen sind, wenn man den Beamten, die vielfach diese
Arbeit - das sei hervorgehoben - in Überstunden leisten müssen, diese Überstunden auch bezahlt. Ich
weiß nicht, ob man diese Überstunden bezahlt, aber wenn man sie bezahlen würde, dann würden die
Verwaltungskosten ganz schön steigen. Ich glaube daher, daß man das nicht nur unter dem
Gesichtswinkel der Verantwortung oder - ich will das nicht wieder in den Mund nehmen - des
Subsidiaritätsprinzipes, sondern auch der Einsparung von Verwaltungskosten sehen müßte, wenn
man eben, so wie wir uns das vorgestellt hätten, diese Mittel - unter Kontrolle natürlich,
selbstverständlich, das macht man ja woanders auch - treuhändig zur Verwaltung übergibt. Sehen Sie,
das sollte man heute wieder aufzeigen, weil es notwendig ist und weil ich wirklich der Meinung bin,
daß hier Unrecht geschieht, allein schon dadurch, daß wir fast als unmündig hingestellt werden.
Dieses Unrecht muß man immer wieder aufzeigen.
Nun, das Kapitel Arbeitnehmerförderung des Budgets 1979 wurde gegenüber dem Voranschlag 1978
um 24,4 Millionen Schilling aufgestockt und auch dazu hat der Landesfinanzreferent, Herr
Landeshauptmannstellvertreter Ludwig, sehr deutlich und sehr stolz verkündet, daß gegenüber
sonstigen Kürzungen eine Aufstockung gelungen ist. Wir haben natürlich als Sozialisten nichts
dagegen einzuwenden, wenn in diesem Kapitel Arbeitnehmerförderung Aufstockungen vorgenommen
werden. Allerdings soll man sich diese Aufstockungen auch genau anschauen, dann sind die
Hosiannarufe nicht mehr ganz richtig, denn es wurde das Kapitel Grenzlandförderung aufgestockt.
Bekanntlich bekommen diese Mittel nicht die Arbeitnehmer, im Grenzlandbereich, es geht hier nicht
um eine Direktförderung, sondern die Mittel werden den Arbeitgebern gegeben und ich hoffe, sie
werden auch wirklich sinnvoll eingesetzt, eben zur Sicherung von Arbeitsplätzen. Also eine indirekte
Förderung, das sei auch gar nicht bestritten. Die zweiten 10 Millionen Schilling von den 20 Millionen
Schilling, die hier aufgestockt wurden, sind in Wirklichkeit Mittel zur Hausstandsgründung. Sicherlich
auch für Arbeitnehmer fördernd, aber in Wirklichkeit, wenn wir uns das ehrlich anschauen, sind es
doch Mittel, die eigentlich familienpolitisch fördernd sind und nicht unbedingt arbeitnehmerfördernd.
Natürlich, man kann im weitesten Sinne alles so auslegen, aber dann müßte ich auch alle
familienpolitischen Maßnahmen, die der Abg. Leichtfried heute hier schon aufgezeigt hat und die in
den letzten Jahren durch die Bundesregierung immer wieder erweitert worden sind, also die
Schulfreifahrten, den Schulgeldzuschuß und so weiter, alles, was es hier gibt, auch aufzeigen und
müßte sagen, na ja, das sind indirekt natürlich auch arbeitnehmerfördernde Mittel. Aber die
Bundesregierung würde nie sagen, daß das arbeitnehmerfördernde Mittel sind indirekt, es sind in
Wirklichkeit familienpolitische Maßnahmen. Darf ich vielleicht, weil die Frau Abg. Prokop hier heute ein
Steuerbeispiel angeführt hat, aus der Budgetrede des Finanzministers ein Beispiel im Zusammenhang
mit familienpolitischen Maßnahmen anführen und dieses vielleicht auch ein bissel verflechten, aber im
Sinne einer Richtigstellung in der anderen Richtung. Hier heißt es: Ein alleinverdienender Arbeiter
oder Angestellter mit drei schulpflichtigen Kindern - einem Mittelschüler, zwei Pflichtschülern -,
steuerpflichtiges Monatseinkommen 10.000 Schilling, zahlt monatlich 1.716 Schilling und 20
Groschen. Das 13. und 14. Monatsgehalt ist bekanntlich Steuer- frei. Die Familienbeihilfe beträgt
monatlich 2.930 Schilling, durchschnittlicher Aufwand an Schulbüchern wäre jährlich ca. 660 Schilling,
das muß man ja auch rechnen, bei drei Kindern im Monat also 165 Schilling, durchschnittlicher
Aufwand für freie Schulfahrt jährlich 2.700 Schilling, für drei Kinder im Monat 675 Schilling. Das heißt
also: Steuerleistung 1.716,20 Schilling, Einkommenszuführung aus öffentlicher Hand - das muß man
ja alles ins Kalkül ziehen, natürlich, das wären ja Ausgaben, die die Familie früher hatte - 3.770
Schilling, die hier wieder der Familie zugeführt werden. Ich möchte das nur der Ordnung halber sagen,
man muß doch um Gottes Willen fair sein. Sicherlich, da ist die Steuerlast, aber was bekomme ich auf
der anderen Seite als Familienerhalter zum Familieneinkommen aus der öffentlichen Hand dazu?
(Abg. Fidesser: Sie müssen unterscheiden zwischen der Besteuerung und dem, was der Staat
dazugibt!) Na gut, aber es geht ja um das Familieneinkommen. Schauen Sie, Sie werden doch hier
nicht abstreiten können, daß es den Familien letzten Endes heute viel besser geht als vor einigen
Jahren. Das werden Sie mir doch nicht abstreiten können. (Abg. Fidesser: Aber Gott sei Dank geht es
uns allen besser! - Beifall bei einigen Abgeordneten der SPÖ.) Um nun wieder zu dem Thema
zurückzukehren, ich habe das nur eingeflochten, weil ich glaube, es gehört fairerweise dazu, daß man
das zumindest erwähnt.
Ein Ansatz bei der Arbeitnehmerförderung wurde allerdings nicht erhöht, das ist der Budgetansatz
Arbeitsmarktförderung. Meiner Ansicht nach wurde dieser Budgetansatz eigentlich sehr stiefmütterlich
behandelt, denn in den letzten Jahren blieb es bei den 10 Millionen Schilling, die hier vorgesehen
sind, also es wurde dieser Ansatz wieder mit 10 Millionen Schilling dotiert. Herr Landesrat Schneider
ist leider nicht anwesend, aber wenn ich ihn nicht schon so lange kennen würde, müßte ich fast
annehmen, daß Herr Landesrat Schneider unter die Magier oder Zauberer gegangen ist, denn es
klingt ja fast wie Zauberei, wenn ihm immer wieder das einmalige Kunststück gelingt, trotz steigendem
Bedarf - und der ist doch nachweislich gegeben - immer wieder mit diesen vorhandenen Mitteln, mit
den 10 Millionen Schilling im Budget, nicht nur auszukommen, sondern, wie wir wissen, gewöhnlich
noch etwas davon übrig zu behalten. Das ist wirklich ein Kunststück, das muß man
zusammenbringen, ich nehme den Hut ab vor dem Herrn Landesrat Schneider, wenn man es nur
oberflächlich 13. betrachtet. Herr Kollege Anzenberger, die Wahrheit ist eine andere. Wir haben im
Arbeitsmarktförderungsbeirat immer wieder verlangt, daß die bisher gewährten Limits von 20%
Aufstockung jener Mittel, die der Bund für Arbeitsmarktförderung im Lande Niederösterreich den
Unternehmern zur Verfügung stellt, erhöht werden müßten; dann würde man zur Aufstockung der vom
Landesarbeitsamt zur Verfügung gestellten Mittel, die der Bund zur Verfügung stellt, mit den 10
Millionen Schilling Landesmitteln bei weitem nicht das Auslangen finden und wir hätten viel mehr
Förderungsmittel notwendig. Wir haben das immer wieder bewiesen, das heißt, es zeigt sich ja immer
wieder in Fällen, die entstehen und die leider dann nicht rechtzeitig gelöst werden können. Ich würde
mir wünschen, das sage ich auch hier mit aller Deutlichkeit, daß in der Arbeitsmarktförderung ein
Klima herrschen würde wie bei der Arbeitnehmerförderung. Ich würde mir das sehr wünschen. So sehr
wir dort kooprieren können, so sehr wir dort über alle politischen Interessen hinweg versuchen, den
Menschen zu helfen - ich möchte fairerweise auch den Herrn Abg. Manndorff nennen, der von der
Wirtschaftsbundseite kommt und wirklich auch Verständnis hat bei der Arbeitnehmerförderung - so
sehr dort also echte Zusammenarbeit herrscht, haben wir bei der Arbeitsmarktförderungspolitik nicht
dieses Gefühl.
Hier ist einiges im Argen. Es genügt nicht, wenn man zweimal im Jahr diesen Ausschuß einberuft,
wenn man dort einen Wirtschaftsbericht gibt, wenn man dort über die Arbeitsmarktsituation einen
Berichterstatter des Landesarbeitsamtes hört, wenn man andererseits nicht einmal weiß, welchen
Firmen Arbeitsmarktförderungsmittel zur Verfügung gestellt wurden. Wenn man dort die eine oder
andere Anregung macht, dann wird zwar genickt, es wird zwar zugegeben, daß da und dort hätte
geholfen werden können, aber es wird bei weitem nicht das gemacht, was gemacht werden sollte,
nämlich eine flexiblere, eine raschere Arbeit, um den Betrieben zu helfen, so wie es andererseits bei
den Arbeitnehmern ist. Das geschieht leider nicht. Ich glaube, hier sollte man Abhilfe schaffen. Wir
haben damals mit Engelszungen geredet, man sollte so wie wir beim Arbeitnehmerförderungsbeirat
einen Unterausschuß bilden, der diese Agenden so erledigt, wie wir das im Arbeitsausschuß tun. Beim
Arbeitsmarktförderungsbeirat haben wir zwar die Unterausschüsse am Papier, aber meines Wissens
sind sie bisher leider nicht tätig geworden. Hier geht uns viel verloren, hier könnten wir rechtzeitig
dafür Sorge tragen, daß sie über gewisse Schwierigkeiten hinwegkommen. Wir könnten hier mit dem
Einsatz von Mitteln die ärgsten Schwierigkeiten beseitigen, die manche Betriebe haben - es geht nicht
immer um große Betriebe, sondern um viele Klein- und Mittelbetriebe, würde also durchaus in die
sogenannte Mittelstandspolitik die ja von der ÖVP so stark propagiert wird, hineingreifen, aber auch
hier tut man das nicht. Sehen Sie, hier ist der Betrag von 10 Millionen Schilling seit Jahren
gleichgeblieben, während der Bund immerhin für den gleichen Zweck im Jahre 1979 im Budget einen
Betrag von 7 Milliarden Schilling für Arbeitsmarktförderung eingesetzt hat und diesen Betrag seit 1970
immerhin um 5,2 Milliarden Schilling, das sind um 280%, gesteigert hat. Das Land ist bei den 10
Millionen Schilling Arbeitsmarktförderung geblieben. Wenn man das also von dieser Warte aus
betrachtet und Sie gestatten mir, daß ich das als sozialistischer Abgeordneter tue, dann muß man
sagen, daß diese Leistungen, die so stark hinausposaunt werden und worden sind, in Wirklichkeit
doch nicht so groß sind.
Und nun noch zum Thema Wohnungsverbesserung einige Bemerkungen. Unter dem Kapitel
„Landwirtschaftliche Wohnungsverbesserung“ war im Voranschlag 1978 noch ein Betrag von 5
Millionen Schilling eingesetzt. Dieser Betrag wurde nun aufgeteilt und zwar hat man nun 400.000
Schilling für landwirtschaftliche Wohnungsverbesserung der Landes-Landwirtschaftskammer
eingesetzt und 4,6 Millionen Schilling bei der Landarbeiterkammer. In der Legende und in der
Erklärung zum Budget hat man schamhaft darüber geschwiegen, warum man diese Änderung
vorgenommen hat. Erst auf eine Anfrage unseres Abg. Pospischil im Finanzausschuß wurde dazu die
Erklärung gegeben, hier ginge es ja um Wohnungsverbesserungen für Dienstnehmer beider
Interessensvertretungen. Sehen Sie, für Wohnungsverbesserungen haben wir aber auch Bundesmittel
und hier hatte das Geld bekanntlich kein Mascherl und da müßte man sich doch anschauen, wie das
geht. Ich nehme wirklich an, daß es den Arbeitnehmern zugute kommt, wenn es nun aufgeteilt worden
ist für die Landes-Landwirtschaftskammer und für die Landarbeiterkammer. Ich hoffe, daß es so ist.
Aber hier wieder der Vergleich - Herr Kollege Rozum, Du schaust eh schon -, die Differenzierung. Hier
gibt man also Mittel, Landesmittel natürlich, den Kammern zur treuhändigen Verwaltung, zur
Weitergabe an Arbeitnehmer, ich hoffe noch einmal, daß das so geschieht. Ich kann nur hoffen, denn
ich kann es nicht kontrollieren. Die Kammer für Arbeiter und Angestellte aber ist in diesem Lande,
obwohl die größte Interessensvertretung, nicht mündig. Sehen Sie, ich glaube, ich kann das gar nicht
oft genug aufzählen, wie stark hier differenziert wird.
Ehrlich gesagt, fehlt mir in diesem Budgetansatz „Arbeitnehmerförderung“ noch etwas. Ich kann mich
erinnern, irgendwo hat der Herr Landeshauptmann eine Erklärung im Zusammenhang mit dem
Amtshaus abgegeben, nämlich, daß diese unnötigen Kosten, die entstehen würden, wenn man am
Minoritenplatz ein Bürohaus, eine Tintenburg errichten würde, nicht notwendig seien und daß man
diese unnötigen Kosten, ca. 1 Milliarde Schilling war veranschlagt, den Arbeitnehmern zugute
kommen ließe. Was läge näher, nun diesen Betrag doch hier in diesem Kapitel zu subsumieren und
diese Milliarde Schilling für die Arbeitnehmerförderung einzusetzen. Leider finde ich keine Ansatzpost,
lasse mich aber gerne aufklären, daß hier noch ein Nachtrag vielleicht irgendwo möglich wäre. Ich
glaube nur nicht daran, aber ich glaube, man sollte nicht den Mund so voll nehmen, wenn man das
dann nicht einlösen kann.
Ich weiß schon, daß es gewisse Schwierigkeiten da und dort gibt. Aber man soll vor allem etwas nicht
tun, das habe ich gelernt bei allen meinen Tätigkeiten und ich bin immerhin schon lange in diesem
Lande tätig: Mit Wirtschaftspolitik, mit Arbeitnehmerpolitik, soll man wirklich kein politisches Kapital
schlagen wollen, sondern hier geht es ernsthaft um Sein und Nichtsein und ich glaube, solche ernste
Situationen sollen nicht dazu benützt werden, um daraus politisches Kapital zu schlagen. Diesen
Eindruck hat man leider bei all den Vorträgen, die seitens der ÖVP im Zusammenhang mit der
Arbeitnehmerförderung gemacht worden sind. Eines gebe ich zu und da muß ich dem Kollegen
Rozum durchaus recht geben: Bei der Arbeitnehmerförderung hat sich die gemeinsame Arbeit, wenn
ich das so ausdrücken darf, segensreich für unsere Arbeitnehmer ausgewirkt. Ich sage schon, der
Schönheitsfehler ist noch, daß wir viel billiger, viel rascher und viel hautnäher unseren Arbeitnehmern
helfen könnten, wenn wir das über die Kammer für Arbeiter und Angestellte tun würden. Das soll aber
nicht heißen, daß wir die Leistungen der Beamten in diesem Hause nicht anerkennen. Ich darf
ebenfalls, so wie es der Kollege Rozum getan hat, aus ehrlicher Überzeugung den Beamten, an der
Spitze Hofrat Seidl, ein Dankeschön sagen. Es ist wirklich so, daß wir hier nicht von Beamten im
klassischen Sinne sprechen können, sondern von Menschen, die versuchen, anderen Menschen zu
helfen. Das sei hier gesagt. Ich darf aber auch allen Kollegen, die hier mitarbeiten, nicht nur von der
Arbeitnehmerseite, sondern auch dem Abg. Manndorf Dankeschön sagen, denn hier wird echt etwas
geleistet für die Arbeitnehmer und das soll man anerkennen. Auch über alle politischen Differenzen
hinweg, die es geben mag, soll man diese Zusammenarbeit herausstreichen. Ich hoffe nur, daß über
unser Drängen - ich sage das noch einmal sehr bewußt - mit der Arbeitnehmerförderung eine große
Institution betraut wird, die durchaus mündig ist, diese Mittel, die das Land zur Verfügung stellt,
treuhändig zu verwalten. Es würde mich freuen, wenn das heute schon so oft genannte
Subsidiaritätsprinzip auch für diese Institution Anwendung finden würde. (Beifall bei der SPÖ.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Als nächster ist der Abg. Leichtfried in die Rednerliste eingetragen.
Ich erteile ihm das Wort.
Abg. LEICHTFRIED: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die
weltweite rezessive Entwicklung hat das Wirtschaftsforschungsinstitut veranlaßt, für das Jahr 1978
eher pessimistische Aussagen zu machen. Heute, knapp vor dem Ende des Jahres 1978, wissen wir,
daß sich unsere Wirtschaft weit besser gehalten hat, als das auf Grund der Prognosen zu erwarten
gewesen wäre. Wurde uns bestenfalls ein Wirtschaftswachstum von 1,5 % vorausgesagt, werden wir
tatsächlich 2% erreichen. Die Inflationsrate wurde mit 5% angenommen, das Institut für Höhere
Studien hat von knapp 5,7 % gesprochen; die Preissteigerung wird jedoch auf 3,6 % heruntergedrückt
werden können, sodaß Österreich weiterhin zu einem der stabilsten Länder Europas zählt. Im Monat
September konnten wir mit 2,802.000 einen neuen Beschäftigtenrekord erreichen. Die prognostizierte
Zahl der Arbeitslosenrate wird nicht 2,5%, sondern 2,1, maximal 2,2% betragen.
Diese erfreuliche Entwicklung hat auch in Niederösterreich ihre Auswirkung gehabt und auch in
unserem Bundesland konnte mit 437.000 Beschäftigten ein neuer Rekord erzielt werden. Trotzdem
haben wir regionale Probleme, sowohl in traditionellen Industriegebieten als auch in unseren
Grenzlandregionen. Es zeigt sich heute, daß die Hochkonjunktur in den 70er Jahren viele strukturelle
Schwächen unserer Wirtschaft zugedeckt und eine Lösung bestehender Probleme nur vorgetäuscht
hat. Die seit vier Jahren anhaltende Weltwirtschaftskrise mit 17 Millionen Arbeitslosen und die
zunehmende Konkurrenz aus den Entwicklungsländern und Billigpreisländern deckt manche
bestehende Schwäche auf, was vor allem in den krisenanfälligsten Industriezweigen besonders
deutlich zum Ausdruck kommt. Die notwendigen Rationalisierungsmaßnahmen sowie
Produktionsumstellungen führen auf der einen Seite zu einer höheren Produktivität und zur
Konkurrenzfähigkeit, auf der anderen Seite aber letzten Endes auch zum Verlust von Arbeitsplätzen.
Diese Entwicklung, die im europäischen Raum nicht neu ist, hat in der Bundesrepublik Deutschland in
den Jahren 1970 bis 1978 zu einem Verlust von Industriearbeitsplätzen in der Größenordnung von
1,234.000 geführt. In Niederösterreich wird bis 1986 ein Verlust bis 15.000, bis 1991 ein Rückgang
von 13% und bis zum Jahre 2000 ein solcher von 20% an Industriearbeitsplätzen angenommen.
Diese Entwicklung trifft nun das Grenzland besonders hart. Die zaghaften Versuche von
Betriebsneugründungen in den letzten Jahren kamen vor allem dadurch zustande, weil im Gegensatz
zu den Industrieballungszentren im Grenzland noch immer ausreichend Arbeitskraftreserven
vorhanden waren. Das gilt besonders für den landwirtschaftlichen Bereich mit einer
überdurchschnittlichen Agrarquote, der auch heute noch in der Lage ist, Arbeitskräfte für den
industriell-gewerblichen Bereich und für den industriell-gewerblichen Bedarf zur Verfügung ZU stellen.
Die Entwicklung hat sich in den letzten Jahren aber vollkommen verändert. Die Ballungsräume und
deren Randgebiete bieten infrastrukturelle Vorteile und sind durch eine Verstärkung der
Pendlerströme auch in der Lage, die Arbeitskraftreserven direkt an die Industriezentren zu bringen.
Unser Klubobmann Dr. Brezovszky hat in der Generaldebatte bereits darauf hingewiesen und der Herr
Landeshauptmann hat sich darüber sehr uninformiert gezeigt, daß das Land Niederösterreich im
Rahmen der Regionalplanung 34.417 Niederösterreichern empfiehlt, sich einen Arbeitsplatz in den
angrenzenden Bundesländern, in Wien oder in Oberösterreich, zu suchen, wodurch, so sagte er, die
Regionalplanung des Landes das Arbeitsplatzdefizit bis 1986 auf 33.827 vermindern kann. Hier wird
angenommen, daß von Baden zusätzlich 6.055 Menschen pendeln sollen, vom Bezirk Bruck wird
angenommen, es seien 964 in Gänserndorf empfiehlt man 1.531 Menschen zusätzlich zu pendeln, in
Korneuburg sind es 1.367, in Mödling auf Grund der Ballungszentren nur 153, aus dem Bezirk Tulln
sollen 3.218 auswärts ihre Beschäftigung finden, in Neunkirchen wird 1.754 Menschen auf Grund
dieser Arbeiten empfohlen, sich anderswo um Arbeit umzusehen, in Wr. Neustadt 846, in St. Pölten
6.026, in Lilienfeld 125, in Melk 1.473, in Scheibbs 358, in Amstetten 6.110 und man empfiehlt, nach
Oberösterreich zu gehen, in Zwettl 523, in Gmünd 105, in Waidhofen an der Thaya 94, in Krems 498,
in Horn 232, in Hollabrunn 1.258 und in Mistelbach 1.486, insgesamt also 34.417. Wahrlich, meine
Damen und Herren, ein glücklicher Gedanke für die jungen Niederösterreicher, denen man eine
Existenzgrundlage nicht mehr im eigenen Land, sondern nur noch in der Nachbarschaft sichern kann.
Die Österreichische Volkspartei möchte aus den Niederösterreichern ein Volk von Pendlern machen.
Die Mobilität wird nicht mehr von den Unternehmern, sondern ausschließlich von den Arbeitnehmern
verlangt. Ich verkenne gar nicht die Notwendigkeit des Pendelns, wir verkennen gar nicht diese
Notwendigkeit, Kollege Anzenberger. (Abg. Anzenberger: Das ist genau in dem Programm drinnen!)
Wir sagen ja zu einem vernünftigen Pendlertum in einem zumutbaren Ausmaß und nicht als Ersatz für
Versäumnisse einer guten Regionalpolitik. (Beifall bei der SPÖ. - Abg. Anzenberger: 1800 neue
Arbeitsplätze im Bezirk Tulln. Steht genau in diesem Programm!) Steht gar nicht drinnen, erzählt nicht
was, was nicht wahr ist! (Abg. Anzenberger: Ich bin selbst dabeigesessen. Daher weiß ich es ja!) Das
sind die neuesten Arbeiten des Landes Niederösterreich, die in diesen Tagen in die Bezirke
hinausgegangen sind, wo man den Niederösterreichern sagt, sucht Euch eine Arbeit in den
angrenzenden Bundesländern. (Abg. Fidesser: Herr Abgeordneter, das ist übelste Polemik, so etwas
haben wir in diesem Haus noch nie gehört! - Abg. Anzenberger: Das soll man nicht verschweigen!)
Genau das sagt man ihnen, genau das sagt man ihnen. (Rufe von rechts: Wir sitzen doch selbst in
diesem Beirat! - Zweiter Präsident Binder gibt das Glockenzeichen. - Abg. Ing. Schober: Das sind
doch keine Pendler!) Studiert es bitte zuerst einmal durch! Kollege Fidesser, schau es Dir bitte einmal
an, es steht genau drinnen. (Abg. Amon: Das haben wir schon dreimal gehört!)
Wir haben vor einigen Tagen den Landwirtschaftsbericht diskutiert und konnten übereinstimmend
feststellen, daß das Einkommen der Landwirtschaft (Abg. Amon: Also doch!) besonders in den
Waldviertler Bezirken stark unter dem österreichischen Durchschnitt liegt. Das gilt aber nicht nur für
die landwirtschaftlichen, sondern auch für die Arbeitnehmereinkommen, denn diese erreichen im
Bezirk Zwettl und im Bezirk Hollabrunn nur 66,9%, in Horn 68,6% und in Waidhofen an der Thaya nur
74% des österreichischen Durchschnittes. Das hat natürlich auch seine Auswirkungen auf das
außerbetriebliche Einkommen in der Landwirtschaft.
Zur Verbesserung dieser sicherlich unzureichenden Einkommensverhältnisse in der Land- und
Forstwirtschaft sowie zur Schaffung und Erhaltung leistungsfähiger land- und forstwirtschaftlicher
Betriebe in Grenzregionen wurden im Rahmen eines fünfjährigen Grenzlandsonderprogrammes vom
Bund und vom Land je 150 Millionen Schilling an Förderungsmitteln und vom Bund zusätzlich 400
Millionen Schilling an zusätzlichen AI-Krediten zur Verfügung gestellt, die uns nun die Möglichkeit
geben, die notwendigen agrarpolitischen Maßnahmen in einem verstärkten Ausmaß fortzusetzen.
Ich sage aber noch einmal, was ich schon zum Landwirtschaftsbericht gesagt habe: So sehr uns auch
an der Erhaltung einer Vielzahl gesunder landwirtschaftlicher Betriebe als Vollerwerbsbetriebe
gelegen ist, wird es neben allen Förderungsmaßnahmen notwendig sein, zur Einkommenssicherung
und Einkommensverbesserung zusätzliche Erwerbsmöglichkeiten im industriellgewerblichen Bereich
zu schaffen. Auch dem Fremdenverkehr kommt dabei eine besondere Bedeutung zu, wobei man aber
nicht übersehen darf, daß der Fremdenverkehr - abgesehen von einigen sehr gut entwickelten
Zentren, man kann sie an einer Hand abzählen - nur eine Nebenfunktion als Zuerwerb darstellen
könnte. Zur Einkommensverbesserung kann vor allem der „Urlaub auf dem Bauernhof“ aber auch der
Wochenend- und der Ausflugsverkehr aus den Ballungszentren, der sicher noch
Entwicklungsmöglichkeiten bietet, beitragen.
Ein Fremdenverkehr besonderer Art könnte sich im oberen Waldviertel durch die Errichtung der
Kuranstalt Harbach ergeben. Die Vorgeschichte dieser Kuranstalt ist nur teilweise bekannt. Im
Gemeindegebiet von Harbach, nahe der tschechisch-österreichischen Grenze, wurde sowohl ein
quantitativ als auch qualitativ sehr bedeutsames Moorvorkommen festgestellt. Seine Heilkraft und
seine besondere Eignung wurde durch das Institut für experimentelle pharmakologische und
balneologische Untersuchungen bestätigt. In Zusammenarbeit mit dem Kurbad Althofen in Kärnten,
mit der sogenannten Eder KG, wird im nördlichen Waldviertel ein 80 Millionen-Projekt verwirklicht, zu
dessen Zustandekommen und Finanzierung Bund, Land und Gemeinde sehr wesentlich beigetragen
haben. Das Kurbad sieht 174 Gästebetten sowie eine hochwertige Therapie, die auf mindestens 300
bis 350 Patienten pro Tag ausgelegt ist, vor. Das therapeutische Konzept ist eine Synthese zwischen
Naturheilkunde, Schulmedizin und Bewegungslehre. Mit diesem Projekt ist es erstmals möglich, auf
dem Gebiet des Fremdenverkehrs besonderer Art im Grenzland einen Durchbruch zu erzielen, wobei
man nicht nur die zählbaren Dauerarbeitsplätze sehen darf, sondern es geht dabei auch um das neue
Vertrauen, das die Menschen schöpfen und es geht auch um die infrastrukturelle Auswirkung und die
Impulse, die den gesamten oberen Raum des Bezirkes Gmünd erreichen werden. Ich möchte die
Gelegenheit nicht veräumen, um allen, die zum Gelingen beigetragen haben, zu danken, beginnend
vom Bundeskanzler Dr. Kreisky über die Landesregierung und die Abgeordneten bis
selbstverständlich zu den Gemeinderäten, die jahrelang einen fast aussichtslos scheinenden Kampf
für diese Einrichtung geführt haben, wobei ich nicht anstehe, im besonderen Maße jenen Gemeinderat
zu nennen, der sich zweifellos die größten Verdienste erworben hat, nämlich den Herrn Gemeinderat
Pascher. Immerhin ein 80 Millionen-Projekt, das meiner Meinung nach sehr befruchtend für den
gesamten oberen Grenzraum sein wird.
Dieser Durchbruch, meine Damen und Herren, fehlt uns leider im industriell-gewerblichen Bereich.
Nachdem aus den berechts dargelegten Gründen mit einer entsprechenden Zahl von
Betriebsneugründungen im weiter entfernten Grenzraum nicht gerechnet werden kann, gilt unsere
besondere Sorge der Erhaltung der schon vorhandenen Arbeitsplätze durch eine besondere
Förderung von notwendigen Investitionsmaßnahmen. Obwohl es eine ganze Reihe von
Förderungsmöglichkeiten gibt, habe ich persönlich den Eindruck, daß solche Bestrebungen nicht
immer die erforderliche Unterstützung und das notwendige Verständnis des Landes finden. Ein Teil
der Betriebe des Grenzlandes sind von der Kapitalausstattung, der Produktivität und vom Ertrag her
nicht zum Besten bestellt. Veraltete Produktionsmethoden, unbewegliche Betriebsapparate und auch
manchesmal eine mangelnde Bereitschaft zu Produktionsumstellungen sind ein Teil der Ursachen für
die auftretenden Schwierigkeiten. Von der Wirtschaftsförderung her wird oft der Vorwurf gemacht, daß
Maßnahmen für solche Betriebe zu einer Versteinerung unerwünschter Strukturen führen. Das ist
bedingt zwar richtig, doch solange ich keine neuen arbeitsplatzsichernden Strukturen für das
Grenzland habe, kann ich die alten nicht zugrunde gehen lassen.
Wenn nun der Herr Landeshauptmann Maurer in einer Pressekonferenz in diesem Zusammenhang
gegen jede Verschleuderung öffentlicher Gelder auftritt, gebe ich ihm grundsätzlich recht. Ich bin
überzeugt, wenn er es ernst meint, hat er in Niederösterreich sicherlich viel zu tun. Wenn der
Landeshauptmann aber weiter sagt, das Land Niederösterreich sei wohl so wie bisher zu
Hilfsmaßnahmen für die heimische Wirtschaft bereit, dies aber nur in solchen Fällen, wo eine Garantie
für das Weiterbestehen und die Möglichkeit für das Expandieren eines Betriebes besteht, können wir
ihm nur zum Teil folgen. Denn, so muß ich fragen, Herr Landeshauptmann, wo gibt es denn heute
eine Garantie? Wenn ich an die Mehrzahl der Betriebe im Grenzland denke, in der Textilindustrie
vielleicht oder in der Bekleidungsindustrie, wollen Sie da heute eine Garantie haben?
Ich nehme die Aussage des Herrn Landeshauptmannes sehr ernst, denn in den letzten Monaten habe
ich den Eindruck gewonnen, daß eine Reihe notwendiger Maßnahmen nicht in einem ausreichenden
Ausmaß oder nur sehr schleppend erfolgt ist. Das gilt sowohl für die Haftungsübernahmen mit einer
Wartezeit von sechs bis acht Monaten als auch für die Förderung aus dem Betriebsinvestitionsfonds
und den Zinsenzuschüssen für Invest-Darlehen. Dazu kommt - der Herr Abg. Krenn hat bereits darauf
hingewiesen -, daß die Budgetansätze für die Arbeitsmarktförderung und die Grenzlandförderung für
die Schaffung neuer Arbeitsplätze nicht einmal den Bedarf des Jahres 1978 erreichen. Die
Nachdotierung in einem Nachtragsbudget ist zwar möglich, ist aber bei einem bereits vorher
bekannten Bedarf nicht sinnvoll, weil dadurch vom Referat eher mit einer sehr zurückhaltenden
Arbeitsmarktpolitik gerechnet werden muß. Wenn man nun weiß, daß die Mittel der
Arbeitsmarktförderung und auch der Grenzlandförderung bereits im September 1978 verbraucht
waren und in beiden Fällen für das Jahr 1978 mit einem Mehrbedarf von rund 12 Millionen Schilling zu
rechnen ist, mutet es doch wie eine Frozzelei an, daß auch im Jahre 1979 trotz eines erhöhten
Bedarfes auf Grund vertraglicher Verpflichtungen - ich denke hier an die Arbeitsplatzprämie von
50.000 Schilling - wiederum mit Beträgen operiert wird, die den Bedürfnissen in keiner Weise
Rechnung tragen. Es genügt uns einfach nicht, daß der Herr Landeshauptmannstellvertreter Ludwig
nun in seiner Einbegleitungsrede von Haus aus bekennen muß, die Ansätze seien zu gering, er werde
halt in einem Nachtragsbudget dafür Sorge tragen.
Das neue Grenzlandförderungsprogramm bietet eine Reihe von Ansätzen für Maßnahmen in der
Wirtschaft und im agrarischen Bereich. Das Programm wird aber nur dann zu einer echten
Verbesserung der Struktur und zur Arbeitsplatzsicherung beitragen, wenn zusätzlich eine ganze Reihe
flankierender Maßnahmen gesetzt werden. Als eine solche Maßnahme betrachte ich die Vergabe - ich
habe voriges Jahr bereits darauf hingewiesen - öffentlicher Aufträge in Form einer beschränkten
Ausschreibung für alle jene Bereiche, in denen genügend konkurrenzfähige Grenzlandbetriebe
vorhanden sind, wobei, das möchte ich sehr deutlich sagen, die sogenannten Postkastenbetriebe das wird ja jetzt immer deutlicher - nicht als Grenzlandbetriebe betrachtet werden können. Da gibt es
eine Reihe von Betrieben, die einfach irgendwo im Umland von Wien eine sogenannte
Betriebsadresse haben, diese Adresse als ihren Betriebsort angeben und dann in Niederösterreich die
entsprechenden Aufträge bekommen.
Zur Sicherung der Arbeitsplätze im Baugewerbe wäre zwischen Bund und Land ein gemeinsames
Sonderbauprogramm zu erstellen, welches sowohl die anstehenden Hochbauten als auch
Straßenbauten, insbesonders aber die Straßenbrücken, zu enthalten hat. (Abg. Amon:
Güterwegebau!) Die Auftragszuteilung ist dabei nicht allein nach der sachlichen Dringlichkeit sondern
auch nach arbeitsmarktpolitischen Grundsätzen zu beurteilen. Die Vergabe der Arbeitsplatzprämien
sollte nicht im Nachhinein, nach der Ausfinanzierung, sondern bereits bei Durchführung der
Investitionen erfolgen, wobei die Prämien differenziert unter Berücksichtigung besonderer
Erschwernisse, vor allem unter Berücksichtigung der Entfernung zu den Ballungsräumen gestaffelt
vergeben werden sollen. Auch die langjährige Arbeitslosenquote in der Region ist dabei besonders zu
beachten.
Zum letzteren, zur Entwicklung der Arbeitslosenrate im Grenzland, die auf Grund der besonderen
Begebenheiten nicht einheitlich ist, darf ich unter Verwendung des Jahrbuches der Arbeiterkammer
Niederösterreichs folgendes sagen: In den Jahren 1975 bis 1977 ergibt sich eine Arbeitslosenrate in
Mistelbach von 1,0 bis 1,2, in Gänserndorf von 1,4 bis 1,7, in Bruck von 1,7 bis 1,9, in Hollabrunn von
1,9 bis 2,3, in Korn ebenfalls von 1,9 bis 2,3, in Waidhofen an der Thaya von 3,1 bis 3,7, in Gmünd
von 4,3 bis 5,1 - hier haben wir bereits den europäischen Durchschnitt - und im Bezirk Zwettl von 5,0
bis 5,5. Auch wenn man den Arbeitslosenhöchststand als Grundlage nimmt, ergibt sich etwa das
gleiche Bild. Mistelbach hat einen Höchststand von 2,7, Bruck einen solchen von 2,8, Gänserndorf
3,2, Horn 4,7, Hollabrunn 6,2, Waidhofen an der Thaya 8,0, Gmünd 9,1 und Zwettl 12,O. Meine
Damen und Herren, daraus ist zu ersehen, daß innerhalb des Grenzlandes und, was hier nicht
aufgeschlüsselt ist, auch innerhalb der Bezirke selbst extreme Situationen vorliegen, die sich zum
größten Teil aus der Randlage und daraus ergeben ob es auf Grund einer zumutbaren
Pendelbewegung noch möglich ist, die Arbeitsplätze entsprechend auszugleichen. Die Folge ist: Für
mehr Arbeitnehmer in den oberen Bereichen eine langanhaltende Arbeitslosigkeit und eine
zunehmende Verarmung der davon betroffenen Personen.
Man kann hier auch noch einen anderen Vergleich anstellen, nämlich Anteil der Beschäftigten in
einem Bezirk und Anteil der Arbeitslosen in einem Bezirk im Verhältnis zu ganz Niederösterreich
gesehen. In Gänserndorf haben wir einen Beschäftigtenanteil von 4,21 und einen Arbeitslosenanteil
von 2,95, in Mistelbach einen Beschäftigtenanteil von 2,79 und einen Arbeitslosenanteil von 2,69. In
Bruck haben wir einen Beschäftigtenanteil von 1,84, aber einen Arbeitslosenanteil von 2,73. In Horn
haben wir einen Beschäftigtenanteil von 3,58, aber bereits einen Arbeitslosenanteil von 6,45. In
Gmünd und Waidhofen - hier muß man die Bezirke summieren, weil dieses Gebiet von der
Krankenkasse gemeinsam durch eine Bezirksstelle erfaßt wird - einen Beschäftigtenanteil von 4,82,
aber bereits einen Arbeitslosenanteil von 11,63 und im Bezirk Zwettl einen Beschäftigtenanteil von
1,70 und einen Arbeitslosenanteil von 6,09% .
Diese Zahlen, meine Damen und Herren, beweisen sehr eindeutig, daß es nicht genügt, nach einem
Gießkannensystem Grenzlandpolitik zu machen, sondern die erkennbaren Sonderprobleme vor allem
der nordwestlichen Grenzlandbezirke, aber sicher auch der nördlichen Randzonen der übrigen
Bezirke, nämlich die Gebiete von Retz, Zistersdorf bis hinunter nach Hohenau, wo ebenfalls eine
stärkere Arbeitslosigkeit feststellbar ist, müssen eine Sonderbehandlung erfahren. Ich erlaube mir in
diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren, zwei Resolutionsanträge zu stellen.
Resolutionsantrag
des Abg. Leichtfried zur Gruppe 4 des Voranschlages des Landes Niederösterreich für das Jahr 1979,
Landtagszahl 590:
„Die Landesregierung wird aufgefordert, die Richtlinien für die Durchführung des § 15 des Gewerbeund Industrieraumordnungsprogrammes dahingehend zu ändern, daß die Zuschüsse je neu
geschaffenen Dauerarbeitsplatz nicht im nachhinein, sondern bereits bei Durchführung der
Investitionen ausbezahlt werden, um dadurch Finanzierungslücken zu vermeiden.“
Es wird dabei sicherlich möglich sein, im Rahmen von Gesprächen - es müssen Investitionspläne
vorliegen - auch abzuschätzen, um wieviel Arbeitsplätze es sich handeln wird.
Zum zweiten erlaube ich mir, einen
Resolutionsantrag
zur Gruppe 4, des Voranschlages des Landes Niederösterreich für das Jahr 1979, Landtagszahl 590,
vorzulegen:
„Die Landesregierung wird aufgefordert, das Gewerbe- und Industrieraumordnungsprogramm
dahingehend zu ändern, daß die im § 15 genannten Zuschüsse je neu geschaffenen
Dauerarbeitsplatz nicht gleichsam als „Kopfprämie“ sondern differenziert unter Beachtung
verschiedener Kriterien, wie etwa besondere Erschwernisse, Branchenstruktur, sowie gestaffelt unter
Berücksichtigung der Entfernung zu den Ballungsräumen gewährt werden.“
Meine Damen und Herren, ich hoffe, daß Sie diesen beiden Resolutionsanträgen im Interesse des
Grenzlandes die Zustimmung geben.
Der Herr Landeshauptmannstellvertreter Ludwig hat sich in seiner Einbegleitungsrede auch mit dem
Finanzausgleich beschäftigt und es hat mir hier eigentlich eine Aussage gefehlt. Groß angekündigt
wurden nämlich in den letzten Monaten immer wieder - in den Zeitungen ist das leicht nachzulesen Vorstellungen, daß die Grenzlandgemeinden im Rahmen des neuen Finanzausgleiches den Wiener
Randgemeinden gleichgestellt werden, also den sogenannten Siebenerschlüssel erhalten sollen.
Besonders der Herr Landeshauptmannstellvertreter Ludwig war es, der in den Grenzlandregionen das
den Grenzlandbewohnern immer wiederum sozusagen versprochen und derartige Maßnahmen in
Aussicht gestellt hat. Nachdem er aber im Zuge seiner Einbegleitungsrede diese Frage verschwiegen
hat, würde ich doch ganz gerne erfahren, ob er diese Forderungen nur im Grenzland aufgestellt hat
oder ob er auch die Verpflichtung gesehen hat, im Zuge der Finanzausgleichsverhandlungen diesen
an sich begrüßenswerten Vorschlag dem Verhandlungskomitee zu unterbreiten, und mit welchem
Ergebnis er nun in den Niederösterreichischen Landtag zurückgekehrt ist.
Meine Damen und Herren, ich möchte meinen Beitrag aber nicht schließen, ohne den Herrn
Landeshauptmann nochmals daran zu erinnern, daß die Grenzlandbewohner und darüber hinaus alle
Niederösterreicher noch immer auf die Amtshausmilliarde warten. Der Abg. Krenn hat das bereits
angeschnitten, ich möchte das verstärken. Mit Zahlenmanipulationen kann man weder Arbeitsplätze
schaffen, noch werden sich die Menschen in diesem Lande damit zufrieden geben. Auch hier kann
man nur wieder einmal sagen: Herr Landeshauptmann, versprochen und nicht gehalten! Das
Grenzland hat eine schwere wirtschaftliche Periode hinter sich. Maßnahmen der letzten Jahre haben
sicher manches gebessert, konnten aber die Standortungunst, die Randlage und den begrenzten
Wirtschaftsraum nicht ausgleichen. Da es aber unser erklärtes Ziel der Politik ist, allen
Landesbewohnern möglichst gleiche Lebensbedingungen zu sichern, gilt es, die gemeinsamen
Anstrengungen in einem verstärkten Ausmaß fortzusetzen. Diese Absicht ist aus der Unterdotierung
einer Reihe von Budgetposten leider nicht zu erkennen. Ich hoffe daher, daß diese offensichtlichen
Versäumnisse im Rahmen eines Nachtragsbudgets bereinigt werden. (Beifall bei der SPÖ.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Als nächster ist der Abg. Pospischil zum Wort gemeldet. Ich erteile
es ihm.
Abg. POSPISCHIL: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Der Wohnbauförderung
kommt in einem Rechnungsjahr, in einem Haushaltsjahr, immer besondere Bedeutung zu, natürlich
auch bei der Budgetberatung. Die Wohnbauförderung selbst wird im Voranschlag für 1979 erstmals
die 2 Milliarden-Grenze übersteigen. Aus dem Tätigkeitsbericht ist aber auch ersichtlich, daß bis 31.
Oktober 1978 4.232 Anträge eingebracht wurden, welche auf ihre Erledigung warten.
Im Jahre 1978 wurden bisher 5.079 Eigenheime mit zusammen 5.783 Wohnungseinheiten gefördert.
Die Förderungssumme beträgt 829 Millionen Schilling. Damit wurden - das wissen wir alle aus den
Beiratssitzungen im letzten Jahr - die bis Ende 1977 eingebrachten Darlehensanträge bewilligt. Bei
den Mehrfamilienhäusern also beim großvolumigen Wohnbau belief sich der Gesamtförderungsbetrag
aus der Wohnbauförderung 1968 für 2.291 Wohnungseinheiten, 216 Reihenhäuser, 21 Ordinationen,
5 Heime und 9 Nachförderungen im Budgetjahr 1978 auf 287 Millionen Schilling, wobei - das darf man
bei dieser Feststellung auch nicht verschweigen - zur Ausfinanzierung dieser Fälle und auch weiterer
Fälle für die Jahre 1979 bis 1982 bereits zusätzlich über eine Milliarde Schilling gebunden werden
mußte. Angeblich, und das hören wir sehr gerne, soll es zu Beginn des nächsten Jahres zu einer
neuerlichen Vergabesitzung kommen, bei der die bis Mitte 1978 etwa eingebrachten Anträge für
Eigenheime bewilligt werden. Das würde bedeuten, daß von den über 4.000 eingebrachten Anträgen
etwa die Hälfte, also 2.000, bewilligt werden können. Dagegen, meine Damen und Herren, ist
sicherlich nichts einzuwenden und wir begrüßen es, wenn wiederum Ansuchen vieler Familien, die
eben schon auf die Bewilligung und auch auf die Ausbezahlung der Mittel aus der Wohnbauförderung
warten, erledigt werden können. Außerdem wirkt so eine Maßnahme sicherlich sehr
wirtschaftsbelebend. Das wird zwar wiederum eine Flut von Ludwig-Briefen kurz vor der Wahl geben,
aber wir nehmen das im Interesse der Wirtschaftsbelebung und jener, die sehr dringend auf ihre Mittel
aus der Wohnbauförderung warten, gerne zur Kenntnis. (Abg. Kurzbauer: Nicht nur Ludwig schreibt!)
Wir haben ja gar nichts einzuwenden, daß Briefe geschrieben werden. (Abg. Kurzbauer: Warum redet
man dann darüber?) Wir haben nichts einzuwenden, daß Briefe geschrieben werden, aber wie das in
der letzten Zeit hier geschehen ist, dagegen haben wir etwas einzuwenden. Dazu muß ich also jetzt
schon etwas sagen, weil Sie diesen Zwischenruf hier machen. Es ist nichts einzuwenden, daß Briefe
geschrieben werden, wenn sie aber schon Tage vor der Beiratssitzung geschrieben werden ... (Abg.
Romeder: Es kommt darauf an, was drinnen steht!) Darauf komme ich ohnehin gleich. Das war
nämlich die falsche Vorgabe in der Beiratssitzung. Es ist nur sehr schade, daß der Herr
Landeshauptmannstellvertreter Ludwig nicht hier ist, denn ich müßte ihm ja sagen, daß er uns etwas
erzählt hat, was nicht den Tatsachen entspricht. Schauen Sie, der Herr
.Landeshauptmannstellvertreter Ludwig hat uns zugesagt, er wird uns die Ablichtungen jener
Schreiben geben, die er mit der Erklärung vorgelegt hat, er sei nur darauf gekommen, weil seine
eigenen Fraktionskollegen ihn gedrängt haben, weil sozialistische Kollegen da mit einem Beispiel
vorangegangen sind. Wir haben das zur Kenntnis genommen und gesagt: Wir werden mit unseren
Kollegen reden, aber bitte, geben Sie uns auch die Ablichtungen dieser schreiben, damit wir das
prüfen können. Auf diese Ablichtungen warten wir bis heute noch. Wir haben aber mit unseren
Kollegen gesprochen; diese Briefe liegen länger als ein Jahr zurück und unsere Kollegen bestreiten
es, schon vor der Beiratssitzung diese Briefe ausgesandt zu haben. (Abg. Anzenberger: Der Sulzer
bestreitet das nicht! - Abg. Kurzbauer: Der Sulzer gibt es zu!) Nein, nein, die bestreiten es schon. Der
Sulzer ist da und der Gruber ist da und der Zauner ist da, und alle diese Kollegen, die angeführt
wurden, haben erst nach der Beiratssitzung die Briefe ausgesandt. Wenn das nicht stimmt, dann soll
uns der Herr Landeshauptmannstellvertreter den Beweis liefern. Er hat es angezogen, aber den
Beweis hiefür ist er uns schuldig geblieben, das muß ich schon sagen. (Beifall bei der SPÖ. - Abg.
Blochberger: Das abzustreiten, ist nicht einmal dem Wedl gelungen!) Das, meine sehr verehrten
Damen und Herren, ist also eine große Täuschung und der Versuch, die eigene Schwäche in dieser
Hinsicht ganz einfach zu überspielen. (Abg. Blochberger: Wir tun nichts vertuschen!) Die Behauptung,
daß es sozialistische Mandatare waren, die vor der Sitzung die Briefe geschrieben haben, stimmt also
nicht. Vielmehr glaube ich, daß ganz einfach der Herr Landeshauptmann hier wiederum der erste sein
wollte. (Abg. Anzenberger: Das steht im auch zu!) Das ist zu verurteilen und das ist gegen das Gesetz
der Fairneß, das weit überschritten wurde. Und, meine Damen und Herren, die Schuld dann auf
andere abzuschieben, wirkt geradezu kindisch und lächerlich und das lassen wir uns auch gar nicht
bieten. Wir hoffen, daß sich das nicht mehr wiederholt und daß das seinerzeitige Übereinkommen das
im Jahre 1977 in dieser Hinsicht geschlossen wurde, daß Briefe erst nach der Beiratssitzung
ausgesendet werden, auch tatsächlich eingehalten wird. (Abg. Kurzbauer: Einverstanden!)
Ich möchte, meine sehr verehrten Damen und Herren, also noch einmal wiederholen, daß wir die
Absicht einer weiteren Ausschüttung von Mitteln der Wohnbauförderung begrüßen, daß wir also auch
gar nichts gegen den Eigenheimbau haben, gleichzeitig aber verlangen müssen, daß auch für den
großvolumigen Wohnbau Mittel zur Verfügung zu stellen sind, weil ja viele unserer Bürger in den
Vormerkungslisten auf eine Wohnung sowohl bei den Gemeinden als auch bei den Gemeinnützigen
Genossenschaften ebenso warten, wie dies beim Eigenheimbau der Fall ist. Ich glaube kaum, daß es
sinnvoll ist, zwischen Eigenheimbau und dem Bau von Mehrfamilienwohnhäusern so große
Unterschiede zu machen, solange es genügend Vorgemerkte auf den Wohnungslisten der
Gemeinden gibt. Aus der Statistik ist jedenfalls erkennbar, daß 1978 5.079 Eigenheime mit insgesamt
5.783 Wohneinheiten gefördert wurden, und ich wiederhole das, um hier einen Vergleich zu bringen.
In drei Regierungssitzungen wurden also 890 Millionen Schilling bewilligt. Hingegen belief sich der
Gesamtförderungsbetrag auf dem Sektor des großvolumigen Wohnbaues, also für die
Mehrfamilienwohnhäuser, 1978 nur auf 289 Millionen Schilling. Also 890 gegen 289 Millionen
Schilling! Damit wurden nur 2.291 Wohneinheiten gefördert, auch 216 Reihenhäuser finanziert,
insgesamt also 2.507 Wohnungseinheiten gegen 5.783 Wohnungseinheiten beim Einfamilienhaus.
Natürlich, das möchte ich auch nicht verheimlichen, mußten auch zur Ausfinanzierung dieser
Wohnungseinheiten beim großvolumigen Wohnbau bis 1982 zusätzliche Mittel in einer
Größenordnung von 1 Milliarde Schilling gebunden werden. Aber auch für den Eigenheimbau sind ja
die Mittel bereits - das wissen wir alle miteinander sehr gut - bis 1979 gebunden und wenn
angenommen wird, daß der Eigenheimbau in gleicher Größenordnung wie 1978/79 auch bis 1982
gefördert wird, dann ist zwischen Eigenheimbau und dem großvolumigen Wohnbau eine Ungleichheit
in einem Ausmaß feststellbar, das keinesfalls mehr gerecht scheint und auch nicht mehr vertretbar ist.
Ich bitte also nochmals zu verstehen, daß wir verlangen müssen, den Bau von
Mehrfamilienwohnhäusern förderungsmäßig so zu dotieren, daß auch dort ein sinnvolles Weiterbauen
möglich ist.
Das Wohnen, meine Damen und Herren, ist eine der wichtigsten Daseinsfunktionen des Menschen,
darum müssen wir auch der Wohnbaupolitik unser besonderes Augenmerk zuwenden wer in guten
Wohnverhältnissen lebt, also in qualitiativ guten Wohnungen, in einer angenehmen Atmosphäre und
auch in einer entsprechenden sozialen Umwelt, neigt weniger zur Abwanderung als jemand, dessen
Wohnsituation unbefriedigend ist. Die Mikrozensurergebnisse aus dem Jahre 1976 sagen das ganz
eindeutig aus, beweisen aber auch, daß jeder vierte Haushalt, der in einer Substandardwohnung
wohnt, das ist eine Wohnung mit fehlender Wasserentnahme, also auch ohne Installation, ohne WC,
ohne Bad, die feste Absicht hat einen Wohnungswechsel vorzunehmen.
Die Probleme des Wohnungsbestandes in Niederösterreich bestehen darin, daß er stark überaltert ist.
Die Statistik beweist uns, daß 46,6% der Wohnungen aus der Zeit vor 1919 stammen, 16,6% in der
Zeit zwischen 1919 und 1945 und 36,8% nach 1945 erbaut wurden. Die räumliche Aufgliederung der
bewohnten Wohnungen nach dem Baualter zeigt eine besonders starke uberalterung der Gebäude
bzw. Wohnungen im Wald- und Weinviertel, wo mehr als die Hälfte vor 1919 entstanden sind. Die
verhältnismäßig jüngste Bausubstanz weisen mit etwa 40% nach 1945 erbauten Wohnungen die
Gebiete Amstetten, Melk, Scheibbs, St. Pölten, Lilienfeld, Wr. Neustadt und Wien-Umland auf. Die
Zahl der vor 1919 erbauten Wohnungen sank von 1970 bis 1977 von 207.000 Wohnungseinheiten auf
94.000 ab, das bedeutet eine Verminderung dieser schlechtesten Wohnkultur um 113.000
Wohnungen. Der Anteil an der Gesamtzahl der Wohnungen in Niederösterreich sank damit von 47%
auf 41% ab. In diesen sieben Jahren nahm auch die Zahl der zwischen 1919 und 1945 errichteten
Wohnungen von 74.000 auf 71.000 Wohnungen oder von 17% auf 15% ab. Wir erkennen also auf
dem Gebiet des Wohnbaues doch eine gewaltige Leistung und sie fällt, wenn ich die Jahre 1970 bis
1977 nehme, in die Zeit der sozialistischen Bundesregierung. Das läßt sich nicht wegdiskutieren, auch
wenn man noch so viele Vergleiche anstellt.
In Niederösterreich hat sich nach dem Ergebnis des Mikrozensus aus dem Jahre 1976 aber auch der
Wohnungsstandard dementsprechend verbessert. Der Anteil der Komfortwohnungen ist bis 1976 auf
64% angestiegen und jener der Substandardwohnungen, also jener der Klasse 4 und 5, auf 24%
abgesunken. Der schon sehr niedrige Anteil der mittel ausgestatteten Wohnungen, das ist eine
Wohnungstape der Klasse 3, also Wohnungen mit Wasserentnahme und WC, aber doch ohne Bad,
ging erwartungsgemäß von 13,7% nur mehr auf 10% zurück. Neben der Errichtung von Neubauten ist
also seit 1970 vor allem der Abbau von Substandardwohnungen mit großem Erfolg in Angriff
genommen worden.
Aber noch immer gibt es, meine Damen und Herren, gerade auf dem Gebiete der
Substandardwohnungen große Sorgen, wie die Statistik ebenfalls beweist. Da müssen wir ein wenig in
die regionale Aufgliederung eindringen. über die regionale Aufgliederung der Wohnungen mit dem
Ausstattungstyp 4 und 5, das sind also die schlechtest ausgestatteten Wohnungen, heißt es in der
Statistik: Nach ihrem Anteil am Wohnungsbestand zeigt Niederösterreich einen sehr differenzierten
Stand der Wohnungsqualität. Den höchsten Anteil an Substandardwohnungen weist das Wein- und
Waldviertel auf. Mehr als die Hälfte des Regionswohnungsbestandes ist der Anteil in Hollabrunn - dort
gibt es noch 56% Substandardwohnungen - und in Mistelbach mit 54,7%. Ebenso verhält es sich in
Zwettl mit 44,8%, Gmünd, Waidhofen mit 42,8% und in Horn mit 40,9%. In der Region Amstetten ist
das Wohnniveau am höchsten. Das kommt im niedrigsten Anteil von 27 % Substandardwohnungen
bei gleichzeitig höchstem Prozentsatz von Komfortwohnungen, nämlich 55,2%, zum Ausdruck.
Natürlich gibt es nicht nur im Wein- und Waldviertel schlecht ausgestattete Wohnungen. Auch auf
Grund der Größenordnung, natürlich muß man das mit berücksichtigen, treten die meisten
Wohnungen der Ausstattungstypen 4 und 5 beispielsweise im Umland-Wien auf. Dort gibt es noch
57.000 Wohnungen solcher Art, aber auch Wiener Neustadt weist 21.000 Substandardwohnungen
auf; St. Pölten und Lilienfeld weisen 17.000 schlecht ausgestattete Wohnungen auf, also ist diese Zahl
auch noch dementsprechend hoch.
Wir stellen also fest, daß mit zunehmender Verbesserung der Größenstruktur der Wohnungen die
Absicht der Bevölkerung die Wohnungen zu wechseln, enorm abnimmt. Nach diesen
Erhebungsergebnissen wollen etwa 13% der Haushalte in Österreich in Wohnungen wechseln, in
Wohnungen von 54 bis 60 m2, jedoch nur mehr 7 bis 8% aus mittelgroßen Wohnungen, das sind
solche zwischen 60 und 90 m2, wollen nur mehr 4% der Haushalte ihre Wohnung wechseln. Diese
Erhebungsergebnisse, meine Damen und Herren, sind äußerst interessant und aufschlußreich. Solche
Ergebnisse zeigen uns, daß sich der Prozentsatz der gut ausgestatteten Wohnungen auch in
Niederösterreich erhöhte, daß es aber noch genügend Substandardwohnungen gibt, also solche der
Kategorie 4 und 5, der schlecht ausgestatteten. Und meist liegen von Mietern solcher schlecht
ausgestatteten Wohnungen Anmeldungen bei den Gemeinden in großer Anzahl auf. Vornehmlich sind
es auch jüngere Familien und ist es aus diesem Grunde für uns auch verpflichtend, das möchte ich
noch einmal unterstreichen, den großvolumigen Wohnbau dementsprechend zu fördern, selbst auf die
Gefahr hin, daß dadurch nicht so viele Briefe, wie das sonst üblich ist, geschrieben werden können,
weil das beim großvolumigen Wohnbau nicht in dieser Form üblich ist. Das wird aber wieder
ausgeglichen und wettgemacht durch die Spatenstichfeier, wo der führende Referent anwesend ist,
oder letzten Endes auch bei der Eröffnungsfeierlichkeit.
Und nun noch zu einer wichtigen, auch für die niederösterreichische Bauwirtschaft sehr bedeutenden
Angelegenheit, den Bundeshochbau betreffend. Für den Bundeshochbau wurden in Niederösterreich
in den letzten Jahren viele Milliarden Schilling investiert. Eine Gesamtzusammenstellung der
Bauleistungen bzw. der vom Bund zu leistenden Beiträge vom 1. Jänner bis 31. Oktober 1978 zeigt
folgendes Bild: Insgesamt werden derzeit vom Bund in Niederösterreich 37 Neubauten finanziert. Es
sind dies Projekte für Hochschulen und höhere Schulen, für land- und forstwirtschaftliche Schulen und
Anstalten und für sonstige Bundesbauten. Das Gesamtbudget das hiefür vom Bund aufgebracht wird,
beträgt für diese Neubauten in Niederösterreich allein 2,098 Milliarden Schilling. Rechnet man auch
die Kosten der Herstellungen für ältere Bauten und zählt man auch die Leasingbauten dazu, dann
ergibt sich ein Gesamtbudget für den Bundeshochbau in Niederösterreich von 2,9 Milliarden und
etlichen hunderttausend Schilling, also rund 3 Milliarden Schilling, wovon für 1978 bereits 495
Millionen, also rund eine halbe Milliarde Schilling, zum Einsatz gekommen sind. Ähnlich verhält es sich
bei der Budgetvorschau für das Jahr 1979. Es ergeben sich Gesamtkosten in einer Größenordnung
von 2,703 Milliarden Schilling, wovon die Baurate für 1979 ebenfalls wiederum 460 Millionen Schilling
betragen wird. Sicherlich ein sehr, sehr wesentlicher Betrag, der als Investitionsfördernd für die
gesamte Bauwirtschaft in Niederösterreich angesehen werden kann.
Im Zusammenhang mit der Bauwirtschaft schlechthin möchte ich bei der Gelegenheit ein Problem zur
Sprache bringen das in den letzten Jahren in Fachkreisen, aber vielfach auch in unseren Gemeinden
Anlaß zu oft sehr heftigen Diskussionen gegeben hat. Ich meine damit die „Allgemeinen und
Besonderen Richtlinien“ für die Ausschreibung und Vergabe von Bauleistungen in Niederösterreich.
Im § 1 der Allgemeinen Bestimmungen heißt es, daß bei Gewährung von Beihilfen oder Darlehen aus
Mitteln des Landes oder des Bundes der Begünstigte, also der Bauherr, verpflichtet ist, die
„Allgemeinen und Besonderen Richtlinien“, die für die Ausschreibung und Vergabe von Bauleistungen
in Niederösterreich Gültigkeit haben, einzuhalten, und laut § 27 Absatz 2 sind gewisse Bedingungen
bei Preisunterschieden gegenüber dem jeweiligen Bestbieter unter Berücksichtigung seines
Geschäftssitzes heranzuziehen. Und da, meine Damen und Herren, ist eben, wie wir meinen und wie
wir das auch vielfach feststellen, der Spekulation und auch der Manipulation, um nicht ein härteres
Wort zu gebrauchen, Tür und Tor geöffnet. Die Preisunterschiede werden nämlich durch die
Standortgunst und den Standortvorteil eines Unternehmens wettgemacht und ausgenutzt. Dieser
Vorteil gilt nicht nur innerhalb eines Gemeindebereiches, sondern darüber hinaus auch für den
Bezirksbereich und macht vielfach bis zu 8% der Ausschreibung aus. Bei einem Projekt mit einer
Kostensumme von 10 Millionen Schilling kann das rein theoretisch einer Gemeinde Mehrkosten von
etwa 800.000 Schilling verursachen. Und wenn ich da, meine Damen und Herren, jetzt den gesamten
Wohnbau in Niederösterreich hernehme, den Schulbau und den Kindergartenbau, wenn ich daran
denke, wie viele Millionen Schilling auf diese Art und Weise mehr ausgegeben werden müssen und
aufzubringen sind, dann müssen einem verantwortungsvollen Politiker doch auch Bedenken kommen.
Das muß man einmal zur Sprache bringen. Wie geht so etwas in der Praxis vor sich? Da sucht sich
der örtliche Gewerbetreibende eine bekannte Firma, die also Beleuchtungskörper am billigsten liefert.
Er schlägt dann den ganz einfach 7,5 bis 8% auf den Preis auf, gibt dann den Lieferanten von einem
Aufschlag 3% Provision und die Sache ist ganz einfach gelaufen. Dazu kommt noch, daß es sich bei
der konkreten Firma - viele wissen, um wen es da geht, es gibt etliche Beispiele hiefür, ich möchte
aber keine Firma nennen - um ausländische Produkte handelt, ohne daß da jemand etwas
einzuwenden hätte, weil dieser Geschäftsmann eben in Niederösterreich seinen Sitz hat, daher als
Niederösterreicher gilt und als solcher auftritt. Der Professionist wird durch diese Gangart ganz
einfach zum Vertreter, weil ja zum lukrativen Geschäftsabschluß nicht mehr als die Abfassung eines
Briefes erforderlich ist. Absprachen einzelner Firmen sind ebenfalls gang und gebe. Anzeigen bei der
Preisbehörde, wie sie schon vielfach erfolgten, auch vom Land her, das möchte ich auch sagen,
blieben erfolglos.
Meine Damen und Herren, allein die Kommunalstrukturveränderung hat doch durch die Vielzahl der
Zusammenlegungen von Gemeinden den Ortsvorteil und auch den Bezirksvorteil so verändert, daß
diese geltenden Bestimmungen, diese Vergaberichtlinien, längst nicht mehr Gültigkeit haben dürften
und also dringend geändert werden müssen. Ich denke da beispielsweise an den Bezirk Zwettl bzw.
an die Gemeinde Zwettl, wo gleichzeitig zehn Gemeinden zusammengelegt wurden; jede Gemeinde
nimmt jetzt für sich die Standortgunst und den Vorteil der Ausschreibungen in Anspruch.
Zum zweiten kann als echter Mangel auch bezeichnet werden, daß zum Beispiel die Architekten nicht
in die öffentliche Ausschreibung einbezogen werden müssen. In der Gebührenordnung steht, was die
Gemeinden zu leisten haben, nicht aber, was die Architekten oder Ingenieure selber leisten müssen.
Für den Auftraggeber bedeutet diese immer ein Risiko, weil der Architekt nach der
Kollaudierungsverhandlung zu keiner weiteren Leistung mehr verpflichtet ist. Es ist aber auch nicht
selten der Fall, daß sich oft noch später - das wissen die Bürgermeister sicherlich - Mängel ergeben,
mit denen dann der Bürgermeister ganz einfach allein fertigwerden muß, und auch der sogenannte
Haftrücklaß reicht dann ganz einfach nicht mehr aus.
Ich wollte also mit der Aufzeigung dieser Tatsache nichts anderes erreichen, als auf echte Mängel in
den Ausschreibungsrichtlinien und spezielle auf die Orts- und Bezirksvorteile hinweisen. Ich wollte
auch auf die großen Mehrbelastungen, die die Gemeinden und das Land dadurch aufzubringen
haben, hinweisen und anregen, daß es höchst an der Zeit wäre, die Richtlinien abzuändern. Diese
sind längst überholt und - ich sage es noch einmal - weisen große Mängel auf.
Meine Damen und Herren, ganz kurz zum Schluß sei im Zusammenhang mit der Wohnbauförderung
das Wort noch einmal direkt an die Wohnbauförderung gerichtet. Es kann kein Zweifel darüber
bestehen, daß auch in Zukunft die Politik der Arbeitsplatzsicherung nur durch die Beschäftigung der
Bauwirtschaft erfolgreich sein kann. Daher werden auch für das kommende Jahr trotz angekündigter
Sparmaßnahmen zusätzliche Ausgaben für den Wohnbau notwendig sein. Wir haben oftmals darauf
verwiesen und auch im Finanzausschuß haben wir daran erinnert. Wenn im nächsten Jahr tatsächlich
das eintrifft, was hier auch der Herr Landesfinanzreferent in Aussicht gestellt hat, daß nämlich im
nächsten Jahr noch einmal eine runde Milliarde Schilling zum Einsatz kommen soll, damit die 4.000
eingereichten Anträge auf Wohnbauförderung im Eigenheimbau erledigt werden können und auch die
Genossenschaften und die Gemeinden mit den vielen Vormerkungen zum Zuge kommen sollen, dann
wäre es nur recht und billig, daß man hier den Mut faßt und die Mittel, die hiefür notwendig sind, zur
Verfügung stellt. Die sozialistische Fraktion würde das sehr begrüßen und wir würden das auch sehr
zustimmend zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Als nächster Redner zur Gruppe 4 gelangt der Abg. Buchinger zu
Wort.
Abg. BUCHINGER: Herr Präsident! Hohes Haus! Darf ich mich mit zwei Problemen beschäftigen, die
in diese Budgetpost hineinfallen, als erstes auch ganz kurz mit Fragen des Grenzlandes, mit denen
sich ja der Herr Abg. Brezovszky schon in der Generaldebatte sehr ausführlich befaßt hat und nun der
Herr Abg. Leichtfried.
Vielleicht gleich eingangs zu den zwei Anträgen. Zum ersten Antrag, der die Landesregierung
auffordert, die Richtlinien bezüglich dieser 14.000 bis 20.000 Schilling so zu ändern, daß sie bereits
bei Durchführung der Investition ausbezahlt werden, darf ich bitten, doch die Begründung einzusehen,
warum wir bei der jetzigen Regelung bleiben wollen. Das ist ein gewisser Riegel, den man vorschiebt,
damit das einigermaßen Dauerarbeitplätze bleiben und es nicht da und dort zu einem Mißbrauch
kommt. Ich glaube, das ist eine Überlegung, die einigermaßen begründet ist, denn sonst könnte man
relativ schnell Leute nur aus diesem Grund aufnehmen und vielleicht - jetzt sage ich es ganz extrem ein paar Tage später wieder entlassen. Es gibt also auch da einige Überlegungen, bei denen noch
nicht ganz Einigkeit darüber besteht, wie man die Dinge regelt.
Beim zweiten Antrag, der die „Kopfprämie“ betrifft, glauben wir ebenfalls, daß mit der bisherigen
Regelung gute Erfahrungen gemacht worden sind. Wir glauben, daß wir nicht da und dort Branchen
ausschließen sollten, gerade was unseren Grenzraum betrifft. Wir sollten also bei der bisherigen
Regelung bleiben und ich glaube, ein gewisses Risiko muß man im Wirtschaftsbereich da und dort
auch eingehen, selbst wenn es sich vielleicht einmal um eine Branche handelt wie beispielsweise die
Textilbranche, von der man vielleicht sagt, sie hätte keine Entwicklungsmöglichkeit mehr und so
weiter. Es gibt Betriebe, bei denen das zutrifft, ich gebe zu, da und dort gibt es vielleicht bei einigen
Betrieben andere Überlegungen. Ich glaube aber doch, daß man hier bei dem Risiko wenn Sie wollen,
bleiben sollte, das die bisherige Regelung beinhaltet. Aus diesem Grund werden wir den zwei
Anträgen nicht die Zustimmung geben.
Und nun zu ein paar anderen Dingen. Herr Abg. Leichtfried, ich weiß schon, daß es vorhin, wie Sie
gesprochen haben, sehr publikumswirksam gewesen ist, in die Galerie, die gerade voll mit jungen
Menschen war, sehr lautstark hineinzuschmettern dieses Land macht Raumordnungsprogramme in
denen empfohlen wird, daß -Zigtausende - ich will die Zahlen jetzt nicht wiederholen - Menschen
abwandern müssen. Ich darf das, bitte schön, einmal berichtigen. Die zuständige Abteilung, die
Raumplanungsabteilung, hat eine Reihe von Programmen für die Bezirke ausgearbeitet und mehrere
Varianten zur Diskussion gestellt, und zwar vier bis fünf Varianten. Sicherlich war auch eine Variante
dabei, wenn Sie wollen, die extrem vorgesehen hätte, wir schaffen keine neuen Arbeitsplätze, sondern
wir fördern die Abwanderung. (Abg. Wallner: Trend-Variante hat sie geheißen!) Ich kenne keinen
Bezirk, zumindestens soweit ich darüber mit meinen Kollegen nach den Ausschußsitzungen diskutiert
habe, die überall stattgefunden haben, der sich für diese Variante entschieden hat, sondern ich
glaube, daß sich alle Bezirke für eine Variante entschieden haben, die eine gegenteilige Wirkung hat,
nicht eine Abwanderung, sondern wo möglichst viele neue Arbeitsplätze, die eben notwendig sind,
geschaffen werden. Da und dort gab es vielleicht eine Mischvariante. (Abg. Zimper: Einstimmig!)
Einstimmig meistens.
Ich möchte aber auch nicht in Abrede stellen, daß jedes Ballungszentrum - das ist kein
österreichisches Problem, sondern ein weltweites Problem - eine Sogwirkung hat, auch eine
Sogwirkung, wenn in dem Raum, wo der Mensch weggeht, andere Arbeitsplätze zur Verfügung
stehen. Das ist ein weltweites Problem. Wir dürfen auch nicht darüber hinwegsehen, daß heute auch
eine gewisse Mobilität notwendig ist und daß es eben viele Menschen gibt, die Ballungszentren, was
weiß ich aus welchen Gründen, immer vorziehen. Ich habe vor einigen Jahren, jetzt stimmt es ja nicht
mehr ganz, ein Beispiel gebracht: Wir haben in Eggenburg ein großes Unternehmen hingebracht mit
300 bis 350 Arbeitsplätzen; diese Firma ITT muß aus 40, 50 km Entfernung Leute zu diesem Werk
hinbringen, obwohl unmittelbar aus der Stadt Eggenburg pro Tag 70 bis 80 - so viele waren es damals
- nach Wien gependelt sind. Obwohl damals, bei der Standard in Wien zum Beispiel, pro Stunde nicht
mehr bezahlt wurde als draußen in Eggenburg, haben es trotzdem viele vorgezogen - ich möchte die
Gründe gar nicht untersuchen -, nach Wien zu pendeln und dabei einen größeren Verlust an Freizeit
und das geringere Einkommen summa summarum in Kauf zu nehmen. Es ist eben eine moderne
Raumordnung die ich glaube, Sie würden ihr die größten Vorwürfe machen, wenn sie sich nicht auch
mit dieser Entwicklung auseinandersetzen, denn Pendeln wird es immer geben und ein gewisses
Pendeln wird auch zumutbar sein. Ich glaube, zu dem bekennen wir uns auch. Wenn man heute zum
Beispiel über die Entwicklung der Verkehrsverbindungen Diskussionen führt, so muß eine
Raumordnungsabteilung, auch was das Pendeln betrifft, selbstverständlich Untersuchungen
durchführen. Und wenn ich mir - ein Kollege wird sich sicherlich damit noch beschäftigen - die Rede
des Herrn Finanzministers anschaue, so widmet er gerade dem Nahverkehr und dem Pendelproblem
ein ganz wesentliches Kapitel. Ich glaube also, wir sollten hier nicht, wenn die Galerie günstig ist,
solche Dinge, die nicht stimmen oder wo man nur einen Teil sagt von dem, was hier ausgearbeitet ist,
so emotionsgeladen den jungen Menschen servieren, um damit zu beweisen, wie schlecht und wie
wenig die ÖVP in diesem Lande arbeitet. (Beifall bei der ÖVP.)
Und ich glaube, so einfach, liebe Freunde und sehr geehrter Herr Kollege, kann man es sich auch
nicht machen, daß man mehr oder weniger sagt, überall dort, wo zu wenige Arbeitsplatze sind, wo wir
zugegebenermaßen Probleme haben, dort ist die ÖVP dieses Landes zuständig, dort ist die
Landesregierung zuständig, wahrend es überall dort, wo Probleme gelöst wurden, wo neue
Arbeitsplätze geschaffen wurden, ein Erfolg der Bundesregierung ist. Ich glaube, so einfach kann man
sich hier diese Dinge nicht machen. (Abg. Leichtfried: Umgekehrt ist das!)
Das ist ja immer wieder durchgeklungen, vor allem, wenn ich an die Rede des Kollegen Brezovszky in
der Generaldebatte zurückdenke, wo er gefragt hat: Haben wir alles getan? Na sicherlich, was für
einen Problemkreis wird es denn geben im menschlichen Leben, von dem man sagt, dort ist alles
getan worden? Es gibt immer eine Weiterentwicklung, es gibt immer ein Fortschreiten. Als Vertreter
des Grenzlandes möchte ich sagen, sicherlich haben wir da und dort auch noch Wünsche, berechtigte
Wünsche vielleicht, wo wir meinen, daß Land und Bund gemeinsam vielleicht noch mehr tun könnten,
aber es gibt auch andere Bereiche in unserem Bundesland, die kein Grenzgebiet sind, wo genauso
Maßnahmen notwendig sind. Wenn man sich die letzten zehn Jahre anschaut, in denen in
Niederösterreich von seiten des Landes eine Grenzlandförderung durchgeführt wurde, so glaube ich,
muß man feststellen, daß das Land, was Kraft und finanzielle Möglichkeiten betrifft, doch
Wesentliches getan hat.
Ich möchte nur ein paar Dinge herausgreifen. Zum Beispiel wurde - ich glaube, es war 1976 erstmalig
- über Antrag des Landeshauptmannstellvertreters Ludwig zur Förderung der finanzschwachen
Gemeinden ein Ausgleich durchgeführt, wobei rund 25 Millionen Schilling für die Gemeindehaushalte
zum Ausgleich zur Verfügung gestellt worden sind. Da ist dieser regionale Ausgleich, wenn Sie wollen,
den der Herr Abg. Brezovszky heute angeführt hat, bereits vorexerziert worden. Ich weiß nicht, es
schlagen anscheinend in Ihrem Körper zwei Herzen, wenn ich das so sagen darf, denn auf der einen
Seite verlangen Sie diesen regionalen Ausgleich, da stimme ich überein, auf der anderen Seite hat
hier ein deutlicher Zwischenruf die da und dort in der Sozialistischen Partei bestehende Meinung
gezeigt, die der Abg. Wedl gestern geäußert hat: Na, Sie werden doch nicht glauben, daß wir das
Waldviertel finanzieren werden! (Abg. Lechner: In einem anderen Zusammenhang!) Na, ein anderer
Zusammenhang, sicherlich. (Abg. Leichtfried: Das war ja beim Unterhaltungsprogramm!) Herr Kollege
Leichtfried, auch ein Unterhaltungsprogramm ist ein Beitrag zur Steigerung der Lebensqualität und
das ist auch eine Frage, ob das im Waldviertel geboten werden kann. (Beifall bei der ÖVP.) Auch das
zählt zur Infrastruktur, genau wie ein neues Hallenbad, wie Sportanlagen, wie andere
Freizeiteinrichtungen. Und wenn die im Grenzland nicht geboten werden, wird man sich dort sagen,
nicht einmal das gibt es, und es wird für manche Anlaß sein unter anderem, vielleicht wegzugehen.
Nicht so einfach machen, das ist zur Unterhaltung, auch das ist notwendig, in diesen Gebieten. Ich
stimme überein, nicht nur im Grenzland; wenn Sie wollen, auch in vielen Gebieten des
Alpenvorlandes, wo die Kosten ebenfalls höher sind, um solche Dinge zu installieren. Da muß dieser
Ausgleich durchgeführt werden und ich glaube, da muß man das ganze Land sehen.
Ich darf auch hinweisen auf die Grenzlandförderungen, die mit diesen 14.000 bis 20.000 Schilling
durchgeführt worden sind. Immerhin wurden in den letzten Jahren 65 Millionen Schilling zur Verfügung
gestellt, womit 3.750 neue Arbeitsplätze gefördert werden konnten.
Und wenn Sie gesagt haben, der Herr Landesfinanzreferent hat nur 10 Millionen Schilling vorgesehen,
so ist auch das nur die halbe Wahrheit, denn der Herr Finanzreferent hat im Vorjahr bei den
Beratungen im Finanzausschuß und wie ich glaube auch hier am Rednerpult sehr deutlich gesagt,
wenn in dieser Budgetpost noch mehr Mittel beansprucht werden, so wird er in einem Nachtrag dafür
sorgen, daß die weiteren Budgetmittel zur Verfügung gestellt werden. Wir haben erst vor kurzem
diesen Beschluß gefaßt, denn es hat ja schon ein Jahr gegeben - ich glaube, es war das Jahr 1976,
wenn ich mich jetzt nicht irre -, wo wir mehr Mittel im Budget hatten, als wir dann in der Folge
gebraucht haben. Ich glaube, wir haben damals 20 Millionen Schilling gehabt und gebraucht haben wir
nur an die 15; ich hoffe, mich jetzt nicht zu irren, ich konnte in der Kürze nicht mehr nachschauen. Die
Mittel sind also, bitte schön, zur Verfügung gestellt worden. Oder ich denke an die Darlehen aus dem
Betriebsinvestitionsfonds, wo auch das Grenzland irgendwie bevorzugt wurde in den letzten vier
Jahren mit 61,4 Millionen Schilling. Ich denke an die Zinsenzuschüsse aus den Invest-Darlehen mit
insgesamt fast 100 Millionen Schilling in den letzten vier Jahren im Bereich des Grenzlandes. Also ich
glaube, man kann nicht sagen, das Land hat nichts getan. Ich blaube, was die Leistungskraft des
Landes betrifft, wurde in den letzten Jahren eine aktive Grenzlandpolitik betrieben und wir haben auch
da und dort Erfolge. Daß sicherlich da und dort gewisse Anstrengungen auch in Zukunft notwendig
sind, stelle ich außer Zweifel.
Ich glaube aber, daß wir neben den finanziellen Anstrengungen, die das Land - ich schließe auch den
Bund hier mit ein erbringt, da und dort auch eine neue, wenn Sie wollen, Grenzlandsgesinnung zeigen
müssen. Es ist für das Grenzland und für die jungen Leute nicht so einfach, wenn man von
Versammlung zu Versammlung zieht und immer nur schimpft, wie schlecht das Grenzland ist, immer
nur sagt, wie unmöglich die Lebensqualität in diesem Grenzland ist und daß nichts gemacht wird.
Wundert es uns, daß der junge Mensch wenn er das immer wieder hört, dann sagt, na hoppla, da muß
ich mir um meine Zukunft Gedanken machen? (Abg. Lechner: Was meinen Sie damit?) Na, ich denke
an die Postwürfe da und dort und an alle Dinge, die von Ihrer Fraktion hinausgehen, worüber auch
draußen in Versammlungen und so weiter gesprochen wird. Herr Abg. Lechner, Sie sind weit weg vom
Schuß, darf ich das sagen, weit weg vom Grenzgebiet. Das sind aber Realitäten und diese Dinge
liegen hier so.
Und was nützen Förderungsmaßnahmen, die das Land setzt, wenn auf der anderen Seite der Bund
ein Vielfaches davon wieder wegnimmt. Ich habe im vergangenen Jahr oder schon vor zwei Jahren
aufgezeigt, daß zum Beispiel bei unseren Förderungsmitteln, bei den 14.000 bis 20.000 Schilling pro
Arbeitsplatz, diese Förderungsbeträge zum Einkommen dazugeworfen werden und voll versteuert
werden müssen. Das heißt also, daß vielen Unternehmern, die relativ hoch in der Steuer drinnen sind
- sind wir froh, daß es solche auch noch im Grenzland gibt, denn damit können sie aus Eigenem da
und dort noch größere Investitionen durchführen -, bis zu 50, 60% von diesen Förderungsbeträgen
durch den Finanzminister wieder weggenommen werden. Also wir geben ihnen 20.000 Schilling und
auf der anderen Seite gehen wieder, was weiß ich, bis zu 15.000 Schilling weg. (Abg. Krenn: Das
stimmt ja nicht!) Na, das stimmt, Herr Abg. Krenn, bitte reden Sie mit unseren Unternehmungen
draußen. Wir sind erst kürzlich aufmerksam gemacht worden darauf. Ich habe es auch nicht glauben
können, daß es das gibt. Das ist die Realität, daß die Förderungsmittel dazugeworfen werden zu den
Einkommen und voll versteuert werden. Es war für mich nicht zu glauben, aber wir haben das
Kollegen nachgewiesen draußen und wenn ich mich nicht irre, haben wir sogar einen Antrag vor zwei
Jahren in dieser Richtung beschlossen, daß man hier eine Abänderung durchführen sollte.
Oder was nützen die Förderungsmaßnahmen, die auch der Bund da und dort gibt, wenn das auf der
anderen Seite durch neue Belastungen im Grenzland wieder weggenommen wird, zum Beispiel durch
die Lkw-Steuer, die vor allem das Grenzland hier sehr hart trifft. Ich darf mir gestatten, gerade zu
diesem Problemkreis Lkw-Steuer einen Antrag vorzulegen.
Resolutionsantrag
zur Gruppe 4 des Voranschlages des Landes Niederösterreich für das Jahr 1979.
„Gemäß § 1 des Straßenverkehrsgesetzes, Bundesgesetzblatt Nr. 30211978, unterliegt dem Beitrag
die Beförderung von Gütern im Inland mit Fahrzeugen, wobei es gleichgültig ist, ob diese Fahrzeuge
mit inländischen oder ausländischen Kennzeichen versehen sind. In Anbetracht der speziellen
wirtschaftlichen Probleme der Grenzländer wird diese Besteuerung als besondere Härte empfunden
und trägt mit dazu bei, die an sich schon angespannte Wettbewerbssituation weiter zu verschärfen.
Die Landesregierung wird daher ersucht, bei der Bundesregierung, insbesonders beim
Bundesministerium für Finanzen dahin zu wirken, daß geeignete gesetzgeberische Maßnahmen mit
dem Ziel eingeleitet werden, daß
1. die Beförderung von Gütern im Inland mit Fahrzeugen deren Standort sich im Grenzgebiet befindet
und
2. unbeschadet der Ziffer 1 die Beförderung von Gütern im Grenzland
von der Beitragspflicht befreit werden.
Für den Fall, daß eine Befreiung von der Abgabe aus verwaltungstechnischen Gründen
undurchführbar ist, wird die Landesregierung ersucht, bei der Bundesregierung zu erwirken, daß aus
dem Erträgnis des Straßenverkehrsbeitrages ein Betrag für Zwecke der Grenzlandförderung
bereitgestellt wird, der jenem entspricht, den der Bund derzeit hiefür aufwendet. Als Grenzland sind
die im § 2 des Grenzland-Raumordnungsprogrammes, Landesgesetzblatt 8000-25-0, bezeichneten
Gemeinden zu verstehen.“
Wenn Sie sagen, was hat das damit zu tun, so darf ich doch daran erinnern, daß es schon einmal eine
ähnliche Regelung gegeben hat, und daß damals sehr oft auch von Ihrer Fraktion Anträge hier gestellt
wurden bzw. auf das Problem hingewiesen wurde und daß es nicht zuletzt dank des Einsatzes des
Generalsekretärs der Bundeshandelskammer, Nationalrat Dr. Haider, damals im Parlament gelungen
ist, sehr wohl das Grenzland von dieser Belastung auszunehmen. Das wurde bitte damals gemacht.
Wir erwarten uns doch, daß unter der derzeitigen Regierung das auch möglich sein müßte.
Ich darf mir noch gestatten, einen weiteren Antrag vorzulegen, der die Förderung von 14.000 bis
20.000 Schilling betrifft, wo zur Zeit die Grenze gegeben ist, daß mindestens fünf neue Arbeitsplätze
geschaffen werden. Wir wissen, daß nach der Struktur gerade des Grenzlandes dort im großen und
ganzen Klein- und Mittelbetriebe sind. Ich glaube persönlich, daß heute ein Arbeitsplatz mehr in einer
Firma, wo vier, fünf und sechs Bedienstete sind, unter Umständen eine größere Leistung ist und dafür
von der Firma in Relation gesehen, ein größerer finanzieller Einsatz geleistet wird, als wenn ein
Großbetrieb vielleicht 20 oder 30 Arbeitsplätze mehr schafft. Ich darf daher auch einen
Resolutionsantrag
einbringen, der folgendermaßen lautet:
„Gemäß § 15 des Gewerbe- und Industrie-Raumordnungsprogrammes, LGB1. 8000/28-0, werden in
den Gemeinden innerhalb des Grenzlandes Unternehmungen, die im Zuge von IndustriestättenNeugründungen und -erweiterungen mindestens fünf neue Arbeitsplätze im Bereich der
Güterproduktion oder der Dienstleistung schaffen, Zuschüsse zur Anschaffung oder Herstellung von
Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gewährt.
Die Landesregierung wird ersucht, zu prüfen, ob und inwieweit es möglich ist, das Erfordernis der
Schaffung von fünf neuen Arbeitsplätzen auf drei herabzusetzen und bei Einstellung von Lehrlingen
von diesem Erfordernis überhaupt Abstand zu nehmen. Bejahendenfalls wird die Landesregierung
ersucht, die gegenständliche Verordnung entsprechend zu ändern.“
Ich habe ausdrücklich gesagt, wird ersucht, denn ich bin mir dessen bewußt, daß das finanzielle
Auswirkungen hat, so daß diese Dinge einmal zu überprüfen sind. Ich glaube aber, daß es im
Interesse des Grenzlandes und vor allem der kleineren Betriebe ist, daß es hier zu einer Änderung an
und für sich kommt, wenn irgendwie die Möglichkeit besteht.
Abschließend darf ich sagen, daß die Volkspartei und die Landesregierung der Förderung des
Grenzlandes im letzten Jahrzehnt ein großes Augenmerk gewidmet haben. Ich glaube, wir haben das
zu einem Schwerpunkt in unserer Politik gemacht und entsprechende Beiträge zu einem besseren
Leben der Bevölkerung und zu einem leichteren Leben in diesem Bereich geleistet.
Und nun zu einem anderen Thema, welches ein Kapitel betrifft, das mit einer relativ großen Summe in
diesem Budgetbereich dotiert ist, nämlich dem Wohnbau. Herr Abg. Pospischil, glaube ich, hat dazu
gesprochen, wenn ich jetzt nicht irre, Sie haben hier angeprangert, daß von unserem Kollegen oder
vom Herrn Landeshauptmannstellvertreter Briefe vor den Sitzungen hinausgehen bzw. überhaupt
solche Mitteilungen erfolgen. Ich darf einmal feststellen, was den Herrn Landeshauptmannstellverteter
Ludwig betrifft, so hat er als Vorsitzender des Wohnungsbeirates bei der letzten Vergabesitzung den
Betreffenden geschrieben, daß er in der demnächst stattfindenden Wohnbaubeiratssitzung den
Vorschlag zu einer positiven Erledigung des Ansuchens einbringen wird. (Heiterkeit bei der SPÖ.)
Momenterl einmal, nur nicht zu früh lachen. Ich glaube, daß ihm als Vorsitzender des
Wohnbaubeirates das doch zusteht und daß an und für sich diese Mitteilung, die
Landeshauptmannstellvertreter Ludwig hier gemacht hat, den Tatsachen entspricht, zum Unterschied
von einer Mitteilung, die der Herr Abg. Gruber und der Herr Abg. Sulzer in einem gemeinsamen
Schreiben an die betreffenden Wohnbauwerber hinausgeben, welches in Bezug auf die Sitzung, die
am 10. 10. letzten Jahres stattgefunden hat, lautet: „Sehr geehrte Familie ... (Abg. Pospischil:
Stattgefunden hat!) Ja, ja, ist in Ordnung, die Richtigkeit des Inhaltes habe ich bezweifelt, (Abg.
Lechner: In Zwischenrufen ist behauptet worden, daß sie vor der Sitzung geschrieben wurden!)
Momenterl einmal, solche gibt es auch, die haben wir Ihnen in den Vorjahren zigmal hier gezeigt, ich
glaube, das war im Bereich Gänserndorf der Fall. Aber bitte, was die Wahrheit, den Inhalt betrifft.
(Abg. Gruber: Voreilige Briefe haben wir genug!) Na, Herr Kollege Gruber, warum werden Sie jetzt auf
einmal so nervös? Sie schrieben also hier: „Wir freuen uns, Ihnen die Mitteilung zu machen, daß Sie
auf der Liste des Herr Landeshauptmannstellvertreters Hanns Czettel vermerkt waren und über seinen
Antrag die entsprechende Genehmigung für die Wohnbaudarlehen erhalten.“ (Abg. Blochberger: Das
ist die Sauerei!) Darf ich bitte feststellen, daß es keine Listen mehr gegeben hat, sondern daß ein
Amtsvorschlag vorgelegen hat, sodaß weder der Herr Landeshauptmannstellvertreter Czettel, noch
der Herr Landeshauptmannstellvertreter Ludwig, wenn Sie wollen, solch eine Parteiliste
vorgeschlagen hat, denn es hat nur einen Amtsvorschlag gegeben. Es ist also unrichtig, daß Sie
schrieben „auf der Liste von Landeshauptmannstellvertreter Czettel.“ (Abg. Krendl: In den offiziellen
Briefen steht drinnen: Wenden Sie sich ...!) Was steht drinnen? (Abg. Gruber: Der Landeshauptmann
schreibt sozialistischen Funktionären und Mandataren, daß er sich für sie eingesetzt hat!) Na ja,
sicherlich, das ist ja erfreulich. (Abg. Kurzbauer: Kollege Wiesmayr hat mir auch geschrieben!) Ich
würde das nicht als negativ ansehen. (Abg. Lechner: Bleiben wir bei der ganzen Wahrheit - Abg.
Gruber: Wir haben dasselbe Recht wie Ihr!) Herr Kollege Sulzer ... (Abg. Anzenberger: Der Gruber hat
einer Schwester von mir geschrieben! - Heiterkeit bei der ÖVP. - Zweiter Präsident Binder gibt das
Glockenzeichen.) Herr Kollege Zauner, ähnliche Schreiben gibt es im Bereich der Arbeiterkammer,
wovon auch einige da liegen.
Darf ich zu dem Problem folgendes sagen: Ich glaube, daß es zwischen den zwei Wohnbaureferenten
über diese Dinge Gespräche gegeben hat, ich kenne nicht das Ergebnis, aber vielleicht kommt es hier
zu einer einvernehmlichen Regelung. (Abg. Lechner: Hat jetzt Ludwig Politik behieben oder nicht, Herr
Kollege! - Abg. Anzenberger: Dazu ist er ja da!) Na, es wird ihm doch als Vorsitzenden des
Wohnbaufonds zustehen, daß er sagt, ich habe Sie für den nächsten Vorschlag vorbereitet. (Abg.
Zauner: Hat nur er dieses Recht?) Herr Abg. Zauner, wenn Sie wollen, gehe ich sogar so weit, daß ich
sage, Sie haben das gleiche Recht wie wir. Wir sollen nur bei der Wahrheit bleiben im Schreiben. Sie
können schreiben, ich möchte das ja gar nicht anprangern, darf aber bitten, daß das auch von Ihrer
Seite nicht gemacht wird. Nicht wieder mit zwei Waagen wägen, was Sie machen, ist in Ordnung, was
hier gemacht wird, ist nicht in Ordnung. Einverstanden bitte? Ich habe nichts dagegen, daß Sie
schreiben, bitte schön, ich habe nur gesagt, bleiben wir also, was den Inhalt betrifft, bei der Wahrheit.
Und nun darf ich zur Wohnbauförderung selbst kommen. Wir haben also hier im Budget, wenn wir uns
das ansehen ... (Zahlreiche Zwischenrufe - Zweiter Präsident Binder nach Abgabe des
Glockenzeichens: Der Abg. Buchinger hat das Wort!) Also, wenn die Zwischengespräche beendet
sind, (Zweiter Präsident Binder: Bitte, meine Damen und Herren!) darf ich wieder zur Sache
zurückkehren. Wenn wir uns also die Budgetpost Wohnbauförderung anschauen, so können wir
feststellen, daß diese mit 2.114 Millionen Schilling dotiert ist. Ich glaube, das ist an und für sich die
größte Budgetpost, die es im Landesbudget gibt. Wenn man bedenkt, daß dazu noch zusätzlich
Rückflüsse aus der Landeswohnbauförderung kommen, die seit 1978 nicht mehr über das Budget
geführt, sondern direkt dem Fonds zugewiesen werden, so kommt hier noch ein erheblicher Betrag mit
dazu.
Ich glaube aber auch, daß diese Budgetpost Wohnbauförderung ein ganz wesentlicher Betrag zum
Problemkreis Arbeitsplatzsicherung, Arbeitsmarkt und Vollbeschäftigung ist. Gestatten Sie mir dazu
vielleicht kurz ein grundsätzliches Wort. Ich glaube, daß das Bauen einen der höchsten
Multiplikationseffekte hat, das heißt, daß eine Milliarde Schilling Förderungsmittel, die gegeben
werden auf dem Bausektor, einen Nachfrageimpuls in der Größenordnung von ungefähr 3,2 Milliarden
Schilling auslöst. Die Baubranche - ich rechne sie jetzt nicht nur zum Wohnbau - ist ein wesentlicher
Faktor beschäftigt 10% der Arbeitnehmer und diese erbringen einen ganz erheblichen Produktanteil
bei der Erarbeitung des Bruttonationalproduktes. Aber dieser Wirtschaftssektor ist eben einmal extrem
abhängig von der öffentlichen Rand, von den Förderungsmitteln, die hier zur Verfügung gestellt
werden, und eine Stagnation oder ein Rückschritt würde hier nicht nur Auswirkungen auf die Anzahl
der Wohnungen haben, sondern zum Teil - das erleben wir ja in den letzten Jahren - Auswirkungen im
Bereich der Arbeitsplätze, vor allem in Richtung Bauwirtschaft. Ich darf hier die Feststellung treffen,
daß nicht zuletzt durch die Budgetpolitik, die auf Bundesebene betrieben wird, durch die hohe
Bundesverschuldung, insbesondere der Bund heute nicht mehr in der Lage ist, jene notwendigen
Investitionen und Impulsfunktionen durchzuführen, die notwendig wären. Die Länder müssen heute
immer mehr und mehr einspringen, um einigermaßen diese Entwicklung hintanzuhalten.
Na ja, heute glaube ich, wissen sehr viele Bürger in diesem Staat, daß die Primitivformel, die die
Sozialistische Partei, anders kann ich es nicht bezeichnen, beim letzten Wahlkampf im Jahre 1975
geboren hat, unrichtig ist und sich nicht als stichhältig und nicht als der Weg der Wirtschaftspolitik
erwiesen hat; es wurde nämlich gesagt, wenn ich das ein wenig abändern darf: Wollt Ihr Österreicher
die totale Staatsverschuldung oder wollt Ihr Arbeitslosigkeit? In der Zwischenzeit, glaube ich, hat sich
erwiesen, daß das Ansteigen der Schulden alles andere als Dauerarbeitsplätze sichert und alles
andere als mehr Mittel auch für den Wohnbau bringt, wenn ich wieder auf diesen Sektor zurückkehren
darf. Man muß dabei bedenken, daß heute einem Budget von 280 Milliarden Schilling bereits 201
Milliarden Schilling Schulden gegenüberstehen. Ich glaube, daß das „mehr Schulden machen“ nur
kurzfristige Wirkungen gehabt hat und daß man heute das Dilemma sieht.
(Präsident Dipl.-Ing. Robl übernimmt den Vorsitz.)
Aber neben der Arbeitsplatzsicherung, neben dem Problem Vollbeschäftigung oder
Mehrbeschäftigung ist die Wohnungspolitik auch ein Grundpfeiler der Familienpolitik. Die Frau
Kollegin Prokop hat ja hier schon deutlich darauf hingewiesen. Es ist ein Problem für junge Ehen
heute, wenn die entsprechende Wohnung nicht zur Verfügung steht, dadurch erfolgt oft eine
unerträgliche Belastung. Es ist ein Problem heute für junge Ehepaare, wenn zu kleine Wohnungen
vorhanden sind, und das ist nicht zuletzt auch der Grund, warum vielleicht da und dort der Mut zum
Kind fehlt. Größere Wohnungen sind heute ebenfalls eine Belastung, weil hier mehr Kosten auflaufen
und dann in der Familie der Zwang in der Richtung geht, daß die Frau mitverdienen muß, um die
Wohnungskosten zu begleichen.
Und nun darf ich zu einigen grundsätzlichen Dingen Stellung nehmen, vor allem in Richtung
sozialistischer Wohnbaupolitik in den letzten Jahren. Es ist uns vor 1970 und vor allem bis 1968 immer
vorgeworfen worden, daß alles besser gemacht werden hätte müssen und so weiter. Ich darf
zurückerinnern. Im Jahre 1968, als die Volkspartei hier erstmalig ein neues
Wohnbauförderungsgesetz geschaffen hat, das die Fonds vereinheitlicht hat, haben die Sozialisten
argumentiert, viel zu wenig Mittel kommen zum Einsatz, die Förderungen, die hier von der öffentlichen
Hand gegeben werden, sind viel zu wenig; sie haben statt bis zu 60% damals 75% verlangt und
haben das sehr lautstark hinausposaunt. Na, wir mußten feststellen, daß diese Forderung umgehend
nach Regierungsübernahme, ca 1 1/2 Jahre später, völlig in Vergessenheit geraten ist. Ich glaube,
wenn man die Wohnbaupolitik der letzten Jahre und die Gesetze, die geändert worden sind, etwas
genauer untersucht, so kann man drei Feststellungen machen. Die erste Feststellung ist, daß einmal
die derzeitige Wohnbaupolitik, die durch die Änderung des Gesetzes 1968 entstanden ist, eine
gewisse Eigentumsfeindlichkeit in sich birgt. Wir haben von Seiten der Volkspartei immer gesagt und
das ist auch in unseren Grundsätzen zu finden, wir treten für die Schaffung von mehr Eigentum ein,
weil wir glauben, daß Eigentum freier und unabhängiger macht; das gilt schlechthin auch für den
Bereich des Wohnens, der Eigentumswohnungen und des eigenen Hauses. Darf ich zurückerinnern,
daß im Jahre 1970 die damalige Minderheitsregierung eine Regierungsvorlage vorgelegt hat, wonach
für Eigentumswohnungen der Eigenmittelanteil doppelt so hoch sein sollte. Bei Mietwohnungen sollte
er bei 10% bleiben, bei Eigentumswohnungen 20 % betragen. Diese Regierungsvorlage ist dann
infolge Auflösung des Nationalrates mehr oder weniger verfallen. Ich darf darauf hinweisen, daß im
Jahre 1972 mit der Novelle zum Wohnbauförderungsgesetz 1968 die frühere Bestimmung, daß zwei
Drittel der Förderungsmittel für das Wohnungseigentum zu reservieren sind, gefallen ist. Also eine
eigentumsfeindliche Politik einmal, was den Wohnbau betrifft. Zweitens bringen die Maßnahmen der
SPÖ-Regierung, die sie hier erbracht hat, erhöhte Kosten durch eine falsche Förderungspolitik mit
sich. Ich darf darauf hinweisen, daß im Jahre 1972 in der Novelle von 60% öffentliche Darlehen auf
45% zurückgegangen wurde, das heißt, daß durch diese Regelung wesentlich mehr Fremdkapital
beim Bau oder der Finanzierung einer Wohnung aufgenommen werden mußte. Das heißt, man ist bei
den Bankhypotheken von 30% auf 45% hinaufgegangen, also gleich um 5076, ganz entgegen dem,
was man vor 1968 hier gesagt hat. Dann kam zu gleicher Zeit noch die Mehrwertsteuer, dann kam die
sogenannte Kreditbremse und innerhalb von zwei Jahren hat sich diese Vorstellung der
Sozialistischen Partei mehr oder weniger als totale Fehlleistung auf dem Sektor der
Wohnbauförderung erwiesen, denn sonst hätte man nicht zwei Jahre später das Gesetz schon wieder
dahingehend geändert, daß praktisch die ÖVP-Regelung vom Jahre 1968 wieder zum Tragen kommt.
Man hat es nämlich dahingehend geändert, daß man wieder Förderungsmittel von 45% bis 70%
einsetzen kann, wenngleich dieses Gesetz befristet wurde, zuerst auf zwei Jahre und jetzt bis 1981.
Und als drittes darf ich auf etwas hinweisen, was unserer Meinung nach eine Fehlentwicklung bringt.
Durch die Verstärkung der Objektförderung wird die Förderung immer unsozialer, insbesondere durch
die Einführung des Annuitätenzuschusses. Durch die Novelle 1972 kommen also eine Reihe von
Problemen auf uns zu, worauf ich dann später noch zurückkomme. Es wird nicht mehr die
Leistungsfähigkeit der Familie in den Mittelpunkt gestellt, das heißt das Einkommen bzw. der
Familienstand.
Ein Wissenschaftlerteam hat in einer Prognose des Wohnungsbedarfes in Österreich unter anderem
die Entwicklung bis 1985 festgestellt und errechnet, daß bei einem Finanzierungsschlüssel 45 %
Förderung - 45 % Bankhypothek - 10% Eigenmittel 1975 6,5% der Förderungsmittel, 1980 22,5% der
Förderungsmittel und 1985 bereits 27% der Förderungsmittel für Annuitätenzuschüsse und
Wohnbaubeihilfen auf der anderen Seite aufgewendet werden, das heißt also, daß bei
gleichbleibendem oder unter Umständen sogar sinkendem Mitteleinsatz - ich komme auf das Problem
auch noch zurück - weniger Wohnungen gebaut werden und weniger Bauaufträge vergeben werden
können.
Ich möchte auch in diesem Zusammenhang - das kann man auch nicht oft genug sagen - auf die
Versprechen der Sozialistischen Partei hinweisen, die gemacht worden sind, bevor sie die
Verantwortung in diesem Staat übernehmen mußte. Ich denke hier an Ihr Programm, das Sie damals
vor den Wahlen 1970 der Öffentlichkeit vorgelegt haben. Das war ja, glaube ich, das Programm, an
dem diese 1.400 Experten mitgearbeitet haben. Unter dem Titel „Mehr, besser und schneller bauen für
ein modernes Österreich“ heißt es damals in Ihrem Programm - ich zitiere wörtlich: „Mit unserem
Wohnbauprogramm soll daher bis zum Jahre 1980 eine jährliche Bauleistung von 100.000
Wohnungen erreicht und damit in einer Zehnjahresperiode 1971-1980 die Errichtung von 775.000
Wohnungen sichergestellt werden.“ Ende des Zitates. (Abg. Leichtfried: Ohne Annuitätenzuschüsse!)
Ja, Herr Kollege Leichtfried, man hat damals, vor 1970, den jungen Menschen in diesem Staat
versprochen, wir bauen zum Unterschied von der Volkspartei nicht bloß 50.000 oder 52.000
Wohnungen - übrigens waren das noch mehr, als in den letzten Jahren pro Jahr in Österreich gebaut
wurden - sondern wir werden diese Wohnbautätigkeit verdoppeln. Ein Wahlversprechen der
Sozialistischen Partei! Vielleicht haben viele Menschen - damals war es ein Beweggrund - gesagt,
hoppla, die machen mehr. Und wie groß muß heute die Enttäuschung sein, wenn das nicht im
entferntesten zutraf. (Abg. Kalteis: Auch 1975 haben sie uns gewählt!) Das war also das
Wahlversprechen.
Bitte, ich gehe noch einen Schritt weiter: Selbst in der Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers
heißt es dann - ich zitiere wieder wörtlich: „In der Erkenntnis, daß die Wohnungsfrage
hunderttausende junge Menschen, junge und ältere Mitbürger unmittelbar berührt, daß eine moderne
Wohnung die Voraussetzung für eine glückliche Familie ist und daß die Leistungskraft und die
persönliche Zufriedenheit in hohem Maße von der Wohnung abhängig ist, betrachtet es die
Bundesregierung als eine der dringendsten Aufgaben ihrer Politik, den Bedürfnissen der Bevölkerung,
wie sie sich aus dem gesellschaftlichen Fortschritt ergeben, durch eine erhöhte Wohnbauleistung zu
entsprechen und dies durch ein modernes Miet- und Wohnrecht zu sichern.“ Wir sind mit Ihnen, wenn
Sie wollen, in der Formulierung einig. „Es sind daher die Grundlagen der Wohnbauförderung so zu
gestalten, daß in Österreich jährlich um 5.000 Wohnungen mehr gebaut werden können.“ Beifall der
SPÖ, steht hier noch im parlamentarischen Protokoll. (Abg. Lechner: Bravo!) Na, man soll nicht so
leicht bravo sagen, Herr Kollege, denn das Thema ist uns viel zu ernst, um das so von der
lächerlichen Seite zu sehen. Wenn man so große Versprechungen vor Wahlen macht und so eine
ernste Regierungserklärung, wobei man vielleicht noch nicht geglaubt hat, daß man die Verantwortung
für länger tragen muß, ist man zu großspurig vorgegangen, denn die Realität, glaube ich, schaut ein
bißchen anders aus, wenn man das betrachtet. Hätte Ihr Versprechen eingehalten werden müssen, so
hätten 1978 90.000 Wohnungen gebaut werden müssen; gebaut wurden vom Bund um 44.000
weniger als im letzten Jahr der ÖVP-Alleinregierung. Es müßten inklusive 1978 in ganz Österreich auf
Grund des Versprechens 630.000 Wohnungen errichtet sein; tatsächlich wurden auf Grund der
Angaben des Statistischen Zentralamtes 409.000 Wohnungen errichtet, das heißt also, wir haben
bereits jetzt gegenüber Ihrem Wahlversprechen ein Defizit von 221.000 Wohnungen, das entspricht
einer Wohnbauleistung von fünf Jahren.
Ich darf das umlegen auf Niederösterreich. Wenn ich den Schlüssel hier umlege, so ergibt das, daß
uns in Niederösterreich gegenüber dem Versprechen der SPÖ 37.000 Wohnungen fehlen. Dies
entspricht ungefähr einer sechsjährigen Jahrwohnbauleistung. Herr Kollege Leichtfried, Sie haben
vorhin, als da oben die jungen Leute gesessen sind, gesagt: Stimmenfang bei der Volkspartei, Lüge,
Skandal. Sie haben sich selbst qualifiziert, ich habe die Worte hier mitgeschrieben. Ich darf dazu
sagen, was von der SPÖ versprochen wurde, war Stimmenfang, ist Skandal und stellt sich heute als
nicht erfüllbar heraus, wenn Sie wollen, als Lüge. Auch damit haben Sie sich selbst qualifiziert. (Beifall
bei der ÖVP.)
Und nun zu einer Prognose, wie der Wohnungsbedarf an und für sich ist. Hier wurde im Auftrag des
Bautenministeriums von Wissenchaftlern eine Prognose erstellt. Es wurden zwei Varianten
ausgearbeitet, aus denen sich ergibt, daß wir bei der Aufrechterhaltung dessen, was momentan
gebaut wird, Ende 1985, wenn die Bautätigkeit nicht wesentlich größer wird, nach der Variante A
einen Fehlbestand von 296.760 Wohnungen und nach einer zweite Variante, die erstellt wurde, sogar
einen Fehlbestand von 323.730 Wohnungen haben werden.
Und nun zur Entwicklung der Wohnbauförderungsmittel. Wie haben sich diese seit 1968, wenn man
dort anfangt, wo die letzte große Änderung war, in all den Jahren entwickelt? Im letzten Jahr waren
9,5 Milliarden Schilling im Bundesbudget. Mir ist es unbegreiflich und ich hoffe, es ist nur ein
Druckfehler im Bundesbudget, aber wenn ich die Rede des Herrn Finanzministers hernehme und die
Entwicklung der Wohnbauförderung anschaue auf Seite 240, so kann ich dort feststellen, daß im
letzten Jahr diese 9,5 Milliarden Schilling gegeben wurden, das entspricht auch meinen Erhebungen,
und im heurigen Jahr 1979 wird um eine Milliarde Schilling weniger ausgewiesen. Ich sage noch
einmal, ich hoffe, das ist nur ein Druckfehler, oder sollen heuer nur 8,404 Millionen Schilling zur
Verfügung stehen? Ich sage noch einmal, das ist eine Doppelstrategie des Herrn Finanzministers. Es
ist ja nicht verwunderlich, muß ich sagen, wenn man sich hier Ihre Politik anschaut und die
Entwicklung, daß ich über andere Bereiche, denen ich nicht soviel Gewicht zumessen würde - ich will
damit nicht sagen, daß sie uninteressant sind - seitenlangen Abhandlungen lesen, während der Herr
Finanzminister über die Fragen der Wohnbauförderung kein einziges Wort in seiner Budgetdebatte
verliert. Über immerhin 9,5 Milliarden Schilling, oder sind es 8,4 Milliarden Schilling, darüber wollen wir
jetzt nicht streiten, verliert man kein Wort. Anscheinend hat man Angt, darüber etwas zu sagen, wenn
man das anschaut, was Sie hier der Bevölkerung versprochen haben.
Ich glaube, daß alle diese nicht bewältigten Probleme, die aus der schlechten Politik der
Sozialistischen Partei resultieren, eben die Zahl der Ansuchen um Wohnbauförderungskredite
ansteigen läßt. Man hat diese Dinge nur dadurch abgebaut, daß die Länder da und dort
Vorfinanzierungen übernommen haben. auch das Bundesland Niederösterreich. Ich darf hier dem
Herrn Finanzreferenten herzlichen Dank sagen, daß er Steuergelder zu diesen Vorfinanzierungen
eingesetzt hat, immerhin in den letzten Jahren von 810 Millionen Schilling, damit die Wohnungswerber
schneller zu ihren Krediten, schneller zu den Wohnungen kommen. Ich glaube, im Namen dieser
jungen Familien Niederösterreichs muß man hier einen herzlichen Dank sagen. Hier ist also, glaube
ich, eine gute Tat gesetzt worden, wo eigenlich der Bund zuständig wäre, wo aber das Land wieder
eingesprungen ist, um einiges gutzumachen. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir wissen aber auch, daß in einigen anderen Bundesländern bereits entgegen den gesetzlichen
Regelungen von den Annuitätenzuschüssen abgegangen wird. Ich habe schon zuerst gesagt, ich
komme auf dieses Problem noch einmal zurück, denn die Annuitätenzuschüsse fressen mehr oder
weniger in den nächsten Jahren die Wohnbaumittel auf. Ich glaube, ich habe schon 1972 in der
Budgetrede darauf hingewiesen, daß selbst namhafte Sozialisten davor gewarnt haben, weil sie
spätestens zu Beginn oder in der Mitte der 80er Jahre eine Riesenfinanzierungslücke bei den
Wohnbauförderungen befürchten. Von seiten des Landes Niederösterreich müssen bis 1981 bereits
600 Millionen Schilling aus den Wohnbauförderungsmitteln für Annuitätenzuschüsse reserviert oder
blockiert werden. 1975 waren es 15 Millionen Schilling, 1976 schon 70 Millionen Schilling, 1977 175
Millionen Schilling, 1978 314 Millionen Schilling, 1979 404 Millionen Schilling und 1980 600 Millionen
Schilling. Und diese Beträge werden noch ansteigen bis 1988, dann werden sie sich einpendeln, weil
die ersten, die Annuitätenzuschüsse bekommen haben, aufhören; das heißt, es wird sich ausgleichen
zwischen jenen, die dazukommen und jenen, die keine mehr erhalten. Wir werden also in große
Finanzierungslücken hineinkommen, wenn hier nicht ein anderer Weg gefunden wird. Ich glaube
daher, wir sollten alle darangehen, hier einen besseren Weg zu finden. Im Interesse einer besseren
Wohnungspolitik, um den jungen Familien ihren Wunschtraum erfüllen zu können, sollten wir in dieser
Richtung doch andere Überlegungen treffen.
Ich darf abschließend auch der zuständigen Abteilung einen herzlichen Dank sagen. Ich glaube, es
gibt fast keine Abteilung - ich möchte jetzt keine Wertung durchführen -, wo so viele Akte einlaufen
und wo so viele Akte zu erledigen sind. Wenn das von dieser Abteilung, wie ich draußen bei den
Sprechtagen immer wieder höre, zur Zufriedenheit der Bevölkerung durchgeführt wurde, so muß man
hier herzlichen Dank sagen. Hier ist das Service vorhanden, das wir uns vorstellen, und ich bin
überzeugt, daß durch die jetzt eingeleitete EDV-Umstellung eine weitere Verbesserung erfolgen wird.
Herrn Hofrat Seidl und all seinen Mitarbeitern herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP.) Herr Kollege
Krenn, ich bin hier ausnahmsweise einer Meinung mit Ihnen. Sie haben bei der
Arbeitnehmerförderung gesagt, hier arbeiten Menschen für Menschen; ich wiederhole das, so ähnlich
haben Sie es ausgedrückt, ich glaube, das ist wirklich als Vorbild hinzustellen.
Zusammenfassend darf ich sagen: Wenn die Sozialistische Partei in den letzten Jahren auch eine
völlig verkehrte Wohnbaupolitik betrieben und hier eindeutig Schiffbruch erlitten hat - ich glaube, ich
habe das nachgewiesen -, so werden wir uns von seiten der Volkspartei auch in Zukunft bemühen,
geeignete Maßnahmen zu setzen, aber auch ständig die Fehler aufzeigen, damit Änderungen in einer
besseren Richtung herbeigeführt werden. Wir wollen auch in Zukunft die Voraussetzungen schaffen,
daß die Wohnbaumittel entsprechend zur Verfügung gestellt werden, daß die jungen Familien sich ihr
Heim bauen können, daß vor allem ein familiengerechter Wohnbau erfolgt, weil wir der Meinung sind,
daß es glückliche Familien nur dann geben wird, wenn dafür die Grundlage vorhanden ist. Und die
Grundlage ist die Wohnung, die ist notwendig, weil sie der Familie erst die Entfaltungsmöglichkeit gibt.
Wir werden daher auch in Zukunft auf diesem Sektor alle unsere Bestrebungen einsetzen und einen
Beitrag für mehr und eine höhere Lebensqualität bringen, so wie das in unseren Programmen und in
unserem Leitbild 80 festgelegt ist. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt der Abg. Leichtfried.
Abg. LEICHTFRIED: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte lediglich
eine Klarstellung und Richtigstellung anbringen, weil ich annehmen muß, daß der Herr Abg. Buchinger
den Resolutionsantrag falsch ausgelegt hat oder aber meine Ausführungen schlecht verstanden hat.
Um hier von vornherein einer Legendenbildung vorzubeugen, darf ich festhalten, daß in meinem
Antrag in keiner Weise zum Ausdruck kommt, daß die Textilbetriebe künftig nicht mehr gefördert
werden sollen. Das ist aber hier behauptet worden. Ich habe als Beispiel angeführt, daß wir uns ganz
entschieden dagegen wehren, daß nach der Erklärung von Herrn Landeshauptmann Maurer Beträge,
die für die Industrieförderung vorgesehen sind, in Zukunft nur mehr dann zur Verfügung gestellt
werden sollen, wenn auch eine Garantie vorhanden ist, daß die Betriebe weitergeführt werden
können. Hier habe ich die Frage gestellt, Herr Landeshauptmann, wo haben wir denn diese Garantie
bei den Textilbetrieben im Grenzland und wo haben wir denn diese Garantie bei Betrieben der
Bekleidungsindustrie? Hier kann man nicht mit den kleinlichen Maßstäben messen. Nichts anderes
habe ich hier erklärt und behauptet, und ich bitte Sie, Herr Abg. Buchinger, das auch so zur Kenntnis
zu nehmen.
Was die Frage der Branchen, die Bedachtnahme auf die Branchenstruktur, in meinem
Resolutionsantrag anbelangt, sollte zum Ausdruck gebracht werden, daß selbstverständlich alle jene
Branchen, die eine Veränderung der Branchenstruktur herbeiführen, besonders gefördert werden
sollen, weil wir eben gerade im Grenzland darunter leiden, daß wir eine starke Textilindustrie und eine
Bekleidungsindustrie haben und dieser Wirtschaftszweig bei wirtschaftlichen Rezessionen im
besonderen Maße anfällig ist. Deswegen die Differenzierung in der Form, daß wir meinen, bei solchen
Branchen sollte man auch noch großzügiger sein, aber nicht einschränkend auf die anderen.
Ich darf daher nochmals zu beiden Resolutionsanträgen folgendes sagen. Zum ersten: Der Bund
macht das heute bereits, daß eine gewisse Vorfinanzierung im Rahmen der Arbeitsmarktförderung
vorgenommen wird, und es gibt viele Betriebe, die einfach nicht in der Lage sind, das
Investitionskapital aufzubringen. Deswegen hielten wir es für sinnvoll, daß in allen jenen Betrieben, wo
eine größere Investition durchgeführt wird, auch diese Arbeitsplatzprämie bereits vorschußweise zur
Auszahlung gelangt. Meine Damen und Herren, wenn wir heute von 100.000 Schilling sprechen und
wenn eben ein Betrieb für 100 Arbeitnehmer Investitionen tätigen muß, dann bewegt sich das in einer
Größenordnung von 40, 50 und 60 Millionen Schilling und da spielt es sehr wohl eine Rolle, ob er die
3, 4, 5 oder 6 Millionen Schilling, die er im Rahmen des Raumordnungsprogrammes vom Land und
vom Bund bekommen soll, schon rechtzeitig im Zuge der Durchführung der Investition zur Verfügung
hat. Ich denke hier nur an Harbach mit 80 Millionen Schilling Investitionskapital und 65 Arbeitsplätzen,
ich denke an die Firma Stransky, die 22 Millionen Schilling investiert und 60 Arbeitsplätze geschaffen
hat, oder die Firma Schrack, der Fall liegt allerdings etwas länger zurück.
Zum zweiten sage ich noch einmal: Der zweite Antrag bezieht sich darauf, daß eben bei einer
Untersuchung des gesamten Grenzlandes sehr wohl zu erkennen ist, daß auch innerhalb des
Grenzlandes die wirtschaftlichen Probleme sehr differenziert beurteilt werden müssen. Es ist halt ein
Unterschied, ob ein Betrieb dieselben Konditionen und Möglichkeiten wie in Zwettl, in Litschau oder in
Waidhofen an der Thaya gefördert wird, auch in Wolkersdorf vorfindet. Natürlich wird er sich für
Wolkersdorf entscheiden, aber da muß man auch den Mut haben zu sagen, daß eben die oberen
Regionen im Land Niederösterreich abgeschrieben worden sind. (Abg. Buchinger: Als Beispiel habe
ich das angeführt!) Wenn Sie das nicht wollen, dann bin ich persönlich der Meinung, daß man eben
die Dinge differenziert nach der Schwierigkeit, nach der Branchenstruktur und auch nach der
Entfernung sehen soll. Ich bitte Sie, dieses Problem noch einmal zu überlegen und diesen beiden
Resolutionsanträgen im Interesse des Grenzlandes, vor allen Dingen im Interesse jenes Grenzlandes,
das es am schwierigsten hat, Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt der Abg. Kaiser.
Abg. KAISER: Herr Präsident! Werte Damen und Herren des Hohen Landtages! In der Gruppe 4
scheint eine Sparte auf, zu der ich schon im Jahre 1975 einmal gesprochen habe, nämlich die
Elektrifizierung von Siedlungen. In den letzten drei Jahren hat sich dieser Betrag, der 6 Millionen
Schilling ausmacht, nicht verändert. Ich habe mir damals erlaubt, einen Antrag zu stellen. Meine
Damen und Herren, gerade die beiden Debattenredner vor mir haben ausführlich über die
Wohnbauförderung gesprochen und auf die Bedeutung der Wohnbauförderung hingewiesen. Sie
haben darauf hingewiesen, wie das Bauvolumen angestiegen ist, und wie erfreulich es ist, daß das
Bedürfnis, eine eigene Wohnung zu haben, ein eigenes Heim zu besitzen, im Bewußtsein der
Niederösterreicher sehr ausgeprägt ist. Meine Damen und Herren, wer sich dazu entschließt, ein
Eigenheim zu errichten, der muß auch zur Kenntnis nehmen, daß es eine Durststrecke zu überwinden
gibt, daß es Jahre gibt, wo man auf vieles verzichten muß, was man sich normalerweise leisten
könnte, denn heute kostet ein Einfamilienhaus in dieser Größenordnung zwischen 800.000 und einer
Million Schilling. Diese Wohnungen sind ja sehr teuer, verlangen den Leuten oft Entbehrungen ab
und, wenn der Bau dann dem Ende zugeht, wird der finanzielle Faden immer dünner, sodaß dann der
Schilling zweimal umgedreht werden muß, bevor er einmal ausgegeben werden kann. Wenn dann
diese Bauetappe zu Ende geht und man sich schon darinnen wohnen sieht, dann kommen gewisse
Belastungen auf den Einzelnen zu, das sind die Kanalanschlußgebühren, das sind die
Wassergebühren und nicht zuletzt auch die Lichtanschlußkosten, die oft sehr erheblich sind und die
Hausbauer beachtlich belasten.
Ich habe mir im Jahre 1975 erlaubt, einen Resolutionsantrag zu stellen, der folgenden Inhalt gehabt
hat:
Resolutionsantrag
des Abg. Kaiser zur Gruppe 7 - damals war diese Ansatzpost noch unter den Wirtschaftsförderungen,
jetzt, als man die Arbeitnehmerförderung neu errichtet hat, hat man ja gewisse Posten
zusammengekratzt und unter die Arbeitnehmerförderung gebracht:
„Die Landesregierung wird aufgefordert,
a) die zur Energieaufschließung gewährten Förderungsbeträge möglichst bald den Erfordernissen
entsprechend anzuheben und
b) dem Landtag einen Gesetzesentwurf zur Beratung und zur Beschlußfassung vorzulegen, mit
welchem Förderungsmaßnahmen für Anschlußwerber an die öffentliche Energieversorgung geregelt
werden.“
Meine Damen und Herren, es war dann so, daß der Klubobmann der ÖVP-Fraktion mit diesem
Resolutionsantrag mitgehen kann. Wir haben uns dann zu einer Modifizierung des
Resolutionsantrages entschlossen, der dann folgendermaßen gelautet hat:
„Die Landesregierung wird aufgefordert,
a) die zur Energieaufschließung gewährten Förderungsbeträge möglichst bald den Erfordernissen
entsprechend anzuheben und
b) dahingehend uberlegungen anzustellen, ob durch gesetzgeberische Maßnahmen dieser
Problemkreis einer Regelung zugeführt werden kann.“
Das war ein gemeinsamer Antrag. Wir waren der Auffassung, daß diese Absprache auch zu einem
Ergebnis führen wird. Es waren wohl der Klubobmann der ÖVP wie auch der zuständige Herr
Landesrat Bierbaum der Auffassung, man könnte über die bisherigen Richtlinien reden, sie sind
vielleicht nicht mehr ganz zeitgemäß, man sollte neue Aspekte in Überlegung stellen und man werde
sich zu einer Aussprache zusammenfinden.
Die erste Aussprache hat am 7. Juni 1977, also eineinhalb Jahre nach dieser Antragstellung,
stattgefunden und man versuchte, hier einmal die Standpunkte zu deponieren. Die sozialistischen
Vertreter in diesem Verhandlungsausschuß haben eindeutig und klar ihre Standpunkte dargelegt, was
ihrer Meinung nach einer Änderung unterzogen werden soll. Sie haben hier einfach die Auffassung
vertreten, daß gewisse Dinge, die bisher nicht berücksichtigt werden, sehr wohl auch bei der Vergabe
zum Ausdruck kommen müßten. Wir haben gemeint, daß auch die Elektroheizung entsprechend
berücksichtigt werden soll, und zwar deshalb, meine Damen und Herren, weil es ja eine sehr
umweltfreundliche Heizung ist. Wir haben weiters gemeint, daß die Förderungsrichtlinien nicht für die
Verwaltungsbeamten formuliert sein sollen, sondern für die Bauwerber draußen, damit das besser
verständlich ist. Es sollte eben eine taxative Aufzählung zustande kommen, unter welchen
Voraussetzungen diese Förderung gewährt wird, nicht umgekehrt, welche Kosten von der Förderung
ausgeschlossen werden. Wir haben des weiteren gemeint, daß auch soziale Aspekte dabei
berücksichtigt werden sollten, ähnlich, wie es bei der Wohnbauförderung 1968 vorgesehen ist. Wir
sind von dieser Aussprache weggegangen mit dem Ergebnis, daß man gesagt hat, im September wird
man sich wieder treffen.
Leider ist der September 1977 vorübergegangen, ohne daß etwas geschehen ist, ich habe mir
deshalb erlaubt, den Herrn Landesrat Bierbaum am 14. Oktober 1977 an seine Zusage zu erinnern,
und er hat mir dann zurückgeschrieben, daß er sehr wohl bemüht sein wird, einen neuen Termin
festzulegen. Dieser neue Termin war dann der 30. November 1977. Meine Damen und Herren, auch
bei dieser Begegnung ist es zu keiner Lösung gekommen. Man hat wieder Standpunkte deponiert, die
ÖVP-Fraktion hat nur „njet“ zu unseren Anregungen gesagt, selber aber keine Alternativen angeboten,
sodaß man wieder unverrichteter Dinge auseinandergegangen ist, mit der Einschränkung - das hat
auch Herr Landesrat Bierbaum erwähnt -, wir werden uns noch einmal vor dem Sommer treffen,
sodaß man, wenn unter Umständen neue Richtlinien erarbeitet werden, diese bei der
Budgeterstellung und Absprache mit dem Landesfinanzreferenten gleich in dem Sinne
berücksichtigen kann, daß man eben der Elektrifizierung der Siedlungen eine höhere Dotation
zukommen läßt.
Am 20. Juni des heurigen Jahres fand wieder ein Zusammentreffen statt. Ergebnis: Null komma Josef.
Man könnte sagen außer Spesen nichts gewesen. Aber man hat eines getan, meine Damen und
Herren. Die Beträge für diesen Zweck der Förderung wurden nicht erhöht, die Anträge sind
dementsprechend angestiegen und so hat man eine Methode gewählt, die auch eine Überlegung ist,
aber nicht im Sinne der Anschlußwerber. Man hat nämlich die Richtlinien von Fall zu Fall
verschlechtert. Während zu der Zeit, wo ich den Antrag gestellt habe, 1975, die Richtlinien
dahingehend gelautet haben, daß die Baukosten, soweit sie über 15.000 Schilling liegen, sehr wohl
für einen Zuschuß eingereicht werden können; Mindestzuschuß 400 Schilling, nach oben hin
überhaupt nicht begrenzt, das war die eine Richtlinie. Für 1976 hat man die Richtlinien dahingehend
abgeändert, daß man einfach die Baukostenzuschußgrenze von 15.000 Schilling auf 20.000 Schilling
angehoben hat, also wer bis zu 20.000 Schilling zu bezahlen hatte, hat keine Möglichkeit gehabt,
einen Zuschuß zu bekommen. Gleichzeitig hat man auch die Grenze von 400 Schilling
Mindestförderung auf 350 Schilling heruntergesetzt, aber die bisher mögliche Förderung von 12.000
auf 7.000 Schilling reduziert mit der Formulierung, daß von 20.000 Schilling bis 30.000 Schilling
lediglich 70% gefördert werden können. Sehen Sie, meine Damen und Herren, so kann man die Dinge
nicht machen. Man hat uns hier versucht zu überzeugen, daß wir bei einem Resolutionsantrag einen
gemeinsamen Weg beschreiten sollen. Wir haben dem Vertrauen entgegengebracht und waren der
Meinung, jawohl, machen wir das nach dem Vorschlag der ÖVP, suchen wir einen gemeinsamen
Weg, denn jede Fraktion kann ihre Überlegungen anstellen, jede Fraktion kann ihre Vorschläge
machen, aber es soll doch im Endeffekt darauf Bedacht genommen werden, daß wir eine Politik für
unsere Bevölkerung in Niederösterreich betreiben, vor allen Dingen für eine Sparte, die eben, wenn
sie ein Haus bauen, Übergebührliches leisten und eine Durststrecke zu überwinden haben.
Meine Damen und Herren, es wird Ihnen bei Sprechtagen sicherlich auch so gehen wie mir, daß eben
die Menschen mit ihren Sorgen, mit ihren Anliegen kommen. Wir müssen es eigentlich als unsere
Aufgabe erachten, ständig das Ohr an der Brust unserer Bevölkerung in Niederösterreich zu haben.
(Zwischenrufe). Bitte, ich möchte klarstellen, ich habe nicht nur von den Frauen gesprochen, sondern
von der Bevölkerung, damit es da keine Mißdeutungen gibt. Unsere Aufgabe muß es sein, ständig am
Puls der Bevölkerung zu bleiben und daraus die Schlußfolgerungen zu ziehen. Und wenn wir das tun,
meine Damen und Herren, dann ist es auch unsere Aufgabe, zu anstehenden Problemen hier im
Hohen Haus Stellung zu nehmen. Ich habe das in der Frage der besseren Förderung der
Anschlußkosten getan. Die ÖVP-Fraktion hat beim Resolutionsantrag nur die Überlegung angestellt,
die anderen könnten was machen, und in der Tat, meine Damen und Herren, ist nichts geschehen,
alles ist im Sand verlaufen. Wir vertreten deshalb die Auffassung, man kann sich mit dieser Methode
nicht zufriedengeben, und ich erlaube mir, meine Damen und Herren des Hohen Hauses, zu dieser
Frage auch wieder einen Antrag zu stellen. Ich ersuche Sie jetzt schon, diesem Antrag beizutreten.
„Resolutionsantrag
des Abg. Kaiser zur Gruppe 4 des Voranschlages des Landes Niederösterreich für das Jahr
1979, Landtagszahl 590.
Die Landesregierung wird aufgefordert,
1. die Förderungsbeträge für Energieaufschließung den Erfordernissen entsprechend anzuheben und
2. dem Landtag einen Gesetzentwurf vorzulegen, in dem die Förderungsmaßnahmen für
Anschlußwerber an die öffentliche Energieversorgung geregelt werden.“
Ich möchte nur die Hoffnung aussprechen, daß diesem Antrag nicht das gleiche Schicksal beschieden
sein möge, wie jenem Antrag, den ich im Jahre 1975 gestellt habe, denn die Anschlußwerber, die
Hausbauer in Niederösterreich, warten darauf, daß sie bei solchen Belastungen, die ihnen bei den
Anschlußkosten ins Haus stehen, doch ein bisserl mehr Verständnis auch von der Landespolitik her
erfahren. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt Herr Landesrat Schneider.
Landesrat SCHNEIDER: Herr Präsident! Hoher Landtag! Darf ich zu einigen Bemerkungen hier
Stellung nehmen, die vielleicht auf Mißverständnisse zurückzuführen sind, weil ich mir sonst nicht
erklären könnte, warum immer wieder die gleichen Fragen kommen, die zwar beantwortet, aber immer
wieder gestellt werden.
Zunächst einmal kränke ich mich geradezu, daß dauernd diese Landhausmilliarde in der Luft schwebt,
aber noch kein Mensch bisher ein Wort gesagt hat zu jenen 900 Millionen Schilling, die wir in der Pro
Industrie-Aktion in diesem Jahr (Abg. Leichtfried: Der Rechnungsabschluß wird zeigen, was das Land
da geleistet hat!) - lassen Sie mich ausreden - in diesem Jahre bereitgestellt haben. Was machen wir
denn damit? Wir festigen bestehende Arbeitsplätze, wir schaffen neue Arbeitsplätze, das kommt der
Arbeitnehmerschaft zugute, der Bestandskraft der Betriebe zugute. Aber dieses Licht wird unter den
Scheffel gestellt, davon reden wir nicht. Wir reden nur sehr simpel von der Milliarde, über die man ja
manches sagen könnte, aber ich will nur sagen, diese 900 Millionen Schilling der Pro Industrie-Aktion
haben sich hervorragend ausgewirkt, die Aktion hat zu einer Zeit begonnen, wo der Bund gute Worte,
aber keine Taten gesetzt hat und wo wir uns von seiten des Landes mit dieser Aktion den
investitionsfreudigen Unternehmern sofort und in einem ganz einfachen Prüfverfahren zwischen 3 und
10 Millionen Schilling im Einzelfall zur Verfügung stellen konnten. Sie wurde so stark in Anspruch
genommen, daß die ersten 300 Millionen Schilling unverzüglich verbraucht waren und wir dann
zusätzlich eine zweite Tranche mit 600 Millionen Schilling gemacht haben, was durch ihren Beschluß
zustande kam. Von diesen 900 Millionen Schilling sind ungefähr 700 in Anspruch genommen, die
übrigen sind im Prüfverfahren. Ich weiß gar nicht, ob Sie überhaupt die Pro Industrie-Aktion genau
kennen. Sie schafft dem Investor die Möglichkeit 15 Jahre diese Gelder für sich in Anspruch zu
nehmen, also sehr langfristig, um notwendige Investitionen zu riskieren, weil das Land damit seine
Partnerschaft und seine Hilfe angeboten hat. Das ist bisher unerwähnt geblieben. Ich habe es aber
doch getan, weil ich nicht begreifen kann, daß man ein so wertvolles Instrument, das kein anderes
Bundesland hat als wir, einfach unter den Tisch fallen läßt aus Gründen, die ich mir zwar denken
kann, die ich aber, glaube ich, wenn man von Zusammenarbeit Partnerschaft, gemeinsamer Mühe
spricht, wirklich nicht anerkennen muß. (Abg. Leichtfried: Zahlenspielerei!) Das ist keine
Zahlenspielerei, Zahlenspielerei ist etwas anderes. (Abg. Leichtfried: Wenn das Land nur einige
Millionen gibt, kann man doch nicht von einer Milliarde sprechen. Uns kann man nicht für dumm
verkaufen!) Mich auch nicht, mich können Sie auch nicht für dumm verkaufen. Ich werde Ihnen noch
etwas sagen. Ich werde dann auf Ihre Äußerungen zurückkommen, möchte aber doch zuerst dazu
Stellung nehmen, was der Herr Abg. Krenn hier gesagt hat betreffend die Arbeitsmarktförderung.
Ich darf als bekannt voraussetzen, daß das Arbeitsmarktförderungsgesetz aus dem Jahre 1969
stammt und damals Frau Grete Rehor Sozialminister war, welche schon in der Hochkonjunktur
erkannt hat, daß es Phasen geben wird in der Wirtschaft, wo man den Strukturbereinigungsprozeß
bewältigen sollte. Er ist völlig unbewältigt, weil in den zehn Jahren dieser Bundesregierung auf der
Ebene nichts geschehen ist. So haben wir also das Arbeitsmarktförderungsgesetz als Instrument auch
der Gegenwart zur Verfügung und der Bund hat eine Milliarde Schilling zur Verfügung, Na umgeschult
hat er, aber strukturbereinigt hat er nicht. Mit Umschulungen können Sie ja stukturelle Bereinigungen
nicht machen, sondern eben nur umschulen, also Teillösungen bestenfalls herbeiführen. Das Land
Niederösterreich ist eines der wenigen Bundesländer, die überhaupt eine derartige Budgetpost haben,
10 Millionen Schilling sind im Grundpräliminar für diese Zwecke enthalten und wir legen, wenn der
Bund auf Grund eines Prüfverfahrens in der Arbeitsmarktverwaltung der Firma X eine gewisse
Zubilligung macht, automatisch einen Landesbeitrag dazu. Nun wird behauptet, daß wir „eine
flexiblere Abwicklung“ machen sollten, daß es bei uns zu wenig rasch geht. Meine Damen und Herren,
schneller kann es gar nicht gehen! Herr Abg. Krenn, wir prüfen ja gar nicht. An dem Tag, an dem uns
die Bundesarbeitsmarktverwaltung, das Landesarbeitsamt oder das Sozialministerium den Fall
vorlegt, wird die Landesleistung dazugelegt und die Verständigung erfolgt sofort. Es gibt also keine
bessere Abwicklungsmodalität. Wenn Sie dafür wieder eine eigene Kommission haben wollen, würde
ich mich wundern, wenn das mit der Kommission so schnell zustande gebracht werden kann. Und
wenn behauptet wird, daß ein Groschen aus der Arbeitsmarktförderung verfallen ist, dann muß ich das
auch in Abrede stellen. Haben Sie immer noch nicht verstanden, meine Herren? Wenn ich in einem
Jahr, weil auf der Bundesebene gewisse Fälle noch nicht fertig bearbeitet sind, die Landesleistung
noch nicht dazulegen kann, dann kann ich zweierlei tun. Ich kann den Betrag verfallen lassen, was ich
nicht getan habe, oder ich kann mir eine Lösung suchen, die diesen Betrag weiterhin der
Industriepolitik sichert, was ja durch Ihren Beschluß gelungen ist, nämlich eine Deckungsfähigkeit zum
Betriebsinvestitionsfonds. Das war in einem Jahr notwendig und in diesem einen Jahr ist diese
Deckungsfähigkeit in Anspruch genommen worden, wodurch aber immerhin die
Arbeitsmarktförderungsbeträge erhalten blieben. Derzeit zum Beispiel sind beim Bund 27 Ansuchen in
Arbeit, welche nicht nur nicht fertiggemacht, sondern auch nicht ausbezahlt werden können, weil der
Bund momentan kein Geld hat, sodaß wir auch vom Land her warten müssen, bis unsere Erledigung
opportun wird und dann sofort durchgeführt werden kann.
Es wird immer wieder gesagt, daß man zu wenig Respekt gegenüber der Arbeiterkammer hat. Herr
Abg. Krenn, das ist sicher falsch. Nehmen Sie zur Kenntnis, daß ich zu denjenigen Leuten zähle, die
immer gepredigt haben, daß man mit gemeinsamer Arbeit die besseren Lösungen findet, daß man mit
Haß eine Welt nicht bauen kann und daß alle öffentlich-rechtlichen Körperschaften für mich
respektierungsfähig sind, natürlich auch die Arbeiterkammer. Aber verlangen Sie doch nicht, daß sich
hier ein Primat entwickelt, das etwa durch die Mittätigkeit von Herren der Arbeiterkammer bis heute in
der Lage war oder die Bereitschaft ausgedrückt hat, sich finanziell in irgendeiner Weise zu beteiligen.
Bei der Pro Industrie-Aktion ist es trotz mehrfacher Bitten und Einladungen weder zu einer positiven
Erledigung gekommen, es wurde mir abgelehnt, noch hatten Sie die Bereitschaft durchblicken lassen,
etwas bei der Kapitalbeteiligungsgesellschaft mitzutun. Das können die anderen finanzieren, Sie
wollen aber entscheiden, wer dort möglicherweise zur Kapitalbeteiligung kommt. So geht es ja auch
nicht. Wenn man partnerschaftlich tätig sein will, muß das wohl auf Gegenseitigkeit beruhen, und das
wollte ich auch hier in aller Deutlichkeit sagen.
Herr Abg. Leichtfried, es ist schwer zu verstehen, daß man im gleichen Atemzug die großartige
Entwicklung rühmt, von 437.000 Beschäftigten spricht, wie gut wir gegenüber allen anderen liegen,
dann aber ziemlich negative Dinge aufrollt, die damit beginnen, daß Sie zum Beispiel kritisieren, daß
der Bund für die Grenzlandförderung 50 Millionen Schilling bereitgestellt hat und das Land nur 20
Millionen Schilling. Das rührt daher, daß die Vorarbeiten zum Landesbudget vor dem 6 . November
abgeschlossen waren, an diesem Tag das Gespräch bei Bundeskanzler Kreisky war und erst dann
das Bundespräliminar auf die 50 Millionen Schilling ausgerichtet wurde. Die Erklärung Ludwigs kam
mehrfach, daß er selbstverständlich in einem Nachtrag die entsprechenden Landesbeträge
nachpräliminieren wird, damit gemeinsam 100 Millionen Schilling für diese neue Förderung von
100.000 Schilling zur Verfügung stehen.
Ich darf auch noch einmal sagen, daß es derzeit eines Dauernachweises bedarf. Wenn ich von einem
Dauerarbeitsplatz spreche, dann muß ich wohl annehmen, daß eine gewisse Dauer des
Arbeitsplatzes nachgewiesen werden muß, um ihn auch prämierfähig zu machen. Der Bundeskanzler
beispielsweise - Ihre Herren der Regierung waren ja dabei - hat die sehr kritische Frage gestellt: Wie
machen Sie denn das, daß man den Dauerarbeitsplatz erkennen kann? Ist das wirklich so, daß man
dort langfristig die Leute abgesichert weiß, ehe sie diese Hilfe bekommen, oder geht man da
leichtfertig vor? Ich mußte ihm sagen, daß wir hier sehr genau prüfen und gar nicht leichtfertig
vorgehen und gemeinsam mit dem Arbeitsamt und der Gebietskrankenkasse ein Prüfverfahren
durchführen, um nach einem Jahr, wenn sich dieser Dauerarbeitsplatz als solcher erwiesen hat, den
Zuschuß zu geben. Das erst hat den Herrn Bundeskanzler dazu gebracht, ein bissel nachzudenken
und zu sagen, na, wenn das abgesichert erscheint, könnte man in hochqualifizierten Fällen auch diese
größere Prämie geben, 50 Land, 50 Bund. Ich kann mir also kaum vorstellen, daß man diesem Antrag
wirklich nähertreten kann, weil es ja unmöglich erscheint wenn da - ich nehme ein sehr grausliches
Beispiel - einer von irgendwoher mit 50 alten Nähmaschinen rausgeht und dort 50 Frauen beschäftigt
und nach drei Wochen kommt und sagt, er hat jetzt 50 Arbeitsplätze in Bewegung, daß man ihm dann
das gibt. (Abg. Leichtfried: Sie haben nicht genau aufgepaßt!) Ich habe schon aufgepaßt, ich habe
sehr genau aufgepaßt. Ich habe gehört, wie Sie gesagt haben, daß man schon bei Durchführung der
Investition auszahlen soll. Die Reise der Nähmaschine da hinauf ist ja schon eine Durchführung der
Investition! Das ist extrem ausgelegt, ich weiß schon, das kann man auch anders auslegen. Es ist
aber leider wahrscheinlich nicht möglich, daß man das macht, sondern dafür ist ja der Geld- und
Kreditsektor da. Er soll überbrücken, er wird auch überbrücken, weil er ja weiß, wenn der wirklich das
Jahr lang dort bleibt, bekommt er dann den Zuschuß. Es kann niemandem gedient sein, wenn wir
Arbeitsplätze bekommen, die sich dann als Trugschlüsse erweisen, und in kürzester Zeit
möglicherweise ein Industriefriedhof bleibt, wenn wir sehr leichtfertige Bedingungen machen.
Die zweite Geschichte, daß Sie die Zuschüsse nicht nach der Kopfprämie, wie Sie es genannt haben,
zuerkannt wissen wollen, sondern daß man das doch ein bißchen differenziert machen soll, ist
natürlich äußerst schwierig. Ich kann mir nur vorstellen, daß durch etwaige Unterschiedlichkeiten
sofort gewisse Neidkomplexe entstehen zwischen dem Ort A und dem Ort B, zwischen der Branche C,
D und F. Ich glaube, daß die korrekteste Vorgangsweise doch wohl die ist, daß man einfach im
Grenzland diese Arbeitsplätze fördert und daß diese Leute ihr Geld bekommen. Und das bekommen
sie, auch wenn es natürlich, so wie heuer erst durch einen Nachtrag abgesichert werden mußte, was
aber schließlich geschehen ist.
Zum Antrag des Kollegen Buchinger mit der LKW-Steuer: Die ganze LKW-Steuer gehört weg, denn
diese LKW-Steuer ist ein Unglück. Sie bringt ja der Republik nichts. Der Herr Finanzminister gibt heute
zu, daß es vielleicht besser gewesen wäre, wenn man sich das länger überlegt hätte, denn die
Hoffnungen, die an diese Steuerschöpfung geknüpft waren, gehen nicht in Erfüllung. Zuerst, bei der
ersten Aussage, hat der Herr Finanzminister gesagt, daß man an 7 bis 8 Milliarden Schilling denken
müsse. Der Herr Bundeskanzler hat die Hände zusammengeschlagen und hat gemeint, vier sind auch
genug. Dann sind die Gespräche gewesen, dann waren es zwei und von diesen zwei, so hört man,
bleibt bestenfalls zunächst einmal die Hälfte übrig, weil die andere Hälfte ja den Frächtern für ihre
ausländischen Aktivitäten gegeben werden muß.
Es gibt ja in vielen Zusammenhängen die verschiedensten Auffassungen. Schauen Sie, ich gehe seit
15 Jahren sehr gern zu verschiedenen wirtschaftswissenschaftlichen Vorträgen,
finanzwissenschaftlichen Seminaren, da spricht der Herr Finanzminister, dort sprechen Ihre Herren.
Ich kann Ihnen nur sagen, noch nie gab es so differente Aussagen und Standpunkte zur heutigen
Wirtschaftspolitik, zur heutigen Steuerpolitik, zur Finanz- und Währungspolitik, wie von Ihren eigenen
Leuten. Ich habe noch nie derart unterschiedliche Standpunkte gehört zum Begriff Eigenkapital. Da
gibt es zum Beispiel die einen, die sagen, das brauchen wir nicht, das kann der Staat ersetzen durch
Haftungen; dann gibt es welche, die noch weiter links die Dinge stärker unterstreichen, wenn sie
ähnliche Formulierungen finden. Dann gibt es bei Ihnen welche, die sagen, nein, in der Praxis kann
man nicht ohne Eigenkapitalbasis auskommen. Wir erleben es in der Praxis, daß die Firmen
kaputtgehen. Wir haben heuer in Österreich im Oktober den tausendsten Konkurs erlebt, leider hat er
sich in Niederösterreich abgespielt, doch sind das lauter Folgewirkungen einer verfehlten Politik,
meine Herren, wenn die Betriebe kraftlos geworden sind, wenn sie keine Eigenmittel haben, wenn mit
Fremdmitteln eine Überflutung an Geldund Rückzahlungsverpflichtungen eintritt und viele andere
Schwierigkeiten mehr. Wir werden ja Gelegenheit haben, zu einem späteren Zeitpunkt, beim Kapitel 7,
über diese Dinge noch manch andere Betrachtungen anzustellen. Ich wollte es nur jetzt einmal sagen,
weil hier sicherlich sehr fehlerhafte Vorstellungen zugrundeliegen in Bezug auf unsere Tätigkeit in der
Arbeitsmarktförderung, in bezug auf unsere Tätigkeit in der Grenzlandförderung und weil uns sehr
wohl - ich könnte Ihnen die Korrespondenz bringen - sehr viele Betriebe mit Vergnügen ohne jede
Aufforderung bestätigt haben - das wäre das Letzte, daß man sich das schreiben läßt, um es zeigen
zu können - daß durch die Pro Industrie-Aktion und durch andere Eingriffe des Landes eine sehr
starke Gegenwirkung entstanden ist gegenüber der ungeheuren Beanspruchung der Wirtschaft in
dieser Zeit durch diese Bundesbelastungen, die wir am laufenden Band erleben müssen. Ich denke an
das zweite Abgabenänderungsgesetz, ich denke an die LKW-Steuer, ich denke an fürchterliche
Stückkosten, die uns heute außerstande setzen, zu exportieren.
Ja, wo liegen denn die Gründe, meine Herren durchleuchten wir das doch sachlich. Sie können ja nur
darin liegen, daß das Produkt leider zu teuer geworden und im Export kaum noch unterbringbar ist,
während uns im Inland das Auslandsgut Sorge macht, weil es preiswerter auf den Ladentisch gelegt
wird. (Abg. Lechner: Haben Sie die Exportziffern nicht gehört, Herr Landesrat?) Ich habe sie schon
gehört, aber das sind relative Ziffern. (Abg. Lechner: Die kennen Sie anscheinend nicht!) Oh, ich
kenne sie sehr genau. Herr Kollege, bitte schön, Sie wissen doch genauso gut wie ich, daß die
Handelsbilanz immer passiv war in Österreich, auch schon in der ersten Republik. Sie war passiv, weil
man immer mehr importiert als ausgeführt hat; das war strukturell bedingt, wir haben keine Autos
gemacht und ähnliche Zusammenhänge mehr. Wir haben aber zustande gebracht in einer Zeit, wo
andere politische Wertigkeiten gegeben waren in Österreich, daß der Fremdenverkehr in seiner
Devisenschöpfung dieses Licht ausgeglichen hat und die Zahlungsbilanz in Ordnung war. Was ist
jetzt? Wir haben lauter relative Betrachtungen, aber die Handelsbilanz wird immer stärker passiv,
wenn auch in relativen Ziffern da und dort eine Optik an Verbesserung nachgewiesen werden kann.
Tatsache ist, daß die DevisenSchöpfung des Fremdenverkehrs außerstande ist, diese Lücke zu
schließen, daß wir immernoch eine sehr bedenklich passive Zahlungsbilanz haben. (Abg. Dr.
Brezovszky: Die Devisenvorräte sind größer als im vergangenen Jahr!) Das stimmt durchaus, aber
rechnen Sie die Zahlungskraft, rechnen Sie die Wertrelation auf der Welt, rechnen Sie nur den
Jahresverbrauch an Devisen und beantworten Sie die Frage, wenn das so weitergeht, wie lange wir
noch Devisen haben werden, die man zur Verfügung hat, um den Lebensstandard zu erhalten. Diese
Frage müßte man auf lange Sicht durchdenken und darüber einmal vielleicht gesondert reden.
Ich möchte abschließend folgendes sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wir sind
sicherlich - da dürfen Sie mich mit einschließen - guten Willens, diese mit Worten immer sehr betonte
Zusammenarbeit zu pflegen. Aber wenn man hier eine Art und Weise entwickelt, grundsätzlich alles
schlecht zu machen, was in dem Land passiert, und alles zu rühmen, was auf Bundesebene
geschieht, und gleich beleidigt ist, wenn man auf ein paar Fehler hinweist, die auch dem Herrn Dr.
Kreisky passieren können, dann ist es schwierig, an diese Zusammenarbeit voll und ganz zu glauben.
Wir müßten aber dennoch angesichts der Situation in der wir uns befinden, immer wieder von neuem
den Versuch machen, gemeinsam die Dinge zu betreiben, um uns, wenn auch nach noch so hartem
politischen Schlagabtausch, letztlich doch in diesen Sachfragen zu befinden weil es ja anders gar
nicht geht. Die Bereitschaft dazu hat sich erwiesen durch eine gemeinsame Industriekommission, die
Bereitschaft hat sich erwiesen in verschiedenen Gesprächsformen, wo man über diese Sorgen reden
kann. Ich darf daher glauben und hoffen, wenn wir uns auch manchmal nicht gleich auf ersten Anhieb
finden und uns hier manchmal die Wahrheit ins Gesicht sagen müssen, daß es dennoch
Möglichkeiten geben wird, in diesem Land weiterhin eine vernünftige Politik zu betrieben. In diesem
Sinne bitte ich, meine Ausführungen zu betrachten. Ich hatte nicht etwa die Absicht, hier irgendwen zu
ärgern, sondern ich wollte lediglich, allerdings auch etwas deutlich, die hier vorgebrachten
Standpunkte beantworten. Danke für die Aufmerksamkeit (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt Frau Landesrat Körner.
Landesrat KÖRNER: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte jenen
Diskussionsrednern, die sich mit der Frage der Sozialpolitik beschäftigt haben, dafür danken auch
wenn ich nicht allen Diskussionsrednern in allen Punkten zustimmen kann. Aber Altenhilfe,
Jugendfürsorge, Behindertenhilfe und die Durchführung sozialer Dienste sind Fragen, die uns alle
angehen müssen.
Wir wissen, daß die Frage der Betreuung unserer Senioren in den meisten Gremien, angefangen von
der Bundesebene bis in die Gemeinden, die dafür Zuständigen bewegt und daß man bemüht ist,
angesichts der großen Gruppe, die davon betroffen ist, sich mit diesen Problemen, die nun
aufgetreten sind, auseinanderzusetzen. Es wurde hier davon gesprochen, daß man an einer Wende
steht. Ich glaube, daß dies richtig ist und daß es notwendig gewesen ist, die Betreuung unserer
Senioren nun in einer anderen Art durchzuführen als noch vor Jahrzehnten und auch vor nicht allzu
langer Zeit. Die Einstellung zu jenen Menschen, die bereits im Ruhestand sind, die nicht mehr im
Produktionsprozeß stehen, die sich nun sozusagen auf dem Abstellgleis vorkommen, ist nicht überall
und nicht immer so, wie man sie als Mensch erwartet. Wir alle haben die Aufgabe und die
Verpflichtung, dafür zu sorgen, daß auch der Senior, daß auch der Pensionist respektiert und als
Mensch geachtet wird, und dafür zu sorgen, daß er nicht allein bleibt. Wir alle, glaube ich, sind
derselben Meinung, wenn ich sage, daß es nicht Sinn und Zweck der Altenbetreuung sein kann und
darf, daß man den Senior, wenn er ein gewisses Maß an Gebrechlichkeit, an Hilfsbedürftigkeit erreicht
hat, ganz einfach in ein Heim schickt. Die moderne Sozialhilfe hat hier andere Wege zu gehen.
Zur modernen Sozialhilfe gehören die sozialen Dienste. Der Ausbau dieser sozialen Dienste ist daher
vordringlich im ganzen Land, denn durch die Mithilfe der sozialen Dienste wird es vielen Senioren
möglich sein, daheim in der gewohnten Umgebung zu bleiben. Alle wissenschaftlichen Arbeiten aus
der letzten Zeit besagen dasselbe: Der alte Mensch soll, solange es nur irgendwie möglich ist, in
seiner gewohnten Umgebung bleiben, weil er sich dort am wohlsten fühlt, weil er dort am
zufriedensten ist. Und wenn er nun auf Grund körperlicher Gebrechen nicht im Stande ist, die Arbeiten
des Alltags selber zu vollbringen, dann muß hier die Hilfe der Gemeinschaft einsetzen und die
Gemeinschaft muß ihm jene sozialen Dienste zur Verfügung stellen, die es ihm ermöglichen, auch
weiterhin im eigenen Heim, in der gewohnten Umgebung zu bleiben. Wenn der Senior weiß, daß er
zum Beispiel einmal im Tag von der Aktion „Essen auf Rädern" eine warme Mahlzeit erhält, dann wird
es ihm möglich sein, sich zum Frühstück und zum Abendessen selber etwas zu bereiten; das ist ja
meist nicht sehr viel, denn der Senior hat gar nicht das Bedürfnis danach. Aber wenn er weiß, daß er
eine warme Mittagsmahlzeit bekommt, nimmt man ihm beschwerliche Wege beim Einkaufen und auch
das Geschirrabwaschen ab und leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur Betreuung der Senioren
in deren eigenem Heim.
Darüber hinaus ist die Einrichtung des Heimhilfedienstes etwas, worauf betagte Menschen nicht
verzichten können. In vielen Gebieten unseres Landes fehlt uns das noch echt, denn wenn die
Heimhilfe kommt, wenn sie mithilft und den Senior entlastet, ganz egal, ob Frau, ob Mann, zum
Beispiel beim Holz- und Kohletragen, beim Einkaufengehen, beim Bettmachen, bei allen Leistungen,
die der Senior auf Grund seiner körperlichen Schwäche nicht mehr selber erbringen kann, dann
schafft man dem Senior auch die Möglichkeit, daß er daheim bleibt und nicht gezwungen ist, in ein
Heim zu gehen. Und nur dann, wenn er schon pflegebedürftig wird, wenn er niemanden hat, wenn er
in keinem Familienverband ist, dann muß er die Möglichkeit haben, in einem Pflegeheim bestens
betreut zu werden.
Ich möchte in dem Zusammenhang auch auf eine Einrichtung verweisen, die sicherlich mithelfen wird,
daß ein kranker alter Mensch daheim in seiner Wohnung bleiben kann. Gestern wurde in der
Regierungssitzung eine Vorlage von mir behandelt, die sich mit der Förderung des
sozialmedizinischen Dienstes, also der Gesundheitsschwester, beschäftigt. Wenn es dazu kommt,
daß Gemeinden oder andere Wohlfahrtsvereinigungen diplomierte Krankenschwestern anstellen und
das Land Niederösterreich dazu auch Förderungsmittel gibt, dann wird man vielen alten Menschen
einen Aufenthalt im Krankenhaus verkürzen und anderen vielleicht sogar ersparen können.
Wir sehen also, daß zur Altenbetreuung die Durchführung und Erbringung sozialer Dienste absolut
notwendig ist und sind alle der gleichen Auffassung, daß alles geschehen soll und muß, damit der
betagte Mensch, solange es sein Wunsch ist, in seinem Heim bleiben kann.
Man hat sich auch mit der Frage der Behinderten beschäftigt. Hier handelt es sich um eine Gruppe,
der es auch so ähnlich ergeht wie den Senioren. In der Bevölkerung müssen wir heute leider oftmals
die Feststellung machen, daß man nicht gerne bereit ist, Umstände zur Kenntnis zu nehmen, die nicht
sehr erfreulich sind. Man will nicht gerne davon reden, daß die Menschen alt werden, man hat nicht
gerne, wenn davon gesprochen wird, daß es kranke Menschen gibt, daß man selber krank werden
kann, und man hat es auch nicht gerne, schiebt alles von sich und glaubt oftmals, durch eine
Alibihandlung schon alles getan zu haben, wenn man behinderte Menschen sieht. Ich glaube, daß es
unsere Aufgabe ist, dafür zu sorgen, daß ein echtes Umdenken in der Gesellschaft erfolgt, daß man
Vorurteile abbaut und daß man wirklich echt bereit ist, nicht nur vielleicht Mittel zur Verfügung zu
stellen, sondern auch ein echtes Interesse zum Beispiel an der Rehabilitation der Behinderten zu
zeigen und darüber hinaus im Behinderten auch den Mitmenschen zu sehen. Den Behinderten ist
nicht gedient mit Mitleid, der Behinderte muß das Recht haben, die Hilfen in Anspruch zu nehmen, die
er braucht, und der Behinderte will vor allem als Mensch angenommen und auch als Mensch
respektiert werden. Ich war vor kurzem bei der Enquete der Jungen Generation der SKPK, die sich mit
Behindertenfragen beschäftigt hat. Es waren dort alle Behindertenverbände vertreten und eine große
Anzahl von Behinderten. Ich muß sagen, was diese Behinderten dort vorgetragen haben, hat mich
sehr beeindruckt, denn es gibt immer wieder Dinge, an die man selber gar nicht denkt. So hat zum
Beispiel eine schwerst behinderte Dame dort gesagt, das Wichtigste für den Behinderten und seine
Familie ist das Nichtauffallen, das heißt, daß man in der Öffentlichkeit nicht mehr als ein Objekt
betrachtet wird, das man anstarrt, sondern daß man unauffällig bleibt wie jeder andere, der sich auf
der Straße bewegt. Das ist sicherlich etwas und wir hörten auch, daß es in anderen Ländern schon
eine Selbstverständlichkeit ist, daß der Behinderte integriert ist in der Gesellschaft. Bei uns fehlt hier
noch manches. Wir alle, glaube ich, sollten uns bemühen, auch hier nicht nur aufklärend zu wirken,
sondern selbst aktiv zu sein. Das gilt im weitesten Sinne für die Behinderten, das gilt für die Blinden,
das gilt für die Gehörlosen und das Verständnis, das menschliche Entgegenkommen, braucht auch
der Senior, braucht auch der alte Mensch.
Aber dasselbe braucht auch der junge Mensch und es ist richtig, daß es in der heutigen Zeit oftmals
sehr schwierig ist, die richtige Hilfe für unsere Jugendlichen zu finden. Ziel jeder modernen
Jugendfürsorgearbeit ist es, all jenen Jugendlichen zu helfen, die daheim nicht die notwendige Pflege,
Erziehung und Versorgung finden, ganz gleich aus welchen Gründen. Ich darf in diesem
Zusammenhang darauf hinweisen, daß in unseren Landesjugendheimen wirklich wertvolle Arbeit
geleistet wird. Wenn wir in der letzten Zeit hörten, daß Lehrlinge aus dem Landesjugendheim
Korneuburg ihre Prüfungen ausgezeichnet abgelegt haben, oder wenn wir sehen, mit wieviel
Begeisterung sich die Kinder und Jugendlichen in unseren Landesheimen bewegen, ob das nun in
Allentsteig ist oder in einem anderen Heim wie sie sich für Dinge der Umwelt interessieren, wenn sie
bei der Jugendfeuerwehr mittun, wenn sie Sport betreiben, haben wir schon das Gefühl, daß diesen
Kindern, bei denen die Familie - nicht nur die Liebe, sondern auch die Vorsorge - versagt hat, die
Gemeinschaft echt hilft.
Wir haben in Niederösterreich in der letzten Zeit auch begonnen, eine Einrichtung auf- und
auszubauen, die es in anderen Bundesländern noch nicht gibt. Ich war am vergangenen Freitag bei
der Tagung der Sozialreferenten in Linz und habe dort gehört, wie weit man in anderen
Bundesländern ist. Es gibt seit Herbst des heurigen Jahres in Niederösterreich für Kinder und
Jugendliche unseren psychologischen Beratungsdienst. Durch die Zuteilung von weiteren zwei
Psychologen zur Abteilung VIII/2 ist es möglich geworden, für die Erziehungsberatung nunmehr 5
Psychologen, eine halbtagsbeschäftigte Ärztin und zwei Sozialarbeiter zur Verfügung zu stellen. Es
wird daher in ganz Niederösterreich zu einem kinder- und jugendpsychologischen Beratungsdienst
kommen und es wird in allen Bezirken die Möglichkeit geschaffen werden, daß Eltern zur Beratung
hinkommen und in Erziehungsfragen beraten werden, daß aber auch Jugendliche zur Beratung
kommen können und in ihren verschiedenen Problemsituationen Hilfe und den notwendigen Rat
erhalten, den sie brauchen.
Ich möchte in dem Zusammenhang vielleicht auch auf ein Gebiet verweisen, das uns sicherlich allen
sehr am Herzen liegt. Wir sind nicht bemüht, die Kinder unbedingt in ein Heim einzuweisen, das
möchte ich unterstreichen, weil man oftmals solche Ansichten hört, sondern nur jene Kinder kommen
in unsere Landesheime, deren Unterbringung in einer Pflegefamilie nicht möglich ist und für deren
Entwicklung das Heim die besseren Möglichkeiten bietet. Wir werden uns in Zukunft auch mehr darum
kümmern, das heißt von Seiten der Jugendfürsorge, daß alle Säuglinge in der Mutterberatung
vorgestellt werden. Wir haben in Niederösterreich immer dafür gesorgt, daß jene Kinder, deren
Unterbringung in einem Familienverband möglich ist, zu Pflegeeltern kommen, weil wir wissen, daß
die Pflege in der Familie und die Unterbringung in einer Pflegefamilie für die normale Entwicklung
immer noch vorteilhafter ist als das beste Heim. Wir haben es daher auch nicht verabsäumt, für die
niederösterreichischen Pflegeeltern Bildungskurse durchzuführen. Mit Jahresende waren bei den
niederösterreichischen Jugendämtern 456 Pflegeplätze vorgemerkt, also Pflegeeltern, die auf ein
Pflegekind warten; davon möchten 212 Pflegeeltern, wenn es möglich ist, das Kind später adoptieren.
Wir sehen also, daß man auch hier moderne Wege geht, daß man auch hier bestrebt ist, eine
familiengerechte Situation herbeizuführen. Ich möchte in dem Zusammenhang vielleicht auf die
Ausführungen der Frau Abg. Prokop verweisen, die sich auch mit Fragen der Familie beschäftigt hat
und meinte, es darf nicht sein, daß die öffentliche Hand an die Stelle der Familie tritt. Ich glaube, daß
wir alle diese Meinung vertreten. Sie meinte das nicht im Zusammenhang mit den Pflegekindern,
sondern zur Frage der Familien unseres Landes überhaupt.
Wir alle stehen zur Familie, wir alle stehen zur familien- und kinderfreundlichen Gesellschaft von
heute. Ich möchte auch das besonders unterstreichen, denn es wurde hier viermal das Programm der
ÖVP zitiert. Erlauben Sie, daß ich das Programm der SPÖ zitiere, in dem es heißt, daß sich die
Sozialisten zur partnerschaftlichen Familie bekennen, die bewußt die Erziehung der Kinder als ihre
Aufgabe wahrnimmt und den einzelnen Familienmitgliedern Solidarität, Anteilnahme und Schutz
bietet. (Abg. Amon: Wegwerfkind!) Es heißt weiter in unserem Programm, daß die Familienpolitik bei
Gestaltung der Familienbeziehungen positiv helfen und Unterstützung bei der Erziehung und dem
Unterhalt der Kinder bieten muß. Und was uns als Frauen, egal, welcher Partei wir angehören,
besonders am Herzen liegt, es gibt hier auch einen Passus, der lautet: Man tritt für den vorrangigen
Ausbau der Sachleistungen ein, die die Familie neben den Erziehungskosten entlasten. Darüber
hinaus werden aber auch in Zukunft Maßnahmen zu setzen sein, die in schwierigen
Familiensituationen zusätzlich wirksame Hilfe für die Betroffenen bieten können. Ich glaube, das
müssen wir alle unterstreichen. Und etwas, das alle Frauen unterstreichen müssen: Die Sozialisten
treten ein für die Anerkennung von Hausarbeit und Kindererziehung als unentbehrliche Leistungen für
unsere Gesellschaft. Ich glaube, jede Hausfreu und Mutter wünscht, daß ihre Leistung anerkannt wird.
Daß selbstverständlich die Familie an erster Stelle unseres Staates jede Unterstützung erhält, ist
etwas, wofür wir alle arbeiten, eintreten; etwas anderes wünscht ja niemand.
Ich möchte vielleicht noch eine Zahl nennen, damit Sie sich den Umfang der Arbeit in den einzelnen
Abteilungen nur ein bißchen vorstellen können. Bei der Behindertenhilfe wurden 2.389
Behindertenfälle behandelt und im Rahmen der Sozialhilfe betraut. Diese Zahl allein zeigt uns schon,
wie notwendig es ist, daß wir uns mit diesen Fragen auseinandersetzen. Meine Damen und Herren,
ich möchte Sie alle bitten, auch in Zukunft, ganz gleich, wo Sie arbeiten, in welchem Gremium Sie
arbeiten oder auch in der Familie, ihre ganze Kraft dafür einzusetzen, daß man die Interessen jener
Gruppen unserer Mitbürger vertritt, die benachteiligt sind. Dazu zählen die Behinderten, die Blinden,
die Gehörlosen, die Kinder, die Jugendlichen und die Senioren die pflegebedürftig sind. Diese
Gruppen sollen nicht abseits stehen müssen, sondern integriert werden in die Gesellschaft und als
unsere Mitbürger anerkannt werden. (Beifall bei der SPÖ und einigen Abgeordneten der ÖVP.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt Herr Landeshauptmannstellvertreter Ludwig.
Landeshauptmannstellvertreter LUDWIG: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Die Gruppe 4 des Voranschlages, Soziale Wohlfahrt und Wohnbauförderung, ist, glaube ich, die
finanzstärkste Gruppe neben der neunten und hat rund 3,4 Milliarden Schilling zu bewältigen. Im Zuge
der Diskussion wurden einige Fragen gestellt. Ich möchte nur auf diese Fragen eingehen, denn alle
anderen Probleme sind von den einzelnen Damen und Herren ja zur Genüge besprochen worden.
Die erste Frage hat gelautet, was hat der Finanzreferent unternommen, daß die Grenzlandgemeinden
so wie die Wiener Umlandgemeinden behandelt werden. Es ist allen bekannt, daß die Wiener
Umlandgemeinden, rund 60 an der Zahl, einen ähnlichen Schlüssel bei der Finanzzuteilung haben wie
die Stadt Wien. Also wir haben beim Finanzausgleich verlangt, man möge den abgestuften
Bevölkerungsschlüssel ändern und auch die Grenzlandgemeinden einbeziehen. Ich glaube, Herr
Kollege Leichtfried, Ihnen ist das Schicksal des Finanzausgleiches genauso bekannt wie mir; da
wurden vier konkrete Punkte erledigt und alle anderen zum Weiterverhandeln bis Ende 1980
zurückgestellt. Und in einem Schreiben des Herrn Bundeskanzlers vom 29. November 1978, das also
vor ganz wenigen Tagen einlangte, heißt es: Änderung des Finanzausgleiches zugunsten der
Grenzlandgemeinden. Der Finanzausgleich sieht bereits entsprechende Zweckzuschüsse an Länder
und Gemeinden vor.“ Das ist die Antwort! Also werden wir über den abgestuften
Bevölkerungsschlüssel weiterverhandeln, das werden Sie auch als Punkt zwei des Finanzausgleiches
sehen, der am 11. um 18 Uhr im Finanzministerium unterschrieben und am 12. im Hauptausschuß
behandelt wird. Wenn Sie glauben, daß wir hier versagt haben, dann meine Bitte nun an Sie: Im
Parlament wird der Finanzausgleich durch ein einfaches Gesetz beschlossen, dort hat Ihre Fraktion
die Mehrheit. Wenn Sie glauben, daß wir es zusammenbringen, wäre ich Ihnen dankbar. Helfen Sie
mit, ich habe es bei den Verhandlungen nicht durchgebracht. Ich habe nur zuwege gebracht, daß bis
Ende 1980 weiterverhandelt wird. Das ist die erste Frage, die ich beantworten wollte.
Die zweite Frage: Warum werden die Betriebe in den Grenzlandgemeinden nicht bevorzugt? Bei den
Gesprächen im Kanzleramt am 6. November, wo die gesamte Niederösterreichische Landesregierung
und letztlich auch viele Mitglieder der Bundesregierung unter dem Vorsitz des Bundeskanzlers
anwesend waren, wurde der Wunsch des Landes Niederösterreich präzisiert, man möge bei den
Vergaben in erster Linie trachten, die Grenzlandbetriebe zu berücksichtigen, damit die
Grenzlandbetriebe auch ihre Arbeitsplätze absichern können. Dazu darf ich Ihnen vielleicht aus
demselben Schreiben, das am 29. abgefertigt wurde und jetzt zum Land gekommen ist, folgendes
vorlesen: „Änderung der Vergabeordnung. Eine Änderung der Vergabeordnung im Sinne einer
Lokalpräferenz für Betriebe im Grenzgebiet ist bei öffentlichen Aufträgen unter anderem wegen der
Beispielsfolgen nicht möglich.“ Also wir haben gesagt, es muß doch möglich sein, daß gerade die
Grenzlandbetriebe berücksichtigt werden, und es ist lange verhandelt worden. Es war der Wunsch der
Niederösterreichischen Regierungsdelegation, weil wir die Problematik im Grenzland kennen. Ich
glaube, Sie werden ja in der Zwischenzeit festgestellt haben, daß zumindestens bei den Vergaben im
Land seit längerer Zeit immer dann eine Grenzlandfirma berücksichtigt wird, wenn sie annähernd
preisgünstig ist.
Die dritte Frage war, warum wird bei der Wohnbauförderung für den großvolumigen Wohnbau nicht
mehr getan? Wir haben einen internen Schlüssel, der seit vielen, vielen Jahren so lautet, daß von den
vorhandenen Mitteln der Wohnbauförderung 60% für den großvolumigen Bau verwendet werden und
40% für den Eigenheimbau. Und innerhalb dieses Schlüssels haben wir wieder die Parteienschlüssel,
die dürften auch bekannt sein. Also ich glaube, daß gerade für den großvolumigen Bau viel getan
wurde. Wir haben für den großvolumigen Bau auch eine interne Anleihe im letzten Jahr durchgeführt,
sehen aber, daß es weitere Schwierigkeiten gibt. Wir werden sicher sehr rasch auch das Problem des
großvolumigen Wohnbaues diskutieren und die für die Wohnbauförderung zuständigen Referenten
Czettel und Ludwig werden sich in dieser Angelegenheit sehr rasch zusammensetzen und
zusammenfinden.
Es ist auch hier von Arbeitsplatzförderung gesprochen worden. Ich glaube, da ist uns einiges geglückt
und man sollte auch in diesem Hohen Haus den Mut haben zu sagen, jawohl, das Land
Niederösterreich ist einen neuen Weg gegangen, das war der Weg für beide und wir haben in den
letzten drei Jahren doch manches zustande gebracht.
Und ich höre immer wieder, auch von den Abgeordneten der sozialistischen Fraktion, angefangen
vom Klubobmann, das Land sollte mehr verschulden. Nichts leichter für einen Finanzreferenten, bitte,
als Gelder aufzunehmen, nichts leichter! Aber es ist sehr, sehr schwierig, diese Gelder
zurückzuzahlen und dadurch letztlich den Spielraum der Zukunft einzuschränken. Auch hier ein
Beispiel bitte, das möchte ich dem Kollegen Leichtfried sagen. Ein sozialistisches Bundesland,
Burgenland, hat heuer so budgetiert - bitte nachzuschauen - daß alle Förderungsbeträge im
Burgenland um 35% gegenüber 1977, nicht 1978, gekürzt worden sind. Durch diese Vorgangsweise
hat das Land Burgendland eine Verschuldung für das nächste Jahr unter 200 Millionen Schilling
zustande gebracht. Wir sind fünfmal so groß, also müßten wir, wenn ich ganz großzügig wäre, eine
Milliarde Abgang haben. Wir haben aber schon zwei für nächstes Jahr! Ich glaube daher, es wurde
gerade hier für die Arbeitsplatzsicherung etwas getan, weil wir es für notwendig halten, daß in einer
wirtschaftlichen Stagnation das Land investiert. Wir können es uns Gott sei Dank leisten, denn wir
haben ja gemeinsam von 1970 bis 1975 gespart, weil wir die Auffassung vertreten haben, in der
Hochkonjunktur ist es falsch, wenn die öffentliche Hand noch weiter anheizt, denn dann kommt es zu
Preisexplosionen - das haben wir miterlebt - bis zu 20 und 25% im Jahr. Jetzt, wo wir Geld brauchen,
sollten wir alle miteinander investieren. Das Land tut es, wenn es alle anderen auch täten, dann
würden wir hier, glaube ich, einen gesunden Weg gehen.
Und ein Wort auch zu dieser ominösen Milliarde Schilling, die dauernd im Raum steht, aber
niemandem etwas bringt, denn ich glaube, wenn wir die Milliarde Schilling auf dem Ballhausplatz
verbaut hätten, würde sie in der niederösterreichischen Wirtschaft fehlen und dann könnten wir nicht
im nächsten Jahr rund 6,5 Milliarden Schilling der direkten und indirekten Wirtschaftsförderung zur
Verfügung stellen, sondern müßten schon einige hundert Millionen Schilling abziehen, weil wir sie zum
Bau bräuchten. (Abg. Kaiser: Zusätzlich war das!) Daher glauben wir, daß es richtig war, nur sollten
wir alle miteinander den Mut haben, das letztlich zuzugeben. Herr Kollege, darf ich jetzt wieder
vergleichen. Nehmen Sie, bitte schön, das Budget von Wien, von Burgenland und vom Bund und
zeigen Sie mir doch, wo es eine Erweiterung der Wirtschaftsförderung gibt. Bei keiner einzigen
Position! Bei uns sind es um 700 Millionen Schilling mehr. (Abg. Kaiser: Ich habe ja nichts gesagt!)
Also sollten wir das auch anerkennen und ... (Beifall bei der ÖVP.)
In dem Zusammenhang werden wir bei der Gruppe 5 dann wieder über die Spitäler reden. Wir bauen
in Niederösterreich und Gott sei Dank gelingt es durch das Zusammenwirken Gemeinden - Land und
jetzt durch den dritten Mehrwertsteuersatz Bund, mehr zu investieren. Aber wenn Sie gestern die
Presse auf Seite 1 und auf Seite 5 gelesen haben, dann werden Sie feststellen, daß in Wien nicht
daran zu denken ist, das sozialmedizinische Zentrum Ost, das heißt das Krankenhaus Ost, jemals zu
bauen. Es wird ja bei der Gruppe 5 Gelegenheit sein, darüber zu reden, denn wir haben vor acht
Jahren 12.000 Unterschriften gekriegt und haben gesagt, um Gottes Willen, schließt den Vertrag ab,
denn wenn ihr nicht heute mitgeht, ist es zu spät. Es wurde gemacht, wir haben den Vertrag, nur
müssen wir jetzt sagen, wir wollen, daß der Vertrag eingehalten wird. Daher wird man reden müssen
über diese Sachen.
Verehrte Damen und Herren, ich glaube, daß es uns gemeinsam - ich sage ganz bewußt gemeinsam in den letzten Jahren gelungen ist, eine Politik zu betreiben, die mitgeholfen hat, dieses Land
Niederösterreich zu verändern. Wir sind ja alle in der glücklichen Lage zu sagen, was wir alles
gemeinsam gemacht haben. Dann vertreten wir doch auch um Gottes Willen das Gemeinsame im
Interesse der niederösterreichischen Bevölkerung. Und wenn es heute heißt, wir haben in der
Industrie was zustande gebracht, war es wieder der Fleiß der Niederösterreicher, weder der ÖVP,
noch der SPÖ. Aber ich höre immer nur, daß ist der Fleiß der Bundesregierung. Ich sage nein, der
Fleiß unserer Niederösterreicher und der Steuerschilling der Niederösterreicher. (Beifall bei der
Österreichischen Volkspartei.)
Und, verehrte Damen und Herren, da gäbe es jetzt viel zu sagen. Ich möchte nur ein Wort noch zur
Sozialpolitik sagen. Ich glaube, auch in der Sozialpolitik und in der sozialen Betreuung der
Niederösterreicher sind wir führend im Reigen der neun Bundesländer. Man kann die Aktion „Älter
werden, jung sein“ kritisieren wie man will, aber eines, bitte, ist zustandegekommen: Die älteren
Menschen, die in erster Linie materiell abgesichert sind, sind vereinsamt und wenn wir durch diese
Aktionen gemeinsam erreichten, daß sie schöne Nachmittage, schöne Tage verbringen, dann haben
wir der Menschlichkeit einen Dienst geleistet und ich glaube, darauf kommt es an. In der Politik kommt
es nicht auf Härten an, sondern auf das Dienen, auf das Helfen. Wenn wir diesen Weg gehen,
verehrte Damen und Herren, dann werden wir auch in Niederösterreich manches gemeinsam
zusammenbringen. (Beifall bei der ÖVP.) Somit darf ich allen danken, den Beamten in den einzelnen
Referaten, aber letztlich auch den Politikern, die mitgeholfen haben, die einzelnen Probleme zu
verwirklichen. Danke vielmals. (Beifall bei den Abgeordneten der ÖVP.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt Herr Landesrat Bierbaum.
Landesrat BIERBAUM: Herr Präsident! Hoher Landtag! Der Abg. Kaiser hat einen Antrag zur
Regelung der Finanzierung der Elektrifizierung eingebracht. Es hat in seiner Rede etwa so geklungen,
als wenn irgendjemand aus seinen Reihen der Erfinder dieser Maßnahmen wäre. Ich mache das nicht
gerne, aber ich muß doch der Ordnung halber sagen, daß ich es war, der im Jahre 1973/74 die erste
Ansatzpost erarbeitet hat und auch die Richtlinien für diese Förderung der Elektrifizierung. Im Jahre
1975 ist dann der Antrag gekommen, man möge die Richtlinien überdenken und auch überlegen, ob
es gesetzliche Möglichkeiten zu dieser Erlangung gibt. Ich habe dann die beiden Klubs
angeschrieben, weil ich mir gedacht habe, es sollen doch mehrere Menschen mitreden, mehrere
Abgeordnete; man möge von jeder Fraktion vier Abgeordnete nennen, damit wir uns mit Fachleuten
zusammensetzen und versuchen, hier einen Weg zu finden. (Abg. Kaiser: Eineinhalb Jahre später!)
Die Aufforderung war nur, eine Neuregelung zu bringen. Und ich habe dann eingeladen. Niemand hat
gesagt, ich soll je vier einladen. Darf ich wieder sagen, ich tu mich nicht gern mit fremden Federn
schmücken, aber ich habe ein paar Aktennotizen, die genau darauf hinweisen, daß ich den Vorschlag
gemacht habe, man möge das doch in der Form tun. Mir wurden dann die Namen genannt und ich
habe diesen Ausschuß eingeladen. Es wurde dort diskutiert und es wurden manche Vorschläge
gemacht, erstens einmal, daß man bessere Richtlinien machen soll mit sozialer Staffelung und mit
Sichtbeträgen. Zum Schluß ist dann der Wunsch geäußert worden, dem auch nicht widersprochen
wurde, man möge diese Richtlinien auf ein Jahr verlängern und im Herbst 1977 weiterverhandeln. Ich
habe dann im Herbst 1977 wieder diesen Ausschuß eingeladen, und zwar am 30. November 1977.
Ich habe wieder eine Aktennotiz da, wonach die verschiedenen Vorschläge diskutiert wurden,
Alleinstehende, über 35, unter 35, die Kinder, die Einnahmensituation. Ich darf wirklich sagen, ich
habe den Vorschlag gemacht, man möge nichts verkomplizieren. Um soziale Taten zu setzen, ist
eigentlich die Anschlußgebühr oder die Ermäßigung oder die Hilfe nicht absolut da, wir sehen es ja
auch bei den Anschlußgebühren. Das ist vielleicht ein kleiner Ersatz in dieser Richtung, aber man
sollte dem Menschen helfen, der einen Anschluß braucht und dem Beträge vorgeschrieben werden
wo man dann fragt, wieso ihn der eine um 3.000 Schilling kriegt und der andere 22.000 und 25.000
Schilling bezahlen muß. Sollte man da nicht irgendwo eingreifen und da helfen? Dann wurde wieder
weiterdiskutiert und zum Schluß wieder der Vorschlag gemacht, man möge für 1978 die Richtlinien in
der Form belassen und Mitte Juni 1978 möge eine neue Sitzung abgehalten werden. Am 20. Juni
1978 wurde die Sitzung abgehalten, anwesend waren meine Wenigkeit, Abg. Anzenberger, Abg.
Kellner, Abg. Lechner, Abg. Fux und Hofrat Edhofer. Herr Abg. Kaiser, ich will das nicht provokant
sagen wie Sie, außer Spesen nichts gewesen. Bei Ihnen waren es nicht einmal die Spesen, Sie haben
halt wahrscheinlich keine Zeit gehabt. (Abg. Kaiser: Herr Landesrat, da muß man Termine abstimmen
und nicht diktieren! - Abg. Romeder: Einen jeden fragen!) Schauen Sie, das passiert jedem einmal,
daß er gerade keine Zeit hat, ich will das ja nicht sagen. Es war eine relativ kurze Diskussion und in
der Diskussion, (Abg. Romeder: Der Kaiser bestimmt die Termine! - Unruhe. - Präsident Dipl.-Ing.
Robl gibt das Glockenzeichen.) darf ich nur ein paar Punkte sagen, hat Abg. Fux gemeint, die Grenze
30.000 Schilling sollie hinausgesetzt werden. Abg. Anzenberger hat gemeint, daß diese nicht
notwendig ist, die Preise sind nicht gestiegen. Es steht in der Zwischenzeit fest, daß die
Anschlußgebühren stagnieren oder sich zum Teil sogar gesenkt haben. Der Abg. Lechner hat
gemeint, die 30.000 Schilling nach obenhin auszuweiten, ist gar nicht so wichtig, aber es gibt sonstige
Extremsituationen, wo man eingreifen sollte, denn wir haben eine Raumordnung und da darf man
sowieso nicht bauen, wo man will, sodaß die 30.000 Schilling nicht oder kaum überschritten werden.
Abg. Kellner sagte dann, daß er auch der Meinung sei, die Hinaufsetzung der 30.000 Schilling ist nicht
notwendig, die Staffelung nach der Kinderanzahl sollte überdacht werden. Und dann hat der Abg.
Lechner, der leider Gottes nicht da ist, vorgeschlagen, daß ein schriftlicher Antrag von Ihrer Fraktion
vorgelegt wird, und unten steht eine handgeschriebene Notiz von meinem Sekretär, daß dann
beschlossen wurde: Für 1978 bleiben die Förderungsrichtlinien gleich, schriftlichen Vorschlag
abwarten. Bis heute wurde kein schriftlicher Vorschlag eingebracht. Daher wundert es mich, daß
heute ein Antrag eingebracht wurde, der genau in die gleiche Richtung geht, zu dem ich aber noch
keinen Vorschlag habe, bitte sehr. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt Herr Abg. Leichtfried.
Abg. LEICHTFRIED: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf zu meinen beiden Anträgen
folgende Erklärung abgeben. Ich hatte beabsichtigt, diese beiden Anträge nicht in bezug auf die
derzeitige Grenzlandförderung zu stellen, sondern selbstverständlich im Hinblick auf die neue
Grenzlandförderung in einer Größenordnung von 100.000 Schilling, die natürlich auf Grund dieser
Größenordnung sehr wohl einen sehr wesentlichen Teil der Investitionen bei der Schaffung neuer
Arbeitsplätze darstellen könnte. Das gleiche bezieht sich selbstverständlich auch auf die
Differenzierung dieser Grenzlandförderung. Weiters war selbstverständlich die Absicht, nachdem in
den nächsten Tagen oder Wochen die Verhandlungen und die Gespräche fortgesetzt werden sollen,
hier auch eine gewisse Willenserklärung des Landes gegenüber der Bundesregierung zu haben und
eben diese Grundsätze in die Verhandlungen mit dem Bund einzubeziehen. Ich bitte Sie also, das bei
der Beurteilung dieser beiden Anträge zu berücksichtigen, wobei ich beim Antrag Nr. 16 insoferne eine
Änderung vornehmen möchte, als der Zwischensatz „... wie etwa besondere Erschwernisse,
Branchenstruktur, sowie gestaffelt unter Berücksichtigung der Entfernung zu den Ballungsräumen ...“
herausgenommen wird, sodaß dieser Antrag nun wie folgt lauten würde:
„Die Landesregierung wird aufgefordert, das Gewerbe- und Industrieraumordnungsprogramm
dahingehend zu ändern, daß die im § 15 genannten Zuschüsse je neu geschaffenen
Dauerarbeitsplatz nicht gleichsam als Kopfprämie, sondern differenziert unter Beachtung
verschiedener Kriterien gewährt werden.“
Ich bitte Sie nun, wenn es möglich ist, diesen beiden Anträgen die Zustimmung zu geben.
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Berichterstatter hat das Schlußwort.
Berichterstatter Abg. KLETZL: Ich verzichte.
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Wir kommen damit zur Abstimmung. Zur Abstimmung liegen vor das
Kapitel Soziale Wohlfahrt und Wohnbauförderung der Gruppe 4, ordentlicher Teil und
außerordentlicher Teil, der Resolutionsantrag des Abg. Bernkopf, zwei Resolutionsanträge des Abg.
Leichtfried, zwei Resolutionsanträge des Abg. Buchinger und der Resolutionsantrag des Abg. Kaiser.
Ich bitte den Berichterstatter, nunmehr den Antrag zur Gruppe 4, Soziale Wohlfahrt und
Wohnbauförderung, ordentlicher Teil und außerordentlicher Teil, zu stellen.
Berichterstatter Abg. KLETZL: Ich stelle den Antrag, die Gruppe 4, Soziale Wohlfahrt und
Wohnbauförderung, mit Einnahmen von 2,902,898.000 Schilling und Ausgaben von 3,743,922.000
Schilling im ordentlichen Teil sowie Einnahmen von 49,803.000 Schilling und Ausgaben von
212,469.000 Schilling im außerordentlichen Teil zu genehmigen.
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL (Nach Abstimmung über die Gruppe 4 , Soziale Wohlfahrt und
Wohnbauförderung, ordentlicher Teil und außerordentlicher Teil, in Erfordernis und Bedeckung):
Angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung der Resolutionsanträge. Die Resolutionsanträge wurden von den
Rednern verlesen.
Resolutionsantrag Nr. 14 des Abg. Bernkopf betreffend die Erlassung einer Heimordnung für alle
Niederösterreichischen Altenheime und Pflegeheime. (Nach Abstimmung über diesen Antrag):
Angenommen.
Resolutionsantrag Nr. 15 des Abg. Leichtfried betreffend die Richtlinien für die Durchführung des
Gewerbe- und Industrieraumprogrammes. (Nach Abstimmung über diesen Antrag): Angenommen.
Resolutionsantrag Nr. 16 des Abg. Leichtfried, der soeben abgeändert worden ist und auch zur
Verlesung gelangte. (Nach Abstimmung über diesen Antrag): Angenommen.
Resolutionsantrag Nr. 17 des Abg. Buchinger betreffend die Befreiung von der Beitragspflicht bei der
Beförderung von Gütern im Inland mit Fahrzeugen, deren Standort sich im Grenzland befindet. (Nach
Abstimmung über diesen Antrag): Angenommen.
Resolutionsantrag Nr. 18 des Abg. Buchinger betreffend Änderung der Richtlinien über Zuschüsse zur
Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern. (Nach Abstimmung über diesen Antrag):
Angenommen.
Resolutionsantrag Nr. 19 des Abg. Kaiser betreffend die Förderungsbeträge für Energieaufschließung.
(Nach Abstimmung über diesen Antrag): Abgelehnt.
Ich ersuche die Frau Berichterstatter, Abg. Kletzl, zur Gruppe 5, Gesundheit, ordentlicher Teil,
außerordentlicher Teil und Konjunkturausgleichsteil, zu berichten.
Berichterstatter Abg. Kletzl: Die Gruppe 5, Gesundheit, deren Ausgaben mit 1.169,501.000 Schilling
vorgesehen sind, verzeichnet Einnahmen von 529,770.000 Schilling. In dieser Gruppe werden
Gebarungsvorgänge für Gesundheitsdienst, Umweltschutz, Ausbildung im Gesundheitsdienst,
Errichtung und Betrieb von Krankenanstalten, Betriebsabgangsdeckung der Krankenanstalten sowie
Heilvorkommen und Kurorte verrechnet. Der prozentuelle Anteil am Ausgabenvolumen des
ordentlichen Teiles des Voranschlages beträgt 7,30%.
(Dritter Präsident Reiter übernimmt den Vorsitz.)
Im außerordentlichen Teil sind Ausgaben von 99,963.000 Schilling und Einnahmen von 59,978.000
Schilling, ferner im Konjunkturausgleichsteil Ausgaben von 50,000.000 Schilling geplant. Darf ich um
die Debatte bitten.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Wort gemeldet ist Frau Abg. Tribaumer.
Abg. TRIBAUMER: Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Das
Gesundheitsbewußtsein der Bevölkerung ist im Steigen begriffen und dabei haben die Massenmedien
entscheidend mitgeholfen. Die Begriffe von Gesundheit und Krankheit haben sich auch aus der Sicht
der Bevölkerung verändert. Der Früherkennung von Krankheiten, der Gesundheitsvorsorge und dem
Schutz der Gesundheit kommen neben der Wiederherstellung der Gesundheit vorrangige Bedeutung
zu.
Bei der gesundheitlichen Versorgung unserer Bevölkerung in Niederösterreich nimmt der praktische
Arzt, von uns allen kurz Hausarzt genannt, eine Schlüsselstellung ein. Er ist es doch, der nach wie vor
den tragenden Grundpfeiler der ärztlichen Betreuung der Bevölkerung darstellt, Familien durch
mehrere Generationen hindurch ärztlich betreut hat und deren berufliches und privates Milieu kennt.
Er wird bei plötzlicher Erkrankung eines Familienmitgliedes bei jeder Tages- und Nachtzeit geholt.
Meine Damen und Herren, mit Sorge stellt man fest, daß die Zahl der praktischen Ärzte ständig im
Absinken begriffen ist. Wir müssen feststellen, daß es leider immer noch Gebiete in unserem
Bundesland gibt, die als gesundheitlich unterversorgt gelten. In Niederösterreich gibt es zur Zeit 668
Planstellen. Diese wurden errechnet laut Volkszählung 1971, das heißt, daß auf 2.000 bis 2.500
Einwohner ein praktischer Arzt kommen soll. Es sind 30 Planstellen derzeit unbesetzt, aber zusätzlich
31 Stellen nur personell besetzt, das heißt, daß im derzeit gültigen Stellenplan zwar keine Planstelle
vorgesehen ist, aber ein Vertragsarzt tätig ist. Es stehen daher insgesamt 669 praktische Ärzte unter
Vertrag.
Bei den Fachärzten sieht es so aus: Insgesamt 344 Planstellen, 56 freie Planstellen, 288 besetzt, 10
personell besetzt, also 298 Fachärzte, die unter Vertrag stehen. Zur Zeit, meine Damen und Herren,
wird eine Erhebung der Einwohnerzahl durchgeführt und wie mir bekannt ist, ist auch geplant, im
kommenden Jahr den Stellenplan zu korrigieren.
Eine zusätzliche Erschwernis stellt die Altersstruktur dar und ich glaube, meine Damen und Herren,
hier muß etwas unternommen werden. Es gibt bei uns in Niederösterreich Ärzte, die mit 75, 80, ja
sogar mit 85 Jahren noch eine Praxis ausüben. Ich weiß schon, daß manchmal 65-jährige Ärzte gerne
in den Ruhestand treten würden, jedoch dies nicht tun können,, weil eine geringe Altersversorgung sie
zwingt, den Beruf weiter auszuüben. Es gibt außerdem eine Anzahl von betagten Ärzten, die ohne 5
2-Kassen - hier sind jene gemeint, die die kleinen Kassenverträge haben, wie zum Beispiel öffentlich
Bedienstete, Eisenbahner, gewerbliche Wirtschaft und Bauernkrankenkasse - hinsichtlich der
Versorgung der Bevölkerung nur im geringeren Maße wirksam sind. Ich glaube, hier müßte von der
Ärztekammer gemeinsam mit der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse Abhilfe geschaffen
werden. Mir ist wohl bekannt, daß es keine Altersbegrenzung gibt, die freiberufliche Tätigkeit beim
Arzt an erster Stelle steht und daß es natürlich oft ein menschliches Problem darstelle, einem
verdienten Arzt zu sagen, nun geh in Pension. Aber jeder Mensch, ganz gleich wo er steht, muß zur
Kenntnis nehmen, daß seine Arbeitskraft im Nachlassen ist, wenn er in ein höheres Alter kommt. Das
ist ein ganz natürlicher Vorgang, ein Wehren dagegen hat keinen Sinn, man muß eben diesen
Zustand zur Kenntnis nehmen. Dies gilt auch für den Berufsstand der Ärzte. Es ist mir unverständlich,
daß man noch immer zuläßt, daß 85-jährige Ärzte so recht und schlecht ihre Praxis fortführen und
einem jungen Arzt keine Chance geben, sich daneben niederzulassen, weil ihm ja der Kassenvertrag
nicht zuerkannt wird. Mir scheint es unverantwortlich, daß bisher nichts unternommen worden ist.
Die Interventionen von Bürgermeistern, von Abgeordneten für junge Ärzte haben keinen Erfolg, weil
der Vorgriff auf einen Vertrag nicht erfolgt. Daher meine Bitte an die Niederöstereichische
Landesregierung, helfen Sie durch ein Gespräch mit der Ärztekammer, mit der Gebietskrankenkasse
mit, daß etwas unternommen wird. Ich glaube, wir müssen den jungen Ärzten in unserem Lande die
Chance geben, sich zu bewähren. Es gibt junge Ärzte, nur wenn sie keinen Vertrag bekommen,
werden sie sich dort und da nicht niederlassen können. Ich glaubt, mit diesem Problem, wie ich es hier
aufgezeigt habe, hat jeder Bezirk zu kämpfen. Diese hochbetagten Ärzte, meine Damen und Herren,
haben sich ihren Ruhestand verdient, sie sind jahrzehntelang im permanenten Einsatz gestanden und
haben vielen Menschen geholfen. Aber unsere Aufgabe ist es, mitzuhelfen, daß in Niederösterreich
die Bevölkerung ärztlich gut versorgt wird.
Und nun, meine Damen und Herren, zu unseren Amtsärzten. Aus dem Tätigkeitsbericht der
Sanitätsdirektion 1978 entnahm ich, daß es bei Pensionierungen von Amtsärzten Schwierigkeiten
gab, neue zu bekommen, weil die Anstellungsbedingungen für Ärzte nicht attraktiv genug waren.
Neue Förderungsmaßnahmen seitens der Sanitätsdirektion wurden vorgeschlagen, die wesentliche
verbesserte Anstellungsbedingungen vorsahen, aber eine Einigung mit der Personalabteilung darüber
nahm längere Zeit in Anspruch. Es ist nun einmal so, meine Damen und Herren, ganz gleich, ob in der
privaten Wirtschaft oder bei öffentlichen Institutionen, wenn das Angebot groß ist, kann ich wählen, ist
aber der freie, zu besetzende Posten eine Mangelware, dann muß sich der Dienstgeber etwas
einfallen lassen. Meistens erfolgt dann eine Anstellung mittels Sondervertrag, wo eben der
Dienstgeber die Möglichkeit hat, verbesserte Anstellungsbedingungen zu vereinbaren.
Die Aufgabe unserer Amtsärzte bei den Bezirkshauptmannschaften ist eine große. Sie haben nicht nur
den Parteienverkehr abzuwickeln, sondern werden auch als Sachverständige eingesetzt, zum Beispiel
bei Wasserrechtsverhandlungen und natürlich auch bei gewerblichen Betriebsanlagen. Eine
Bezirkshauptmannschaft, die über keinen ständigen Amtsarzt verfügt, meine Damen und Herren, ist
nicht zu beneiden. Aber auch die Bevölkerung eines solchen Bezirkes leidet enorm darunter. Wir im
Bezirk Neunkirchen haben schon viele Jahre mit diesem Problem zu kämpfen. 1968 ging der Amtsarzt
mit 65 Jahren in Pension, 1971 der Nachfolger krankheitshalber mit 61 Jahren und 1972 schien
vorerst ein Bewerber auf längere Sicht vorhanden zu sein, dieser verließ aber 1973 diesen Posten
wegen eines besseren Angebotes bei der Pensionsversicherungsanstalt in Hochegg mit 24.000
Schilling monatlichem Anfangsgehalt. Seit 1974 ist die Stelle in Neunkirchen verwaist, die letzte
Amtsärztin kündigte, weil ihr eine Gemeindearztstelle in Vösendorf zugesichert wurde. Derzeit wird die
Arbeit bei uns auf der Bezirkshauptmannschaft von der Sanitätsdirektion und von Vertretern der
anderen Bezirkshauptmannschaften geleistet. Es kommt vor, daß beim Parteienverkehr Wartezeiten
von vier Stunden und mehr entstehen. Im Schnitt sprechen 60 bis 70 Parteien vor, die Spitze lag bei
127. Die Bevölkerung unseres Bezirkes hat dafür kein Verständnis mehr und ist darüber schon, Sie
verstehen es, ungehalten. Wir sind kein kleiner Bezirk und mit Aushilfen finden wir nicht das
Auslangen. Ich glaube, es müßte bei gutem Willen doch möglich sein, mehr Anstrengungen zu
unternehmen, indem etwa durch Inserate in der Österreichischen Ärztezeitung, wie es zum Beispiel
andere Landesregierungen praktizieren - Vorarlberg, Salzburg und Oberösterreich - verwaiste
Amtsarztstellen anzeigt. Die Personalabteilung, Herr Abg. Buchinger, ist nicht Sache der Frau
Landesrat Körner, sondern untersteht dem Herrn Landeshauptmann Maurer. Mir wurde bekannt, daß
zum Beispiel der Bezirk Lilienfeld überhaupt keinen Dienstposten für einen Amtsarzt im
Dienstpostenplan verankert hat. Hier wird die Arbeit vom Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft St.
Pölten geleistet. Nun stellt sich natürlich die Frage, ist der Amtsarzt im großen Bezirk St. Pölten nicht
ausgelastet? Ich kann mir das, meine Damen und Herren, nicht vorstellen. Wir sprechen soviel von
Bürgerservice und ich habe das vor kurzem aus der Wortmeldung eines Kollegen gehört. Meine Frage
ist, ob dies nicht für alle Bereiche der Verwaltung gilt. Ich glaube, hier müßte dringend Abhilfe
geschaffen werden.
Wir in Neunkirchen haben zwar ein Krankenhaus und der Versuch wurde des öfteren schon
unternommen, einen Arzt als Amtsarzt anzuwerben. Wenn er aber hört, daß er weit weniger verdient
als ein Sekundararzt, dann ist das Gespräch bald beendet. Zur Zeit führen die Gemeindeärzte in
unserem Bezirk laut Ersuchen der Bezirkshauptmannschaft die Impfungen durch. Ich glaube, so kann
es nicht weitergehen.
Ein dringender Appell an jene, die sich mit der Sache zu befassen haben: Nützen Sie alle
Möglichkeiten aus, um die verwaisten Stellen in Neunkirchen und Lilienfeld bald besetzen zu können.
Die Bevölkerung hat in diesen beiden Bezirken, glaube ich, genug Geduld gezeigt. Auch sie hat ein
Recht, ein gutes Bürgerservice zu erhalten. Es ist aber auch für die Bediensteten keine angenehme
Sache, ständig einen anderen Vorgesetzten zu haben. Seit 1972 waren neun verschiedene Amtsärzte
bei der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen im Einsatz.
Ich habe nur mir zwei am Herzen liegende Probleme hier aufgezeigt, die Praxisausübung von
hochbetagten Ärzten und die Neubesetzung von Amtsärztestellen, habe jedoch meine Damen und
Herren, keine Anträge gestellt. Ich bitte aber trotzdem die zuständigen Stellen zu prüfen, ob nicht eine
Hilfe möglich wäre. (Beifall bei der SPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gemeldet ist der Abg. Fidesser.
Abg. FIDESSER: Ich möchte ganz kurz zu einem Thema sprechen, das in der öffentlichen Diskussion
gerade in den letzten Monaten eine größere Bedeutung bekommen hat, das ist die Vorsorgemedizin,
vorher aber doch einige Gedanken zu dem bringen, was Sie, Frau Kollegin, angeschnitten haben,
nämlich die Besetzung von Vertragsstellen durch ältere Ärzte.
Ich habe in meinem Bereich dasselbe Problem und bin dem nachgegangen, sehe aber, daß wir hier
vom Land aus keine Möglichkeit der Einflußnahme haben, daß das ganz im Bereich der
Gebietskrankenkasse und der Ärztekammer liegt. Ich habe dort Gespräche geführt und muß sagen,
daß ich dann schon Verständnis bekommen habe für das Problem. Es ist nämlich so: Der Arztberuf
gehört zu den freien Berufen und diese Ärzte, die tatsächlich so lange bleiben, haben das Problem der
Pension. Ansonsten gehen ja die Ärzte schon schneller; wenn einer nebenbei noch eine Anstellung
hat, sei es im öffentlichen Bereich oder durch privaten Vertrag, dann geht er ohnehin schneller. Wie
ich mich überzeugen konnte, hätten aber manche dieser Ärzte, wenn sie mit 70 in Pension gingen,
eine Pension von etwa 5.500 bis 8.500 Schilling. (Abg. Tribaumer: Als Vorsorge!) Darin liegt ein
großes Problem, das, soviel mir bekannt ist, in den nächsten Tagen auch im Parlament noch einmal
behandelt wird, indem die freien Berufe ins ASVG aufgenommen werden. Wenn das beschlossen
wird, würden sie behandelt werden wie die Privatangestellten, sodaß sie die Höchstbeitragsgrundlage
erreichen können. Es würde sich dann herausstellen, daß sehr viele viel früher in Pension gehen
würden, nur löst sich das Problem nicht innerhalb von einigen Jahren. Ich möchte das dazusagen, weil
es ansonsten dazu kommen könnte, daß wir diesen Ärzten Unrecht tun, die tatsächlich als Angehörige
eines freien Berufes solange bleiben müssen (Abg. Stangl: Das ist zu allgemein, Herr Kollege!) Das
Problem scheint mir aber momentan no& nicht so zu sein, daß die jungen Ärzte geradezu danach
drängen. Ich gebe aber zu, daß in den kommenden Jahren dieses Problem virulent wird.
Nun aber zu meinem Thema. Daß es im Bereich der Vorsorgemedizin einen viel größeren Wunsch
der Bevölkerung gibt, als tatsächlich aus den Statistiken über die Inanspruchnahme der
Vorsorgemedizin hervorgeht, ist mir bewußt geworden bei der Diskussion der Österreichischen
Volkspartei über Gesundheit. Da konnte ich feststellen, daß die Bevölkerung mehr als ich persönlich
geahnt hätte, daran Anteil nimmt. Auch im Gespräch um ein Raumordnungsprogramm für Gesundheit
ist dieses Thema aufgetaucht und wenn man sich damit beschäftigt, kommt man darauf, daß es gar
nicht so ist, daß nur der Bund für diese Probleme zuständig wäre, sondern daß hier die verschiedenen
Organisationen, unter anderem auch das Land, im Vorsorgebereich wirksam werden sollen.
Mit einem Bundesgesetz wurde festgelegt, daß zwei Prozent der Einnahmen der Krankenkassen für
die Gesundenuntersuchung zurückgelegt werden sollen, und der Hauptverband erhielt dafür in
demselben Gesetz die Richtlinienkompetenz zur Durchführung. Heute können wir feststellen, daß
dieses Modell, das damals erstellt wurde, restlos gescheitert ist. Restlos, weil es zurückgezogen wird.
Die Gelder wurden nicht in Anspruch genommen, insbesonders in Niederösterreich ist die
Vorsorgemedizin in dieser Art fast nicht in Anspruch genommen worden. Der Bund wird mit der
kommenden Novelle zum ASVG diese Gelder den Gebietskrankenkassen wieder wegnehmen und sie
interessanterweise für den Pensionsbereich verwenden. Das sind Maßnahmen, die wir mit unseren
budgetmäßigen Vorstellungen gar nicht begreifen. Nur in Vorarlberg wurde tatsächlich das Geld, das
dafür vorgesehen ist, ausgenützt, ja interessanterweise sogar überzogen. Daher haben wir uns einmal
angeschaut, woran bei uns die Vorsorgemedizin gescheitert ist. Einerseits an einer unnützen
Bürokratie, die da rundherum angesetzt wurde, und zweitens am Zentralismus. Ich schildere nur ganz
kurz, wie das momentan ausschaut. Da muß man ansuchen um eine Genehmigung, dann muß man
warten von acht oder 10 Tagen bis zu drei Wochen, bis man eine Erlaubnis dafür bekommt, dann
kann man beim Arzt ansuchen, dann geht man zum Arzt, dann gibt es einen riesigen Papierkrieg.
Dieser riesige Papierkriegkrimskrams wird dann an den Hauptverband geschickt und der gibt ihn dann
eineinhalb Jahre später als großartige Dokumentation heraus. Wenn man einen Arzt fragt, haben Sie
da schon was bekommen, dann sagt er, eigentlich habe ich davon nichts. Der Arzt muß den ganzen
Fragebogen durchexerzieren und bekommt nie etwas davon. Das heißt, für die Interessenten ist es zu
umständlich, da braucht man mindestens zwei Monate, bis man das ganze durchexerziert hat, und für
Ärzte ist es uninteressant, weil sie direkt nichts davon haben. Denn dem Arzt geht es ja nicht nur ums
Geld, ihm geht es ja auch darum, daß er für den Patienten einen wesentlichen Dienst leisten kann. In
Vorarlberg macht das eine Organisation auf Landesebene, die in diesen Bereichen ganz große
organisatorische Hilfen für den einzelnen Arzt und für den Interessierten leistet.
Nun ist es so, daß wir in Niederösterreich, das was in Vorarlberg seit 15 Jahren aufgebaut wurde,
nicht mehr wiederholen können, allein schon von den Ärzten her nicht. Wir haben aber trotzdem von
uns aus Vorschläge gemacht, wie man die Vorsorgemedizin verändern könnte, nämlich durch
Zusammenarbeit aller Organisationen von der Gebietskrankenkasse über alle Krankenkassen, über
die Ärztekammer, über das Land, zum Teil sind die Gemeinden miteingeschaltet. Diese Vorstellungen
haben sich insoweit erübrigt, als vor etwa zehn Tagen im Hauptverband mit den Ärzten eine Einigung
erzielt wurde, daß man dieses Programm, das da erstellt wurde, erstens wesentlich vereinfacht und
zweitens großteils verändert. In Zukunft kann man sich beim niedergelassenen Arzt anmelden, das
wird in Niederösterreich die Regel sein, weil wir nur etwa neun oder zehn
Vorsorgeuntersuchungsstellen haben. Man kann sich beim Arzt anmelden, der Arzt verrechnet mit
seiner Krankenkasse, nicht mehr mit dem Hauptverband; das Programm wird zwar über den
Hauptverband abgewickelt, geht aber wieder an den Arzt zurück zur Auswertung und vor allem
bekommt der Interessent jetzt etwas in die Hand, er bekommt ein Ergebnis in die Hand. Das ist sicher
auch ein Erfolg der Bemühungen einiger Länder. Es war ja nicht nur Niederösterreich daran
interessiert, sondern auch andere Länder hatten Interesse, daß jetzt im Hauptverband diese
Verländerung kommt, sicher auch die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse, die diesen Weg
überhaupt aufgezeigt hat. Andererseits ist es ein Wermutstropfen, daß dieses Programm mindestens
zwei Jahre administriert werden muß, bis es durchgezogen werden kann.
Zu diesem Problem haben wir eine Bitte. Wenn man schon das alte Programm durchexerziert, soll der
Anmeldeweg wegfallen, damit es tatsächlich jetzt schon möglich wäre, daß der Arzt von sich aus das
durchführen kann, wenn der Patient oder der Interessent mit einem Krankenschein oder mit der
Sozialversicherungskarte kommt. Das müßte meines Erachtens innerhalb weniger Monate
durchführbar sein und würde das ganze System wesentlich vereinfachen. Und schließlich kommt dann
noch eine wesentliche Bitte, daß der niedergelassene Arzt stärker als bisher mit eingespannt wird. Ich
sage absichtlich der niedergelassene Arzt, weil der Facharzt ebenfalls Hausarzt ist und nicht nur der
praktische Arzt.
Nun kommt aber eines dazu und ich würde glauben, das sollten wir mehr als bisher bedenken. Es
haben auch andere Organisationen mit der Vorsorgemedizin zu tun, auch das Land und über den
schulärztlichen Dienst die Gemeinden. Ich würde daher vorschlagen, daß es zu einer Gemeinschaft
oder zu einem Arbeitskreis kommt, in welchem sich die betroffenen Organisationen Ärztekammer,
Land, Krankenkassen, Gemeinden, Interessenvertretungen zusammensetzen, um sich abzusprechen.
Das Land ist mit dabei mit dem Impfprogramm oder mit dem Kindergartenprogramm bzw.
Kleinkinderprogramm, wenn ich so sagen kann. Das sind jetzt bereits Hör- und Sehtests, da gibt es
Psychotests und auch sonstige Schäden werden festgestellt. Nun wäre es dringend notwendig, im
Sinne einer Weiterverfolgung dieser Untersuchungen, daß diese Risikokinder erfaßt werden. Dasselbe
gilt für die Schuluntersuchungen. Ich habe mit mehreren Bürgermeistern gesprochen, die sagen, wir
zahlen Unsummen Geld für die Schuluntersuchungen und dann wird ein Zettel beim Klassenlehrer
abgegeben und nächstes Jahr wieder einmal vorgelegt. Von einigen Ausnahmen abgesehen, wo es
tatsächlich ernst genommen wird, ist keine optimale Vorsorge getroffen, daß die Schuluntersuchungen
dieses teure Geld tatsächlich amortisieren. Daher müßte man diese Dinge dokumentieren, ähnlich,
wie es in Vorarlberg gemacht wird. Man könnte die Untersuchungen dadurch sogar verbilligen, weil sie
nicht jährlich durchgeführt werden mußten, sondern nur alle zwei oder drei Jahre. Wenn man also die
generellen Untersuchungen nicht jährlich macht, sondern in Abständen von drei Jahren, dann kann
man durch eine Dokumentation diese Risikokinder, das sind 20 bis 25%, bei denen Schäden
festgestellt wurden, ein Jahr später nachuntersuchen lassen. Man kann diese Dinge also verbessern.
Durch die Zusammenarbeit der betroffenen Stellen und Organisationen könnte auch festgelegt
werden, in welchen Bereichen, in den Krankenkassen, bei Betriebsuntersuchungen oder bei
bäuerlichen Durchuntersuchungen besondere Schwerpunkte zu setzen sind. Und dann könnte man
auch die Finanzierung abstimmen, denn zweifellos ist es so, daß durch die Schuluntersuchungen oder
durch ein Impfprogramm oder Kleinkinderprogramm, wenn das Land jetzt diese Untersuchungen
tatsächlich generell durchführt, eine Belastung auf das Land zukommt, die schwer zu tragen sein wird.
Hier glaube ich aber, daß durch diese Untersuchungen viele Krankheiten so zeitgerecht festgestellt
werden, daß für die Krankenkassen wesentliche Verbilligungen eintreten. Daher wäre nach
gemeinsamen Gespräch unter Umständen tatsächlich eine Flächenuntersuchung möglich, wenn die
Krankenkassen hier einen Beitrag leisten könnten, so wie es in anderen Ländern bereits geschieht.
Durch diese Zusammenarbeit würde das, was im Leitbild 80 vor einigen Jahren festgelegt wurde, daß
vorsorgen besser als heilen ist, tatsächlich Anwendung finden. Vorsorgen ist letztlich für alle auch
billiger. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt der Abg. Pospischil.
Abg. POSPISCHIL: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! In der Gruppe 5,
Gesundheitswesen, stehen auf der Ausgabenseite erstmals 95 Millionen Schilling, die in der Gruppe
9, Finanzwirtschaft, aus den Ertragsanteilen des Bundes durch den dritten Mehrwertsteuersatz unter
dem Titel „Krankenanstaltenzusammenarbeitsfonds“ auch eingenommen werden. Es hat von dieser
Stelle aus im Zusammenhang mit der Spitalsfinanzierung viele Diskussionen gegeben, auch sehr
heftige. Nunmehr können wir aber doch mit gewisser Genugtuung feststellen, daß um dieses Problem,
wenn es auch noch nicht zur Gänze gelöst ist, im Jahre 1978 doch ein sehr großer Fortschritt erzielt
werden konnte. Es ist bekannt, daß das Gesetz zunächst nur für die Jahre 1978 und 1979 Gültigkeit
hat, es kann aber selbstverständlich jedes Jahr wieder einmal verlängert werden. Unbestritten muß
nach wie vor bleiben, daß vor allem die Länder für das Krankenanstaltenwesen zuständig sind und
auch jetzt natürlich noch weiter zuständig bleiben. Um aber die finanziellen Belastungen, die den
Rechtsträgern aus der Führung der Krankenanstalten entstehen, zu mildern, hat der Bund mit den
Ländern eine Vereinbarung mit dem Inhalt geschlossen, die Finanzierung der Krankenanstalten auf
eine neue Basis zu stellen, und dieser Vereinbarung sind auch die Gemeinden beigetreten.
Gleichzeitig mit dieser Vereinbarung sind die Gebietskörperschaften und der Hauptverband der
Sozialversicherungsträger übereingekommen, die Beziehungen der Träger der gesetzlichen
Krankenversicherung zu den Rechtsträgern der gesetzlichen Krankenversicherung zu den
Rechtsträgern der Anstalten neu zu gestalten und einen besonderen Beitrag dieser Träger zur
Finanzierung der Krankenanstalten vorzusehen.
Was bringt also das neu geschaffene Gesetz bzw. was bringt der neu geschaffene
Krankenanstaltenzusammenarbeitsfonds? Wir können das in drei wesentlichen Punkten
zusammenfassen. Erstens, wie schon erwähnt, eine wesentliche Verbesserung der finanziellen
Leistungen der Rechtsträger von Krankenanstalten, zweitens eine Sicherstellung der Versorgung der
österreichischen Bevölkerung mit Krankenhausleistungen, die dem medizinischen Fortschritt
Rechnung tragen und drittens eine verstärkte Beachtung der Kostenwirtschaftlichkeit, der
Leistungserbringung in den Anstalten selbst. Insbesondere soll ein möglichst reibungsloser Übergang
vom bisher praktizierten System der Abgangsdeckung zu einem leistungsorientierten
Kostenzuschußsystem gefunden werden, in dem die Anwendung moderner betriebswirtschaftlicher
Methoden im wirtschaftlichen Bereich der Krankenanstalten ihren Niederschlag findet.
Der Mittelzufluß des Fonds setzt sich heute zusammen aus den Leistungen der
Gebietskörperschaften, aus den Leistungen des Hauptverbandes der Österreichischen
Sozialversicherungsträger und den Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung und auch aus
sonstigen Leistungen. Auf der Grundlage des im Bundesvoranschlag 1979 präliminierten
Gesamtaufkommens an Umsatzsteuer in der Höhe von 79 Milliarden Schilling leisten die
Gebietskörperschaften, also der Bund, die Länder und Gemeinden, im Jahre 1979 an den Fonds
2.024 Millionen Schilling oder 69%, die sich auf den Bund, auf die Länder und die Gemeinden so
aufteilen: Der Bund leistet 1.122 Millionen Schilling oder 39%, die Länder 537 Millionen Schilling, das
sind 18%, und die Gemeinden 363 Millionen Schilling, das sind 1276, zusammen also 2.024 Millionen
Schilling oder 69%. Die Leistungen des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, also die Mittel
aus der sozialen Krankenversicherung, betragen im Jahre 1979 voraussichtlich etwa 900 Millionen
Schilling, das sind die restlichen 31% der Fondsmittel. Der Gesamtfonds wird also für 1979
voraussichtlich 2.924 Millionen Schilling betragen.
Das Bundesministerium für Finanzen hat der Niederösterreichischen Landesregierung auf Grund der
vom Landtag beschlossenen Resolution vom 8. Juni 1978 im Zusammenhang mit dem Entwurf des
Gesetzes, mit dem das Krankenanstaltengesetz geändert wird, mitgeteilt, daß auf Grund der
Berechnungen des Ministeriums dem Fonds für das Jahr 1979 voraussichtlich sogar rund 3.100
Millionen Schilling zur Vergabe an die Rechtsträger zur Verfügung stehen werden. Das würde im
Vergleich zum Jahre 1978 eine Steigerung um rund 400 Millionen Schilling bedeuten. Eine sicherlich
im Vergleich zu früheren Jahren großartige Entwicklung. Man muß sich nämlich, meine Damen und
Herren, in Erinnerung rufen, wie das früher ausgesehen hat. Bis zum Jahre 1972 leistete der Bund nur
Zweckzuschüsse und ab dem Jahre 1973 zusätzlich Beträge für die Investitionsförderung. Und
nunmehr wurde dieser neue Fonds geschaffen. Die Leistungen des Bundes auf diesem Sektor sind
also in den Jahren 1960 bis 1969 um 99,2 Milliarden Schilling oder 163,2% gestiegen und in den
Jahren 1970 bis 1979 um 927,9 Millionen Schilling, das sind 475,8%. Also eine dementsprechende
Steigerung. Für das Jahr 1979 bedeutet dies jedenfalls, daß den Krankenanstalten, wie ich das schon
erwähnt habe, auf Grund einer Mitteilung des Bundesministeriums etwa 3,1 Milliarden Schilling zur
Verfügung stehen.
Meine Damen und Herren, diese Angelegenheit ist natürlich für das Land noch immer nicht
abgeschlossen. Auf Grund der Vereinbarungen, die nunmehr geschlossen wurden, wurde auch die
Krankenanstaltengesetznovelle erlassen, die als grundsatzgesetzliche Regelung nun vom Landtag
durch eine weitere Novellierung des Niederösterreichischen Krankenanstaltengesetzes ausgeführt
werden muß. Wir wissen von Frau Landesrat Körner, daß sie das Ausführungsgesetz zur Novelle
1978 vorerst ohne Aufnahme einer Bestimmung über die Neuaufteilung der Beitragsleistung des
Landes, des NÖKAS und des Spitalerhalters zur Begutachtung ausgesandt hat. Diese Vorgangsweise
wurde von ihr deswegen gewahlt, um den beiden Gemeindevertreterverbänden in erster Linie
Gelegenheit zu geben, in der Zwischenzeit Vorschläge bezüglich des neuen Aufteilungsschlüssels
einzuholen und damit die Möglichkeit zu haben, ehestens das Ausführungsgesetz in den Landtag
bringen zu können. Es soll also erreicht werden, daß die vom
Krankenanstaltenzusammenarbeitsfonds erbrachten Mehrleistungen den niederösterreichischen
Gemeinden zugute kommen und nicht zu Einsparungen des Landes führen. Das wurde auch von
dieser Stelle und im Finanzausschuß schon des öfteren betont. Das Land sollte sich also nichts
ersparen. Nunmehr ist das Begutachtungsverfahren abgeschlossen und auch die
Gemeindevertreterverbände haben ihre Stellungnahmen abgegeben. Sie wurden jetzt in einer neuen
Vorlage der Regierung vorgelegt und diese hat sich in der Sitzung am 5. Dezember, also am
vergangenen Samstag, damit beschäftigt. Der ÖVP-Gemeindevertreterverband schlägt das Einfügen
des 5 72 a vor, in dem es heißt, Beiträge zur Deckung des Betriebsabganges sind jeweils im
laufenden Rechnungsjahr vierteljährlich mit 80 % des veranschlagten Betriebsabganges zu
bevorschussen, im darauffolgenden Rechnungsjahr sind die geleisteten Zahlungen gegenüber den
nach den genehmigten Rechnungsabschlüssen zu leistenden Beiträgen durch Nachzahlungen oder
Gutschriften auszugleichen. Das heißt also, der ÖVP-Gemeindevertreterband meint, daß die Mittel,
die aus dem Fonds kommen, tatsächlich in Form von Vorschüssen für die Abgangsdeckung
aufzubringen wären, und zwar vierteljährlich in der Größenordnung von 80%. Der SPÖ-Vorschlag
lautet, daß es beim diesjährigen Nettosystem bleiben sollte, das heißt, daß die Berechnungsgrundlage
für die Leistungen des Landes, des NÖKAS und des Spitalerhalters der um die Bundeszuschüsse,
also die Mittel aus dem neuen Fonds, verminderte Betriebsabgang ist. Das Land würde also durch die
Mehrleistungen des Fonds eine Einsparung erzielen. Die Beitragsleistung des Landes zum
Betriebsabgang sollte daher von 40% auf 53% angehoben werden.
Wie sieht das nun in der Praxis aus? Auf Grund der Unterlagen der Verbindungsstelle betragen die
Fondsleistungen im Jahr 1979 für die Betriebsabgänge 1977 für Niederösterreich rund 260 Millionen
Schilling. Für die Ermittlung der Zuschüsse - das muß man nämlich auch wissen - ohne
Investitionszuschüsse sind die Daten des zweitvorangegangenen Jahres zugrunde zu legen, sodaß
ein nahtloser Übergang vom Finanzierungssystem der §§ 57 und 59 des Krankenanstaltengesetzes
zur Finanzierung durch den Fonds gewährleistet ist. Bei einer Berechnung des neuen Prozentsatzes
des Landes Niederösterreich auf Grund des Rechnungsabschlusses 1977 unter der Voraussetzung,
daß das Land die gleichen Leistungen erbringt wie vorher beim Nettosystem bleibt und 40% leistet,
und der Fonds einen Anteil von 260 Millionen Schilling, wie das die Verbindungsstelle mitgeteilt hat,
erbringt, das wären neu berechnet und in Prozenten ausgedrückt etwa 37,14%. Bisher waren es
18,75% - ergäbe sich folgende Rechnung: Der tatsächliche Betriebsabgang der
Niederösterreichischen Krankenanstalten für 1977 beträgt ohne die Sonderheilanstalten - die
Sonderheilanstalten muß man herausnehmen, weil dort vorerst eine Trennung des Betriebsabganges
in Akut- und in Pflegeabteilungen nicht möglich ist - rund 700 Millionen Schilling. Das steht jetzt bereits
fest. Wenn ich jetzt diese 700 Millionen Schilling der Neuberechnung zugrunde lege und den
Bundesfonds - wir wissen durch die Verbindungsstelle, ich habe es schon gesagt, daß dieser 260
Millionen Schilling beträgt - in Abzug bringe, bleiben nur mehr 440 Millionen Schilling als Rest über.
Wenn ich das vergleiche mit der früheren Regelung, sind 568 Millionen Schilling übergeblieben. Das
waren 81,25% und jetzt sind es nur mehr 62,86%. Wenn ich annehme, daß sich das Land nichts
ersparen will und weiterhin 227 Millionen Schilling, das sind die 40% nach der alten Abgangsdeckung,
leisten will, also in die neue Abgangsdeckung wiederum 227 Millionen Schilling einbringt, ergibt sich
nur mehr ein Rest von 212 Millionen Schilling gegenüber 341 Millionen Schilling früher. Der Anteil des
Landes aber, in Prozenten ausgedrückt, beträgt nach dem Nettosystem nicht mehr 40%, sondern
51,70%. Der Überschuß, der dabei auf Grund des erhöhten Zuschusses des Bundes erzielt wird,
beträgt jetzt 128 Millionen Schilling, und sollte nach unserem Dafürhalten nunmehr aufgeteilt werden
auf den NÖKAS und die spitalerhaltenden Gemeinden. Das bedeutet, daß der NÖKAS um 77
Millionen Schilling weniger in den Fonds einzubringen hätte und daß die spitalerhaltenden Gemeinden
um etwa 51 Millionen Schilling weniger in den Fonds einzubringen haben. So sehen wir die
Neuaufteilung der Beitragsleistungen und daher wird unser Antrag zur Novelle lauten, daß die
Beitragsleistung des Landes zum Betriebsabgang auf 53% angehoben wird. Eine durchaus
realistische Forderung, weil ja zusätzlich nichts verlangt wird und das Land sich aus diesem Titel, wie
wir immer wieder hören und wie auch vom Herrn Landesfinanzreferenten immer wieder bestätigt wird,
sich nichts ersparen will.
Aber nun kommt die Kehrseite der Medaille. Auf Grund des Ergebnisses der Regierungssitzung vom
Dienstag wissen wir, daß der Herr Landesfinanzreferent nicht daran denkt, diese Regelung so
durchzuführen. Er sagt zwar, ich will mir nichts ersparen, aber er will das nicht zur Abgangsdeckung
verwenden, sondern für Investitionsförderung ausgeben. Also, meine Damen und Herren, dann frage
ich mich jetzt, warum solange über die Spitalsfinanzierung diskutiert wurde und wir uns alle darüber
aufgeregt haben, daß hier große Verluste der Gemeinden nachweisbar sind, daß es im Unerträglichen
liegt, daß es zu einer neuen Regelung zu kommen hat. Hier in diesem Hohen Hause wurde von der
Mehrheitspartei sogar einmal der Beschluß gefaßt, die Ansätze von 60% auf 80% festzulegen, damit
die Gebietskrankenkassen mehr leisten und dadurch der Abgangsdeckung Genüge getan ist. Jetzt
haben wir die Möglichkeit, es kommt vom Bund aus dem Krankenanstaltenzusammenarbeitsfonds
mehr Geld herein und es bleiben echt 128 Millionen Schilling über, die der Herr Finanzreferent nicht
hergeben will. Er will sie nicht aufteilen, sondern nur einigen Gemeinden geben, die ein Krankenhaus
bauen. Diesem Antrag können wir sicherlich nicht zustimmen und diesen Überlegungen können wir
nicht beitreten. Ich muß sagen, daß wir diese Vorgangsweise nicht verstehen und wir werden uns im
Ausschuß sicherlich darüber noch zu unterhalten haben.
Meine Damen und Herren, nun zu einem anderen Kapitel, das meiner Fraktion sehr am Herzen liegt
und wie ich meine, auch von allgemeinem Interesse sein müßte. Es handelt sich um das Institut für
Allgemeinmedizin in Brunn an der Wild. In diesem Institut werden junge Ärzte in einem Kurs auf die
Tätigkeit eines Landpraktikers vorbereitet. Das Institut wurde in den Jahren 1974 bis 1976 mit einem
Kostenaufwand von 5,100.000 Schilling neu gebaut und aus Bundes- und Landesmitteln, aus
Bedarfszuweisungen, aus den Mitteln der Wohnbauförderung, aus einem sehr ansehnlichen Beitrag
der zuständigen Gemeinde und einem Zuschuß der Ärztekammer finanziert. (Abg. Gindl: Auch die
Sozialversicherungsträger! Die Sozialversicherungsträger der Bauern zahlen im Jahr 160.000 Schilling
dazu!) Zur Errichtung des Institutes oder zur Erhaltung? Das ist etwas anderes, ich habe jetzt von der
Errichtung des Institutes gesprochen und sagte, 5,1 Millionen Schilling wurden so finanziert. Ich gebe
ferner zu, daß es bei der Erhaltung so ist. Aber Herr Kollege, ich komme darauf noch zu sprechen, da
stimmt dann irgendetwas nicht, denn zur Erhaltung des Institutes hat bisher - darüber gibt es einen
authentischen Bericht - nur das Land Niederösterreich jährlich 100.000 Schilling geleistet und alle
anderen, die zugesagt haben, auch die Bauernkrankenkasse, sind den Beitrag bis heute schuldig
geblieben. Auch die Gebietskrankenkasse, das müßte ich auch gleich dazusagen.
Die praktischen Ärzte sollen nach Beendigung ihre Schulausbildung die Tätigkeit eines Landpraktikers
und eines Gemeindearztes miterleben können. Der Leiter dieser Einrichtung, ein Wissenschaftler und
Dozent an der Wiener Universität, übt dort gleichzeitig seine Arztpraxis aus und ist auch
Gemeindearzt in Brunn an der Wild. Er bemüht sich sehr, seine praktischen Erfahrungen den
angehenden Jungärzten zu vermitteln. Daß so ein Abschlußkurs nach Beendigung des Studiums und
der Ausbildung im Krankenhaus als Anstaltsarzt höchst notwendig und erforderlich ist, bleibt
unbestritten. Ich selber kann das aus eigenen Erfahrungen sagen. Wenn so ein Jungarzt einen
Vertrag bekommt und er sitzt bei der Bezirkskrankenkasse dem Bezirksstellenleiter gegenüber, muß
man ihm erst einmal erklären, um was es geht. Von der Administration angefangen gibt es so viele
Möglichkeiten, die er, wenn er vom Krankenhaus kommt, ganz einfach nicht wissen kann. (Ruf von
Abg. Wittig.)
Natürlich, ja sicher, daran ist kein Zweifel. (Abg. Tribaumer: Er muß ja zur Gebietskrankenkasse
gehen, sonst kann er keine Praxis kriegen!) Also bitte, ich möchte dieses Problem sehr sachlich, ohne
Emotion und ohne jeden Hintergrund hier behandeln und nur mithelfen, daß einer guten Sache
gedient wird. Dieser Zwischenruf war also ganz unnötig, das hätten Sie sich ruhig ersparen können.
Ich habe niemanden qualifiziert, ich sage ja nur, was wir aus der Erfahrung wissen. Wenn Sie
gescheiter sind, dann kann ich nichts dagegen tun. Sie wissen das sicherlich besser. In einer Studie
des Institutes für Allgemeinmedizin in Klagenfurt wird ausdrücklich auf das Erfordernis und die
Möglichkeit hingewiesen, die Ausbildung der praktischen Ärzte wieder bei praktischen Ärzten zu
besorgen. Das medizinische Studium ist nicht mehr als eine Basisausbildung, das wird ja überall
bestätigt, die durch die weitere Ausbildung im Krankenhaus dann letzten Endes ergänzt wird. Deshalb
ist der Weg, der hier beschritten wird, richtig, die praktische Ausbildung für die nächste und wichtigste
Aufgabe im Rahmen der Tätigkeit eines frei praktizierenden Arztes abzuschließen. Leider, das ist jetzt
der Pferdefuß bei dieser ganzen Sache, ist die Frequenz dieses Institutes enttäuschend niedrig,
obwohl das Institut ähnlichen Einrichtungen im Bundesgebiet insoferne überlegen ist, als in diesem
nicht nur die jungen Ärzte, sondern auch deren Frauen auf Kursdauer wohnen und somit die Tätigkeit
eines Landpraktikers und Gemeindearztes miterleben können. Aus der Erfahrung wissen wir auch,
daß es nicht selten vorkommt, daß Arztfrauen als Sprechstundenhilfen mitarbeiten und alles
Administrative erledigen. Diese Arbeiten sind ja für den Arzt sicherlich sehr umfangreich. Dort kann sie
jetzt schon mitarbeiten und lernt, wie und wo sie ihrem Mann in der Praxis helfen kann. Die Kursdauer
beträgt derzeit vier Wochen und hat der Jungarzt hierfür seinen Gebührenurlaub zu absolvieren. Dies
scheint mit ein Grund zu sein, daß viele Jungärzte auf diesen Kurs ganz einfach verzichten, obwohl
das Kursprogramm äußerst günstig und sehr gut ist, wie dies von allen Ärzten, die diesen Kurs schon
besucht haben, übereinstimmend bestätigt wird. Manche halten sogar mit dem Institut nach dem Kurs
immer noch Kontakt und holen sich praktische Erfahrungen.
Es laufen derzeit verschiedene Maßnahmen und soll die Kursdauer, weil eine schlechte Frequenz
nachweisbar ist, von vier Wochen auf zwei Wochen herabgesetzt werden. Außerdem plant man auch
Wochenendseminare zur praktischen Vorbereitung. Die Arbeitsgemeinschaft zur Führung des
Institutes und die Herren der Ärztekammer sind an die Gemeindevertreterverbände mit der Bitte um
Unterstützung herangetreten, weil der Institutsleitung damit geholfen wäre, daß eben den Jungärzten,
die sich in Niederösterreich als praktische Ärzte niederlassen wollen, nicht nur von der Ärztekammer
und von den Krankenkassen empfohlen wird, vorher einen Kurs in Brunn an der Wild zu besuchen,
sondern daß bei künftigen Gemeindeärzten auch die niederösterreichischen
Gemeindevertreterverbände tätig werden sollten.
Und nun liegt ein Bericht vom 20. November vor, dem eine Vorstandssitzung der Arbeitsgemeinschaft
zur Führung des Institutes für Allgemeinmedizin vorausgegangen ist. Da wird also festgestellt, daß im
Jahre 1978 nur zwei Ärzte diese Fortbildungseinrichtung besucht haben, womit auch ein absoluter
Tiefpunkt seit Bestehen des Institutes erreicht ist. Seit Inbetriebnahme des Institutes im Jahre 1975
wurden insgesamt erst 13 Ärzte geschult, steht da. Als Ursache für diese geringe Frequenz wird ein
schlechtes Imgage bei der Ärzteschaft vermutet, sodaß die in diesem Institut verbrachte Zeit vielfach
als verloren angesehen wird. Zur Realisierung dieser neuen Ausbildungsstätte werden auch einige
Vorschläge gemacht und da steht jetzt unter Punkt zwei: „Von den Mitgliedern des Institutes wurde der
Mitgliedsbeitrag für das Jahr 1978 bisher nur vom Land Niederösterreich in der Höhe von 100.000
Schilling geleistet. Sowohl vom Bund wie auch von den Krankenversicherungsträgern Gebietskrankenkassen, Krankenversicherungsanstalt der Bauern - sind die Beiträge noch immer
ausständig.“ Da müßten wir jetzt etwas tun, damit auch von dorther die finanzielle Unterstützung
möglich wird. Man schlägt auch vor, daß künftighin von den Teilnehmern und deren Gattinnen keine
Kursgebühr mehr eingehoben werden soll, damit bis auf weiteres ein Nulltarif für die
Inanspruchnahme des Institutes Platz greift. Es wird auch vorgeschlagen, eine verstärkte
Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben und es sind Einladungen sowohl an den ÖVPGemeindevertreterverband als auch an den SPÖ-Gemeindevertreterverband ergangen. Der SPÖGemeindevertreterverband war am 11. Juli unter der Führung des Herr Präsidenten Binder in Brunn
an der Wild; wir haben das besichtigt und haben uns sicherlich von der Wichtigkeit und von der
interessanten Einrichtung überzeugen können. Der sozialistische Gemeindevertreterverband hat sich
also auch schon Gedanken gemacht und glaubt, daß es zielführend wäre - bitte, darüber muß man
reden -, die vierzehntägige Kursdauer wenn möglich in die Ausbildungszeit im Krankenhaus
miteinzubinden. Das müßte in den Ausbildungskalender so eingebaut werden, daß sich die
Ausbildungszeit deswegen nicht verlängert und auch den Rechtsträgern keine zusätzlichen
finanziellen Belastungen entstehen. Wenn es nämlich darum geht, zu bezahlen, dann stellen ja schon
wieder alle die Haare auf und sagen, warum denn gerade ich. Es gibt jetzt schon Krankenanstalten
und Rechtsträger, die den Jungärzten die Möglichkeit gegeben haben, auf ihre Kosten diesen Kurs zu
besuchen. Aber das steht halt ganz klein geschrieben. Es ist nicht erfreulich, daß beispielsweise
Krankenanstalten selber diesen Jungärzten nicht die Möglichkeit geben, diesen Kurs während ihrer
Ausbildungszeit zu besuchen. Es heißt dort, das ist untersagt, das gibt es nicht. Vielleicht könnten wir
da schon ansetzen und könnten hier eine Empfehlung geben, daß gerade das Land selber mit gutem
Beispiel vorangeht, wie es das ja schon tut mit den 100.000 Schilling jährliche Unterstützung, und
auch die Möglichkeit gibt, während der Ausbildungszeit diesen Kurs zu besuchen. Und vielleicht
könnten sich die Verbände noch einmal finden und hier einen geeigneten Vorschlag ausarbeiten. Ich
erlaube mir daher, meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhange eine Resolutionsantrag
einzubringen, der so lautet:
Resolutionsantrag
des Abg. Pospischil zur Gruppe 5 des Voranschlages des Landes Niederösterreich für das Jahr 1979:
„Um den Jungärzten, die vor Aufnahme ihrer Tätigkeit eines Landpraktikers stehen, während ihrer
Ausbildungszeit im Krankenhaus den Besuch eines auf ihre zukünftige Tätigkeit ausgerichteten
Kurses im Institut für Allgemeinmedizin in Brunn an der Wild zu ermöglichen, wird die
Landesregierung aufgefordert zu prüfen,
a) welche legistischen Maßnahmen, insbesondere im NÖ Spitalsärztegesetz und,
b) welche Förderungsmaßnahmen notwendig sind.
Weiters wird die Landesregierung aufgefordert, bei der Bundesregierung, insbesondere beim
Bundesministerium für Gesundheit und Umweltschutz vorstellig zu werden und dahin zu wirken, daß
auch seitens des Bundes gleichartige Maßnahmen ergriffen werden.“
Meine Damen und Herren, und dort beginnt - unter Umständen, möchte ich unter Anführungszeichen
sagen - eine Änderung der Ausbildungsvorschriften der Ärzte. Es sollten aber die zusätzlichen
Initiativen, die hier auch vom Land aus ergriffen werden, die Jungärzte ermutigen, ehe sie eine
Arztpraxis eröffnen ganz einfach so einen Kurs zu absolvieren. Das würde sich für sie bestimmt
lohnen und es würde dies auch gleichzeitig eine Maßnahme zur Förderung des praktischen Arztes
und damit des Landarztes sein, den wir ja immer noch - das hat ja die Frau Abg. Tribaumer heute in
ihrer Rede unterstrichen - sehr notwendig brauchen. Ich bitte also um Zustimmung zu unserem
Antrag. (Beifall bei der SPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt der Abg. Reischer.
Abg. REISCHER: Herr Präsident! Hohes Haus! Der Naturschutz, der Umweltschutz und damit
verbunden auch der Begriff Lebensqualität haben vor ungefähr einem Jahrzehnt in der Öffentlichkeit
durchaus noch keine besondere Beachtung gefunden. Die Verbauung landwirtschaftlicher
Kulturflächen, die Zersiedlung ländlicher Gebiete, die Errichtung von Industrieanlagen in allen
Landesteilen, neue Produktionssparten, neue Herstellungsmethoden, damit verbunden aber auch
immer größere Abfallprobleme, wenn wir nur an die moderne Verpackungswirtschaft denken, und eine
doch sehr beachtliche Ausweitung bestehender Industrien haben hier Verhältnisse geschaffen, die zur
Anpassung bestehender Gesetze und zur Schaffung neuer Gesetze hier Anlaß gegeben haben. Es
mußten aber auch entsprechende Maßnahmen gesetzt werden, um dieser negativen Entwicklung in
bezug auf die Abfallsituation entgegenzuwirken. Das Leitbild 80 der Österreichischen Volkspartei hat
hier unter Punkt 7 „Vorrang für Umweltschutz“ richtungsweisend gewirkt. Es wurde im Laufe der Jahre
hier ein Umweltschutzgesetz neu geschaffen, das Naturschutzgesetz wurde novelliert bzw. neu
verlautbart und eine Umweltschutzanstalt geschaffen, die mit Vollziehungsaufgaben betraut ist.
Die Müllbeseitigung war damals vorrangiges Problem und man kann heute schon ohne Übertreibung
sagen, daß die Beseitigung des Mülls und die damit verbundene Aufbereitung und Abfallwirtschaft
gute Fortschritte gemacht hat. Wir haben heute über das ganze Land verteilt neun Mülldeponien, die
ordentlich arbeiten und wo die Lagerung so vor sich geht, daß ein optimaler Schutz vor
Verunreinigung der Umwelt, aber auch vor Verunreinigung des wertvollen Grundwassers gegeben ist.
Es arbeitet heute bereits die Aufbereitungsanlage in Traiskirchen, dort wird ein Umbau getätigt, und es
arbeitet im Probebetrieb die Aufbereitungsanlage Pöchlarn.
Immer wieder liest man auch in den Zeitungen, wie stark unsere Flüsse, Bäche und Badeseen
verschmutzt sind. Die Erhebung der Wassergüte der niederösterreichischen Gewässer durch die
Niederösterreichische Umweltschutzanstalt ergibt sehr exakte Unterlagen über den Reinheitsgrad
dieser Gewässer und der Zustand dieser Gewässer ist in den Gewässergütekarten niedergelegt, die
das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft herausgibt. Im Jahre 1977 ist die große
Österreichkarte und dann eine kleine Niederösterreichkarte erschienen. Eine große
Niederösterreichkarte ist derzeit in Druck.
Ich möchte hier ein Beispiel anführen, und zwar die Arbeiten über die Gewässergüte des Triestingund Schwechatflusses, zweier Flüsse, die an Industriezonen liegen, die Industriezonen durchfließen
und die durch die Abwässer von Industrien besonders gefährdet erscheinen. Man sieht aus diesen
Arbeiten, daß die Oberläufe beider Flüsse noch weitgehend sauber sind und die Wassergüte I bis II
aufweisen, daß aber im Unterlauf dieser Flüsse, besonders im Unterlauf der Schwechat, bereits
schwere Verschmutzungsgrade feststellbar sind. Hier weist die Wassergüte die Stufe II, III und IV auf.
Nun hat mein Kollege Wedl - ich habe mir das Stenographische Protokoll vom vergangenen Jahr
angeschaut - hier über die Verschmutzung der Gewässer gesprochen und angeführt, daß
Kunstdünger dabei ebenfalls eine große Rolle spielen würde. Schon das Wort Kunstdünger ist, na ja,
eine falsche Bezeichnung für diese Düngemittel, (Abg. Wedl: Handelsdünger?) denn es weiß jeder
Landwirtschaftsschüler, daß Phosphordünger aus Rohphosphaten erzeugt werden, daß Kali aus
Abraumsalzen in den Salzbergwerken in West- und Ostdeutschland erzeugt wird, daß Kalk aus
gebranntem und gemahlenem Kalk hergestellt wird und daß auch der Salpeter in natürlicher Form
vorkommen kann, aus Chile wurde er lange Zeit importiert. Heute wird Salpeter und Ammoniak in
einem sehr komplizierten Verfahren aus dem Luftstickstoff hergestellt und dient der Düngung. Die
Bezeichnung Kunstdünger trifft also durchaus nicht zu und man sollte auch der Ehrlichkeit halber vom
Handelsdünger sprechen, der heute in konzentrierter Form sicherlich in der Landwirtschaft
Anwendung findet, der aber notwendig ist, damit auf unseren verarmten Kulturböden überhaupt noch
entsprechende Ernten erzielt werden können. Die Zeitungen berichten sehr oft über den hohen
Phosphoranteil der Gewässer, man liest das immer wieder von Zeit zu Zeit. Nun weiß man aber auch,
daß gerade der Phosphor, der durch Düngemittel in den Boden gebracht wird, im Boden sehr
unbeweglich ist und besonders auf schwereren Böden nicht ausgewachsen werden kann. Wenn ich
solche Zeitungsmeldungen lese, habe ich immer das ungute Gefühl, daß hier die Landwirtschaft
wieder einmal zum Prügelknaben für eine Entwicklung herhalten muß, für die sie nichts kann. Man
sollte wirklich einmal Untersuchungen anstellen, wieviel Waschmittel täglich in den hunderttausenden
Haushalten Verwendung finden. Waschmittel, die einen sehr hohen Phosphorgehalt aufweisen, der
mit dem Spülwasser abgeleitet wird. Ich glaube, gerade diese phosphorhaltigen Abwässer belasten
unsere Flüsse und unsere Gewässer sehr stark. Die Öffentlichkeit hätte hier das Recht zu erfahren,
wer wirklich der Verursacher ist, wer wirklich verschmutzt. Wenn das gemacht würde, müßte auch
eine mächtige und weltweite Industrie nach einer anderen Lösung suchen und diese finden. Ich darf in
dem Zusammenhang darauf hinweisen, daß man in Amerika - vor kurzem ging diese Meldung durch
die Presse - ab einem gewissen Zeitpunkt, was die Luftverschmutzung anbelangt, Spray nicht mehr
verwenden dürfen wird, weil dadurch die Ozondecke der Erde ernstlich gefährdet ist. Das wird
gesetzlich geregelt werden.
Nach diesen kurzen Ausführungen möchte ich mich einem anderen Problem zuwenden, und zwar
dem Energieproblem. Der 5. November hat ja nicht nur für die Sozialistische Partei und für den
Parteivorsitzenden Dr. Kreisky Klarheit gebracht, welchen Stellenwert seine achtjährige
sozialdemokratische Politik bei der Bevölkerung einnimmt, sondern hat auch gezeigt, daß die
Verwendung der Atomenergie von den Österreichern abgelehnt wird. Wir wissen alle, daß Öl und
Erdgas nicht im unbegrenzten Ausmaß vorhanden sind, daß Österreich gerade bei diesen
Energieträgern weitgehend vom Ausland abhängig ist und daß die Preise für diese Energieträger in
den nächsten Jahren durchaus nicht fallen, sondern auch in Zukunft eine steigende Tendenz
aufweisen werden. Man sollte sich also - das tut man teilweise auch - im verstärkten Ausmaße der
Gewinnung von Energie durch Solaranlagen, durch Wärmepumpen und vor allen Dingen auch durch
Rohstoffe zuwenden, die in Österreich eigentlich in einem sehr reichlichen Ausmaß vorhanden sind.
Ich meine die Energiegewinnung durch Stroh und durch Holz. Österreich verfügt über eine
Getreideanbaufläche von ca. 800.000 Hektar und wenn man den durchschnittlichen Ertrag von vier
Tonnen pro Hektar annimmt, das kann man ruhig annehmen, dann kann man einen jährlichen
Strohanfall von 3,2 Millionen Tonnen errechnen. Wenn hiefür nur 20% für die Energiegewinnung
Verwendung fänden, dann wären das 0,6 Millionen Tonnen Stroh, mit welchen man 200.000 Tonnen
Heizöl einsparen könnte. Das würde eine Wertschöpfung von 580 Millionen Schilling bringen, denn
der Heizwert für Stroh liegt bei 3.500 Kalorien pro Kilogramm, es entspricht also einer Menge von 3
Kilogramm Stroh einem Kilogramm Heizöl. Und wenn Sie jetzt einen Ertrag von 4 Tonnen pro Hektar
annehmen, so ergibt das eine Heizölmenge von 1.333 Kilogramm oder 1.550 Liter. Daraus kann man
theoretisch errechnen, daß man damit ein Wohnhaus über einen Winter lang beheizen könnte, daß
man mit dem Stroh von einem Hektar das Getreide von 18 Hektar, den Raps von 14 Hektar oder den
Körnermais von 4 Hektar auf Lagerfähigkeit herabtrocknen könnte. Das sind keine Utopien, es gibt
heute schon Strohöfen, die gut funktionieren, die in Verwenduiig sind und die sicherlich
weiterentwickelt werden müßten. Es erhebt sich hier sicherlich die Frage, ob man also, regional
gesehen, nicht besser fährt, wenn man diese Strohöfen in größerer Ausführung machen würde, damit
man ganze Dörfer beheizen könnte, oder ob man Einzelöfen, Einzelanlagen verwenden sollte. Ich
glaube, hier hat der Verband ländlicher Genossenschaften erst vor kurzem eine einmalige Tat gesetzt.
Er hat eine Million Schilling bereitgestellt und gerade in dieser Frage Untersuchungen anstellen
lassen, um der Energiegewinnung aus Stroh sozusagen die Wege zu ebnen.
Was aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, für das Stroh gilt, das gilt auch für den
heimischen Energieträger Holz. Holz ist in der Land- und Forstwirtschaft in der verarbeitenden
Industrie ein äußerst wertvoller Rohstoff. Wir haben heute mit sehr viel ungenütztem Abfallholz zu tun:
der minderwertige Schlagrücklaß, dann Teile des Restholzes in der Industrie oder auch die Rinde. Es
ist fast unvorstellbar, daß in den Rindendeponien heute tausende Meter Holz verrotten, die Umwelt
gefährden, dadurch gefährden, daß sie verfaulen und in das Grundwasser Faulstoffe absickern,
während wir uns Sorgen darüber machen, wie der Energiebedarf der Wirtschaft in Zukunft gedeckt
werden soll.
Ich möchte hier auch den Heizwert von Holz anführen. Holz hat einen ähnlichen Heizwert wie
Braunkohle, 3.900 Kalorien, bei der Weißkiefer, und, wenn man das Industrieholz nimmt, je nach
Baumart sogar 4.100 bis 5.000 Kalorien. Man könnte also theoretisch sagen, daß die gesamte
Holzaufbringung unsere Wälder eine Menge von 6 bis 7 Millionen Festmeter in Österreich ausmacht,
und die Untersuchungen der Technischen Universität Wien haben hier ergeben, daß mit einer
Jahresmenge von 600.000 Festmetern Spreißelholz ein kalorisches Kraftwerk von 50 Megawatt
betrieben werden könnte. Theoretisch wären das also - ich sage theoretisch - 10 Kraftwerke à 50
Megawatt. Wir werden sicherlich nicht Industrieholz, wir werden sicherlich nicht Schleifholz, das
anderweitig günstiger verwertet werden kann, dazu verwenden, aber es ist doch so, daß eine große
Menge von Abfallholz, von Rinde vorhanden wäre, die man zur Energieerzeugung verwenden könnte.
Man müßte sich über die chemische Aufbereitung des Holzes, die chemische Nutzung des Holzes
auch Gedanken machen. Schauen Sie, wir haben im Zweiten Weltkrieg schon Holzgasgeneratoren
gehabt, die tadellos gearbeitet haben und die damals bei Traktoren verwendet wurden. (Abg. Wedl:
Gehen wir zurück zum Holzgas!) Sie lachen darüber. Ich werde Ihnen dann sagen, daß man
anderswo darüber nicht lacht, Herr Kollege! Im reichen Schweden lacht man über diese Dinge nicht.
Das ist Ihnen vorbehalten, bei der SPÖ, die ja alles lächerlich findet, was hier gebraucht würde.
Man sollte also die Frage der Energiegewinnung aus Holz und Stroh nicht bagatellisieren. Man sollte
sie nicht als utopisch hinstellen, denn Schweden ist ein reiches Land, ein reicheres Land als
Österreich, und dort hat man schon länger als in Österreich Untersuchungen angestellt und bereits
Vorkehrungen für Energiekrisen getroffen. Wenn ich nur anführen darf, daß in Schweden der Anteil
der Waldfläche 57% beträgt und in Österreich 40%, dann kann man doch auf Grund der Gesamtfläche
der Länder sagen, daß die Vergleiche berechtigt sind. In Schweden hat man also die Möglichkeit
geschaffen, diesen Dingen ernstlich nahezutreten.
Ich glaube, auch in Österreich wird man es sich auf die Dauer nicht leisten können, so wertvolle
Nebenprodukte verkommen zu lassen, wenn auf der anderen Seite noch dazukommt, daß damit ein
wesentlicher Beitrag zur Umweltentlastung erbracht werden kann Ich kann Ihnen sagen, in Schweden
arbeitet man seit 1974 sehr intensiv an der Verwendung von Holz, und man sagt, daß es bis zum
Jahre 1980 möglich sein wird, die Energie nicht allein aus Öl und aus Kohle zu gewinnen, sondern es
werden dort Energieforste angelegt. Man wird die Energie aus Sonne und Wind erzeugen. Man wird
forstliche Reststoffe - und darauf habe ich ja hingewiesen -, Stroh und Müll, zu Energie aufbereiten
und natürlich auch auf anderen Ebenen Öl verwenden. Die Kernkraft spielt ebenfalls eine Rolle, und
die Wasserkräfte sollen zum Teil reaktiviert werden. Auch sonstiges, wie Torf, Kohle und Gas, wird
1990 als Energieträger im verstärkten Ausmaß zum Tragen kommen.
Meine sehr Geehrten von der Linken! Wenn Sie auch über diese Dinge lachen und Ihnen das
lächerlich vorkommen mag: Man hat dort heute schon im Falle einer plötzlichen Energiekrise - wir
haben ja eine solche Energiekrise bereits erlebt - vorgesehen, daß die Nutzung auf 20% gedrosselt
wird, daß man also 60% für die Beheizung und die restlichen 20% für die Generatorgaserzeugung
verwenden wird. Heute stehen in Schweden bereits Holzgasgeneratoren bereit, die im Falle einer
Energiekrise die schwedische Industrie von der Energie des Auslandes unabhängig machen. Ich darf
auch sagen, daß sich die Volvo-Werke gemeinsam mit der schwedischen Regierung um eine
Expertise bemüht haben und Forschungsaufträge für die Verwendung von Methanol gegeben haben.
Alles das zusammen zeigt also sehr deutlich auf, daß man in anderen Ländern der Gewinnung von
Energie aus heimischen Rohstoffen im verstärkten Ausmaß Aufmerksamkeit schenkt.
Ich möchte aber hier meine Ausführungen über den Umweltschutz nicht schließen, ohne darauf
hinzuweisen, daß auch die Zinsenzuschußaktion für Umweltschutzanlagen, die anfangs ein bisserl
schwierig angelaufen ist, nun zum Tragen kommt und daß bereits 19 Zinsenzuschußansuchen in
Bearbeitung stehen, unter anderem die Förderung von Entstaubungseinrichtungen,
Verbrennungsanlagen, Klär- und Neutralisationsanlagen und Lärmschutzeinrichtungen. Diese
Ansuchen werden derzeit technisch und wirtschaftlich begutachtet, wobei vor allen Dingen auf die
betriebswirtschaftliche Erfolgsneutralität hingewiesen wird.
Nun vielleicht zum Naturschutz. Das Naturschutzgesetz vom 1. Jänner 1977 bietet heute die
Grundlage für die Tätigkeit der Behörden, und ich möchte sagen, nicht nur in bezug auf die
Überwachung, die Einhaltung des Gesetzes. Dieses Gesetz kann sich nicht darauf beschränken,
sondern ich glaube auch, es muß für eine umfangreiche Beratungs- und Förderungstätigkeit sorgen
und soll sich insbesondere auf letzteres Gebiet erstrecken. Niederösterreich ist, wie kein anderes
Bundesland, eine vielgestaltige Landschaft, verfügt über eine artenreiche Tier- und Pflanzenwelt,
welche zu erhalten nicht nur eine ideelle, sondern auch eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit ist.
Man denke doch daran, daß der Erholungswert unserer Landschaft für den Fremdenverkehr zu den
Grundlagen dieses Wirtschaftsfaktors zählt.
Wenn ich den Bericht der zuständigen Abteilung lese, dann fällt mir auf, daß dem Schutz der
Feuchtgebiete in unserem Lande, also den Auen, besonderes Augenmerk zugewendet wird, daß das
ein sehr dringendes Anliegen ist und daß man besonders bestrebt ist, die Donau-March-Auen, die
einmalige Gebiete sind, zu erhalten. Ich erinnere mich an einen Fernsehfilm, der aufgezeigt hat, wie
sehr die Lobau, die ja bekanntlich während des Zweiten Weltkrieges aufgeschlossen wurde, oder
Teile davon, wie sehr diese „Augebiete“, unter Anführungszeichen, wirtschaftlich genutzt werden und
wieweit die Zerstörung der Lebensgrundlage für viele Tier- und Pflanzenarten bereits fortgeschritten
ist.
Man muß sagen, daß die Gemeinde Wien, dieses Gebiet vielleicht fünf Minuten vor zwölf zum
Naturschutzgebiet erklärt hat und somit einer weiteren Industrialisierung des Raumes Lobau wirkliche
Schranken gesetzt hat. Das soll sich in Niederösterreich nicht im gleichen Ausmaß wiederholen, und
deshalb befaßt man sich auf dem Gebiet des Naturschutzes damit, ob man die Donau-March-Auen
eventuell zu einem Nationalpark gestalten und dies gesetzlich verankern könnte. Ich glaube, das ist
ein Beginnen, das nicht sehr leicht sein wird. Es kommt ja darauf an, was man hier unter einem
Nationalpark versteht.
Wenn man daran denkt, dieses Gebiet durch Straßen, durch Parkplätze oder Jausenstationen
aufzuschließen, dann wird man sicherlich die Unberührtheit der Landschaft zerstören, dann wird von
der artenreichen Tier- und Pflanzenwelt nichts übrig bleiben. Ich glaube nämlich - und das sollte man
gerade in Sachen Naturschutz besonders beachten -, um die Schaulust der Menschen zu befriedigen,
genügen eigentlich Zoos und genügen auch Naturparks, die, das gebe ich zu, in entsprechender
Menge in Niederösterreich ohnehin schon vorhanden sind.
Solche Gebiete aber, wie die Aulandschaften, sollten wirklich dieser einmaligen Tier- und Pflanzenwelt
reserviert bleiben. Sie sollten den Wissenschaftlern erhalten bleiben, damit sie sich hier wirklich über
die Verhaltensweise der Tiere in der Freiheit noch ein Bild machen können, und sie sollten auch den
Menschen erhalten bleiben, die weniger aus Schaulust als aus Verständnis für die Natur diese
Gebiete besuchen. Wenn man hier daran denkt, Kernzonen zu schaffen, na ja Kernzonen für einen
Nationalpark, dann muß man sagen, schön und gut, aber dann dürfte wirklich nicht eintreten, daß
dieses Gebiet erschlossen wird. Auch bei der Erschließung der Randzonen müßte man mit äußerster
Vorsicht vorgehen, wie überhaupt im Zusammenhang mit der Schaffung eines Nationalparks noch
umfangreiche Untersuchungen angestellt werden müßten.
Der Bericht der zuständigen Abteilung enthält eine Fülle von erfolgreicher Arbeit, der vielleicht nicht
überall das notwendige Verständnis entgegengebracht wird. Es gibt hier sicherlich mühevolle
Verhandlungen mit anderen Dienststellen, und man darf sagen, auch hier gibt es bereits sehr gute
Erfolge. Wenn es zum Beispiel in dem Bericht heißt, daß das Trappenvorkommen in Goggendorf
gefährdet war und man deswegen eine 380 KVA-Leitung, Überlandleitung, verlegt hat, na dann ist das
etwas, was man sich vor fünf oder zehn Jahren noch nicht hätte vorstellen können, denn jeder, der in
diesem Gebiet lebt, weiß, daß die Trappen weniger durch die Landwirtschaft oder durch die Jagd
gefährdet sind, sondern gerade durch Hochspannungsleitungen bzw. überhaupt durch Leitungen, weil
sie anscheinend die Drähte nicht wahrnehmen können und beim Anfliegen dieser Drähte schwere
Verletzungen erleiden.
Ich darf noch hinzufügen, daß dem Bereich ein Problemkatalog angeschlossen ist und daß auch die
Zielvorhaben für 1979 hierin festgelegt sind. Ich darf aber auch darauf hinweisen, daß die
Rechtsbereinigung durch Verlautbarung der notwendigen Verordnungen im Interesse eines
wirksamen Naturschutzes baldigst erfolgen sollte. Es sind noch ausständig die Vorbereitung der
Neuverlautbarung bzw. Ergänzung der Naturparke und die Novellierung des Naturschutzgesetzes,
insbesondere der Einbau des Höhlenschutzes, dann die Neufassung der
Landesverwaltungsabgabenverordnung und so weiter. Diese Dinge müßten ebenfalls baldigst
geregelt werden, um sie auch voll wirksam werden zu lassen.
Hohes Haus! Es muß uns bei der Beurteilung des Problemkreises „Umweltschutz und Naturschutz“
vollständig klar sein, daß die Probleme nicht durch Gesetze, Verordnungen und Strafen zu lösen sind,
sondern daß die Dinge nur durch Aufklärung der gesamten Bevölkerung, durch Aufklärung und
Förderung der im ländlichen Raum lebenden Menschen gesteuert werden können. Es liegt aber auch
- das möchte ich noch hinzufügen - im Interesse eines wirksamen Naturschutzes, wenn das Land
Niederösterreich leistungsgebundene Flächenprämien in allen drei Bergbauernzonen zur Auszahlung
bringt, weil die schwere Arbeit der Bergbauern doch eine gewisse Abgeltung findet, weil die Wiesen,
die sonst nicht mehr genutzt würden, eben doch noch der Nutzung zugeführt werden.
Ich möchte in diesem Zusammenhang sowohl Landesrat Bierbaum, der der Initiator war, und Herrn
Landeshauptmannstellvertreter Ludwig, der die notwendigen Mittel bereitstellte, im Namen der Bauern
Dank sagen, denn, meine sehr Verehrten, Umweltschutz ohne die dort lebenden Bauern wäre nicht zu
bewältigen. Ich möchte noch eines hinzufügen:
Naturschutz und Umweltschutz sind kein Selbstzweck, sie dürfen aber auch nicht zum Rummelplatz
für Vereinsmeier oder sonst etwas werden, sondern sie haben der Aufgabe zu dienen, unser Land,
unseren Lebensraum zu erhalten und dem Begriff Lebensqualität für eine echte Basis zu sein. (Beifall
bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt der Abg. Deusch.
Abg. DEUSCH: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Obwohl die im
Voranschlag 1979 vorgesehene Summe für jene Aktionen, die ich in meinen Ausführungen behandle,
nur einen Bruchteil des Gesamtbudgets ausmacht, sollte sie Ihnen allen jedoch sehr wichtig
erscheinen, und zwar in unserem persönlichen Interesse. Was ich damit meine, ist der
Konsumentenschutz, genau gesagt die Lebensmittelkontrolle. Mit Ausnahme der Statutarstädte St.
Pölten und Wiener Neustadt, die eigene Lebensmittelinspektoren haben, wird durch Organe der
Abteilung S/3 des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung im Sinne des neuen
Lebensmittelgesetzes aus dem Jahre 1975 die Überwachung des Verkehrs mit den durch das
Lebensmittelgesetz erfaßten Waren, das sind Lebensmittel, Verzehrprodukte, Zusatzstoffe,
kosmetische Mittel und Gebrauchsgegenstände, durchgeführt.
Nachdem bis zum Jahre 1971 mit vier Lebensmittelinspektoren das Auslangen gefunden werden
mußte, wurde im Jahre 1972 ein weiterer Lebensmittelinspektor in Dienst gestellt, und im Jahre 1974
wurde als Sachbearbeiter ein Diplomingenieur der Abteilung S/3 zugeteilt. Auf Grund der Resolution
des Niederösterreichischen Landtages vom 4. Dezember 1975 wurden im Jahre 1976, nachdem ein
geprüfter Lebensmittelinspektor in den Ruhestand trat und dafür ein geprüfter Lebensmittelinspektor
neu aufgenommen wurde, zusätzlich drei Maturanten ohne Ausbildungskurs aufgenommen, sodaß
sich Ende 1976 folgender Personalstand ergab: fünf geprüfte Lebensmittelinspektoren, drei
ungeprüfte Lebensmittelinspektoren und ein Sachbearbeiter, die gemeinsam fünf Arbeitsbereiche
oder, besser gesagt, fünf Aufsichtsbereiche betreuen. Im Jahre 1977 wurde ein weiterer Maturant
ohne Kurs aufgenommen.
Im Oktober und November 1977 fand ein Ausbildungskurs für Lebensmittelaufsichtorgane statt, an
dem alle ungeprüften Organe der Abteilung S/3 teilnahmen, und alle Teilnehmer, das möchte ich ganz
besonders erwähnen, haben äußerst erfolgreich abgeschlossen. Im Jahre 1978 wurden wieder vier
Maturanten ohne Kurs aufgenommen, sodaß sich mit Jahresende 1978 ein Personalstand von neun
geprüften und vier ungeprüften Lebensmittelinspektoren und einem Sachbearbeiter ergibt. Der
nächste Ausbildungskurs die vier neuen ungeprüften Lebensmittelinspektoren findet in der ersten
Jahreshälfte 1979 statt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie werden sich nun fragen, ja sind denn so viele Organe
überhaupt notwendig? Nun, seitens des Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz
werden dem Lande Niederösterreich gemäß Erlaß vom 27. Februar 1978 jährlich 20.000 Revisionen
und 5.000 Proben vorgeschrieben. Da für die Marktämter St. Pölten und Wiener Neustadt 9.000
Revisionen und 700 Proben vorgesehen sind, bleiben der Abteilung S/3 11.000 Revisionen und 4.300
Proben vorbehalten. Dieses Soll konnte die Abteilung S/3 auch mit 13 Lebensmittelinspektoren nicht
erreichen. Ein wesentlicher Grund hiefür ist, daß jede vom Lebensmittelinspektor entnommene Probe
noch am Tag der Probeentnahme bis spätestens 15 Uhr in der Bundesanstalt für
Lebensmitteluntersuchung und Lebensmittelforschung in Wien abgeliefert werden muß.
Da das Bundesland Niederösterreich räumlich sehr ausgedehnt ist, ist es vielfach nur möglich, pro
Tag eine Probe durchzuführen. Im Jahre 1973 wurden bei einem Stand von fünf
Lebensmittelinspektoren 1.200 Revisionen und 650 Proben mit 200 Beanstandungen durchgeführt.
1978 waren es bei einem Stand von 13 Lebensmittelinspektoren bereits 8.000 Revisionen und 2.200
Proben, das heißt, fast siebenmal soviel Revisionen und mehr als dreimal soviel Proben wurden
durchgeführt, obwohl der Personalstand nur um das Zweieinhalbfache erhöht wurde.
Erschreckend hoch sind jedoch die Beanstandungen im Jahre 1978. Von der Abteilung S/3 mußten
heuer nahezu 1.000 Beanstandungen registriert werden. Allein aus dieser enorm hohen Anzahl der
Beanstandungen geht hervor, wie berechtigt und absolut notwendig die Lebensmittelkontrollen sind.
Wäre das Ergebnis der Kontrollen in der Öffentlichkeit bekannt, würde ein unüberhörbarer Ruf nach
mehr Kontrollen nach dem Lebensmittelgesetz im Land Niederösterreich erfolgen.
Die Reduzierung von Dienstreisen in der Abteilung S/3 wirkt sich auch sehr nachteilig aus. Die
angeordnete Herabsetzung der Dienstreisen mag bei den übrigen Abteilungen des Amtes der
Niederösterreichischen Landesregierung durchaus gerechtfertigt sein. Bei der Abteilung Si3 verfehlt
sie aber vollkommen den Zweck. Die Bereitstellung der nötigen Reisekostenmittel ist von allergrößter
Wichtigkeit, weil ansonsten jede Personalausweitung ohne Wirkung bleiben muß und dem
Gesetzesauftrag nicht Rechnung getragen wird.
Sehr wertvoll für die Abteilung S/3 wäre ein Dienstwagen, womöglich ein Kombi. Dieser würde den
gestellten Anforderungen am besten entsprechen. Derzeit sieht die Praxis bei S/3 so aus, daß jeder
Lebensmittelinspektor mit einem privaten PKW die Dienstreisen ausführt, und bei 13 Fahrzeugen ist
es natürlich sehr oft der Fall, daß infolge von notwendigen Reparaturen ein Fahrzeug ausfällt. Um
diesem Beamten aber trotzdem die Ausübung seines Dienstes zu ermöglichen, wäre ein Dienstwagen
sehr zweckmäßig, der verschiedentlich in allen fünf Aufsichtsbereichen eingesetzt werden könnte.
Außerdem wird sich in nächster Zeit der Aufgabenkreis für S/3 noch vergrößern, da in letzter Zeit viele
Betriebe von Wien nach Niederösterreich übersiedelt sind.
Als unbefriedigend muß auch die Unterbringung des Lebensmittelinspektors im Hause in der
Teinfaltstraße bezeichnet werden. Der Kanzleiraum befindet sich im Keller des genannten Hauses.
Das allein wäre schon Grund genug für eine verbessernde Änderung.
Abschließend möchte ich feststellen, daß die niederösterreichischen Lebensmittelinspektoren eine
hochqualifizierte und vorbildliche Arbeit leisten. Im Interesse eines wirksamen Konsumentenschutzes
muß daher gefordert werden, den Lebensmittelinspektoren in Hinkunft die notwendigen Dienstreisen
zu ermöglichen. Auch die Zuteilung eines Dienstwagens und eine räumliche Verbesserung für den
Lebensmittelinspektor im Hause Teinfaltstraße ist notwendig. Niederösterreich ist, so wie jedes andere
Bundesland, verpflichtet, diese Maßnahmen im Interesse des Konsumentenschutzes und damit einer
wirksamen Lebensmittelkontrolle durchzurühren. (Beifall bei der SPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt der Abg. Wittig. Meine Damen und Herren! Ich
beabsichtige, im Einvernehmen mit den beiden Klubs heute die Verhandlungen bis 22 Uhr
auszudehnen. Bitte, Herr Abgeordneter!
Abg. WITTIG: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich darf
mich nunmehr neuerlich mit der Problematik der Krankenanstalten in Niederösterreich und deren
Finanzierung auf Grund der Reform beschäftigen. Ich möchte aber vorerst einige Bemerkungen zu
den Ausführungen des Abg. Pospischil machen.
Ich habe mir erlaubt, zum 2. Teil seiner Ausführungen und zwar zum Beginn des 2. Teiles, einen
Zwischenruf zu tätigen, da ich die Auffassung vertrete, daß man die Jungärzte nicht durch Aussagen,
die von einer gewissen Überheblichkeit getragen sind, hier im Hohen Hause verunsichern soll. Ich
kenne die Probleme der Jungärzte in den Spitälern sehr genau, weiß, daß sie eine Reihe von
Problemen haben, daß sie eine gewisse Furcht vor der Verwaltungsaufgabe, vor den
Verwaltungsagenden, die auf sie zukommen, haben, und ich glaube, man sollte ihnen weitgehend
Hilfestellung gewähren, aber nicht den Eindruck erwecken, daß sie, wenn sie etwa zu einer
Gebietskrankenkasse kommen, vielleicht wie ein Knecht einem Herrn gegenübersitzen. Ich glaube
aber grundsätzlich, meine Damen und Herren, daß der Weg, der bisher in den niederösterreichischen
Krankenanstalten begangen wurde, ein sehr positiver war, daß nämlich die Turnusärzte in die Praxen
der praktischen Ärzte hinausgehen, und daß sie sich dort noch mehr praktische Erfahrungen
aneignen, aber auch ihre theoretischen Kenntnisse noch mehr ergänzen.
Hierin ist vielleicht die Ursache zu suchen, daß das Institut für Allgemeinmedizin in Brunn nicht
allzusehr angenommen wird. Die tfberlegung für dieses Institut ist sicherlich positiv zu sehen. Ich
glaube auch, daß zumindest von den Gemeindekrankenanstalten hierzu weitgehend Bereitschaft
besteht. Ich darf das von meinem Krankenhaus sagen, es waren bereits einige Ärzte in diesem Institut
auf Kurs. Wir wollen auch die finanziellen Erfordernisse sichern, denn darum geht es ja in erster Linie.
Meine Damen und Herren! Wenn der junge Arzt fertig ist und schon gewisse Verpflichtungen zu
erwarten hat, dann muß ihm eben irgend jemand die finanzielle Belastung abnehmen, sonst wird er
dieses Institut nicht in Anspruch nehmen. Hierin liegt, glaube ich, die Ursache. Ich darf aber
grundsätzlich zum Antrag des Abg. Pospischil sagen, daß wir seinem Resolutionsantrag die
Zustimmung geben werden, wie wir auch der gesamten Problematik sehr positiv gegenüberstehen
und, ich glaube, dieses Institut aufwerten sollen.
Meine Damen und Herren, aber nun zu meinem Hauptthema, zum Problem der Krankenanstalten in
Niederösterreich. Die Debatte über eine notwendige Spitalsreform wird ja seit Jahren auf allen drei
Ebenen geführt: auf der Ebene des Bundes, der Länder und der Gemeinden. Es hat ja die
Einbegleitungsrede des Herrn Landesfinanzreferenten, aber auch die Beiträge während der
Generaldebatte haben gezeigt, daß für die Träger der Krankenanstalten, vor allem für die Gemeinden,
die Rechtsträger von Krankenanstalten sind, hier ein echtes, ein brennendes Problem besteht. Ich
möchte im Laufe meiner Ausführungen aber auch einige Zahlen, die, wie sie vorgetragen wurden, nur
theoretischer Art waren, vielleicht berichtigen oder realisieren, bzw. auf zukünftige Regelungen
eingehen.
Es haben also alle drei Gebietskörperschaf - ten erkannt, und zwar seit Jahren erkannt, daß es beim
Anhalten der Kostenentwicklung - und ich fürchte, daß sich dies in den nächsten Jahren nicht ändern
wird - zu einer echten Misere, um nicht zu sagen zu einem Debakel, in der Kostenbewältigung
kommen wird und kommen muß. Es drängt sich daher die Frage auf, was war die Ursache, daß auch
wir uns im Lande Niederösterreich sozusagen wenige Minuten vor zwölf Uhr befinden. Darf ich einige
Stichworte zu einer Analyse beitragen.
Die letzten Jahrzehnte, besonders aber das letzte Jahrzehnt, brachten in der Medizin einen
revolutionierenden Fortschritt, den man ruhig als epochal bezeichnen kann. Mit diesem Fortschritt ist
aber Geld, ich möchte sagen viel Geld, verbunden. Dieser Fortschritt brachte auch zwangsläufig auch
das Erfordernis der Angleichung unserer Spitäler mit sich: Modernisierung, Um- und Ausbauten, ja
Neubauten setzten allerorts ein. Dies kostete und kostet neuerlich Geld und wiederum viel Geld. Dazu
kommt aber noch der Wohlstand, an dem gottlob, meine Damen und Herren, in unserem Bundesland
alle Bürger teilhaben können. Dieser hohe Lebensstandard bewirkt auch die entsprechenden
Anforderungen des einzelnen, die er mit einer Selbstverständlichkeit an das Krankenhaus stellt, sei es
in punkto Dienstleistung oder auch in punkto Ausstattung. Daß dies wiederum mit Geld verbunden ist,
wird sicherlich jedem einleuchten. Alles in allem brachte uns diese Kostenexplosion, die uns bis heute
nicht geringe Sorgen macht, eine große Problematik. Die Gesundheitsvorsorge, und dazu gehört auch
das Spitalswesen, erfordert nun ihren Tribut.
Meine Damen und Herren! Wenn wir uns mit dem Spitalsproblem befassen und mit der Frage
auseinandersetzen, wer eigentlich aufzukommen hat, müssen wir die Dinge zunächst von der
verfassungsrechtlichen Seite betrachten. Gemäß Artikel 10 Abs. 1 Ziffer 12 Bundesverfassungsgesetz
ist das Gesundheitswesen mit gewissen Ausnahmen sowohl in der Gesetzgebung wie auch in der
Vollziehung Angelegenheit des Bundes. Gemäß Artikel 12 Ziffer 2 Bundesverfassungsgesetz steht
hinsichtlich der Heil- und Pflegeanstalten dem Bund die Gesetzgebung über die Grundsätze zu, den
Ländern die Erlassung von Ausführungsgesetzen und die Vollziehung. Aus diesen beiden
Kompetenztatbeständen schon allein geht die Pflicht des Bundes, an der Regelung des
Spitalsproblems mitzuwirken, ganz eindeutig hervor, aber sicher auch die Tatsache, daß sich diese
Mitwirkung nicht nur etwa in der Grundsatzgesetzgebung erschöpfen kann und erschöpfen darf. Diese
Pflicht des Bundes, meine Damen und Herren, kann von niemandem ernstlich bestritten werden.
Es ist zu diesem Thema von meinem Vorredner ebenfalls eine klare, und, glaube ich,
verfassungsrechtlich richtige Aussage getätigt worden. Meine Fraktion des Landtages hat diese
Rechtsauffassung, die Sie und auch wir vom Anfang an eingenommen haben, anläßlich der Debatte
über das Budget im vergangenen Jahr mit aller Deutlichkeit und Klarheit unterstrichen. Diese
Rechtsauffassung, meine Damen und Herren, gilt auch heute noch, und ich darf im Zusammenhang
mit der Leistungserbringung des Bundes später noch einmal auf diese zurückkommen. Es ist eine
völlig irrige Auffassung, die man noch bis vor kurzem in den Massenmedien und auch hier verbreitete,
daß sich der Bund freiwillig, sozusagen generös bereit findet, einen Beitrag zur Entlastung der
Spitalsträger zu leisten. Bedenklich erscheint mir eine solche Darstellung und Auslegung aber, wenn
sie aus dem Munde allerhöchster Bundespolitiker kommt. Der Mitbürger, der um
diese Dinge nicht näher Bescheid weiß, kann auf diese Art und Weise sehr leicht manipuliert werden
und dadurch die Überzeugung gewinnen, daß der Bund zugunsten der Bevölkerung große Geschenke
macht, was aber durchaus nicht der Fall ist. Ich warne, meine Damen und Herren, vor einer solchen
Art der Öffentlichkeitsaufklärung. Sie dient nämlich im Grunde genommen der Sache selbst überhaupt
nicht.
Bei der vorjährigen Budgetdebatte hat meine Fraktion an die Adresse des Bundes die Forderung
gerichtet, der Bund möge zur Entspannung der Kosten auf dem Spitalssektor den entsprechenden
Beitrag leisten. Inzwischen ist durch das Paktum Bund-Länder der
Krankenanstaltenzusammenarbeitsfonds errichtet und auch gesetzlich fundiert worden, zunächst
zeitlich begrenzt auf zwei Jahre, nämlich auf das Jahr 1978 und 1979, allerdings mit der Möglichkeit
einer jeweils jährlichen Verlängerung. Wenn das Paktum wieder außer Kraft treten sollte, würden die
ursprünglichen Regelungen wiederholt wirksam werden. Durch den Fonds werden die bisherigen
Leistungen des Bundes für den Betrieb und die Investitionen der Krankenanstalten, ferner die Anteile
der Länder und der Gemeinden an dem erhöhten Mehrwertsteuersatz sowie der Beitrag der
Sozialversicherungsträger aus dem Ausgleichsfonds gemäß § 447 eingebracht.
Wie schaut nun die Höhe dieser Mittel aus? Ich glaube, die letzten und richtigen Zahlen zu haben,
während sich Kollege Pospischil anscheinend auf die Zahlen des ersten Protokolls berufen hat und
geradezu mit einer Bewegung in der Stimme von diesen 3,1 Milliarden gesprochen hat. (Abg. Lechner:
Der Bund gibt, was er will!) Die Mittel des Fonds werden also die Höhe von 2,523,409.000 Schilling
umfassen. Sie setzen sich zusammen aus 1,700.208.000 vom Bund, Kollege Lechner, 1,416 % des
gesamten Umsatzsteueraufkommens, aus 438,876.000 Schilling der Länder, aus den Anteilen der
Länder an dem erhöhten Mehrwertsteuersatz, aus 297,325.000 Schilling der Gemeinden, aus den
Anteilen der Gemeinden an dem erhöhten Mehrwertsteuersatz, aus 780 Millionen vom ASVGAusgleichsfonds gemäß dem zitierten § 447, alles zusammen also 2,523.409.000 Schilling. Diese
Mittel werden in zwei Teilbeträgen weitergegeben, das sind 60% als Zuschuß für den Betriebsabgang
und in einem Teilbetrag von 40% der Ausgangssumme als Zuschuß für die Investitionen. Damit wird
der bisherige Bundeszuschuß zur Abgangsdeckung rund verdoppelt. Das ist sicherlich ein Faktum,
das wir als Rechtsträger dankbar vermerken. Die Mittel hiefür erbringt im Grunde genommen aber
nicht der Bund, sondern die genannten Drittpersonen. Ich komme auch darauf noch einmal zurück.
Wie wirkt sich nun die Neuregelung bei den Trägern der Krankenanstalten selbst aus? Ich darf ein
praktisches Beispiel hiefür anführen. Ich theoretisiere, das gibt es aber auch in der Praxis. Ein
Krankenhaus hat im Jahre 1978 einen Betriebsabgang von rund 50 Millionen Schilling. Von diesem
Betriebsabgang gelangt zunächst der Zuschuß des Bundes in Abzug, das sind 18,750.000 Schilling.
Somit verringert sich der Abgang auf 31,250.000 Schilling. Davon kommt nun der Zuschuß des
Landes, wie bisher 40 % , das sind 12,490.000 Schilling, weg, sodaß sich sohin ein Abgangsrest von
18,760.000 Schilling ergibt.
Ich gehe nun von der Höchstleistung des NÖKAS aus, so daß sich NÖKAS und Gemeinde zu
gleichen Teilen den Abgangsrest unter sich aufteilen, was je 9,380.000 Schilling ergibt. Die Belastung
des Rechtsträgers für die Abdeckung des Betriebsabganges beträgt daher in diesem Fall 9,380.000
Schilling.
Zum Vergleich. Wie wirkte sich die bisherige Regelung aus? Ausgangsbasis wieder die 50 Millionen
Schilling Abgang. Davon ab der Beitrag des Bundes 18,75% sind 9,375.000, daher Abgangsrest
40,625.000 Schilling. Davon ab Zuschuß des Landes 40%, das sind 16,250.000 Schilling, sohin ein
Abgangsrest von 24,375.000 Schilling. Dieser Abgangsrest wird aufgeteilt je zur Hälfte auf NÖKAS
und Spitalsträger, daher je 12,187.500 Schilling. Der Spitalsträger und der NÖKAS werden durch die
Neuregelung um je 2,807.500 Schilling und das Land um 3,760.000 Schilling entlastet.
Sie können nun, meine Damen und Herren, dieses Beispiel in abgewandelter Form auch auf die
Investitionsseite verlegen und die Auswirkung der Neuregelung gegenüber der bisherigen ermitteln.
Ich selbst möchte mir aber das ersparen und möchte auch Sie nicht mit so viel Zahlenmaterial
belasten. Wichtig erscheint mir in diesem Zusammenhang zu erwähnen, daß sich die Zuschüsse unter
anderem nach der Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit der einzelnen Spitäler orientieren, womit
vom bisher abgangsorientierten Zuschußsystem auf das leistungsorientierte Zuschußsystem
übergegangen wird. Ich finde, daß das richtig ist und in der heutigen Zeit geradezu eine Notwendigkeit
darstellt.
(Zweiter Präsident Binder übernimmt den Vorsitz.)
Es muß gefordert werden, daß die vorgesehenen Normen - sie werden ja zu Beginn des kommenden
Jahres erlassen werden, und zwar vom Bund - so gehalten sind, daß auf möglichst unkomplizierte und
kostensparende Weise in den einzelnen Spitälern rasch festgestellt werden kann, ob sie ihren Betrieb
leistungsorientiert führen oder nicht, und wenn nicht, in welchem Ausmaß. So gesehen, wird man sie
sicherlich leichter in den Griff bekommen können.
Ich komme nun, wie bereits erwähnt, zurück auf die Leistung des Bundes zu dieser Neuregelung. Die
Leistung des Bundes, meine Damen und Herren, zu dieser Neuregelung besteht lediglich in der
Gesetzeserlassung, daß die Länder, Gemeinden und die Sozialversicherungsträger Mittel in den
Krankenanstaltenzusammenarbeitsfonds einspeisen müssen, die mit denen des Bundes - sie
bestehen aus 1,416% des gesamten Aufkommens der Umsatzsteuer im betreffenden Jahr, gemeint ist
1978 und 1979 - eben vereinigt werden. Der Bund trägt an sich - und das ist sicher nachzulesen keinen Schilling zu Lasten seiner Budgetmittel bei. Er liefert lediglich, wenn Sie das wissen wollen, das
Instrumentarium. An die vorherige Ausführung anknüpfend, daß der Bund seine Mithilfe bei der
Bewältigung des Spitalsproblems nicht nur auf die Gesetzeserlassung beschränken dürfe, sondern
echt auch finanziell beitragen müsse, muß daher heute, meine Damen und Herren, wie im
vergangenen Jahr neuerlich dringend diese Forderung erhoben werden.
Es darf bitte der Bund aus seiner Verpflichtung, die nicht nur aus dem Moralischen kommt, sondern im
Verfassungsrechtlichen verankert ist, nicht entlassen werden. Sie besteht in der Erhöhung des
prozentuellen Zuschusses von rund 37 auf 50% für den Betriebsabgang und auf Anhebung seines
Zuschusses für die Investitionen in Relation zum Vorhergesagten.
Wir werden als Spitalsträger, meine Damen und Herren, sicherlich nicht nein sagen - hier stimme ich
also mit dem Kollegen Pospischil überein -, wenn auch das Land einen Beitrag an die Spitalsträger
weitergibt, weil die Aktion sicher nur akkordiert sein kann. Sie kann nur akkordiert sein. Herr Kollege
Lechner, bitte, Sie haben kein Krankenhaus, glauben Sie uns die Probleme. Das ist sachlich, juridisch.
Sie verstehen vielleicht viel von Skiliften. (Abg. Lechner: Statt froh zu sein, daß eine Lösung gefunden
wurde, reden Sie in dieser Art!) Es ist keine Lösung, Herr Kollege Lechner, es ist keine Lösung!
Nur so kann man, meine Damen und Herren, das Spitalsproblem auf lange Sicht regeln und die
Misere hinsichtlich der Finanzierung des Defizits aus der Welt schaffen. Nicht schöne Worte, meine
Damen und Herren, und nicht noch so ausgeklügelte Auslegungen helfen zur Bewältigung, sondern
eben wie in allen Bereichen nur Taten. (Beifall bei der ÖVP.)
Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Es müssen aber auch, (Abg. Lechner: So etwas habe ich
noch nicht erlebt!) - Herr Kollege, auch ich nicht - noch weitere Maßnahmen, sogenannte flankierende
Maßnahmen, getroffen werden. Es muß verlangt werden, daß die Träger der Krankenanstalten,
insbesondere die in den Krankenanstalten Tätigen und da wiederum die verantwortlich Tätigen, die
Grenzen des Möglichen unter Berücksichtigung der Organisation und der Mittel stets erkennen und
danach handeln. Das ist unerläßlich für die Leistungsorientierung und die Wirtschaftlichkeit und bringt
ohne Zweifel Entlastung auf dem Kostensektor. Als flankierende Maßnahme werden sich auch die
Bestimmungen des vor kurzem erlassenen neuen Krankenanstaltengesetzes oder, besser gesagt,
überarbeiteten Krankenanstaltengesetzes auswirken. Nach diesen wird auch der in der letzten Zeit zu
bemerkenden Konkurrenzierung der gemeinnützigen Krankenanstalten untereinander ein Riegel
vorgeschoben, denn eine solche Entwicklung wäre dieser neuen Situation nämlich alles andere als
förderlich gewesen und hätte im Grunde genommen zu einem Abfall der Leistung auf der einen Seite
und zu einer weiteren Kostenexplosion auf der anderen Seite geführt.
Meine Damen und Herren! Kernpunkt aller Reden, die bisher zu dieser Problematik gehalten wurden,
ist die Gesundheit, das höchste Gut der Menschen, und die Vorsorge hiefür, worauf jeder Mitbürger
Anspruch hat. Die notwendige Bewältigung der daraus erwachsenden Kosten ist letztlich die
Quintessenz. Gesundheit geht uns alle an. Daher müssen alle ihren Beitrag leisten, und ich glaube, es
ist auch mir, meine Damen und Herren, nicht darum gegangen, irgend jemanden zu verurteilen, zu
provozieren, sondern ich bitte und appelliere aus meiner Sicht als Mandatar und Repräsentant eines
Krankenhausträgers anzuerkennen, daß wir nun eine verbesserte Lösung vorfinden, die aber bitte
keine Endlösung sein kann.
Ich glaube auch, daß diese Erkenntnis sehr klar aus der bisherigen Debatte hervorgetreten ist, aber
auch die Forderung der gerechten Verteilung der Kosten. Diese gerechte Aufteilung der Kosten
erfordert von jedem eine Beitragsleistung aus seinen Mitteln und nicht etwa einen Beitrag zu Lasten
Dritter. Alle sind aufgerufen, nicht nur die Gebietskörperschaften, die Sozialversicherungsträger,
sondern auch die Mitbürger und besonders die, wie bereits erwähnt, in den Krankenanstalten Tätigen,
der für das Gesundheitswesen auferlegten hohen Verantwortung in jeder Beziehung Rechnung zu
tragen. Ist dies der Fall, meine Damen und Herren, dann bin ich sicher, daß das Spitalsproblem auch
in punkto Kosten für die Zukunft gelöst ist. (Beifall bei der ÖVP.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Als nächster zur Gruppe 5 gelangt der Herr Abg. Wedl zu Wort. Ich
erteile es ihm.
Abg. WEDL: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich habe mich bei meiner vorjährigen Landtagsrede über
Umwelt und Naturschutz schwerpunktmäßig mit der Gewässergüte in Niederösterreich beschäftigt,
und es freut mich, daß auch der Kollege Reischer heute über dieses Problem gesprochen hat. Ich
möchte ihm gerne bescheinigen, daß es sich bei diesen Einschwemmungen um Handelsdünger
handelt, und wenn er das bezweifelt, dann kann ich ihm nur sagen, daß mir dies im Vorjahr vom
zuständigen Leiter der Umweltschutzanstalt mitgeteilt wurde.
Ich möchte auch gerne feststellen, daß die Verschmutzung der Gewässer selbstverständlich viele
Ursachen hat, daß es sich hier um keine Herabwürdigung der Landwirtschaft, sondern nur um eine
fachliche und sachliche Feststellung handelt und daß diese Einschwemmungen in die Gewässer nur
zum kleinsten Teil gegeben sind. Natürlich kommen die Einschwemmungen in den verschiedensten
Gebieten Niederösterreichs mehr oder weniger stark.
Ich möchte heute die Luftgüte in unserem Bundesland in den Mittelpunkt meiner Betrachtungen
stellen. Schon seit vielen Jahren wird vor allem in den Industrieballungsräumen die Luftgüte
schwerpunktmäßig gemessen. Dies geschieht schon großteils durch stationäre Anlagen, die
durchschnittlich vier bis sechs Monate, in manchen Fällen sogar ein Jahr aufgestellt werden. Der
Zweck soll die Erstellung eines Luftgütekatasters für Niederösterreich sein. Die Arbeiten hiezu sind
fast abgeschlossen. Die Messungsergebnisse werden ständig mittels Postleitung in die
Umweltschutzanstalt eingeliefert. Die bisherigen Messungsergebnisse haben gezeigt, daß noch in
keinem Gebiet Niederösterreichs die Luftverunreinigung bedrohliche Ausmaße angenommen hat.
So wurde schwerpunktmäßig der Raum St. Valentin, Amstetten, Waidhofen an der Ybbs, der Raum
Schwechat und der Raum Ternitz-Gloggnitz langzeitig gemessen. Hier zeigt sich die stärkste
Belastung der Umwelt durch Schwefeldioxyd, Staub sowie andere Schadstoffe, wie zum Beispiel
Kohlen- oder Schwefelwasserstoff. Selbstverständlich ist die Belastung der Luft in den Wintermonaten
stärker als im Sommer, weil hier noch die vermehrten Abgase vom Hausbrand dazukommen. In
diesem Luftgütekataster soll Aufschluß gegeben werden über die großräumige Belastung der Luft: a)
in den Wohngebieten, b) in den Industriegebieten und c) in den Gebieten für höhere Ansprüche, wie
Kur- oder Fremdenverkehrsorten.
Die Messung geschieht bundeseinheitlich nach der Bleikerzenmethode für die gasförmigen
Schwefelverbindungen und der Bergerhofmethode für Staubniederschlag. Das Bundesministerium für
Gesundheit und Umweltschutz hat den Bundesländern geeignete Geräte zur Messung
umweltschädigender Substanzen sowie Umweltmesswagen in die Hand gegeben. Die Messung der
Umweltsituation ist die notwendige Voraussetzung für die Erstellung von Frühwarnsystemen. Sie ist
die unumgänglichste Voraussetzung für Planung und Einsatz gezielter Maßnahmen.
Damit soll verhindert werden, daß es auch in unserem Land zu Smogkatastrophen, wie zum Beispiel
1952 in London, kommt, wo innerhalb einer Woche, meine Damen und Herren, 4.000 Menschen an
den Folgen giftiger Abgase gestorben sind. Dem Bundesland Niederösterreich wurden vom Bund vom
Jahre 1972 bis 1978 Meßgeräte im Wert von 8,8 Millionen Schilling zur Verfügung gestellt. Diese
gleichartigen Meßgeräte werden nach einheitlichen Meßmethoden eingesetzt und liefern
bundeseinheitliche und daher miteinander vergleichbare Ergebnisse. Diese Werte stellen dann die
Grundlage für jene Empfehlungen dar, die das Bundesministerium für Gesundheit und Umweltschutz
auf Grund seiner Koordinationsaufgabe ausarbeitet. Durch die Initiative des Ministeriums konnte eine
konstruktive Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Landesexperten untereinander erreicht
werden.
Auf dem Sektor Luft finden laufend Gespräche der Landesexperten statt, um die Methoden
abzugleichen und Erfahrungen auszutauschen. Diese Meßgeräte ermöglichen auch den jederzeit
möglichst konzentrierten Einsatz an neuralgischen Punkten, auch hinsichtlich der raschen Erfassung
einer konkreten Umweltsituation. Es wird notwendig sein, in Niederösterreich ehestens ein
Luftreinhaltegesetz zu beschließen.
Dieses Gesetz müßte auch Richtlinien oder ein Verbot des Verbrennens von Stroh auf den Feldern
beinhalten. Derzeit gibt es jedes Jahr große Probleme bezüglich der Luftverunreinigung durch den
hohen Schwefeldioxydgehalt, der beim Verbrennen von Stroh entsteht, von den Schäden am
Windschutzbestand, der Tötung der Bodenbakterien oder Beeinträchtigung des Wildbestandes ganz
abgesehen. Wenn ein Siedler sein Laub verbrennt, wird er bestraft, wenn aber viele Hektar Felder in
Flammen stehen, geschieht nichts. Hand in Hand mit einem Strohverbrennungsverbot müßte als
Begleitmaßnahme eine Aufklärung und eine Förderung der Nutzung einsetzen, ob nun in Form eines
Transportzuschusses, wenn das vorher gepreßte Stroh in die Gebiete gebracht wird, wo es gebraucht
wird, oder ob der Ankauf von Preßmaschinen oder Zerkleinerungsmaschinen subventioniert wird. Es
gibt hier so viele Möglichkeiten - der Kollege Reischer hat das schon angedeutet -, das Stroh zu
verpressen und zur Gewinnung von Energie zu verwenden. Diese Mittel sind im Vergleich zu den
Schäden, die alljährlich entstehen, sicherlich vertretbar.
Kollege Mantler, ich bin genauso aus einer ländlichen Gemeinde wie Du, und daher weiß ich, welches
Problem die Landwirte haben. Ich sehe also auch jedes Jahr das Problem, daß oft hunderte Meter - ja
vor zwei Jahren waren es in meiner Gemeinde allein sogar zwei Kilometer - durch ein angezündetes
Strohfeld, als dann ein Sturm aufgekommen ist, mit diesem Windschutz niedergebrannt wurden. Wenn
es einmal brennt, das werden Sie, die in der Landwirtschaft tätig sind, selbst wissen, dann gibt es nur
eine Möglichkeit, die heißt davonlaufen. (Abg. Blochberger: Herr Kollege, was sollen wir machen?)
Meine Damen und Herren! Es freut mich, daß uns jetzt hier auch von der Landwirtschaftskammer für
die Forschung Mittel zur Verfügung gestellt werden. Aber die Mittel, die wir auf diesem Sektor
einsetzen - da sind wir uns ja einig, meine Damen und Herren auch der Österreichischen Volkspartei , sie sind jedenfalls, verglichen zu den Schäden, die alljährlich entstehen, vertretbar. Im amtsinternen
Bereich wurde ein Begutachtungsverfahren für ein Niederösterreichisches Reinhaltegesetz bereits
durchgeführt. Zu einem Abkommen zwischen Bund und Land nach Art. 15 a BundesVerfassungsgesetz muß es daher ehestens kommen.
Ein weiteres Problem wurde vom Kollegen Reischer über die Verwendung von Holzrinden auch am
Rande angezogen. Das sind in den gewissen Gebieten, wo es Hobelwerke oder Großtischlereien gibt,
die Sägespäne. War die Situation bis vor einigen Jahren so, daß das Hobelwerk von Abnehmern, von
Großhändlern bezahlt bekam, daß die Sägespäne zur Verfügung gestellt wurden, so hat sie sich vor
einigen Jahren dahingehend geändert, daß gesagt wurde, wir nehmen wohl diese Sägespäne ab, wir
zahlen aber nichts mehr dafür. Die letzte Situation - und ich kenne sie, wir haben ja jetzt eines der
modernsten Hobelwerke in unserer Gemeinde - ist so, daß der Betriebsinhaber bereits dafür zahlen
muß damit ihm die Sägespäne abgenommen werden. Daher wird dieser Unternehmer, die Firma
Gerbl, in Kürze ein Produkt auf den Markt zu bringen versuchen, das durch Beimischung von
chemischen Zusätzen als Rundbriketts, die einen höheren Heizwert haben als Braunkohlenbriketts, in
Rollen verpackt in den Handel kommen soll. Um das Produkt abzusetzen und die Menschen davon zu
überzeugen, daß auch Sägespäne nützlich verwendet werden können, wird es natürlich einer langen
Anlaufzeit bedürfen.
Von Seiten des Landes müßten aber auch die Bau- und Gewerbesachverständigen die Begutachtung
der Umweltinteressen mehr ins Auge fassen. Die Auflagen zum Schutze der Umwelt oder
wasserrechtlicher Natur sind bei Gewerbeverhandlungen meist sehr vage. Mir wurde von einem
Betriebsinhaber, der einen Neubau errichtet hat, mitgeteilt, daß wohl bei seiner Kommission zwei
Dutzend Sachverständige tätig waren, aber keine Vorkehrungen für die Verhinderung einer
Umweltbelastung vorgeschrieben haben. Dieser Betriebsinhaber - es gibt halt nur sehr wenige von
dieser Sorte - hat freiwillig die erforderlichen Maßnahmen gesetzt. Sehr oft ist es aber so, daß wenn
eine Umweltbelastung eintritt, weil eben eklatante Mängel vorliegen, der Betriebsinhaber erklärt, er sei
zu deren Behebung finanziell nicht in der Lage, und mit Kündigungen oder Zusperren für den Fall der
Durchsetzung dieser Vorschreibungen droht. Der momentane Vorteil, meine Damen und Herren, des
einzelnen kann also keinesfalls über die Interessen der Allgemeinheit gestellt werden.
Ich möchte vor allem die von Herrn Ing. Kager von der Niederösterreichischen Umweltschutzanstalt
durchgeführten Forschungsarbeiten auf dem Gebiete der Luftgüte lobend erwähnen. Wir müssen die
Menschen von der unumstößlichen Tatsache überzeugen, daß es ohne Luft kein Leben geben kann
und daß wir, wenn wir die Luft systematisch verunreinigen und keine Maßnahmen dagegen setzen,
unseren Lebensnerv selbst abschneiden. Warum sollten die Fremden, auf die wir ja angewiesen sind,
in unser Land kommen, wenn wir ihnen nicht einwandfreie Erholungsräume bieten können? Diesen
Reichtum für uns alle erhalten, ist eine der wichtigsten Aufgaben. Nur wenn wir den großen Reichtum
an landschaftlicher Schönheit, natürlichen Gewässern, gesunder Luft abseits vom Lärm erhalten, wird
Niederösterreich nicht nur für seine Bevölkerung, sondern auch für sehr viele Gäste Ausflugs- und
Erholungsziel sein. Es wird daher einer eingehenden Aufklärung zur Weckung des Bewußtseins
bedürfen, daß der Schutz der Lebensumwelt nicht nur ein behördliches, sondern auch ein
gesellschaftliches Anliegen ist. Daher müssen wir den Mut haben zur Einhaltung und Durchsetzung
der vorhandenen gesetzlichen Maßnahmen. Schützen wir, meine Damen und Herren, diesen
natürlichen Reichtum Niederösterreichs!
Auf dem Sektor Lärmschutz wurden von seiten der Umweltschutzanstalt laufend Messungen
vorgenommen. Durch Gutachten konnten bei Straßenplanungen schon im voraus größere
Belästigungen abgewendet werden. Der ÖAL, der Österreichische Arbeitskreis für Lärmbekämpfung,
hat Dezibelgrenzen festgesetzt, deren sich die Sachverständigen heute schon freiwillig bedienen.
Auch hier finden bereits Absprachen nach Art. 15 a Bundes-Verfassungsgesetz zwischen Bund und
den Ländern statt. Die Materie ist sicherlich noch schwieriger, weil nicht nur der Straßenlärm, sondern
jeder Lärm, vom Gewerbe bis zur Landwirtschaft, ebenso der Baulärm oder Lärm aus Gaststätten
oder Diskotheken erfaßt werden muß.
In diesem Zusammenhang hängt auch der Umweltschutz sehr eng mit dem Naturschutz zusammen.
So ist es erfreulich, daß sich unser Herr Landeshauptmannstellvertreter Czettel durch die Schaffung
von vielen Naturparken große Verdienste erworben hat. Sehr oft befinden sich diese Naturparke am
Rande von Industriegebieten, wie zum Beispiel der Naturpark Hohe Wand oder Sierningtal bzw.
Föhrenberge, und gewährleisten damit in unmittelbarer Nähe der Menschen gesunde Erholungsräume
für unsere Bevölkerung. Die Bevölkerung aber müßte von diesem reichhaltigen Angebot in größerem
Ausmaß als bisher Gebrauch machen. Nun zu einem anderen Gebiet.
Ich habe in den letzten Jahren oftmals über die Abfallbeseitigung Niederösterreichs im Landtag
gesprochen. Sehr oft mußte ich hier ernste Worte sagen, und ich stehe nicht an zu erklären, daß aller
Voraussicht nach - die Anlage steht jetzt vor ihrer Fertigstellung - die Kompostierungsanlage
Traiskirchen nunmehr das wird, was sich die Gemeinden unseres Bezirkes schon vor Jahren von
Haus aus erwartet haben. Daß man sich die rund 10 Millionen Schilling Mehrkosten hätte ersparen
können, wenn man gleich auf ein erprobtes System gegriffen hätte, steht auf einem anderen Blatt. Es
müssen die für diese Anlage getätigten Investitionen von mehr als 40 Millionen Schilling vom Land in
Form eines verlorenen Baukostenzuschusses getragen werden, eine Umwälzung auf die
Beseitigungsgebühren kann keineswegs erfolgen, und es werden die beteiligten Gemeinden hier auch
nicht zustimmen.
Ich hätte im Zusammenhang mit der Tierkörperverwertungsanstalt Tulln einige Fragen an die
Verantwortlichen zu richten. Sie lauten:
Stimmt es, daß das in der TKV Tulln angewendete Verfahren deshalb fragwürdig erscheint, weil bei
Betrieb Explosionsgefahr besteht?
Stimmt es, daß schon Benzin in den Wärmekreislauf kam, und haben sich, vom letzten Stand der
Technik her gesehen, die jetzt dort praktizierten Methoden bewährt, oder kommt es zu Stehzeiten?
Gibt es von seiten der Anrainer, inbesondere im Erholungsgebiet der Tullner Au, Beschwerden über
Geruchsbelästigung?
Und vor allem zum Schluß: Reicht die jetzige Größe der Anlage auch f ü r einen Katastrophenfall aus?
Mir ist bekannt, daß in der TKV-Anlage in Reggau, Oberösterreich, nach einem anderen Verfahren
beseitigt wird, wo es zu keiner Umweltbelästigung kommen kann.
Nächste Frage in einer anderen Richtung: Ist also bekannt, daß in einer Müllgrube im Raum
Schwechat von einer Lackfirma aus dem Bezirk Mödling hochgiftige Stoffe eingebracht wurden?
Und der dritte Fall, der mir zur Kenntnis gebracht wurde, ist aus einem anderen Gebiet, aus dem
Raum Korneuburg, bekannt. In der Gemeinde Großmugl wurde von der Firma Bia auf Gründen der
Firma Wienerberger um die gewerberechtliche Ablagerung angesucht. Stimmt es, daß diese
gewerberechtliche Bewilligung erteilt wurde, ohne daß die Besitzerin der Grube, die Firma
Wienerberger, davon etwas wußte, weil von Seiten der Betriebsleitung der Firma Bia, die ablagerte,
die Benützungsgebühr angeblich an einen Fuhrwerker, der hier gar nicht befugt war, bezahlt wurde?
Hat es sich hier um Giftfässer gehandelt, und war das den Behörden bekannt? Es soll nämlich so
gewesen sein, daß die Giftfässer im Boden vergraben wurden und daß man heute nicht mehr
feststellen kann, was und wieviel dort noch lagert. Sollte, was ich selbstverständlich einsehen würde,
eine kurzfristige Beantwortung heute nicht möglich sein, könnte diese aber in der nächsten
Kuratoriumssitzung der Niederösterreichischen Umweltschutzanstalt erfolgen.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich wieder auf meine schon seinerzeit geforderte Aufzeichnungs-,
Transport- und Nachweispflicht sowie die Bestätigung über umweltfreundliche Beseitigung von Gift
bzw. Sondermüll hinweisen. Ich stehe nicht an, mehr Bundeszuschuß für den Umweltschutz, und zwar
von mindestens 200 Millionen Schilling, für die Länder und Gemeinden für Umweltschutzmaßnahmen
zu fordern. Von Seiten der Länder müßten dann Prioritäten gesetzt werden. Ich könnte mir auch
vorstellen, daß der Förderungsanspruch nur dann besteht, wenn von den Ländern mit dem Bund
paktierte Absprachen getroffen werden. Nun zu einem anderen letzten Gebiet.
Immer mehr entledigen sich die Autofahrer der alten Autos bzw. ihrer Wracks dadurch, daß sie diese
auf privaten oder öffentlichen Parkplätzen stehen lassen, nachdem sie vorher die Kennzeichentafeln
entfernt haben. Die von mir schon lange geforderte Kaution beim Ankauf eines Autos, die bei
Verschrottung wieder verzinst zurückgezahlt werden soll, möchte ich hier neuerlich in Erinnerung
rufen. Auch auf die unterschiedliche Möglichkeit der Entfernung eines ohne Kennzeichentafel
abgestellten Autos auf privaten oder öffentlichen Parkplätzen möchte ich hinweisen. Während von
einem Parkplatz, Privatparkplatz, jederzeit das Wrack abgeschleppt werden kann, ist auf öffentlichen
Verkehrsflächen ein umständliches Verfahren notwendig.
Ich möchte daher eine Verkürzung des Verfahrens durch Kundmachung der Fristen etc. verlangen
und folgenden Resolutionsantrag stellen:
„Resolutionsantrag
des Abg. Wedl zur Gruppe 5 des Voranschlages des Landes Niederösterreich für das Jahr 1979,
Landtagszahl 590.
Die Landesregierung wird aufgefordert, bei allen zuständigen Stellen des Bundes, des Landes und der
Gemeinden dahingehend zu wirken, daß Maßnahmen legistischer und administrativer Art gesetzt
werden, um die Beseitigung von Autowracks rascher durchführen zu können, um eine Gefährdung
anderer Rechtsgüter durch abgestellte Autowracks möglichst hintanzuhalten.“
Ich ersuche das Hohe Haus, diesem Antrag die Zustimmung zu geben. (Beifall bei der SPÖ.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Als nächster hat sich der Herr Präsident Reiter in die Rednerliste
eintragen lassen. Ich erteile ihm das Wort.
Abg. Präsident REITER: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zwei Kollegen, die Abgeordneten
Pospischil und Wittig, haben sich mit den Fragen der Krankenanstalten und des
Krankenanstaltenzusammenarbeitsfonds beschäftigt. Ich darf mich aber nur auf ein paar
Bemerkungen beschränken, weil ich ja von Anfang an ein Verhandlungsteilnehmer bezüglich der
Schaffung des Fonds war, und weil ich diesem Fonds auch als stimmberechtigtes Mitglied angehöre.
Es wurde schon festgehalten, daß dieser Krankenanstaltenzusammenarbeitsfonds an sich nur eine
finanzielle Besserstellung bringt, aber keine Lösung, denn der Fonds basiert und funktioniert auf
Grund von zwei Bestimmungen. Die eine Bestimmung ist die Vereinbarung gemäß Art. 15a unserer
Bundesverfassung, wo es möglich ist, zwischen Ländern und Gemeinden einen Art Staatsvertrag zu
schließen, mit Zustimmung der beiden Gemeindevertreterverbände als Städte- und Gemeindebund,
denn diese sind ja nicht berechtigt, eine solche Vereinbarung nach § 15 a der Bundesverfassung zu
treffen. Dieser Fonds funktioniert auf Grund des Bundesgesetzes über die Errichtung dieses
Krankenanstaltenzusammenarbeitsfonds, ist also ein Provisorium zunächst auf zwei Jahre.
Inzwischen hofft man, daß auch die Kosten-Nutzen-Rechnung zum Tragen kommt, Erkenntnisse
bringt. Die Kosten-Nutzen-Rechnung, meine Damen und Herren, ist zunächst einmal eine unklare
Belastung für jene Gemeinden, die Krankenanstalten haben, denn wer sie kennt, weiß, daß das ein
Band von fast 500 Seiten ist. Es ist aber jede Möglichkeit auszuschöpfen, um dieses Problem, das
nun durch Jahrzehnte nicht zu lösen war, unter Umständen einer Lösung zuzuführen.
Ich möchte weiters sagen, Herr Kollege Abg. Lechner, Sie tun dem Kollegen Wittig Unrecht, wenn Sie
von ihm sagen, er habe polemisiert. Er hat das nämlich absolut nicht getan, sondern er hat die Fakten
aufgezählt. Er hat nämlich die Feststellung gemacht, daß der Bund keine Leistung erbringt, und ich
darf das jetzt zahlenmäßig bitte noch einmal wiederholen.
Bisher, ich meine jetzt das Jahr 1968, hätten für die Spitäler von Seiten des Bundes Zuschüsse nach
§ 57 bis § 59 des Krankenanstaltengesetzes von 840 Millionen Schilling zufließen müssen und auf
Grund des Resumeeprotokolls des Finanzausgleichsgesetzes 250 Millionen Schilling, ergibt also
insgesamt einen Anteil des Bundes von 1.090 Millionen Schilling.
Nach dieser Vereinbarung bleibt bitte der Anteil des Bundes in der Höhe von 1.090 Millionen Schilling.
Dazu kommt der Anteil der Länder aus dem dritten Mehrwertsteuersatz in der Höhe von 475 Millionen
Schilling, dazu kommt der Anteil der Gemeinden aus dem dritten Mehrwertsteuersatz in der Höhe von
322 Millionen Schilling und dazu kommt der Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger - das
sind die Gelder, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber in die Krankenkasse zusätzlich einzahlen - von 810
Millionen Schilling, ergibt also nun 2.697 Millionen Schilling, oder im Vergleich zu der einen Milliarde
Schilling, wenn ich sie mit 100% berechne, ein Prozent von 247%, also eine Erhöhung der bisherigen
Mittel um 140%. Das sind die reinen Fakten, wobei wir also feststellen, daß diese Zahlen nie ganz
stimmen können, weil ja die Umsatzsteuer vorher nicht zu berechnen ist, und wir wissen heute - auch
das hat einer der Redner, ich glaube, der Abg. Wittig, bereits gesagt -, daß heuer vermutlich nicht
2.697 Millionen Schilling zur Verfügung stehen werden, sondern nach den letzten Berechnungen des
Gesundheitsministeriums wahrscheinlich um 164 Millionen Schilling weniger.
Diese Summe wird aufgeteilt in zwei Teilbeträge, 60% und 40%. Der eine Teil, 60%, wird zu 90%
berechnet nach § 57 bis § 59 des Krankenanstaltengesetzes, die 10 % werden berechnet nach den
Pflegetagen. Die 40%, das ist jener Betrag, über den in Zukunft der Fonds echt entscheiden wird, teilt
sich auf: 40%, berechnet nach der Volkszahl in Länderquoten, und 60%, berechnet im Sinne von dem
Teilbetrag 1, ebenfalls nach den Länderquoten. Alle Anträge sind über die Landesregierungen
einzubringen. Dort werden sie geprüft, das Land nimmt Stellung und der Fonds wird dann über den
zweiten Teilbetrag entscheiden.
Nun haben wir inzwischen die erste Sitzung dieses Fonds abgewickelt, und da war festzustellen - das
ist jetzt bitte kein Vorwurf, sondern nur eine Feststellung -, daß weder die Frau Bundesminister noch
der zuständige Sektionschef wußte, daß bei der Absprache unter Vorsitz des Herrn Bundeskanzlers f
ü r das heurige Jahr vereinbart wurde, daß auch der zweite Teil nicht erst dann zur Verteilung kommt,
wenn die Richtlinien beschlossen sind. Bis dato sind dem Fonds die Richtlinien nicht vorgelegt
worden, sodaß also mit Recht gerade der Wiener Stadtrat für Finanzwesen, Stadtrat Mayr, den
heftigen Vorwurf gemacht hat, daß nicht nach der Vereinbarung vorgegangen wurde. Nachdem wir
alle, die wir bei den Verhandlungen dabei waren, den Stadtrat Mayr in seiner Meinung unterstützten,
hat man sich überreden lassen, in diesem Fonds in einer zweiten Sitzung, die nun am 20. Dezember
stattfinden wird, vor allem nach der Vereinbarung im Bundeskanzleramt zu verfahren und erst, wenn
die Richtlinien beschlossen sind, die Mittel so zu vergeben, wie es im Gesetz vorgesehen ist.
Derzeit finden Gespräche zwischen Beamten des Gesundheitsministeriums und den Ländern, den
Gemeindebünden und dem Hauptverband der Krankenversicherungsträger statt, sodaß ich also
annehme, daß am 20. eine einvernehmliche Lösung nicht nur über die neue Geschäftsordnung,
sondern auch über die Richtlinien dieses zweiten Teiles des Fonds zustande kommen wird. Ich wollte
das deswegen sagen, meine Damen und Herren, damit darüber Klarheit herrscht, daß der Kollege
Wittig keine Unwahrheit gesagt hat.
Was ich vielleicht noch als letzten Satz hinzufügen möchte, betrifft unsere alte Forderung, die wie ich
glaube, keine politische ist. Wir sind nämlich der Meinung, daß es berechtigt und richtig wäre, wenn
der Bund zumindestens aus dem dritten Mehrwertsteuersatz, der insgesamt immerhin über vier
Milliarden Schilling einbringt, zumindestens jenen Anteil, den Länder und Gemeinden in den Fonds für
die Spitäler einbringen, also rund 800 Millionen Schilling, im Laufe der nächsten Zeit ebenfalls
einbringen könnte. Wir haben für die momentane Finanzlage des Bundes Verständnis, aber die
Forderung, daß der Bund zumindestens das gleiche tun müßte wie die Länder und Gemeinden,
glaube ich, müßte aufrecht bleiben.
Nun zur zweiten Frage, das ist das Spital Wien-Ost, meine Damen und Herren, deswegen, weil bei
der Generaldebatte der Abg. Dr. Brezovszky als Generalredner auch kurz darauf Bezug genommen
hat. Ich halte mich nicht sehr lange damit auf, ich habe mich im Vorjahr, bitte am 1. Dezember 1977,
ist im Stenographischen Protokoll auf den Seiten 327 bis 330 nachzulesen, sehr eingehend mit dieser
Frage beschäftigt. Ich möchte Sie daher mit vielen Zahlen und der chronologischen Abwicklung nicht
allzu lange aufhalten, darf aber doch ein paar Feststellungen machen.
Im Jahre 1963 - das ist in den Wiener Protokollen nachzulesen - hat die Österreichische
Volksparteiminderheit in Wien erstmalig dieses Spital Wien-Ost beantragt, weil ein Fehlbestand an
Spitalsbetten in Floridsdorf und in Brigittenau vorhanden war. Im Jahre 1964 wurde dann der Bau im
Wiener Gemeinderat zugesagt, im Jahre 1966 - ich lasse viele Stationen aus, bringe nur die
entscheidenden - hat der damalige Landesrat Rösch bei den Beamten eine Grundlagenforschung
beantragt, und zwar in der Frage der Sistierung von Spitälern, wo also auch unter Umständen die
Frage eingebaut war, ob es nicht sinnvoller sei, im Gänserndorf er Raum ein eigenes Spital zu bauen.
Am 12. November 1968 hat der Gemeinderat von Wien endgültig den Beschluß gefaßt, das Spital zu
errichten, und am 12. Juli 1973 hat der Landtag von Niederösterreich nach vorhergehenden längeren
Verhandlungen zwischen Landesrat Rösch, der Nachfolgerin Landesrat Körner und dem
Landesfinanzreferenten eine Vereinbarung beschlossen.
Der Abg. Dr. Brezovszky hat in der Zwischenzeit immer wieder sehr vehement Termine genannt,
wann dieses Spital fertig sein wird. Er hat Unterschriften gesammelt, die er in einer, na ja, sehr
beeindruckenden Form dann in einer Landtagssitzung dem Herrn Landeshauptmann übergeben hat.
Er hat etliche Versprechungen im unmittelbaren Wirkungsbereich des Marchfeldes bitte abgegeben,
das steht ihm zu. (Abg. Stangl: Übergeben wollte!) Wollte, nicht wahr, aber bitte, ja. (Ruf rechts: Er hat
sie ja nicht genommen!) Ich korrigiere, ist richtig, übergeben wollte. (Abg. Brezovszky: Es hat mir sehr
viel geholfen, daß Sie abgelehnt haben!) Ich will damit nur bestätigen, die Unterschriften sind also
noch da. Es wäre interessant, wenn man diese heute, falls sie noch greifabr sind, dem Herrn
Bürgermeister von Wien überreichen könnte, weil nicht er, aber die Gemeinde Wien, inzwischen
säumig geworden ist. Bitte, das sind Dinge, die ich feststelle. Was ist aber wirklich geschehen, und
wie steht es tatsächlich augenblicklich mit diesem Spital Wien-Ost? (Landeshauptmann Maurer: Eine
Schwesternschule wird es!)
Es sollte also ein sozialmedizinisches Zentrum werden, das sich zusammensetzt aus einer
Krankenpflegeschule für 220 Schüler mit einem Internat. Dazu soll laut Plan ein Personalwohnhaus
mit 550 Wohneinheiten errichtet werden, ein Alterspflegeheim mit 405 Betten und das eigentliche
Krankenhaus, wo ich leider nicht feststellen konnte, wieviele Betten dieses hat. (Abg. Dr. Brezovszky:
850, Herr Präsident!) Ich danke für diese Mitteilung. Ich konnte es nicht eruieren, nehme es gerne zur
Kenntnis. Also 850 Krankenbetten.
Nun, die Krankenpflegeschule wurde im heurigen Jahr, genau am 4. September, provisorisch für 89
Schüler eröffnet und soll im Frühjahr 1979 fertiggestellt werden. Ja, bitte, das sind Tatsachen, Herr Dr.
Brezovszky, Sie können sich erkundigen. Das habe ich erfahren, ich habe einen guten Draht zur
Gemeinde Wien, auch zum Wiener Finanzstadtrat, mit dem ich leider Gottes oder Gott sei Dank in
meiner Funktion viel zu tun habe. Wir sind uns in vielen Fragen einig, in vielen natürlich nicht. Das ist
ohnehin klar, das wird es im politischen Leben immer geben. Die Gesamtkosten machen 111 Millionen
Schilling aus, davon sind bis jetzt 94 Millionen Schilling investiert.
Das Personalwohnhaus soll ebenfalls im Frühjahr 1979 fertiggestellt werden, Kosten 236 Millionen
Schilling. Das Pflegeheim bitte - und jetzt komme ich erst wirklich zu dem was mit den Kranken zu tun
hat - soll bis zum Jahre 1981 fertig werden und ist veranschlagt mit 446 Millionen Schilling. 1976/77
wurden 49,6 Millionen Schilling investiert, im Budget 1978 sind 55 Millionen Schilling vorgesehen und
im Finanz- und Investitionsplan sind für dieses Projekt in den folgenden Jahren 19 Millionen Schilling
veranschlagt. Jetzt schnell multiplizieren und addieren und Sie kommen auf den Gesamtbetrag von
446 Millionen Schilling. Das Krankenhaus selbst, diese 850 Betten, um die es ja immer gegangen ist,
waren für uns interessant, bitte. (Ruf links: Ohne Pflegepersonal kann man kein Spital führen!) Na das
ist eine Pikanterie, denn diese 89 Krankenpflegeschüler, die schon drinnen sind, 'müssen jetzt ins
Rudolfsspital gebracht werden, damit sie dort praktizieren können.
Dieses Krankenhaus soll bis zum Jahre 1981, bitte bis 1981, geplant werden. Der Baubeginn wurde
bis heute weder vom zuständigen Ausschuß noch vom zuständigen Stadtrat festgelegt. Der Stadtrat
Stacher hat wörtlich gesagt, wegen Personalmangels wäre ein Baubeginn derzeit nicht sinnvoll. Der
Herr Stadtrat Mayr hat gestern erklärt, wortwörtlich: „Ich halte es für günstig, mit dem medizinischen
Zentrum Ost langsam zu treten, hier eine gewisse Pause zu machen.“
Wie schaut nun diese Pause, die beabsichtigt wird, aus? Mit der Planung soll also heuer begonnen
werden. Es ist ein erster Betrag für die Planung vorgesehen, und zwar 9 Millionen Schilling. Bis zum
Jahre 1981 sollen nur für Planungszwecke 40 Millionen Schilling aufgewendet werden. Ich wiederhole
noch einmal, von einem Baubeginn kann derzeit niemand etwas sagen.
Meine Damen und Herren! Warum sage ich das? (Abg. Birner: Das frage ich mich auch! - Heiterkeit
bei der ÖVP.) Na das müßtest Du Dir eigentlich, lieber Kollege, selber beantworten, wenn Du die
ganzen Protokolle durchliest, was in dieser Frage in all den Jahren gesprochen wurde. Wenn nicht
das Land Niederösterreich inzwischen aktiv geworden wäre, müßte ich sagen: Arme Patienten des
Marchfeldes! Ich danke hier gleichzeitig der Frau Gesundheitsreferentin wie dem Finanzreferenten
und auch dem Herrn Landeshauptmann, denn inzwischen wurde in diesem Raum immerhin die
Hainburger Brücke gebaut, wird das Hainburger Spital modernisiert, wird das Stockerauer Spital
modernisiert, wird das Mistelbacher Spital nicht nur modernisiert, sondern zu einem
Hauptzentrumspital des Gebietes aufgebaut und damit eine wesentliche Verbesserung fur die
Betreuung erreicht, sodaß wir, meine Damen und Herren, wenn das Spital Wien-Ost steht, dieses
wahrscheinlich gar nicht mehr brauchen werden. Ich habe so spaßhalber, lieber Herr Dr. Brezovszky,
den Wunsch geäußert, nachdem Sie knapp vorher so einen runden Geburtstag gefeiert haben, daß
Sie wenigstens vor unserer Pensionierung noch dieses Spital erleben mögen. Wie es momentan
ausschaut, kann ich mir gar nicht vorstellen, daß dieser mein Wunsch, der wirklich vom Herzen
gekommen ist, in Erfüllung gehen wird.
Schauen Sie, meine Damen und Herren, wir stehen als Niederösterreicher zum Vertrag. An der Reihe
ist nun Wien. Das wollte ich nur zur Klarstellung sagen. Wir werden hier gar keine Polemik betreiben,
sondern stellen nur ganz sachlich fest, daß mit all dem, was bis jetzt geschehen ist, der Bevölkerung
des Marchfeldes nicht gedient war und daß man hier nur Versprechungen gegeben hat, Dinge in den
Raum gestellt hat, die man nicht in der Lage war zu erfüllen.
Ich glaube also, und damit komme ich auch schon zum Schluß, daß wir uns von dem Standpunkt der
Politik in diesen Fragen doch in Zukunft beherrschen müssen, denn wir nützen damit weder den
betroffenen Menschen, noch nützen wir uns selber. Meine lieben Damen und Herren, liebe
Kolleginnen und Kollegen! Wir nützen uns nämlich deswegen nicht, weil wir dann bitte unglaubwürdig
wirken, wenn wir als Politiker Versprechungen abgeben, die wir dann nicht halten können. (Abg.
Stangl: Die Mistelbacher Gemeinden sollen zahlen! Da habt Ihr Euch schön abgeseilt!) Kollege Stangl,
ich weiß nicht warum ... (Abg. Stangl: Das ist Eure Solidarität! - Zweiter Präsident Binder gibt das
Glockenzeichen.)
Ich habe von der Stelle, Kollege Stangl, schon einmal gesagt - das wird mir der Herr
Landesfinanzreferent verzeihen -, hätte man mich damals zu der Bürgermeisterverhandlung nach
Mistelbach eingeladen, wäre ein solcher Beschluß dort nicht gefaßt worden, weil ich auf dem
Standpunkt stehe, daß die Gemeinden zum damaligen Zeitpunkt diesen Beschluß eben nicht hätten
fassen müssen. Sie haben ihn aber über Zureden des zuständigen Landesrates in Anwesenheit des
Finanzreferenten (Abg. Stangl: Waren alle zwei dabei, auch der Ludwig!) gefaßt. Habe ich ja gesagt,
habe ich ja gerade gesagt. Man ist mir heute in Mistelbach böse, weil ich das im Bereich des
Gerichtsbezirkes Zistersdorf mit dem Kollegen Bierbaum verhindert habe, denn wir beide haben
gesagt, na so einen Beschluß faßt man nicht. (Abg. Stangl: Da haben Sie zugestimmt! - Heiterkeit.)
Bei was haben wir zugestimmt, bei was haben wir zugestimmt? (Abg. Stangl: Bei Mistelbach!) Lieber
Freund Stangl, wir haben dem zugestimmt, was zur Debatte stand, nämlich einer Novellierung des
Krankenanstaltengesetzes, einer Sonderlösung des Bezirkes Mistelbach, die mit den Vertretern der
Mistelbacher und der Bürgermeister in Anwesenheit von Rösch und Ludwig ausgehandelt wurde. Da
hat der Landtag von Niederösterreich beschlossen. So. (Abg. Stangl: Aber das war ja viel später Abg.
Romeder: Das war nach Wien-Ost!) Nun bitte wollen wir darüber gar nicht streiten.
Wenn man mir aufmerksam zugehört hat, lieber Freund Stangl, hat man gemerkt, daß ich nicht in
einem Satz polemisiert habe, sondern daß ich rein (Abg. Stangl: Ich auch nicht!) die Fakten noch
einmal in Erinnerung gerufen habe. Ich hoffe zum letztenmal. Wenn Sie das Wort Wien-Ost nicht mehr
in den Mund nehmen, verspreche ich Ihnen, werde auch ich, solange ich dem Landtag angehöre, das
nicht mehr tun, weil ich also glaube, (Landeshauptmann Maurer: Das wollen Sie ja haben!) ja, weil ich
glaube, daß jetzt die Gemeinde Wien am Zuge ist und wir in Niederösterreich daher vielleicht
gemeinsam bitte in eine Situation kommen könnten, wo wir sagen: Bitte, Gemeinde Wien, erfülle jenen
Wunsch, wozu wir Niederösterreicher seinerzeit bereit waren! (Beifall bei der ÖVP.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Der Abg. Dr. Brezovszky ist der nächste Redner. Ich erteile ihm das
Wort.
Abg. Dr. BREZOVSZKY: Hohes Haus! Sehr verehrte Damen und Herren! Heute nachmittag ist mir
mitgeteilt worden, daß der Herr Landesfinanzreferent in seinem Schlußwort zu Wien-Ost Stellung
nehmen wird. Das war heute im Haus Gespräch, und ich habe an sich das Protokoll vom 1. Dezember
schon mitgehabt, nachdem hier diese Ankündigung gemacht wurde. Der Herr Präsident Reiter hat
nämlich am 1. Dezember 1977 erklärt: „Nun, meine Damen und Herren, erwarten Sie nicht, daß ich
daraus eine Polemik mache,“ ich glaube, das habe ich heute wieder gehört, „sondern, Herr Dr.
Brezovszky, ich mache Ihnen ein Angebot“, - ich bin überzeugt, daß alles vom guten Willen getragen
war -: „Machen wir Schluß mit den Debatten über die Dinge, hören wir auf, über Wien-Ost zu reden.“
(Landeshauptmann Maurer: Wozu haben wir einen Vertrag geschlossen? Das kann nicht wahr sein!)
Herr Präsident, ich habe hier meine Generaldebattenrede wortwörtlich, und ich habe mich heuer
bewußt hundertprozentig an meinen Text gehalten. (Abg. Buchinger: Das war zum Schluß, als Sie
nervös geworden sind!) Nein, nein, da haben Sie ganz was anderes gehört von der Ostregion. Von
der Planungsregion Ost habe ich gesprochen, das heißt, daß Sie auch hier wieder etwas Unrichtiges
gesagt haben. Ich habe Ihnen dann am 1. Dezember geantwortet. Ich möchte also noch einmal
sagen, seit 1973 gibt es über die Beteiligung keinen Streitpunkt. Ich darf wiederholen: Ich akzeptiere
das Angebot unter der Voraussetzung, daß es von Ihrer Seite, von Ihren Stellen eingehalten wird.
Dann wird es von uns aus in dieser Richtung keine Debatte über Wien-Ost geben. Das heißt, der Herr
Landeshauptmannstellvertreter Ludwig hat um (Landesrat Bierbaum: Es geht doch um den Vertrag,
Herr Doktor!) 17, ich werde es Ihnen gleich sagen, um 17.30 Uhr zu polemisieren begonnen, unter
Hinweis auf einen Zeitungsartikel. Ich sage nur, wie man hier Angebote, die gemacht werden, in aller
Öffentlichkeit darstellt und was man von ihnen zu halten hat. Bitte, ich bin an sich ein vorsichtiger
Mensch, und bin auch da etwas vorsichtig. (Landeshauptmann Maurer: Bei Wien-Ost waren Sie nicht
vorsichtig!)
Aber wie gesagt, der Herr Landeshauptmannstellvertreter Ludwig ist heute nachmittag einer
Zeitungsente aufgesessen, denn, Herr Landeshauptmannstellvertreter, ich bin sofort, nachdem ich
Ihre Ausführungen im Vorraum gehört habe, zum Telefon gegangen, habe den zuständigen Stadtrat
Dr. Stacher angerufen, und ihn informiert, daß Sie hier die Erklärung abgegeben haben, daß
(Landeshauptmann Maurer: Derzeit nicht gebaut wird!) Wien-Ost nicht gebaut wird oder daß eine
Verzögerung oder ein Stillstand eingetreten ist. Um (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: In der
Presse steht es!) 17.40 Uhr, also zehn Minuten nach Ihrer Erklärung, hat mir Stadtrat Stacher
versichert, von dieser Behauptung stimme überhaupt nichts. (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig:
Herr Kollege, warum ist 10 Jahre nichts geschehen? Darf ich Ihnen sagen: Stadtrat Mayr hat erklärt, in
den nächsten 10 Jahren wird kein Schilling zur Verfügung stehen! - Abg. Kurzbauer: Der Stacher will,
aber der Mayr nicht!) Schauen Sie, ich fahre wöchentlich am Sozialmedizinischen Zentrum Ost, so
heißt es, vorbei (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Kollege, bitte, vorgestern nachmittag hat der
Stadtrat Mayr gesagt, daß in den nächsten Jahren nicht an den Bau z u denken ist!)
Wie gesagt, am 4. September 1978 war ich also zur Eröffnung dieser Schwesternschule eingeladen.
Es wurden 90 Schwesternschülerinnen eingestellt, vielleicht ist inzwischen eine ausgeschieden, aber
für 90 Schwesternschülerinnen ist der Betrieb am 4. September aufgenommen worden. 30
Niederösterreicherinnen sind dabei. (Landeshauptmann Maurer: Aber kein Spitalsbett!) 30
Niederösterreicherinnen sind dabei. (Landesrat Bierbaum: Es geht ja um Spitalsbetten!) Ich verstehe
nicht, warum Sie mich diese Sachverhaltsdarstellung nicht bringen lassen. Macht Sie das so nervös?
Also ich weiß nicht, irgendwie müssen Sie ein Trauma haben, ja, ein Wien-Ost-Trauma, denn sonst
kann ich es mir nicht vorstellen, daß man in dieser Sache so nervös ist. Ich als Marchfelder und die
Marchfelder Bevölkerung sind überhaupt nicht nervös, (Landesrat Bierbaum: Wahrheitstrauma!) wir
sind sehr zufrieden. (Landesrat Bierbaum: W o sind denn die Unterschriften her, wenn die nicht nervös
sind?)
Aber Herr Präsident Bierbaum, Schauen Sie, das ist ja alles so kleinkariert, was Sie da aufführen, so
kleinkariert, ja (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: 10 Jahre kein Bett! - Landesrat Bierbaum: Sie
haben doch die Unterschriften gebraucht!), denn an sich freuen Sie sich diebisch, daß es vom
Gerichtsbezirk Zistersdorf, wo Sie wohnen, nach Mistelbach 15 Kilometer sind und Sie ein
Krankenhaus haben. (Landeshauptmann Maurer: Dort kann man wenigstens jemanden einliefern!)
Und sie freuen sich diebisch darüber, daß die Marchfelder Bevölkerung jetzt noch weiter fahren muß:
nach Mistelbach, nach Korneuburg, nach Hainbrug, und viele fahren nach Wien. Ja, das wissen Sie
genau, wer einen Arzt hat, der kommt heute jederzeit nach Wien zu den Barmherzigen Brüdern, also
in die Huglgasse, in das Elisabethspital; der kommt ins Rudolfsspital, (Landeshauptmann Maurer: Die
armen Marchfelder!) kommt ins Allgemeine Krankenhaus. (Landeshauptmann Maurer: Aber nicht nach
Wien-Ost!) Hunderte Niederösterreicher sind bereits jetzt in Wiener Spitälern. Es kommt wie gesagt,
nur darauf an, daß wenn der behandelnde Arzt einen Primarius hat, und diesen anruft, er dann ein
Bett kriegt und der Patient kommt also ins Spital. (Landeshauptmann Maurer: Aber wenn man keinen
hat? - Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Die Leute sterben in der Zwischenzeit, haben Sie
gesagt!)
Ich weiß, Sie belustigen sich heute über dieses ernste Problem und haben sich 1968/69 darüber lustig
gemacht, denn Sie sind ja versorgt! Ja, Sie sind versorgt. Daher können Sie leicht lachen und können
sich zynisch über die Situation der Marchfelder Bevölkerung freuen. (Landesrat Bierbaum: Weil wir
gewußt haben, was daran wahr ist!) Ich habe mich hier zu einer Erklärung gemeldet. (Abg. Romeder:
So kann man es nicht drehen!) Aber, Herr Kollege Romeder, schauen Sie, mit Ihnen rede ich
überhaupt nicht. (Abg. Romeder: Aber ich mit Ihnen! - Sie bringen nichts zusammen. Halten den
Vertrag nicht ein!) Es gibt hier die Diskussion von drei Regierungsmitgliedern. Ich weiß ja, dieser
Zynismus, diese Unmenschlichkeit ist ja nicht mehr zu übertreffen, das kann ich Ihnen hier sagen.
(Abg. Romeder: Das ist doch eine Frechheit sondergleichen! Dialektik beherrschen!)
Im nächsten Jahr werden weitere 90 Schwesternschülerinnen und Krankenpfleger in Wien-Ost
eingestellt. Es werden dort insgesamt 220 Plätze sein. Die Schwesternschülerinnen wohnen bereits
jetzt im fertigen Personalwohnhaus, denn sie können nicht jeden Tag nach Hause fahren. Das Internat
wird in den nächsten Wochen fertig, (Landeshauptmann Maurer: Geben Sie die Kranken in ein
Internat?) das Pflegeheim wird also ebenfalls, wie der Herr Präsident Reiter erklärt hat, in den
nächsten zwei Jahren fertig.
Aber nun, (Landeshauptmann Maurer: Sie haben ja Unterschriften fürs Spital bekommen und nicht
fürs Internat!) zum Entscheidenden, Herr Landeshauptmann. (Abg. Tribaumer: Die haben Sie ja nicht
angenommen! - Heiterkeit bei der ÖVP.) Es ist wirklich schade, daß nicht das Fernsehen da ist, damit
dieses Theater, das der Herr Landeshauptmann und der Herr Landeshauptmannstellvertreter über
dieses ernste Problem aufführen, auch in Niederösterreich der Bevölkerung vorgeführt wird. (Abg.
Romeder: Das sind Fakten. Sozialisten in Wien halten nicht den Vertrag ein!) Herr Präsident, ich bitte,
die Geschäftsordnung einzuhalten, nachdem hier seit zehn Minuten der Redner ununterbrochen am
Sprechen gehindert wird. (Unruhe. - Heiterkeit.)
Im Wiener Budget 1979 sind Planungskosten enthalten, und zwar für ein Spital mit 850 Betten. Von
dem Hochsilo, von dieser siloartigen Bauweise, wie sie im Allgemeinen Krankenhaus praktiziert wird,
wo zuerst 2.000 Betten geschaffen werden müssen, bis dieser Silo in Betrieb genommen werden
kann, hat man inzwischen Abstand genommen. Der Herr Stadtrat Stacher hat mir um 3/4 6 Uhr erklärt,
daß nunmehr vier Stock hohe Bettentrakte gebaut werden, und zwar in Bienenwabenform. Es ist so,
daß dieses Krankenhaus Wien-Ost im Wahlprogramm der SPÖ-Wien enthalten ist und daß es daher
nicht möglich ist. (Abg. Buchinger: Im Wahlprogramm habt Ihr viel gehabt!) daß eine Einzelperson,
wer immer das ist, diesen Bau verhindern kann. (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Wir wollen
ein Krankenhaus!)
Es kann sein, daß es, so wie in Niederösterreich, Menschen gibt, die am liebsten verhindern würden,
daß es überhaupt zu einem Krankenhaus Wien-Ost kommt, daß es auch anderswo welche gibt, ja,
daß es auch anderswo welche gibt, aber Gott sei Dank hat der Landtag von Niederösterreich am 12.
Juli 1973 einstimmig einem Vertrag zugestimmt. Dieser Vertrag ist rechtsgültig, und nachdem ich ein
Anhänger der Vertragstreue bin, pacta servanda sunt, so wird dieser Vertrag (Abg. Romeder: Das ist
ein Niveau. Das zeichnet Sie aus!) sicherlich nicht von Niederösterreich, (Abg. Romeder: Wann halten
Sie ihn ein? - Landesrat Bierbaum: Im Jahr 2000!) sicherlich nicht von Niederösterreich gekündigt
werden. (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Wir halten ihn ein!)
Das heißt also, wenn dieser Vertrag von Niederösterreich eingehalten wird, muß er auch von Wien
eingehalten werden. Ich sage Ihnen jetzt auch wieder ganz offen, (Abg. Romeder: Wann wird er von
den Sozialisten eingehalten?) würde ich der Finanzreferent einer Gebietskörperschaft sein, der einen
Vertrag einzuhalten hat, der sicherlich keine Vorteile für diese bringt, würde ich auch nicht sehr
glücklich sein. Ich kann mir vorstellen, daß halt jemand, der einen Vertrag vollziehen soll, der eben
nicht sehr günstig ist, davon nicht gerade begeistert ist. Als Niederösterreicher können wir sehr froh
sein, daß wir so einen Vertrag haben, und ich freue mich darüber, daß ich bei seinem
Zustandekommen mitwirken konnte (Abg. Romeder: Vom froh sein haben wir nichts, wenn die
Sozialisten den Vertrug nicht einhalten! - Zweiter Präsident Binder gibt das Glockenzeichen.) und daß
uns der Vertrag die Sicherheit bietet, daß es zu diesem Bau kommt. Stadtrat Stacher hat mir, wie
gesagt, erst vor zwei Stunden erklärt, (Abg. Dkfm. Höfinger: 3/4 7 Uhr. Das sind drei Stunden!) daß
seit 1975 alles planmäßig vor sich geht. Es ist 1975 geplant worden, daß Ende August 1978 die
Schwesternschule fertiggestellt wird, und ich konnte mich am 4. September persönlich überzeugen,
daß diese 90 Schülerinnen mit ihrer Ausbildung begonnen haben. Ich habe selbst einige hinvermittelt,
ich bin mit der Leiterin der Schwesternschule, Größ, in ständiger Verbindung, und wir werden auch
weiterhin jungen Niederösterreichern, und zwar aus dem Marchfeld, aber auch aus anderen Teilen,
die Möglichkeit (Abg. Buchinger: Wann wird das Krankenhaus fertig?) geben, die Ausbildung als
Krankenschwester zu bekommen. Das ist ein entscheidender Beitrag zur Bekämpfung der
Jugendarbeitslosigkeit im Marchfeld. (Abg. Buchinger: Das ist ja jetzt nicht das Problem!)
Wir sind darüber übereingekommen, (Abg.Romeder: Sie reden von etwas anderem!) daß auch
Arbeitskräfte in diesem Bereich untergebracht werden. (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Herr
Kollege, fragen Sie die Kollegin Körner. Wir haben 2700 Schwestern, und Sie bringen drei unter! Zweiter Präsident Binder: Meine Damen und Herren, ich würde bitten, daß Sie den Redner ausreden
lassen. Bitte mehr Disziplin. - Abg. Anzenberger: Er redet immer vom Vertrag, von den Schulen und
den Kranken! - Zweiter Präsident Binder: Herr Abg. Anzenberger, das gilt auch für Sie. - Abg.
Anzenberger: Danke, Herr Präsident! - Abg. Leichtfried: Das ist eine Frechheit! - Zweiter Präsident
Binder: Ich bitte, mehr Disziplin zu halten.) Es wird also jungen Menschen aus dem Marchfeld die
Möglichkeit gegeben, einen aussichtsreichen Beruf zu ergreifen. Wie gesagt, 30 Niederösterreicher
sind bereits untergebracht, wir werden im nächsten Schuljahr weitere unterbringen.
Es ist die Gewähr gegeben, daß die Planung dieses Krankenhauses Wien-Ost so rechtzeitig fertig
wird, daß gleich nach der Fertigstellung der Etappe Pflegeheim auch mit dem Krankenhausbau,
soweit die Planung fertiggestellt ist, und zwar in Pavillonbauweise, begonnen werden kann (Abg. Ing.
Kellner: Frühestens 1980!) und daß im Gegensatz zu einem Silobau hier eine Station nach der
anderen fertiggestellt und gleich in Betrieb genommen wird. Das heißt, es ist nicht notwendig, so wie
im Allgemeinen Krankenhaus zu warten, bis der Bau für 2000 Betten fertig ist, sondern es wird ein
Pavillon nach dem anderen fertiggestellt werden. (Abg. Romeder: Bis aufs Krankenhaus! - Abg.
Buchinger: Das wird erst 1980 fertig! - Landeshauptmannstellvertreter' Ludwig: Lesen Sie die
Information der Stadt Wien! - Abg. Romeder: Das ist eine Falschinformation!)
Wir sind also genau dort, wo Sie, Herr Präsident, vor einem Jahr dieselben Feststellungen getroffen
haben und das Angebot gemacht haben, nun nicht mehr die Debatte zu eröffnen und zu polemisieren.
Es hat der Landesfinanzreferent damit begonnen, Sie haben also Ihr eigenes Wort hier nicht
eingehalten. Aber, wie gesagt, nachdem ich vor drei Stunden mit dem Stadtrat Stacher alles genau
besprochen habe, kann ich in aller Öffentlichkeit sagen, das Krankenhaus Wien-Ost wird planmäßig
vorbereitet, alle anderen Bauten sind spätestens im Frühjahr 1979 völlig fertig, (Abg. Romeder: Der
Stacher und der Gratz sind im selben Boot!) bis auf das Pflegeheim, das wird Ende 1980, Anfang
1981 gebaut. (Zwischenrufe von rechts.) Ich habe vor drei Stunden mit dem Stacher gesprochen, Sie
werden doch nicht glauben, daß mir der Stacher hier unrichtige Dinge erzählt.
Aber eines ist sicher: Wenn es auf die Österreichische Volkspartei angekommen wäre. (Abg.
Romeder: Da stünde es schon!) so wäre es (Abg. Buchinger: Wenn der Busek die Mehrheit hat, wird
es gebaut werden! - Abg. Romeder: Hoffen wir auf den Busek! - Landeshauptmannstellvertreter
Ludwig: Der Busek wird es einlösen!) überhaupt nicht zum Vertrag gekommen. Es hätte also für die
Marchfelder Bevölkerung nicht einmal eine Möglichkeit bestanden, diese Krankenpflegeschülerinnen
dort hinzubringen, und es wäre überhaupt ausgeschlossen, ein Krankenhaus Wien-Ost für die
Marchfelder Bevölkerung zu bauen. (Unruhe im Hause. - Zweiter Präsident Binder gibt das
Glockenzeichen.) Wir sind als Marchfelder sehr stolz darauf, daß diese Baufortschritte planmäßig vor
sich gehen, und wir sind der festen Überzeugung, daß die Marchfelder Bevölkerung eben den Fakten,
die sie dort sieht, mehr Glauben schenkt als Ihren Polemiken.
Aus diesem Grund glaube ich, daß die ganze Diskussion (Abg. Romeder: Für die Marchfelder peinlich
ist!) heute bewußt provoziert wurde, um der Freude Ausdruck zu geben, daß man hier wieder sticheln
kann, daß man hier polemisieren kann und daß man die Marchfelder Bevölkerung in unschöner Weise
hier herabmacht, denn der Wunsch (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Herr Kollege, wieso
denn?) der Marchfelder Bevölkerung ist seit vielen Jahrzehnten (Landeshauptmannstellvertreter
Ludwig: Sagen Sie doch die Wahrheit! Was haben Sie für die Marchfelder gemacht, außer geredet? Abg. Romeder: Null! - Zweiter Präsident Binder gibt das Glockenzeichen.) zum Ausdruck gebracht
worden. (Abg. Romeder: So eine Unterstellung! - Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Wir setzen
Taten, Herr Kollege, und Sie reden. Das ist der Unterschied zwischen der ÖVP und Ihnen. Sie
versprechen und wir leisten! - Abg. Romeder: Sie demagogerln!)
Schauen Sie, das ist Ihre Art, Sie tun sich da leichter. (Zweiter Präsident Binder gibt das
Glockenzeichen.) Sie werden Ihre Aggressionen los und mir schadet das nicht. Mich erheitert Ihr
Verhalten und das, was Sie leisten, Herr Landesfinanzreferent! Sie machen nichts anderes, als jeder
an Ihrer Stelle auch machen würde. Wenn also ein anderer Finanzreferent dort säße, würde der
genau dasselbe leisten. Wenn ein Sozialist dort wäre, würde er auch das leisten!
(Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Die ÖVP leistet, habe ich gesagt!)
Ich möchte eines sagen: Wir werden uns Jahr für Jahr erkundigen, wie die Dinge stehen, und wir
werden die Bevölkerung informieren. (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: In Wien leisten sie
nichts. Da halten sie keine Verträge! - Abg. Zimper: Der Finanzminister leistet sich alles! Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Ich habe nur eine Bitte. Führen Sie ein Vier-Augen-Gespräch
mit Stadtrat Mayr. Das ist meine einzige Bitte!)
Schauen Sie, Herr Landesfinanzreferent, warum soll ich, in einer Sache ein Vier-Augen-Gespräch
führen, (Abg. Romeder: Mit dem Stacher haben Sie es auch geführt!) die sowieso systematisch
weiterläuft? Wenn es irgendwo Schwierigkeiten geben sollte, werden wir (Abg. Romeder: Mit dem
Stacher reden!) mit den zuständigen Leuten reden, denn es entscheidet auch in Wien nicht eine
Person, sondern eben die Wiener Landesregierung, und es wird ohne weiteres möglich sein,
diesbezüglich ein sachliches Gespräch zu führen.
Wie gesagt, wir sind sehr stolz darauf, daß es bereits so weit ist, und wir sind auch in der besten
Zuversicht, daß es in wenigen Jahren auch für die Marchfelder die Möglichkeit geben wird, im
Krankenhaus untergebracht zu werden. Danke. (Beifall bei derSPÖ.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Zum Worte gelangt der Abg. Präsident Reiter.
Abg. Dritter Präsident REITER: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß zwar nicht, worauf
der Herr Abg. Brezovszky stolz ist, er hat es aber behauptet. Ich glaube, wenn er nach meinen
Ausführungen hier herausgegangen wäre und gesagt hätte, ich habe vor Jahren ernsten Willens und
mit guter Absicht etwas vertreten, was nach meiner Auffassung im Marchfeld notwendig war, und
wenn er geantwortet hätte, ich stehe dazu, daß es damals meine ernste innere Überzeugung war und
bekenne jetzt, daß mich meine Freunde in Wien bis zu einem gewissen Grad im Stich gelassen haben
- ob nun begründet oder unbegründet, das hätten wir von ihm gar nicht hören wollen -, dann wäre das
das Wort eines Mannes gewesen. (Beifall bei der ÖVP.)
Fakten, meine Damen und Herren, die nachweisbar sind, die in Broschüren, die ich gar nicht zitiert
habe, festliegen, zu bestreiten, halte ich für einen Politiker unwürdig.
Wenn mir der Vorwurf gemacht wurde, ich hätte mein Wort nicht gehalten, dann sage ich dazu, ich
habe das Angebot im Vorjahr gemacht, ich stehe dazu. Ich hätte auch nicht gesprochen, wenn Sie
nicht am Ende Ihrer Ausführungen in der Generaldebatte in einer nervösen Situation in einem anderen
Zusammenhang dieses Spital Wien-Ost genannt hätten. Sie haben es angezogen und ich habe
geantwortet. Ich mache das Angebot noch einmal: Ich bitte, dieses Angebot von mir
aufrechtzuerhalten, wenn man in der Lage ist, in den nächsten Wochen fünf Fragen zu beantworten.
Erste Frage: Ist die Gemeinde Wien bereit, den mit Niederösterreich geschlossenen Vertrag
einzuhalten?
Zweite Frage: Wann wird mit der Planung des Krankenhausteiles des Zentrums Wien-Ost begonnen?
(Abg. Kurzbauer: In diesem Jahrtausend noch?)
Dritte Frage: Wann kann nach Meinung des Stadtsenates mit dem Abschluß der Planung des
Krankenhausteiles Wien-Ost gerechnet werden?
Vierte Frage: Wann wird mit dem Bau des Krankenhausteiles Wien-Ost begonnen?
Fünfte Frage: Wann wird nach Meinung des Stadtsenates von Wien der Bau fertig sein und, wenn
man willens ist, den Vertrag mit Niederösterreich einzuhalten, auch der Vertrag mit Niederösterreich
erfüllt?
Wenn diese fünf Fragen in einem gewissen Zeitraum - ich weiß, das kann nicht schon morgen sein beantwortet werden, dann - das erkläre ich noch einmal - ist die Angelegenheit für uns von der
Österreichischen Volkspartei erledigt, selbstverständlich wenn sie so beantwortet werden, daß mit der
Realisierung einer notwendigen und guten Sache auch tatsächlich gerechnet werden kann. (Beifall bei
der ÖVP.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Zum Worte gemeldet ist Frau Landesrat Körner. Ich erteile es ihr.
Landesrat KÖRNER: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Daß Fragen der Gesundheit, der
Spitalsfinanzierung, der Errichtung von Krankenanstalten die Gemüter bewegen, ist erklärlich. Ich
glaube, daß der Hohe Landtag genügend Zeit haben wird, in aller Ruhe diese Probleme zu
besprechen, denn im Anschluß an die heutige Sitzung findet eine Nominierungssitzung des
Gesundheitsausschusses statt. Ich weiß nicht, ob - es wurde mir noch nichts vorgelegt - nur eine
Gesetzesvorlage von mir aufgetragen ist oder auch schon die Novelle, aber jedenfalls wird in der
nächsten Zeit diese Frage beraten werden und der Hohe Landtag wird die Möglichkeit haben, noch
einmal zur Spitalsfinanzierung Stellung zu nehmen.
Ich möchte mich nicht auf einen Verfassungsstreit einlassen, aber doch der Ordnung halber
feststellen, daß die Krankenanstalten
nach Art 12 in der Grundsatzgesetzgebung Bundessache sind und in Ausführung und Vollziehung
Landessache. Ich glaube, daß dies unbestritten ist. Tatsache ist, daß es Gott sei Dank zu dem Faktum
gekommen ist und daß nun eine vorläufige Lösung getroffen wurde.
Ich darf in dem Zusammenhang daran erinnern, daß ich hier, auch anläßlich einer Budgetdebatte, zur
Spitalsfinanzierung Stellung genommen habe und damals unter anderem auch erklärt habe, wenn wir
dieses Problem lösen wollen, dann müssen alle bereit sein, mehr zu leisten. Daraufhin hat man am
nächsten oder übernächsten Tag in einer Tageszeitung eine lustige Glosse gefunden, ungefähr so:
„Ei, ei, na schau, was die alles schafft, und so weiter.“ Aber Tatsache ist, daß bis zum heitigen Tag
niemand eine bessere Lösung anzubieten hatte.
Vielleicht in dem Zusammenhang doch auch eine Feststellung. Über die Bedeutung der Gesundheit,
glaube ich, brauche ich in diesem Kreis nicht reden, denn es ist für uns alle eine
Selbstverständlichkeit, daß wir die Verpflichtung haben, dafür zu sorgen, daß die Gesundheit
geschützt wird, daß sie wiederhergestellt wird. Wir alle rechnen uns einer humanen Gesellschaft zu,
und eine humane Gesellschaft ist verpflichtet, für die Gesundheit zu sorgen, nicht nur für ihre
Wiederherstellung und damit für die Wiederherstellung der Arbeitskraft, sondern auch für die
Vorsorge. Das ist also selbstverständlich und es geschieht auch. Aber der Patient erwartet, daß ihm
alles, was die medizinischen Wissenschaften heute anbieten können, zur Verfügung steht, daß alle
Einrichtungen für ihn da sein, um sein Leben zu schützen, um seine Gesundheit wiederherzustellen.
Der Patient macht sich kein Kopfzerbrechen, wer nun was zu zahlen hat, woher die Mittel kommen, er
will nur alle Einrichtungen haben und entsprechend gut behandelt werden. Wir werden uns ja noch
des öfteren mit der Frage der Spitalsfinanzierung beschäftigen müssen.
Vielleicht doch auch heute noch ein Wort zur Kostenexplosion. Die verschiedensten Gründe und
Ursachen wurden schon diskutiert, aufgezeigt. Eines, bitte, soll man bei all diesen Fragen aber nicht
vergessen: daß erstens einmal ein erheblicher Anteil dieser Kosten Personalkosten sind und der
Sachaufwand nicht höher ist und daß es zweitens nicht nur eine ungerechtfertigte Erhöhung der
Kosten gibt, sondern daß in den letzten Jahren auch eine wesentliche Mehrleistung erfolgt und daß es
in den niederösterreichischen Krankenanstalten in den letzten Jahren eine wesentliche
Qualitätsverbesserung gibt.
Ich darf nur darauf verweisen, daß wir seit Beschließung des Raumordnungsprogrammes für das
Gesundheitswesen an den niederösterreichischen Krankenanstalten 22 neue Abteilungen haben,
Abteilungen, die gefehlt haben und die eine echte Qualitätsverbesserung sind. Das, glaube ich, wird
manchmal auch bei den Diskussionen übersehen. Daß gespart werden muß, daß gespart werden
wird, ist eine Tatsache, aber notwendige Dinge müssen selbstverständlich gemacht werden. Wenn wir
die Summe betrachten, die notwendig ist, um alle genehmigten Bauvorhaben fertigzustellen, dann
können wir uns schon ein Bild vom Ausmaß der notwendigen Mittel machen, denn der Bauaufwand für
die bewilligten Vorhaben macht insgesamt rund 4,8 Milliarden Schilling aus.
Meine Damen und Herren! Bei aller Diskussion um die Spitalsfinanzierung darf aber nicht übersehen
werden, daß nur ein Teil der Patienten in den Krankenanstalten versorgt wird und daß der
überwiegende Teil der Kranken heraußen durch den praktischen Arzt, durch den Facharzt behandelt
wird. Man hat sich heute auch mit dieser Frage beschäftigt. Es ist richtig, daß wir einzelne Gebiete
haben, wo praktische Ärzte fehlen, wo es fehlt an Fachärzten. Es ist auch hier sehr vieles geschehen.
Wenn wir betrachten, daß es 1970 830 praktische Ärzte in Niederösterreich gegeben hat, im heurigen
Jahr 888, dann ist das wohl schon ein Zuwachs. Seit wir die Niederlassung praktischer Ärzte fördern,
haben wir einen echten Erfolg auf diesem Gebiet. Dazu kommt aber - und dadurch ist das nicht so
sichtbar -, daß wir eben eine Überalterung der praktischen Ärzte haben. Aber wir haben zum Beispiel
1974 die Niederlassung von 20 praktischen Ärzten gefördert, bis heute sind es 48, das ist doch
immerhin eine wesentliche Steigerung. Wenn wir vor vier Jahren nur 20 praktische Ärzte hatten, die
bereit waren, sich in Niederösterreich niederzulassen, und heuer schon 48, ist das ein sichtbarer
Erfolg.
Wir haben darüber hinaus aber die verschiedensten Vorsorgeaktionen gestartet. Neben den
Impfaktionen, neben der Aktion der Vorsorgeuntersuchung bei den Frauen wegen des
Gebärmutterkrebses haben wir seit Anfang September des heurigen Jahres die vorher viel diskutierte
Hör- und Sehtestaktion laufen. Es wurden seit Beginn dieser Aktion bereits mehr als 2.200 Kinder
untersucht. Bei dieser Untersuchung hat man in der kurzen Zeitspanne schon bei 39 Kindern einen
echten Hörverlust festgestellt. Meine Damen und Herren! Hier können Sie schon ermessen, wie
notwendig diese Vorsorgemaßnahme ist.
Bei 555 Kindern gab es eine sprachliche Auffälligkeit, und beim Sehtest wurden 749 Kinder
angeschaut, davon waren 147 Kinder auffällig. Sie wurden - und das, glaube ich, ist das
Entscheidende - nach der Diagnosestellung zum entsprechenden Facharzt zu einer Behandlung
zugewiesen.
Vielleicht noch eine Zahl, womit ich aufzeigen möchte, daß es richtig ist, wenn wir immer wieder
darauf verweisen, daß all unsere Bemühungen nichts nützen, wenn der einzelne nicht bereit ist, selber
auch auf seine Gesundheit zu achten. Bei den auffälligen Häufungen von Krankheiten in
Niederösterreich kann man also folgendes feststellen (Die Statistik stammt vom Hauptverband aus
dem Jahre 1977): Von den Untersuchten stehen an erster Stelle die Krankheiten des Bluthochdruckes
mit 2.270 Fällen, dann kommen Herzkrankheiten mit über 2.000, gefolgt von Diabetes und Krebs. Es
sind also die Herz-Kreislauf-Krankheiten in unserem Bundesland bei weitem viel höher als die der
bösartigen Geschwülste. Ursache ist die ungesunde Lebensweise.
Meine Damen und Herren! Ich darf in dem Zusammenhang darauf verweisen, daß wir alle auch eine
solche ungesunde Lebensweise führen. Denn wenn wir hier von 9 Uhr früh bis 22 Uhr abends sitzen,
(Beifall bei der ÖVP.) ohne Bewegung bzw. mit viel zu wenig Bewegung, ohne Sauerstoff, schädigen
wir bewußt unsere Gesundheit (Abg. Romeder: Jawohl. - Beifall bei der ÖVP.) Und nicht nur das.
Wenn man dann noch hinausgeht und draußen raucht, ist das noch viel ärger. (Bravorufe. - Beifall.)
Ich glaube, es ist notwendig, darauf zu verweisen, denn die Hebung des Gesundheitsbewußtseins soll
und muß natürlich auch bei uns selber beginnen. (Abg. Kurzbauer: Wenn das der Androsch hört!) Ich
möchte daher vielleicht darauf verweisen, daß das alte Sprichwort, wonach vorbeugen besser ist als
heilen, auf diesem Gebiet absolut zutreffend ist und daß daher alle Aktionen, die gestartet werden,
auch entsprechend gewertet werden sollen, damit nicht Mittel unnütz ausgegeben werden und die
Menschen wirklich erkennen, daß sie selber auch mittun müssen.
Ich darf auf einige Diskussionsbeiträge noch zurückkommen. Dem Herrn Abg. Fidesser möchte ich
sagen, daß wir seinerzeit natürlich zu einem Gespräch eingeladen haben und auch überlegt haben,
ob wir einen Verein oder eine Arbeitsgemeinschaft gründen sollen. Wir haben auch das Modell
Vorarlberg geprüft. Es war die Ärztekammer, es war noch der Herr Hofrat Grubmüller, es war die
Krankenkasse dabei vertreten, aber von Seiten der Ärzte hat man damals das Modell Vorarlberg
abgelehnt mit der Begründung, daß dies sehr dem staatlichen Gesundheitsdienst ähnelt und daß man
eine solche Lösung nicht als zielführend ansieht.
Die Frau Abg. Tribaumer hat sich mit dem Problem der Amtsärzte beschäftigt. Es ist richtig, daß wir
derzeit zwei Bezirke ohne Amtsarzt haben. Wenn man sich aber von allen Seiten bemüht - damit
meine ich zum Beispiel auch den jeweilig zuständigen Herrn Bezirkshauptmann -, wenn man weiß,
daß der Amtsarzt in einigen Monaten oder in einem Jahr in Pension geht, und man sich schon vorher
um einen Ersatz umsieht, und wenn auch die Personalabteilung bereit ist, die Vorschläge von GS zu
akzeptieren, dann wird es möglich sein, auch diese Wünsche der Bevölkerung zu erfüllen.
Ich darf also den Diskussionsrednern danken, die sich mit Fragen der Gesundheit beschäftigt haben,
und möchte nochmals unterstreichen, daß Gesundheit nicht nur im Motto Vorrang haben soll, sondern
daß Gesundheit im Interesse aller, ganz gleich, wo wir stehen, Vorrang haben muß. (Beifall im
Hause.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Herr Landeshauptmannstellvertreter Ludwig ist als nächster in die
Rednerliste eingetragen. Ich erteile ihm das Wort.
Landeshauptmannstellvertreter LUDWIG: Verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Ich darf auf zwei Diskussionsbeiträge eingehen, aber beide Diskussionsredner, weder der
Kollege Pospischil noch der Dr. Leichtfried, sind anwesend. Bitte? (Ruf von der SPÖ: Dr. Brezovszky!)
Ah, Dr. Brezovszky. (Abg. Blochberger: Der Doktor der Demagogie! - Abg. Dr. Brezovszky: Der
Romeder!) Entschuldigung, er kriegt einmal Dr. honoris Causa. Da kann er ja mitwirken.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Pospischil hat sich hier mit der
Krankenhausfinanzierung beschäftigt, und ich glaube, es ist ja nicht unbekannt, daß das Problem
Krankenanstalten durch den dritten Mehrwertsteuersatz einigermaßen ins Lot gebracht wurde, und
zwar durch das Zusammenwirken aller: Bund, Länder und Gemeinden plus Sozialversicherungsträger.
Es stehen nun 2,7 Milliarden Schilling für die Spitäler zur Verfügung. Bei dieser Absprache hat es
geheißen, niemand von den Gebietskörperschaften solle aus der Neuregelung einen Vorteil ziehen.
Als Finanzreferent des Landes habe ich in meiner Einbegleitungsrede erklärt, daß sich das Land
Niederösterreich keinen Schilling ersparen wird, denn durch die vermehrte Betriebsabgangsdeckung
oder den Beitrag durch den Bund von ursprünglich 18,75 % auf 37 % wird automatisch der Beitrag der
Länder und Gemeinden reduziert. Das Land würde sich im Schnitt rund 80 Millionen Schilling
ersparen.
Wenn Sie die Gruppe 5 aufschlagen, dann werden Sie feststellen, daß wir beim Betriebsabgang
denselben Betrag eingesetzt haben, um ja nicht in den Geruch zu kommen, das Land
Niederösterreich würde sich auch nur einen Schilling ersparen. Wir haben aber gleichzeitig
vorgeschlagen, daß diese Betriebsabgangsmittel mit den Ausbaumitteln deckungsfähig sind, und zwar
deswegen, weil wir glauben, daß die Gelder in einer derart schwierigen Situation in erster Linie der
Investition zufließen sollen. Daher stellen wir diese Mittel für den Spitalsausbau zur Verfügung. Nicht
so, und da wieder meine Bitte nachzuschauen, in anderen Bundesländern. Die Gemeinden ersparen
sich automatisch Gelder durch die verbesserte Abgangsdeckung des Bundes. Die Länder würden sich
auch etwas ersparen. Wir stehen aber auf dem Standpunkt, wir wollen uns nichts ersparen, weil wir ja
über 5 Milliarden Schilling für den Spitalsausbau genehmigt haben. Daher sollen die ersparten Gelder
des Betriebsabganges in die Investition, in den Neubau fließen, und damit, glaube ich, dürften wir
richtig liegen.
Ich habe mich auch dagegen ausgesprochen, daß die ursprünglich 40 %ige Abgangsdeckung des
Landes Niederösterreich eine Aufstockung auf 54% erfahren soll, denn gäben wir die Gelder her, wir
würden weder der Arbeitsplatzsicherung noch den Investitionen etwas nützen. Daher glauben wir, daß
man diesen Weg gehen sollte, gerade jetzt, wo wir alle miteinander wissen, daß die Wirtschaft
Schwierigkeiten hat, daß wir auf dem Arbeitsplatzsektor Schwierigkeiten haben.
Ein zweites Problem, und da, Herr Dr. Brezovszky, sollte man der Wahrheit die Ehre geben. Ich bin
nun seit dem Jahre 1968 Finanzreferent dieses Bundeslandes und kann mich erinnern, als Sie mit
rund 10.000 oder 12.000 Unterschriften in Wäschekörben dahergekommen sind und gesagt haben:
„Herr Landeshauptmann Maurer, das ist der Wunsch der Marchfelder Bevölkerung. Warum machen
Sie nichts? Heute muß ich sagen, weil die Kollegin Tribaumer gesagt hat, wir haben sie nicht
angenommen, wir hätten es tun sollen, denn dann könnten wir heute allein 12.000 schreiben, seht, so
wird mit ... (Abg. Tribaumer: Sie tun gerne Brieferl schreiben!) Na sicher, es gehört zu meinem
Geschäft, das ist bitte dabei.
Ich kann mich noch erinnern - da rufe ich jetzt meine Regierungskollegen auf -, es war in der
Regierungssitzung, entweder kurz vor Weihnachten 1968 oder 1969, (Landesrat Bierbaum: 1969!) als
der Kollege Rösch, seinerzeit Gesundheitsreferent der Regierung, erklärte, noch heute müsse mit
Wien verhandelt werden, denn wenn in den nächsten Tagen Klarheit bestehe, sei die Endplanung
fertig. Daraufhin ist der Amtsdirektor Dr. Baumgartner nach Wien abgesandt worden, und einige Tage
später haben wir mit Wien verhandelt. Es kam später auch zu diesem Vertrag, der allen bekannt ist,
und unterzeichnet ist er dann im 72er- oder 73erjahr worden. (Abg. Dr. Brezovszky: Wann? - Ende
1973!) Na ja, sicher, aber wir haben bitte 1969 verhandelt, ich war einer der Verhandlungspartner,
zuerst mit dem Kollegen Rösch und dann mit der Frau Kollegin KÖRNER. Ja, wir zwei haben ihn dann
abgeschlossen, und zwar, wie ich glaube, einen für das Land Niederösterreich sehr positiven und
guten Vertrag, denn dieser Vertrag besagt, daß wir bei der Beteiligung mit ca. 80 Millionen Schilling
rund 200 Betten erhalten.
Es wurde uns seinerzeit erklärt, na sicher, es wird sofort mit dem Bauvorhaben begonnen. Ich glaube,
alle miteinander wären wir froh, wenn gebaut würde, und daher sage ich, tun wir uns doch nicht
gegenseitig etwas vormachen, sondern bleiben wir bei der Wahrheit. Wir brauchen die Betten, wir
wollen die Betten im Interesse der Marchfelder Bevölkerung. 1969, 1970 stand zur Diskussion, ob wir
ein eigenes Krankenhaus in Gänserndorf bauen sollen, oder ob wir die Beteiligung bei Wien
anstreben. Dann haben die Fachleute erklärt, eine Grundversorgung mit 200 Betten bringe nicht
allzuviel, also beteiligen wir uns an Wien-Ost. Daher kam es zu dieser Beteiligung. Wenn das
Krankenhaus heute noch nicht gebaut wird, dann wollen wir gar keine Schuldigen suchen, wir wollen
auch niemanden verdächtigen, sondern Tatsache ist, daß noch nicht gebaut wird. Sicher werden wir
auf Grund der wirtschaftlichen Schwierigkeiten auch in den nächsten Jahren in Wien-Ost, Herr
Kollege, noch kein Krankenbett haben.
Seien wir froh, daß wir nach dem Vorhandensein der Donaubrücke jetzt das Spital in Hainfeld
ausbauen, (Landesrat Bierbaum: Hainburg!) seien wir froh, da13 wir in Mistelbach etwas tun, ja, und
vielleicht können wir auch da einen Schritt weiterkommen. Wenn es zum Bau kommt, werden wir alle
miteinander glücklich sein, aber man kann heute nicht sagen, der eine oder andere wolle sich
abreagieren. (Abg. Tribaumer: Schadenfroh waren Sie schon!) Na warum sollten wir schadenfroh sein,
wenn wir Betten wollen?
Kollegin Tribaumer, warum sollten wir schadenfroh sein, wenn wir die Betten brauchen? Ich glaube,
wir würden sie ja alle gerne haben. Daher gehen wir miteinander, seien wir doch alle miteinander so
mannhaft und sagen, jawohl, es ist so, bis heute ist noch keines gebaut, und damit aus. Bemühen wir
uns, daß es zum Bau kommt, aber suchen wir nicht Schuldige da und dort. Um das geht es. Wenn wir
diesen Weg in der Krankenhauspflege weitergehen, werden wir auch etwas zustandebringen. (Abg.
Stangl: Mit Zistersdorf und Neusiedl!) Richtig.
Wenn also auch das Problem Mistelbach angeschnitten wurde, dann kann ich nur sagen, na sicher
haben wir mit den Gemeinden verhandelt. Die Gemeinden des Mistelbacher Bezirkes haben erklärt es war das Angebot der Bürgermeister des Verwaltungsbezirkes Mistelbach, das hat weder der
Kollege Rösch noch der Ludwig gefordert -, vier Prozent zu zahlen. (Abg. Stangl: Das war aber nicht
bei der Übernahme!) 4%) Schurl, tu nicht was erzählen, wenn Du nicht dabei warst, ja? (Abg. Stangl:
Da war ein besitzloser Zustand!) Daher glauben wir, daß das Problem Mistelbach erledigt ist und daß
es auch zum Bau von Wien-Ost kommen soll. Wenn wir uns alle bemühen, einheitlich vorzugehen,
dann werden wir in der Endphase im Interesse der Marchfelder Bevölkerung auch etwas zustande
bringen, und das wollen wir, denn diese Menschen brauchen ja das Spital, die brauchen das
Krankenbett. (Abg. Stangl: Petersdorf nicht!) In Petersdorf brauchen wir nichts, wir haben ja das
Mödlinger Spital.
Daher wollen wir diesen Weg gehen, und ich würde nur bitten, bleiben wir gemeinsam bei einer
einheitlichen Aussage, versuchen wir gemeinsam, den Spitalsbau zu erreichen im Interesse jener
Personen. Das ist seinerzeit immer wieder in den Mittelpunkt der Diskussion gestellt worden. Da hat
es geheißen, wir müssen nach Wien fahren, bei der Kreuzung stehen bleiben, doch schon eine Minute
ist ausschlaggebend, daß der Patient stirbt. Das wissen wir, und diesen Menschen wollen wir helfen.
Daher soll es zu dem Bau kommen. Wenn es nicht heute sein kann, so hoffen wir, daß es morgen
oder übermorgen sein wird. Deswegen reden wir doch offen. Machen wir uns nicht immer gegenseitig
Vorwürfe, das bringt nichts. Der Kollege Brezovszky hat es heute so dargestellt, quasi als wolle die
OVP nicht den Ausbau des Krankenhauses Wien-Ost. Das hat sich so angehört. Er hat erklärt, da
werden Aggressionen abreagiert. Die haben wir nicht, bitte. (Abg. Dr. Brezovszky: Weil ich weiß, wie
ich Euch helfen kann!) Aber, Herr Kollege, nicht auf diesem Gebiet. (Abg. Romeder: Es geschieht ja
nichts!) Daher kämpfen wir für diese Beteiligung am Ausbau im Interesse aller. Danke. (Beifall bei der
ÖVP.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Die Rednerliste ist erschöpft. Die Frau Berichterstatter hat das
Schlußwort.
Berichterstatter Abg. KLETZL: Ich verzichte.
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Zur Abstimmung liegt vor die Gruppe 5, Gesundheit, und die
Resolutionsanträge der Abg. Pospischil und Wedl. Ich lasse zunächst über die Gruppe selbst und zum
Schluß über die (Zweiter Präsident Binder gibt das Glockenzeichen.) zur Gruppe vorliegenden
Resolutionsanträgen abstimmen.
Ich bitte die Frau Berichterstatter, nunmehr den Antrag zur Gruppe 5, Gesundheit, Ordentlicher Teil,
Außerordentlicher Teil, Konjunkturausgleichsteil, zu stellen.
Berichterstatter Abg. KLETZL: Ich beantrage, die Gruppe 5, Gesundheit, mit Einnahmen von
529,770.000 Schilling und Ausgaben von 1.169,501.000 Schilling im Ordentlichen Teil, Einnahmen
von 59,978.000 und Ausgaben von 99,963.000 Schilling im Außerordentlichen Teil sowie Ausgaben
von 50,000.000 Schilling im Konjunkturausgleichsteil zu genehmigen.
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: (nach Abstimmung über die Gruppe 5, Ordentlicher Teil,
Außerordentlicher Teil, Konjunkturausgleichsteil in Erfordernis und Bedeckung): Angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über die Resolutionsanträge.
(Nach Abstimmung über den Antrag des Abg. Pospischil, betreffs Institut für Allgemeinmedizin in
Brunn an der Wild): Angenommen.
(Nach Abstimmung über den Antrag des Abg. Wedl, betreffend die Beseitigung von Autowracks,
Erleichterung): Angenommen.
Ich ersuche die Berichterstatterin, Frau Abg. Kletzl, zur Gruppe 6, Straßen- und Wasserbau, Verkehr,
Ordentlicher Teil, Außerordentlicher Teil und Kunjunkturausgleichsteil, zu berichten.
Berichtertatter Abg. KLETZL: Die Gruppe 6, Straßen- und Wasserbau, Verkehr, umfaßt die
Gebarungsvorgänge für den Straßenbau, allgemeinen Wasserbau, Schutzwasserbau,
Schienenverkehr, Schiffsverkehr und Luftverkehr.
Die Ausgaben dieser Gruppe betragen 1.651,826.000 Schilling, (Zweiter Präsiden Binder: Ich bitte um
etwas mehr Ruhe.) denen Einnahmen von 388,151.000 Schilling gegenüberstehen.
Der prozentuelle Anteil am Ausgabenvolumen des Ordentlichen Teiles des Voranschlages beträgt
10,31%.
Im außerordentlichen Teil sind Ausgaben von 398.800.000 Schilling und Einnahmen von 13,588.000
Schilling, ferner im Kunjunkturausgleichsteil Ausgaben von 131,000.000 Schilling veranschlagt.
Darf ich um die Debatte bitten.
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Wir kommen zur Debatte. Als erster Redner ist der Abg. Fux
gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.
Abg. FUX: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Frau Landesrat wird
sicherlich an der Vitalität der Abgeordneten um 21.30 Uhr ihre Freude gehabt haben. Sie haben ja
damit ihre Gesundheit, gute Gesundheit unter Beweis gestellt. Ich möchte zur Ansatzpost
Landesstraßen sprechen, und zwar betreffend die Staubfreimachung, den Um- und Ausbau sowie die
Regenerierung der Landeshaupt- und Landesstraßen, welche im Jahre 1978 eine weitere
Verbesserung der Verkehrssituation erfahren konnten.
Im Bericht der Straßenverwaltung, der Abteilung B/2-C, sind die Bauleistungen angeführt. Danach
wurden im Jahre 1978 243 Kilometer Straßen staubfrei gemacht. Per 31. Oktober 1978 kann die
erfreuliche Feststellung getroffen werden, daß die Straßen der Funktionsstufe 1 mit einer
Gesamtlänge von 1.902 Kilometern zu 100% , die der Funktionsstufe 2 mit 1.406 Kilometern zu 97%
und die der Funktionsstufen 3 und 4 mit 7.407 Kilometern zu 87,3%, also 6.465 Kilometer, staubfrei
sind. Die Gesamtlänge der Schotterstraßen beziffert sich aber immer noch auf 982 Kilometer bzw.
9,1% des Landesstraßennetzes mit 10.755 Kilometern.
Weniger erfreulich ist die Tatsache, daß man zusehends mehr Augenmerk der Regenerierung der
Straßen zuwenden muß und die Ausbauleistungen sowie die Staubfreimachung zurückbleiben.
Während die Regenerierungsleistungen seit 1974 kontinuierlich ansteigen, sind die Um- und
Ausbauten von 356 Kilometer Jahresleistung im Jahre 1974 auf 225 Kilometer Jahresleistung im
Jahre 1978 ebenso kontinuierlich gesunken. Bei der Staubfreimachung ist die Jahresleistung von 378
Kilometer im Jahre 1974 auf 243 Kilometer im Jahre 1978 zurückgefallen.
Angesichts des gestiegenen Verkehrsaufkommens, vor allem aber auch wegen der gesteigerten
Verkehrslasten, sind die Straßen einem stärkeren Verschleiß ausgesetzt. Dabei ist zu bemerken, daß
zum Beispiel Betonstraßen, als sie im Jahre 1946 oder 1947 gebaut wurden, für den damaligen
Lastverkehr ausreichend dimensioniert waren, durch den heutigen Schwerlastverkehr aber nahezu
zertrümmert wurden.
Dieser Straßenzustand stellt neben anderen Unfallrisken auch eine nicht zu unterschätzende
Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit auf diesen Straßen dar. Solche Straßen zu sanieren,
erfordert einen erheblichen Finanzaufwand.
Die Verbesserungen von 5,8% der Landesstraßen im Jahre 1978 dürfen nicht darüber
hinwegtäuschen, daß die stark beanspruchten Straßen ständig steigende Erhaltungskosten
verursachen und diese Finanzmittel jenen Straßen entzogen werden, welche bei weitem noch nicht
den Richtwerten des Verkehrsraumordnungsprogrammes entsprechen. Die geringer werdenden
Bauleistungen bei der Sparte Um- und Ausbau von Landesstraßen, die den geforderten
Verkehrsbedingungen noch nicht entsprechen, müßten den Straßenbaureferenten hellhörig machen.
Bei vielen der Landstraßen der Funktionsstufen 3 und 4 ist die im Verkehrsraum im
Ordnungsprogramm festgelegte Fahrbahnbreite von 5 m noch nicht gegeben. Die Straßen liegen
durchaus nicht alle im Bereich eines geringeren Verkehrsaufkommens. Saisonmäßig sind manche
dieser Straßen, zum Beispiel im Weinviertel, zur Zeit der Zuckerkampagne sehr stark von
Rübentransportfahrzeugen frequentiert.
Berechnungen, die in der Bundesrepublik angestellt wurden, haben ergeben, daß in der Regel auf den
Bundesstraßen mit 3 m breiten Richtungsfahrbahnen das Auslangen gefunden werden wird. Die gilt
für den PKW-Verkehr. Beim LKW-Verkehr hingegen erscheint eine Breite von 3,75 m angemessen.
Was für die deutschen Bundesstraßen Anwendung finden soll, muß nicht unbedingt für
niederösterreichische Landesstraßen gelten, aber es sollten die Landesstraßen und auch die
Bundesstraßen in Niederösterreich jene Breite aufweisen, die sich aus der Breite zweier
Lastkraftwagen zusätzlich eines ausreichenden Sicherheitsabstandes ergibt. Bei einer Straßenbreite
von nur 4,50 m, wie sie etliche Straßen im Weinviertel aufweisen, ist das gefahrlose Passieren der
beiden Fahrzeuge nicht gegeben. Zumeist blockiert der LKW auch die zweite Richtungsfahrbahn, was
nicht ungefährliche Verkehrssituationen heraufbeschwört.
Es müßte daher dem Straßenbaureferenten ein besonderes Anliegen sein, die Mengenleistung des
Um- und Ausbaues der Landes- und Bundesstraßen wieder anzuheben. Auch diese Vorhaben würden
zur Hebung der Verkehrssicherheit im Sinne der Badener Sicherheitsenquete beitragen. Dazu werden
allerdings mehr Finanzmittel notwendig sein als bisher. Für das Jahr 1979 ist es dem
Straßenbaureferenten nicht gelungen, dieser Aufgabenstellung Rechnung zu tragen.
Der Herr Präsident Reiter hat in einer Wortmeldung zur Gruppe 0 gemeint, man sollte nicht immer
versuchen, den Schwächsten anzuknabbern. Als Bürgermeister einer Grenzlandgemeinde - mein
Gemeindeamt ist nur 700 m Luftlinie von der tschechischen Grenze entfernt, und die Gemeinde hat
eine Steuerkopfquote, welche unter dem Bundesdurchschnitt wie auch unter dem Landes-, ja selbst
unter dem Bezirksdurchschnitt liegt - wäre ich dieser Aussage sofort beigetreten, wenn der Herr
Präsident nicht gleichzeitig nur in Richtung des Bundes gesprochen hätte. Damit war die Aussage
meiner Meinung nach sofort entwertet, noch ehe sie ausgesprochen war. Im Laufe der Jahre kann es
doch keinem der Abgeordneten dieses Hauses entgangen sein, daß die sozialistischen Abgeordneten
seit zwei Jahrzehnten unentwegt gegen das Anknabbern der Gemeindefinanzmittel durch das Land
für den Landesstraßenbau zu Felde gezogen sind. Eine Reihe von Anträgen, die auf die Eliminierung
dieses Beitrages zugunsten der Gemeinden abzielten, wurden von der Mehrheit leider mit der
Gleichmäßigkeit eines Uhrwerkes abgelehnt. Dieses Messen mit zweierlei Maß, das Hochjubeln der
Landesleistung auf der einen Seite und das Verdammen selbst höherer Aufwendungen des Bundes
im Bundesland Niederösterreich auf der anderen Seite scheint offensichtlich eine Spezialität des
Niederösterreichischen Landtages zu sein. Im Gegensatz dazu ist über den Bericht des Straßentages
in Graz folgendes zu lesen:
„Das Land Steiermark hat sich verpflichtet, insgesamt eineinhalb Milliarden Schilling aus
Landesmitteln für den forcierten Autobahnbau beizutragen und das, obwohl der Bundesstraßenbau
bekanntlich Bundesangelegenheit ist. Wir wissen, daß diese Steuergelder, denn um solche handelt es
sich ja, gut investiert werden, sowohl im Interesse unserer Verkehrsteilnehmer als auch für die
gesamte Wirtschaft unseres Bundeslandes.“
Soweit das Zitat aus dem Bericht. (Abg. Anzenberger: Die Steirer haben 3000 km Landesstraßen und
wir 11.000!) Ja, und dann kommt, Kollege Anzenberger, noch etwas in diesem Bericht, was mich als
Niederösterreicher auch für die steiermärkischen Begriffe gewundert hat. Es wird nachher vom
Sprecher folgendes ausgeführt:
„Unser Dank gilt auch dem Vizekanzler Dr. Hannes Androsch, und zu guter Letzt sind wir auch
besonderen Dank dem Bundesminister Josef Moser schuldig.“ Dann bescheinigt der Landesrat
Krainer, er war nämlich der Sprecher dieser Begrüßungsansprache, dem Bautenminister auch noch
seine objektive Amtsführung. Worte des Dankes und des Lobes für den politischen Gegner, das ist
jenseits des Semmerings möglich, in Niederösterreich ist es undenkbar! (Abg. Blochberger: Daß er
das Geld genommen hat. - Unruhe. - Zweiter Präsident Binder gibt das Glockenzeichen.)
Vom Lob über die Leistungen des Landes zugunsten der Gemeinden, verbunden mit dem Dank an
den Landesfinanzreferenten für die Zuwendung von 1.520 Millionen Schilling, sollten doch auch einige
Abstriche gemacht werden, wie dies hier im Haus vorgetragen wurde. Die genannte Summe ist als
Rohbetrag zu betrachten, und man müßte, Kollege Blochberger, - so machen es die
Rübenübernehmer - von dem Betrag von 1,5 Milliarden Schilling zuerst einmal die Schmutzprozente in
Abzug bringen, und erst das, was übrig bleibt, wird nachher als echte Zuwendung an die Gemeinden
anerkannt. Die Rohsumme wäre also zunächst einmal von den Gemeindeleistungen an den
Landeshaushalt, die ein beträchtliches Ausmaß ausmachen, zu befreien. Die Landesumlage allein
macht etwa 30% des Betrages, den der Finanzreferent den Gemeinden zuwenden will, aus.
(Präsident Dipl.Ing. Robl übernimmt den Vorsitz.)
Dazu kommen noch die Sozialhilfeumlage, der Nökas-Beitrag und anderes mehr. Erst wenn durch
Abzug der Gemeindebeiträge der Landesbeitrag bereinigt würde, wäre für den verbleibenden Rest der
Dank an den Finanzreferenten gerechtfertigt, vielleicht gerechtfertigt. Vielleicht deswegen, weil der
Finanzreferent selbst sagt, saß dies nicht die Gelder des Landes sind, sondern die Gelder der
Steuerzahler, die hier ausgegeben werden. Also müßten wir nicht dem Landesfinanzreferenten,
sondern dem niederösterreichischen, dem österreichischen Steuerzahler den Dank aussprechen.
(Beifall bei der SPÖ und einigen Abgeordneten der ÖVP.)
Kollege Abg. Buchinger hat zu einem anderen Tagesordnungspunkt gesprochen und gemeint, in
Versammlungen werde die Situation im Grenzland als schlecht dargestellt. Es entstehe der Eindruck,
daß die Regionalpolitik des Landes eine schlechte sei. Bitte, ich weiß nicht, bei welchen
Versammlungen der Herr Abg. Buchinger diese Aussage gehört hat. Ich bin ständig im Grenzland und
bin auch bei Versammlungen. Ich muß natürlich auf die Fragen der Menschen, die zu diesen
Versammlungen kommen und Sorge um ihre Zukunft haben, auch antworten. Es ist, glaube ich, im
Landesinneren kein besonders interessantes Thema, wenn man vom Grenzland spricht. Aber im
Grenzland, glaube ich, bedarf die Bevölkerung der Erläuterungen, was sich in diesem Raum abspielt,
da sie persönlich davon berührt ist, und sie will wissen, was für diese Region von seiten des Landes
und des Bundes gemacht wird. Wer es aber draußen im Grenzland noch immer nicht gemerkt hat,
dem gibt ja der Abg. Zimper Nachhilfeunterricht mit einer Horrordarstellung über die Sicherheit an der
Grenze.
Ich habe schon vorhin gesagt, Hohenau liegt 700m Luftlinie von der tschechischen Grenze entfernt.
Ich habe als Abgeordneter dieses Grenzbezirkes täglich, ja stündlich Kontakt mit den Menschen, die
entlang dieser Grenze leben, und habe nie von den Sorgen der Grenzlandbevölkerung über die
Sicherheit der Grenzen gehört. Man spricht aber im Grenzland von der Sorge um den Arbeitsplatz,
vom Lehrplatz für den Sohn oder für die Tochter, man führt Klage über die Belastung des täglichen
Pendelns zum Arbeitsplatz, und man führt Klage über die schlechten Verkehrsverhältnisse in diesem
Gebiet. Die Straßen sind unter aller Kritik, hört man des öfteren von unseren Mitbürgern draußen im
Bezirk.
Harte Kritik wird auch daran geübt, daß man hunderte Millionen Schilling von der ÖMV über die
NIOGAS in den Mödlinger Bezirk investiert hat und die Sorge jener Menschen, die in dieser Region
noch arbeiten, um zukünftige Arbeitsplätze nicht abnimmt. Die auslaufende Erdölförderung wird von
uns die Schaffung von Ersatzarbeitsplätzen in einer ferneren Zukunft erfordern. Wir haben aber jetzt
schon Abwanderungen in einem Ausmaß, das uns sicherlich schon schmerzt. Um es kurz zu sagen:
Wir draußen auf dem Land, in der Grenzlandregion, glauben, daß in Bezug auf die Regionalpolitik
seitens des Landes kein gutes Wort zu sagen ist. Das, was ich vorhin gemeint habe, sind die Sorgen
der Grenzlandbevölkerung und nicht jene, die der Abg. Zimper melodramatisch vorgetragen hat.
Wenn Sie schon nicht einem Mandatar glauben wollen, lese ich Ihnen einen Teil des
Landwirtschaftsberichts vor, der in einer der letzten Sitzungen behandelt wurde und der sich auch im
Allgemeinen Teil mit der Angelegenheit in der Region Grenzland beschäftigt. Darin heißt es wörtlich:
„Die negative Entwicklung an der schwierigen, geschlossenen toten Grenze mit den Merkmalen des
unterdurchschnittlichen Einkommensniveaus, der einseitigen Wirtschaftsstruktur, der geringen
Finanzkraft der Gemeinden, der schlechten Infrastruktur, der hohen Abwanderungsrate und der
teilweisen Sozialfrage ...“ (Abg. Anzenberger: Das Grenzlandbewußtsein muß man heben, hat er
gesagt!) Das ist eine ganz offizielle Angelegenheit, ich weiß nicht, warum sich der Herr Abg.
Buchinger darüber aufregt, daß man über die schlechte Situation im Grenzland spricht. Das sagt ja
der Landwirtschaftsbericht. Warum soll nicht der Abgeordnete davon draußen sprechen?
Und weiter heißt es in diesem Bericht: „Eine staatspolitisch ungewollte Entwicklung,
Mindestbesiedlungsdichte sind (Abg. Blochberger: Das hat mit Sicherheit nichts zu tun!)
neutralitätspolitisch von eminenter Bedeutung ...“ Es werden Maßnahmen zur Verbesserung der
Infrastruktur angeführt, und dann heißt es also: „Die Verbesserung der Verkehrserschließung, der
Ausbau des ländlichen Verkehrswegnetzes und Übernahme der Erhaltung durch die öffentliche
Hand.“
So wird, sehr geehrte Damen und Herren, die verkehrsmäßige Bedeutung der B 49 auch zu
begründen sein. Im Verkehrsproblem und in der Ressourcenanalyse der Abteilung R/2 wird sie
folgendermaßen charakterisiert: „Nördlich der Donau bestehen grenznahe verlaufende Straßen, die
als Sammelschienen fungieren.“
Andererseits spricht der Landwirtschaftsbericht, den ich eben verlesen habe, von der negativen
Entwicklung an der schwierigen Grenze. Der Herr Präsident Reiter hat bei der Gruppe 0 gemeint, daß
Grenzlandprobleme nicht so leicht zu lösen seien. Das ist uns durchaus bekannt. Der Herr
Landeshauptmann Maurer und der Herr Landesrat Bierbaum haben in Marchegg gesagt, daß es sich
lohnt, etwas für das Grenzland zu tun. Wir freuen uns über diese Aussage, nur glauben wir, daß man
auch für das Grenzland etwas tun und nicht nur davon sprechen sollte.
Das Bauvorhaben der B 49 war wohl in der Dringlichkeitsreihung als zur Baurealisierung vorbereitet
und als im Bau befindlich eingestuft. Der Baubeginn verzögerte sich jedoch mehrmals. Das Vorhaben
wurde, ungeachtet der Bedeutung für das östliche Grenzland, vom Bauprogramm mehrfach
gestrichen. Da der Landesstraßenbaureferent nicht in der Lage war, den Bau gerade dieser
Sammelschiene durchzusetzen, haben sich die Bürgermeister der Gemeinden Dürnkrut, Angern sowie
die Bezirksmandatare Dr. Brezovszky, Bundesrat Windsteig und meine Person beim Bundesminister
für Bauten, Moser, angemeldet und um den Ausbau dieser Bundesstraße 49 von Mannersdorf nach
Dürnkrut gebeten. Erst bei der zweiten Vorsprache am 13. Jänner 1978 - für Abergläubische möchte
ich dazusagen, daß es ein Freitag, der 13.) war - wurde uns vom Minister die definitive Stellungnahme
für Ende Februar zugesagt. Und am 23. Februar haben wir ein Schreiben bekommen, in dem es heißt:
„Sehr geehrter Herr Bundesrat! Es ist mir nun die erfreuliche Mitteilung möglich, daß es gelungen ist,
für den Ausbau des Abschnittes Mannersdorf-Dürnkrut der Bundesstraße 49 im Jahre 1978 eine
Beginnrate festzulegen und auch die Restfinanzierung zu sichern.“
Der Bau wurde im Frühsommer 1978 begonnen, und nun können eigentlich alle Betroffenen, die
Bevölkerung, die Mandatare, die erfolgreich interveniert haben, zufrieden sein. Die
Verkehrssammelschiene dieses Teiles des Grenzlandes ist im Bau zur Erleichterung und zum Nutzen
dieser Region, Die sozialistischen Mandatare des Bezirkes Gänserndorf haben hinsichtlich der B 49
interveniert, der sozialistische Bundesbautenminister hat dieses Bauvorhaben finanziert, und deshalb
sage ich namens der Bevölkerung dieser Region der Bundesregierung den Dank dieser
Bevölkerungsgruppe. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Ich unterbreche die Beratungen über den Voranschlag des Landes. Die
nächste Sitzung findet morgen, den 7. Dezember 1978, um 9.00 Uhr statt. Die Beratungen über den
Voranschlag werden mit der Spezialdebatte über die Gruppe 6 fortgesetzt.
Die heutige Sitzung ist geschlossen.
(Schluß der Sitzung um 21.45 Uhr.)
Herunterladen