Psoriasis und Neurodermitis Prof. Dr. med. Nikhil Yawalkar Leitender Arzt Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Inselspital Bern [email protected] Richtlinien zur Management der Psoriasis Informationen und Empfehlungen 26.2.2008 Die Psoriasis ist eine häufige, chronisch verlaufende entzündliche Hauterkrankung, die ca. 1.5-2 % der Bevölkerung in der Schweiz betrifft. Die Erkrankung kann neben der Haut auch die Nägel und Gelenke befallen und sowohl einen erheblichen physischen als auch psycho-sozialen Leidensdruck verursachen. Klinische Manifestationen - Psoriasis vulgaris Psoriasis inversa Psoriasis guttata (Cave:Infekt) Psoriasis pustulosa (Cave: Nikotin) Psoriatische Erythrodermie Management Das Management ist abhängig von der klinischen Manifestation und umfasst die Beachtung von Provokationsfaktoren, Komorbiditäten, frühere Therapien und deren Nebenwirkungen sowie psycho-soziale Faktoren. Provokationsfaktoren - Kratzen, Trauma (Cave Juckreiz) - Infektionen (Streptokokken-Infekte im oto-rhino-laryngologischen Bereich, HIV) - Medikamente (z.B. Betablocker, Chloroquin/ Hydroxychloroquin, Lithium, Interferone, TNF-Blocker) - Nikotin, Alkohol Komorbidität - Psoriasisarthritis - Assoziation mit dem metabolischen Syndrom Therapieoptionen Für die Behandlung stehen drei therapeutische Strategien, nämlich die Lokaltherapie, die Phototherapie und die systemische Therapie zur Verfügung, welche als Mono- und Kombinationsbehandlung eingesetzt werden. Milde Psoriasis - v.a. Lokaltherapie - Initial- resp. Intervalltherapie mit topischen Kortikosteroide der Klasse III-IV, 1 - - evtl. Kombinationspräparate mit Salicylsäure (Diprosalic) oder mit dem Vitamin-D3-Analoga Calcipotriol (Daivobet) Langzeittherapie mit Vitamin-D3-Analoga (Calcipotriol Daivonex, Tacalcitol Curatoderm, oder Calcitriol Silkis), allenfalls auch in Kombination mit topischen Kortikosteroiden. Ein bewährtes Schema ist Vitamin-D3-Analoga unter der Woche und, falls notwendig, topische Kortikosteroide am Wochenende zu applizieren. Bei der Psoriasis inversa resp. bei Herden im Gesichtsbereich können Calcineurin-Inhibitoren Elidel oder Protopic in Betracht gezogen werden (Cave off-label) Mittelschwere bis schwere Psoriasis - Zuweisung an den Spezialisten bei Befall der Körperoberfläche von mehr als 10%, spezielle Formen (Psoriasis pustulosa), Gelenksbeteiligung und/oder starker Leidensdruck. - Schmalband-UV-B-Phototherapie (Wellenlänge: 311 nm), - Photochemotherapie (PUVA-Therapie= Psoralon [systemisch oder topisch verwendbar] +UV-A). Um die Effektivität der Phototherapie zu erhöhen und die UV-Gesamtdosis zu reduzieren, kann die Phototherapie (mit Schmalband-UV-B oder PUVA) auch mit Acitretin (Neotigason) kombiniert werden. - Bei schweren Verlaufsformen resp. ungenügendem Ansprechen auf die Phototherapie Methotrexat (MTX) oder Cyclosporin A in Betracht. - CAVE: Zu beachten ist, dass eine systemische Therapie mit Kortikosteroiden v.a. auf Grund eines „rebounds“ z.T. mit Entwicklung einer pustulösen Psoriasis nicht empfehlenswert ist. - In jüngster Zeit stehen mit den sogenannten Biologika („biologics“) wie z.B. Adalimumab, Alefacept, Efalizumab, Etanercept oder Infliximab neuere Therapieoptionen zur Behandlung der Psoriasis resp. Psoriasis-Arthritis zur Verfügung. Es handelt sich hierbei um monoklonale Antikörper (Adalimumab, Efalizumab, Infliximab) oder Fusionsproteine (Alefacept, Etanercept). Der Einsatz dieser Medikamente bleibt jedoch auf Grund des zum Teil unklaren Langzeit-Sicherheitsprofils und nicht zuletzt der enormen Therapiekosten nur schweren Psoriasisformen vorbehalten, bei denen die konventionellen Therapien ungenügend wirksam oder kontraindiziert sind. Kurse - Umfassende Psoriasis-Schulungen für Patienten werden mehrmals im Jahr an der Klinik für Dermatologie durchgeführt. Kontakt: [email protected] 2 Richtlinien zur Management der Neurodermitis Informationen und Empfehlungen 26.2.2008 Bei der atopischen Dermatitis (AD, Synonym: Neurodermitis) handelt es sich um eine chronische entzündliche Hauterkrankung. Gemeinsam mit Asthma bronchiale und allergischer Rhinitis zählt sie zu den Erkrankungen des atopischen Formenkreises. Klinische Manifestationen - Hauptsymptome: - Juckreiz - Ekzeme mit chron. rezidivierendem Verlauf * - positive persönliche und Famillienanamnese für weitere atopische Erkrankungen * Lokalisation des Ekzems sind abhängig vom Alter (z.B. Streckseiten, Beugeseiten, Hände, Gesicht) Management Das Management umfasst die Beachtung individueller Provokationsfaktoren und Superinfektionen resp. Infektionen, die Behandlung des Pruritus und ekzematöser Hautveränderungen, die adjuvante Basisbehandlung (Hautpflege) sowie eine umfassende Beratung. Provokationsfaktoren - Vermeidung von exzessivem Gebrauch von Wasser, Seife, wollene oder rauhe Bekleidung, exzessives Schwitzen - Allergene (z.B. Milch, Ei, Gemüse, Nüsse, Hausstaubmilben) können bei ca. 30% der Kinder und bei höchstens 10% der Erwachsenen eine Rolle spielen. - Zuweisung zum Dermato-Allergologen v.a. bei positiver Anamnese und bei schwerem Befall. Superinfektionen resp. Infektionen - Bakterien: Staphylococcus aureus - Viren: Herpes simplex, Mollusken, Verrucae vulgares - Pilze: Pityrosporum Empfehlung bei bakt. Superinfektion: - topische antimikrobielle Substanzen (z.B. Triclosan in Sicorten plus ®) - topische Antibiotika (z.B. Fucicort ®, Fucidin-H ®) CAVE: Resistenz - evtl. systemische Antibiotika (z.B. Floxapen ®) - Duschen mit antimikrobiellen Syndets (z.B. Procutol ®) Behandlung des Pruritus - Systemische Antihistaminika 3 - Sedierende eher abends (z.B. Fenistil ®, Atarax ®) Evtl. nicht sedierende morgens (z.B. Aerius ®, Telfast ®, Xyzal ®) Behandlung ekzematöser Hautveränderungen - Top. Kortikosteroide (z.B. Prednitop ®, Elocom ®, Advantan ®) - initial täglich, dann auschleichend und intervallartig anwenden - CAVE: möglichst keine system. Kortikosteroide - Calcineurininhibitoren ( Protopic®, Elidel ®) intermittierend, problematische Areale: Gesicht, Lider Kombinationstherapie mit top. Kortikosteroiden Bei therapieresistente Fälle Zuweisung an Dermatologen: - UV-B Phototherapie - Evtl. Ciclosporin Adjuvante Basisbehandlung (Hautpflege) - Konsequente Nachbehandlung mit rückfettenden Externa - Harnstoff (Excipial®, Eucerin®), cave: Brennen - ungesättigte Fettsäuren, Linolsäure (Linola fett/ halbfett®) - Polidocanol (Optiderm® ) - Duschen mit rückfettenden Syndets (Dermed®) Baden mit Badeölen (Balmandol®, Balmed Hermal ®) Beratung - Umfassende Neurodermitis-Schulungen für Patienten und Eltern werden mehrmals im Jahr an der Klinik für Dermatologie und der Allergiepoliklinik durchgeführt. Kontakt: [email protected] oder [email protected] 4