TECHNISCHE UNIVERSITÄT DARMSTADT Fachbereich Mathematik Prof. Dr. L. Kramer Martin Fuchssteiner Lisa Steiner WS 2005 25. Oktober 2005 Analysis III 1. Übung mit Lösungshinweisen Gruppenübungen (G 1) Rechnen mit komplexen Zahlen (a) Zeichnen Sie folgenden Zahlen in der komplexen Ebene ein und bestimmen Sie jeweils den Real- und den Imaginärteil: 2 n 1+i 1 1 1 2 √ √ √ für n ∈ N (i) 2 (ii) ( 2 (1 + i)) (iii) √1 (1+i) (iv) (v) 1+i 1 √ (1+i) 2 2 2 (b) Bestimmen Sie alle 4. und alle 8. Einheitswurzeln. Lösung: √1 , √i 2 2 (iii) √12 , − √i2 (iv) 0, −i für n = 0 mod 8 für n = 1 mod 8 für n = 2 mod 8 für n = 3 mod 8 für n = 4 mod 8 für n = 5 mod 8 für n = 6 mod 8 für n = 7 mod 8 2 n √ (b) Dies sind die koplexen Zahlen in für 0 ≤ n < 4 bzw. 1+i für 0 ≤ n < 8. 2 (a) (i) (ii) 0, i 1 1+i √ 2 i −1+i n √ 1+i 2 √ = (v) 2 −1 √ − 1+i 2 −i 1−i √ (G 2) Exponentialfunktion Wir betrachten die Exponentialfunktion exp : C → C, z 7→ (a) Zeigen Sie exp(iϕ) = cos(ϕ) + i sin(ϕ) für ϕ ∈ R . 1 n n=0 n! z . P∞ Hinweis: Berechnen Sie den Real- und den Imaginärteil der Exponentialfunktion für das imaginäre Argument iϕ. (b) Beweisen Sie exp(x + iy) = ex (cos y + i sin y) für x, y ∈ R. Hinweis: Benutzen Sie die Identität exp(z + w) = exp(z) exp(w) für z, w ∈ C. (c) Bestimmen Sie die Bilder der Geraden Re(z) = const und Im(z) = const und fertigen Sie eine Skizze an. Lösung: (a) ∞ X 1 exp(iϕ) = (iϕ)n n! n=0 = = ∞ X ∞ X 1 1 2n (iϕ) + (iϕ)2n+1 (2n)! (2n + 1)! n=0 n=0 ∞ X 1 1 (−1)n ϕ2n + (−1)n iϕ2n+1) (2n)! (2n + 1)! n=0 n=0 ∞ X = cos ϕ + i sin ϕ (b) exp(x + iy) = exp(x) exp(iy) = ex (cos y + i sin y) (c) (G 3) Differenzierbarkeit (a) Bestimmen Sie alle Punkte, in denen die folgenden Funktionen C-differenzierbar sind: (i) f1 : x + iy 7→ xy + ixy (ii) f2 : x + iy 7→ x4 y 3 + ix3 y 4 (iii) f3 : x + iy 7→ y 2 sin x + iy (iv) f4 : x + iy 7→ x2 − y 2 + 2ix|y| 2 (v) f5 : x + iy 7→ sin (x + y) + i cos2 (x + y) (b) Definition : Eine Funktion f : G → C auf einer offenen Menge G heißt holomorph auf G, wenn f in jedem Punkt von G komplex differenzierbar ist. Auf welchen Gebieten G sind obige Funktionen holomorph? Lösung: (a) Wir betrachten die Realteile uj : C → R und die Imaginärteile vj : C → R der Funktionen fj . Faßt man die Funktionen uj und vj als Abbildungen von R2 nach R auf, so sind sie für j 6= 4 (total) differenzierbar. Es bleibt noch zu überprüfen, wo die Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen erfüllt sind. 1 1 1 1. Es gilt ∂u (x, y) = y, ∂u (x, y) = x, ∂v (x, y) = y und ∂x ∂y ∂x f1 daher nur bei 0 komplex differenzierbar. ∂v1 (x, y) ∂y = x. Die Funktion 2 (x, y) = x ist immer erfüllt. Jedoch gilt 2. Die Gleichung u∂2 ∂x(x, y) = 4x3 y 3 = ∂v ∂y ∂u2 ∂v2 4 2 2 4 (x, y) = 3x y = − ∂x (x, y) = −3x y nur für x = 0 oder y = 0. ∂y 3 3 3 3 3. Es gilt ∂u (x, y) = y 2 cos x und ∂v (x, y) = 1, ∂u (x, y) = 2y sin x und ∂v (x, y) = ∂x ∂y ∂y ∂x 2 0. Somit muss für Differenzierbarkeit y cos x = 1, also insbesondere y 6= 0, cos x > 0 sowie 2y sin x = 0 gelten. Dies ist für genau die Punkte x + iy ∈ 2πZ × 1−, 1 der Fall. 4. Die Funktion u4 ist auf C reell differenzierbar. Die Funktion v4 ist in den Punkten mit y 6= 0 differenzierbar. Im Fall y > 0 sind die Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen erfüllt, somit ist f4 auf der gesamten offenen oberen Halbebene H = {z ∈ C | Im(z) > 0} differenzierbar. Im Fall y < 0 sind die Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen nicht erfüllt, somit ist f4 hier nicht differenzierbar. In den Punkten mit x 6= 0, y = 0 ist v4 nicht differenzierbar und somit auch f4 nicht komplex differenzierbar. Im Punkt x = y = 0 ist v4 differenzierbar mit Ableitung 0, denn aus |u4 (x, y)| |xy| ≤p ≤ 2 max{|x|, |y|} k(x, y)k2 x2 + y 2 folgt |u4 (x, y) − u4 (0, 0)| |u4 (x, y)| = lim = 0. (x,y)→0 (x,y)→0 k(x, y)k2 k(x, y)k2 lim Weil in (0, 0) somit alle partiellen Ableitungen von u4 und v4 verschwinden, ist f4 hier komplex differenzierbar. 5 5 (x, y) = 2 sin(x + y) cos(x + y), ∂v (x, y) = −2 sin(x + y) cos(x + y), 5. Es gilt ∂u ∂x ∂y ∂u5 ∂u3 (x, y) = 2 sin(x + y) cos(x + y) und ∂x (x, y) = −2 sin(x + y) cos(x + y). Die ∂y Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen sind also für genau die Punkte mit x + y ∈ π2 Z erfüllt. (b) Die Abbildungen f1 , f2 , f3 und f5 sind auf keiner nichtleeren offenen Menge differenzierbar, also nirgends holomorph. Die Funktion f4 ist auf der oberen offenen Halbebene H = {z ∈ C | Im(z) > 0} holomorph. (G 4) Winkeltreue Abbildungen Wir betrachten eine R-lineare injektive Abbildung T : C → C. Beweisen Sie die Äquivalenz der folgenden Aussagen: 1. Die Abbildung T ist winkeltreu (d.h. als Abbildung R2 → R2 eine Drehstreckung oder eine Drehstreckung nach einer Spiegelung). 2. Es gibt eine Zahl c ∈ C∗ , so daß entweder T (z) = cz oder T (z) = cz für alle z ∈ C gilt. 3. Es gibt eine reelle Zahl s > 0, so daß hT (z), T (w)i = shz, wi für alle z, w ∈ C gilt. Lösung: 1 ⇒ 2 Jede Drehstreckung kann als Streckung mit einem Skalar r nach einer Drehung um einen Winkel ϕ geschrieben werden. Dies entspricht der Multiplikation mit r bzw. eiϕ in C. Für 2 ⇒ 3 Im Fall T (z) = cz gilt hT (z), T (w)i = hcz, cwi = cchz, wi = |c|2 hz, wi. Im anderen Fall schließt man analog. 3⇒1 Hausübungen (H 1) Harmonische Funktionen Es sei f : G → C eine holomorphe Funktion auf der offenen Menge G sowie u und v deren der Real- bzw. Imaginärteil. Wir nehmen weiter an, daß u und v auf G zweimal stetig reell differenzierbar sind. Zeigen Sie, daß u und v harmonische Funktionen sind, d.h. daß 2 ∂2u ∂2v ∂2v + ∂∂yu2 = 0 = ∂x 2 + ∂y 2 gilt. ∂x2 Lösung: ∂v ∂v bzw. ∂x = ∂y ∂2v ∂2v ∂2u bzw. ∂y∂x = − ∂y2 ∂x∂y Aus den Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen 2 ∂u ∂x = durch Ableiten nach x bzw y die Gleichungen ∂∂xu2 = dieser beiden Gleichungen erhält man das gewünschte Ergebnis. − ∂u erhält man ∂y Durch Addition (H 2) Die Cayleyabbildungen Wir betrachten die offene obere Halbebene H = {z ∈ C | Im(z) > 0}. z−i (a) Beweisen Sie, daß die Cayleyabbildung z 7→ z+i die Halbebene H in die offene Einheitskreisscheibe E = {z ∈ C | |z|) < 1} abbildet. (b) Beweisen Sie, daß die Cayleyabbildung z 7→ i 1+z offene Einheitskreisscheibe E in die 1−z die obere Halbebene H abbildet. (c) Zeigen Sie, daß die obigen Abbildungen invers zueinander sind. Lösung: 2 2 (a) Für z−i y > 0 gilt (y − 1) < (y + 1) bzw. < 1. z+i p x2 + (y − 1)2 < p x2 + (y + 1)2 und somit 1+z (b) Wir berechnen den Imaginärteil von i 1−z : Im i 1+z (1 + z)(1 − z) 1 − zz 1 − |z|2 1 + z − z − zz = Re = Re = = 1−z |1 − z|2 |1 − z|2 |1 − z|2 (1 − z)(1 − z) > 0. Aus |z| < 1 folgt somit Im i 1+z 1−z 1+ z−i z+i+z−i z+i (c) Es gilt i 1− z−i = i 2z = z. Die andere Richtung sieht man analog. = i z+i−(z−i) 2i z+i